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Naunyn-Schmiedebergs Arch. exp. Path. u. Pharmak. 249, 11--20 (1964) Aus dem Pharmakologischen Institut der Freien Universit~t Berlin Isolierung und Identifizierung yon Metaboliten des 3-Acetylpyridin* Von V. NEUHOFF und T. HARRIS Mit 12 Textabbildungen (Einqegangen am 23. Juni 1964) Untersuchungen fiber den Stoffwechsel des 3-Acetylpyridin (3-AP) haben insbesondere BEHER U. a. (1959) und in letzter Zeit McKE~Is u.a. (1964) sowie K~n~IG, KOI~A~SKY u.a. (1964) durchgeffihrt. Die Autoren berichten fiber die Umwandlung yon 3-AP in Nicotins~ure und Nicotin- amid. Isoliert wurden weiterhin Pyridin-3-methylcarbinol und Pyridin- 3-~thylenglykol, die als Zwischenstufen angesehen werden. Metaboliten, die nicht aus dieser Umwandlung von 3-AP in Nieotinamid stammen, sind bisher nieht bekannt. Mit Hilfe der Isotopenverdfinnungsanalyse konnten wir zwei dieser unbekannten Stoffwechselprodukte isolieren und identifizieren. Naeh der Applikation von z4C-3-Acetylpyridin wird der grSl3te Teil der Radioaktivit~t mit dem Urin ausgeschieden. Da aber kein freies 3-AP im Urin nachweisbar ist, aueh nieht nach der hohen Dosis von 1000 mg/kg, kann diese Aktivitiit nur yon Stoffwechselprodukten des 3-AP stammen. Aueh BE~ER U.a. (1959) fanden nach der Gabe von z4C-3-Aeetylpyridin sehr hohe Radioaktivit£t, aber kein freies 3-AP im Urin der Versuchstiere. 1. Isolierung der Metaboliten 60 Ratten erhielten je 100 mg/kg inaktives 3-AP intraperitoneal appliziert. Zur Anregung der Diurese bekamen die Tiere durch eine Schlundsonde 10 ml Aqua dest. Der Urin wurde fiber 8--10 Std gesammelt. Der Sammelurin wurde mit dem Urin yon zwei Tieren vermiseht, die 100 mg/kg 14C-3-Aeetylpyridin mit einer spezifischen Aktivit~t yon 8,4 p Curie/mg erhalten hatten. (Pr~parat yon Dr. H. Schmidt, Farb- werke Hoechst, Frankfurt a. M.) Die Gesamtmenge yon ca. 1000 ml hatte danach eine Aktivit~t yon 7,1 • 107 IpM. In Autoradiogrammen, die nach Diinnschichtchromatographie des Urins auf Kieselgel gewonnen wurden, waren wenigstens zwSlf radioaktive Fraktionen zu erkennen. Einige der a]s einheitlich erscheinenden Fraktionen lieBen sich bei Re- chromatographie in anderen Systemen noch in weitere Unterfraktionen teilen, so dal3 mit mehr als zwSlf verschiedenen Metaboliten gerechnet werden muff. • Herrn Prof. Dr. OTTO KRAYER zum 65. Geburtstag gewidmet.

Isolierung und Identifizierung von Metaboliten des 3-Acetylpyridin

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Page 1: Isolierung und Identifizierung von Metaboliten des 3-Acetylpyridin

Naunyn-Schmiedebergs Arch. exp. Path. u. Pharmak. 249, 11--20 (1964)

Aus dem Pharmakologischen Institut der Freien Universit~t Berlin

Isolierung und Identifizierung yon Metaboliten des 3-Acetylpyridin*

Von V. NEUHOFF und T. HARRIS

Mit 12 Textabbildungen

(Einqegangen am 23. Juni 1964)

