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EINLEITENDE WORTE Das vergangene Jahr war in Sachen Menschenrechte wiederum kein freundliches Jahr. Autokraten in Ungarn, Polen, in der Tür- kei, in Russland und in den USA haben immer wieder gezeigt, wie wenig sie von der kritischen Berichterstattung in den Medien, von der Freiheit des Wortes und von den Menschenrechten halten. Ge- schlossene Grenzen, die Rückführung von Flüchtlingen, die Miss- achtung der Judikative und die Inhaftierung von Autoren und Me- dienschaffenden in diesen Ländern sind alarmierend. Leider ist keine Änderung in Sicht. Sorge macht der Blick in westeuropäi- sche Länder, wo sich Populisten immer mehr Gehör verschaffen. Gerade uns Schreibende bereitet die Krise der Qualitätsmedien Sorgen. Die NO-Billag Abstimmung vom Frühling bot Gelegen- heit, sich für eine qualitätsvolle, unabhängige Berichterstattung in Radio und Fernsehen in unserem Land einzusetzen. Die Art und Weise wie mit den Daten der Nutzerinnen und Nutzern der Social Media umgegangen wird, ist alles andere als beruhigend. Von Erfolg und von Misserfolg des DSPZ ist zu berichten. Zwei Jahresbericht 2017 www.pen-dschweiz.ch Vorstand DeutschSchweizer PEN Zentrum DSPZ Adi Blum, Michael Guggenheimer und Yusuf Yesilöz

Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

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EINLEITENDE WORTE

Das vergangene Jahr war in Sachen Menschenrechte wiederum

kein freundliches Jahr. Autokraten in Ungarn, Polen, in der Tür-

kei, in Russland und in den USA haben immer wieder gezeigt, wie

wenig sie von der kritischen Berichterstattung in den Medien, von

der Freiheit des Wortes und von den Menschenrechten halten. Ge-

schlossene Grenzen, die Rückführung von Flüchtlingen, die Miss-

achtung der Judikative und die Inhaftierung von Autoren und Me-

dienschaffenden in diesen Ländern sind alarmierend. Leider ist

keine Änderung in Sicht. Sorge macht der Blick in westeuropäi-

sche Länder, wo sich Populisten immer mehr Gehör verschaffen.

Gerade uns Schreibende bereitet die Krise der Qualitätsmedien

Sorgen. Die NO-Billag Abstimmung vom Frühling bot Gelegen-

heit, sich für eine qualitätsvolle, unabhängige Berichterstattung in

Radio und Fernsehen in unserem Land einzusetzen. Die Art und

Weise wie mit den Daten der Nutzerinnen und Nutzern der Social

Media umgegangen wird, ist alles andere als beruhigend.

Von Erfolg und von Misserfolg des DSPZ ist zu berichten. Zwei

Jahresbericht 2017 www.pen-dschweiz.ch

Vorstand DeutschSchweizer PEN Zentrum DSPZ

Adi Blum, Michael Guggenheimer und Yusuf Yesilöz

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Jahre lang war der eritreische Lyriker, Jurist und Menschenrechts-

aktivist Daniel Mekonnen Gast in unserer Wohnung in Luzern.

Dank eines Entgegenkommens der dortigen Stadtverwaltung

konnten wir ihm, der nicht in seine Heimat zurück kann, die Mög-

lichkeit anbieten, in der Schweiz ungestört seiner Arbeit nachzu-

gehen. In Vorträgen vor SchülerInnen und StudentInnen sowie in

Expertengesprächen hat er immer wieder auf die Lage der Men-

schenrechte in seinem Land sowie in anderen afrikanischen Län-

dern hingewiesen. Eine Zeitlang hatte es so ausgesehen, als müsste

Mekonnen die Schweiz wieder verlassen. Unseren Kontakten mit

Rechtsanwälten, die sich in Asylfragen besonders gut auskennen,

ist zu verdanken, dass Daniel Mekonnen gegen Ende 2017 den

Bescheid erhalten hat, wonach er in der Schweiz bleiben darf!

Darüber sind wir sehr froh.

Kaum war klar, dass die Wohnung in Luzern ab Ende 2017 wieder

frei wird, wollten wir dank unserer Mitgliedschaft bei ICORN,

dem Internationalen Netzwerk Städte der Zuflucht, einem Autor

aus dem Irak die Möglichkeit bieten, seiner Arbeit in Sicherheit

nachgehen zu können. Weil die Behörden des Kantons Luzern

nicht bereit waren, ihm eine Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen,

mussten wir dieses Vorhaben zu unserem grossen Bedauern vor-

erst aufgeben. Das Writers in Exile-Programm geht aber trotzdem

weiter.

Mehrfach haben wir im vergangenen Jahr auf die Lage verfolgter

Autorinnen und Autoren aufmerksam gemacht. Sei es in Medien-

mitteilungen oder auch in den Social Media. Aber auch an Veran-

staltungen haben wir uns wiederholt an die Öffentlichkeit ge-

wandt. Sei es am Writers in Prison Day, an dem wir in Zürich, Ba-

sel und Bern jeweils im November eine Autorin oder einen Autor

aus einem Land einladen, in dem die Möglichkeit der freien Mei-

nungsäusserung bedroht oder nicht möglich ist. Im vergangenen

Jahr war es die exilierte syrische Autorin Rosa Yassin Hassan. An

den Solothurner Literaturtagen haben die Autorin Alice Grünfelder

und Autor und DSPZ-Vorstandsmitglied Yusuf Yesilöz mit einem

Streifzug durch die Literatur mit namhaften kurdischen und türki-

schen Autoren, darunter Yasar Kemal, Asli Erdogan, Necmiye

Alpay und Mehmed Uzun, Stimmen zu hören gebracht, die von

Völkervertreibung erzählen, von der Erfahrung im Gefängnis und

im Exil. Gemeinsam mit dem AdS haben wir Briefe an sechs in

der Türkei inhaftierte Autorinnen und Autoren geschrieben und

Page 3: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

von zahlreichen Autorinnen und Autoren aus der Schweiz unter-

schreiben lassen. In diesen Briefen, die in der Türkei den Briefad-

ressaten überreicht wurden, haben wir unsere Solidarität mit ihnen

zum Ausdruck gebracht.

Im laufenden Jahr haben wir in Zusammenarbeit mit der Buch-

handlung mille et deux feuilles in Zürich ein Buch über die Lage

in Eritrea präsentiert, das unser Stipendiat Daniel Mekonnen her-

ausgegeben hat. Und an den Solothurner Literaturtagen dieses Jah-

res wird der im deutschen Exil lebende irakische Autor Najem

Wali aus seinem neuen Roman vorlesen.

Michael Guggenheimer

AUS DER ARBEIT DES VORSTANDS

An der diesjährigen Hauptversammlung, die wieder unmittelbar

vor der Jahresversammlung des AdS in Solothurn stattfindet, wird

es zu Neuwahlen kommen: Yusuf Yesilöz und Michael Guggen-

heimer treten nach fünf Jahren von ihren Ämtern zurück, werden

aber gerne dem neuen DSPZ-Vorstand bei Projekten zur Seite ste-

hen. Ein Jahr lang bestand der Vorstand aus nur drei Mitgliedern.

Weil Sabina Altermatt krankheitshalber zurückgetreten ist und

zwei Kolleginnen angesichts anderweitiger Engagements sich

nicht entschliessen konnten, dem Vorstand beizutreten, ist das In-

teresse von neuen Kolleginnen und Kollegen ein Lichtblick. Ein

grosser Dank gebührt Adi Blum, unserem Geschäftsführer und

Stefanie Nydegger, die im Sekretariat in Bern immer wieder aus-

hilft. Danke auch Evin Yesilöz, für die Mithilfe bei der Ausarbei-

tung von Gesuchen an Stiftungen.

Writers-in-Prison-Day

Am internationalen Writers in Prison-Tag 2017 war die syrische

Autorin Rosa Yassin Hassan unser Gast. Die Autorin lebt seit

Michael Guggenheimer, Präsident des DSPZ

Page 4: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

2012 als anerkannter Flüchtling in Hamburg.

Sie wurde 1974 in Damaskus geboren. Bereits in den 1990er-

Jahren begann sie während ihres Architekturstudiums zu schrei-

ben; daneben engagierte sie sich für Frauenrechte und gründete die

Organisation «Frauen für Demokratie». Ihr erstes Buch war eine

Erzählsammlung, es folgten vier Romane. „Ebenholz» und

«Wächter der Lüfte» liegen in deutscher Übersetzung beim Ala-

wi-Verlag vor.

Die Lesungen fanden am Festival Buchbasel im Literaturhaus Zü-

rich und im Haus der Religionen in Bern statt. Vor vollem Saal las

die Autorin aus ihren Texten und berichtete im Gespräch eindrück-

lich über die Situation der Menschen in Syrien seit Kriegsbeginn.

Ein Schwerpunkt ihrer Lesungen bildete ihre Bemühungen, den

syrischen Frauen eine Stimme zu geben.

Moderiert wurden die Veranstaltungen in Basel und Zürich von

Michael Guggenheimer und in Bern von Regula Mader.

Die Auftritte von Rosa Yassin stiessen in den Schweizer Medien

auf grosse Aufmerksamkeit.

Writers-in-Exile-Programm

Seit 2015 betreibt das DSPZ ein Writers in Exile-Programm. Be-

drohte SchriftstellerInnen finden bei uns Zuflucht, um in der

Schweiz in Sicherheit und Ruhe weiterarbeiten zu können. Das

DSPZ finanziert den Betroffenen für mindestens ein Jahr eine

Wohnung. Zusätzlich erhält unser Gast ein Stipendium, um die

Lebensunterhaltskosten zu bestreiten. Wir helfen den AutorInnen

im Alltag und unterstützen sie dabei, die Schweiz und deren Lite-

raturszene kennenzulernen.

Seit 2015 ist das DSPZ Mitglied von ICORN – dem internationa-

len Verbund von Städten, die verfolgten SchriftstellerInnen einen

sicheren Aufenthalt im Exil gewähren.

Finanziert wird das Writers-in-Exile-Programm zur Zeit zu ei-

nem grossen Teil aus Mitgliederbeiträgen, aber auch durch Gelder

der Stadt Luzern, der Stiftung Landis & Gyr, der Stiftung Tempe-

ratio, des ANNE FRANK FONDS und der Stiftung Pro Litteris.

Daniel Mekonnen hatte während seinem Aufenthalt 2015-2017

eine beachtliche lokale und nationale Medienpräsenz, unter ande-

rem auch in der Rundschau des Schweizer Fernsehens.

Das Stipendium von Daniel Mekonnen wurde am 1. November

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2017 beendet. Das DSPZ produzierte als Abschluss und in Zu-

sammenarbeit mit PEN Österreich und PEN Eritrea eine Antholo-

gie, die während seines Aufenthalts in Luzern entstand:

Uncensored Voices: Essays, Poems, and Art Works by Exiled Erit-

reans.

Das Writers-in-Exile-Programm stösst in der Öffentlichkeit auf

viel positive Resonanz. Die Medien (u.a. NZZ, Bund, WOZ) be-

richteten ausführlich und interessiert über das Programm und den

Stipendiaten, Daniel Mekonnen.

Nach einer zweijährigen Pilotphase in Luzern möchte das DSPZ

nun das Programm ab 2018 in der Stadt Bern weiterführen. Zu

diesem Entscheid haben vielfältige Gründe geführt, nicht zuletzt

aber die Tatsache, dass sich eine Zusammenarbeit mit der Hoch-

schule der Künste in Bern anbahnt und die Geschäftsstelle des

DSPZ in der Hauptstadt liegt.

Vollversammlung PEN International in Lviv (18. – 22. September 2017)

Die Lage der AutorInnen und JournalistInnen in der Türkei, in

China, in Venezuela, in der Ukraine und in Afrika sowie die Wahl

der neuen Vorstandsmitglieder waren die zentralen Themen der

83. Jahrestagung von PEN-International in Lviv, Ukraine.

Prominente Gesichter wie die engagierte Iman Humaydan aus dem

Libanon und Margie Orford aus Südafrika sind in den erweiterten

Vorstand aufgenommen worden. Die neue Vize-Präsidentin ist die

Dichterin Judith Rodriguez aus Australien.

Mehr als 15 Resolutionen sind in Lviv verabschiedet worden, so

beispielsweise die Resolution für die Verurteilung von Hassreden,

die Resolution gegen die Kriminalisierung der AutorInnen in Vi-

etnam oder die Resolution für die Verurteilung der misslichen La-

ge der AutorInnen und JournalistInnen in der Ukraine.

Besonders aufmerksam wurde die Situation von AutorInnen, Me-

dienschaffenden und MenschenrechtsaktivistInnen in der Türkei

behandelt. Zahlreiche Verbrechen an KurdInnen und die Zerstö-

rung deren Städte durch die türkische Armee wurden am Kongress

beschrieben. Der belgische PEN hatte aus diesem Anlass Erzäh-

lungen von türkischen Betroffenen publiziert und möchte diese in

zahlreiche Sprachen übersetzen lassen.

Eindrücklich erzählte die Vertreterin des chinesischen Exil-PEN

Page 6: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

von der Zeit nach dem Tod von Friedensnobelpreisträger Liu

Xiaobo. Der Menschenrechtsaktivist ist im Juli 2017 in Haft ge-

ben. Entschieden verurteilte sie das menschenunwürdige Verhalten

der chinesischen Regierung, die es Familie und Freunden nicht

erlaubte, vom Verstorbenen Abschied zu nehmen. Zudem sprach

die engagierte Vertreterin von einer hoffnungslosen Situation für

DissidentInnen in China. Da China eine aufsteigende Wirt-

schaftsmacht sei, werden die Menschrechtsverletzungen vom Rest

der Welt ignoriert. Ihre bewegende Rede schloss sie mit den Wor-

ten: „Ich habe die Kraft nicht, gegen den chinesischen Staat zu

kämpfen, aber ich kann schreiben und auf die Geschehnisse hin-

weisen.“

Der nächste PEN Kongress wird 2018 in Pune, Indien, stattfinden.

Der Anlass soll im „Sinne Gandhis“ stehen, der im kommenden

Jahr seinen 150. Geburtstag feiert.

BERICHT DER GESCHÄFTSSTELLE

Mitglieder

Das DSPZ hat aktuell 195 Mitglieder und 13 Freunde. Zu den

Freunden zählen Institutionen sowie Personen, die unsere Anlie-

gen unterstützen, selbst jedoch keine Schriftsteller sind. Seit der

letzten Jahresversammlung sind Albert Fischer, Pablo Haller, Etrit

Hasler, Annette Hug und Stefan Keller neu als Mitglieder beige-

treten.

Ausgetreten sind Peter Gisi, Silvio Huonder, Bettina Wegenast

und Mario Böni. Das Mitglied Jacqueline Crevoisier ist verstor-

ben.

Finanzen

Die Jahresrechnung 2017 schliesst mit einem Verlust von

CHF 643,27 ab. Die Einnahmen durch die Mitgliederbeiträge kom-

men vollumfänglich unseren Projekten zugute, da der Vorstand eh-

renamtlich arbeitet. Der Erlös der Writers in Prison-Veranstaltung

wird jeweils dem PEN Emergency Fund überwiesen. Verantwortlich

für die Finanzen und die Geschäftsstelle an der Burgunderstrasse 13a

in Bern ist das Vorstandsmitglied Adi Blum.

Page 7: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

EINLEITENDE WORTE

Das vergangene Jahr war in Sachen Menschenrechte wiederum

kein freundliches Jahr. Autokraten in Ungarn, Polen, in der Tür-

kei, in Russland und in den USA haben immer wieder gezeigt, wie

wenig sie von der kritischen Berichterstattung in den Medien, von

der Freiheit des Wortes und von den Menschenrechten halten. Ge-

schlossene Grenzen, die Rückführung von Flüchtlingen, die Miss-

achtung der Judikative und die Inhaftierung von Autoren und Me-

dienschaffenden in diesen Ländern sind alarmierend. Leider ist

keine Änderung in Sicht. Sorge macht der Blick in westeuropäi-

sche Länder, wo sich Populisten immer mehr Gehör verschaffen.

Gerade uns Schreibende bereitet die Krise der Qualitätsmedien

Sorgen. Die NO-Billag Abstimmung vom Frühling bot Gelegen-

heit, sich für eine qualitätsvolle, unabhängige Berichterstattung in

Radio und Fernsehen in unserem Land einzusetzen. Die Art und

Weise wie mit den Daten der Nutzerinnen und Nutzern der Social

Media umgegangen wird, ist alles andere als beruhigend.

Von Erfolg und von Misserfolg des DSPZ ist zu berichten. Zwei

Jahresbericht 2017 www.pen-dschweiz.ch

Vorstand DeutschSchweizer PEN Zentrum DSPZ

Adi Blum, Michael Guggenheimer und Yusuf Yesilöz

Page 8: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

Jahre lang war der eritreische Lyriker, Jurist und Menschenrechts-

aktivist Daniel Mekonnen Gast in unserer Wohnung in Luzern.

Dank eines Entgegenkommens der dortigen Stadtverwaltung

konnten wir ihm, der nicht in seine Heimat zurück kann, die Mög-

lichkeit anbieten, in der Schweiz ungestört seiner Arbeit nachzu-

gehen. In Vorträgen vor SchülerInnen und StudentInnen sowie in

Expertengesprächen hat er immer wieder auf die Lage der Men-

schenrechte in seinem Land sowie in anderen afrikanischen Län-

dern hingewiesen. Eine Zeitlang hatte es so ausgesehen, als müsste

Mekonnen die Schweiz wieder verlassen. Unseren Kontakten mit

Rechtsanwälten, die sich in Asylfragen besonders gut auskennen,

ist zu verdanken, dass Daniel Mekonnen gegen Ende 2017 den

Bescheid erhalten hat, wonach er in der Schweiz bleiben darf!

Darüber sind wir sehr froh.

Kaum war klar, dass die Wohnung in Luzern ab Ende 2017 wieder

frei wird, wollten wir dank unserer Mitgliedschaft bei ICORN,

dem Internationalen Netzwerk Städte der Zuflucht, einem Autor

aus dem Irak die Möglichkeit bieten, seiner Arbeit in Sicherheit

nachgehen zu können. Weil die Behörden des Kantons Luzern

nicht bereit waren, ihm eine Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen,

mussten wir dieses Vorhaben zu unserem grossen Bedauern vor-

erst aufgeben. Das Writers in Exile-Programm geht aber trotzdem

weiter.

Mehrfach haben wir im vergangenen Jahr auf die Lage verfolgter

Autorinnen und Autoren aufmerksam gemacht. Sei es in Medien-

mitteilungen oder auch in den Social Media. Aber auch an Veran-

staltungen haben wir uns wiederholt an die Öffentlichkeit ge-

wandt. Sei es am Writers in Prison Day, an dem wir in Zürich, Ba-

sel und Bern jeweils im November eine Autorin oder einen Autor

aus einem Land einladen, in dem die Möglichkeit der freien Mei-

nungsäusserung bedroht oder nicht möglich ist. Im vergangenen

Jahr war es die exilierte syrische Autorin Rosa Yassin Hassan. An

den Solothurner Literaturtagen haben die Autorin Alice Grünfelder

und Autor und DSPZ-Vorstandsmitglied Yusuf Yesilöz mit einem

Streifzug durch die Literatur mit namhaften kurdischen und türki-

schen Autoren, darunter Yasar Kemal, Asli Erdogan, Necmiye

Alpay und Mehmed Uzun, Stimmen zu hören gebracht, die von

Völkervertreibung erzählen, von der Erfahrung im Gefängnis und

im Exil. Gemeinsam mit dem AdS haben wir Briefe an sechs in

der Türkei inhaftierte Autorinnen und Autoren geschrieben und

Page 9: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

von zahlreichen Autorinnen und Autoren aus der Schweiz unter-

schreiben lassen. In diesen Briefen, die in der Türkei den Briefad-

ressaten überreicht wurden, haben wir unsere Solidarität mit ihnen

zum Ausdruck gebracht.

