29
39 2. Ionenwollcerz 4n feuchter expandierter Luft; von G. Quimclce.’) 8 68. Ionentoolhen von C. T. R. Il’ilson. C. T. R. Wilson*) hat a- und P-Strahlen von Radium oder Eantgenstrahlen durch plotzlich ausgedehnte mit Wasserdampf gesattigte Luft in einem elektrischen Felde geleitet und die von den Ionen gebildeten Wasserwolken bei momentaner Beleuchtung photographiert. Man kann aus den Photographien auf die Bahnen der Ionen schlieSen. Aber Form und Lage der abgebildeten Wolken- streifen sind beeinflu&, auSer von den Ionen und den elek- trischen Kraften , von Oberflachenspannung und Gewicht der kondensierten in Luft schwebenden Wasserteilchen, der Diffusion von Luft und elektrischen Teilchen durch das fliissige Wasser, und von der Belichtung und den Luftwirbeln, welche die be- wegten Teilchen erregen. Die photographierten Wolkenstreifen gleichen in Form, GriiSe und Struktur den positiven und negativen Staubfiguren auf Harzkuchen (8 50 u. 51). Wolkenstreifen und Staubfiguren bestehen aus Schaumkammern , deren Form von Oberflilchen- spannung und Viskositat der Kammerwande abhangt, aber bei den Wolkenstreifen vielleicht nur eine Ubergangsform zu einem Gleichgewichtszustand ist, welcher bei den Staubfiguren schon erreich t is t. Die wei6en Stellen der Wilsonschen Photographien deuten auf ein Gemisch von fliissigem Wasser und Luft, die Formen der weiSen Stellen auf Schaumkammern I. Art, welche in Schaumkammern 11. Art (8 49) iibergehen oder iibergegangen sind, und in deren oft unsichtbaren Wanden weiBliche Blasen 1) Fortsetzung der Unterauchung iiber elektrische Schaumwande, 2) C. 1’. R. Wilson, Proc. Roy. SOC. A. 87. p. 277-292. Plates Ann. d. Phys. 48. p. 460. 1914. 6-9. 1912.

Ionenwolken in feuchter expandierter Luft

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Ionenwolken in feuchter expandierter Luft

39

2. Ionenwollcerz 4n feuchter expandierter Luft; von G. Quimclce.’)

8 68. Ionentoolhen von C. T. R. Il’ilson. C. T. R. Wilson*) hat a- und P-Strahlen von Radium oder Eantgenstrahlen durch plotzlich ausgedehnte mit Wasserdampf gesattigte Luft in einem elektrischen Felde geleitet und die von den Ionen gebildeten Wasserwolken bei momentaner Beleuchtung photographiert. Man kann aus den Photographien auf die Bahnen der Ionen schlieSen. Aber Form und Lage der abgebildeten Wolken- streifen sind beeinflu&, auSer von den Ionen und den elek- trischen Kraften , von Oberflachenspannung und Gewicht der kondensierten i n Luft schwebenden Wasserteilchen, der Diffusion von Luft und elektrischen Teilchen durch das fliissige Wasser, und von der Belichtung und den Luftwirbeln, welche die be- wegten Teilchen erregen.

Die photographierten Wolkenstreifen gleichen in Form, GriiSe und Struktur den positiven und negativen Staubfiguren auf Harzkuchen (8 50 u. 51). Wolkenstreifen und Staubfiguren bestehen aus Schaumkammern , deren Form von Oberflilchen- spannung und Viskositat der Kammerwande abhangt, aber bei den Wolkenstreifen vielleicht nur eine Ubergangsform zu einem Gleichgewichtszustand ist, welcher bei den Staubfiguren schon erreich t is t.

Die wei6en Stellen der Wilsonschen Photographien deuten auf ein Gemisch von fliissigem Wasser und Luft, die Formen der weiSen Stellen auf Schaumkammern I. Art, welche in Schaumkammern 11. Art (8 49) iibergehen oder iibergegangen sind, und in deren oft unsichtbaren Wanden weiBliche Blasen

1) Fortsetzung der Unterauchung iiber elektrische Schaumwande,

2) C. 1’. R. Wilson, Proc. Roy. SOC. A. 87. p. 277-292. Plates Ann. d. Phys. 48. p. 460. 1914.

6-9. 1912.

Page 2: Ionenwolken in feuchter expandierter Luft

40 G. Quincke.

und Schaumflockeu hangen, aus deren Lage man auf Form und Lage der unsichtbaren Schaumwande schlieBen kann. Das Innere der Schaumkammern ist oft mit vie1 kleineren lufthaltigen Schaumkammern, mit weiSen Schaummassen, gefullt oder zeigt Reihen runder Schaumfiocken auf geraden, gewundenen und schraubenfarmigen Strecken.

Ich werde im folgenden , wie fruher, unter elektrischen Emanationen der elektrischen Strahlen ganz allgemein den Spriihregen aller elektrischen und unelektrischen Teilchen ver- stehen, welche von einem elektrischen Radiator oder den Elek- troden einer Vakuumrohre fortgeschleudert und auf ihrem Wege in dem Spruhregen zerfallen sind oder sich neu gebildet haben, also Teilchen vom Metal1 der Elektroden, des Glases und der atmosphiirischen Luft , adsorbierte Gase und Diimpfe , Ionen, Elektronen , Ozon , Wasserstoffsuperoxyd, Stickstoffoxyde usw.

Nebelbildung durch negative und positive Ionen le i verschieden starker Expattsioii der feuclrten Luft. Wird mit Wasserdampf gesattigte staubfreie Luft im elektrischen Felde einige Sekunden vor der Expansion mit Rontgens trahlen durch- strahlt, so fehlen nach der Expansion die Kondensationskerne und die Nebelbildung, wahrend ohne elektrisches Feld ein dichter Nebel auftritt.. Die Kondensatiouskerne bestehen also aus elektrisch geladenen Teilchen oder Ionen l) (Wilson 1898).

Bei Bestrahlung mit Rantgenstrahlen und steigender Gro8e der Expansion oder des Verhaltnisses von End- und Anfangs- volumen der feuchten Luft v2 /v, , wachst die Anzahl der kon- densierten Wassertropfen , jeder Tropfen enthalt eine kleinere Menge kondensierten Wassers2) (Wilson 1897). Die Konden- sation des Wasserdampfes setzt zuerst an den negativen Ionen ein, etwas spater bei den positiven Ionen.3) Negative Ionen zeigten Kondensation schon bei v2/vl = 1,22; Nebel bei 1,25. Bei dieser Expansion 1,25 kondensieren die meisten, bei der Expansion 1,28 alle negativen Ionen Wasser. Bei Expansion nach Bestrahlung bildeten negative Ionen dicke Nebel bei v2/v1 = 1,28 bis 1,38. Positive Ionen wenige Tropfen bei 1,31,

8 69.

1) C. T. R. Wi l son , Proc. Roy. SOC. 64. p. 129. 1898. 2) C. T. R. Wi lson, Phil. Trans. A. 189. p. 282. 1897. 3) C. T. R. Wilson, PhiLTrans. A. 193. p. 259, 293, 305-6. 1900.

Page 3: Ionenwolken in feuchter expandierter Luft

Ioneniadken in feuchter expandierter xuf t . 41

deren Zahl mit steigender Expansion zunimmt. Bei der Ex- pansion 1,35 bildeten positive und negative Ionen gleich dicke Nebel.

Wi lson neigte 1900 zu der Ansicht, dal3 die Ionisation ein Resultat der Expansion ist.

Bei Expansionen aber 1,40 bilden sich in staubfreier rnit Wasserdampf gesiittigter Luft auch ohne Rontgenstrahlen dicke Nebell) (J. J. Thomson 1898).

Die negativen Ionen, welche die vie1 wirksameren Konden- sationskerne sind, bewegen sich in Luft und in demselben elek- trischen Felde 1,24 ma1 schneller als die positiven Ionen2) (Zeleoy 1898).

Die von Rontgenstrahlen erzeugten Ionen wandern in einem elektrischen Felde mit einem Potentialgehlle von 1 Volt per Zentimeter zwischen 1 bis 2 cm in der Sekundes) (Wil-

5 70. Wassercolken in feuchter Luft nach Expansion und unmittelbar darauf foIgender Uertrahhng mit Rontgenstrahlen.

