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1 Isothermes Ermüdungsverhalten von Al 2 O 3 unter Zug-Druck-Beanspruchung Studienarbeit von Joseph Kegelin Betreuer: Rachid Nejma Institut für Werkstoffkunde I Universität Karlsruhe (TH)

Isothermes Ermüdungsverhalten von Al O unter Zug …seppikeg.free.fr/Scolaire/Seppi-version5.7.pdfzweidimensionale Gitterstörungen (z.B. Leerstellen und Fremdatome, Versetzungen,

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Isothermes Ermüdungsverhalten

von Al2O3 unter

Zug-Druck-Beanspruchung

Studienarbeit

von

Joseph Kegelin

Betreuer: Rachid Nejma

Institut für Werkstoffkunde I

Universität Karlsruhe (TH)

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Ein herzliches Dankeschön an all die Personen, die mich bei dieser Arbeit unterstützt haben,

ganz besonders an meinen Betreuer, Herrn Dipl.-Ing. Rachid Nejma, für seine Diskussions-

bereitschaft und Geduld, die sehr zum Gelingen meiner Arbeit beigetragen haben.

Ebenfalls sei Herrn Peter Kretzler (Feinmechaniker) und Chritophe Begert (HIWI) für ihre

freundliche Hilfe bei der Bearbeitung der Probe gedankt, sowie all den Mitarbeitern des

Institutes für Werkstoffkunde I.

Hiermit versichere ich, die vorliegende Arbeit, bis auf die dem Aufgabensteller bereits

bekannte Hilfe, selbstständig angefertigt, alle benutzten Hilfsmittel vollständig angegeben

und alles kenntlich gemacht zu haben, was aus Arbeiten anderer unverändert oder mit

Abänderungen übernommen wurde.

Karlsruhe, den 17.08.2004

Joseph Kegelin

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Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITUNG UND ZIELSETZUNG ...................................................................5

2 KENNTNISSTAND.............................................................................................7

2.1 Herstellung einer Keramik........................................................................................ 7

2.2 Al2O3 ............................................................................................................................ 8

2.3 Festigkeit technischer Keramiken .......................................................................... 10

2.4 Grundlagen der zyklischen Beanspruchung.......................................................... 12 2.4.1 Kenngrößen und Begriffe................................................................................... 12 2.4.2 Die Wöhler-Kurve.............................................................................................. 14 2.4.3 Die Dauerfestigkeitsschaubilder......................................................................... 15 2.4.4 Mittelspannungsempfindlichkeit ........................................................................ 17 2.4.5 Zyklisches Risswachstum................................................................................... 19

2.5 Statistische Auswertungen; Auswertungen der Festigkeiten ............................... 24

3 UNTERSUCHUNGSMETHODEN ....................................................................29

3.1 Der Zug-Druck-Uniaxialversuch ............................................................................ 29 3.1.1 Grundlagen ......................................................................................................... 29 3.1.2 Versuchswerkstoff.............................................................................................. 30 3.1.3 Probenvorbereitung ............................................................................................ 31 3.1.4 Versuchsaufbau .................................................................................................. 33 3.1.5 Versuchsdurchführung ....................................................................................... 36

3.2 Rasterelektronenmikroskopie ................................................................................. 37

4 VERSUCHSERGEBNISSE ..............................................................................38

4.1 Grösseneffekt ............................................................................................................ 38

4.2 Zyklische Versuche bei 25°C................................................................................... 38 4.2.1 Spannungsverhältnis R=0,33.............................................................................. 38

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4.2.2 Spannungsverhältnis R=0................................................................................... 43 4.2.3 Spannungsverhältnis R=-1 ................................................................................. 46

4.3 Zyklische Versuche bei 900°C................................................................................. 51 4.3.1 Spannungsverhältnis R=-1 ................................................................................. 51 4.3.2 Spannungsverhältnis R=0................................................................................... 54

4.4 Fraktographische Untersuchungen ........................................................................ 58 4.4.1 Poren................................................................................................................... 58 4.4.2 Bruchfläche ........................................................................................................ 59

5 DISKUSSION ...................................................................................................62

5.1 Lebensdauerverhalten.............................................................................................. 62

5.2 Einfluss der Versuchstemperatur auf das Lebensdauerverhalten ...................... 64

5.3 Einfluss des Spannungsverhältnisses auf das Lebensdauerverhalten................. 69

5.4 Dauerfestigkeitsschaubilder .................................................................................... 71

6 ZUSAMMENFASSUNG ...................................................................................76

7 LITERATURVERZEICHNIS .............................................................................77

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1 Einleitung und Zielsetzung

Die ständige Weiterentwicklung und Erforschung moderner Werkstoffe ist die Voraus-setzung, um den steigenden ökologischen, ökonomischen und technischen Anforderungen gerecht zu werden.

Insbesondere die Ingenieurkeramik findet hier aufgrund einiger hervorragender Eigenschaften breite Anwendung in der Technik. Das Eigenschaftsspektrum von Hochleistungskeramiken, wie beispielsweise das des Aluminiumoxides, zeichnet sich besonders durch hohe Härte, Steifigkeit, chemische, thermische und Verschleißbeständigkeit aus.

Die Problematik keramischer Werkstoffe liegt in ihrer Sprödigkeit und der damit verbundenen großen Streuung der Festigkeit. Neben den erzeugungsbedingten Eigenschaften und ihrer beabsichtigten oder auch unbeabsichtigten Veränderung durch die Fertigungsverfahren, muss insbesondere diesen spezifischen Nachteilen durch keramikgerechtes Konstruieren und Dimensionieren nachgekommen werden.

Im Rahmen des DFG-Sonderforschungsbereichs 483 liegt das Interesse darauf, das Potenzial ingenieurkeramischer Werkstoffe für den Bereich hochbeanspruchter Gleit- und Friktionssysteme zu erschließen und diese bis zur Einsatzreife heranzuführen.

Entsprechende Komponenten in kontinuierlich verstellbaren Getrieben (CVT) versprechen durch den Einsatz von Keramik eine Minimierung der Verluste sowie eine Erhöhung der Leistungsdichte. Gleitpaarungen in Hochdruckpumpen für direkteinspritzende Otto-Motoren sollen beispielsweise unter ungünstiger Medienschmierung und hohem Systemdruck die notwendige Lebensdauer und Zuverlässigkeit erreichen. Ein weiteres interessantes Anwendungsgebiet sind Kupplungen mit keramischen Pellets, die unabhängig von Temperatur und Gleitgeschwindigkeit eine hohe und konstante Reibungszahl bei geringem Verschleiß liefern.

Bei diesen Anwendungen müssen die einzelnen Werkstoffe sowohl einen hinreichenden Verschleißwiderstand als auch eine hinreichende Festigkeit gegenüber den im Einsatz auftretenden Beanspruchungen aufweisen. Hinsichtlich der mechanischen Beanspruchung ist oft die Komponente, die zu thermisch-mechanischer Ermüdung führt, die versagenskritische. Als Folge davon kommt es zur Ausbildung von inhomogenen, meist überelastischen Verformungen, bis hin zur Entstehung erster Werkstoffschädigungen beziehungsweise zur Aktivierung fertigungsbedingter Fehler, insbesondere in oberflächennahen Bereichen. Von

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diesen Schädigungen ausgehend erfolgt dann aufgrund des spröden Verhaltens meist sehr schnell das endgültige Versagen.

Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf das Verhalten von Aluminiumoxid unter zyklische uniaxiale Zug-Druck Beanspruchung.

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2 Kenntnisstand

2.1 Herstellung einer Keramik

Der Herstellungsprozess technischer Keramiken ist mehrstufig und erfolgt in der über-wiegenden Zahl der Fälle pulvertechnologisch. Um die Forderungen nach chemischer Zusammensetzung, Reinheit und Homogenität der Ausgangspulver zu gewährleisten, müssen sie synthetisch mittels spezieller Verfahren hergestellt werden [1]. Prinzipiell werden dabei mineralische Rohstoffe durch eine Umsetzung mit Säuren oder Alkalien in Lösung gebracht. Durch einen Fällungsprozess wird dann der synthetische Rohstoff gewonnen.

Eine mögliche Prozessführung der Formgebung besteht aus axialem Pressen in Matrizen und anschließendem kaltisostatischen Verdichten der Ausgangspulver zu sogenannten Grünkörpern, deren Pulverteilchen nur durch physikalische Anziehungskräfte infolge mechanischer Oberflächenverhakungen zusammengehalten werden.

Anschließend erfolgt ein druckloses Sintern. Dies ist ein physikalisch-chemischer Vorgang, der unter Minimierung der freien Gesamtenthalpie des Systems bei entsprechender Temperatur von selbst abläuft. Mit fortschreitendem Sinterprozess nimmt das Volumen des Porennetzwerkes durch Diffusionsvorgänge zwischen den einzelnen Rohstoffpartikeln in fester und teilweise auch flüssiger Phase ab. Das Endstadium ist erreicht, wenn nur noch geschlossene Poren vorliegen, wobei etwa 95% der theoretischen Dichte erzielt werden kann.

Ein weiterer Effekt ist das Kornwachstum, wobei die Grenzflächenenergie der Korngrenzen verringert wird und es dabei auf Kosten der energetisch ungünstigeren, kleinen Körner zu einem Wachstum der größeren Körner kommt. Geringe Zusätze an Additiven können das Sintern, insbesondere das heißisostatische Nachverdichten weiter optimieren, um ein nahezu vollständiges Verdichten des Werkstoffes zu erreichen. Dies kann bei Al2O3 beispielsweise durch Zugabe von 0,05 Ma.% bis 0,5 Ma.% MgO erreicht werden.

Die sich einstellende Korngröße ist abhängig von der gewählten Sintertemperatur und der Sinterzeit und beeinflusst ganz wesentlich die resultierenden mechanischen Eigenschaften des Werkstoffes [2]. Generell befinden sich an den Korngrenzen, durch ausgeschiedene Additive und Verunreinigungen, praktisch immer mehr oder weniger dicke Glasphasenfilme, die die Warmfestigkeit und Kriechbeständigkeit wesentlich herabsetzen können.

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2.2 Al2O3

Korund, α-AI2O3, im weiteren stets lediglich als Al2O3 bezeichnet, tritt unterhalb des Schmelzpunktes von etwa 2050°C [2,3] nur in einer einzigen thermodynamisch stabilen Phase auf. Diese besitzt eine rhomboedrische Gitterstruktur. Abbildung 2.1 veranschaulicht, dass im A12O3-Kristallgitter die O-Atome hexagonal dichtest gepackt sind. Die Al-Atome (Al3+-Kationen) besetzen 2/3 der Oktaederlücken dieser Struktur. Zusätzlich sind in Abbildung 2.1 die Gitterkonstanten der üblicherweise bei der Beschreibung der rhomboedrischen Kristallstruktur zugrundegelegten hexagonalen Elementarzelle sowie die daraus berechnete theoretische Dichte angegeben. Die ebenfalls aufgelisteten linearen Wärmeausdehnungskoeffizienten parallel und senkrecht zur c-Achse sind entnommen [4].

Abbildung 2.1 Gitterstruktur der hexagonalen Elementarzelle von Al2O3 [4]

Bei nicht kubischer Kristallsymmetrie, wie dies bei A12O3 der Fall ist, entstehen in Viel-kristallen bei Temperaturänderungen infolge der Anisotropie der Wärmeausdehnung der Kristallite innere Spannungen [5], z.B. bei der Abkühlung von Sintertemperatur auf Raumtemperatur. Sind diese Mikroeigenspannungen (Eigenspannungen II. Art) hinreichend groß, so kann es bereits beim Abkühlen während des Herstellungsprozesses zur Bildung von Mikrorissen kommen, die zum Abbau von Eigenspannungen führen [6]. Röntgenographische Analysen der mittleren auftretenden Eigenspannungen II. Art ergaben für mittlere Korngrößen von 1 µm bis 9 µm Werte von 30 MPa bis 100 MPa. Die Eigenspannungen II. Art nehmen mit steigender mittlerer Korngröße zu [7] und beeinflussen den Risswiderstand der Werkstoffe. Eine Reduktion der sich ausbildenden Eigenspannungen kann durch

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niedrigschmelzende Korngrenzenphasen erreicht werden, die durch viskoelastische Verformungen zu einem Eigenspannungsabbau führen.