Im laufenden Jahr haben wir in Zusammenarbeit mit der Buch-

handlung mille et deux feuilles in Zürich ein Buch über die Lage

in Eritrea präsentiert, das unser Stipendiat Daniel Mekonnen her-

ausgegeben hat. Und an den Solothurner Literaturtagen dieses Jah-

res wird der im deutschen Exil lebende irakische Autor Najem

Wali aus seinem neuen Roman vorlesen.

Michael Guggenheimer

AUS DER ARBEIT DES VORSTANDS

An der diesjährigen Hauptversammlung, die wieder unmittelbar

vor der Jahresversammlung des AdS in Solothurn stattfindet, wird

es zu Neuwahlen kommen: Yusuf Yesilöz und Michael Guggen-

heimer treten nach fünf Jahren von ihren Ämtern zurück, werden

aber gerne dem neuen DSPZ-Vorstand bei Projekten zur Seite ste-

hen. Ein Jahr lang bestand der Vorstand aus nur drei Mitgliedern.

Weil Sabina Altermatt krankheitshalber zurückgetreten ist und

zwei Kolleginnen angesichts anderweitiger Engagements sich

nicht entschliessen konnten, dem Vorstand beizutreten, ist das In-

teresse von neuen Kolleginnen und Kollegen ein Lichtblick. Ein

grosser Dank gebührt Adi Blum, unserem Geschäftsführer und

Stefanie Nydegger, die im Sekretariat in Bern immer wieder aus-

hilft. Danke auch Evin Yesilöz, für die Mithilfe bei der Ausarbei-

tung von Gesuchen an Stiftungen.

Writers-in-Prison-Day

Am internationalen Writers in Prison-Tag 2017 war die syrische

Autorin Rosa Yassin Hassan unser Gast. Die Autorin lebt seit

Michael Guggenheimer, Präsident des DSPZ

Page 10: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

2012 als anerkannter Flüchtling in Hamburg.

Sie wurde 1974 in Damaskus geboren. Bereits in den 1990er-

Jahren begann sie während ihres Architekturstudiums zu schrei-

ben; daneben engagierte sie sich für Frauenrechte und gründete die

Organisation «Frauen für Demokratie». Ihr erstes Buch war eine

Erzählsammlung, es folgten vier Romane. „Ebenholz» und

«Wächter der Lüfte» liegen in deutscher Übersetzung beim Ala-

wi-Verlag vor.

Die Lesungen fanden am Festival Buchbasel im Literaturhaus Zü-

rich und im Haus der Religionen in Bern statt. Vor vollem Saal las

die Autorin aus ihren Texten und berichtete im Gespräch eindrück-

lich über die Situation der Menschen in Syrien seit Kriegsbeginn.

Ein Schwerpunkt ihrer Lesungen bildete ihre Bemühungen, den

syrischen Frauen eine Stimme zu geben.

Moderiert wurden die Veranstaltungen in Basel und Zürich von

Michael Guggenheimer und in Bern von Regula Mader.

Die Auftritte von Rosa Yassin stiessen in den Schweizer Medien

auf grosse Aufmerksamkeit.

Writers-in-Exile-Programm

Seit 2015 betreibt das DSPZ ein Writers in Exile-Programm. Be-

drohte SchriftstellerInnen finden bei uns Zuflucht, um in der

Schweiz in Sicherheit und Ruhe weiterarbeiten zu können. Das

DSPZ finanziert den Betroffenen für mindestens ein Jahr eine

Wohnung. Zusätzlich erhält unser Gast ein Stipendium, um die

Lebensunterhaltskosten zu bestreiten. Wir helfen den AutorInnen

im Alltag und unterstützen sie dabei, die Schweiz und deren Lite-

raturszene kennenzulernen.

Seit 2015 ist das DSPZ Mitglied von ICORN – dem internationa-

len Verbund von Städten, die verfolgten SchriftstellerInnen einen

sicheren Aufenthalt im Exil gewähren.

Finanziert wird das Writers-in-Exile-Programm zur Zeit zu ei-

nem grossen Teil aus Mitgliederbeiträgen, aber auch durch Gelder

der Stadt Luzern, der Stiftung Landis & Gyr, der Stiftung Tempe-

ratio, des ANNE FRANK FONDS und der Stiftung Pro Litteris.

Daniel Mekonnen hatte während seinem Aufenthalt 2015-2017

eine beachtliche lokale und nationale Medienpräsenz, unter ande-

rem auch in der Rundschau des Schweizer Fernsehens.

Das Stipendium von Daniel Mekonnen wurde am 1. November

Page 11: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

2017 beendet. Das DSPZ produzierte als Abschluss und in Zu-

sammenarbeit mit PEN Österreich und PEN Eritrea eine Antholo-

gie, die während seines Aufenthalts in Luzern entstand:

Uncensored Voices: Essays, Poems, and Art Works by Exiled Erit-

reans.

Das Writers-in-Exile-Programm stösst in der Öffentlichkeit auf

viel positive Resonanz. Die Medien (u.a. NZZ, Bund, WOZ) be-

richteten ausführlich und interessiert über das Programm und den

Stipendiaten, Daniel Mekonnen.

Nach einer zweijährigen Pilotphase in Luzern möchte das DSPZ

nun das Programm ab 2018 in der Stadt Bern weiterführen. Zu

diesem Entscheid haben vielfältige Gründe geführt, nicht zuletzt

aber die Tatsache, dass sich eine Zusammenarbeit mit der Hoch-

schule der Künste in Bern anbahnt und die Geschäftsstelle des

DSPZ in der Hauptstadt liegt.

Vollversammlung PEN International in Lviv (18. – 22. September 2017)

Die Lage der AutorInnen und JournalistInnen in der Türkei, in

China, in Venezuela, in der Ukraine und in Afrika sowie die Wahl

der neuen Vorstandsmitglieder waren die zentralen Themen der

83. Jahrestagung von PEN-International in Lviv, Ukraine.

Prominente Gesichter wie die engagierte Iman Humaydan aus dem

Libanon und Margie Orford aus Südafrika sind in den erweiterten

Vorstand aufgenommen worden. Die neue Vize-Präsidentin ist die

Dichterin Judith Rodriguez aus Australien.

Mehr als 15 Resolutionen sind in Lviv verabschiedet worden, so

beispielsweise die Resolution für die Verurteilung von Hassreden,

die Resolution gegen die Kriminalisierung der AutorInnen in Vi-

etnam oder die Resolution für die Verurteilung der misslichen La-

ge der AutorInnen und JournalistInnen in der Ukraine.

Besonders aufmerksam wurde die Situation von AutorInnen, Me-

dienschaffenden und MenschenrechtsaktivistInnen in der Türkei

behandelt. Zahlreiche Verbrechen an KurdInnen und die Zerstö-

rung deren Städte durch die türkische Armee wurden am Kongress

beschrieben. Der belgische PEN hatte aus diesem Anlass Erzäh-

lungen von türkischen Betroffenen publiziert und möchte diese in

zahlreiche Sprachen übersetzen lassen.

Eindrücklich erzählte die Vertreterin des chinesischen Exil-PEN

Page 12: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

von der Zeit nach dem Tod von Friedensnobelpreisträger Liu

Xiaobo. Der Menschenrechtsaktivist ist im Juli 2017 in Haft ge-

ben. Entschieden verurteilte sie das menschenunwürdige Verhalten

der chinesischen Regierung, die es Familie und Freunden nicht

erlaubte, vom Verstorbenen Abschied zu nehmen. Zudem sprach

die engagierte Vertreterin von einer hoffnungslosen Situation für

DissidentInnen in China. Da China eine aufsteigende Wirt-

schaftsmacht sei, werden die Menschrechtsverletzungen vom Rest

der Welt ignoriert. Ihre bewegende Rede schloss sie mit den Wor-

ten: „Ich habe die Kraft nicht, gegen den chinesischen Staat zu

kämpfen, aber ich kann schreiben und auf die Geschehnisse hin-

weisen.“

Der nächste PEN Kongress wird 2018 in Pune, Indien, stattfinden.

Der Anlass soll im „Sinne Gandhis“ stehen, der im kommenden

Jahr seinen 150. Geburtstag feiert.

BERICHT DER GESCHÄFTSSTELLE

Mitglieder

Das DSPZ hat aktuell 195 Mitglieder und 13 Freunde. Zu den

Freunden zählen Institutionen sowie Personen, die unsere Anlie-

gen unterstützen, selbst jedoch keine Schriftsteller sind. Seit der

letzten Jahresversammlung sind Albert Fischer, Pablo Haller, Etrit

Hasler, Annette Hug und Stefan Keller neu als Mitglieder beige-

treten.

Ausgetreten sind Peter Gisi, Silvio Huonder, Bettina Wegenast

und Mario Böni. Das Mitglied Jacqueline Crevoisier ist verstor-

ben.

Finanzen

Die Jahresrechnung 2017 schliesst mit einem Verlust von

CHF 643,27 ab. Die Einnahmen durch die Mitgliederbeiträge kom-

men vollumfänglich unseren Projekten zugute, da der Vorstand eh-

renamtlich arbeitet. Der Erlös der Writers in Prison-Veranstaltung

wird jeweils dem PEN Emergency Fund überwiesen. Verantwortlich

für die Finanzen und die Geschäftsstelle an der Burgunderstrasse 13a

in Bern ist das Vorstandsmitglied Adi Blum.

Page 13: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

EINLEITENDE WORTE

Das vergangene Jahr war in Sachen Menschenrechte wiederum

kein freundliches Jahr. Autokraten in Ungarn, Polen, in der Tür-

kei, in Russland und in den USA haben immer wieder gezeigt, wie

wenig sie von der kritischen Berichterstattung in den Medien, von

der Freiheit des Wortes und von den Menschenrechten halten. Ge-

schlossene Grenzen, die Rückführung von Flüchtlingen, die Miss-

achtung der Judikative und die Inhaftierung von Autoren und Me-

dienschaffenden in diesen Ländern sind alarmierend. Leider ist

keine Änderung in Sicht. Sorge macht der Blick in westeuropäi-

sche Länder, wo sich Populisten immer mehr Gehör verschaffen.

Gerade uns Schreibende bereitet die Krise der Qualitätsmedien

Sorgen. Die NO-Billag Abstimmung vom Frühling bot Gelegen-

heit, sich für eine qualitätsvolle, unabhängige Berichterstattung in

Radio und Fernsehen in unserem Land einzusetzen. Die Art und

Weise wie mit den Daten der Nutzerinnen und Nutzern der Social

Media umgegangen wird, ist alles andere als beruhigend.

Von Erfolg und von Misserfolg des DSPZ ist zu berichten. Zwei

Jahresbericht 2017 www.pen-dschweiz.ch

Vorstand DeutschSchweizer PEN Zentrum DSPZ

Adi Blum, Michael Guggenheimer und Yusuf Yesilöz

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Jahre lang war der eritreische Lyriker, Jurist und Menschenrechts-

aktivist Daniel Mekonnen Gast in unserer Wohnung in Luzern.

Dank eines Entgegenkommens der dortigen Stadtverwaltung

konnten wir ihm, der nicht in seine Heimat zurück kann, die Mög-

lichkeit anbieten, in der Schweiz ungestört seiner Arbeit nachzu-

gehen. In Vorträgen vor SchülerInnen und StudentInnen sowie in

Expertengesprächen hat er immer wieder auf die Lage der Men-

schenrechte in seinem Land sowie in anderen afrikanischen Län-

dern hingewiesen. Eine Zeitlang hatte es so ausgesehen, als müsste

Mekonnen die Schweiz wieder verlassen. Unseren Kontakten mit

Rechtsanwälten, die sich in Asylfragen besonders gut auskennen,

ist zu verdanken, dass Daniel Mekonnen gegen Ende 2017 den

Bescheid erhalten hat, wonach er in der Schweiz bleiben darf!

Darüber sind wir sehr froh.

Kaum war klar, dass die Wohnung in Luzern ab Ende 2017 wieder

frei wird, wollten wir dank unserer Mitgliedschaft bei ICORN,

dem Internationalen Netzwerk Städte der Zuflucht, einem Autor

aus dem Irak die Möglichkeit bieten, seiner Arbeit in Sicherheit

nachgehen zu können. Weil die Behörden des Kantons Luzern

nicht bereit waren, ihm eine Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen,

mussten wir dieses Vorhaben zu unserem grossen Bedauern vor-

erst aufgeben. Das Writers in Exile-Programm geht aber trotzdem

weiter.

Mehrfach haben wir im vergangenen Jahr auf die Lage verfolgter

Autorinnen und Autoren aufmerksam gemacht. Sei es in Medien-

mitteilungen oder auch in den Social Media. Aber auch an Veran-

staltungen haben wir uns wiederholt an die Öffentlichkeit ge-

wandt. Sei es am Writers in Prison Day, an dem wir in Zürich, Ba-

sel und Bern jeweils im November eine Autorin oder einen Autor

aus einem Land einladen, in dem die Möglichkeit der freien Mei-

nungsäusserung bedroht oder nicht möglich ist. Im vergangenen

Jahr war es die exilierte syrische Autorin Rosa Yassin Hassan. An

den Solothurner Literaturtagen haben die Autorin Alice Grünfelder

und Autor und DSPZ-Vorstandsmitglied Yusuf Yesilöz mit einem

Streifzug durch die Literatur mit namhaften kurdischen und türki-

schen Autoren, darunter Yasar Kemal, Asli Erdogan, Necmiye

Alpay und Mehmed Uzun, Stimmen zu hören gebracht, die von

Völkervertreibung erzählen, von der Erfahrung im Gefängnis und

im Exil. Gemeinsam mit dem AdS haben wir Briefe an sechs in

der Türkei inhaftierte Autorinnen und Autoren geschrieben und

Page 15: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

von zahlreichen Autorinnen und Autoren aus der Schweiz unter-

schreiben lassen. In diesen Briefen, die in der Türkei den Briefad-

ressaten überreicht wurden, haben wir unsere Solidarität mit ihnen

zum Ausdruck gebracht.

Im laufenden Jahr haben wir in Zusammenarbeit mit der Buch-

handlung mille et deux feuilles in Zürich ein Buch über die Lage

in Eritrea präsentiert, das unser Stipendiat Daniel Mekonnen her-

ausgegeben hat. Und an den Solothurner Literaturtagen dieses Jah-

res wird der im deutschen Exil lebende irakische Autor Najem

Wali aus seinem neuen Roman vorlesen.

Michael Guggenheimer

AUS DER ARBEIT DES VORSTANDS

An der diesjährigen Hauptversammlung, die wieder unmittelbar

vor der Jahresversammlung des AdS in Solothurn stattfindet, wird

es zu Neuwahlen kommen: Yusuf Yesilöz und Michael Guggen-

heimer treten nach fünf Jahren von ihren Ämtern zurück, werden

aber gerne dem neuen DSPZ-Vorstand bei Projekten zur Seite ste-

hen. Ein Jahr lang bestand der Vorstand aus nur drei Mitgliedern.

Weil Sabina Altermatt krankheitshalber zurückgetreten ist und

zwei Kolleginnen angesichts anderweitiger Engagements sich

nicht entschliessen konnten, dem Vorstand beizutreten, ist das In-

teresse von neuen Kolleginnen und Kollegen ein Lichtblick. Ein

grosser Dank gebührt Adi Blum, unserem Geschäftsführer und

Stefanie Nydegger, die im Sekretariat in Bern immer wieder aus-

hilft. Danke auch Evin Yesilöz, für die Mithilfe bei der Ausarbei-

tung von Gesuchen an Stiftungen.

Writers-in-Prison-Day

Am internationalen Writers in Prison-Tag 2017 war die syrische

Autorin Rosa Yassin Hassan unser Gast. Die Autorin lebt seit

Michael Guggenheimer, Präsident des DSPZ

Page 16: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

2012 als anerkannter Flüchtling in Hamburg.

Sie wurde 1974 in Damaskus geboren. Bereits in den 1990er-

Jahren begann sie während ihres Architekturstudiums zu schrei-

ben; daneben engagierte sie sich für Frauenrechte und gründete die

Organisation «Frauen für Demokratie». Ihr erstes Buch war eine

Erzählsammlung, es folgten vier Romane. „Ebenholz» und

«Wächter der Lüfte» liegen in deutscher Übersetzung beim Ala-

wi-Verlag vor.

Die Lesungen fanden am Festival Buchbasel im Literaturhaus Zü-

rich und im Haus der Religionen in Bern statt. Vor vollem Saal las

die Autorin aus ihren Texten und berichtete im Gespräch eindrück-

lich über die Situation der Menschen in Syrien seit Kriegsbeginn.

Ein Schwerpunkt ihrer Lesungen bildete ihre Bemühungen, den

syrischen Frauen eine Stimme zu geben.

Moderiert wurden die Veranstaltungen in Basel und Zürich von

Michael Guggenheimer und in Bern von Regula Mader.

Die Auftritte von Rosa Yassin stiessen in den Schweizer Medien

auf grosse Aufmerksamkeit.

Writers-in-Exile-Programm

Seit 2015 betreibt das DSPZ ein Writers in Exile-Programm. Be-

drohte SchriftstellerInnen finden bei uns Zuflucht, um in der

Schweiz in Sicherheit und Ruhe weiterarbeiten zu können. Das

DSPZ finanziert den Betroffenen für mindestens ein Jahr eine

Wohnung. Zusätzlich erhält unser Gast ein Stipendium, um die

Lebensunterhaltskosten zu bestreiten. Wir helfen den AutorInnen

im Alltag und unterstützen sie dabei, die Schweiz und deren Lite-

raturszene kennenzulernen.

Seit 2015 ist das DSPZ Mitglied von ICORN – dem internationa-

len Verbund von Städten, die verfolgten SchriftstellerInnen einen

sicheren Aufenthalt im Exil gewähren.

Finanziert wird das Writers-in-Exile-Programm zur Zeit zu ei-

nem grossen Teil aus Mitgliederbeiträgen, aber auch durch Gelder

der Stadt Luzern, der Stiftung Landis & Gyr, der Stiftung Tempe-

ratio, des ANNE FRANK FONDS und der Stiftung Pro Litteris.

Daniel Mekonnen hatte während seinem Aufenthalt 2015-2017

eine beachtliche lokale und nationale Medienpräsenz, unter ande-

rem auch in der Rundschau des Schweizer Fernsehens.

Das Stipendium von Daniel Mekonnen wurde am 1. November

Page 17: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

2017 beendet. Das DSPZ produzierte als Abschluss und in Zu-

sammenarbeit mit PEN Österreich und PEN Eritrea eine Antholo-

gie, die während seines Aufenthalts in Luzern entstand:

Uncensored Voices: Essays, Poems, and Art Works by Exiled Erit-

reans.

Das Writers-in-Exile-Programm stösst in der Öffentlichkeit auf

viel positive Resonanz. Die Medien (u.a. NZZ, Bund, WOZ) be-

richteten ausführlich und interessiert über das Programm und den

Stipendiaten, Daniel Mekonnen.

Nach einer zweijährigen Pilotphase in Luzern möchte das DSPZ

nun das Programm ab 2018 in der Stadt Bern weiterführen. Zu

diesem Entscheid haben vielfältige Gründe geführt, nicht zuletzt

aber die Tatsache, dass sich eine Zusammenarbeit mit der Hoch-

schule der Künste in Bern anbahnt und die Geschäftsstelle des

DSPZ in der Hauptstadt liegt.