C . T. R. Wilson hat 1912 mit Wasserdampf gesattigte Luft i n einem konstanten elektrischen Felde 1/50 Sekunde nach plotzlicher Verminderung des Luftdruckes ionisiert rnit einem 2 bis 5 mm dicken Bundel Rantgenstrahlen von 30 bis 70 cm Reichweite aus einer Crookesrohre, durch welche zwei Leidener Flaschen entladen wurden. Die Rontgenstrahlen traten durch ein Quarzfenster von 0,38 mm Dicke in das rnit feuchter Luft erfnllte elektrische Feld der Wolkenkammer. I n dem elek- trischen Felde zwischen zwei horizontalen borsaurehaltigen Gelatineplatten mit 3,4 cm Abstand und einer Potentialdifferenz von 4 bis 40 Volt wanderten die positiv elektrischen Teilchen nach unten, die negativ elektrischen Teilchen nach oben (in den Photographien). Die von den + und - elektrischen Ionen kondensierten Wassertropfen utid Wnsserwolken wurden kurz darauf durch einen Flaschenfunken (in einem Quarzrohr mit Quecksilberdampf) beleuchtet und photographiert. Die Achse der photographischen Camera stand nahezu horizontal, senk-

son 1900).

1) J. J. Thomson, Phil. Mag. 46. p. 532. 1898. 2) J. Zcleny, Phil. Mag. 46. p. 132. 1898. 3) C. T. R. Wilson, Phil. Trans. A. 193. p. 305. 1900.

Page 4: Ionenwolken in feuchter expandierter Luft

42 G. Quincke.

recht zu dem ionisierenden Strahlenbundel, dessen Strahlen in den Photographien von rechts nach links gehen.

Die Ionen konnten nur kurze Zeit diffundieren, bevor sie mit kondensiertem Wasser belastet wurden und dadurch ihre Geschwindigkeit verloren.

Die schonen Photographien (Wilson 1912, Plate 8 11. 9) zeigen auf geschlangelten Linien mit starken Kriimmungen, mit kontinuierlicher oder plotzlicher Anderung der Richtung und spiralig gewundenen Enclen Reilien einzelner oder zu- sammenhangender weiBer runder Tropfen, Blasen und Schaum- flocken, von gleicher oder periodisch wechselnder GroRe (0,4 bis 0,04 mm Durchmesser).

Die E'ormen dieser kondensierten Wasserwolken gleichen denen der Metallealzvegetationen, welche aus Kristallsplittern der Sulfate oder Chloride von Kobalt, Nickel, Eisen, Mangan in verdiinnten Losungen von Ferrocyankalium oder Natrium- silikat aufsteigen und von erstarrenden oder erstarrten olartigen Schaumwanden I. und 11. Art gebildet werden.')

Ohne Zweifel sind die weiBen Wasserwolken in der expan- dierten fcuchten Luft entstanden aus schaumhaltigen Rohren, an deren Oberflache diinne Schichten von kondensiertem Wasser liegen, i n welchem sich elektrische Emanationen der Rontgen- strahlen zu einer olartigen Flussigkeit ge16st haben. Die Rohrenwand hat infolge der Oberflachenspannung Anschwel- lungen und Einschniirungen gebildet und ist in einzelne oder aneinander hangende Blasen zerfallen.

Die im elektrischen Felde voneinander getrennten + und - elektrischen Gasionen und Emanationen kondensieren flussiges Wasser auf ihrer Oberflache, verlieren durch diese Belastung ihre Geschwindigkeit. In dieses fliissige Wasser dringen die nachfolgenden Gasionen und elektrischen Emanationen und mitgerisseoe Luft ein, welche noch nicht ihre Geschwindigkeit verloren haben, ahnlich wie die Kathodenstrahlen in die Glas- wand einer Vakuumrohre eindringen (0 61). Die mit kleinen Gasblasen gefullten Wassertropfchen und -blaschen flieBen zu einer Schanmmasse mit aneinanderhangenden kleinen Schaum- blasen zueammen. Eine Losung elek trischer Emanationen in

1) G. Q u i n c k e , Ann. d. Phys. 7. p. 660, 669. Fig. 24, 35. 1902.

Page 5: Ionenwolken in feuchter expandierter Luft

Ionenwolken in feuehter expandierter Luft. 43

fliissigem Wasser breitet sich dabei als olartige Fremdschicht auf der Oberflache der in Luft schwebenden Wassertropfen und -blasen unter Verminderung der Oberflachenspannung aus, befirdert deren Flockung l) zu einer langgestreckten Schaum- masse und iiberzieht deren Oberflache mit einer olartigen zylioderischen Haut. Diese zylinderische Haut oder AuBen- wand einer mit wei6em lufthaltigen Schaum gefullten Rohre verkiirzt sich an Stellen mit groBerer Oberflachenspannung, \vie bei den Metallaalzregetationen. Die Rohre wird an diesen Stellen konkav, kriimmt sich, und bildet Wellenlinien, oder Schraubenwindungen oder Spiralen (Textfigur 37, 39, 408 F, 38).

Fig. 37. Fig. 33. Fig. 39.

Spater bildet die olartige Rahrenwand unter dem EinfluB der Oberflachenspannung hnschwellungen und Einschniirungen und zerfallt in einzelne oder aneinanderhangende Blasen von peri- odisch wechselnder GroBe.

Die olartige emanationenhaltige Flussigkeit ist auch im Innern des kondensierten Wassers, und zwar periodisch, abge- schieden worden, und hat hier aneinander hiingende Schaum- wande I. und 11. A r t , Schaumflocken mit groBeren Schaum- kammern gebildet.

Die Schaumkammern und Blasen sind dann gequollen

1) G. Quincke , Rep. Brit. Aesoc. Glasgow. p. 60. 1901; Am. d. Phys. 7'. p. 95. 1902.

Page 6: Ionenwolken in feuchter expandierter Luft

44 C. Quincke.

durch Luft, welche durch die flussigen Schaumwande von au6en nach innen diffundierte (vgl. unten 9 70).

I n Textfigur 37-41 habe ich die Formen einzelner Wolkenstreifen und unsichtbarer Schaumwgnde gezeichnet. Urn

Fig. 40.

die entsprechenden Stellen in den W ilsonschen Photo- graphien leicht aufzufinden, habe ich in der Tab. XXXVIII fur die Punkte a A B C usw. dieser Textfiguren die horizontale 2- und die vertikale y-Ordinate in Millimetern angegeben mit dem Anfangspunkte des Koordinatensystems in der linken unteren Ecke der betreffenden Photographie, sowie deren Ver- gro8erung.

DaB nicht ein massiver Wasserstrahl mit suspendierten Luftblaschen in einzelne Tropfen zerfallen ist , beweisen die Anschwellungen in der Mitte und besonders am Ende der Wolkenstreifen (Textfigur 40a und Wi l son , P1. 9 Fig. 1, 2) mit runden, auch seitlich, aneinderhangenden Blasen. Einzelne

Page 7: Ionenwolken in feuchter expandierter Luft

Ionenwolkeii in feuchter rxpandierter Luft. 45

T n b e 11 e XXXVIII.

Textfigur

37 A B

38 C D

39 A B C D

40 (I 40 A

B C D E F G H

4 1 A B C D E

42 A B C D E s G II I

43 A B

44 A B C

-

\Y i I son

P1. 8 Fig. 2 3 2 4

4 4 4

PI. 9 Fig. 2 PI. 9 Fig. 3

3 3 3 3 3 3 3

1’1. 9 Fig. 4 4 4 4 4

P1. 8 Fig. 5 5 5 5 5 5 5 5 5

P1. 9 Fig. 3 3

P1. 9 Fig. 4 4 4

P1. 8 Fig. 4

1,34 ~ 2 1 m m 1,33 1,34 ~ ;:,2 1,36 1,3G

1,33 1,31

1,28

1,36

1,31

1,28

15,s 27 35,s 1 3 27 42 26 40 59,s G5,5 1 9 34 14 24,5

5 1 8 18 46,5 51,2 24 23 33

5 41 26 3G 26 23 59 15 49 10

7,5

Y

37 mm 84

7 56 37,5 18 18,5 59 45 50 50 50 26 17 56 24,R 48,6 48,s 24 98,2 26 79 67 92,5 45 19 40 46,5 30 20 31 34,5 25 49,5 46

75,8

-~ Ver-

;riiBerung

2,45 2,45 2,45 2,45 2,45 2,45 2,45 2,45 1 G 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 2,45 2,45 2,45 2,45 2,45 2,45 2,45 2,45 2,45 6 6 G 6 6

Blasen erscheinen auch eckig, ahnlich den verknoteten Enden von Myelinformen mit erstarrender 0berflilche.l)

1) G. Quincke, Wied. Ann. 63. p. 606. Taf. VIII, Fig. 14a.