Da die A12O3-Körner nur eine geringe Löslichkeit für z.B. SiO2, Na2O, Fe2O3, K2O, CaO oder MgO besitzen, können, wie bereits oben angesprochen, selbst bei hochreinem, kommerziellem Al2O3 mit Verunreinigungen von wenigen ppm an den Korngrenzen und/oder an Tripelpunkten Glasphasen auftreten [8], die diesen Effekt bewirken. So wurden mit transmissionselektronenmikroskopischen Gefügeuntersuchungen an Al2O3 mit einer Reinheit von 99.8 % amorphe Korngrenzenphasen von 2 nm bis 5 nm Dicke festgestellt. MgO oder CaO werden aber auch gezielt als Sinteradditive zur Hemmung des Kornwachstums zugesetzt. Sie bilden an den Korngrenzen Mischoxide oder auch Glasphasen, die die Korngrenzenbeweglichkeit beim Sintern einschränken und außerdem die Abkühleigenspannungen reduzieren. Zur Senkung der Sintertemperatur wird auch SiO2

zugegeben, das beim Abkühlen abhängig von den Abkühlbedingungen eine niedrigschmelzende kristalline oder amorphe Korngrenzenphase bildet. Die Anwesenheit von Na2O oder K2O begünstigt dabei die Glasphase. Man spricht dann von einer Flüssigphasensinterung, da der Sinterprozess im wesentlichen über die flüssige Korngrenzenphase abläuft. Durch deren relativ niedrige Erstarrungstemperatur werden ebenfalls die Abkühleigenspannungen im Gefüge reduziert. Abhängig von der Zusammensetzung der jeweils vorliegenden Korngrenzenphasen liegen ihre Erweichungstemperaturen zwischen etwa 600°C und 850°C [5]. Oberhalb dieser Temperatur zeigen die Korngrenzenphasen viskoses Hochtemperaturverhalten und ermöglichen inelastische Verformungen der Werkstoffe durch Korngrenzengleiten. Der Bruch der Werkstoffe erfolgt dann überwiegend interkristallin durch Abgleitung der Korngrenzen und Hohlraumbildung an den Tripelpunkten. Unterhalb der Erweichungstemperatur der Korngrenzenphasen erfolgt die inelastische Verformung von Al2O3-Werkstoffen überwiegend durch Zwillingsverformung in den A1203-Körnern. Bei Einkristallen nimmt die kritische Schubspannung zur Initiierung der Zwillingsbildung von 227 MPa bei 350°C auf 13 MPa bei 600°C ab [9]. Bei Temperaturen von 0°C bis 470°C entstehen im Gegensatz zu höheren Temperaturen vor allem relativ dünne Zwillinge, die, wenn sie auf Korngrenzen stoßen, lokale Spannungsspitzen und transkristalline Mikrorisse in den Nachbarkörnern erzeugen können. Die Abmessungsänderung des verzwillingten Korns ruft dabei in dem angerissenen, geringer plastisch verformten Nachbarkorn lokale Zugeigenspannungen hervor, die bei äußeren Belastungen der Werkstoffe einen transkristallinen Bruchverlauf begünstigen. Mit steigenden Temperaturen werden die Zwillinge breiter, die lokalen Spannungsspitzen an den Korngrenzen werden kleiner, und es werden keine transkristallinen Risse mehr initiiert. Neben Zwillingsverformung kann unter bestimmten Bedingungen auch plastische Verformung von Al2O3 durch Versetzungsbewegung erfolgen. Dies wurde erstmals von [10] untersucht. A12O3 besitzt bei Bezug auf die hexagonale Elementarzelle das

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primäre Gleitsystem (0001) [1120], sowie mehrere sekundäre Gleitsysteme. Es wird angenommen, dass bei einachsiger Beanspruchung ausgeprägte Versetzungsbewegungen erst ab einer Temperatur von etwa 900°C möglich werden. Einkristalluntersuchungen haben jedoch gezeigt, dass ein deviatorischer Spannungsanteil in Gegenwart eines überlagerten hydrostatischen Druckspannungszustandes plastische Verformungen durch Versetzungsbewegung bereits bei Temperaturen unter 200°C hervorrufen kann [5].

2.3 Festigkeit technischer Keramiken

Keramische Werkstoffe sind durch eine ausgeprägte Sprödigkeit charakterisiert. Die Sprödigkeit bzw. die geringe Zähigkeit hat ihre Ursache in dem geringen Widerstand von Keramiken gegenüber der Ausbreitung von Rissen als Folge ihres atomaren Aufbaus und ihrer atomaren Bindungen. Ihre chemischen Bindungen mit hohen ionischen und kovalenten Bindungsanteilen lassen infolge der hohen Bindungsenergien zusammen mit den im allgemeinen relativ niedrigen Symmetrien der Kristallgitter und den daraus resultierenden großen Beträgen der Burgers-Vektoren die Bewegung von Versetzungen sowie Bildung neuer Versetzungen nur sehr eingeschränkt und in sehr spezifischen Beanspruchungsfällen zu [11]. Bei Temperaturen unter der halben Schmelztemperatur versagen Keramiken daher durch Sprödbruch ohne merkliche plastische Verformungen. Die Sprödigkeit keramischer Werkstoffe führt außerdem dazu, dass vorliegende Eigenspannungen sowie belastungsbedingte Spannungskonzentrationen an Rissspitzen und Defekten nicht durch lokale plastische Verformungen abgebaut werden können. Daher kommt den herstellungsbedingten Defekten eine große Bedeutung für das Versagensverhalten der Werkstoffe zu.

Im Werkstoff vorliegende Defekte sind submikroskopische Fehler wie null-, ein- und zweidimensionale Gitterstörungen (z.B. Leerstellen und Fremdatome, Versetzungen, Korn- und Phasengrenzen). Derart kleine Fehler bestimmen das theoretisch erreichbare obere Festigkeitsniveau einer Keramik. In der Praxis werden jedoch fast immer größere, mikroskopisch nachweisbare herstellungs- bzw. bearbeitungsbedingte Fehler wie dreidimensionale Gitterstörungen (z.B. Poren, Fremdeinschlüsse, Risse) mit typischen Größen von etwa 5 µm bis 200 µm als Bruchursprünge beobachtet. Diese versagenskritischen Fehler bestimmen die jeweils erzielbare Festigkeit.

Die typischerweise bei Keramiken beobachtete große Streuung der Festigkeitskennwerte ist auf die große Streuung, dargestellt in Abbildung 2.2, dieser versagensauslösenden Defekte bei nominell identischen Proben bzw. Bauteilen zurückzuführen. Darin gehen im allgemeinen die statistischen Verteilungen ihrer Art, Größe, Form und Lage ein. Dabei gilt bei Keramiken stets, dass festigkeitsbegrenzende Fehler infolge ihrer geringen Abmessungen

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- im Gegensatz z.B. zu zähen metallischen Werkstoffen, bei denen u.U. Fehlergrößen von einigen Millimetern die Materialeigenschaften nicht negativ beeinflussen und toleriert werden können - schwierig zu detektieren und zu kontrollieren sind [12].

Abbildung 2.2 Qualitativer Vergleich der Festigkeitsverteilungen Metall/Keramik [12]

Bei dem Spezialfall einer homogenen Belastung ist lediglich Art und Größe der vorliegenden Defekte festigkeitsbestimmend. Da in der Praxis nahezu immer inhomogene Belastungen der Bauteile auftreten, wird zusätzlich noch die Lage bzw. räumliche Verteilung der Defekte bedeutend für deren Wirkung auf die Bauteilfestigkeit. Bei gleicher im Bauteil vorliegender Fehlerart kann also entweder ein kleiner Fehler in einem hoch beanspruchten Bauteilbereich oder ein großer Fehler in einem weniger belasteten Bereich versagenskritisch werden. Somit müssen Art, Größe und Lage der versagensauslösenden Defekte sowie die resultierenden Werkstofffestigkeiten nach statistischen Gesichtspunkten bewertet werden [13].

Da sich Keramiken je nach Werkstoff bis zu Temperaturen von 800°C bis 1200°C praktisch linear-elastisch verhalten, lässt sich ihre Festigkeit bzw. ihr Bruchverhalten in vielen Fällen mit der linear-elastischen Bruchmechanik beschreiben.

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2.4 Grundlagen der zyklischen Beanspruchung

2.4.1 Kenngrößen und Begriffe

Die Spannungszeitverläufe sind in der Praxis häufig äußerst komplex. Dies zeigt sich in

einem aperiodisch oder periodischen Beanspruchungsverlauf, welcher noch unter

Umständen mehr oder weniger stochastisch auftritt. Verallgemeinend wird hier von einer

schwingenden Beanspruchung gesprochen. Um unterschiedliche Werkstoffe hinsichtlich

ihres Dauerschwing- und Wechselverformungsverhaltens zu vergleichen, wird in der Regel

ein Einstufenversuch, d.h. vereinfachter Versuch mit konstanter Sinusbeanspruchung

während der Versuchsdauer durchgeführt. In Abbildung 2.3 wird schematisch ein

sinusförmiger Spannungszeitverlauf dargestellt. Die Spannungen liegen hierbei im rein

elastischen Bereich.

Abbildung 2.3 Größen zur Kennzeichnung schwingender Beanspruchung [14]

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Es werden neben der Spannungsamplitude σa und der Mittelspannung σm noch weitere

Größen zur Kennzeichnung des periodischen, im Bild sinusförmig dargestellten,

Beanspruchungsverlaufes verwendet:

Spannungsamplitude σa )1(21)(

21 Rouoa −=−= σσσσ Gleichung 2.1

Mittelspannung σm 1 1( ) (1 )2 2m o u o Rσ σ σ σ= + = + Gleichung 2.2

Spannungsschwingbreite ∆σ ouo σσσσ 2=−=∆ Gleichung 2.3

Spannungsverhältnis o

uRσσ

= Gleichung 2.4

Das Schwingspiel bezeichnet man bei periodischen Belastungen als Periodendauer T, welche

mit der Beziehung

fT 1= Gleichung 2.5

formuliert wird, wobei f die beaufschlagte Frequenz ist.

Des weiteren wird, wie in Abbildung 2.4 ersichtlich ist, bei einer periodischen Beanspruchung zwischen den Druckschwell-, Wechsel-, und Zugschwellbereich differenziert. Idealfälle sind die reine Wechselbeanspruchung, welche mit R=-1 bezeichnet wird, die Druckschwellbeanspruchung, die sich im Bereich von 1<R<∞ bewegt und letztlich der Zugschwellbereich, der sich im Bereich 0<R<1 wiederfindet.

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2.4.2 Die Wöhler-Kurve

Weiterhin ertragen Werkstoffe eine beispielsweise sinusförmig aufgeprägte Spannung auch dann nicht beliebig oft ohne Bruch, wenn die Spannungsamplitude relativ klein gegenüber einer im klassischen Zugversuch ermittelten Zugfestigkeit ist. Das Werkstoffverhalten wird also durch die der Mittelspannung und der ihr überlagerten Spannungsamplitude bestimmt. Daneben wirken sich auch Probengeometrie und Umgebungsbedingungen auf das Werkstoffverhalten aus.

Werden hinreichend viele Proben aus dem gleichen Werkstoff und einheitlicher Oberflächenbeschaffenheit mit der gleichen Mittelspannung, aber verschiedenen Amplituden jeweils bis zum Bruch geprüft und ihre Lebensdauer durch Zählen der Bruchlastspielzahlen NB ermittelt, so ergibt die Auftragung der Spannungsamplituden über die Lebensdauer die Wöhler-Kurve, deren Entstehung Abbildung 2.5 verdeutlicht [14].

Abbildung 2.4 Beanspruchungsbereiche im Dauerschwingversuch [14]

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Abbildung 2.5 Entstehung einer Wöhler-Kurve [14]

Bei kleinen Amplituden kann die Lebensdauer so groß werden, dass der Versuch bei einer bestimmten festgelegten Grenzlastspielzahl NG beendet werden muss, bevor Bruch eintritt. Man nennt diese Proben, die unterhalb einer bestimmten Spannungsamplitude beliebig große Lastspielzahlen erreichen, Durchläufer.

2.4.3 Die Dauerfestigkeitsschaubilder

Mit zunehmendem Spannungsverhältnis R, d.h. mit zunehmender Mittelspannung σm wird die vom Werkstoff ertragbare Spannungsamplitude σa kleiner. Die Abhängigkeit der ertragbaren Spannung von der Mittelspannung wird durch das Dauerfestigkeitsschaubild dargestellt, das jeweils für eine konstante Lebensdauer N gilt. Abbildung 2.6 zeigt das Dauerfestigkeitsschaubild nach Haigh, in dem die Spannungsamplitude über der Mittelspannung aufgetragen ist. Diese Darstellungsform wird zunehmend angewendet, weil sie die unmittelbare Ablesung der Spannungsamplitude gestattet. Weit verbreitet ist auch das in Abbildung 2.7 wiedergegebene Dauerfestigkeitsschaubild nach Smith. In diesem Schaubild sind der Verlauf von Oberspannung σo und Unterspannung σu über der Mittelspannung aufgetragen. [14]

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Abbildung 2.6 Dauerfestigkeitsschaubild nach Haight [14]

Abbildung 2.7 Dauerfestigkeitsschaubild nach Smith [14]

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Im Fall keramischer Werkstoff muss man Rm durch die Inertfestigkeit σc und Rw durch σa(NB,R=-1) ersetzen.