Vollversammlung PEN International in Lviv (18. – 22. September 2017)

Die Lage der AutorInnen und JournalistInnen in der Türkei, in

China, in Venezuela, in der Ukraine und in Afrika sowie die Wahl

der neuen Vorstandsmitglieder waren die zentralen Themen der

83. Jahrestagung von PEN-International in Lviv, Ukraine.

Prominente Gesichter wie die engagierte Iman Humaydan aus dem

Libanon und Margie Orford aus Südafrika sind in den erweiterten

Vorstand aufgenommen worden. Die neue Vize-Präsidentin ist die

Dichterin Judith Rodriguez aus Australien.

Mehr als 15 Resolutionen sind in Lviv verabschiedet worden, so

beispielsweise die Resolution für die Verurteilung von Hassreden,

die Resolution gegen die Kriminalisierung der AutorInnen in Vi-

etnam oder die Resolution für die Verurteilung der misslichen La-

ge der AutorInnen und JournalistInnen in der Ukraine.

Besonders aufmerksam wurde die Situation von AutorInnen, Me-

dienschaffenden und MenschenrechtsaktivistInnen in der Türkei

behandelt. Zahlreiche Verbrechen an KurdInnen und die Zerstö-

rung deren Städte durch die türkische Armee wurden am Kongress

beschrieben. Der belgische PEN hatte aus diesem Anlass Erzäh-

lungen von türkischen Betroffenen publiziert und möchte diese in

zahlreiche Sprachen übersetzen lassen.

Eindrücklich erzählte die Vertreterin des chinesischen Exil-PEN

Page 18: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

von der Zeit nach dem Tod von Friedensnobelpreisträger Liu

Xiaobo. Der Menschenrechtsaktivist ist im Juli 2017 in Haft ge-

ben. Entschieden verurteilte sie das menschenunwürdige Verhalten

der chinesischen Regierung, die es Familie und Freunden nicht

erlaubte, vom Verstorbenen Abschied zu nehmen. Zudem sprach

die engagierte Vertreterin von einer hoffnungslosen Situation für

DissidentInnen in China. Da China eine aufsteigende Wirt-

schaftsmacht sei, werden die Menschrechtsverletzungen vom Rest

der Welt ignoriert. Ihre bewegende Rede schloss sie mit den Wor-

ten: „Ich habe die Kraft nicht, gegen den chinesischen Staat zu

kämpfen, aber ich kann schreiben und auf die Geschehnisse hin-

weisen.“

Der nächste PEN Kongress wird 2018 in Pune, Indien, stattfinden.

Der Anlass soll im „Sinne Gandhis“ stehen, der im kommenden

Jahr seinen 150. Geburtstag feiert.

BERICHT DER GESCHÄFTSSTELLE

Mitglieder

Das DSPZ hat aktuell 195 Mitglieder und 13 Freunde. Zu den

Freunden zählen Institutionen sowie Personen, die unsere Anlie-

gen unterstützen, selbst jedoch keine Schriftsteller sind. Seit der

letzten Jahresversammlung sind Albert Fischer, Pablo Haller, Etrit

Hasler, Annette Hug und Stefan Keller neu als Mitglieder beige-

treten.

Ausgetreten sind Peter Gisi, Silvio Huonder, Bettina Wegenast

und Mario Böni. Das Mitglied Jacqueline Crevoisier ist verstor-

ben.

Finanzen

Die Jahresrechnung 2017 schliesst mit einem Verlust von

CHF 643,27 ab. Die Einnahmen durch die Mitgliederbeiträge kom-

men vollumfänglich unseren Projekten zugute, da der Vorstand eh-

renamtlich arbeitet. Der Erlös der Writers in Prison-Veranstaltung

wird jeweils dem PEN Emergency Fund überwiesen. Verantwortlich

für die Finanzen und die Geschäftsstelle an der Burgunderstrasse 13a

in Bern ist das Vorstandsmitglied Adi Blum.

Page 19: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

EINLEITENDE WORTE

Das vergangene Jahr war in Sachen Menschenrechte wiederum

kein freundliches Jahr. Autokraten in Ungarn, Polen, in der Tür-

kei, in Russland und in den USA haben immer wieder gezeigt, wie

wenig sie von der kritischen Berichterstattung in den Medien, von

der Freiheit des Wortes und von den Menschenrechten halten. Ge-

schlossene Grenzen, die Rückführung von Flüchtlingen, die Miss-

achtung der Judikative und die Inhaftierung von Autoren und Me-

dienschaffenden in diesen Ländern sind alarmierend. Leider ist

keine Änderung in Sicht. Sorge macht der Blick in westeuropäi-

sche Länder, wo sich Populisten immer mehr Gehör verschaffen.

Gerade uns Schreibende bereitet die Krise der Qualitätsmedien

Sorgen. Die NO-Billag Abstimmung vom Frühling bot Gelegen-

heit, sich für eine qualitätsvolle, unabhängige Berichterstattung in

Radio und Fernsehen in unserem Land einzusetzen. Die Art und

Weise wie mit den Daten der Nutzerinnen und Nutzern der Social

Media umgegangen wird, ist alles andere als beruhigend.

Von Erfolg und von Misserfolg des DSPZ ist zu berichten. Zwei

Jahresbericht 2017 www.pen-dschweiz.ch

Vorstand DeutschSchweizer PEN Zentrum DSPZ

Adi Blum, Michael Guggenheimer und Yusuf Yesilöz

Page 20: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

Jahre lang war der eritreische Lyriker, Jurist und Menschenrechts-

aktivist Daniel Mekonnen Gast in unserer Wohnung in Luzern.

Dank eines Entgegenkommens der dortigen Stadtverwaltung

konnten wir ihm, der nicht in seine Heimat zurück kann, die Mög-

lichkeit anbieten, in der Schweiz ungestört seiner Arbeit nachzu-

gehen. In Vorträgen vor SchülerInnen und StudentInnen sowie in

Expertengesprächen hat er immer wieder auf die Lage der Men-

schenrechte in seinem Land sowie in anderen afrikanischen Län-

dern hingewiesen. Eine Zeitlang hatte es so ausgesehen, als müsste

Mekonnen die Schweiz wieder verlassen. Unseren Kontakten mit

Rechtsanwälten, die sich in Asylfragen besonders gut auskennen,

ist zu verdanken, dass Daniel Mekonnen gegen Ende 2017 den

Bescheid erhalten hat, wonach er in der Schweiz bleiben darf!

Darüber sind wir sehr froh.

Kaum war klar, dass die Wohnung in Luzern ab Ende 2017 wieder

frei wird, wollten wir dank unserer Mitgliedschaft bei ICORN,

dem Internationalen Netzwerk Städte der Zuflucht, einem Autor

aus dem Irak die Möglichkeit bieten, seiner Arbeit in Sicherheit

nachgehen zu können. Weil die Behörden des Kantons Luzern

nicht bereit waren, ihm eine Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen,

mussten wir dieses Vorhaben zu unserem grossen Bedauern vor-

erst aufgeben. Das Writers in Exile-Programm geht aber trotzdem

weiter.

Mehrfach haben wir im vergangenen Jahr auf die Lage verfolgter

Autorinnen und Autoren aufmerksam gemacht. Sei es in Medien-

mitteilungen oder auch in den Social Media. Aber auch an Veran-

staltungen haben wir uns wiederholt an die Öffentlichkeit ge-

wandt. Sei es am Writers in Prison Day, an dem wir in Zürich, Ba-

sel und Bern jeweils im November eine Autorin oder einen Autor

aus einem Land einladen, in dem die Möglichkeit der freien Mei-

nungsäusserung bedroht oder nicht möglich ist. Im vergangenen

Jahr war es die exilierte syrische Autorin Rosa Yassin Hassan. An

den Solothurner Literaturtagen haben die Autorin Alice Grünfelder

und Autor und DSPZ-Vorstandsmitglied Yusuf Yesilöz mit einem

Streifzug durch die Literatur mit namhaften kurdischen und türki-

schen Autoren, darunter Yasar Kemal, Asli Erdogan, Necmiye

Alpay und Mehmed Uzun, Stimmen zu hören gebracht, die von

Völkervertreibung erzählen, von der Erfahrung im Gefängnis und

im Exil. Gemeinsam mit dem AdS haben wir Briefe an sechs in

der Türkei inhaftierte Autorinnen und Autoren geschrieben und

Page 21: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

von zahlreichen Autorinnen und Autoren aus der Schweiz unter-

schreiben lassen. In diesen Briefen, die in der Türkei den Briefad-

ressaten überreicht wurden, haben wir unsere Solidarität mit ihnen

zum Ausdruck gebracht.

Im laufenden Jahr haben wir in Zusammenarbeit mit der Buch-

handlung mille et deux feuilles in Zürich ein Buch über die Lage

in Eritrea präsentiert, das unser Stipendiat Daniel Mekonnen her-

ausgegeben hat. Und an den Solothurner Literaturtagen dieses Jah-

res wird der im deutschen Exil lebende irakische Autor Najem

Wali aus seinem neuen Roman vorlesen.

Michael Guggenheimer

AUS DER ARBEIT DES VORSTANDS

An der diesjährigen Hauptversammlung, die wieder unmittelbar

vor der Jahresversammlung des AdS in Solothurn stattfindet, wird

es zu Neuwahlen kommen: Yusuf Yesilöz und Michael Guggen-

heimer treten nach fünf Jahren von ihren Ämtern zurück, werden

aber gerne dem neuen DSPZ-Vorstand bei Projekten zur Seite ste-

hen. Ein Jahr lang bestand der Vorstand aus nur drei Mitgliedern.

Weil Sabina Altermatt krankheitshalber zurückgetreten ist und

zwei Kolleginnen angesichts anderweitiger Engagements sich

nicht entschliessen konnten, dem Vorstand beizutreten, ist das In-

teresse von neuen Kolleginnen und Kollegen ein Lichtblick. Ein

grosser Dank gebührt Adi Blum, unserem Geschäftsführer und

Stefanie Nydegger, die im Sekretariat in Bern immer wieder aus-

hilft. Danke auch Evin Yesilöz, für die Mithilfe bei der Ausarbei-

tung von Gesuchen an Stiftungen.

Writers-in-Prison-Day

Am internationalen Writers in Prison-Tag 2017 war die syrische

Autorin Rosa Yassin Hassan unser Gast. Die Autorin lebt seit

Michael Guggenheimer, Präsident des DSPZ

Page 22: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

2012 als anerkannter Flüchtling in Hamburg.

Sie wurde 1974 in Damaskus geboren. Bereits in den 1990er-

Jahren begann sie während ihres Architekturstudiums zu schrei-

ben; daneben engagierte sie sich für Frauenrechte und gründete die

Organisation «Frauen für Demokratie». Ihr erstes Buch war eine

Erzählsammlung, es folgten vier Romane. „Ebenholz» und

«Wächter der Lüfte» liegen in deutscher Übersetzung beim Ala-

wi-Verlag vor.

Die Lesungen fanden am Festival Buchbasel im Literaturhaus Zü-

rich und im Haus der Religionen in Bern statt. Vor vollem Saal las

die Autorin aus ihren Texten und berichtete im Gespräch eindrück-

lich über die Situation der Menschen in Syrien seit Kriegsbeginn.

Ein Schwerpunkt ihrer Lesungen bildete ihre Bemühungen, den

syrischen Frauen eine Stimme zu geben.

Moderiert wurden die Veranstaltungen in Basel und Zürich von

Michael Guggenheimer und in Bern von Regula Mader.

Die Auftritte von Rosa Yassin stiessen in den Schweizer Medien

auf grosse Aufmerksamkeit.

Writers-in-Exile-Programm

Seit 2015 betreibt das DSPZ ein Writers in Exile-Programm. Be-

drohte SchriftstellerInnen finden bei uns Zuflucht, um in der

Schweiz in Sicherheit und Ruhe weiterarbeiten zu können. Das

DSPZ finanziert den Betroffenen für mindestens ein Jahr eine

Wohnung. Zusätzlich erhält unser Gast ein Stipendium, um die

Lebensunterhaltskosten zu bestreiten. Wir helfen den AutorInnen

im Alltag und unterstützen sie dabei, die Schweiz und deren Lite-

raturszene kennenzulernen.

Seit 2015 ist das DSPZ Mitglied von ICORN – dem internationa-

len Verbund von Städten, die verfolgten SchriftstellerInnen einen

sicheren Aufenthalt im Exil gewähren.

Finanziert wird das Writers-in-Exile-Programm zur Zeit zu ei-

nem grossen Teil aus Mitgliederbeiträgen, aber auch durch Gelder

der Stadt Luzern, der Stiftung Landis & Gyr, der Stiftung Tempe-

ratio, des ANNE FRANK FONDS und der Stiftung Pro Litteris.

Daniel Mekonnen hatte während seinem Aufenthalt 2015-2017

eine beachtliche lokale und nationale Medienpräsenz, unter ande-

rem auch in der Rundschau des Schweizer Fernsehens.

Das Stipendium von Daniel Mekonnen wurde am 1. November

Page 23: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

2017 beendet. Das DSPZ produzierte als Abschluss und in Zu-

sammenarbeit mit PEN Österreich und PEN Eritrea eine Antholo-

gie, die während seines Aufenthalts in Luzern entstand:

Uncensored Voices: Essays, Poems, and Art Works by Exiled Erit-

reans.

Das Writers-in-Exile-Programm stösst in der Öffentlichkeit auf

viel positive Resonanz. Die Medien (u.a. NZZ, Bund, WOZ) be-

richteten ausführlich und interessiert über das Programm und den

Stipendiaten, Daniel Mekonnen.

Nach einer zweijährigen Pilotphase in Luzern möchte das DSPZ

nun das Programm ab 2018 in der Stadt Bern weiterführen. Zu

diesem Entscheid haben vielfältige Gründe geführt, nicht zuletzt

aber die Tatsache, dass sich eine Zusammenarbeit mit der Hoch-

schule der Künste in Bern anbahnt und die Geschäftsstelle des

DSPZ in der Hauptstadt liegt.

Vollversammlung PEN International in Lviv (18. – 22. September 2017)

Die Lage der AutorInnen und JournalistInnen in der Türkei, in

China, in Venezuela, in der Ukraine und in Afrika sowie die Wahl

der neuen Vorstandsmitglieder waren die zentralen Themen der

83. Jahrestagung von PEN-International in Lviv, Ukraine.

Prominente Gesichter wie die engagierte Iman Humaydan aus dem

Libanon und Margie Orford aus Südafrika sind in den erweiterten

Vorstand aufgenommen worden. Die neue Vize-Präsidentin ist die

Dichterin Judith Rodriguez aus Australien.

Mehr als 15 Resolutionen sind in Lviv verabschiedet worden, so

beispielsweise die Resolution für die Verurteilung von Hassreden,

die Resolution gegen die Kriminalisierung der AutorInnen in Vi-

etnam oder die Resolution für die Verurteilung der misslichen La-

ge der AutorInnen und JournalistInnen in der Ukraine.

Besonders aufmerksam wurde die Situation von AutorInnen, Me-

dienschaffenden und MenschenrechtsaktivistInnen in der Türkei

behandelt. Zahlreiche Verbrechen an KurdInnen und die Zerstö-

rung deren Städte durch die türkische Armee wurden am Kongress

beschrieben. Der belgische PEN hatte aus diesem Anlass Erzäh-

lungen von türkischen Betroffenen publiziert und möchte diese in

zahlreiche Sprachen übersetzen lassen.

Eindrücklich erzählte die Vertreterin des chinesischen Exil-PEN

Page 24: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

von der Zeit nach dem Tod von Friedensnobelpreisträger Liu

Xiaobo. Der Menschenrechtsaktivist ist im Juli 2017 in Haft ge-

ben. Entschieden verurteilte sie das menschenunwürdige Verhalten

der chinesischen Regierung, die es Familie und Freunden nicht

erlaubte, vom Verstorbenen Abschied zu nehmen. Zudem sprach

die engagierte Vertreterin von einer hoffnungslosen Situation für

DissidentInnen in China. Da China eine aufsteigende Wirt-

schaftsmacht sei, werden die Menschrechtsverletzungen vom Rest

der Welt ignoriert. Ihre bewegende Rede schloss sie mit den Wor-

ten: „Ich habe die Kraft nicht, gegen den chinesischen Staat zu

kämpfen, aber ich kann schreiben und auf die Geschehnisse hin-

weisen.“

Der nächste PEN Kongress wird 2018 in Pune, Indien, stattfinden.

Der Anlass soll im „Sinne Gandhis“ stehen, der im kommenden

Jahr seinen 150. Geburtstag feiert.

BERICHT DER GESCHÄFTSSTELLE

Mitglieder

Das DSPZ hat aktuell 195 Mitglieder und 13 Freunde. Zu den

Freunden zählen Institutionen sowie Personen, die unsere Anlie-

gen unterstützen, selbst jedoch keine Schriftsteller sind. Seit der

letzten Jahresversammlung sind Albert Fischer, Pablo Haller, Etrit

Hasler, Annette Hug und Stefan Keller neu als Mitglieder beige-

treten.

Ausgetreten sind Peter Gisi, Silvio Huonder, Bettina Wegenast

und Mario Böni. Das Mitglied Jacqueline Crevoisier ist verstor-

ben.

Finanzen

Die Jahresrechnung 2017 schliesst mit einem Verlust von

CHF 643,27 ab. Die Einnahmen durch die Mitgliederbeiträge kom-

men vollumfänglich unseren Projekten zugute, da der Vorstand eh-

renamtlich arbeitet. Der Erlös der Writers in Prison-Veranstaltung

wird jeweils dem PEN Emergency Fund überwiesen. Verantwortlich

für die Finanzen und die Geschäftsstelle an der Burgunderstrasse 13a

in Bern ist das Vorstandsmitglied Adi Blum.

Page 25: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

EINLEITENDE WORTE

Das vergangene Jahr war in Sachen Menschenrechte wiederum

kein freundliches Jahr. Autokraten in Ungarn, Polen, in der Tür-

kei, in Russland und in den USA haben immer wieder gezeigt, wie

wenig sie von der kritischen Berichterstattung in den Medien, von

der Freiheit des Wortes und von den Menschenrechten halten. Ge-

schlossene Grenzen, die Rückführung von Flüchtlingen, die Miss-

achtung der Judikative und die Inhaftierung von Autoren und Me-

dienschaffenden in diesen Ländern sind alarmierend. Leider ist

keine Änderung in Sicht. Sorge macht der Blick in westeuropäi-

sche Länder, wo sich Populisten immer mehr Gehör verschaffen.

Gerade uns Schreibende bereitet die Krise der Qualitätsmedien

Sorgen. Die NO-Billag Abstimmung vom Frühling bot Gelegen-

heit, sich für eine qualitätsvolle, unabhängige Berichterstattung in

Radio und Fernsehen in unserem Land einzusetzen. Die Art und

Weise wie mit den Daten der Nutzerinnen und Nutzern der Social

Media umgegangen wird, ist alles andere als beruhigend.

Von Erfolg und von Misserfolg des DSPZ ist zu berichten. Zwei

Jahresbericht 2017 www.pen-dschweiz.ch

Vorstand DeutschSchweizer PEN Zentrum DSPZ

Adi Blum, Michael Guggenheimer und Yusuf Yesilöz

Page 26: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

Jahre lang war der eritreische Lyriker, Jurist und Menschenrechts-

aktivist Daniel Mekonnen Gast in unserer Wohnung in Luzern.