Page 8: Ionenwolken in feuchter expandierter Luft

46 G. Quincke.

Die Blnsen eind auBen mit einer diinnen Haut iilartiger Flussigkeit bedeckt, einer Losung elektrischer Emanationen in Wasser, deren Oberfliichenspannung und Viskositat mit Kon- zentration und Qualitiit der Emanationslosung wechselt,. Die Konzentration der EmanationslGsung nimmt ab, je weiter ein Rontgenstrnhl von seinem FuBende zu seinem Kopfende in der feuchten Luft vorgedrungen ist und j e mehr Wasser er kondensiert hat. Am FuBende der Strahlen bildet die Ema- nationslosung m i t grij6erer Konzentration und Viskositat Rohren oder Schaumwande I. Art, am Kopfende mit kleinerer Konzen- trntion und Viskositat runde Blasen oder Schaumwande 11. Art.

Da am Kopfende die Wiinde benachbarter Blasen nicht unter gleichen Winkeln zusammensto6en (Textfigur 40 u) miissen die Schaumwande verschiedene Oberflachenspannung haben, elektrische Emanationen verschiedener Qualitat oder in ver- schiedener Menge enthalten.

Bei starkerer Expansion der feuchten Luft wachst die Menge des kondensierten Wassers, die Konzentration der

Fig. 41.

Emanationslosung nimmt ab, es bilden sich weniger und diinnere Schaumwande olartiger Fliissigkei t mi t kleinerer Viskositat. Es entstehen kugelformige Blasen, in welchen noch einzelne Schaumflocken hangen, aus deren Lage man auf Lage und Form der unsichtbaren Schaum-

wande 11. Art schliefien kann (Textfigur 40 B , 41). Welche Wolkenstreifen aus + oder - elektrischen Ema-

nationen entstanden sind, und ob neben der Oberflachenspan- nung auch die elektrischen Krafte des elektrischen Feldes mit vertikalen Kraftlinien die Form der Wolkenstreifen im Anfang ihres Entstehens bestimmt haben, bleibt uugewi6.

Nach Wilson (1912) gibt P1. 9 Fig. 3 fur eine Expansion mit v a / v l = 1,31 die auf positiven Ionen, P1. 9 Fig. 4 fur eine Expansion mit vJv, = 1,28 die auf negativen Ionen konden- siert0.n Wolken (vgl. 8 69). Erstere gleichen in der Tat in

Page 9: Ionenwolken in feuchter expandierter Luft

Ionentoolken in feucirter expandierter Zuf2. 47

vielen Formen deu positiven, letztere den negativen Staub- figuren auf Harzkuchen. Positive Ionen bilden i n expandierter feuchter Luft Schaumwande I. Art von gro6erer Viskositat, ahnlich den. Schaumwiinden positiver Staubfiguren, die negativen Ionen Schaumwande 11. Art von kleinerer Viskositat ahnlich den Schaumwanden der negativen Staubfiguren auf Harz- kuchen (8 50).

I n den Wolkenstreifen der Textfiguren 37 A B ; 39 ABCB; 40 A divergieren zwei nahezu symmetrische Aste von einem Punkte (oder Doppelpunkte).')

Wiirden elektrische Krafte die Bahn der wolkenbildenden Gasionen bestimmt haben, so mii6ten die kondensierten Wasser- teilchen zuerst + oder - elektrisch, dann unelektrisch und am Ende der Bahn - oder + elektrisch gewesen sein. Dies ist nicht wahrscheinlich.

Wi l son (1912 p. 290) halt die nebeneinander liegenden Kurven in Textfigur 39 C D , 40 CD E P fur die Bahnen + und - elektrischer Gasionen, welche im elektrischen Felde voneinander getrennt und durch Diffusion verschoben worden sind. In einem elektrischen Felde mit vertikalen elektrischen Kraftlinien miiBte man m. E. vorzugsweise ubereinanderliegende ihnliche Bahnen erwarten (vgl. auch 8 71).

In den Textfiguren 40 a B GH liegen einzelne Schaum- flocken auf unsichtbaren Schaumwanden 11. Art; auf einer Kugelflache oder ebenen Schaumwanden mit 120 O Neigung. Die punktiert gezeichneten Schaumwande sind in der Photo- graphie nicht sichtbar, weil die darin hangenden Schaumflocken fehlen.

0 71. Hunde Schaumflocken in feuchter Lujl mit Bestrahlung durch Rontgenstrahlen vor und nach der Expansion. Ein Ver- gleich der Fig. 5, P1. 8 mit den iibrigen Wilsonschen Photo- graphien auf Plate 8 und 9 zeigt die Wolkenstreifen vie1 breiter, wenn die Rontgenstrahlen vor der Expansion, als wenn sie nach der Expansion durch die feuchte Luft geleitet waren.

Die rnnden Flocken haben im ersten Fall etwa 1,2 mm, in letzterem 0,l mm Durchmesser.

1) Anm. Ahnliche Formen wie Textfigur 40 A rnit symmetrisch gestalteten Asten, welche von deinselben Punkte ausgehen, habe ich an dunkelen Adern in hellen Narmorplatten beobachtet.

Page 10: Ionenwolken in feuchter expandierter Luft

40 G. Quincke.

Nach Wilson sollen beim Durchleiten der Rontgen- strahlen vor der Expansion die positiven und negativen Ionen im elektrischen Felde voneinander getrennt worden sein , ehe sie ihre Beweglichkeit durch das auf ihnen kondensierte Wasser verloren haben.

Ich glaube, daS die elektrischen Emanationen der Rontgen- strahlen , wie andere hygroskopische Substanzen aus feuchter Luft - ohne und mit unterkiihltem Wasserdampf - flussiges Wasser kondensieren. In dieses fliissige Wasser dringen Gas- ionen ein, wie in die Glaswand einer Vakuumrohre (§ 61). Die rnit Gasionen und mitgeriSener Luft gefiillten Schaumkammern, mit Schaumwanden aus fliissigem Wasser, quellen auf und ver- groSern ihr Volumen, wie eine mit Luft gefiillte Seifenblase in Kohlensaure aufquillt, indem die Kohlensaure durch die fliissige Blasenwand von der Stelle mit groBerem Partiardruck zu der Stelle mit kleinerem Partiardruck wandert, nach dem Inneren der Blase diffundiert,. Die atmospharische Luft auber- halb der Schaumkammern hat einen groSeren Partiardruck, als innerhalb derselben, wo sie mit elektrischen Emanationen und Gasionen vermischt ist. Die Luft wandert also nach dem Inneren der Schaumkammern.

Die kondensierte Menge des fliissigen Wassers ist ohne Expansion geringer , die kondensierten Wasserschichten und Schaumwande sind dunner als mit Expansion. Es muS durch die diinneren Wasserschichten in gleicher Zeit mehr Luft nach dem Inneren der Schaumkammern diffundieren, als durch die dickeren.

Die Schaumflocken in feuchter Luft ohne Expansion mit diinneren Schaumwanden quellen daher weit schneller auf als die Schaumflocken in feuchter expandierter Luft mit dickeren Schaum wanden.

E s entspricht dies meinen Versuchen uber Diffusion durch diinne Schaumwande von ,9 EiweiS und Losungen von FeCI, oder ClH, wo die Volumenzunahme der gebildeten Schaum- kammern bei verdiinnten Losungen weit groBer ist, als bei konzentrierten Losungen in der gleichen Zeit.’)

1) G. Quincke , Ann. d. Phye. 11. p. 478-479. Fig. 167. 1908.

Page 11: Ionenwolken in feuchter expandierter Luft

Ionenwolken in feucliter expandierier Luft. 49

Uie lultgefiillten aufquellenden Schaumkammern bilden aufquellende Schaumflocken, welche infolge der OberflLchen- spannung ihre Enden abrunden und Kugelgestalt annehmen, wie ich bei Flocken mit Schaumwanden aus ijlartigem Leim- tannat ausfuhrlich nachgewiesen habe.l) Die Schaumkammern a m Rande vergroaern sich dabei starker, als die i m Innern der Schaumflocken, welcho eine Oberflache wie eine Brombeere zeigen.

Die runden Schaumflocken in den Ionenwolken nus feuchter Luft ohne Expansion mit grol3en Schaumkammern mussen im

zend und in matterem WeiB er- scheinen, als in den Ionenwolken aus feuchter Luft mit Expansion, mit kleineren Schaumkammern und dickeren Schaumwanden, wie es in der Tat ein Vergleich 000 s" derwilsonschen Photographien auf PI. 8 und 0 bestatigt.

Mit der Lupe zeigt ein Teil

reflektierten Licht weniger glan- 0 0 00 OI' 00

0 . 0 0 0 a;j 0 0 4 0 0 z Oo0;.