2.4.4 Mittelspannungsempfindlichkeit

Zur Charakterisierung des Mittelspannungseinflusses auf das Werkstoffverhalten bedient man sich fur eine vorgegebene Bruchschwingspielzahl der Mittelspannungsempfindlichkeit M.

)0(

)0()1(

)0(

)1( 1=

=−=

=

−= −=−=

Ra

RaRa

Ra

RaMσ

σσσσ

Gleichung 2.6

erhältnisSpannungsvR

mplitudeSpannungsa

o

u

a

==

=

σσ

σ

Unter Zugrundelegung der in Bild 2.8 aufgezeichneten Wöhler-Kurven fur R = -1 und R = 0 erhält man nach Gleichung 2.6 M in Abhängigkeit von der Bruchschwingspielzahl N. Die Funktion ist in Bild 2.9 dargestellt. Die Steigung der Gerade zwichen R = -1 und R = 0 auf das Haight-Diagramm gibt uns den absoluten Wert der Mittelspannungsempfindlichkeit. (siehe Abbildung 2.10) [19].

Abbildung 2.8

Wöhler-Kurven (Beispiel) mit R=0 und R=-1 [19]

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Abbildung 2.9

Mittelspannungsempfindlichkeit M in Abhängigkeit von der Bruchlastspielzahl [19]

Abbildung 2.10

Haight-Diagramm und Mittelspannungs-empfindlichkeit [28]

In Abbildung 2.11 hat man einen Überblick von der Größe der Mittelspannungsempfindlichkeit für drei Werkstoffgruppen: Al-Legierung, Stahlguß und Stähle.

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Abbildung 2.11 Mittelspannungsempfindlichkeit M für verschiedene Stahl- und Aluminiumwerkstoffe

nach Schütz Haibach [30]

2.4.5 Zyklisches Risswachstum

Die Lastschwingbreite ∆F hat einen Einfluss auf das Risswachstum. Durch Experimente wurde nachgewiesen, dass Bauteile, welche mit zunehmend großen Lastschwingbreiten beansprucht wurden, eine geringe Lastspielzahl erreichen. Dieser Sachverhalt wird in Abbildung 2.12 ersichtlich.

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Abbildung 2.12 Schematischer Verlauf der Risslänge a in Abhängigkeit derLastspielzahl N mit

unterschiedlichen Lastschwingbreiten ∆F

Dieses Verhalten an einer betrachteten Defektstelle lässt sich durch die allgemeinen Grundlagen der Bruchmechanik beschreiben. Aus der Gleichung 2.7 und der betrachteten zyklischen Belastung, welche durch eine Ober- bzw. Unterspannung bestimmt ist, können folgende Gleichungen formuliert werden.

Gleichung 2.7

Gleichung 2.8

Dadurch ergibt sich die Schwingbreite der Spannungsintensität zu:

Gleichung 2.9

Die Risslänge über der Lastspielzahl sagt wenig aus, wie sich die Schwingbreite der Spannungsintensität auf die Rissausbreitung auswirkt. Deshalb ermittelt man die Risslängenzunahme pro Lastspiel da/dN und erhält so die Rissausbreitungsgeschwindigkeit. Wird diese nun in doppellogarithmisch über der zu ∆F gehörigen Schwingbreite der Spannungsintensität aufgetragen und gefittet, ergibt sich eine einheitliche Gesetzmäßigkeit für alle Messdaten wie in Abbildung 2.13 gezeigt. Dabei wurden die sehr hohen und sehr tiefen ∆K Werte vernachlässigt.

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Aus diesem in Abbildung 2.13 gezeigten Zusammenhang gilt für mittlere ∆K Werte ein Potenzgesetz, welches als Paris-Beziehung bezeichnet und wie folgt formuliert wird.

Gleichung 2.10

Damit das Rissausbreitungsverhalten an zyklisch beanspruchten Proben untersucht und interpretiert werden kann, wird eine Rissgeschwindigkeitskurve in Abhängigkeit von da/dN-∆K/KIc ermittelt. Um diese Darstellung zu erhalten, wird eine statistische Methode verwendet. Die zur Auswertung der obengenannten Abhängigkeit erforderliche Beziehung wird aus der Gleichung 2.9 hergeleitet. Durch Umformung der Gleichung 2.9 und Erweiterung mit einem differentiellen Rissfortschritt da folgt

Gleichung 2.11

wobei die Gleichung durch Ausklammern konstanter und vom Rissfortschritt unabhängiger Parameter zu

Gleichung 2.12

vereinfacht. Durch die allgemeine Beziehung der Bruchlastspielzahl

Abbildung 2.13 Schematischer Verlauf der Rissgeschwindigkeit v in Abhängigkeit der Schwingbreite der

Spannungsintensität

Gleichung 2.13

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welche um ein differentielles da erweitert wird und Ersetzen des a - Terms in Gleichung 2.12 durch Gleichung 2.9 und Transformation der Integrationsgrenzen ergibt sich eine modifizierte Beziehung der Bruchlastspielzahl zu

Gleichung 2.14

Wird eine Differentiation der Gleichung 2.14, bezogen auf die untere Integrationsgrenze ∆KI, angewendet, so erhält man

Gleichung 2.15

Unter der Anwendung der logarithmischen Differentiationsregel, in unserem Fall

Gleichung 2.16

beziehungsweise

Gleichung 2.17

in der Gleichung 2.15, kann die Beziehung für die Rissgeschwindigkeit wie folgt formuliert werden.

Gleichung 2.18

Damit die für jedes Temperaturspektrum unterschiedliche und relativ genau zu bestimmende charakteristische Bruchzähigkeit ∆KIc und Inertfestigkeit σc in die formulierte Rissgeschwindigkeitsgleichung mit einbezogen werden kann, muss folgender Zusammenhang ∆σ/σc=∆K/ KIc in die Gleichung 2.18 einfliesen. Dadurch ergibt sich die Rissgeschwindigkeitsfunktion zu

Gleichung 2.19

Soll mit dieser Beziehung die Rissgeschwindigkeit bestimmt werden, so muss die Bruchlastspielzahl NB und Inertfestigkeit σc der einzelnen Proben bekannt sein. Da die

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beiden Kennwerte nicht aus einem Probanten gleichzeitig gewonnen werden können, müssen über einen statistischen Umweg die beiden probenspezifischen Werte zugeordnet werden. Es werden hierbei zwei Probenchargen gleicher Stückzahl verwendet, wobei eine der beiden zur Ermittlung der Bruchlastspielzahl über eine zyklische Versuchsführung bei vorgegebener Spannungsschwingbreite ∆σ=2σa dient während mit der andere Charge die Inertfestigkeit bei einer dynamischen Versuchsführung ermittelt wird.

Die experimentell gewonnenen Ergebnisse, NB und σc, werden nach ihrer Größe eingeordnet, damit eine Basis gleicher Häufigkeiten geschaffen wird um eine geeig-nete Zuordnung von beiden Werten zu einer Probe zu ermöglichen. Anhand den Ergebnissen aus den zyklischen Versuchen kann zur weiteren Auswertung der Rissgeschwindigkeit der logarithmische Term in Gleichung 2.19, welcher als A bezeichnet wurde, ermittelt werden. Dies erfolgt durch ein doppellogarithmisches Auftragen von ∆KI/ KIc bzw. ∆σ/σc über NB∆σ2. Durch lineare Regression der aufgetragenen Werte lässt sich leicht die Steigung der approximierten Gerade bestimmen, welche dem Ausdruck A in Gleichung 2.19 entspricht.

Mit den aus den statistischen Verfahren und den probenspezifischen Werten unter zusätzlicher Anwendung der Gleichung 2.19 lässt sich die Rissgeschwindigkeitskurve für die entsprechende Spannungsschwingbreite erstellen, wie in Abbildung 2.14 exemplarisch gezeigt.

Abbildung 2.14

Verlauf der Rissgeschwindigkeit da/dN in Abhängigkeit derBelastung ∆K/ KIc

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Auch bei der zuvor hergeleiteten Beziehung 2.19 und in Abbildung 2.14 erkennbar ist das Paris-Potenzgesetz gültig, und kann durch die Einführung der Bezugsgröße folgendermaßen formuliert werden.

Gleichung 2.20

2.5 Statistische Auswertungen; Auswertungen der Festigkeiten

Die große Streuung der Bruchfestigkeiten von Keramiken infolge der in Kapitel 2.3 dargelegten statistischen Streuungen von Größe und Lage der versagensbestimmenden Werkstoffdefekte erfordert eine statistische Bewertung der im allgemeinen nicht normalverteilten Bruchfestigkeiten.

Die Charakterisierung der Streuung der Festigkeiten von einachsig zugbelasteter Keramiken erfolgt üblicherweise mit einer von Weibull [21] entwickelten, auf dem Prinzip des schwächsten Kettengliedes (weakest link-Konzept) basierenden Theorie [22]. Dabei wird der Prüfkörper im Modell in unabhängige Volumen- oder Oberflächenelemente eingeteilt, von denen jedes höchstens einen Fehler enthält. Jedes dieser Elemente besitzt dann eine seinem Fehler entsprechende Festigkeit. Das Element, dessen Fehler bei der niedrigsten Last instabil wird und das demnach die niedrigste Festigkeit besitzt, bestimmt die Festigkeit des gesamten Körpers. Bei der Berechnung der Bruchwahrscheinlichkeit des Körpers durch Summation der Bruchwahrscheinlichkeiten der einzelnen Elemente liefert dieses Element den größten Beitrag.

Für diese von Weibull gewählte, spezielle Form der Extremalwertverteilung ergibt sich die Bruchwahrscheinlichkeit des Gesamtkörpers in der zweiparametrigen Darstellung als

Gleichung 2.21

F(σc) beschreibt die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Körper bei Belastung mit einer Span-nung kleiner als σc versagt. Der Weibull-Modul m ist ein Maß für die Streuung der Fe-stigkeit, wobei m mit abnehmender Streuung größer wird. Die charakteristische Festigkeit σ0 kennzeichnet das Festigkeitsniveau bei einer Bruchwahrscheinlichkeit von 63.2 %. Durch zweimaliges Logarithmieren von Gleichung 2.21 erhält man

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Gleichung 2.22

und mit σc = σ0 folgt

Gleichung 2.23

Sortiert man nun alle Proben nach deren Lebensdauer- oder Festigkeitsmerkmal aufsteigend, so lässt sich sehr einfach die entsprechende Ausfallwahrscheinlichkeit F mit folgenden Näherungsformeln ermitteln, wobei i die Ordnungszahl der sortierten Proben und n die Anzahl der im Stichprobenumfang enthaltenen Proben ist:

Gleichung 2.24

Gleichung 2.25

Die exakten Summenhäufigkeiten F werden mit Hilfe der Binomialverteilung bestimmt:

Gleichung 2.26

Diese Gleichung kann jedoch nicht nach F umgestellt werden und muss deshalb iterativ gelöst werden. Hat man nun F für die Ordinate zu jedem Wert bestimmt, lässt sich das Weibull-Netz zeichnen. Wenn die Ausfallwahrscheinlichkeit im linearen Diagramm dargestellt wird, erhält man eine über den gesamten Verlauf nicht einfach abzulesende S-förmige Linie. Wie aus Gleichung 2.22 zu entnehmen, wird durch Verzerrung des Ordinatenmaßstabes (doppellogarithmisch) und der Abszisse (logarithmisch) eine Ausgleichsgerade erzeugt, sodass eine Weibullverteilung in einem lnln ( l / ( l - F ) ) über ln σc - Diagramm (Weibull-Diagramm) als Gerade beschrieben werden kann. Dabei wird die Lage der Geraden durch die charakteristische Festigkeit σ0 und die Steigung der Geraden durch den Weibull-Modul m bestimmt.