Dank eines Entgegenkommens der dortigen Stadtverwaltung

konnten wir ihm, der nicht in seine Heimat zurück kann, die Mög-

lichkeit anbieten, in der Schweiz ungestört seiner Arbeit nachzu-

gehen. In Vorträgen vor SchülerInnen und StudentInnen sowie in

Expertengesprächen hat er immer wieder auf die Lage der Men-

schenrechte in seinem Land sowie in anderen afrikanischen Län-

dern hingewiesen. Eine Zeitlang hatte es so ausgesehen, als müsste

Mekonnen die Schweiz wieder verlassen. Unseren Kontakten mit

Rechtsanwälten, die sich in Asylfragen besonders gut auskennen,

ist zu verdanken, dass Daniel Mekonnen gegen Ende 2017 den

Bescheid erhalten hat, wonach er in der Schweiz bleiben darf!

Darüber sind wir sehr froh.

Kaum war klar, dass die Wohnung in Luzern ab Ende 2017 wieder

frei wird, wollten wir dank unserer Mitgliedschaft bei ICORN,

dem Internationalen Netzwerk Städte der Zuflucht, einem Autor

aus dem Irak die Möglichkeit bieten, seiner Arbeit in Sicherheit

nachgehen zu können. Weil die Behörden des Kantons Luzern

nicht bereit waren, ihm eine Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen,

mussten wir dieses Vorhaben zu unserem grossen Bedauern vor-

erst aufgeben. Das Writers in Exile-Programm geht aber trotzdem

weiter.

Mehrfach haben wir im vergangenen Jahr auf die Lage verfolgter

Autorinnen und Autoren aufmerksam gemacht. Sei es in Medien-

mitteilungen oder auch in den Social Media. Aber auch an Veran-

staltungen haben wir uns wiederholt an die Öffentlichkeit ge-

wandt. Sei es am Writers in Prison Day, an dem wir in Zürich, Ba-

sel und Bern jeweils im November eine Autorin oder einen Autor

aus einem Land einladen, in dem die Möglichkeit der freien Mei-

nungsäusserung bedroht oder nicht möglich ist. Im vergangenen

Jahr war es die exilierte syrische Autorin Rosa Yassin Hassan. An

den Solothurner Literaturtagen haben die Autorin Alice Grünfelder

und Autor und DSPZ-Vorstandsmitglied Yusuf Yesilöz mit einem

Streifzug durch die Literatur mit namhaften kurdischen und türki-

schen Autoren, darunter Yasar Kemal, Asli Erdogan, Necmiye

Alpay und Mehmed Uzun, Stimmen zu hören gebracht, die von

Völkervertreibung erzählen, von der Erfahrung im Gefängnis und

im Exil. Gemeinsam mit dem AdS haben wir Briefe an sechs in

der Türkei inhaftierte Autorinnen und Autoren geschrieben und

Page 27: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

von zahlreichen Autorinnen und Autoren aus der Schweiz unter-

schreiben lassen. In diesen Briefen, die in der Türkei den Briefad-

ressaten überreicht wurden, haben wir unsere Solidarität mit ihnen

zum Ausdruck gebracht.

Im laufenden Jahr haben wir in Zusammenarbeit mit der Buch-

handlung mille et deux feuilles in Zürich ein Buch über die Lage

in Eritrea präsentiert, das unser Stipendiat Daniel Mekonnen her-

ausgegeben hat. Und an den Solothurner Literaturtagen dieses Jah-

res wird der im deutschen Exil lebende irakische Autor Najem

Wali aus seinem neuen Roman vorlesen.

Michael Guggenheimer

AUS DER ARBEIT DES VORSTANDS

An der diesjährigen Hauptversammlung, die wieder unmittelbar

vor der Jahresversammlung des AdS in Solothurn stattfindet, wird

es zu Neuwahlen kommen: Yusuf Yesilöz und Michael Guggen-

heimer treten nach fünf Jahren von ihren Ämtern zurück, werden

aber gerne dem neuen DSPZ-Vorstand bei Projekten zur Seite ste-

hen. Ein Jahr lang bestand der Vorstand aus nur drei Mitgliedern.

Weil Sabina Altermatt krankheitshalber zurückgetreten ist und

zwei Kolleginnen angesichts anderweitiger Engagements sich

nicht entschliessen konnten, dem Vorstand beizutreten, ist das In-

teresse von neuen Kolleginnen und Kollegen ein Lichtblick. Ein

grosser Dank gebührt Adi Blum, unserem Geschäftsführer und

Stefanie Nydegger, die im Sekretariat in Bern immer wieder aus-

hilft. Danke auch Evin Yesilöz, für die Mithilfe bei der Ausarbei-

tung von Gesuchen an Stiftungen.

Writers-in-Prison-Day

Am internationalen Writers in Prison-Tag 2017 war die syrische

Autorin Rosa Yassin Hassan unser Gast. Die Autorin lebt seit

Michael Guggenheimer, Präsident des DSPZ

Page 28: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

2012 als anerkannter Flüchtling in Hamburg.

Sie wurde 1974 in Damaskus geboren. Bereits in den 1990er-

Jahren begann sie während ihres Architekturstudiums zu schrei-

ben; daneben engagierte sie sich für Frauenrechte und gründete die

Organisation «Frauen für Demokratie». Ihr erstes Buch war eine

Erzählsammlung, es folgten vier Romane. „Ebenholz» und

«Wächter der Lüfte» liegen in deutscher Übersetzung beim Ala-

wi-Verlag vor.

Die Lesungen fanden am Festival Buchbasel im Literaturhaus Zü-

rich und im Haus der Religionen in Bern statt. Vor vollem Saal las

die Autorin aus ihren Texten und berichtete im Gespräch eindrück-

lich über die Situation der Menschen in Syrien seit Kriegsbeginn.

Ein Schwerpunkt ihrer Lesungen bildete ihre Bemühungen, den

syrischen Frauen eine Stimme zu geben.

Moderiert wurden die Veranstaltungen in Basel und Zürich von

Michael Guggenheimer und in Bern von Regula Mader.

Die Auftritte von Rosa Yassin stiessen in den Schweizer Medien

auf grosse Aufmerksamkeit.

Writers-in-Exile-Programm

Seit 2015 betreibt das DSPZ ein Writers in Exile-Programm. Be-

drohte SchriftstellerInnen finden bei uns Zuflucht, um in der

Schweiz in Sicherheit und Ruhe weiterarbeiten zu können. Das

DSPZ finanziert den Betroffenen für mindestens ein Jahr eine

Wohnung. Zusätzlich erhält unser Gast ein Stipendium, um die

Lebensunterhaltskosten zu bestreiten. Wir helfen den AutorInnen

im Alltag und unterstützen sie dabei, die Schweiz und deren Lite-

raturszene kennenzulernen.

Seit 2015 ist das DSPZ Mitglied von ICORN – dem internationa-

len Verbund von Städten, die verfolgten SchriftstellerInnen einen

sicheren Aufenthalt im Exil gewähren.

Finanziert wird das Writers-in-Exile-Programm zur Zeit zu ei-

nem grossen Teil aus Mitgliederbeiträgen, aber auch durch Gelder

der Stadt Luzern, der Stiftung Landis & Gyr, der Stiftung Tempe-

ratio, des ANNE FRANK FONDS und der Stiftung Pro Litteris.

Daniel Mekonnen hatte während seinem Aufenthalt 2015-2017

eine beachtliche lokale und nationale Medienpräsenz, unter ande-

rem auch in der Rundschau des Schweizer Fernsehens.

Das Stipendium von Daniel Mekonnen wurde am 1. November

Page 29: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

2017 beendet. Das DSPZ produzierte als Abschluss und in Zu-

sammenarbeit mit PEN Österreich und PEN Eritrea eine Antholo-

gie, die während seines Aufenthalts in Luzern entstand:

Uncensored Voices: Essays, Poems, and Art Works by Exiled Erit-

reans.

Das Writers-in-Exile-Programm stösst in der Öffentlichkeit auf

viel positive Resonanz. Die Medien (u.a. NZZ, Bund, WOZ) be-

richteten ausführlich und interessiert über das Programm und den

Stipendiaten, Daniel Mekonnen.

Nach einer zweijährigen Pilotphase in Luzern möchte das DSPZ

nun das Programm ab 2018 in der Stadt Bern weiterführen. Zu

diesem Entscheid haben vielfältige Gründe geführt, nicht zuletzt

aber die Tatsache, dass sich eine Zusammenarbeit mit der Hoch-

schule der Künste in Bern anbahnt und die Geschäftsstelle des

DSPZ in der Hauptstadt liegt.

Vollversammlung PEN International in Lviv (18. – 22. September 2017)

Die Lage der AutorInnen und JournalistInnen in der Türkei, in

China, in Venezuela, in der Ukraine und in Afrika sowie die Wahl

der neuen Vorstandsmitglieder waren die zentralen Themen der

83. Jahrestagung von PEN-International in Lviv, Ukraine.

Prominente Gesichter wie die engagierte Iman Humaydan aus dem

Libanon und Margie Orford aus Südafrika sind in den erweiterten

Vorstand aufgenommen worden. Die neue Vize-Präsidentin ist die

Dichterin Judith Rodriguez aus Australien.

Mehr als 15 Resolutionen sind in Lviv verabschiedet worden, so

beispielsweise die Resolution für die Verurteilung von Hassreden,

die Resolution gegen die Kriminalisierung der AutorInnen in Vi-

etnam oder die Resolution für die Verurteilung der misslichen La-

ge der AutorInnen und JournalistInnen in der Ukraine.

Besonders aufmerksam wurde die Situation von AutorInnen, Me-

dienschaffenden und MenschenrechtsaktivistInnen in der Türkei

behandelt. Zahlreiche Verbrechen an KurdInnen und die Zerstö-

rung deren Städte durch die türkische Armee wurden am Kongress

beschrieben. Der belgische PEN hatte aus diesem Anlass Erzäh-

lungen von türkischen Betroffenen publiziert und möchte diese in

zahlreiche Sprachen übersetzen lassen.

Eindrücklich erzählte die Vertreterin des chinesischen Exil-PEN

Page 30: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

von der Zeit nach dem Tod von Friedensnobelpreisträger Liu

Xiaobo. Der Menschenrechtsaktivist ist im Juli 2017 in Haft ge-

ben. Entschieden verurteilte sie das menschenunwürdige Verhalten

der chinesischen Regierung, die es Familie und Freunden nicht

erlaubte, vom Verstorbenen Abschied zu nehmen. Zudem sprach

die engagierte Vertreterin von einer hoffnungslosen Situation für

DissidentInnen in China. Da China eine aufsteigende Wirt-

schaftsmacht sei, werden die Menschrechtsverletzungen vom Rest

der Welt ignoriert. Ihre bewegende Rede schloss sie mit den Wor-

ten: „Ich habe die Kraft nicht, gegen den chinesischen Staat zu

kämpfen, aber ich kann schreiben und auf die Geschehnisse hin-

weisen.“

Der nächste PEN Kongress wird 2018 in Pune, Indien, stattfinden.

Der Anlass soll im „Sinne Gandhis“ stehen, der im kommenden

Jahr seinen 150. Geburtstag feiert.

BERICHT DER GESCHÄFTSSTELLE

Mitglieder

Das DSPZ hat aktuell 195 Mitglieder und 13 Freunde. Zu den

Freunden zählen Institutionen sowie Personen, die unsere Anlie-

gen unterstützen, selbst jedoch keine Schriftsteller sind. Seit der

letzten Jahresversammlung sind Albert Fischer, Pablo Haller, Etrit

Hasler, Annette Hug und Stefan Keller neu als Mitglieder beige-

treten.

Ausgetreten sind Peter Gisi, Silvio Huonder, Bettina Wegenast

und Mario Böni. Das Mitglied Jacqueline Crevoisier ist verstor-

ben.

Finanzen

Die Jahresrechnung 2017 schliesst mit einem Verlust von

CHF 643,27 ab. Die Einnahmen durch die Mitgliederbeiträge kom-

men vollumfänglich unseren Projekten zugute, da der Vorstand eh-

renamtlich arbeitet. Der Erlös der Writers in Prison-Veranstaltung

wird jeweils dem PEN Emergency Fund überwiesen. Verantwortlich

für die Finanzen und die Geschäftsstelle an der Burgunderstrasse 13a

in Bern ist das Vorstandsmitglied Adi Blum.

Page 31: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

EINLEITENDE WORTE

Das vergangene Jahr war in Sachen Menschenrechte wiederum

kein freundliches Jahr. Autokraten in Ungarn, Polen, in der Tür-

kei, in Russland und in den USA haben immer wieder gezeigt, wie

wenig sie von der kritischen Berichterstattung in den Medien, von

der Freiheit des Wortes und von den Menschenrechten halten. Ge-

schlossene Grenzen, die Rückführung von Flüchtlingen, die Miss-

achtung der Judikative und die Inhaftierung von Autoren und Me-

dienschaffenden in diesen Ländern sind alarmierend. Leider ist

keine Änderung in Sicht. Sorge macht der Blick in westeuropäi-

sche Länder, wo sich Populisten immer mehr Gehör verschaffen.

Gerade uns Schreibende bereitet die Krise der Qualitätsmedien

Sorgen. Die NO-Billag Abstimmung vom Frühling bot Gelegen-

heit, sich für eine qualitätsvolle, unabhängige Berichterstattung in

Radio und Fernsehen in unserem Land einzusetzen. Die Art und

Weise wie mit den Daten der Nutzerinnen und Nutzern der Social

Media umgegangen wird, ist alles andere als beruhigend.

Von Erfolg und von Misserfolg des DSPZ ist zu berichten. Zwei

Jahresbericht 2017 www.pen-dschweiz.ch

Vorstand DeutschSchweizer PEN Zentrum DSPZ

Adi Blum, Michael Guggenheimer und Yusuf Yesilöz

Page 32: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

Jahre lang war der eritreische Lyriker, Jurist und Menschenrechts-

aktivist Daniel Mekonnen Gast in unserer Wohnung in Luzern.

Dank eines Entgegenkommens der dortigen Stadtverwaltung

konnten wir ihm, der nicht in seine Heimat zurück kann, die Mög-

lichkeit anbieten, in der Schweiz ungestört seiner Arbeit nachzu-

gehen. In Vorträgen vor SchülerInnen und StudentInnen sowie in

Expertengesprächen hat er immer wieder auf die Lage der Men-

schenrechte in seinem Land sowie in anderen afrikanischen Län-

dern hingewiesen. Eine Zeitlang hatte es so ausgesehen, als müsste

Mekonnen die Schweiz wieder verlassen. Unseren Kontakten mit

Rechtsanwälten, die sich in Asylfragen besonders gut auskennen,

ist zu verdanken, dass Daniel Mekonnen gegen Ende 2017 den

Bescheid erhalten hat, wonach er in der Schweiz bleiben darf!

Darüber sind wir sehr froh.

Kaum war klar, dass die Wohnung in Luzern ab Ende 2017 wieder

frei wird, wollten wir dank unserer Mitgliedschaft bei ICORN,

dem Internationalen Netzwerk Städte der Zuflucht, einem Autor

aus dem Irak die Möglichkeit bieten, seiner Arbeit in Sicherheit

nachgehen zu können. Weil die Behörden des Kantons Luzern

nicht bereit waren, ihm eine Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen,

mussten wir dieses Vorhaben zu unserem grossen Bedauern vor-

erst aufgeben. Das Writers in Exile-Programm geht aber trotzdem

weiter.

Mehrfach haben wir im vergangenen Jahr auf die Lage verfolgter

Autorinnen und Autoren aufmerksam gemacht. Sei es in Medien-

mitteilungen oder auch in den Social Media. Aber auch an Veran-

staltungen haben wir uns wiederholt an die Öffentlichkeit ge-

wandt. Sei es am Writers in Prison Day, an dem wir in Zürich, Ba-

sel und Bern jeweils im November eine Autorin oder einen Autor

aus einem Land einladen, in dem die Möglichkeit der freien Mei-

nungsäusserung bedroht oder nicht möglich ist. Im vergangenen

Jahr war es die exilierte syrische Autorin Rosa Yassin Hassan. An

den Solothurner Literaturtagen haben die Autorin Alice Grünfelder

und Autor und DSPZ-Vorstandsmitglied Yusuf Yesilöz mit einem

Streifzug durch die Literatur mit namhaften kurdischen und türki-

schen Autoren, darunter Yasar Kemal, Asli Erdogan, Necmiye

Alpay und Mehmed Uzun, Stimmen zu hören gebracht, die von

Völkervertreibung erzählen, von der Erfahrung im Gefängnis und

im Exil. Gemeinsam mit dem AdS haben wir Briefe an sechs in

der Türkei inhaftierte Autorinnen und Autoren geschrieben und

Page 33: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

von zahlreichen Autorinnen und Autoren aus der Schweiz unter-

schreiben lassen. In diesen Briefen, die in der Türkei den Briefad-

ressaten überreicht wurden, haben wir unsere Solidarität mit ihnen

zum Ausdruck gebracht.

Im laufenden Jahr haben wir in Zusammenarbeit mit der Buch-

handlung mille et deux feuilles in Zürich ein Buch über die Lage

in Eritrea präsentiert, das unser Stipendiat Daniel Mekonnen her-

ausgegeben hat. Und an den Solothurner Literaturtagen dieses Jah-

res wird der im deutschen Exil lebende irakische Autor Najem

Wali aus seinem neuen Roman vorlesen.

Michael Guggenheimer

AUS DER ARBEIT DES VORSTANDS

An der diesjährigen Hauptversammlung, die wieder unmittelbar

vor der Jahresversammlung des AdS in Solothurn stattfindet, wird

es zu Neuwahlen kommen: Yusuf Yesilöz und Michael Guggen-

heimer treten nach fünf Jahren von ihren Ämtern zurück, werden

aber gerne dem neuen DSPZ-Vorstand bei Projekten zur Seite ste-

hen. Ein Jahr lang bestand der Vorstand aus nur drei Mitgliedern.

Weil Sabina Altermatt krankheitshalber zurückgetreten ist und

zwei Kolleginnen angesichts anderweitiger Engagements sich

nicht entschliessen konnten, dem Vorstand beizutreten, ist das In-

teresse von neuen Kolleginnen und Kollegen ein Lichtblick. Ein

grosser Dank gebührt Adi Blum, unserem Geschäftsführer und

Stefanie Nydegger, die im Sekretariat in Bern immer wieder aus-

hilft. Danke auch Evin Yesilöz, für die Mithilfe bei der Ausarbei-

tung von Gesuchen an Stiftungen.

Writers-in-Prison-Day

Am internationalen Writers in Prison-Tag 2017 war die syrische

Autorin Rosa Yassin Hassan unser Gast. Die Autorin lebt seit

Michael Guggenheimer, Präsident des DSPZ

Page 34: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

2012 als anerkannter Flüchtling in Hamburg.

Sie wurde 1974 in Damaskus geboren. Bereits in den 1990er-

Jahren begann sie während ihres Architekturstudiums zu schrei-

ben; daneben engagierte sie sich für Frauenrechte und gründete die

Organisation «Frauen für Demokratie». Ihr erstes Buch war eine

Erzählsammlung, es folgten vier Romane. „Ebenholz» und

«Wächter der Lüfte» liegen in deutscher Übersetzung beim Ala-

wi-Verlag vor.

Die Lesungen fanden am Festival Buchbasel im Literaturhaus Zü-

rich und im Haus der Religionen in Bern statt. Vor vollem Saal las

die Autorin aus ihren Texten und berichtete im Gespräch eindrück-

lich über die Situation der Menschen in Syrien seit Kriegsbeginn.

Ein Schwerpunkt ihrer Lesungen bildete ihre Bemühungen, den

syrischen Frauen eine Stimme zu geben.

Moderiert wurden die Veranstaltungen in Basel und Zürich von

Michael Guggenheimer und in Bern von Regula Mader.

Die Auftritte von Rosa Yassin stiessen in den Schweizer Medien

auf grosse Aufmerksamkeit.