Unte r suchungen fiber den Stoffwechsel des 3 -Ace ty lpyr id in (3-AP) haben insbesondere BEHER U. a. (1959) und in le tz te r Zei t M c K E ~ I s u .a . (1964) sowie K~n~IG, KOI~A~SKY u.a . (1964) durchgeff ihr t . Die Au to ren ber ich ten fiber die U m w a n d l u n g yon 3-AP in Nicot ins~ure und Nicot in- amid. I so l ie r t wurden wei terh in Py r id in -3 -me thy lca rb ino l und Pyr id in - 3-~thylenglykol , die als Zwischenstufen angesehen werden. Metabol i ten , die n ich t aus dieser U m w a n d l u n g von 3-AP in N ieo t inamid s t ammen, s ind bisher n ieh t bekann t . Mit Hilfe der I so topenverdf innungsana lyse konn t en wir zwei dieser u n b e k a n n t e n Stoffwechselprodukte isolieren und identif izieren.

Naeh der A p p l i k a t i o n von z4C-3-Acetylpyridin wird der grSl3te Teil der R a d i o a k t i v i t ~ t m i t dem Ur in ausgeschieden. Da aber kein freies 3 -AP im Ur in nachweisbar ist , aueh n ieh t nach der hohen Dosis von 1000 mg/kg, k a n n diese Ak t iv i t i i t nur yon Stof fwechse lprodukten des 3 -AP s tammen. Aueh BE~ER U.a . (1959) fanden nach der Gabe von z4C-3-Aeetylpyridin sehr hohe R a d i o a k t i v i t £ t , aber kein freies 3-AP im Ur in der Versuchst iere .

1. Isolierung der Metaboliten 60 Ratten erhielten je 100 mg/kg inaktives 3-AP intraperitoneal appliziert. Zur

Anregung der Diurese bekamen die Tiere durch eine Schlundsonde 10 ml Aqua dest. Der Urin wurde fiber 8--10 Std gesammelt. Der Sammelurin wurde mit dem Urin yon zwei Tieren vermiseht, die 100 mg/kg 14C-3-Aeetylpyridin mit einer spezifischen Aktivit~t yon 8,4 p Curie/mg erhalten hatten. (Pr~parat yon Dr. H. Schmidt, Farb- werke Hoechst, Frankfurt a. M.) Die Gesamtmenge yon ca. 1000 ml hatte danach eine Aktivit~t yon 7,1 • 107 IpM.

In Autoradiogrammen, die nach Diinnschichtchromatographie des Urins auf Kieselgel gewonnen wurden, waren wenigstens zwSlf radioaktive Fraktionen zu erkennen. Einige der a]s einheitlich erscheinenden Fraktionen lieBen sich bei Re- chromatographie in anderen Systemen noch in weitere Unterfraktionen teilen, so dal3 mit mehr als zwSlf verschiedenen Metaboliten gerechnet werden muff.

• Herrn Prof. Dr. OTTO KRAYER zum 65. Geburtstag gewidmet.

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12 V. N~UHOFF und T. H~R~S:

Nach vorsichtigem Einengen durch Vakuumdestillation auf ca. 100 ml wurde der Urin mit Eisessig auf pH 4 eingestellt, mit Aktivkohle geschiittelt und fiber

eine G 4 Frit te abgesaugt. Im Filtrat und Spiilwasser fanden sich mit 6,2.105 IpM weniger als l°/0 der Gesamtaktivit~t. Da eine fraktionierte Elution der Kohle mit organischen 1,6sungsmitteln zu keiner ein- deutigen Trennung fiihrte, wurden die vereinten Eluate mit der Gesamtaktivit~t yon 6,2 • l0 T IpM nach Abdestillieren der organischen Phase in Wasser aufgenommen und fiber den Kationenaustauscher Dowex 50X8 fraktioniert (Abb. 1.).

Etwa 300/0 4er Gesamtaktivit~it finden .~ sich im S~ulendurchlauf und Wassereluat.

(~ber einen mit Wasser gefiillten 1 1 Mischer wird mit HC1 steigender Konzen- tration eluiert. Mit den Fraktionen von 330--395 wird eine Fraktion eluiert, die 560/0 der auf die S~ule aufgetragenen Ak- tivit~t enth~lt. Der Rest an ]~adioaktivit~t verteilt sich auf sechs weitere Fraktionen.