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Die graphische Ermittlung der Parameter m und σ0 führt nicht zu den zuverlässigsten Ergebnissen. Bessere Werte erhält man durch numerische Verfahren, von denen die Maximum - Likelihood - Methode [23] am häufigsten angewandt wird. Der Parameter m wird dabei durch die Lösung der nichtlinearen Gleichung

Gleichung 2.27

berechnet. Mit dem Wert m lässt sich dann aus folgender Gleichung σ0 bestimmen:

Gleichung 2.28

Der Schätzwert für den Modul m liegt im Mittel über dem wahren Wert, und muss deshalb durch einen probenzahlabhängigen Faktor b [23] korrigiert werden.

Ein Maß für die Genauigkeit der Schätzwerte für m und σ0 bilden die Vertrauensbereiche. Durch die Streuung der Messwerte ergeben sich für zwei Messreihen, die unter identischen Bedingungen erhalten wurden, unterschiedliche Werte für m und σ0.

Eine Berechnung der Vertrauensbereiche gibt nun an, ob dieq Werte innerhalb der statistischen Unsicherheit miteinander übereinstimmen. Dies ist gegeben, wenn sich zwei Bereiche überlappen.

Der Weibull-Modul m ist ein reiner Werkstoffparameter, der von Werkstoffart und -zustand abhängt. Dabei spielen die vorliegenden herstellungs- und bearbeitungsbedingten, kritischen Fehler eine wichtige Rolle [5]. Die charakteristische Festigkeit σ0 ist nicht nur ein Werkstoffparameter, sondern wird ebenfalls noch durch die Bauteilgröße beeinflusst. Bei identischem Werkstoff, identischer kritischer Fehlerart und identischen Beanspruchungsbedingungen nimmt mit zunehmender Bauteilgröße die Wahrscheinlichkeit, dass sich in dem belasteten Bauteilvolumen ein größerer Fehler befindet, zu. Damit sinkt ⊕ mit zunehmender Bauteilgröße die zu erwartende Festigkeit ab. Dieser Größeneffekt wirkt sich um so stärker aus, je kleiner m ist.

Bei inhomogener Belastung ist die Abhängigkeit der Bruchspannung vom beanspruchten Bauteilvolumen durch

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Gleichung 2.29

mit dem sogenannten effektiven Volumen

Gleichung 2.30

gegeben. Darin bezeichnet g eine Geometriegröße, die die inhomogene Spannungsverteilung beschreibt. Das effektive Volumen Veff ist normalerweise kleiner als das real belastete Bau-teilvolumen [13]. Bei homogener Belastung hingegen stimmt das effektive Volumen mit dem real belasteten Bauteilvolumen überein, das dann entsprechend in Gleichung 2.29 verwendet wird.

Die Berechnung könnte auch in ähnlicher Weise mit der effektiven Oberfläche durchegrführt werden. Jedoch hat man in Anbetracht der Ergebnisse festgestellt, dass es für uns mit der effektiven Oberfläche nicht geeignet war. Deswegen werden wir nur das effektiven Volumen betrachten.

Die Bruchspannung σc kann neben der Werkstoffart und dem Werkstoffzustand, der Bau-teilgröße und der Belastungsart, schließlich noch von der Belastungsgeschwindigkeit und dem Umgebungsmedium beeinflusst werden. Es kann bei nichtinertem Umgebungsmedium, hohen Umgebungstemperaturen sowie niedrigen Belastungsgeschwindigkeiten zu unterkritischem Risswachstum kommen. Bei Erreichen der Bruchspannung liegt dann ein größerer als der ursprünglich vorhandene Fehler vor, sodass die Bruchspannung abgesenkt wird. Näherungsweise kann unterkritisches Risswachstum beim Bruchversuch bei Raumtemperatur durch große Spannungsanstiegsgeschwindigkeiten und entsprechend geringen Bruchzeiten unterbunden werden.

Zur Ermittlung der charakteristischen Bruchspannung und des Weibull-Moduls für eine experimentell erhaltene Festigkeitsverteilung können verschiedene Ansätze verfolgt werden. Bei nominal identischen Keramikproben treten üblicherweise mehrere Arten von ver-sagensauslösenden Fehlern auf, die zu einem linearen Verlauf im Weibull-Diagramm führen können und dann als eine einheitliche Festigkeitsverteilung betrachtet werden können. Die daraus ermittelten Weibull-Parameter charakterisieren die Festigkeitsverteilung der gesamten Probencharge unabhängig von den auftretenden Fehlerarten.

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Prinzipiell besitzt jede Fehlerart ihre eigene Festigkeitsverteilung und entsprechend ihre eigenen Weibull-Parameter. Beim Auftreten verschiedener Fehlerarten bei der Festigkeitsverteilung eines Probenzustandes kann eine Näherung für die jeweiligen fehlerspezifischen Weibull-Parameter und deren Vertrauensbereiche erhalten werden, wenn die Festigkeitswerte nach den Fehlerarten sortiert und dann Weibull-Verteilungen für jede Fehlerart separat betrachtet werden. Dies ist allerdings nur sinnvoll, wenn die Anzahl der an der jeweiligen Fehlerart versagten Proben nicht zu klein ist.

Häufig ist es notwendig, die Weibull-Parameter von sogenannten abgeschnittenen Stichproben zu bestimmen. Kennzeichen von abgeschnittenen Stichproben ist, dass bei einigen ihrer Elemente kein konkreter Wert bekannt ist, sondern vom zugehörigen Versuch nur die Information geliefert wurde, dass die Messgröße kleiner als ein unterer Grenzwert bzw. größer als ein oberer Grenzwert ist. Derartiges tritt beispielsweise bei Lebensdauermessungen auf, wenn ein Teil der Proben als Belastungsbruch versagt hat (Lebensdauer ist kleiner als sinnvoll gemessen werden kann) bzw. Durchläufer aufgetreten sind (kein Versagen innerhalb der Versuchszeit).

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3 Untersuchungsmethoden

3.1 Der Zug-Druck-Uniaxialversuch

3.1.1 Grundlagen

Dieser Versuch dient vorwiegend zur Bestimmung der Zug- bzw. Druck-Festigkeit σc. Bei einfacher Zugbeanspruchung wirken, wie in Abbildung 3.1 skizziert, die Kräfte F senkrecht zu den Querschnittsflächen Ao in deren Flächenschwerpunkten. In hinreichender Entfernung von den Krafteinleitungsstellen stellt sich dann eine gleichmäßige Spannungs- und Dehnungsverteilung über der Querschnittsfläche ein.

Abbildung 3.1 Zug-Druck-Beanspruchung bei uniaxialer Probe [29 ]

Als wirksame Nennspannung ergibt sich:

oAF

=σ Gleichung 3.1

Diese ruft aufgrund des Hookeschen Gesetzes die Normaldehnung:

ε = Gleichung 3.2

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hervor. Bei einfacher Druckbeanspruchung liegen die in Abb. 3.1 (rechts) skizzierten Verhältnisse vor. Gegenüber der Beanspruchung in Abb. 3.1 (links) sind F, σ und ε negativ [29].

3.1.2 Versuchswerkstoff

Als Versuchswerkstoff wurde Aluminiumoxid vom Typ FRIALIT® F99,7 der Firma Friatec AG Mannheim verwendet. Dieses hochreine Al2O3 zeichnet sich besonders durch seine besondere Verschleißfestigkeit und Korrosionsbeständigkeit aus.

Werkstoffkenndaten des verwendeten Aluminiumoxids F99,7

Die folgenden Herstellerangaben beziehen sich auf eine Temperatur von 20°C.

Dichte 3,9 - 3,95 g / cm3

Härte (Knoop, 100g) 2 300 N / mm2

Druckfestigkeit 3 500 N / mm2

Biegebruchfestigkeit 350 N / mm2

Elastizitätsmodul 380 GPa

Poissen-Zahl 0,22 ---

offene Porosität 0 %

Maximale

Einsatztemperatur 1950 °C

Ausdehnungskoeffizient 8,5 10-6 / K

Spezifische Wärme 900 J / Kg K

Wärmeleitfähigkeit 30 W / m K

Spez. Widerstand 1014 Ω cm

Farbe weiß ---

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Zusammensetzung des verwendeten Pulvers:

Al2O3 SiO2 Na2O3 MgO Fe2O3 CaO

99,7 Ma-% <0,01 Ma-% 0,02 Ma-% 0,23 Ma-% 0,02 Ma-% 0,01 Ma-%

3.1.3 Probenvorbereitung

Die F 99.7-Al2O3-Keramik-Proben für die uniaxialen isothermen Zug-Druck-Versuche wurden durch die Firma Friatec im gesinterten rund geschliffenen Zustand geliefert. Um eine Vergleichbarkeit zwischen den erhaltenen Ergebnissen aus Vier-Punkt-Biege- und isothermen Versuchen sowie die zyklische Zug-Druck-Experimenten zu gewährleisten, wurden die Proben aus dem gleichen Pulver und der gleichen Herstellungsroute geliefert. Die Messstrecke der 140 mm langen und 12 mm dicken Proben (siehe Abbildung 3.2) hatte eine Länge von 15 mm und einen Durchmesser von 5 mm.

Abbildung 3.2 Probengeometrie

Die Messstrecke wurde mit Hilfe einer Schleifmaschine der Firma Esel (siehe Abbildung 3.3 und 3.4) mit einem Hochgeschwindigkeitsschleifkopf mit einer maximalen Drehzahl von 50000 Umdrehung/min bearbeitet. Um die Schleifriefen in Längsrichtung parallel zur Probenachse zu erhalten, dreht sich die Probe mit einer sehr niedrigen Drehzahl von etwa 100 U/min, während der mit einem Diamantschleifstift der Körnung D46 bestückte Schleifkopf sich mit einer Drehzahl von n=45000 U/min senkrecht zur Probenachse dreht. Die endbearbeiteten Proben wiesen die in Abbildung 3.5 aufgeführte Oberflächengüte auf.

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Abbildung 3.3 Schleifmaschine der Firma Esel

Abbildung 3.4 Bearbeitung der Probe

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0.000

800.0

[µm]

772.0

[µm]

Ra=1,40 µm

Rk=3,99 µm

Rpk=0,55 µm

Rvk=2,52 µm

Abbildung 3.5 Oberflächengüte einer Probe

3.1.4 Versuchsaufbau

Es wurde eine am Institut für Werkstoffkunde I entwickelte Zug-Druck-Vorrichtung, wie in Abbildung 3.6 dargestellt, in Verbindung mit einer servohydraulischen Universal-prüfmaschine der Firma Schenk mit einer Maximalprüfkraft von 10kN verwendet [26].

Abbildung 3.6 Schematischer Versuchsaufbau

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Die Bruchkraft wurde durch eine im Querhaupt der Maschine eingebaute Kraftmessdose aufgenommen, die bis zu einer zulässigen Belastung von 10KN eingesetzt werden kann. Die Istwerte von Kraftänderung wird an den Sollwertvorgaberechner zurückgeführt und nach definierten Zeitabständen bzw. Zyklenzahlen gespeichert.

Unter Zug-Druck-Beanspruchung können nur unter der Voraussetzung sinnvolle Ergebnisse erzielt werden, dass keine zusätzlichen Belastungen außer der Prüflast die Probe beanspruchen. Insbesondere bei Zug-Druck-Wechselbeanspruchung muss beachtet werden, dass sich keine Biegespannung mit der zu prüfenden Last überlagert. Da keramische Werkstoffe im Gegensatz zu metallischen Werkstoffen lokale Spannungsüberhöhungen nicht durch lokale plastische Verformungen ausgleichen können, müssen diese Biegeanteile besonders beachtet werden. Zwei der wichtigsten parasitären Faktoren bei Zug-Druck-Beanspruchung sind der axiale Versatz und die Exzentrizität (siehe Abbildung 3.7) [25].

Abbildung 3.7

Formen der Biegebeanspruchung aufgrund von Fehlerjustage; axialer Versatz und Winkelfehler (= exzentrizität; leicht vermeidbar)

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Für diese Arbeit wurde für die bei Raum- und Hochtemperatur durchgeführten uniaxialen Versuche eine neue Spannvorrichtung entwickelt, um den verschiedenen Einflussparametern sowie der Versuchstemperatur und der Möglichkeit, Versuche im Wechselbereich durchzuführen (siehe Abbildung 3.8). Im ungeklemmten Zustand hat die runde Zug-Druck-Probe einen Translations- und Rotationsfreiheitsgrad. Die Klemmkraft wird über ein reibschlüssiges Wirkprinzip durch die Translationsbewegung eines geschlitzten Außenkonus parallel zur Längsachse in einem Innenkonus gewährleistet. Dieses System bewirkt sowohl unter Zug- als auch unter Druck-Beanspruchung eine Selbstverstärkung der Klemmkraft. Die Verspannkraft wird über die hydraulisch betätigten Kolben und die Zwischenplatte gewährleistet. Aufgrund der Unverträglichkeit schlagartiger Belastungen keramischer Werkstoffe erfolgt die Steuerung dieses Einspannsystems manuell, wobei der Einspanndruck 300 bar beträgt.