Writers-in-Exile-Programm

Seit 2015 betreibt das DSPZ ein Writers in Exile-Programm. Be-

drohte SchriftstellerInnen finden bei uns Zuflucht, um in der

Schweiz in Sicherheit und Ruhe weiterarbeiten zu können. Das

DSPZ finanziert den Betroffenen für mindestens ein Jahr eine

Wohnung. Zusätzlich erhält unser Gast ein Stipendium, um die

Lebensunterhaltskosten zu bestreiten. Wir helfen den AutorInnen

im Alltag und unterstützen sie dabei, die Schweiz und deren Lite-

raturszene kennenzulernen.

Seit 2015 ist das DSPZ Mitglied von ICORN – dem internationa-

len Verbund von Städten, die verfolgten SchriftstellerInnen einen

sicheren Aufenthalt im Exil gewähren.

Finanziert wird das Writers-in-Exile-Programm zur Zeit zu ei-

nem grossen Teil aus Mitgliederbeiträgen, aber auch durch Gelder

der Stadt Luzern, der Stiftung Landis & Gyr, der Stiftung Tempe-

ratio, des ANNE FRANK FONDS und der Stiftung Pro Litteris.

Daniel Mekonnen hatte während seinem Aufenthalt 2015-2017

eine beachtliche lokale und nationale Medienpräsenz, unter ande-

rem auch in der Rundschau des Schweizer Fernsehens.

Das Stipendium von Daniel Mekonnen wurde am 1. November

Page 35: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

2017 beendet. Das DSPZ produzierte als Abschluss und in Zu-

sammenarbeit mit PEN Österreich und PEN Eritrea eine Antholo-

gie, die während seines Aufenthalts in Luzern entstand:

Uncensored Voices: Essays, Poems, and Art Works by Exiled Erit-

reans.

Das Writers-in-Exile-Programm stösst in der Öffentlichkeit auf

viel positive Resonanz. Die Medien (u.a. NZZ, Bund, WOZ) be-

richteten ausführlich und interessiert über das Programm und den

Stipendiaten, Daniel Mekonnen.

Nach einer zweijährigen Pilotphase in Luzern möchte das DSPZ

nun das Programm ab 2018 in der Stadt Bern weiterführen. Zu

diesem Entscheid haben vielfältige Gründe geführt, nicht zuletzt

aber die Tatsache, dass sich eine Zusammenarbeit mit der Hoch-

schule der Künste in Bern anbahnt und die Geschäftsstelle des

DSPZ in der Hauptstadt liegt.

Vollversammlung PEN International in Lviv (18. – 22. September 2017)

Die Lage der AutorInnen und JournalistInnen in der Türkei, in

China, in Venezuela, in der Ukraine und in Afrika sowie die Wahl

der neuen Vorstandsmitglieder waren die zentralen Themen der

83. Jahrestagung von PEN-International in Lviv, Ukraine.

Prominente Gesichter wie die engagierte Iman Humaydan aus dem

Libanon und Margie Orford aus Südafrika sind in den erweiterten

Vorstand aufgenommen worden. Die neue Vize-Präsidentin ist die

Dichterin Judith Rodriguez aus Australien.

Mehr als 15 Resolutionen sind in Lviv verabschiedet worden, so

beispielsweise die Resolution für die Verurteilung von Hassreden,

die Resolution gegen die Kriminalisierung der AutorInnen in Vi-

etnam oder die Resolution für die Verurteilung der misslichen La-

ge der AutorInnen und JournalistInnen in der Ukraine.

Besonders aufmerksam wurde die Situation von AutorInnen, Me-

dienschaffenden und MenschenrechtsaktivistInnen in der Türkei

behandelt. Zahlreiche Verbrechen an KurdInnen und die Zerstö-

rung deren Städte durch die türkische Armee wurden am Kongress

beschrieben. Der belgische PEN hatte aus diesem Anlass Erzäh-

lungen von türkischen Betroffenen publiziert und möchte diese in

zahlreiche Sprachen übersetzen lassen.

Eindrücklich erzählte die Vertreterin des chinesischen Exil-PEN

Page 36: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

von der Zeit nach dem Tod von Friedensnobelpreisträger Liu

Xiaobo. Der Menschenrechtsaktivist ist im Juli 2017 in Haft ge-

ben. Entschieden verurteilte sie das menschenunwürdige Verhalten

der chinesischen Regierung, die es Familie und Freunden nicht

erlaubte, vom Verstorbenen Abschied zu nehmen. Zudem sprach

die engagierte Vertreterin von einer hoffnungslosen Situation für

DissidentInnen in China. Da China eine aufsteigende Wirt-

schaftsmacht sei, werden die Menschrechtsverletzungen vom Rest

der Welt ignoriert. Ihre bewegende Rede schloss sie mit den Wor-

ten: „Ich habe die Kraft nicht, gegen den chinesischen Staat zu

kämpfen, aber ich kann schreiben und auf die Geschehnisse hin-

weisen.“

Der nächste PEN Kongress wird 2018 in Pune, Indien, stattfinden.

Der Anlass soll im „Sinne Gandhis“ stehen, der im kommenden

Jahr seinen 150. Geburtstag feiert.

BERICHT DER GESCHÄFTSSTELLE

Mitglieder

Das DSPZ hat aktuell 195 Mitglieder und 13 Freunde. Zu den

Freunden zählen Institutionen sowie Personen, die unsere Anlie-

gen unterstützen, selbst jedoch keine Schriftsteller sind. Seit der

letzten Jahresversammlung sind Albert Fischer, Pablo Haller, Etrit

Hasler, Annette Hug und Stefan Keller neu als Mitglieder beige-

treten.

Ausgetreten sind Peter Gisi, Silvio Huonder, Bettina Wegenast

und Mario Böni. Das Mitglied Jacqueline Crevoisier ist verstor-

ben.

Finanzen

Die Jahresrechnung 2017 schliesst mit einem Verlust von

CHF 643,27 ab. Die Einnahmen durch die Mitgliederbeiträge kom-

men vollumfänglich unseren Projekten zugute, da der Vorstand eh-

renamtlich arbeitet. Der Erlös der Writers in Prison-Veranstaltung

wird jeweils dem PEN Emergency Fund überwiesen. Verantwortlich

für die Finanzen und die Geschäftsstelle an der Burgunderstrasse 13a

in Bern ist das Vorstandsmitglied Adi Blum.

Page 37: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

EINLEITENDE WORTE

Das vergangene Jahr war in Sachen Menschenrechte wiederum

kein freundliches Jahr. Autokraten in Ungarn, Polen, in der Tür-

kei, in Russland und in den USA haben immer wieder gezeigt, wie

wenig sie von der kritischen Berichterstattung in den Medien, von

der Freiheit des Wortes und von den Menschenrechten halten. Ge-

schlossene Grenzen, die Rückführung von Flüchtlingen, die Miss-

achtung der Judikative und die Inhaftierung von Autoren und Me-

dienschaffenden in diesen Ländern sind alarmierend. Leider ist

keine Änderung in Sicht. Sorge macht der Blick in westeuropäi-

sche Länder, wo sich Populisten immer mehr Gehör verschaffen.

Gerade uns Schreibende bereitet die Krise der Qualitätsmedien

Sorgen. Die NO-Billag Abstimmung vom Frühling bot Gelegen-

heit, sich für eine qualitätsvolle, unabhängige Berichterstattung in

Radio und Fernsehen in unserem Land einzusetzen. Die Art und

Weise wie mit den Daten der Nutzerinnen und Nutzern der Social

Media umgegangen wird, ist alles andere als beruhigend.

Von Erfolg und von Misserfolg des DSPZ ist zu berichten. Zwei

Jahresbericht 2017 www.pen-dschweiz.ch

Vorstand DeutschSchweizer PEN Zentrum DSPZ

Adi Blum, Michael Guggenheimer und Yusuf Yesilöz

Page 38: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

Jahre lang war der eritreische Lyriker, Jurist und Menschenrechts-

aktivist Daniel Mekonnen Gast in unserer Wohnung in Luzern.

Dank eines Entgegenkommens der dortigen Stadtverwaltung

konnten wir ihm, der nicht in seine Heimat zurück kann, die Mög-

lichkeit anbieten, in der Schweiz ungestört seiner Arbeit nachzu-

gehen. In Vorträgen vor SchülerInnen und StudentInnen sowie in

Expertengesprächen hat er immer wieder auf die Lage der Men-

schenrechte in seinem Land sowie in anderen afrikanischen Län-

dern hingewiesen. Eine Zeitlang hatte es so ausgesehen, als müsste

Mekonnen die Schweiz wieder verlassen. Unseren Kontakten mit

Rechtsanwälten, die sich in Asylfragen besonders gut auskennen,

ist zu verdanken, dass Daniel Mekonnen gegen Ende 2017 den

Bescheid erhalten hat, wonach er in der Schweiz bleiben darf!

Darüber sind wir sehr froh.

Kaum war klar, dass die Wohnung in Luzern ab Ende 2017 wieder

frei wird, wollten wir dank unserer Mitgliedschaft bei ICORN,

dem Internationalen Netzwerk Städte der Zuflucht, einem Autor

aus dem Irak die Möglichkeit bieten, seiner Arbeit in Sicherheit

nachgehen zu können. Weil die Behörden des Kantons Luzern

nicht bereit waren, ihm eine Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen,

mussten wir dieses Vorhaben zu unserem grossen Bedauern vor-

erst aufgeben. Das Writers in Exile-Programm geht aber trotzdem

weiter.

Mehrfach haben wir im vergangenen Jahr auf die Lage verfolgter

Autorinnen und Autoren aufmerksam gemacht. Sei es in Medien-

mitteilungen oder auch in den Social Media. Aber auch an Veran-

staltungen haben wir uns wiederholt an die Öffentlichkeit ge-

wandt. Sei es am Writers in Prison Day, an dem wir in Zürich, Ba-

sel und Bern jeweils im November eine Autorin oder einen Autor

aus einem Land einladen, in dem die Möglichkeit der freien Mei-

nungsäusserung bedroht oder nicht möglich ist. Im vergangenen

Jahr war es die exilierte syrische Autorin Rosa Yassin Hassan. An

den Solothurner Literaturtagen haben die Autorin Alice Grünfelder

und Autor und DSPZ-Vorstandsmitglied Yusuf Yesilöz mit einem

Streifzug durch die Literatur mit namhaften kurdischen und türki-

schen Autoren, darunter Yasar Kemal, Asli Erdogan, Necmiye

Alpay und Mehmed Uzun, Stimmen zu hören gebracht, die von

Völkervertreibung erzählen, von der Erfahrung im Gefängnis und

im Exil. Gemeinsam mit dem AdS haben wir Briefe an sechs in

der Türkei inhaftierte Autorinnen und Autoren geschrieben und

Page 39: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

von zahlreichen Autorinnen und Autoren aus der Schweiz unter-

schreiben lassen. In diesen Briefen, die in der Türkei den Briefad-

ressaten überreicht wurden, haben wir unsere Solidarität mit ihnen

zum Ausdruck gebracht.

Im laufenden Jahr haben wir in Zusammenarbeit mit der Buch-

handlung mille et deux feuilles in Zürich ein Buch über die Lage

in Eritrea präsentiert, das unser Stipendiat Daniel Mekonnen her-

ausgegeben hat. Und an den Solothurner Literaturtagen dieses Jah-

res wird der im deutschen Exil lebende irakische Autor Najem

Wali aus seinem neuen Roman vorlesen.

Michael Guggenheimer

AUS DER ARBEIT DES VORSTANDS

An der diesjährigen Hauptversammlung, die wieder unmittelbar

vor der Jahresversammlung des AdS in Solothurn stattfindet, wird

es zu Neuwahlen kommen: Yusuf Yesilöz und Michael Guggen-

heimer treten nach fünf Jahren von ihren Ämtern zurück, werden

aber gerne dem neuen DSPZ-Vorstand bei Projekten zur Seite ste-

hen. Ein Jahr lang bestand der Vorstand aus nur drei Mitgliedern.

Weil Sabina Altermatt krankheitshalber zurückgetreten ist und

zwei Kolleginnen angesichts anderweitiger Engagements sich

nicht entschliessen konnten, dem Vorstand beizutreten, ist das In-

teresse von neuen Kolleginnen und Kollegen ein Lichtblick. Ein

grosser Dank gebührt Adi Blum, unserem Geschäftsführer und

Stefanie Nydegger, die im Sekretariat in Bern immer wieder aus-

hilft. Danke auch Evin Yesilöz, für die Mithilfe bei der Ausarbei-

tung von Gesuchen an Stiftungen.

Writers-in-Prison-Day

Am internationalen Writers in Prison-Tag 2017 war die syrische

Autorin Rosa Yassin Hassan unser Gast. Die Autorin lebt seit

Michael Guggenheimer, Präsident des DSPZ

Page 40: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

2012 als anerkannter Flüchtling in Hamburg.

Sie wurde 1974 in Damaskus geboren. Bereits in den 1990er-

Jahren begann sie während ihres Architekturstudiums zu schrei-

ben; daneben engagierte sie sich für Frauenrechte und gründete die

Organisation «Frauen für Demokratie». Ihr erstes Buch war eine

Erzählsammlung, es folgten vier Romane. „Ebenholz» und

«Wächter der Lüfte» liegen in deutscher Übersetzung beim Ala-

wi-Verlag vor.

Die Lesungen fanden am Festival Buchbasel im Literaturhaus Zü-

rich und im Haus der Religionen in Bern statt. Vor vollem Saal las

die Autorin aus ihren Texten und berichtete im Gespräch eindrück-

lich über die Situation der Menschen in Syrien seit Kriegsbeginn.

Ein Schwerpunkt ihrer Lesungen bildete ihre Bemühungen, den

syrischen Frauen eine Stimme zu geben.

Moderiert wurden die Veranstaltungen in Basel und Zürich von

Michael Guggenheimer und in Bern von Regula Mader.

Die Auftritte von Rosa Yassin stiessen in den Schweizer Medien

auf grosse Aufmerksamkeit.

Writers-in-Exile-Programm

Seit 2015 betreibt das DSPZ ein Writers in Exile-Programm. Be-

drohte SchriftstellerInnen finden bei uns Zuflucht, um in der

Schweiz in Sicherheit und Ruhe weiterarbeiten zu können. Das

DSPZ finanziert den Betroffenen für mindestens ein Jahr eine

Wohnung. Zusätzlich erhält unser Gast ein Stipendium, um die

Lebensunterhaltskosten zu bestreiten. Wir helfen den AutorInnen

im Alltag und unterstützen sie dabei, die Schweiz und deren Lite-

raturszene kennenzulernen.

Seit 2015 ist das DSPZ Mitglied von ICORN – dem internationa-

len Verbund von Städten, die verfolgten SchriftstellerInnen einen

sicheren Aufenthalt im Exil gewähren.

Finanziert wird das Writers-in-Exile-Programm zur Zeit zu ei-

nem grossen Teil aus Mitgliederbeiträgen, aber auch durch Gelder

der Stadt Luzern, der Stiftung Landis & Gyr, der Stiftung Tempe-

ratio, des ANNE FRANK FONDS und der Stiftung Pro Litteris.

Daniel Mekonnen hatte während seinem Aufenthalt 2015-2017

eine beachtliche lokale und nationale Medienpräsenz, unter ande-

rem auch in der Rundschau des Schweizer Fernsehens.

Das Stipendium von Daniel Mekonnen wurde am 1. November

Page 41: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

2017 beendet. Das DSPZ produzierte als Abschluss und in Zu-

sammenarbeit mit PEN Österreich und PEN Eritrea eine Antholo-

gie, die während seines Aufenthalts in Luzern entstand:

Uncensored Voices: Essays, Poems, and Art Works by Exiled Erit-

reans.

Das Writers-in-Exile-Programm stösst in der Öffentlichkeit auf

viel positive Resonanz. Die Medien (u.a. NZZ, Bund, WOZ) be-

richteten ausführlich und interessiert über das Programm und den

Stipendiaten, Daniel Mekonnen.

Nach einer zweijährigen Pilotphase in Luzern möchte das DSPZ

nun das Programm ab 2018 in der Stadt Bern weiterführen. Zu

diesem Entscheid haben vielfältige Gründe geführt, nicht zuletzt

aber die Tatsache, dass sich eine Zusammenarbeit mit der Hoch-

schule der Künste in Bern anbahnt und die Geschäftsstelle des

DSPZ in der Hauptstadt liegt.

Vollversammlung PEN International in Lviv (18. – 22. September 2017)

Die Lage der AutorInnen und JournalistInnen in der Türkei, in

China, in Venezuela, in der Ukraine und in Afrika sowie die Wahl

der neuen Vorstandsmitglieder waren die zentralen Themen der

83. Jahrestagung von PEN-International in Lviv, Ukraine.

Prominente Gesichter wie die engagierte Iman Humaydan aus dem

Libanon und Margie Orford aus Südafrika sind in den erweiterten

Vorstand aufgenommen worden. Die neue Vize-Präsidentin ist die

Dichterin Judith Rodriguez aus Australien.

Mehr als 15 Resolutionen sind in Lviv verabschiedet worden, so

beispielsweise die Resolution für die Verurteilung von Hassreden,

die Resolution gegen die Kriminalisierung der AutorInnen in Vi-

etnam oder die Resolution für die Verurteilung der misslichen La-

ge der AutorInnen und JournalistInnen in der Ukraine.

Besonders aufmerksam wurde die Situation von AutorInnen, Me-

dienschaffenden und MenschenrechtsaktivistInnen in der Türkei

behandelt. Zahlreiche Verbrechen an KurdInnen und die Zerstö-

rung deren Städte durch die türkische Armee wurden am Kongress

beschrieben. Der belgische PEN hatte aus diesem Anlass Erzäh-

lungen von türkischen Betroffenen publiziert und möchte diese in

zahlreiche Sprachen übersetzen lassen.

Eindrücklich erzählte die Vertreterin des chinesischen Exil-PEN

Page 42: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

von der Zeit nach dem Tod von Friedensnobelpreisträger Liu

Xiaobo. Der Menschenrechtsaktivist ist im Juli 2017 in Haft ge-

ben. Entschieden verurteilte sie das menschenunwürdige Verhalten

der chinesischen Regierung, die es Familie und Freunden nicht

erlaubte, vom Verstorbenen Abschied zu nehmen. Zudem sprach

die engagierte Vertreterin von einer hoffnungslosen Situation für

DissidentInnen in China. Da China eine aufsteigende Wirt-

schaftsmacht sei, werden die Menschrechtsverletzungen vom Rest

der Welt ignoriert. Ihre bewegende Rede schloss sie mit den Wor-

ten: „Ich habe die Kraft nicht, gegen den chinesischen Staat zu

kämpfen, aber ich kann schreiben und auf die Geschehnisse hin-

weisen.“

Der nächste PEN Kongress wird 2018 in Pune, Indien, stattfinden.

Der Anlass soll im „Sinne Gandhis“ stehen, der im kommenden

Jahr seinen 150. Geburtstag feiert.

BERICHT DER GESCHÄFTSSTELLE

Mitglieder

Das DSPZ hat aktuell 195 Mitglieder und 13 Freunde. Zu den

Freunden zählen Institutionen sowie Personen, die unsere Anlie-

gen unterstützen, selbst jedoch keine Schriftsteller sind. Seit der

letzten Jahresversammlung sind Albert Fischer, Pablo Haller, Etrit

Hasler, Annette Hug und Stefan Keller neu als Mitglieder beige-

treten.

Ausgetreten sind Peter Gisi, Silvio Huonder, Bettina Wegenast

und Mario Böni. Das Mitglied Jacqueline Crevoisier ist verstor-

ben.