Die Fraktionen 40--70 enthielten o $ fast vollst~ndig die mit Wasser eluierbare

Aktivit~t und wurden durch vorsichtige VakuumdestiUation konzentriert. ])er radioaktive Riickstand wurde anschlie- 13end durch Papierchromatographie weiter fraktioniert. Mit dem L6sungsmittel n-Bu- tanol, J~thanol, Wasser, konz. Ammoniak (4: 1 : 1 : 1 ) lie~en sich sechs Fraktionen auf Whatman Nr. 1 abtrennen, yon denen eine hoch aktiv und eine weitere minimal radioaktiv war. Durch Chromatographie in groBen Serien wurde die gesamte Fraktion 40--70 aufgearbeitet, die beiden aktiven Komponenten eluiert, durch Reehromatographie auf vorgewaschenem Papier gereinigt un4 in verschiedenen L6sungsmittelsystemen auf Einheitlichkeit geprfift. Die papier- und diinnschiehtchro-

,~ matographisch einheitlichen Substanzen repr~entieren 250/0 bzw. 0,3o/0 der Gesamt- aktivit~t des Urins.

2. Identifizierung der Metaboliten

Z u n ~ c h s t h a b e n wi r die a k t i v e r e

d e r b e i d e n F r a k t i o n e n iden t i f iz ie r t . Das U V - S p e k t r u m dieser Verb in - d u n g ze ig t Abb . 2. B e i n e u t r a l e m u n d

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Metabolit des 3-Acetylpyridin 13

saurem pH hat sie ein Maximum bei 275 m/~, das sich bei alkalischem pH nach 312 m# verschiebt. Eine Tfipfelprobe mit 2,4-Dinitrophenyl- hydrazin auf Ketogruppen ergab mit deutlicher Gelbf/irbung eine positive Reaktion, auch die Chinonprobe auf Pyridin fiel positiv aus. In einem Dfinnschichtehromatogramm auf Kieselgel lief die isolierte Substanz nahezu auf gleicher HShe wie 6-Hy- droxypyridin (Abb.3). Das UV-Spektrum von 6-Hydroxypyridin un- terscheidet sich jedoch grundsi~tzlieh yon dem der isolierten Verbin- dung und war auch nicht mit dem von 3-Acetyl- pyridin identiseh. N- Methyl-3-carboxamid-

6-pyridon, das als Um- wandlungsprodukt aus 3-AP fiber Nicotinsi~ure und Nicotinamid h~tte entstehen kSnnen, hat gleichfalls ein vSllig dif- ferentes UV-Spektrum.

Um zu priifen, in welcher Form der Stick- stoff bei der vorliegen- den Pyridinverbindung vorliegt, haben wir eine ffir N-Methyl-3-acetyl- pyridin bzw. 3-Aeetyl- pyridin spezifische Fluo- rescenzreaktion ( H ~ - XE~ u. N~.U~OFF 1963) durchgeffihrt. Diese lCe- aktion liefert nur dann eharakteristische Spek-

E ~ glka/~kal 48

~ex'aT/

o,8 ~__N~'~"CH3 /

, I , I r I i

Abb.2. UV-Spektrum yon 3-Acetyl-6-pyridon

/6~se~el 5' Benzol~ Aeeton ///d$anol/5"sess~

f/vn/

J/aN

~0 ~',~OH OH 0~"I~ ~ HO ~N"

H

Abb.3. Diinnschichtchromatogramm yon 3-Acetyl-6-pyridon, 2-, 3-, 4-Pyridon

tren, wenn an den Stickstoff ein Rest (z. B. - -CI t 3 oder Ribose) an- gelagert ist. Der Ausfall dieser Reaktion erlaubte den Schlul~, dal~ der Stickstoff des Pyridinringes der unbekannten Verbindung noch addi- tionsfiihig war. Naeh dem Ausfall der besehriebenen Proben haben wir vermutet, dab die unbekannte Substanz ein Pyridon des 3-Acetylpyridin sein kSnnte.