Zur Beurteilung der Spannungssituation in der Probe wurde eine Kalibrierprobe mit 12 DMS auf 3 verschiedenen Ebenen auf der Messstrecke angebracht. Die Biegedehnung im belasteten Zustand wurde gemessen und ausgeglichen. Diese Prozedur wurde vor jeder Versuchsreihe durchgeführt, wobei bei Hochtemperaturversuchen die Einspannvorrichtung mittels einer wassergekühlten Platte (8) vor der Strahlungswärme geschützt wurde.

Abbildung 3.8 Schematischer Versuchsaufbau, Zeichnung der Zusammenstellung der hydraulischen Fassung zur Prüfung keramischer Rundproben unter zyklischer Zug-Druck-Wechsel-

und Schwellbeanspruchung bei Raum- und erhöhter Temperatur

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Abbildung 3.9 Zug-Druck-Vorrichtung mit Strahlungsofen und Pyrometer

3.1.5 Versuchsdurchführung

Die zyklischen Versuche wurden bei Raumtemperatur und T=900°C spannungs-kontrolliert gefahren und unterschieden sich durch verschiedene - unten aufgeführte - Spannungsverhältnisse. Die Versuche wurden mit einer sinusförmigen Zyklenform belastet. Für jede Versuchsreihe (10 Proben) war eine Frequenz von 30 Hz vorgegeben.

Durchgeführte zyklische Versuche:

Spannungsverhältnis R Temperatur T

-1 0 0,33

T = RT X X X (Verifikation)

T = 900°C X X umgerechnet

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Die Versuchsreihen bei T=900°C wurden mittels eines Strahlungsofens aufgehitzt, der mit Hilfe von Schwenkarmen an die Vorrichtung herangeklappt werden konnte. Durch die Temperaturregelung hat sich nach etwa fünf Minuten eine konstante Temperatur eingestellt, so dass nach insgesamt zehn Minuten von einer homogenen Temperaturverteilung in der Probe ausgegangen werden kann und dann das eigentliche Belastungsprogramm gestartet werden konnte.

3.2 Rasterelektronenmikroskopie

Zur Beobachtung der Bruchfläche werden Rasterelektronenmikroskopische Untersuchung durchgeführt. Zur Präparation wurde ein Probenstück der Al2O3-Probe entnommen, im Ultraschallbad gereinigt und mit einer sehr feinen Goldschicht besputtert, um die grundsätzlich notwendige elektrische Leitfähigkeit herzustellen. Die Aufnahmen wurden am REM vom Typ Stereoscan S410 der Firma Cambridge Instruments bei einer Beschleunigungsspannung von 30 KV unter einem effektiven Kippwinkel von 20° erstellt.

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4 Versuchsergebnisse

4.1 Grösseneffekt

Eine Lebensdauer für Zug-Druck-beanspruchte Proben können anhand der Ergebnisse von 4 Punkt-Biege-Versuch umgerechnet werden. Dafür verwendet man die Gleichung 2.29, die man so schreiben kann:

m

Zeff

BeffBZ V

VNN

1

,

,

⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛= Gleichung 4.1

wobei sich aus der Prüflänge und dem Durchmesser der Zugproben zu 3524,294155,2 mm=××π ergibt. Das effektiv geprüfte Volumen der Biegeproben Veff,B

hängt von dem Weibull-Parameter m ab:

2, )1(21

++

=mkmVV Beff Gleichung 4.2

Hier ist k das Verhältnis der Auflageabstände (20/40) und V das Volumen der Biegeprobe zwichen den äußeren Rollen (3x4x40mm3).

4.2 Zyklische Versuche bei 25°C

4.2.1 Spannungsverhältnis R=0,33

Bei einem Spannungsverhältnis R=0,33 sieht der Spannung-Zeit-Verlauf wie in Abbildung 4.1 aus. Zu erwähnen gilt hier, dass die sowohl die maximale Spannung als auch die minimale und Mittelspannung über 0 liegen.

Die nachfolgende Tabelle enthält die Werte der maximalen Spannung σ max, der Mittelspannung σm, sowie der Spannungsamplitude σa für die zyklische Reihe bei 25°C und bei einem Spannungsverhältnis R=0,33. Die Nomenklatur ist dabei wie folgt: Reihennummer / Versuchsführung (U für uniaxial, A für Aluminiumoxid, Z für zyklisch) / Versuchstemperatur [°C] (R für Raumtemperatur) / Spannungsverhältnis (3 für R=0,33):

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39

0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,00

σo

σmitt

σu

t [s]

σ [M

Pa]

Abbildung 4.1

Spannungsverlauf bei einem Spannungsverhältnis R=0,33

Zyklische Reihe T=25°C / R=0,33

σmax

[MPa]

σm

[MPa]

σa

[MPa]

f

[Hz]

1UZAR3* 280 186,2 93,8 30

2UZAR3* 250 166,25 83,75 30

3UZAR3* 220 146,3 73,7 30

Die erhaltenen Lebensdauern von diesen drei Versuchsreihen sind im Wöhler-Diagramm der Abbildung 4.2 dargestellt.

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40

100 101 102 103 104 105 106 107 108

100

2 Durchläufer

70

80

90

σa=93,8 MPaσmax=280 MPa

σa=83,75 MPaσmax=250 MPa

σmax=220 MPaσa=73,7 MPa

NB

σ a [M

Pa]

Abbildung 4.2

Wöhler Diagramm bei R=0,33 und bei Raumtemperatur

In den dargestellten Diagrammen sind die Weibull-Geraden mit den korrigierten Weibullmodulen mk sowie den charakteristischen Bruchlastspielzahl NB und den entsprechenden Vertrauensbereichen angegeben und entspechend aufgetragen, dabei beziehen sich diese auf einen Vetrauensbereich von 90%. Diese Parameter wurden mit der Maximum-Likelihood-Methode berechnet, die in Kapitel 2.5 erläutert ist. Damit die Diagramme besser zu verstehen sind, soll noch einmal kurz die Aussage der Maximum-Likelihood-Methode erwähnt werden. Der Weibull-Modul m sagt aus, wie groß Die Streuung der Messwerte ist. Ein großer Weibull-Modul m weist eine geringere Streuung der Messwerte auf und für einen kleinen Weibull-Modul gilt das Umgekehrte. Damit der Weibull-Modul unabhängig von der Anzahl der geprüften Proben ist, wird es korrigiert und somit unhabhängig von der Anzahl der geprüften bzw. gebrochenen Proben gemacht. Dieser korrigierte Weibull-Modull wird mit mk bezeichnet. Die charakteristische Festigkeit ist dabei

durch eine Ausfallwahrscheinlichkeit 63,2% festgelegt und wird durch 01

1lnln =⎟⎠⎞

⎜⎝⎛− F

durch Umformen F=0,632 definiert, wobei F die Bruchwahrscheinlichkeit darstellt.

Auf die Versuchsreihen in denen Durchläufer aufgetreten sind, wurde die sogenannte abgeschnittene Weibullverteilung angewandt.

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0.01

0.02

0.05

0.13

0.31

0.63

0.93

0.99

-6

-5

-4

-3

-2

-1

0

1

2

3

0 5 10 15

ln(σ)

ln(ln(1/(1-F))) Probability F

Sample dataWeibull line90% conf. bounds

T=25°C

R=0,33

σa=83,75 MA

σmax=250 MPa

NB=72326 Zyklen

mk=0,359

Abbildung 4.3

Festigkeitsverteilung bei Raumtemperatur der Versuchsreihe R=0,33 / σa=83,75 MPa

0.01

0.02

0.05

0.13

0.31

0.63

0.93

0.99

-6

-5

-4

-3

-2

-1

0

1

2

3

0 5 10 15

ln(σ)

ln(ln(1/(1-F))) Probability F

Sample dataWeibull line90% conf. bounds

T=25°C

R=0,33

σa=93,8 MPa

σmax=280 MPa

NB =10427 Zyklen

mk=0,299

Abbildung 4.4

Festigkeitsverteilung bei Raumtemperatur der Versuchsreihe R=0,33 / σa=93,8 MPa

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Die charakteristische Festigkeit und der Weibull-Parameter für die verschiedenen Reihen sind in der nachfolgenden Tabelle zusammengefasst:

Zyklische Reihe

T=25°C / R=0,33

σa / σmax

[MPa]

NB

[Zyklen]

mk

1UZAR3* 93,8 / 280 10426 0,299

2UZAR3* 83,75 / 250 72326 0,359

3UZAR3* 73,7 / 220 310471 0,510

Abbildung 4.5 enthält sowohl die aus uniaxialen Zug-Druck-Versuchen erhaltenen Lebensdauern als auch die mit Hilfe der Weibull-Auswertung erhaltene charakteristische Bruchlastspielzahl.

100 101 102 103 104 105 106 107 108

100

2 Durchläufer

70

80

90

σa=93,8 MPaσmax=280 MPa

σa=83,75 MPa

σmax=250 MPa

σmax=220 MPaσa=73,7 MPa

NB

σ a [M

Pa]

Abbildung 4.5

Wöhler Diagramm mit der Weibull-Auswertung bei Raumtemperatur, R=0,33

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43

4.2.2 Spannungsverhältnis R=0

Bei einem Spannungsverhältnis R=0 ist die Unterspannung σu null, so dass die Amplitude σa und die Mittelspannung σmitt gleich sind (siehe Abbildung 4.6).

0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0

σo

σmitt

σu=0

t [s]

σ [M

Pa]

Abbildung 4.6

Spannungsverlauf bei einem Spannungsverhältnis R=0

Zyklische Reihe T=25°C / R=0

σR,max

[MPa]

σm

[MPa]

σa

[MPa]

f

[Hz]

0ZAR0* 260 130 130 30

3ZAR0* 210 105 105 30

4ZAR0* 220 83,75 83,75 30

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44

Die in obiger Tabelle aufgeführten Ergebnisse sind im Wöhler-Diagramm der Abbildung 4.7 dargestellt.

100 101 102 103 104 105 106 107 108

σa=83,75 MPa

σmax=210 MPa

σmax=167,5 MPa

σa=105 MPa

σmax=260 MPaσa=130 MPa

150

80

90

100

70

3 Durchläufer

NB

σ a [M

Pa]

Abbildung 4.7

Wöhler Diagramm bei R=0 und bei Raumtemperatur

Die charakteristische Festigkeit und der Weibull-Parameter für die verschiedenen Reihen sind in der nachfolgenden Tabelle zusammengefasst und die Weibull-Verteilungen für die Reihe ohne Durchläufer sind in den Abbildung 4.8 und 4.9 dargestellt.

Zyklische Reihe

T=25°C / R=0

σa / σmax

[MPa]

NB

[Zyklen] mk

0ZAR0* 130 / 260 87548 0,371

3ZAR0* 105 / 210 17029 1,315

4ZAR0* 83,75 / 167,5 298247 0,983

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45

0.99

0.93

0.63

0.31

0.13

0.05

0.02

-5

-4

-3

-2

-1

0

1

2

3

8 9 10 11 12ln(σ)

ln(ln(1/(1-F))) Probability F

Sample dataWeibull line90% conf. bounds

T=25°C

R=0

σa=130 MPa

σmax=260 MPa

NB =87548 Zyklen

mk=0,371

Abbildung 4.8

Festigkeitsverteilung bei Raumtemperatur der Versuchsreihe R=0 / σa=83,75 MPa

0.99

0.93

0.63

0.31

0.13

0.05

0.02

-5

-4

-3

-2

-1

0

1

2

3

5 7 9 11 13 15

ln(σ)

ln(ln(1/(1-F))) Probability F

Sample dataWeibull line90% conf. bounds

T=25°C

R=0

σa=105 MPa

σmax=210 MPa

NB =17029 Zyklen

mk=1,315

Abbildung 4.9

Festigkeitsverteilung bei Raumtemperatur der Versuchsreihe R=0 / σa=105 MPa

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46

Abbildung 4.10 enthält sowohl die aus uniaxialen Zug-Druck-Versuchen erhaltenen Lebensdauern als auch die mit Hilfe der Weibull-Auswertung erhaltene charakteristische Bruchlastspielzahl. Es lässt sich hier feststellen, dass die aus der Weibull-Auswertung erhaltenen Datenpunkte auf einer Linie liegen.