/I &$$:

O W

der runden Schaumflocken die oo fp Struktur eines Spharokristallesa) uo 0 (ohne optische Doppelbrechung). Eine Kernblase ist von einem F Kranze runder Blasen und 6, 8 oder mehr radialen Rohren um- geben, die gerade, gekrummt

bogen sind, und wieder einzelne kleinere Schaumflocken enthalten (Textfigur 42 G).

Der Auf bau eines Spharokristalles und die verschiedenen Formen der Schaumwande wahrend seiner Bildung lassen sich gut verfolgen an Tropfen von wasserigen Kupfervitriolliisung in Alkohol. Im Alkohol, welcher der Salzlosung allmLhlig das

EF8 oder am Kopfende zuriickge- \ I -.yp '%E

Fig. 42.

1) G. Quincke, Ann. d. Phys. 11. pi 61, 63, 79, 03. I'ig.143~. 1903. 2) G. Quincke, Ann. d. Phys. 7. p. 714, 720, 726, 734. Fig.49 b e ;

p. 52, 57, 58. 1902. Annalen der Phpik. IV. Folge. 46. 4

Page 12: Ionenwolken in feuchter expandierter Luft

50 G. Qiiincke.

Wasser entzieht, entstehen aus olartiger Fliissigkeit konzen- trische Kugelschalen und radiale Rohren. Die radialen Rohren zerhllen in radial angeordnete kugelformige Blasen.') Vielleicht sind die Kugelschalen in Textfigur 42 H I ahnlich entstanden.

In dem kondensierten Wasser scheidet sich also suBer einer Fliissigkeit F, in den Wanden der kleinen unsichtbaren Schaumkammern 11. Art, noch eine andere olartige Fliissigkeit Fa von grof3erer Viskositat in diinnen Schichten aus, und rollt sich zu zylinderischen oder ltegeliormigen Rohren zusammen, deren wasseriger Inhalt durch Diffusion am FuSende der Rohren rasch zunimmt, so daB die Rohren uber die Wasseroberflache herauswachsen. Die Flflssigkeit Fa beeteht auch aus einer wasserigen Losung elektrischer Emanationen, aber vielleicht auch von anderer Qualitit a19 die Fliissigkeit Fl.

In Textfigur 42 B ist in einem groueren Spharokristall einc Kernblase umgeben von einem Ibanze kleinerer Blasen, aus welchem radiale Riihren mit Krummung und Anschwel- lungen herausgewachsen sind.

Ich habe ahnliche radiale aufquellende Rohren auch als Auswuchse bei Tropfen von geschmolzenem Schwefel beob- achtet2)

Ubrigens konnen die Schaumflocken der von Rontgen- strahlen kondensierten Wolken auSer Qasionen auch Elek- tronen und andere elektrische Emanationen enthalten, welche in den Strahlen auf ihrem ganzen Wege von der Kathode bis zur Wolkenkammer durch StoB, Belichtung oder auf andere Weise sich bilden.

Jeder einzelne runde Schaumtocken der Iclnenwolken aus feuchter Luft enthalt also mehrere, vielleiclil vieb, Gasionen und elektrische Entanationen.

Ob und welche anderen elektrischen Emanationen und Elektronen der Rontgenstrahlen auBer den Ionen mitgewirkt haben bei der Bildung der Kondensationskerne, Schaumwande und aufquellenden Schaumflocken der Wasserwolken, bleibt unbestimmt~. Vielleicht sind die ersten hygroskopischen Kon- densationskerne Fremdstoffe, welche sich im Wasser losen.

1) G. Quincke, Ann. d. Phys.9. p. 13. Fig. 70. 1902. 2) G. Quincke, Ann. d. Phys. 26. p. 660. Taf. 11, Fig. 239 f 1. 1908.

Page 13: Ionenwolken in feuchter expandierter Luft

Ionenwolken in feuckter expandierfrr Luf t. 51

Vielleicht Stickstoffverbindungen, welche in der mi t Wasser- dampf gesattigten Luft durch 0, und H,O, entatanden sind, unter dem EiofiuB des ubervioletten Lichtes in den Hontgen- strahleii (vgl. 9 61 Ann. d. Phys. 43. p. 438. 1914).

Wenn die Kondensationskerne mit den Ionen identisch sind, so wird nach Wilson') jedes einzelne Ion sichtbar bei der Expansion durch die Bildung eines sichtbaren Tropfens, der os umhiillt. Gegen diese Auffassung sprechen Entstehung, Form und Formanderung der Schaumflocken in den von den Rontgenstrahlen kondensierten Wasserwolken.

0 72. Wolhnpaare atinliclier Porm. In der vor der Ex- pansion bestrahlten feuchten Luft liegen wieder Wolkenstreifen ahnlicher Form nebeneinander oder schrag ubereinander (Text- figur 42 d C D E F), wie in der nach der Expansion bestrahlten Luft (Textfigur 40 C D EP).

Nach der Auffassung von -W i ison (1912, p. 292) sind bei den Wolken in Textfigur 42 positive und negative Ionen im elektrischen Felde von einander getrennt worden, bevor sie ihre Beweglichkeit durch die Kondensation des Wassers ver- loren haben. Die vertikalen Krafte des elektrischen Feldes muBten dann ahnliche Wolkenstreifen ubereinander geben, statt nebeneinander oder schrlg iibereinander. Auch enthalten die einzelnen runden Schaumtlocken mehrere Ionen. Es ist nicht festzustellen und sogar unwabrscheinlich, daB in einem Schaum- tiocken nur positiv oder nur negativ elektrische Ionen ent- halten sind.

Zwei solche nebeneinanderliegende Wolkenstreifen sind ahnlich, aber nicht gleich, und einzelne in den Schaumwanden hangende Schaumflocken erscheinen in der Photographie an etwas anderer Stelle in etwas veranderter Gestalt in dem zweiten Wolkenstreifen. Man konnte vermuten, da6 zwei elek- trische Funken denselben Wolkenstreifen beleuchtet haben, kurze Zeit nacheinander, und daB sich in dieser Zeit der Wolkenstreifen etwas verandert hat. Trotz der Umsicht und Sachkenntnis, mit denen die Versuche angeordnet waren, lialte ich diese Erklarung nicht fiir ausgeschlossen.

Die untere Reihe von drei nebeneinanderliegenden Kugeln

1) C, T. R. Wilson, Phil. Trans. A. 192. p. 412. 1899. 47

Page 14: Ionenwolken in feuchter expandierter Luft

52 G. Quinoke.

in Textfigur 42 (links neben B ) scheint ebenfalls durch Auf- quellen aus der oberen Reihe entstanden zu sein.

Auch in Textfigur 43 mit positiven und in Textfigur 44 mit negativen Ionenwolken liegen zwei ahnliche Wolken mit

aufgequollenen Sch aum- kammern 11. Ar t neben- einander.

In den Photographien der durch Rbntgenstrahlen kondensierten Wasserwol- ken scheint sich Sfter ein Kreis in ein Sechseck oder Fiinfeck umzuwandeln oder

umgekehrt (Textfigur 40 B , 43 B , 44 A). I n Textfigur 42 C und 44 C umgeben sechs Blasen in den Ecken eines Sechsecks eine Kernblase. Hs sind Formen, welche in Schaumen beim

Zusammenrollen und Platzen oder bei Neubildung von Schaumwknden entstehen.

5 73. Wasserwolken in expandierier feucilter Luft mit Kadiumstrahlen.

Wilson hateinRadium- kornchen an einer Drahtspitze' in die feuchte Kammer mit einem elektrischen Felde von 40 Volt eingefuhrt, eine hori- zontale Luftschicht mit einem Quecksilberfunken beleuchtet und die beleuchteten Wasser- wolken photograph ier t, we nn die oc-Strahlen die mitwasser- dampf iibersatt.igte Luft nach

Fig. 44. der Expansion durchlaufen hatten.

Die Wasserwolken der Radiumstrahlen haben etwas andere Pormen und enthalten teilweise mehr Schaumwande I. Art oder Glartige Emanationslosungen groBerer Viskositat, ale die Wolken der Rontgenstrahlen. Die elektrischen Emanationen

B

Q Pig. 43.

Page 15: Ionenwolken in feuchter expandierter Luft

Ionenruolken in feuchter expnndierter Luft. 53

der Rontgenstrahlen und Radiumstrahlen sind also von ver- schiedener Qualitat. Fur die Ionen beider Strahlenarten hat

auch J. J. Thomson verschiedene elektrische Ladungen e gc- funden, welche sich wie 1 : 2 verhalten (vgl. 0 75).