Finanzen

Die Jahresrechnung 2017 schliesst mit einem Verlust von

CHF 643,27 ab. Die Einnahmen durch die Mitgliederbeiträge kom-

men vollumfänglich unseren Projekten zugute, da der Vorstand eh-

renamtlich arbeitet. Der Erlös der Writers in Prison-Veranstaltung

wird jeweils dem PEN Emergency Fund überwiesen. Verantwortlich

für die Finanzen und die Geschäftsstelle an der Burgunderstrasse 13a

in Bern ist das Vorstandsmitglied Adi Blum.

Page 43: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

EINLEITENDE WORTE

Das vergangene Jahr war in Sachen Menschenrechte wiederum

kein freundliches Jahr. Autokraten in Ungarn, Polen, in der Tür-

kei, in Russland und in den USA haben immer wieder gezeigt, wie

wenig sie von der kritischen Berichterstattung in den Medien, von

der Freiheit des Wortes und von den Menschenrechten halten. Ge-

schlossene Grenzen, die Rückführung von Flüchtlingen, die Miss-

achtung der Judikative und die Inhaftierung von Autoren und Me-

dienschaffenden in diesen Ländern sind alarmierend. Leider ist

keine Änderung in Sicht. Sorge macht der Blick in westeuropäi-

sche Länder, wo sich Populisten immer mehr Gehör verschaffen.

Gerade uns Schreibende bereitet die Krise der Qualitätsmedien

Sorgen. Die NO-Billag Abstimmung vom Frühling bot Gelegen-

heit, sich für eine qualitätsvolle, unabhängige Berichterstattung in

Radio und Fernsehen in unserem Land einzusetzen. Die Art und

Weise wie mit den Daten der Nutzerinnen und Nutzern der Social

Media umgegangen wird, ist alles andere als beruhigend.

Von Erfolg und von Misserfolg des DSPZ ist zu berichten. Zwei

Jahresbericht 2017 www.pen-dschweiz.ch

Vorstand DeutschSchweizer PEN Zentrum DSPZ

Adi Blum, Michael Guggenheimer und Yusuf Yesilöz

Page 44: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

Jahre lang war der eritreische Lyriker, Jurist und Menschenrechts-

aktivist Daniel Mekonnen Gast in unserer Wohnung in Luzern.

Dank eines Entgegenkommens der dortigen Stadtverwaltung

konnten wir ihm, der nicht in seine Heimat zurück kann, die Mög-

lichkeit anbieten, in der Schweiz ungestört seiner Arbeit nachzu-

gehen. In Vorträgen vor SchülerInnen und StudentInnen sowie in

Expertengesprächen hat er immer wieder auf die Lage der Men-

schenrechte in seinem Land sowie in anderen afrikanischen Län-

dern hingewiesen. Eine Zeitlang hatte es so ausgesehen, als müsste

Mekonnen die Schweiz wieder verlassen. Unseren Kontakten mit

Rechtsanwälten, die sich in Asylfragen besonders gut auskennen,

ist zu verdanken, dass Daniel Mekonnen gegen Ende 2017 den

Bescheid erhalten hat, wonach er in der Schweiz bleiben darf!

Darüber sind wir sehr froh.

Kaum war klar, dass die Wohnung in Luzern ab Ende 2017 wieder

frei wird, wollten wir dank unserer Mitgliedschaft bei ICORN,

dem Internationalen Netzwerk Städte der Zuflucht, einem Autor

aus dem Irak die Möglichkeit bieten, seiner Arbeit in Sicherheit

nachgehen zu können. Weil die Behörden des Kantons Luzern

nicht bereit waren, ihm eine Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen,

mussten wir dieses Vorhaben zu unserem grossen Bedauern vor-

erst aufgeben. Das Writers in Exile-Programm geht aber trotzdem

weiter.

Mehrfach haben wir im vergangenen Jahr auf die Lage verfolgter

Autorinnen und Autoren aufmerksam gemacht. Sei es in Medien-

mitteilungen oder auch in den Social Media. Aber auch an Veran-

staltungen haben wir uns wiederholt an die Öffentlichkeit ge-

wandt. Sei es am Writers in Prison Day, an dem wir in Zürich, Ba-

sel und Bern jeweils im November eine Autorin oder einen Autor

aus einem Land einladen, in dem die Möglichkeit der freien Mei-

nungsäusserung bedroht oder nicht möglich ist. Im vergangenen

Jahr war es die exilierte syrische Autorin Rosa Yassin Hassan. An

den Solothurner Literaturtagen haben die Autorin Alice Grünfelder

und Autor und DSPZ-Vorstandsmitglied Yusuf Yesilöz mit einem

Streifzug durch die Literatur mit namhaften kurdischen und türki-

schen Autoren, darunter Yasar Kemal, Asli Erdogan, Necmiye

Alpay und Mehmed Uzun, Stimmen zu hören gebracht, die von

Völkervertreibung erzählen, von der Erfahrung im Gefängnis und

im Exil. Gemeinsam mit dem AdS haben wir Briefe an sechs in

der Türkei inhaftierte Autorinnen und Autoren geschrieben und

Page 45: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

von zahlreichen Autorinnen und Autoren aus der Schweiz unter-

schreiben lassen. In diesen Briefen, die in der Türkei den Briefad-

ressaten überreicht wurden, haben wir unsere Solidarität mit ihnen

zum Ausdruck gebracht.

Im laufenden Jahr haben wir in Zusammenarbeit mit der Buch-

handlung mille et deux feuilles in Zürich ein Buch über die Lage

in Eritrea präsentiert, das unser Stipendiat Daniel Mekonnen her-

ausgegeben hat. Und an den Solothurner Literaturtagen dieses Jah-

res wird der im deutschen Exil lebende irakische Autor Najem

Wali aus seinem neuen Roman vorlesen.

Michael Guggenheimer

AUS DER ARBEIT DES VORSTANDS

An der diesjährigen Hauptversammlung, die wieder unmittelbar

vor der Jahresversammlung des AdS in Solothurn stattfindet, wird

es zu Neuwahlen kommen: Yusuf Yesilöz und Michael Guggen-

heimer treten nach fünf Jahren von ihren Ämtern zurück, werden

aber gerne dem neuen DSPZ-Vorstand bei Projekten zur Seite ste-

hen. Ein Jahr lang bestand der Vorstand aus nur drei Mitgliedern.

Weil Sabina Altermatt krankheitshalber zurückgetreten ist und

zwei Kolleginnen angesichts anderweitiger Engagements sich

nicht entschliessen konnten, dem Vorstand beizutreten, ist das In-

teresse von neuen Kolleginnen und Kollegen ein Lichtblick. Ein

grosser Dank gebührt Adi Blum, unserem Geschäftsführer und

Stefanie Nydegger, die im Sekretariat in Bern immer wieder aus-

hilft. Danke auch Evin Yesilöz, für die Mithilfe bei der Ausarbei-

tung von Gesuchen an Stiftungen.

Writers-in-Prison-Day

Am internationalen Writers in Prison-Tag 2017 war die syrische

Autorin Rosa Yassin Hassan unser Gast. Die Autorin lebt seit

Michael Guggenheimer, Präsident des DSPZ

Page 46: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

2012 als anerkannter Flüchtling in Hamburg.

Sie wurde 1974 in Damaskus geboren. Bereits in den 1990er-

Jahren begann sie während ihres Architekturstudiums zu schrei-

ben; daneben engagierte sie sich für Frauenrechte und gründete die

Organisation «Frauen für Demokratie». Ihr erstes Buch war eine

Erzählsammlung, es folgten vier Romane. „Ebenholz» und

«Wächter der Lüfte» liegen in deutscher Übersetzung beim Ala-

wi-Verlag vor.

Die Lesungen fanden am Festival Buchbasel im Literaturhaus Zü-

rich und im Haus der Religionen in Bern statt. Vor vollem Saal las

die Autorin aus ihren Texten und berichtete im Gespräch eindrück-

lich über die Situation der Menschen in Syrien seit Kriegsbeginn.

Ein Schwerpunkt ihrer Lesungen bildete ihre Bemühungen, den

syrischen Frauen eine Stimme zu geben.

Moderiert wurden die Veranstaltungen in Basel und Zürich von

Michael Guggenheimer und in Bern von Regula Mader.

Die Auftritte von Rosa Yassin stiessen in den Schweizer Medien

auf grosse Aufmerksamkeit.

Writers-in-Exile-Programm

Seit 2015 betreibt das DSPZ ein Writers in Exile-Programm. Be-

drohte SchriftstellerInnen finden bei uns Zuflucht, um in der

Schweiz in Sicherheit und Ruhe weiterarbeiten zu können. Das

DSPZ finanziert den Betroffenen für mindestens ein Jahr eine

Wohnung. Zusätzlich erhält unser Gast ein Stipendium, um die

Lebensunterhaltskosten zu bestreiten. Wir helfen den AutorInnen

im Alltag und unterstützen sie dabei, die Schweiz und deren Lite-

raturszene kennenzulernen.

Seit 2015 ist das DSPZ Mitglied von ICORN – dem internationa-

len Verbund von Städten, die verfolgten SchriftstellerInnen einen

sicheren Aufenthalt im Exil gewähren.

Finanziert wird das Writers-in-Exile-Programm zur Zeit zu ei-

nem grossen Teil aus Mitgliederbeiträgen, aber auch durch Gelder

der Stadt Luzern, der Stiftung Landis & Gyr, der Stiftung Tempe-

ratio, des ANNE FRANK FONDS und der Stiftung Pro Litteris.

Daniel Mekonnen hatte während seinem Aufenthalt 2015-2017

eine beachtliche lokale und nationale Medienpräsenz, unter ande-

rem auch in der Rundschau des Schweizer Fernsehens.

Das Stipendium von Daniel Mekonnen wurde am 1. November

Page 47: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

2017 beendet. Das DSPZ produzierte als Abschluss und in Zu-

sammenarbeit mit PEN Österreich und PEN Eritrea eine Antholo-

gie, die während seines Aufenthalts in Luzern entstand:

Uncensored Voices: Essays, Poems, and Art Works by Exiled Erit-

reans.

Das Writers-in-Exile-Programm stösst in der Öffentlichkeit auf

viel positive Resonanz. Die Medien (u.a. NZZ, Bund, WOZ) be-

richteten ausführlich und interessiert über das Programm und den

Stipendiaten, Daniel Mekonnen.

Nach einer zweijährigen Pilotphase in Luzern möchte das DSPZ

nun das Programm ab 2018 in der Stadt Bern weiterführen. Zu

diesem Entscheid haben vielfältige Gründe geführt, nicht zuletzt

aber die Tatsache, dass sich eine Zusammenarbeit mit der Hoch-

schule der Künste in Bern anbahnt und die Geschäftsstelle des

DSPZ in der Hauptstadt liegt.

Vollversammlung PEN International in Lviv (18. – 22. September 2017)

Die Lage der AutorInnen und JournalistInnen in der Türkei, in

China, in Venezuela, in der Ukraine und in Afrika sowie die Wahl

der neuen Vorstandsmitglieder waren die zentralen Themen der

83. Jahrestagung von PEN-International in Lviv, Ukraine.

Prominente Gesichter wie die engagierte Iman Humaydan aus dem

Libanon und Margie Orford aus Südafrika sind in den erweiterten

Vorstand aufgenommen worden. Die neue Vize-Präsidentin ist die

Dichterin Judith Rodriguez aus Australien.

Mehr als 15 Resolutionen sind in Lviv verabschiedet worden, so

beispielsweise die Resolution für die Verurteilung von Hassreden,

die Resolution gegen die Kriminalisierung der AutorInnen in Vi-

etnam oder die Resolution für die Verurteilung der misslichen La-

ge der AutorInnen und JournalistInnen in der Ukraine.

Besonders aufmerksam wurde die Situation von AutorInnen, Me-

dienschaffenden und MenschenrechtsaktivistInnen in der Türkei

behandelt. Zahlreiche Verbrechen an KurdInnen und die Zerstö-

rung deren Städte durch die türkische Armee wurden am Kongress

beschrieben. Der belgische PEN hatte aus diesem Anlass Erzäh-

lungen von türkischen Betroffenen publiziert und möchte diese in

zahlreiche Sprachen übersetzen lassen.

Eindrücklich erzählte die Vertreterin des chinesischen Exil-PEN

Page 48: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

von der Zeit nach dem Tod von Friedensnobelpreisträger Liu

Xiaobo. Der Menschenrechtsaktivist ist im Juli 2017 in Haft ge-

ben. Entschieden verurteilte sie das menschenunwürdige Verhalten

der chinesischen Regierung, die es Familie und Freunden nicht

erlaubte, vom Verstorbenen Abschied zu nehmen. Zudem sprach

die engagierte Vertreterin von einer hoffnungslosen Situation für

DissidentInnen in China. Da China eine aufsteigende Wirt-

schaftsmacht sei, werden die Menschrechtsverletzungen vom Rest

der Welt ignoriert. Ihre bewegende Rede schloss sie mit den Wor-

ten: „Ich habe die Kraft nicht, gegen den chinesischen Staat zu

kämpfen, aber ich kann schreiben und auf die Geschehnisse hin-

weisen.“

Der nächste PEN Kongress wird 2018 in Pune, Indien, stattfinden.

Der Anlass soll im „Sinne Gandhis“ stehen, der im kommenden

Jahr seinen 150. Geburtstag feiert.

BERICHT DER GESCHÄFTSSTELLE

Mitglieder

Das DSPZ hat aktuell 195 Mitglieder und 13 Freunde. Zu den

Freunden zählen Institutionen sowie Personen, die unsere Anlie-

gen unterstützen, selbst jedoch keine Schriftsteller sind. Seit der

letzten Jahresversammlung sind Albert Fischer, Pablo Haller, Etrit

Hasler, Annette Hug und Stefan Keller neu als Mitglieder beige-

treten.

Ausgetreten sind Peter Gisi, Silvio Huonder, Bettina Wegenast

und Mario Böni. Das Mitglied Jacqueline Crevoisier ist verstor-

ben.

Finanzen

Die Jahresrechnung 2017 schliesst mit einem Verlust von

CHF 643,27 ab. Die Einnahmen durch die Mitgliederbeiträge kom-

men vollumfänglich unseren Projekten zugute, da der Vorstand eh-

renamtlich arbeitet. Der Erlös der Writers in Prison-Veranstaltung

wird jeweils dem PEN Emergency Fund überwiesen. Verantwortlich

für die Finanzen und die Geschäftsstelle an der Burgunderstrasse 13a

in Bern ist das Vorstandsmitglied Adi Blum.

Page 49: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

EINLEITENDE WORTE

Das vergangene Jahr war in Sachen Menschenrechte wiederum

kein freundliches Jahr. Autokraten in Ungarn, Polen, in der Tür-

kei, in Russland und in den USA haben immer wieder gezeigt, wie

wenig sie von der kritischen Berichterstattung in den Medien, von

der Freiheit des Wortes und von den Menschenrechten halten. Ge-

schlossene Grenzen, die Rückführung von Flüchtlingen, die Miss-

achtung der Judikative und die Inhaftierung von Autoren und Me-

dienschaffenden in diesen Ländern sind alarmierend. Leider ist

keine Änderung in Sicht. Sorge macht der Blick in westeuropäi-

sche Länder, wo sich Populisten immer mehr Gehör verschaffen.

Gerade uns Schreibende bereitet die Krise der Qualitätsmedien

Sorgen. Die NO-Billag Abstimmung vom Frühling bot Gelegen-

heit, sich für eine qualitätsvolle, unabhängige Berichterstattung in

Radio und Fernsehen in unserem Land einzusetzen. Die Art und

Weise wie mit den Daten der Nutzerinnen und Nutzern der Social

Media umgegangen wird, ist alles andere als beruhigend.

Von Erfolg und von Misserfolg des DSPZ ist zu berichten. Zwei

Jahresbericht 2017 www.pen-dschweiz.ch

Vorstand DeutschSchweizer PEN Zentrum DSPZ

Adi Blum, Michael Guggenheimer und Yusuf Yesilöz

Page 50: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

Jahre lang war der eritreische Lyriker, Jurist und Menschenrechts-

aktivist Daniel Mekonnen Gast in unserer Wohnung in Luzern.

Dank eines Entgegenkommens der dortigen Stadtverwaltung

konnten wir ihm, der nicht in seine Heimat zurück kann, die Mög-

lichkeit anbieten, in der Schweiz ungestört seiner Arbeit nachzu-

gehen. In Vorträgen vor SchülerInnen und StudentInnen sowie in

Expertengesprächen hat er immer wieder auf die Lage der Men-

schenrechte in seinem Land sowie in anderen afrikanischen Län-

dern hingewiesen. Eine Zeitlang hatte es so ausgesehen, als müsste

Mekonnen die Schweiz wieder verlassen. Unseren Kontakten mit

Rechtsanwälten, die sich in Asylfragen besonders gut auskennen,

ist zu verdanken, dass Daniel Mekonnen gegen Ende 2017 den

Bescheid erhalten hat, wonach er in der Schweiz bleiben darf!

Darüber sind wir sehr froh.

Kaum war klar, dass die Wohnung in Luzern ab Ende 2017 wieder

frei wird, wollten wir dank unserer Mitgliedschaft bei ICORN,

dem Internationalen Netzwerk Städte der Zuflucht, einem Autor

aus dem Irak die Möglichkeit bieten, seiner Arbeit in Sicherheit

nachgehen zu können. Weil die Behörden des Kantons Luzern

nicht bereit waren, ihm eine Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen,

mussten wir dieses Vorhaben zu unserem grossen Bedauern vor-

erst aufgeben. Das Writers in Exile-Programm geht aber trotzdem

weiter.

Mehrfach haben wir im vergangenen Jahr auf die Lage verfolgter

Autorinnen und Autoren aufmerksam gemacht. Sei es in Medien-

mitteilungen oder auch in den Social Media. Aber auch an Veran-

staltungen haben wir uns wiederholt an die Öffentlichkeit ge-

wandt. Sei es am Writers in Prison Day, an dem wir in Zürich, Ba-

sel und Bern jeweils im November eine Autorin oder einen Autor

aus einem Land einladen, in dem die Möglichkeit der freien Mei-

nungsäusserung bedroht oder nicht möglich ist. Im vergangenen

Jahr war es die exilierte syrische Autorin Rosa Yassin Hassan. An

den Solothurner Literaturtagen haben die Autorin Alice Grünfelder

und Autor und DSPZ-Vorstandsmitglied Yusuf Yesilöz mit einem

Streifzug durch die Literatur mit namhaften kurdischen und türki-

schen Autoren, darunter Yasar Kemal, Asli Erdogan, Necmiye

Alpay und Mehmed Uzun, Stimmen zu hören gebracht, die von

Völkervertreibung erzählen, von der Erfahrung im Gefängnis und

im Exil. Gemeinsam mit dem AdS haben wir Briefe an sechs in

der Türkei inhaftierte Autorinnen und Autoren geschrieben und

Page 51: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

von zahlreichen Autorinnen und Autoren aus der Schweiz unter-

schreiben lassen. In diesen Briefen, die in der Türkei den Briefad-

ressaten überreicht wurden, haben wir unsere Solidarität mit ihnen

zum Ausdruck gebracht.

Im laufenden Jahr haben wir in Zusammenarbeit mit der Buch-

handlung mille et deux feuilles in Zürich ein Buch über die Lage

in Eritrea präsentiert, das unser Stipendiat Daniel Mekonnen her-

ausgegeben hat. Und an den Solothurner Literaturtagen dieses Jah-

res wird der im deutschen Exil lebende irakische Autor Najem

Wali aus seinem neuen Roman vorlesen.