100 101 102 103 104 105 106 107 108

3 Durchläuferσmax=167,5 MPaσa=83,75 MPa

σmax=210 MPaσa=105 MPa

σmax=260 MPaσa=130 MPa

150

80

90

100

70

NB

σ a [M

Pa]

Abbildung 4.10

Wöhler Diagramm mit der Weibull-Auswertung bei Raumtemperatur, R=0

4.2.3 Spannungsverhältnis R=-1

Bei einem Spannungsverhältnis R=-1 ist die Mittelspannung σmitt null, so dass die Unterspannung σu negativ ist (Druck). Die Oberspannung σo und die Amplitude σa sind gleich (siehe Abbildung 4.11). Wir befinden uns im Wechselbeanspruchungsbereich (siehe Abbildung 2.4).

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47

0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0

σo

σmitt

σu=0

t [s]

σ [M

Pa]

Abbildung 4.11

Spannungsverlauf bei einem Spannungsverhältnis R=-1

Zyklische Reihe T=25°C / R=0

σ max

[MPa]

σm

[MPa]

σa

[MPa]

f

[Hz]

3ZAR-1* 250 0 250 30

4ZAR-1* 220 0 220 30

5ZAR-1* 190 0 190 30

6ZAR-1* 130 0 130 30

Die Ergebnisse von diesen vier Versuchsreihen sind im Wöhler-Diagramm der Abbildung 4.12 dargestellt.

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48

100 101 102 103 104 105 106 107 108

150

200

250

300

100

σa=σmax=130 MPa

σa=σmax=190 MPa

σa=σmax=220 MPa

σa=σmax=250 MPa

6 Durchläufer

NB

σ a [M

Pa]

Abbildung 4.12

Wöhler Diagramm bei R=-1 und bei Raumtemperatur

Die mit Hilfe der Weibull-Auswertungen erhaltenen Ergebnisse sind in der nachfolgenden Tabelle zusammengefasst und die Weibull-Verteilungen für die Reihe ohne Durchläufer sind in den Abbildung 4.13, 4.14 und 4.15 dargestellt.

Zyklische Reihe

T=25°C / R=-1

σa=σmax

[MPa]

NB

[Zyklen] mk

3ZAR-1* 250 42030 0,537

4ZAR-1* 220 55810 0,394

5ZAR-1* 190 133463 0,429

6ZAR-1* 130 474384 0,649

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49

0.02

0.05

0.13

0.31

0.63

0.93

0.99

-5

-4

-3

-2

-1

0

1

2

3

5 7 9 11 13 15

ln(σ)

ln(ln(1/(1-F))) Probability F

Sample dataWeibull line90% conf. bounds

T=25°C

R=-1

σa=250 MPa

σmax=250 MPa

NB= 42030 Zyklen

mk= 0,537

Abbildung 4.13

Festigkeitsverteilung bei Raumtemperatur der Versuchsreihe R=-1 / σa=250 MPa

0.01

0.02

0.05

0.13

0.31

0.63

0.93

0.99

-6

-5

-4

-3

-2

-1

0

1

2

3

3 5 7 9 11 13 15

ln(σ)

ln(ln(1/(1-F))) Probability F

Sample dataWeibull line90% conf. bounds

T=25°C

R=-1

σa=220 MPa

σmax=220 MPa

NB = 55810 Zyklen

mk= 0,394

Abbildung 4.14

Festigkeitsverteilung bei Raumtemperatur der Versuchsreihe R=-1 / σa=220 MPa

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50

0.02

0.05

0.13

0.31

0.63

0.93

0.99

0.99

-5

-4

-3

-2

-1

0

1

2

3

4

5 10 15 20

ln(σ)

ln(ln(1/(1-F))) Probability F

Sample dataWeibull line90% conf. bounds

T=25°C

R=-1

σa=190 MPa

σmax=190 MPa

NB = 133463 Zyklen

mk=0,429

Abbildung 4.15

Festigkeitsverteilung bei Raumtemperatur der Versuchsreihe R=-1 / σa=190 MPa

100 101 102 103 104 105 106 107 108

150

200

250

300

6 Durchläufer

100

σa=σmax=130 MPa

σa=σmax=190 MPa

σa=σmax=220 MPa

σa=σmax=250 MPa

NB

σ a [M

Pa]

Abbildung 4.16

Wöhler Diagramm mit der Weibull-Auswertung bei Raumtemperatur, R=-1

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51

Abbildung 4.16 enthält sowohl die aus uniaxialen Zug-Druck-Versuchen erhaltenen Lebensdauern als auch die mit Hilfe der Weibull-Auswertung erhaltene charakteristische Bruchlastspielzahl. Es lässt sich hier feststellen, dass die aus der Weibull-Auswertung erhaltenen Datenpunkte auf einer Linie liegen.

4.3 Zyklische Versuche bei 900°C

Es wurden hier wiederum uniaxiale Zug-Druck-Versuche bei einer Versuchstemperatur von 900°C, einem Spannungsverhältnis von 0 und -1 bei einer Versuchsfrequenz von 30 Hz gefahren.

4.3.1 Spannungsverhältnis R=-1

Der Spannungs-Zeit-Verlauf sieht ähnlich wie in Kapitel 4.2.3 aus.

Die nachfolgende Tabelle enthält die Werte der maximalen Spannung σmax, der Mittelspannung σm, sowie der Spannungsamplitude σa für die zyklischen Versuchseihen bei 900°C und einem Spannungsverhältnis R=-1.

Zyklische Reihe T=900°C / R=-1

σmax

[MPa]

σm

[MPa]

σa

[MPa]

f

[Hz]

1ZA9004* 240 0 240 30

1ZA9003* 235 0 235 30

1ZA9001* 220 0 220 30

Die Nomenklatur ist dabei wie folgt: Spannungsverhältnis (1 für R=-1) / Versuchsführung (U für uniaxial, A für Aluminiumoxid, Z für zyklisch) / Versuchstemperatur[°C] / Reihennummer.

Die erhaltenen Lebensdauern dieser drei Versuchsreihen sind im Wöhler-Diagramm der Abbildung 4.17 dargestellt.

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100 101 102 103 104 105 106 107 108200

220

240

260

σa=σmax=220 MPa

σa=σmax=235 MPa

2 Durchläufer

σa=σmax=240 MPa

NB

σ a [M

Pa]

Abbildung 4.17

Wöhler Diagramm bei R=-1 und bei 900°C

Die erhaltenen Lebensdauern der Weibull-Auswertung sind in der nachfolgenden Tabelle zusammengefasst und die Weibull-Verteilungen für die zwei Reihen ohne Durchläufer sind in Abbildung 4.18 und 4.19 dargestellt.

Zyklische Reihe

T=900°C / R=-1

σa=σmax

[MPa]

NB

[Zyklen] mk

1ZA9004* 240 138116 0,953

1ZA9003* 235 253334 0,362

1ZA9001* 220 1718520 0,474

Abbildung 4.20 enthält sowohl die aus uniaxialen Zug-Druck-Versuchen erhaltenen Lebensdauern als auch die mit Hilfe der Weibull-Auswertung erhaltene charakteristische Bruchlastspielzahl. Es lässt sich hier feststellen, dass die aus der Weibull-Auswertung erhaltenen Datenpunkte auf einer Linie liegen.

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53

0.01

0.02

0.05

0.13

0.31

0.63

0.93

0.99

-6

-5

-4

-3

-2

-1

0

1

2

3

7 9 11 13 15

ln(σ)

ln(ln(1/(1-F))) Probability F

Sample dataWeibull line90% conf. bounds

T=900°C

R=-1

σa=240 MPa

σmax=240 MPa

NB= 138116 Zyklen

mk= 0,953

Abbildung 4.18

Festigkeitsverteilung bei 900°C der Versuchsreihe R=-1 / σa=240 MPa

0.01

0.02

0.05

0.13

0.31

0.63

0.93

0.99

0.99

-6

-5

-4

-3

-2

-1

0

1

2

3

4

3 8 13 18

ln(σ)

ln(ln(1/(1-F))) Probability F

Sample dataWeibull line90% conf. bounds

T=25°C

R=-1

σa=235 MPa

σmax=235 MPa

NB = 253334 Zyklen

mk= 0,362

Abbildung 4.19

Festigkeitsverteilung bei 900°C der Versuchsreihe R=-1 / σa=235 MPa

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100 101 102 103 104 105 106 107 108200

220

240

260

2 Durchläuferσa=σmax=220 MPa

σa=σmax=235 MPa

σa=σmax=240 MPa

NB

σ a [M

Pa]

Abbildung 4.20

Wöhler Diagramm mit der Weibull-Auswertung bei 900°C, R=-1

4.3.2 Spannungsverhältnis R=0

Der Spannungs-Zeit-Verlauf sieht ähnlich wie in Kapitel 4.2.2 aus.

Die nachfolgende Tabelle enthält die Werte der maximalen Spannung σmax, der Mittelspannung σm, sowie der Spannungsamplitude σa für die zyklischen Versuchseihen bei 900°C und einem Spannungsverhältnis R=0.

Zyklische Reihe T=900°C / R=0

σmax

[MPa]

σm

[MPa]

σa

[MPa]

f

[Hz]

0ZA9001* 220 110 110 30

0ZA9002* 240 120 120 30

0ZA9003* 260 130 130 30

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55

Die Nomenklatur ist dabei wie folgt: Spannungsverhältnis (0 für R=0) / Versuchsführung (U für uniaxial, A für Aluminiumoxid, Z für zyklisch) / Versuchstemperatur[°C] / Reihennummer.

Die erhaltenen Lebensdauern dieser zwei Versuchsreihen sind im Wöhler-Diagramm der Abbildung 4.21 dargestellt.

100 102 104 106 108100

6 Durchläufer

140

130

120

110

150

σ a [M

Pa]

NB

Abbildung 4.21

Wöhler Diagramm bei R=0 und bei 900°C

Die erhaltenen Lebensdauern der Weibull-Auswertung sind in der nachfolgenden Tabelle zusammengefasst und die Weibull-Verteilungen für die zwei Reihen ohne Durchläufer sind in Abbildung 4.22 und 4.23 dargestellt.

Zyklische Reihe

T=900°C / R=0

σa / σmax

[MPa]

NB

[Zyklen] mk

0ZA9001* 110 / 220 5852061 0,7

0ZA9002* 120 / 240 5897 0,339

0ZA9003* 130 / 260 204 0,546

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56

0.05

0.13

0.31

0.63

0.93

0.99

0.99

-4

-3

-2

-1

0

1

2

3

4

0 5 10 15

ln(σ)

ln(ln(1/(1-F))) Probability FSample dataWeibull line90% conf. bounds T=900°C

R=0

σa=120 MPa

σmax=240 MPa

NB= 15897 Zyklen

mk= 0,339

Abbildung 4.22

Festigkeitsverteilung bei 900°C der Versuchsreihe R=0 / σa=120 MPa

0.13

0.31

0.63

0.93

0.99

0.99

-3

-2

-1

0

1

2

3

4

0 2 4 6 8 10

ln(σ)

ln(ln(1/(1-F))) Probability FSample dataWeibull line90% conf. bounds

T=900°C

R=0

σa=130 MPa

σmax=260 MPa

NB = 204 Zyklen

mk= 0,546

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57

Abbildung 4.23

Festigkeitsverteilung bei 900°C der Versuchsreihe R=0 / σa=130 MPa

Abbildung 4.24 enthält sowohl die aus uniaxialen Zug-Druck-Versuchen erhaltenen Lebensdauern als auch die mit Hilfe der Weibull-Auswertung erhaltene charakteristische Bruchlastspielzahl. Es lässt sich hier feststellen, dass die aus der Weibull-Auswertung erhaltenen Datenpunkte auf einer Linie liegen.

100 102 104 106 108100

6 Durchläufer

σa=110 MPaσmax=220 MPa

σmax=260 MPaσa=130 MPa

σmax=240 MPaσa=120 MPa

140

130

120

110

150

σ a [M

Pa]

NB

Abbildung 4.24

Wöhler Diagramm mit der Weibull-Auswertung bei 900°C, R=0

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58

4.4 Fraktographische Untersuchungen

In diesem Kapitel soll versucht werden, mit Hilfe von REM-Aufnahmen geeigneter Bruchflächen einen Einblick in das Bruchverhalten und Mikrogefüge von Aluminiumoxidkeramik zu gewinnen.

Die Rasterelektronenmikroskopie (REM) besitzt den großen Vorteil, dass alle Oberflächen die vakuumbeständig und elektrisch leitend sind direkt mit großer Schärfentiefe abgebildet werden können. Das nichtleitende Al2O3 wurde daher mit einer leitenden, sehr dünnen Schicht (AuPd) besputtert.