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14 V. NEUHOFY und T. H~RIS:

]:)as Infrarotspektrum der isolierten Substanz (Abb.4) untersehied sieh eindeutig yon dem des 3-Acetylpyridin, des 2-Pyridon, 3-Pyridon, 4-Pyridon und N-Methyl-3-carboxamid-6-pyridon. Es besti~tigte zwar das Vorliegen yon mindestens einer Carboxylgruppe, erlaubte aber keine endgfiltige Strukturaufkli~rung, da sich in der Literatur kein Ver- gleichsspektrum auffinden liel~ 1.

700

00

80

70

6"0

JO

30

20

70

5OOO ~ 3000 ~ 2OOO I [ t I t

/500 :400 :$00 /.:~ /:00 :~0 ~ .900 <~40 800 ~ :DO W£O

I I I I t [ l I ] I [ I 2 3 L/ S F 7 8 ~q 10 27 72 /3 /q

Abb.4. JR-Spek~rum yon ~C - - 3-Acetyl-6-pyridon

Bei der Prfifung der aus Wasser durch langsames Trocknen ira Exsiecator gewonnenen Kristallnadein der radioaktiven Substanz fiel auf, dal~ ein Teil bei etwa 134°C sublimierte und ein brauner nicht schmelzender Rfiekstand verblieb. Das Sublimat bildete feinste Nadeln, die im polarisierten Licht orangerot leuchteten. Bei der daraufhin vor- genommenen Mikro-Vakuumsublimation einer etwas gr6~eren Probe wurde ein rein weii~es Sublimat gewonnen, das aus alkoholischer L6sung in feinen Nadeln kristallisierte. Die Radioaktivit~t fand sich im Sublimat, der Rfickstand war inaktiv. Sowohl das UV-, als auch das IR-Spektrum des Sublimates waren mit den zuvor aufgenommenen Spektren identisch.

Ein 3-Acetyl-pyridon hi~tte ein Molekulargewicht yon 137 und die folgende Verteflung ffir C, It , N, O:

C: 61,3, H: 5,15, N: 10,2, O: 23,2. Die Elementaranalyse des Su- blimates (Dipl.-Ing. J. HUBE~, Hauptlaboratorium der F. Sehering A.G. Berlin) ergab: C: 58,21, H: 5,25, N :10,98, also keine vollst~ndige ~ber- einstimmung mit dem theoretischen Wert. Um Substanz zu sparen, wurde auf die Bestimmung des Sauerstoffwertes verzichtet.

])as Ergebnis yon zwei potentiometrischen Titrationen in verschie- denen L6sungsmitteln zeigt Abb. 5 und 6. Da die Titrationskurven zwei pH-Sprfinge erkennen lassen, lag die Vermutung nahe, dal~ es sich um

1 Wir danken Herrn Dr. G. CLEVE, Physikalisch-chemische Abteflung der Fa. Schering A.G., Berlin, fiir die Aufnahme der Infrarotspektren, die potentiometri- schen Titrationen und ffir anregende Diskussionen.

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Metabolit des 3-Aoetylpyridin 15

ein 2- oder 6-Pyridon des 3-AP handeln k6nnte. In den verschiedenen LSsungsmitteln liegt die Verbindung in einem jeweils verschiedenen Gleichgewichtszustand zwischen den tautomeren F o r m e n - - O H und = N - - H vor. Das ist nur bei einem 2- oder 6-Pyridon m6glich. Der erste Sprung der Titrationskurve entspricht der starker sauren phenolischen --OH-Gruppe und der zweite der schwach sauren ----N--tI-Gruppe. Die aus den Titrationskurven ermittelten .~quivalentgewichte ergaben