Ich habe wieder in Textfigur 45 bis 47 die Form einzelner Wdkenstreifen und unsichtbarer Schaumwiinde gezeichnet und

Page 16: Ionenwolken in feuchter expandierter Luft

54 G. Qnincke.

in Tabelle XXXIX fiir die Punkte A B . . . dieser E'iguren die horizontale x und die vertikale y Ordinate in Millimetern an- gegeben, mit dem Anfangspunkt des Koordinatensystems in der linken unteren Ecke der betreffenden Wilsonschen Photo- graphie, sowie deren VergrOSerung.

T a b e l l e XXXTX.

45 A 1 PI. 6 Fig. 1 I 1,36 B 1 c 1 D 1

F 1 Q 1 H 1

B 4 c 4 D 4 3 4 F 4

B 1 c 1 D 1 E 1

1 Q 1

1

E 1

46 A PI. 6 Fig. 4 1,36

47 A PI. 7 Fig. I 1,33

F I

42 nim 1 25 mm ' I 4

34 1 60 ' I 2

18,5 28 ' I 2

21 23 ' 12

48 55,s ' I s 47 27 ' 1 2

10,5 51 ' 12

38,5 14 ' l a 32 41 1 42 30 36,s 56 1 1 30 23 1 33 22 1 24 32 6 61,5 20 6 76 53 6 92 31 6 57 38 6 56,5 20 6 30 20,5 6 25 2 0 3 6

62 35,5 I ;

J1 1 I 1 I 80 23 6

Page 17: Ionenwolken in feuchter expandierter Luft

Ionenwolken in feiichter expandierter Li f t . 55

waren ( W i l s o n PI. 6, Fig. 1-4; P1. 7, Pig. 1-4; Textfigur 45, 46, 47),. zeigen:

a) WeiBe Punktchen, Doppelphktchen, Kreisfliichen von 0,05 bis 0,5 mm Durchmesser; auch Schaumflocken von 1 mm natiirlicher Gr6Be mit aneinanderhiingendan Kugeln uiid radialen spitzen oder ruckwartsgebogenen Armen (Textfigur 45 G H); gewundenen Fiiden rnit spitzen Enden (Textfigur 46 E B‘).

b) Schmale scharfbegrenzte weiBe radiale Wolkenstreifen, welche in 10 bis 20 mm Entfernung vom Radiumkiirnchen be- ginnen, voo 3 bis 65 mm Lange, 0,2 bis 0,4 mm Breite, gerade oder schwach gekrummt, mit ein oder zwei spitzen Enden, in denen oft einzelne weiSe Schaumflocken nebeneinander liegen (Textfigur 45, 46).

Einzelne scharf begrenzte Wolkenstreifen sind 2 mm vom Ende scharf umgebogen, mit einem kurzen Ansatz an der Biegung (Textfigur 47).

c) Von dem Riidiumkomchen gehen 1 bis 3 mm breite weiBliche oder diffuse radiale Streifen am, mit runden, zum Teil hohlen Kopfen und liinglichen Anschwellungen (Textfigur 45 d B C D EP), von derselben Form, wie die kolbenartigen Enden und Anschwellungen der Vegetationen von MnC1, in verdunnter Wasserglaslosung.’)

d) Wurde das Radiumkornchen einige Tsge in der feuchten Kammer gelassen, dann entfernt und die Luft expandiert, so lagen in verschiedener Richtung schmale weiBe oder breite diffuse Wolkenstreifen mit spitzen Enden oder runden Kopfen und eingelagerten runden, eckigen oder langlichen Schaum- flocken auf kurzen geraden Strecken in einiger Entfernung vom Ausgangspunkt (Textfigur 46 A B C), ahnlich wie die ge- brochenen gelben und roten Strahlen der elektrischen Staub- figuren auf Harzkuchen, welche auch erst in ahnlicher Ent- fernung hinter dem Yrisma auf kurzen geraden Strecken sichtbar sind (8 39. Ann. d. Phys. 43. p. 385-6).

e) Stark gebogene Wolkenstreifen mit einzelnen wei6en Schaumflocken periodisch wechselnder GriiBe und breiten, aus aneinanderhlngenden runden Schaumkammern bestehenden

1) G. Quincke , A1in.d. Phys. 7. p.667. Fig. 3 3 g a . 1902,

Page 18: Ionenwolken in feuchter expandierter Luft

66 G. Quincke.

runden Kopfen, entstanden durch Ionisation mit a- und p-Strahlen (Wilson P1. 7, Fig. 2).

f ) Hohlkugeln, Kreisbogen, Kreise, Ellipsen, Spiralen, ge- bildet von unsichtbaren Schaumwanden , in welchen Schaum- flocken hangen (Textfigur 45, 46, 47).

Nach Wilson (1912, p. 282) sind die scharfbegrenzten oder die diffusen Wolkenstreifen b) oder c) entstanden, je nach- dem die lonen sich nach oder vor der Expansion voneinander getrennt haben. In letzterem Falle koiinten die Ionen sich durch Diffusion ausbreiten, ehe sie aus ubersattigtem Wasser- dampf flussiges Wasser kondensierten. Die Ionen der Radium- strahlen sollen nur aus iibersattigtem Wasserdampf, nach der Expansion der feuchten Luft, flussiges Wasser kondensieren, weil die diffusen Wolkenstreifen fehlen (Wilson PI. 6, Fig. 2), wenn die Radiumstrahlen durch eine 2 mm dicke Qlasplatte abgefangen und erst i m Augenblick der Expansion durch einen Schliiz i n der Glasplatte der feuchten Luft zugefuhrt wurden. Die wei6en scharfbegrenzten Wolkenstreifen sind unterbrochen (Textfigur 46) und unsichtbar, wenn die Ionen der Radium- strahlen auf diffuse Wolkenstreifen treffen, und hier der fur die Kondensation. notwendige iibersattigte Wasserdampf nicht mehr vorhanden ist, wegen des alteren Ionenweges.

Die Ionen der Radiumstrahlen wiirden hiernach nicht hygroskopisch seio, wie die elektrischen Emanationen und Ionen der Rontgenstrahlen (8 70). Die Diffusion der Iouen vor der Expansion der Luft genugt aber nur zur Erklarung der gr6Beren Breite und des matteren Wei6 der diffusen Wolken- streifen c) und Nebelstreifen d). Die geringere Lange, die runden Kopfe, die Eohlraume und die Anschwellungen der diffusen Wolkenstreifen c) bleiben ebenso unerklart, wie die Anordnung der wei6en Schaumflocken auf Kreisen , Ellipsen und Kreisbogen (Textfigur 45, 46, 47).

Man mu6 meines Erachtens wieder annehmen, wie bei den Wasserwolken der Rijntgenstrahlen (5 70), daS in das von den Ionen der Radiumstrahlen kondensierte flussige Wasser mit kleiner Geschwindigkeit die nachfolgenden Ionen und Emana- tionen mit gro6erer Geschwindigkeit eindringen, Luft mitrei6en, einen langgestreckten Scliaumfaden bilden aus flussigem Wasser, Gasionen und Luft mit aneinanderhar~gendcn oder durch Luft-

Page 19: Ionenwolken in feuchter expandierter Luft

Ionentoolken in feuchter rxpandierter Luft . 57

lamellen getreniiten kleinen Schaumkammern, welche mit Ionell oder Luft gefiillt sind. Die Oberflaiche dieses Schaumfadens wird von einer diinnen Haut olartiger Fliissigkeit F,, wasscriger Emanationslosung bedeckt, welche um so groBere Viskositat hat, je konzentrierter sie ist. Bei groBer Konzentration ist diese Haut fest, hindert die Diffusion nach dem Inneren und das Aufquellen des Schaumfadens. Es entsteht ein scharf begrenzter Wolkenstreifen c) oder d).

Haben sich die Ionen vor der Expansion durch Diffusion in der Luft ausgebreitet, ist das kondensierte fllissige Wasser auf einen groBeren Raum verteilt, so sind die wasserigen Wande der kleinen Schaumkammern dunner, die Emanationslosung F, auf der AuSenfiiiohe des Schaumfadens hat geringere Kon- zentration und geringere ViskositZit, es entsteht eine olartige Haut oder Rohre mit dilnnen Wanden, welche sich durch Oberfiachenspannung verkurzt und einen runden Kopf, An- schwellungen und Einschniirungen zeigt. Gleichzeitig kann durch diese fliissige Haut' und die diinnen Wande der kleinen Schaumkammern Luft schnell nach dem Innern der Schaum- kammern diffundieren, in deneu der psrtiare Druck der Luft kleiner ist. Die Schaumkammern und der ganze Schaumfaden quellen auf, es entstehen die diffusen Wolkenstreifen c) (Text- figur 45 A-EJ.