4.4.1 Poren

Es wurde schon darauf hingewiesen, dass Poren als Gefügeinhomogenitäten zu betrachten sind, wobei in Analogie zur Korngröße den größten Poren die meiste Bedeutung beigemessen werden muss.

Die Abbildung 4.25 zeigt einen Bruchflächenausschnitt der höchstbelasteten Zugzone. Es wurden hierbei sehr kleine Poren in den Körnern selbst, sowie große Poren zwischen den Körnern festgestellt.

Große Poren, die im Bereich der Zugzone liegen, können mit hoher Wahrscheinlichkeit als bruchauslösend betrachtet werden, wobei jedoch der eigentliche Rissursprung bei den hier vorliegenden natürlichen Fehlstellen nicht mit Sicherheit lokalisiert werden konnte.

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59

Abbildung 4.25

Interkristalliner Bruch, Poren Al2O3, 2000fache Vergrößerung

4.4.2 Bruchfläche

Die Bruchfläche, die bei allen verwendeten Proben rechtwinklig zur Probenachse liegen, zeigen mit bloßem Auge betrachtet eine rauhe Oberfläche mit einem für die verwendeten Proben typischen Restbruch.

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60

Abbildung 4.26

Bruchfläche einer Probe, 15fache Vergrößerung

Weiterhin erkennt man Sekundärrisse bzw. verzweigte Sekundärrisse die sowohl interkristalliner als auch transkristalliner Natur sein können und dazu neigen, Fehlstellen, wie Poren zu verbinden.

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61

Abbildung 4.27

Sekundär – Riss, 2000fache Vergrößerung

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62

5 Diskussion

5.1 Lebensdauerverhalten

In den Wöhler-Diagrammen (siehe Abbildung 5.1 und 5.2) sind die unter uniaxialer zyklischer Ermüdungsbeanspruchung für T=25°C, T=900°C und einem Spannungsverhältnis von R=0, -1 und 0,33 bei einer Frequenz von 30Hz erhaltenen Lebensdauern aufgetragen.

100 102 104 106 108

100

Versuche bei R = -1 Versuche bei R = 0 Versuche bei R = 0,33

6 Durchläufer

3 Durchläufer

2 Durchläufer

300250

200

150

40

NB,0 bei R = -1 NB,0 bei R = 0 NB,0 bei R = 0,33

σ a [M

Pa]

NB

Abbildung 5.1

Spannungsamplitude als Funktion der Bruchlastspielzahl bei RT für die Spannungsverhältnisse R=-1, 0 und 0,33 bei einer Frequenz von 30 Hz

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100 102 104 106 108

100 6 Durchläufer

2 Durchläufer

Versuche bei R = -1 Versuche bei R = 0 Versuche bei R = 0,3340

300250

200

150

NB,0 bei R = -1 NB,0 bei R = 0 NB,0 bei R = 0,33

σ a [M

Pa]

NB

Abbildung 5.2

Spannungsamplitude als Funktion der Bruchlastspielzahl bei 900°C für die Spannungsverhältnisse R=-1, 0 und 0,33 bei einer Frequenz von 30 Hz

Die bereits unter Vier-Punkt-Biege-Beanspruchung durchgeführten zyklischen Ermüdungsversuche bei einem Spannungsverhältnis von R=0,33 (siehe Studienarbeit von Dietmar Häring) wurden hier aus Verifikationszwecken unter uniaxialer Beanspruchung mit einer homogenen Beanspruchung der Messstrecke wiederholt und verglichen (siehe Abbildung 5.3). Betrachtet man das Wöhler-Diagramm in Abbildung 5.3, so stellt man fest, dass die zurückgerechneten charakteristischen Bruchlastspielzahlen aus zyklischen Vier-Punkt-Biege-Ermüdungsversuchen mit Hilfe des oben vorgestellten Grossen Effekt relativ gut mit den charakteristischen Lebensdauern aus uniaxialen Ermüdungsversuchen für ein einheitliches Spannungsverhältnis von R=0,33 und einer Frequenz von 30 Hz bei einer Versuchstemperatur von 25°C übereinstimmt. Somit ist eine Vergleichbarkeit der unter Vier-Punkte-Biege-Beanspruchung aus anderen Studienarbeiten erhaltenen Ergebnisse mit den aus uniaxialen Zug-Druck-Versuchen durchaus gegeben.

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64

100 102 104 106 108

400

350

300

250

200

150

Versuchsergebnisse aus Zug/Druck carakt. Bruchlastspielzahl Zug/Druck Umrechnung d. charakt.

Bruchlastspielzahl aus 4-Pkt-Biegung

σ max

[MP

a]

NB

Abbildung 5.3

Spannungsamplitude als Funktion der Bruchlastspielzahl für die erhaltenen Ergebnisse aus Zug-Druck-Versuchen sowie die umgerechneten Ergebnisse aus 4-Punkt-Biegung

bei RT für ein Spannungsverhältnis R=0,33 bei einer Frequenz von 30 Hz

5.2 Einfluss der Versuchstemperatur auf das Lebensdauerverhalten

Im Wöhler-Diagramm (Abbildung 5.4) sind die anhand rein zyklischer uniaxialer Wechselermüdungsversuche an Al2O3-Keramik der Qualität F99,7 bei einer Frequenz von 30 Hz, für ein Spannungsverhältnis von R=-1 mit Hilfe der Weibull-Theorie erhaltenen charakteristischen Bruchlastspielzahlen sowie reine Schwellversuche bei R=0 (Abbildung 5.5) für die Versuchstemperaturen von T=25°C und T=900°C dargestellt.

Es läßt sich hier feststellen, dass die erhaltene Lebensdauer bei gleichbleibender Spannungsamplitude mit ansteigender Versuchstemperatur sowohl bei R=-1 als auch bei R=0 entscheidend zunimmt. Trägt man die erreichte Lebensdauer bei einer Spannungsamplitude von 200 MPa bei R=-1 (Abbildung 5.6 links) auf, und bei einer

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65

Spannungsamplitude von 100 MPa bei R=0 (Abbildung 5.6 rechts) auf, so stellt man fest, dass die erreichte Lebensdauer bei den oben erwähnten Spannungsamplituden bei R=0 und R=-1 bei T=900°C im Vergleich zur Raumtemperatur relativ hoch ist. Dies ist zurückzuführen auf die durch die Erweichung der an der Korngrenze und im Trippelpunkt gelagerten Glasphase bei T=900°C auftretenden Kriecheffekte. Diese Kriecheffekte führen zu einer verlangsamten Schädigung aufgrund eines durch lokale Relaxation eintretenden Abbaus der Spannungsspitzen an den versagenskritischen Schädigungskeimen wie z.B. Trippelpunkten. Diese sind für Rissbildung und Wachstum verantwortlich.

101 102 103 104 105 106 107 108

100

60

300250200

150

NB,0 bei RT NB,0 bei 900°C Ergebnisse bei RT Ergebnisse bei 900°C

σ a [M

Pa]

NB

Abbildung 5.4

Spannungsamplitude als Funktion der Bruchlastspielzahl bei einer Versuchstemperatur von 25°C und 900°C für ein Spannungsverhältnis von R=-1

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66

100 102 104 106 108

100

300250

200

40

150

NB,0 bei RT NB,0 bei 900°C Ergebnisse bei RT Ergebnisse bei 900°C

σ a [M

Pa]

NB

Abbildung 5.5

Spannungsamplitude als Funktion der Bruchlastspielzahl bei einer Versuchstemperatur von 25°C und 900°C für ein Spannungsverhältnis von R=0

100

102

104

106

108

1010

1012

900°C

R = 0 / σa = 200 MPa

NB

RT

100

102

104

106

108

1010

1012

R = - 1 / σa = 100 MPa

900°C

NB

RT

Abbildung 5.6

Die erreichte Bruchlastspielzahl bei einer Spannungsamplitude von 200 MPa und einem Spannungsverhältnis R=0 in Abhängigkeit von der Versuchstemperatur (links), sowie die

erreichte Bruchlastspielzahl bei einer Spannungsamplitude von 100 MPa und einem Spannungsverhältnis R=-1 in Abhängigkeit von der Versuchstemperatur (rechts).

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67

Das Lebensdauerverhalten metallischer Werkstoffe im Zeitfestigkeitsbereich wird häufig mit Hilfe der Basquin-Beziehung (siehe Gleichung 5.1) beschrieben,

bB

´fa )(Nσσ = Gleichung 5.1

wobei σa die Spannungsamplitude, NB die Bruchlastspielzahl und σf ein Ermüdungsfestigkeitskoeffizient und b ein Ermüdungsfestigkeitsexponent. Eine Übersicht der erhaltenen Werte von b und σf für die Spannungsverhältnisse R=0, 0,33 und -1 bei Raumtemperatur und T=900°C ist in der folgenden Tabelle zusammengefasst:

Ermüdungsfestigkeitskoeffizient σf

T [°C] R=-1 R=0 R=0,33

R=0,33

(umgerechnet)

25 833,58 217,6 124,37 141,43

900 361,01 141,09 102,23

Ermüdungsfestigkeitsexponent b

T [°C] R=-1 R=0 R=0,33

R=0,33

(umgerechnet)

25 -0,11981 -0,06182 -0,03462 -0,0454

900 -0,0345 -0,01533 -0,0142

Die unten dargestellten Diagramme zeigen, dass gegenüber den unter gleichen Randbedingungen durchgeführten Versuchen bei T=900°C und Raumtemperatur sowohl bei einem Spannungsverhältnis von R=-1 als auch bei R=0 und 0,33 die zyklischen Versuche bei Raumtemperatur den betragsmäßig höheren Ermüdungsfestigkeitsexponenten b (siehe Abbildung 5.7) und somit den steilsten zyklischen Festigkeitsast ergeben. Dies ist auf zwei bei einer Versuchstemperatur von T=900°C konkurrierende Effekte zurückzuführen, nämlich auf die zu einer steileren Steigung des Festigkeitsasts führenden zyklischen Ermüdung (hohe b-Werte) und auf die einen kurzzeitigen Abbau der Spannungsspitzen in Form lokaler Relaxation an versagenskritischen Stellen bewirkende Kriechneigung (niedrigere b-Werte), die die zyklische Ermüdung überdeckt.

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68

Abbildung 5.8 zeigt, dass der erhaltene Wert σf für alle Spannungsverhältnisse bei Raumtemperaturversuchen höher liegt als die bei einer Versuchstemperatur von T=900°C ermittelten Werte. Die oben erwähnten Einflüsse auf die Steigung b im Wöhler-Diagramm sind also nur bei niedrigen Mittelspannungen wirksam.

0,000

-0,025

-0,050

-0,075

-0,100

-0,125

-0,150 T = 25°C T = 900°C

R = 0,33R = 0R = -1

Ste

igun

g b

Abbildung 5.7

Ermüdungsfestigkeitsexponent in Abhängigkeit vom Spannungsverhältnis R=-1 / 0 / 0,33 für eine Versuchstemperatur von 25°C und 900°C

0

200

400

600

800

1000 T = 25°C T = 900°C

R = 0,33R = 0R = -1

σ f [M

Pa]

Abbildung 5.8

Ermüdungsfestigkeitskoeffizient in Abhängigkeit vom Spannungsverhältnis R=-1 / 0 / 0,33 / für eine Versuchstemperatur von 25°C und 900°C

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5.3 Einfluss des Spannungsverhältnisses auf das Lebensdauerverhalten

In den Wöhlerdiagrammen (siehe Abbildung 5.9 und 5.10) ist die Spannungsamplitude in Abhängigkeit von der statistisch abgesicherten charakteristischen Bruchlastspielzahl für die Versuchstemperaturen von T=25°C und 900°C bei einer Frequenz von 30 Hz bei den verschiedenen Spannungsverhältnissen R=-1, 0, und 0,33 also sowohl im Zug- als auch im Wechsel- und Schwellbereich aufgetragen. Um den Einfluss des Spannungsverhältnisses auf das Lebensdauerverhalten zu untersuchen, wurde die zur Erlangung einer Lebensdauer von 104 LS notwendige Spannungsamplitude für die bei den Versuchstemperaturen - Raumtemperatur und T=900°C - in Abhängigkeit vom Spannungsverhältnis aufgetragen. Es fällt hier auf, dass die Spannungsamplitude mit abnehmendem Spannungsverhältnis sowohl bei Raumtemperatur als auch bei einer Versuchstemperatur von T=900°C zunimmt.

Betrachtet man die Wöhler-Kurven (Abbildung 5.9 und 5.10), so stellt man fest, dass der Betrag der Lebensdauersteigung in Abhängigkeit von der Spannungsamplitude mit abnehmendem Spannungsverhältnis zunimmt.