¢. ~lhnnam/d I /ilPN/'t'mil Mdh~l#.buhllammon/hm/)?dmx~id

[ ~-- .~0 ~ .c~O / _ ~'yb':'CH3 _ ~'~u"CH s / O#"N / ~HO"~N I

/ ~ .. Z / %

7~% A;,uNa/en/gew/~/12~,1 I ~ I I

011 ~2 mt Base

Abb.5. Potentiometrische Titration van 3-Acetyl- 6-pyridon in Dimethylformamid

S lle.lhLlll/~uhjlg, mmo -

f o ..q, %o.q-o, 0 ~1 ~2mLBa~,

Abb.6. Potentiometrische Titration v a n

3-Acetyl-6-pyridon in Pyridin

Werte van 128,4 und 127,1. Das ~quivalentgewicht der isolierten Sub- stanz ist ebenso wie die Werte der Elementaranalyse etwas zu niedrig. Das kann darauf beruhen, dab bei der Vakuumsublimation trotz sehr vorsichtigen Erwiirmens ein kleiner Tefl des Molekfils zerst6rt warden ist und die Bruchstficke sich mit dem intakten Molekfil am Kiihlfinger niederschlugen.

Das Kernresonanzspektrum des Sublimates (Abb.12 oben), das mit einem Varian DP 60 aufgenommen wurde, best~tigte zwar das Vorliegen einer --COCH3-Gruppe (v : 7,54, 3 Protonen) und dreier weiterer Protonen bei den v-Werten 2,31 (2 Protonen) und 3,67 (1 Proton). Die Beurteilung des Spektrums wurde aber erschwert durch das der : N - - H - Gruppe zuzuordnende Signal bei r ~-6,54, das nach der elektrischen Integration nur 1/2 Proton entsprach. Es muB daher w~hrend der Auf- nahme des Spektrums ein Austausch zwischen den Protonen der --~N--H- Gruppe und denen des als L6sungsmittel verwendeten Deuterochloro- form stattgefunden haben. Das Kernresonanzspektrum sprach sehr fiir

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16 V. NEU]~OFF und T. I:[ARRIS:

das Vorliegen eines 3-Acetyl-6-pyridon. Da aber aueh hier kein Ver- gleichsspektrum zur Verffigung stand, mul3te noch nach anderen Be- weisen gesucht werden 1.

Eine weitere Stfitze ffir die vermutete Struktur erbrachte der Ver- gleich der UV-Spektren der isolierten Substanz mit dem des 6-Methyl-

E

,Tetdml \ O,G ~ ~ue~'-'\ CH3"~" j ~'~0 //I ~ -,,, ,,///'x, \ " I' '

"," -...y-" \ \ / " ','i , ' ,,,

220 2¢2 2ol7 22,~ JO0 ,720 3~m~

Abb. 7. UV-Spektrum yon 6-Methyl-3-nitril-2-pyridon

E r ulkgl~

Abb.8. UV-Spektrum yon N-Methyl-3-acetyl-6-pyridon

3-nitril-2-pyridon (Abb. 7). (Pr~parat von Dr. WINTERFELD, Or-

gaIfiseh chemisches Ins t i tu t der Techni- sehen Universit£t, Ber- lin.) Da diese Sub- stanz ein vollstiindig anderes chromophores System hat als die yon uns isolierte, war auf Grund des UV-Spek- t rums auszusehlieBen, daI~ es sieh bei un- serer Verbindung um ein 2-Pyridon handeln kSnnte.

Die endgfiltige Kl~rung der Konstitn- tion gelang sehliel~lich durch den Vergleich von synthetisch her- gestelltem N-Methyl- 3-acetyl-6-pyridon mit dem methylierten Na- turprodukt. Zur Syn-

these des N-Methyl-3-acetyl-6-pyridon wurde zuni~chst 3-Acetylpyridin in alkoholischer L6sung mit iiberschfissigem Methyljodid bei 35 ° C inku- biert. Die bereits nach ca. 20 rain ausfallenden Kristalle wurden nach Ab- dunsten des Methyljodid aus Wasser-~thanol umkristallisiert. Das so er- haltene N-Methyl-3-acetylpyridin wurde anschlieBend in wi~13rig alkalischer LSsung mit fiberschfissigem Kaliumferricyanid bei 80 ° C 5 Std inkubiert, das dunkelbraune Reaktionsgemisch mit Methylenchlorid ausgeschiittelt. Dabei geht das entstandene N-Methyl-3-acetyl-6-pyridon in die organische Phase. Bei der Oxydation des N-Methyl-3-acetylpyridin dureh Kalium-