Die kleinen Schaumflocken mit spitzen Armen und an- einanderhangenden weiBen runden Blaseu (Textfigur 45 G H) enthalten Schaumkammern I. und 11. Art mit Wanden aus olartiger Flussigkeit F, und F8 von grober und kleiner Vis- kositat. Im Innern der lufthaltigen Schaummassen finden sich also gleichzeitig zwei wasserige Emanationslosungen F, und F, von verschiedener Konzentration oder von verschiedenartigen Emanationen.

Moglicherweise sind auch die spitzen Enden der scharf- begrenzten Wolkenstreifen in Textfigur 45 und 46 von einer unsichtbaren erstarrten kegelformigen Schaumwand aus Fliissig- keit F, bedeckt.

DaB durch sehr diinne Wande der Schaumkammern die Diffusion und damit die Volumenvermehrung der Schaum- kaminern und die Quellung der Schaummassen gehemmt wird, sobrtld die Wande erstarren, ist von mir friiher nachgewiesen

Page 20: Ionenwolken in feuchter expandierter Luft

58 G. Quincke.

worden beim Aufquellen von Leimtannat in Wasser ohne und mit Methy1enblau.l)

Die Emanationslosung F, hat eine kleinere Oberflachen- spsnnung an der GrenzAache rnit Luft, als reines Wasser und breitet sich unter Veriingerung der Oberfliichenspannung auf der Oberflache der von den Ionen frisch kondensierten Wasser- tropfen und -blasen aus, und befordert deren Vereinigung zu gr56eren Schaummassen (vgl. 8 69).

Die geraden diffusen Nebelstreifen d) haben unbedeutende oder keine Anschwellungen, aber noch runde Kopfe, wenn die Olhaut I?, auf der AuBentlache sehr diinn ist (Textfigur 46 d B). Fehlt die Emanationslosung au6en, so fehlt sie auch irn Innern. Der Nebelstreifen hat verwaschene Enden und in ihm schweben viele Wasserblaschen und -tropfchen einzeln nebeneinander.

Die schnellbewegten Ionen und Emanationen werden durch die Wirbelbewegungen der Luft in einzelnen Gruppen an- gehliuft 2), welche nach der Kondensation des flussigen Wassers eine Reihe wei6er Schaumflocken bilden, die in den scharf- begrenzten und deli diffusen Wolkenstreifen sichtbar werden an den Stellen, wo die Wolke weniger diclit ist (Textfigur 46 D E und A B C ) .

I n den geraden diffusen Nebelstreifen Textfigur 46 B liegen wei6e Kugelschalen mit einem weiBen Kern. Ich halte sie fur aufgequollene Schaumkammern 11. Art.

@-Strahlen des Radiums bilden weniger wei6e Schaum- massen als cc-Strahlen. Die Olbaut an der Oberflache des langen Schaumfadens bleibt langer flussig, kriimmt sich und wird konksv an den Stellen mit grijtlerer Oberflachenspannung, bildet Anschwellungen und Einschnurungen und zerfallt in einzelne Blasen periodisch wechselnder Gro6e (Wilson, P1. 7 Fig. 1-4, Textfigur 41 h). Auf geraden oder gekriimmten Strecken liegen einzelne oder mehrere kleine und kleinste Tropfchen oder Blasen zwischen groBeren Tropfen von 0,2 bis 0,l mm. Diese gekriimmten Wolkenstreifen der Radiumstrahlen sind sehr ahnlich den gekrumniten Wolkenstreifen der Rontgen-

1) G. Q u i n c k e , Drudes Ann. 11. p. 60, 87. 1903. 2) G. Q u i n c k e , Verh. Ges. D. Naturf. u. Ajrzte. Dusseldorf IT, 1.

p. 27. 1898.

Page 21: Ionenwolken in feuchter expandierter Luft

louenioolken in f'euchter expanaierter h f t . 59

strahlen (Wilson, P1. 8 Fig. 1-3, P1. 0 Fig, 1-3; Text- figur 40d).

Aus dem ubersattigten Wasserdampf wird am Kopf der Ihdiumstrahlen oder des scharf begrenzten Schaumfadens das fliissige Wasser zuerst, also vie1 reichlicher kondensiert. Hier entstebt also auch Emanationslosung mit kleinster Konzentration und kleinster Viskositiit, finden sich mehr Schaumwiinde 11. Art uod die von ihnen umhullten Schaummassen Bind stiirker ge- quollen (Wilson, PI. 7 Fig. l, 3).

Vor der Erstarrung der Oberflache haben sich auch im Innern des scharfbegrenzten Wolkenstreifens J K Textfigur 47 periodisch diinne Lamellen sehr klebriger Emanationslospng ausgeschieden und zu kegelf6rmigen Rohren zusammengerollt, den Wiinden geschlossener Schaumkammern , welche durch Diffusion gequollen nnd seitlich aus der Oberflliche herausge- wachsen sind (Textfigur 47 PG HJ), ahnlich wie die radialen Arme der aufgequollenen Schaumflocken der Rontgenstrahlen (9 70). Einzelne seitliche Auswuchse haben noch Anschwel- lungen gebildet.

Auch die scharf begrenzten Wolkenstreifen der u-Strahlen (Wilson, P1. 6 Fig. 2, 3) zeigen solche Seitenarme.

Am Kopf K des langen Scheumfadens, Textfigur 47, mit Emanationslosung von geringerer Viskositat, bildet die wei6e Schaummasse eine gewundene Spirale, ist von einer Lamelle umhiillt, die sich infolge der Oberflachenspannung wie ein Hobelapahn zusammengerollt hat. DaS die Oberflache des scharf begrenzten Wolkenstreifens JK erstarrt ist, beweist auch die hohle Halbkugel mit dem eingelagerten Schaumflocken (Textfigur 47 B), welche die Oberfliiche des Wolkenstreifens unter einem rechten Winkel trifft.

I n Textfigur 47 liegen weiSe Schaum0ocken nebeneinander auf Spiralen, Kreisen, Ellipsen; auch auf drei Ellipsen in Form eines Kleeblattes (Textfigur 47 A), als ob sie in unsichtbaren Schaumwanden I. und 11. Art hingen. Ganz ahnliche Gebilde habe ich an Olschiiumen l) und Niederschlagmembranen von Leimtannata) in Wasser beobachtet.

1) G.Quin ck e , Wied. Ann.63. p 593.Taf.VII1,Fig. 2,14-16,20.1894. 2) G. Qrrineke, Drudes Ann. 11. p. 72, 75, 76, 81. Fig. 136, 138,

139, 146, 148. 1903.

Page 22: Ionenwolken in feuchter expandierter Luft

60 G. Quincke.

Wieviele Ionen, Elektroncn oder andere Emanationen die einzelnen weiSen Piinktchen , Doppelpunktchen , kleinen und groI3en Kreisfllchen oder Schaumfiocken in dem aus Schaum von Wasser und Luft bestehenden Wolkenstreifen der Wi lson- schen Photographien PI. 6 u. 7 (Textfigur.45, 46, 47) enthalten, ist nicht festzustellen , bleibt unbestimmt. Mit Rucksicht auf die olartigen Emanationslosungen in diesen Schaummassen kann man nur sagen - sehr viele.

0 74. Elektrische Staubfiguren. Die Ahnlichkeit der durch Rontgenstrahlen kondensierten Wasserwolken mit den + und - Staubfiguren auf Harzkuchen usw. in gewohnlicher Luft macht es wahrscheinlich l), daB diese Staubfiguren zum Teil aus Schaumflocken einer Losung der elektrischen Emanationen des Radiators in flussigem, aus der Luft kondensierten, Wasser bestehen, welche von der Harzoberflache aogezogen und fest- gehalten werden.

6 75. 1st n die Anzahl der Ionen in der Volumeueinheit Gas,

e die elektrische Ladung, v die Geschwindigkeit eines Ions unter der angewandten elektromotorischen Kraft, so ist die durch Messungen bekannte Gesamtstromstarke i = n e 8. Von diesen drei GroBen kann v aus den Versuchen von R u t h e r - ford2) berechnet werden. J. J. Thomsen3) hat zur Bestim- mung von n die von C. T. R. Wilson 1897 gefundene Tat- sache benutzt, da6 die Ionen bei pIotzlicher Ausdehnung der mit Feuchtigkeit gesattigten Luft wie Eondensationskerne auf den Wasserdampf wirken, unter der fundamentalen Annahme, daI3 jedes Ion den Kern fur ein Wassertropfchen bildet. In die feuchte Luft der Wolkenkammer wurden durch eine Alu- miniumplatte von 0,3 mm Dicke Rontgenstrahlen oder Radium- strahlen geeigneter Intensitat geleitet und die Luft mit passen- der Volumenvermehrung pktzlich expandiert.