100 102 104 106 108

100

R = -1 R = 0 R = 0,33 R = 0,33 uniaxial

50

300250200

30

σ a [M

Pa]

NB

Abbildung 5.9

Spannungsamplitude als Funktion der Bruchlastspielzahl für die Spannungsverhältnisse R=-1 / 0 und 0,33 für eine Versuchstemperatur von 25°C

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70

100 102 104 106 108

100

R = -1 R = 0 R = 0,33

300

50

250

200

150

σ a [M

Pa]

NB

Abbildung 5.10

Spannungsamplitude als Funktion der Bruchlastspielzahl für die Spannungsverhältnisse R=-1 / 0 und 0,33 für eine Versuchstemperatur von 900°C

Auffällig ist die Zunahme des Betrages des zyklischen Ermüdungsfestigkeitsexponent b mit abnehmendem Spannungsverhältnis (siehe Abbildung 5.11). Begründen lässt sich dies mit dem zunehmenden zyklischen Ermüdungseffekt durch den so genannten tribologischen - oder Quetsch-Effekt, der an den Kontaktstellen zwischen den Körnern zur Bildung von Kerben und sekundären Rissen und anschließend zum Versagen führt (siehe Studienarbeit von N. Neef). Dieser Effekt ist aufgrund der Höhe der Druckspannungen bei einem Spannungsverhältnis von R=-1 am stärksten und führt erwartungsgemäß zu einer steilen Abnahme der Lebensdauer mit ansteigender Spannungsamplitude.

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0,00

-0,02

-0,04

-0,06

-0,08

-0,10

-0,12

-0,14 T = 25°C T = 900°C

R = 0,33R = 0R = -1

Ste

igun

g b

Abbildung 5.11

Ermüdungsfestigkeitsexponent in Abhängigkeit vom Spannungsverhältnis R=-1 / 0 / 0,33 für eine Versuchstemperatur von 25°C und 900°C

5.4 Dauerfestigkeitsschaubilder

Es wurden hier sowohl zyklische Untersuchungen im Vierpunktbiegeversuch (aus Studeinarbeiten von D. Häring, M. Stammberger, F. Boissinot, N. Neef) als auch im Wechselbereich (uniaxiale Zugdruck-Versuche) analysiert. Eine Vergleichbarkeit der erhaltenen Ergebnisse unter Vier-Punkt-Biege-Beanspruchung mit denen aus uniaxialer Zug-Druck-Beanspruchung wurde oben bestätigt.

Zur Auslegung keramikgerechter dauerfester Bauteile benötigt man Dauerfestigkeitsschaubilder wie nach Haigh oder Smith.

Die in dieser Arbeit verwendeten Dauerfestigkeitsschaubilder nach Haigh zeigen einen Zusammenhang zwischen der ertragbaren Spannungsamplitude und Mittelspannung für Raumtemperatur (Abbildung 5.12) und T=900°C (Abbildung 5.13).

Zu erwähnen gilt hier, dass die zyklischen Werte aus den statistisch abgesicherten Vier-Punkt-Biege-Versuchen also im Zugschwellbereich bei einem Spannungsverhältnis von R=0,1 / 0,33 / 0,5 mit Hilfe des oben erwähnten Größeneffektes auf das effektive Volumen der Zug-Druck-Probe zurückgerechnet wurden. Die für ein Spannungsverhältnis von R=1 notwendigen Werte wurden aus den erhaltenen inerten Festigkeiten aus dynamischen Versuchen mit einer Belastungsgeschwindigkeit von 954 MPa/s gewonnen (aus Studeinarbeiten von D. Häring, M. Stammberger, F. Boissinot, N. Neef).

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Aus den Dauerfestigkeitsschaubildern nach Haigh für Raumtemperatur und T=900°C lässt sich entnehmen, dass Al2O3-Hochleistungskeramik einen stark von der Temperatur abhängigen dauerertragbaren Festigkeitsbereich (grau hinterlegter Bereich) aufzeigt. Es lässt sich erkennen, dass bei einer Versuchstemperatur von T=900°C Aluminiumoxidkeramik bei höherer Spannungsamplitude und niedrigen Mittelspannungen also bei niedrigen Spannungsverhältnissen der Dauerfestigkeitsbereich größer ist als bei einer Versuchstemperatur von 25°C, wobei diese Tendenz mit abnehmender Spannungsamplitude und zunehmender Mittelspannung schwächer wird und beim Erreichen der Inerten Festigkeit also der maximal erreichbaren Mittelspannung bei T=900°C verschwindet. Dieser Sachverhalt wird verursacht durch den im Vergleich zu RT bei T=900°C günstigen Rissschließeffekt, den die ab T=500°C beginnende Erweichung der Glasphase in Form lokaler kurzzeitiger Relaxation und Abbau der Spannungsspitzen an versagenskritischen Stellen bei niedrigen Mittelspannungen bewirkt. Die Grenzlinie des Dauerfestigkeitsbereiches wird üblicherweise bei metallischen Werkstoffen nach Gerber, Goodman oder Gaugh und anderen wie folgt beschrieben

⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛−=

c

mWD σ

σ1RR Goodman -Näherung Gleichung 5.2

⎟⎟

⎜⎜

⎛⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛−=

2

c

mWD σ

σ1RR Gerber-Näherung Gleichung 5.3

2

c

mWD σ

σ1RR ⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛−= Gough-Näherung Gleichung 5.4

wobei hier Rw die Wechselfestigkeit, σm die Mittelspannung und σc die Inertfestigkeit. Betrachtet man die oben dargestellten Dauerfestigkeitsschaubilder bei einer Versuchstemperatur von T=900°C, so stellt man fest, dass die erhaltene Dauerfestigkeitsgrenzlinie wie bei metallischen Werkstoffen zu erwarten zwischen der konservativen Goodmann-Gerade und der weniger konservativen Gerber-Hyperbel liegt. Dies ist auf das inelastische Verhalten der Al2O3-Hochleistungskeramik bei hohen Temperaturen in Form lokalen Abbaus der Spannungsspitzen durch Relaxationseffekte aufgrund der Erweichung der Glasphase oder sogar auf bei dieser Versuchstemperatur auftretende plastische Verformung durch Versetzungsbewegung zurückzuführen. Dieser Sachverhalt ist bei Raumtemperaturversuchen nicht festzustellen, wo die Dauerfestigkeitsgrenzlinie aufgrund der hohen Sprödigkeit von Al2O3-Keramik (KIc=3,7 MPa m1/2 Siehe Studienarbeit von Marc Stammberger) unter der konservativen Goodmann-Gerade liegt (siehe Abbildung 5.12 und 5.13).

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73

0 50 100 150 200 250 3000

50

100

150

200

250

R= 1

Vier-Punkt-Biege-Versuche

R= 0,5

R= 0,1

R= 0,33

σm [MPa]

σ a [M

Pa]

Zug-Druck-Versuche

R= 0

R= -1

T=25°C, f=30 HzGoodmannGerber

Gough

Dauerfestigkeitsbereich

Abbildung 5.12

Haigh-Diagramm von Al2O3-Keramik bei RT und einer Frequenz von 30 Hz

0 50 100 150 200 250 3000

50

100

150

200

250

R= 1

Vier-Punkt-Biege-Versuche

R= 0,5

R= 0,1

R= 0,33

σm [MPa]

σ a [M

Pa]

Zug-Druck-Versuche

R= 0

R= -1

T=900°C, f=30Hz

Dauerfestigkeitsbereich

Abbildung 5.13

Vergleich der Dauerfestigkeitsgrenzlinie von RT und 900°C bei Al2O3-Keramik in einem Haigh-Diagramm bei einer Frequenz von 30 Hz

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0 50 100 150 200 250 3000

50

100

150

200

250

R=0

f = 30 Hz, P = 63,2% T = 25°C; T = 900°C

σ a [M

Pa]

σm [MPa]

1)0(

0)RM(für D

W −=

==RR

R

M (RT) =0,504M (900°C) =0,807

Abbildung 5.14

Vergleich der Dauerfestigkeitsgrenzlinie von RT und 900°C bei Al2O3-Keramik in einem Haigh-Diagramm bei einer Frequenz von 30 Hz

Zur Kennzeichnung des Einflusses der Mittelspannung σm auf der ertragbaren Spannungsamplitude durch einen einzigen Zahlenwert wird die Mittelspannungsempfindlichkeit M bei metallischen Werkstoffen verwendet

1)0(

0)RM(für D

W −=

==RR

R Gleichung 5.5

Die Mittelspannungsempfindlichkeit M bezeichnet im Haigh-Diagramm die Steigung der Dauerfestigkeitslinie zwischen Wechsel- und Schwellfestigkeit R=-1 und R=0, M=tan(β), wobei der Neigungswinkel β von der Horizontalen im Haigh-Diagramm ausgerechnet wird. Dieser Wert liegt bei Aluminium-Knetlegierung bei etwa 0,2 und bei Stahlguss bei etwa 0,15 (siehe Abbildung 5.14)

Der Mittelspannungseinfluss auf die Dauerfestigkeit von Aluminiumoxid- Hochleistungskeramik verdeutlicht die aus den oben dargestellten Haigh-Diagrammen erhaltenen Mittelspannungsempfindlichkeiten für eine Versuchstemperatur von 25°C und 900°C. Es lässt sich hier feststellen, dass die Mittelspannungsempfindlichkeit bei Raumtemperatur im Vergleich zum bei T=900°C erhaltenen M-Wert niedriger liegt. Das

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bedeutet, dass Al2O3-Keramik mittelspannungsunempfindlicher bei Raumtemperatur als bei T=900°C.

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6 Zusammenfassung

In der vorliegenden Arbeit wurden dank einer servohydrolischen Prüfmaschine im Zug-Druckversuch Festigkeitsuntersuchungen an der Hochleistungskeramik Aluminiumoxid, Al2O3 vom Typ FRIALIT® F99,7 der Firma Friatec AG Mannheim, bei Raumtemperatur und 900°C durchgeführt. Die Spannungsverhältnisse waren dabei R=0,33 (nur bei Raumtemperatur), R=0 und R=-1. Ein weiteres Ziel war die Betrachtung von Ermüdungseffekten unter Berücksichtigung von Temperatur und Spannungsverhältnis.

• Auf der Basis des Schädigungsparameter wurde eine Lebensdauervorhersage für zyklische Versuche erstellt. Festgestellt wurde, dass die Lebensdauervorhersage bei 900°C wesentlich höher liegen, als bei Raumtemperatur und bei ansteigendem Spannungsverhältnis nimmt die Lebensdauervorhersage ab. Wir erhalten dieselbe Ergebnisse anhand der Umrechnung von Biege- nach Zug-Druckergebnisse.

• Die Versuche zeigen tatsächlich, dass der Einfluss des Spannungsverhältnisses sehr stark ist. Erwartungsgemäß ergibt sich für kleinere R-Werte eine größere Lebensdauer. Dieses Ergebniss und dieses Tendenz entwickelt sich ebenso bei negativem Spannungsverhältnis.

• Wie vorgesehen, nimmt die Lebensdauer der Proben bei ansteigender Temperatur wesentlich ab. Es ist nicht der Fall bei allen Werkstoffen und diese Eingenschaft kann für manche Anwendungen eine sehr große Bedeutung haben.

• Dieses ergebnis wird durch dem Haigh-Diagramm bestätigt. Tatsächlich ist der Vertrauensbereich bei 900°C wesentlich größer als bei Raumtemperatur. Es bedeutet, dass für eine bestimmte Beanspruchung (σa, σmitt) die Lebensdauer bei 900°C höher als bei Raumtemperatur liegt oder dass für einer bestimmten Lebensdauer bei 900°C eine größere Beanspruchung bei 900°C als bei Raumtemperatur zugelassen wird.

Es ist eine merkwürdige Eigenschaft von dem Aluminiumoxid, dass sie bei höher Tempertur beständiger wird. Es kann bei bestimmten Systemen ganz vorteilhaft vorkommen, besonders bei (Scheiben)Kupplungen genauso wie bei Bremsen. Größenteils der Werkstoffe weichen mit ansteigender Temperatur auf und werden auch damit weniger widerstandsfähig wenn sie aufwärmen. Für Kupplungen oder Bremsen wird eben das Gegenteil gesucht, da durch den Reibungen, die größtenteils als Druck- aber teilweise auch als Zugbeanspruchungen auswirken, ensteht eine Erwärmung, die sich als ganz schädlich erweisen kann. Keramiken und unter anderem Aluminiumoxid könnten des zukünftigen jahres diesen Bereich revolutionieren.

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