1 Wir danken Herrn Prof. Dr. BOt[LMAN~, Herrn Dr. WINTERFEL]) und Herrn Dr. C. AR~DT (Organisch-chemisches Institut der Technischen Universit/it, Berlin) fiir anregende Diskussionen und fiir die Aufnahme der Kernresonanzspektren.

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M e t a b o l i t des 3 - A c e t y l p y r i d i n 17

ferricyanid ist kein 2-Pyridon entstanden. Wird hingegen N-Methyl- nicotinamid mit Kaliumferricyanid zur Reaktion gebracht, entsteht sowohl das 2- als auch das 6-Pyridon des N-Methylnicotinamid.

~r~ 0

' dH~

max/Tr/u/e Em.,~/o/1 be:" ¢05m~

J 3/0 ~7o

ms A anee:end--,.-

Abb. 9. Anregtmgsspek~um yon l~-Methyl-3-acetyl-6-pyrtdon

700 30

80 70 80

dO

//0 JO 20 70

5000 ~oo0 3o0o ~ 0 2000

me~yh~es #ahFm#u~

[ i i 1 2 3 # 5

1500 ~ 7300 1200 1/00 "/000.950 300 850 800 Y50 700 850

r I [ 1 I ! i T E £ y 3 3 10 H :: 73 I¢ :5

Abb.10. JR*Spek~rum yon l~C-~-Methyl-3-acetyl-6-pyridon

5000 ~ o ~ 0 2500 2000 1500 I~00 13~ :200 1100 1000 .fro .900 850 600" 750 700

700! ~ ~ ~ '

10 t I I I I ', I t T ~ 1 I I

0 2 3 ¢ s r g 7 8 .9 I0 77 IZ 13 %/ 75 Abb.ll. JR-Spektrum yon N-Methyl-3-acetyl-6-psHdon

Naunyn-Schmiedebergs Arch. exp. Path. Pharmak., Bd. 249

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18 V. NEU~Ol~l~ und T. HAI~RIS:

Das synthetisierte N-Methyl-3-acetyl-6-pyridon wurde zun~chst papierchromatographisch gereinigt und anschlieBend durch Vakuum- sublimation analysenrein erhalten, Das UV-Spektrum der synthetischen Substanz (Abb. 8) hat ein Maximum bei 275 m#, das wegen der Methyl- addition am N auch bei alkalischem pH unver~ndert bleibt.

. J

~0

I CDCL3 0 ~ ' " i H3 _C# 0

"-CH 3

IMS

• B lV, C~O

I

X B CH3 A

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~-CH 3

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110 -C-..CH 3

. . . . ii ~6 TMS

B #0 ~0 ~,#h~'o~ :~XC"CH3 !-CH3 -O"CH3

!

B CH3 A x A cDa3

~.. ~,~ 4os 4~I s,~8 7,~ rHs

Abb. 12. Kernresonanzspektren, aufgenommen mit einem Yarian DP 60. LOsungsmittel Deuterochloro- form, innerer Standard Tetramethylsilan (TMS). Oben: aus dem Urin isolierte l~einsubstanz; Mitre: die gleiche Substanz am Pyridin-N methyliert; Unten: synthetisches N-Methyl-3-acetyl-6-pyridon

Ein Tefl der aus dem Urin gewonnenen radioaktiven Substanz wurde in w~rig-alkoholischer LSsung bei alkalischem pH mit iiberschfissigem Methyljodid bei 35 ° C inkubiert, anschlie~end papierchromatographiert und vakuumsublimiert. Das UV-Spektrum dicser Verbindung war mit