Die Anzahl n der Wassertropfchen in der Volumeneinheit wurde berechnet aus der Menge kondensierten Wassere und der mittleren GroSe eines Wassertropfchens. Die TrSpfchen-

Elektrische Ladung der Ionen.

1) G. Q u i n c k e , Verb. d. D. Phys. Ges. 16. p. 100. 1913. 2) E. Ruther ford , Phil. Mag. (5) 44. p. 422. 1897. 3) J . J. T h o m s o n , Phil. !Jag. (5) 46. p. 530. 1898; (6) 5. p. 530. 1903.

Page 23: Ionenwolken in feuchter expandierter Luft

lonenwolhen in feuchter expandierter Luft . 61

groBe aus der Geschwindigkeit v , mit welcher die von vielen Tropfchen gebildete Nebelwolke in der klebrigen Luft fiel, mittels der Gleichung

wo y die Schwerkraft, a der Trbpfchenradius und p den Vis- kositatskoeffizienten der Luft bedeuten.

J. J. Thomson findet a = 3,39 x lo4 cm

e = 3,4 x elektrostatische Einheiten mit Radiumstrahlen,

Hatten sich wirklich die groBen lufthaltigen Schaumflocken der Wilso nschen Photographien rnit Schaumkammern I. Art zu der Zeit in welcher die Fallgeschmindigkeit der Nebelwolke gemessen wurde, in eine Menge kleinster massiver Wasser- kugeln verwandelt, deren jede ein positives oder ein negatives Ion enthielt?

e = 6,5 x 91 ,, mit Rontgenstrahlen.

Sind die Nebeltrzpfchen hohE oder luftfrei? In starken elektrischen Feldern verlangern sich kleine

Luftblasen in einer isolierenden Flussigkeit in der Richtung der elektrischen Kraftlinien, verkurzen sich senkrecht zu den elektrischen Kraftlinien und werden ebenso wie die von der Fliissigkeit absorbierte Luft nach den Stellen kleinster elek- trischer Kraft hingetrieben. l) Aber die schwachen Feldstarken der Wolkenkammer vermogen nicht die aus dem kondensierten Wasser entstandenen Schaumflocken luftfrei zu machen.

Bei den rnit Radiumstrahlen erzeugten Wasserwolken findet J. J. Thomson die Fallzeit des oberen Wolkenrandes far den ersten Zentimeter kleiner, als fur den zweiten Zentimeter Fall- hohe; nach seiner Ansicht infolge der Verminderung der TropfengroBe durch Verdampfung.

Ich wurde meinen infolge des Aufquellens der luftbaltigen Schaumflocken durch Diffusion, indem die von den Schaum- wanden absorbierte Luft nach den Stellen mit kleinerem partiaren Druck gewandert ist (vgl. 9 71).

1) G. Quincke , Wied. Ann. 19. p. 746. 1883; 69. p. 474. 1896.

Page 24: Ionenwolken in feuchter expandierter Luft

62 G . Quincke.

Da Luftblasen in Wasser von einem elektrischen Strom zur Anode fortgefiihrt werden'), so wird an der Grenzflache von Wasser und Luft durch die elektromotorische Kraft der Kontaktelektrizitat - welche auch J. J. Thomson2) annimmt - das Wasser positiv, die Luft negativ elektrisch sein, sehr bald, nachdem sich das Wasser kondensiert hat. Positive Elektronen werden sich im Wasser, negative Elektronen in der Luft nahe der Tropfchenoberflache ansammeln und die Fallgeschwindig- keit der Tropfchen und Schaumflocken ebenfalls verkleinern. Die Wirkung ist dieselbe, als ob die Viskositat der Luft sich vermehrt hatte.

Storungen der vertikalen Bahnen dev Nebeltropfchen. Bei Umwandlung der Schaumwande I. Art in solche 11. Art kiinnen aus den groSen lufthaltigen Schaumflocken nur kleinere luft. hsltige Schaumflocken und Blasen entstehen; durch Platzen einzelner Schaumwande einzelne massive Tr8pfchen. Diese kleineren Schaumflocken, Blasen und Tropfen fallen aber auch nicht in vertikalen Bahnen mit konstanter Geschwindigkeit, wegen der Fliissigkeitswirbel und der Belichtung, wie ich fruher gezeigt habe.5)

Sagespahne, Staubteilchen oder Luftblasen, welche in Wasser nebeneinander zu Boden fallen oder aufsteigen, sammeln sich auf Kreisbogen oder Kugelflachen, welche durch Raume klarer Flussigkeit getrennt sind , und urn so kleineren Durchmesser haben, je kleiner die in Wasser schwebenden Teilchen sind. Ich habe diese Anordnung durch Wirbelbewegungen des Wassers erklarL4)

Regentropfen uuf Kreisbogen. Bei windstillem Wetter fallen zuweilen aus dunklen Wolken einzelne Regentropfen neben- einander herab, welche auf trockenen Steinplatten des StraEen- pflasters in einzelnen flachen Tropfen von 7 bis 8 mm Durch- messer liegen bleiben. Dabei liegen diese flachen Tropfen auf

1) 8. Quincke, Pogg. Ann. 113. p. 574. 1861. 2) W. B. Hardy, Proc. Roy. SOC. 6G. p. 124. 1900. 3) G. Quincke . Verh. Naturhist. Med.-Ver. Heidelberg (N. F.) 4.

p. 468. 1890; 6. p. 226. 1894; Wicd. Ann. 6'2. p. 607. 1894; Rep. Brit. Assoc. p. 60. Glasgow 1901; Ann. d. Phys. 7. p. 57. 1902.

4) G. Quincke , Verh. Ges. D. Naturf. u. Arzte. Diisseldorf 11, 1. p. 28. 189%

Page 25: Ionenwolken in feuchter expandierter Luft

Ionentoolhen in feiichter expandierter Lzrft. 63

Kreisbogen von 7 bis 8 cm Durchmesser, vier bis acbt Tropfen auf demselben Kreisbogen in nahezu gleichem Abstand von- einander, Moglicherweise ruhrt auch diese Anordnung der Regentropfen auf Kreisbogen von Wirbelbewegungen der Luft her.

Ahnlich wie die groBen Regentropfen konnen sich auch die kleinen Nebeltropfchen von 0,007 mm Durchmesser in der Wolkenkammer mit ionisierter Luft gruppieren.

Nach Vergleich mit den eben aufgefuhrten Erscheinungen halte ich es fur sebr unwahrscheinlich, daB die lufthaltigen Schaumflocken der Ionenwolken der W ilsonschen Photo- graphien in viele einzelne W asserkugeln gleicher GrbBe zer- fallen und eine Nebelwolke bilden; daB man berechtigt ist den Radius der Kugeln aus der Fallgeschwindigkeit der Nebelwolke mit Gleichung (1) zu berechnen und anzunehmen, daB jede sinzelne Wasserkugel ein positives oder negatives Ion enthiilt.

Hiergegen ist freilich einzuwenden, daB verschiedene Mes- sungen, teilweise sogar mit veranderten Methoden, fur e iihn- liche Werte oder doch Werte gleicher GroBenordnung ergeben haben, und dab e fiir Rontgenstrahlen nahezu doppelt so groB gefunden wird, wie fur Radiumstrahlen,

Die Bedenken gegen die Messungen von a , n , e werden, wenn nicht ganz gehoben, so doch gemindert, wenn zwischen den groBen elektrischen Schaumkammern I. Art in den W il- son schen Photographien und den kleinen Tropfchen oder elek- trischen Schaumkammern 11. Art in den sinkenden Nebelwolken unterschieden wird.

Das durch Expansion der feuchten Luft kondensierte Wasser kann zu einem kleinen Teile in den Wasserwolken der W ilsonschen Photographien enthalten sein. Der andere groBere Teil kann sich auf den positiven und negativen Ionen konden- siert haben zu Tropfchen, welche fur die photographische Platte unsichtbar waren und doch in ungeheurer Anzahl dem bloBen Auge als Nebelwolke sichtbar wurden. Durch das violette Licht der Quecksilberfunken, welche beim Photographieren die Wolken- kammer beleuchteten, mogen auch hygroskopische Kondensations- kerne (etwa H,O,) in grSBerer Anzahl und mehr Schaumkammern aus kondensiertem Wasser entstanden sein, als bei dem Lichte,

Page 26: Ionenwolken in feuchter expandierter Luft

64 G. Quincke.

welches bei der Messung der Fallgeschwindigkeit benutzt wurde und welches arm an chemisch wirksamen Strahlen war.