Michael Guggenheimer

AUS DER ARBEIT DES VORSTANDS

An der diesjährigen Hauptversammlung, die wieder unmittelbar

vor der Jahresversammlung des AdS in Solothurn stattfindet, wird

es zu Neuwahlen kommen: Yusuf Yesilöz und Michael Guggen-

heimer treten nach fünf Jahren von ihren Ämtern zurück, werden

aber gerne dem neuen DSPZ-Vorstand bei Projekten zur Seite ste-

hen. Ein Jahr lang bestand der Vorstand aus nur drei Mitgliedern.

Weil Sabina Altermatt krankheitshalber zurückgetreten ist und

zwei Kolleginnen angesichts anderweitiger Engagements sich

nicht entschliessen konnten, dem Vorstand beizutreten, ist das In-

teresse von neuen Kolleginnen und Kollegen ein Lichtblick. Ein

grosser Dank gebührt Adi Blum, unserem Geschäftsführer und

Stefanie Nydegger, die im Sekretariat in Bern immer wieder aus-

hilft. Danke auch Evin Yesilöz, für die Mithilfe bei der Ausarbei-

tung von Gesuchen an Stiftungen.

Writers-in-Prison-Day

Am internationalen Writers in Prison-Tag 2017 war die syrische

Autorin Rosa Yassin Hassan unser Gast. Die Autorin lebt seit

Michael Guggenheimer, Präsident des DSPZ

Page 52: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

2012 als anerkannter Flüchtling in Hamburg.

Sie wurde 1974 in Damaskus geboren. Bereits in den 1990er-

Jahren begann sie während ihres Architekturstudiums zu schrei-

ben; daneben engagierte sie sich für Frauenrechte und gründete die

Organisation «Frauen für Demokratie». Ihr erstes Buch war eine

Erzählsammlung, es folgten vier Romane. „Ebenholz» und

«Wächter der Lüfte» liegen in deutscher Übersetzung beim Ala-

wi-Verlag vor.

Die Lesungen fanden am Festival Buchbasel im Literaturhaus Zü-

rich und im Haus der Religionen in Bern statt. Vor vollem Saal las

die Autorin aus ihren Texten und berichtete im Gespräch eindrück-

lich über die Situation der Menschen in Syrien seit Kriegsbeginn.

Ein Schwerpunkt ihrer Lesungen bildete ihre Bemühungen, den

syrischen Frauen eine Stimme zu geben.

Moderiert wurden die Veranstaltungen in Basel und Zürich von

Michael Guggenheimer und in Bern von Regula Mader.

Die Auftritte von Rosa Yassin stiessen in den Schweizer Medien

auf grosse Aufmerksamkeit.

Writers-in-Exile-Programm

Seit 2015 betreibt das DSPZ ein Writers in Exile-Programm. Be-

drohte SchriftstellerInnen finden bei uns Zuflucht, um in der

Schweiz in Sicherheit und Ruhe weiterarbeiten zu können. Das

DSPZ finanziert den Betroffenen für mindestens ein Jahr eine

Wohnung. Zusätzlich erhält unser Gast ein Stipendium, um die

Lebensunterhaltskosten zu bestreiten. Wir helfen den AutorInnen

im Alltag und unterstützen sie dabei, die Schweiz und deren Lite-

raturszene kennenzulernen.

Seit 2015 ist das DSPZ Mitglied von ICORN – dem internationa-

len Verbund von Städten, die verfolgten SchriftstellerInnen einen

sicheren Aufenthalt im Exil gewähren.

Finanziert wird das Writers-in-Exile-Programm zur Zeit zu ei-

nem grossen Teil aus Mitgliederbeiträgen, aber auch durch Gelder

der Stadt Luzern, der Stiftung Landis & Gyr, der Stiftung Tempe-

ratio, des ANNE FRANK FONDS und der Stiftung Pro Litteris.

Daniel Mekonnen hatte während seinem Aufenthalt 2015-2017

eine beachtliche lokale und nationale Medienpräsenz, unter ande-

rem auch in der Rundschau des Schweizer Fernsehens.

Das Stipendium von Daniel Mekonnen wurde am 1. November

Page 53: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

2017 beendet. Das DSPZ produzierte als Abschluss und in Zu-

sammenarbeit mit PEN Österreich und PEN Eritrea eine Antholo-

gie, die während seines Aufenthalts in Luzern entstand:

Uncensored Voices: Essays, Poems, and Art Works by Exiled Erit-

reans.

Das Writers-in-Exile-Programm stösst in der Öffentlichkeit auf

viel positive Resonanz. Die Medien (u.a. NZZ, Bund, WOZ) be-

richteten ausführlich und interessiert über das Programm und den

Stipendiaten, Daniel Mekonnen.

Nach einer zweijährigen Pilotphase in Luzern möchte das DSPZ

nun das Programm ab 2018 in der Stadt Bern weiterführen. Zu

diesem Entscheid haben vielfältige Gründe geführt, nicht zuletzt

aber die Tatsache, dass sich eine Zusammenarbeit mit der Hoch-

schule der Künste in Bern anbahnt und die Geschäftsstelle des

DSPZ in der Hauptstadt liegt.

Vollversammlung PEN International in Lviv (18. – 22. September 2017)

Die Lage der AutorInnen und JournalistInnen in der Türkei, in

China, in Venezuela, in der Ukraine und in Afrika sowie die Wahl

der neuen Vorstandsmitglieder waren die zentralen Themen der

83. Jahrestagung von PEN-International in Lviv, Ukraine.

Prominente Gesichter wie die engagierte Iman Humaydan aus dem

Libanon und Margie Orford aus Südafrika sind in den erweiterten

Vorstand aufgenommen worden. Die neue Vize-Präsidentin ist die

Dichterin Judith Rodriguez aus Australien.

Mehr als 15 Resolutionen sind in Lviv verabschiedet worden, so

beispielsweise die Resolution für die Verurteilung von Hassreden,

die Resolution gegen die Kriminalisierung der AutorInnen in Vi-

etnam oder die Resolution für die Verurteilung der misslichen La-

ge der AutorInnen und JournalistInnen in der Ukraine.

Besonders aufmerksam wurde die Situation von AutorInnen, Me-

dienschaffenden und MenschenrechtsaktivistInnen in der Türkei

behandelt. Zahlreiche Verbrechen an KurdInnen und die Zerstö-

rung deren Städte durch die türkische Armee wurden am Kongress

beschrieben. Der belgische PEN hatte aus diesem Anlass Erzäh-

lungen von türkischen Betroffenen publiziert und möchte diese in

zahlreiche Sprachen übersetzen lassen.

Eindrücklich erzählte die Vertreterin des chinesischen Exil-PEN

Page 54: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

von der Zeit nach dem Tod von Friedensnobelpreisträger Liu

Xiaobo. Der Menschenrechtsaktivist ist im Juli 2017 in Haft ge-

ben. Entschieden verurteilte sie das menschenunwürdige Verhalten

der chinesischen Regierung, die es Familie und Freunden nicht

erlaubte, vom Verstorbenen Abschied zu nehmen. Zudem sprach

die engagierte Vertreterin von einer hoffnungslosen Situation für

DissidentInnen in China. Da China eine aufsteigende Wirt-

schaftsmacht sei, werden die Menschrechtsverletzungen vom Rest

der Welt ignoriert. Ihre bewegende Rede schloss sie mit den Wor-

ten: „Ich habe die Kraft nicht, gegen den chinesischen Staat zu

kämpfen, aber ich kann schreiben und auf die Geschehnisse hin-

weisen.“

Der nächste PEN Kongress wird 2018 in Pune, Indien, stattfinden.

Der Anlass soll im „Sinne Gandhis“ stehen, der im kommenden

Jahr seinen 150. Geburtstag feiert.

BERICHT DER GESCHÄFTSSTELLE

Mitglieder

Das DSPZ hat aktuell 195 Mitglieder und 13 Freunde. Zu den

Freunden zählen Institutionen sowie Personen, die unsere Anlie-

gen unterstützen, selbst jedoch keine Schriftsteller sind. Seit der

letzten Jahresversammlung sind Albert Fischer, Pablo Haller, Etrit

Hasler, Annette Hug und Stefan Keller neu als Mitglieder beige-

treten.

Ausgetreten sind Peter Gisi, Silvio Huonder, Bettina Wegenast

und Mario Böni. Das Mitglied Jacqueline Crevoisier ist verstor-

ben.

Finanzen

Die Jahresrechnung 2017 schliesst mit einem Verlust von

CHF 643,27 ab. Die Einnahmen durch die Mitgliederbeiträge kom-

men vollumfänglich unseren Projekten zugute, da der Vorstand eh-

renamtlich arbeitet. Der Erlös der Writers in Prison-Veranstaltung

wird jeweils dem PEN Emergency Fund überwiesen. Verantwortlich

für die Finanzen und die Geschäftsstelle an der Burgunderstrasse 13a

in Bern ist das Vorstandsmitglied Adi Blum.

Page 55: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

EINLEITENDE WORTE

Das vergangene Jahr war in Sachen Menschenrechte wiederum

kein freundliches Jahr. Autokraten in Ungarn, Polen, in der Tür-

kei, in Russland und in den USA haben immer wieder gezeigt, wie

wenig sie von der kritischen Berichterstattung in den Medien, von

der Freiheit des Wortes und von den Menschenrechten halten. Ge-

schlossene Grenzen, die Rückführung von Flüchtlingen, die Miss-

achtung der Judikative und die Inhaftierung von Autoren und Me-

dienschaffenden in diesen Ländern sind alarmierend. Leider ist

keine Änderung in Sicht. Sorge macht der Blick in westeuropäi-

sche Länder, wo sich Populisten immer mehr Gehör verschaffen.

Gerade uns Schreibende bereitet die Krise der Qualitätsmedien

Sorgen. Die NO-Billag Abstimmung vom Frühling bot Gelegen-

heit, sich für eine qualitätsvolle, unabhängige Berichterstattung in

Radio und Fernsehen in unserem Land einzusetzen. Die Art und

Weise wie mit den Daten der Nutzerinnen und Nutzern der Social

Media umgegangen wird, ist alles andere als beruhigend.

Von Erfolg und von Misserfolg des DSPZ ist zu berichten. Zwei

Jahresbericht 2017 www.pen-dschweiz.ch

Vorstand DeutschSchweizer PEN Zentrum DSPZ

Adi Blum, Michael Guggenheimer und Yusuf Yesilöz

Page 56: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

Jahre lang war der eritreische Lyriker, Jurist und Menschenrechts-

aktivist Daniel Mekonnen Gast in unserer Wohnung in Luzern.

Dank eines Entgegenkommens der dortigen Stadtverwaltung

konnten wir ihm, der nicht in seine Heimat zurück kann, die Mög-

lichkeit anbieten, in der Schweiz ungestört seiner Arbeit nachzu-

gehen. In Vorträgen vor SchülerInnen und StudentInnen sowie in

Expertengesprächen hat er immer wieder auf die Lage der Men-

schenrechte in seinem Land sowie in anderen afrikanischen Län-

dern hingewiesen. Eine Zeitlang hatte es so ausgesehen, als müsste

Mekonnen die Schweiz wieder verlassen. Unseren Kontakten mit

Rechtsanwälten, die sich in Asylfragen besonders gut auskennen,

ist zu verdanken, dass Daniel Mekonnen gegen Ende 2017 den

Bescheid erhalten hat, wonach er in der Schweiz bleiben darf!

Darüber sind wir sehr froh.

Kaum war klar, dass die Wohnung in Luzern ab Ende 2017 wieder

frei wird, wollten wir dank unserer Mitgliedschaft bei ICORN,

dem Internationalen Netzwerk Städte der Zuflucht, einem Autor

aus dem Irak die Möglichkeit bieten, seiner Arbeit in Sicherheit

nachgehen zu können. Weil die Behörden des Kantons Luzern

nicht bereit waren, ihm eine Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen,

mussten wir dieses Vorhaben zu unserem grossen Bedauern vor-

erst aufgeben. Das Writers in Exile-Programm geht aber trotzdem

weiter.

Mehrfach haben wir im vergangenen Jahr auf die Lage verfolgter

Autorinnen und Autoren aufmerksam gemacht. Sei es in Medien-

mitteilungen oder auch in den Social Media. Aber auch an Veran-

staltungen haben wir uns wiederholt an die Öffentlichkeit ge-

wandt. Sei es am Writers in Prison Day, an dem wir in Zürich, Ba-

sel und Bern jeweils im November eine Autorin oder einen Autor

aus einem Land einladen, in dem die Möglichkeit der freien Mei-

nungsäusserung bedroht oder nicht möglich ist. Im vergangenen

Jahr war es die exilierte syrische Autorin Rosa Yassin Hassan. An

den Solothurner Literaturtagen haben die Autorin Alice Grünfelder

und Autor und DSPZ-Vorstandsmitglied Yusuf Yesilöz mit einem

Streifzug durch die Literatur mit namhaften kurdischen und türki-

schen Autoren, darunter Yasar Kemal, Asli Erdogan, Necmiye

Alpay und Mehmed Uzun, Stimmen zu hören gebracht, die von

Völkervertreibung erzählen, von der Erfahrung im Gefängnis und

im Exil. Gemeinsam mit dem AdS haben wir Briefe an sechs in

der Türkei inhaftierte Autorinnen und Autoren geschrieben und

Page 57: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

von zahlreichen Autorinnen und Autoren aus der Schweiz unter-

schreiben lassen. In diesen Briefen, die in der Türkei den Briefad-

ressaten überreicht wurden, haben wir unsere Solidarität mit ihnen

zum Ausdruck gebracht.

Im laufenden Jahr haben wir in Zusammenarbeit mit der Buch-

handlung mille et deux feuilles in Zürich ein Buch über die Lage

in Eritrea präsentiert, das unser Stipendiat Daniel Mekonnen her-

ausgegeben hat. Und an den Solothurner Literaturtagen dieses Jah-

res wird der im deutschen Exil lebende irakische Autor Najem

Wali aus seinem neuen Roman vorlesen.

Michael Guggenheimer

AUS DER ARBEIT DES VORSTANDS

An der diesjährigen Hauptversammlung, die wieder unmittelbar

vor der Jahresversammlung des AdS in Solothurn stattfindet, wird

es zu Neuwahlen kommen: Yusuf Yesilöz und Michael Guggen-

heimer treten nach fünf Jahren von ihren Ämtern zurück, werden

aber gerne dem neuen DSPZ-Vorstand bei Projekten zur Seite ste-

hen. Ein Jahr lang bestand der Vorstand aus nur drei Mitgliedern.

Weil Sabina Altermatt krankheitshalber zurückgetreten ist und

zwei Kolleginnen angesichts anderweitiger Engagements sich

nicht entschliessen konnten, dem Vorstand beizutreten, ist das In-

teresse von neuen Kolleginnen und Kollegen ein Lichtblick. Ein

grosser Dank gebührt Adi Blum, unserem Geschäftsführer und

Stefanie Nydegger, die im Sekretariat in Bern immer wieder aus-

hilft. Danke auch Evin Yesilöz, für die Mithilfe bei der Ausarbei-

tung von Gesuchen an Stiftungen.

Writers-in-Prison-Day

Am internationalen Writers in Prison-Tag 2017 war die syrische

Autorin Rosa Yassin Hassan unser Gast. Die Autorin lebt seit

Michael Guggenheimer, Präsident des DSPZ

Page 58: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

2012 als anerkannter Flüchtling in Hamburg.

Sie wurde 1974 in Damaskus geboren. Bereits in den 1990er-

Jahren begann sie während ihres Architekturstudiums zu schrei-

ben; daneben engagierte sie sich für Frauenrechte und gründete die

Organisation «Frauen für Demokratie». Ihr erstes Buch war eine

Erzählsammlung, es folgten vier Romane. „Ebenholz» und

«Wächter der Lüfte» liegen in deutscher Übersetzung beim Ala-

wi-Verlag vor.

Die Lesungen fanden am Festival Buchbasel im Literaturhaus Zü-

rich und im Haus der Religionen in Bern statt. Vor vollem Saal las

die Autorin aus ihren Texten und berichtete im Gespräch eindrück-

lich über die Situation der Menschen in Syrien seit Kriegsbeginn.

Ein Schwerpunkt ihrer Lesungen bildete ihre Bemühungen, den

syrischen Frauen eine Stimme zu geben.

Moderiert wurden die Veranstaltungen in Basel und Zürich von

Michael Guggenheimer und in Bern von Regula Mader.

Die Auftritte von Rosa Yassin stiessen in den Schweizer Medien

auf grosse Aufmerksamkeit.

Writers-in-Exile-Programm

Seit 2015 betreibt das DSPZ ein Writers in Exile-Programm. Be-

drohte SchriftstellerInnen finden bei uns Zuflucht, um in der

Schweiz in Sicherheit und Ruhe weiterarbeiten zu können. Das

DSPZ finanziert den Betroffenen für mindestens ein Jahr eine

Wohnung. Zusätzlich erhält unser Gast ein Stipendium, um die

Lebensunterhaltskosten zu bestreiten. Wir helfen den AutorInnen

im Alltag und unterstützen sie dabei, die Schweiz und deren Lite-

raturszene kennenzulernen.

Seit 2015 ist das DSPZ Mitglied von ICORN – dem internationa-

len Verbund von Städten, die verfolgten SchriftstellerInnen einen

sicheren Aufenthalt im Exil gewähren.

Finanziert wird das Writers-in-Exile-Programm zur Zeit zu ei-

nem grossen Teil aus Mitgliederbeiträgen, aber auch durch Gelder

der Stadt Luzern, der Stiftung Landis & Gyr, der Stiftung Tempe-

ratio, des ANNE FRANK FONDS und der Stiftung Pro Litteris.

Daniel Mekonnen hatte während seinem Aufenthalt 2015-2017

eine beachtliche lokale und nationale Medienpräsenz, unter ande-

rem auch in der Rundschau des Schweizer Fernsehens.

Das Stipendium von Daniel Mekonnen wurde am 1. November

Page 59: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

2017 beendet. Das DSPZ produzierte als Abschluss und in Zu-

sammenarbeit mit PEN Österreich und PEN Eritrea eine Antholo-

gie, die während seines Aufenthalts in Luzern entstand:

Uncensored Voices: Essays, Poems, and Art Works by Exiled Erit-

reans.

Das Writers-in-Exile-Programm stösst in der Öffentlichkeit auf

viel positive Resonanz. Die Medien (u.a. NZZ, Bund, WOZ) be-

richteten ausführlich und interessiert über das Programm und den

Stipendiaten, Daniel Mekonnen.

Nach einer zweijährigen Pilotphase in Luzern möchte das DSPZ

nun das Programm ab 2018 in der Stadt Bern weiterführen. Zu

diesem Entscheid haben vielfältige Gründe geführt, nicht zuletzt

aber die Tatsache, dass sich eine Zusammenarbeit mit der Hoch-

schule der Künste in Bern anbahnt und die Geschäftsstelle des

DSPZ in der Hauptstadt liegt.

Vollversammlung PEN International in Lviv (18. – 22. September 2017)

Die Lage der AutorInnen und JournalistInnen in der Türkei, in

China, in Venezuela, in der Ukraine und in Afrika sowie die Wahl

der neuen Vorstandsmitglieder waren die zentralen Themen der

83. Jahrestagung von PEN-International in Lviv, Ukraine.

Prominente Gesichter wie die engagierte Iman Humaydan aus dem

Libanon und Margie Orford aus Südafrika sind in den erweiterten

Vorstand aufgenommen worden. Die neue Vize-Präsidentin ist die

Dichterin Judith Rodriguez aus Australien.

Mehr als 15 Resolutionen sind in Lviv verabschiedet worden, so

beispielsweise die Resolution für die Verurteilung von Hassreden,

die Resolution gegen die Kriminalisierung der AutorInnen in Vi-

etnam oder die Resolution für die Verurteilung der misslichen La-

ge der AutorInnen und JournalistInnen in der Ukraine.