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Metabolit des 3-Acetylpyridin 19

dem der synthetischen Substanz identisch. Ebenso hatten beide Sub- stanzen nach Reaktion mit Methyl~thylketon identische Anregungs- spektren (Abb.9). Die IR-Spektren beider Substanzen (Abb. 10 und 11) ergaben die gleiche vollkommene ~bereinstimmung, wie sie aus den Kernresonanzspektren (Abb. 12 Mitte und unten) ersichtlich ist. Die im Kernresonanzspektrum auftretenden Signale lassen sich zwanglos einem ABX-System zuordnen. Die ~-Werte beider Verbindungen sind in aus- gezeichneter ~Jbereinstimmung. Damit ist einwandfrei bewiesen, dal~ es sich bei der aus dem Urin isolierten radioaktiven Substanz um 3-Acetyl- 6-pyridon handelt.

Da jetzt das UV-Spektrum von 3-Acetyl-6-pyridon und N-Methyl- 3-acetyl-6-pyridon vorlag, war es leicht, die oben erw~hnte schwach radioaktive Fraktion als N-Methyl-3-acetyl-6-pyridon zu identifizieren.

Diskussion Nach der Applikation von 14C-3-Acetylpyridin entfallen 250/0 der im

Urin der Versuchstiere mel3baren Radioaktiviti~t auf 3-Acetyl-6-pyridon und nur 0,30/0 auf N-Methyl-3-acetyl-6-pyridon. Ubereinstimmend mit BEHER (1959) finden wir kein unver£ndertes 3-Acetylpyridin im Urin, auch nicht nach der hohen Dosis yon 1000 mg/kg. Auffallend ist, daI3 kein N-Methyl-3-acetylpyridin ausgeschieden wird, das wir mit unserer spectrofluorometrischen Methode sicher h~tten identifizieren kSnnen. Hingegen wird nach der Applikation yon Nicotinamid sowohl un- ver~ndertes Nicotinamid als auch sehr viel N-Methyl-nicotinamid aus- geschieden (PERLZWEIG U. a. 1949/50; LEIFER, ROTH U. a. 1951 ; LI~DEN- BLAD U. a. 1955; Wu Cm~-~G u. JoH~so~ 1957). Auch N-Methyl-3-carb- oxamid-6-pyridon ist als Metabolit des Nicotinamid beschrieben. Es entspricht mit den Substituenten dem von uns gefundenen N-Methyl- 3-acetyl-6-pyridon. Da diese Substanz aber nur zu einem minimalen Prozentsatz gebildet wird, ist nicht anzunehmen, dal~ die N-Methylierung und Oxydation in Stellung 6 des Pyridinringes einen wesentlichen Abbau- weg des 3-Acetylpyridin darstellt. Die fehlende Ausscheidung yon N-Methyl-3-acetylpyridin und die reichliche Bildung von 3-Acetyl- 6-pyridon spricht daffir, dab durch 3-Acetylpyridin Methylierungs- reaktionen in der Leber gestSrt werden kSnnten.

Zusammenfassung

Die Isolierung und Identifizierung yon zwei bisher unbekannten Stoffwechselprodukten des 3-Acetylpyridin wird beschrieben. Im Urin yon Ratten, die mit 14C-3-Acetylpyridin behandelt waren, entfallen 250/0 der ausgeschiedenen Radioaktivit~it auf 3-Acetyl-6-pyridon und 0,30/0 auf N-Methyl-3-acetyl-6-pyridon.

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20 V. NEUHOFF und T. HARRIS: Metabolit des 3-Acetylpyridin

Summary Two priorly u n k n o w n metabol i te of 3-acetylpyridine were isolated

and identified. I n the ur ine of ra ts t rea ted with 14C-3-acetylpyridine, 250/0 of the excreted rad ioac t iv i ty was recovered in the form of 3-acetyl- 6-pyridone, and another 0.3°/0 as I~-methyl-3-aeetyl-6-pyridone.

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Dr. VOLKER NEUHOFF, Pharmakologisches Institut der Freien Universitgt, 1 Berlin 33 (Dahlem),

Thiela]lee 69/73