Die kleinen Nebeltropfchen, in welchen bei dieser An- nahme der gro0ere Teil des durch die Expansion kondensierten Wassers enthalten ist wiirden hinter den schneller sinkenden gro6en Schaumflocken zuruckbleiben aber durch Luftwirbel und Belichtung Storungen ihrer Bahn und Geschwindigkeit er- leiden. Dadurch wiirde die Berechriung der TrGpfchengroSe mit Gleichung (I) und der Anzahl Tropfchen in der Volumen- einheit Luft, also auch des Wertes der elektrischen Ladung e eincs Ions unsicher bleiben.

Der Beweis, daO diese kleinen Nebeltropfchen luftfrei sind und jeder nur ein positives oder negatives Ion enthalten, fehlt aber auch bei dieser Annahme.

8 76. Zusammenfassung. 1. Die Wolken, welche in rnit Wasserdampf gesattigter

expandierter Luft in einem elektrischen Felde bei Einleiten von Eadium- oder Riintgenstrahlen entstehen und von C. T. FL Wilson bei momentaner Beleuchung mit Quecksilberfunken photographiert worden siud, zeigen dieselben Formen wie Metall- salzvegetationen oder wie die positiv und negativ elektrischen Staubfiguren auf Harzkuchen.

2. Die positiven und negativen Gasionen und andere elek- trische Emanationen der Radium- oder Rontgenstrahlen sind hygroskopisch, kondensieren aus der feuchten Luft, auch ohne Expansion, fliissiges Wasser, in welches nachfolgende Gasionen und mitgerissene Luft eindringen , ionenhaltige Luftblischen und kleine mit ahnlicher Luft gefiillte aneinanderhangende Ychaumkammern bilden, mit Wanden aus flitssigem Wasser, lufthaltige langgestreckte Schaummassen.

3. Gasionen und andere elektrische Emanationen losen sich in flussigem Wasser zu olartigen Fliissigkeiten F, und Fa mit groBer oder kleiner Viskositat, welche Schaumwande I. und 11. Art in dem kondensierten Wasser bilden.

Viskositat und Oberflachenspannung dieser Emanations- losungen hangen von Konzentration und Qualitat der ' gelosten Emanationen ab. Mit steigender Konzentration nimmt die Vis- kositat der Emanationslosung zu, die Oberflachenspannung ab.

Page 27: Ionenwolken in feuchter expandierter Luft

Ionenwolhen in feuchter expandierie? Lzifl. 65

4. Diinne unsichthare Schichten dieser elektrischen Ema- nationslosungen uberziehen die langgestreckten Wolkenstreifen und die Wtinde der kleinen luftgefiillten Schaumkammern.

5. Die Emanationslosung an der Oberflache der Wolken- streifen ist die diinne unsichtbare Wand einer mit lufthaltigen Schaummassen geffillten Rohre, welche unter dem EinfluB der Oberfllichenspannung sich kriimmt, je nach dem kleineren oder gro6eren Wassergehalt spitze oder runde Kopfe, Anschwellungen und Einschniirungen bildet, und dann weiter in eine Reihe Schaumflocken oder rundar Blasen periodisch wechselnder (3rbBe zerfAllt.

6. Im Innern der Schaumflocken und Blasen bilden diinne unsichtbare Schichten olartiger Emanationslosungen F, oder F, zylinderische oder kugelformige Schaumwande I. oder 11. Art, welche unter verschiedenen Winkeln zusammentreffen, ver- schiedene Viskositat und verschiedene Oberflachenspannnng haben, offene oder geschlossene aneinanderhlngende Schsum- kammern umhiillen.

Form und Lage der unsichtbaren Schaumwiinde sind aus den eingelagerten Schaumflocken zu erkennen.

'1. Unter dem Einflub der Oberflachenspannung bilden die kleinen luftgefiillten , aneinanderhiingenden Schaumkammern mit kugelformigen Wanden aus Fliissigkeit F2 von kleiner ViskositOt runde Schaumflocken mit einer Oberflache wie eine Brombeere.

8. Andere Schaumflocken der Rontgenslrahlen haben die Stfuktur von Spharokristallen mit Schaumwanden I. Art aus olartiger Emanationslosung F, von groBer Viskositat, welche konzentrische Kugelschalen und radiale Rohren rnit geraden und zuriickgehogenen Enden und runden Kopfetl bildet. I n den Kugelschalen oder im Innern der radialen Robren liegen einzelae runde Schaumflocken.

0. Dorch die Kande der mit Luft und Gasionen oder mit Wasser und elektrischen Emanationen gefullten Schaumkammern diffundieren Luft, Gasionen, Wasser und elektrische Emana- tionen. Die Luft nach den Stellen mit kleiner6m Partiardruck. Die kleinen Schaumkammern vergroBern ihr Volumen ; die langgestreckten Bijhren mit Anschwellnngen und runden Kopfen, die runden Schaumllocken und die Sphbrokriatctlle quellen auf;

Annalea der Phyak IV. Folge. 46. 5

Page 28: Ionenwolken in feuchter expandierter Luft

66 G. Quincke.

urn so schneller, je dunner die Schaumwande sind, je weniger Wasser sich kondensiert hat.

Die aufgequollenen Rohren , runden Schaumflocken und Spharokristalle sind daher bei elektrischer Bestrahlung vor der Expansion der feuchten Luft mit wenig kondensiertem Wasser groBer, als bei elektrischer Bestrahlung nach Expan- sion der feuchten Luft mit mehr kondensiertem W asser.

Die radialen Rahren der Spharokristalle quellen durch Diffusion am FuBe der Rohren, wachsen tiber die auSere Kugel- fllche heraus und kriimmen sich infolge der Oberflachen- spannung.

10. Die Photographien der Wasserwolken mit Rontgen- strahlen zeigen Wolkenpaare von sehr ahnlicher und doch etwas verschiedener Form, als ob dieselbe Wolke in zwei ver- schiedenen Lagen von zwei aufeinanderfolgenden Queoksilber- funken beleuchtet worden ware.

11. Die u-Strahlen des Radiums bilden kleine, runde Schaumflocken und gerade, schmale Wolkenstreifen rnit spitzen Enden, mit weiBen Schaummassen oder Reihen runder Schaum- flocken im Innern. Daneben diffuse Wolkenstreifen rnit An- schwellungen, Einschnurungen und runden Kapfen.

Die Oberflache eines weiBen, langen Wolkenetreifens von u- und P-Strahlen zeigt ahnliche rohrenformige Auswlichse rnit rundem Kopf wie die Spharokristalle der Rbntgenetrahlen und am Kopf eine gewundene Spirale.

12. Die Wasserwolken der Radiumstrahlen haben etwas andere Formen, enthalten zum Teil mehr Schaumwande I. Art oder elektrische Emanationslosungen groderer Viskositat, als die der Rontgenstrahlen.

Die elektrischen Emanationen der Radium- und Rhtgen- strahlen sind also von verschiedener Qualitat.

13. Jeder einzelne runde oder anders gestaltete Schanm- flocken der Ionenwolken aus feuchter Luft, mit Rontgen- oder Radiumstrahlen erzeugt, enthillt mehrere, vielleicht viele, Gas- ionen und elektrische Emanationen.

14. Unrich'tig und nicht in Ubereinstimmung rnit den Formen und Formanderungen der Ionenwolken ist die An- nabme, daB die ganze in der expandierten Luft kondensierte Wassermenge bei Durchstrahluog mit Rantgenetrahlen in den

Page 29: Ionenwolken in feuchter expandierter Luft

Ionenwolken in feuchier expandzerter Luft. 67

Nebelwolken der ionisierten Luft enthalten ist, und da8 diese Nebelwolken aus massiven Wassertropfchen gleicher GroBe be- stehen, welche in jedem Trtipfchen ein positives oder negatives Ion enthalten.

16. Die Tropfchen fallen nicht mit konstenter Geschwin- digkeit auf vertikalen Bahnen, welche durch Luftwirbel und vielleicht auch durch Belichtung gestort werden. Man ist nicht bercchtigt, aus der Geechwindigkeit, mit welcher die Nebelwolke sinkt, die GrBBe der Trbpfchen und deren Anzahl zu berechnen. Dadurch werden auch die Messungen von J. .J. Thomson der elektrischen Ladung eines Ions fehlerbaft.

Heidelberg, den 18. Marz 1914.

(Eingegangen 26. M k z 1914.)

5*