Besonders aufmerksam wurde die Situation von AutorInnen, Me-

dienschaffenden und MenschenrechtsaktivistInnen in der Türkei

behandelt. Zahlreiche Verbrechen an KurdInnen und die Zerstö-

rung deren Städte durch die türkische Armee wurden am Kongress

beschrieben. Der belgische PEN hatte aus diesem Anlass Erzäh-

lungen von türkischen Betroffenen publiziert und möchte diese in

zahlreiche Sprachen übersetzen lassen.

Eindrücklich erzählte die Vertreterin des chinesischen Exil-PEN

Page 60: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

von der Zeit nach dem Tod von Friedensnobelpreisträger Liu

Xiaobo. Der Menschenrechtsaktivist ist im Juli 2017 in Haft ge-

ben. Entschieden verurteilte sie das menschenunwürdige Verhalten

der chinesischen Regierung, die es Familie und Freunden nicht

erlaubte, vom Verstorbenen Abschied zu nehmen. Zudem sprach

die engagierte Vertreterin von einer hoffnungslosen Situation für

DissidentInnen in China. Da China eine aufsteigende Wirt-

schaftsmacht sei, werden die Menschrechtsverletzungen vom Rest

der Welt ignoriert. Ihre bewegende Rede schloss sie mit den Wor-

ten: „Ich habe die Kraft nicht, gegen den chinesischen Staat zu

kämpfen, aber ich kann schreiben und auf die Geschehnisse hin-

weisen.“

Der nächste PEN Kongress wird 2018 in Pune, Indien, stattfinden.

Der Anlass soll im „Sinne Gandhis“ stehen, der im kommenden

Jahr seinen 150. Geburtstag feiert.

BERICHT DER GESCHÄFTSSTELLE

Mitglieder

Das DSPZ hat aktuell 195 Mitglieder und 13 Freunde. Zu den

Freunden zählen Institutionen sowie Personen, die unsere Anlie-

gen unterstützen, selbst jedoch keine Schriftsteller sind. Seit der

letzten Jahresversammlung sind Albert Fischer, Pablo Haller, Etrit

Hasler, Annette Hug und Stefan Keller neu als Mitglieder beige-

treten.

Ausgetreten sind Peter Gisi, Silvio Huonder, Bettina Wegenast

und Mario Böni. Das Mitglied Jacqueline Crevoisier ist verstor-

ben.

Finanzen

Die Jahresrechnung 2017 schliesst mit einem Verlust von

CHF 643,27 ab. Die Einnahmen durch die Mitgliederbeiträge kom-

men vollumfänglich unseren Projekten zugute, da der Vorstand eh-

renamtlich arbeitet. Der Erlös der Writers in Prison-Veranstaltung

wird jeweils dem PEN Emergency Fund überwiesen. Verantwortlich

für die Finanzen und die Geschäftsstelle an der Burgunderstrasse 13a

in Bern ist das Vorstandsmitglied Adi Blum.

Page 61: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

EINLEITENDE WORTE

Das vergangene Jahr war in Sachen Menschenrechte wiederum

kein freundliches Jahr. Autokraten in Ungarn, Polen, in der Tür-

kei, in Russland und in den USA haben immer wieder gezeigt, wie

wenig sie von der kritischen Berichterstattung in den Medien, von

der Freiheit des Wortes und von den Menschenrechten halten. Ge-

schlossene Grenzen, die Rückführung von Flüchtlingen, die Miss-

achtung der Judikative und die Inhaftierung von Autoren und Me-

dienschaffenden in diesen Ländern sind alarmierend. Leider ist

keine Änderung in Sicht. Sorge macht der Blick in westeuropäi-

sche Länder, wo sich Populisten immer mehr Gehör verschaffen.

Gerade uns Schreibende bereitet die Krise der Qualitätsmedien

Sorgen. Die NO-Billag Abstimmung vom Frühling bot Gelegen-

heit, sich für eine qualitätsvolle, unabhängige Berichterstattung in

Radio und Fernsehen in unserem Land einzusetzen. Die Art und

Weise wie mit den Daten der Nutzerinnen und Nutzern der Social

Media umgegangen wird, ist alles andere als beruhigend.

Von Erfolg und von Misserfolg des DSPZ ist zu berichten. Zwei

Jahresbericht 2017 www.pen-dschweiz.ch

Vorstand DeutschSchweizer PEN Zentrum DSPZ

Adi Blum, Michael Guggenheimer und Yusuf Yesilöz

Page 62: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

Jahre lang war der eritreische Lyriker, Jurist und Menschenrechts-

aktivist Daniel Mekonnen Gast in unserer Wohnung in Luzern.

Dank eines Entgegenkommens der dortigen Stadtverwaltung

konnten wir ihm, der nicht in seine Heimat zurück kann, die Mög-

lichkeit anbieten, in der Schweiz ungestört seiner Arbeit nachzu-

gehen. In Vorträgen vor SchülerInnen und StudentInnen sowie in

Expertengesprächen hat er immer wieder auf die Lage der Men-

schenrechte in seinem Land sowie in anderen afrikanischen Län-

dern hingewiesen. Eine Zeitlang hatte es so ausgesehen, als müsste

Mekonnen die Schweiz wieder verlassen. Unseren Kontakten mit

Rechtsanwälten, die sich in Asylfragen besonders gut auskennen,

ist zu verdanken, dass Daniel Mekonnen gegen Ende 2017 den

Bescheid erhalten hat, wonach er in der Schweiz bleiben darf!

Darüber sind wir sehr froh.

Kaum war klar, dass die Wohnung in Luzern ab Ende 2017 wieder

frei wird, wollten wir dank unserer Mitgliedschaft bei ICORN,

dem Internationalen Netzwerk Städte der Zuflucht, einem Autor

aus dem Irak die Möglichkeit bieten, seiner Arbeit in Sicherheit

nachgehen zu können. Weil die Behörden des Kantons Luzern

nicht bereit waren, ihm eine Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen,

mussten wir dieses Vorhaben zu unserem grossen Bedauern vor-

erst aufgeben. Das Writers in Exile-Programm geht aber trotzdem

weiter.

Mehrfach haben wir im vergangenen Jahr auf die Lage verfolgter

Autorinnen und Autoren aufmerksam gemacht. Sei es in Medien-

mitteilungen oder auch in den Social Media. Aber auch an Veran-

staltungen haben wir uns wiederholt an die Öffentlichkeit ge-

wandt. Sei es am Writers in Prison Day, an dem wir in Zürich, Ba-

sel und Bern jeweils im November eine Autorin oder einen Autor

aus einem Land einladen, in dem die Möglichkeit der freien Mei-

nungsäusserung bedroht oder nicht möglich ist. Im vergangenen

Jahr war es die exilierte syrische Autorin Rosa Yassin Hassan. An

den Solothurner Literaturtagen haben die Autorin Alice Grünfelder

und Autor und DSPZ-Vorstandsmitglied Yusuf Yesilöz mit einem

Streifzug durch die Literatur mit namhaften kurdischen und türki-

schen Autoren, darunter Yasar Kemal, Asli Erdogan, Necmiye

Alpay und Mehmed Uzun, Stimmen zu hören gebracht, die von

Völkervertreibung erzählen, von der Erfahrung im Gefängnis und

im Exil. Gemeinsam mit dem AdS haben wir Briefe an sechs in

der Türkei inhaftierte Autorinnen und Autoren geschrieben und

Page 63: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

von zahlreichen Autorinnen und Autoren aus der Schweiz unter-

schreiben lassen. In diesen Briefen, die in der Türkei den Briefad-

ressaten überreicht wurden, haben wir unsere Solidarität mit ihnen

zum Ausdruck gebracht.

Im laufenden Jahr haben wir in Zusammenarbeit mit der Buch-

handlung mille et deux feuilles in Zürich ein Buch über die Lage

in Eritrea präsentiert, das unser Stipendiat Daniel Mekonnen her-

ausgegeben hat. Und an den Solothurner Literaturtagen dieses Jah-

res wird der im deutschen Exil lebende irakische Autor Najem

Wali aus seinem neuen Roman vorlesen.

Michael Guggenheimer

AUS DER ARBEIT DES VORSTANDS

An der diesjährigen Hauptversammlung, die wieder unmittelbar

vor der Jahresversammlung des AdS in Solothurn stattfindet, wird

es zu Neuwahlen kommen: Yusuf Yesilöz und Michael Guggen-

heimer treten nach fünf Jahren von ihren Ämtern zurück, werden

aber gerne dem neuen DSPZ-Vorstand bei Projekten zur Seite ste-

hen. Ein Jahr lang bestand der Vorstand aus nur drei Mitgliedern.

Weil Sabina Altermatt krankheitshalber zurückgetreten ist und

zwei Kolleginnen angesichts anderweitiger Engagements sich

nicht entschliessen konnten, dem Vorstand beizutreten, ist das In-

teresse von neuen Kolleginnen und Kollegen ein Lichtblick. Ein

grosser Dank gebührt Adi Blum, unserem Geschäftsführer und

Stefanie Nydegger, die im Sekretariat in Bern immer wieder aus-

hilft. Danke auch Evin Yesilöz, für die Mithilfe bei der Ausarbei-

tung von Gesuchen an Stiftungen.

Writers-in-Prison-Day

Am internationalen Writers in Prison-Tag 2017 war die syrische

Autorin Rosa Yassin Hassan unser Gast. Die Autorin lebt seit

Michael Guggenheimer, Präsident des DSPZ

Page 64: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

2012 als anerkannter Flüchtling in Hamburg.

Sie wurde 1974 in Damaskus geboren. Bereits in den 1990er-

Jahren begann sie während ihres Architekturstudiums zu schrei-

ben; daneben engagierte sie sich für Frauenrechte und gründete die

Organisation «Frauen für Demokratie». Ihr erstes Buch war eine

Erzählsammlung, es folgten vier Romane. „Ebenholz» und

«Wächter der Lüfte» liegen in deutscher Übersetzung beim Ala-

wi-Verlag vor.

Die Lesungen fanden am Festival Buchbasel im Literaturhaus Zü-

rich und im Haus der Religionen in Bern statt. Vor vollem Saal las

die Autorin aus ihren Texten und berichtete im Gespräch eindrück-

lich über die Situation der Menschen in Syrien seit Kriegsbeginn.

Ein Schwerpunkt ihrer Lesungen bildete ihre Bemühungen, den

syrischen Frauen eine Stimme zu geben.

Moderiert wurden die Veranstaltungen in Basel und Zürich von

Michael Guggenheimer und in Bern von Regula Mader.

Die Auftritte von Rosa Yassin stiessen in den Schweizer Medien

auf grosse Aufmerksamkeit.

Writers-in-Exile-Programm

Seit 2015 betreibt das DSPZ ein Writers in Exile-Programm. Be-

drohte SchriftstellerInnen finden bei uns Zuflucht, um in der

Schweiz in Sicherheit und Ruhe weiterarbeiten zu können. Das

DSPZ finanziert den Betroffenen für mindestens ein Jahr eine

Wohnung. Zusätzlich erhält unser Gast ein Stipendium, um die

Lebensunterhaltskosten zu bestreiten. Wir helfen den AutorInnen

im Alltag und unterstützen sie dabei, die Schweiz und deren Lite-

raturszene kennenzulernen.

Seit 2015 ist das DSPZ Mitglied von ICORN – dem internationa-

len Verbund von Städten, die verfolgten SchriftstellerInnen einen

sicheren Aufenthalt im Exil gewähren.

Finanziert wird das Writers-in-Exile-Programm zur Zeit zu ei-

nem grossen Teil aus Mitgliederbeiträgen, aber auch durch Gelder

der Stadt Luzern, der Stiftung Landis & Gyr, der Stiftung Tempe-

ratio, des ANNE FRANK FONDS und der Stiftung Pro Litteris.

Daniel Mekonnen hatte während seinem Aufenthalt 2015-2017

eine beachtliche lokale und nationale Medienpräsenz, unter ande-

rem auch in der Rundschau des Schweizer Fernsehens.

Das Stipendium von Daniel Mekonnen wurde am 1. November

Page 65: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

2017 beendet. Das DSPZ produzierte als Abschluss und in Zu-

sammenarbeit mit PEN Österreich und PEN Eritrea eine Antholo-

gie, die während seines Aufenthalts in Luzern entstand:

Uncensored Voices: Essays, Poems, and Art Works by Exiled Erit-

reans.

Das Writers-in-Exile-Programm stösst in der Öffentlichkeit auf

viel positive Resonanz. Die Medien (u.a. NZZ, Bund, WOZ) be-

richteten ausführlich und interessiert über das Programm und den

Stipendiaten, Daniel Mekonnen.

Nach einer zweijährigen Pilotphase in Luzern möchte das DSPZ

nun das Programm ab 2018 in der Stadt Bern weiterführen. Zu

diesem Entscheid haben vielfältige Gründe geführt, nicht zuletzt

aber die Tatsache, dass sich eine Zusammenarbeit mit der Hoch-

schule der Künste in Bern anbahnt und die Geschäftsstelle des

DSPZ in der Hauptstadt liegt.

Vollversammlung PEN International in Lviv (18. – 22. September 2017)

Die Lage der AutorInnen und JournalistInnen in der Türkei, in

China, in Venezuela, in der Ukraine und in Afrika sowie die Wahl

der neuen Vorstandsmitglieder waren die zentralen Themen der

83. Jahrestagung von PEN-International in Lviv, Ukraine.

Prominente Gesichter wie die engagierte Iman Humaydan aus dem

Libanon und Margie Orford aus Südafrika sind in den erweiterten

Vorstand aufgenommen worden. Die neue Vize-Präsidentin ist die

Dichterin Judith Rodriguez aus Australien.

Mehr als 15 Resolutionen sind in Lviv verabschiedet worden, so

beispielsweise die Resolution für die Verurteilung von Hassreden,

die Resolution gegen die Kriminalisierung der AutorInnen in Vi-

etnam oder die Resolution für die Verurteilung der misslichen La-

ge der AutorInnen und JournalistInnen in der Ukraine.

Besonders aufmerksam wurde die Situation von AutorInnen, Me-

dienschaffenden und MenschenrechtsaktivistInnen in der Türkei

behandelt. Zahlreiche Verbrechen an KurdInnen und die Zerstö-

rung deren Städte durch die türkische Armee wurden am Kongress

beschrieben. Der belgische PEN hatte aus diesem Anlass Erzäh-

lungen von türkischen Betroffenen publiziert und möchte diese in

zahlreiche Sprachen übersetzen lassen.

Eindrücklich erzählte die Vertreterin des chinesischen Exil-PEN

Page 66: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

von der Zeit nach dem Tod von Friedensnobelpreisträger Liu

Xiaobo. Der Menschenrechtsaktivist ist im Juli 2017 in Haft ge-

ben. Entschieden verurteilte sie das menschenunwürdige Verhalten

der chinesischen Regierung, die es Familie und Freunden nicht

erlaubte, vom Verstorbenen Abschied zu nehmen. Zudem sprach

die engagierte Vertreterin von einer hoffnungslosen Situation für

DissidentInnen in China. Da China eine aufsteigende Wirt-

schaftsmacht sei, werden die Menschrechtsverletzungen vom Rest

der Welt ignoriert. Ihre bewegende Rede schloss sie mit den Wor-

ten: „Ich habe die Kraft nicht, gegen den chinesischen Staat zu

kämpfen, aber ich kann schreiben und auf die Geschehnisse hin-

weisen.“

Der nächste PEN Kongress wird 2018 in Pune, Indien, stattfinden.

Der Anlass soll im „Sinne Gandhis“ stehen, der im kommenden

Jahr seinen 150. Geburtstag feiert.

BERICHT DER GESCHÄFTSSTELLE

Mitglieder

Das DSPZ hat aktuell 195 Mitglieder und 13 Freunde. Zu den

Freunden zählen Institutionen sowie Personen, die unsere Anlie-

gen unterstützen, selbst jedoch keine Schriftsteller sind. Seit der

letzten Jahresversammlung sind Albert Fischer, Pablo Haller, Etrit

Hasler, Annette Hug und Stefan Keller neu als Mitglieder beige-

treten.

Ausgetreten sind Peter Gisi, Silvio Huonder, Bettina Wegenast

und Mario Böni. Das Mitglied Jacqueline Crevoisier ist verstor-

ben.

Finanzen

Die Jahresrechnung 2017 schliesst mit einem Verlust von

CHF 643,27 ab. Die Einnahmen durch die Mitgliederbeiträge kom-

men vollumfänglich unseren Projekten zugute, da der Vorstand eh-

renamtlich arbeitet. Der Erlös der Writers in Prison-Veranstaltung

wird jeweils dem PEN Emergency Fund überwiesen. Verantwortlich

für die Finanzen und die Geschäftsstelle an der Burgunderstrasse 13a

in Bern ist das Vorstandsmitglied Adi Blum.

Page 67: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

EINLEITENDE WORTE

Das vergangene Jahr war in Sachen Menschenrechte wiederum

kein freundliches Jahr. Autokraten in Ungarn, Polen, in der Tür-

kei, in Russland und in den USA haben immer wieder gezeigt, wie

wenig sie von der kritischen Berichterstattung in den Medien, von

der Freiheit des Wortes und von den Menschenrechten halten. Ge-

schlossene Grenzen, die Rückführung von Flüchtlingen, die Miss-

achtung der Judikative und die Inhaftierung von Autoren und Me-

dienschaffenden in diesen Ländern sind alarmierend. Leider ist

keine Änderung in Sicht. Sorge macht der Blick in westeuropäi-

sche Länder, wo sich Populisten immer mehr Gehör verschaffen.

Gerade uns Schreibende bereitet die Krise der Qualitätsmedien

Sorgen. Die NO-Billag Abstimmung vom Frühling bot Gelegen-

heit, sich für eine qualitätsvolle, unabhängige Berichterstattung in

Radio und Fernsehen in unserem Land einzusetzen. Die Art und

Weise wie mit den Daten der Nutzerinnen und Nutzern der Social

Media umgegangen wird, ist alles andere als beruhigend.

Von Erfolg und von Misserfolg des DSPZ ist zu berichten. Zwei

Jahresbericht 2017 www.pen-dschweiz.ch

Vorstand DeutschSchweizer PEN Zentrum DSPZ

Adi Blum, Michael Guggenheimer und Yusuf Yesilöz

Page 68: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

Jahre lang war der eritreische Lyriker, Jurist und Menschenrechts-

aktivist Daniel Mekonnen Gast in unserer Wohnung in Luzern.

Dank eines Entgegenkommens der dortigen Stadtverwaltung

konnten wir ihm, der nicht in seine Heimat zurück kann, die Mög-

lichkeit anbieten, in der Schweiz ungestört seiner Arbeit nachzu-

gehen. In Vorträgen vor SchülerInnen und StudentInnen sowie in

Expertengesprächen hat er immer wieder auf die Lage der Men-

schenrechte in seinem Land sowie in anderen afrikanischen Län-

dern hingewiesen. Eine Zeitlang hatte es so ausgesehen, als müsste

Mekonnen die Schweiz wieder verlassen. Unseren Kontakten mit

Rechtsanwälten, die sich in Asylfragen besonders gut auskennen,

ist zu verdanken, dass Daniel Mekonnen gegen Ende 2017 den

Bescheid erhalten hat, wonach er in der Schweiz bleiben darf!

Darüber sind wir sehr froh.

Kaum war klar, dass die Wohnung in Luzern ab Ende 2017 wieder

frei wird, wollten wir dank unserer Mitgliedschaft bei ICORN,

dem Internationalen Netzwerk Städte der Zuflucht, einem Autor

aus dem Irak die Möglichkeit bieten, seiner Arbeit in Sicherheit

nachgehen zu können. Weil die Behörden des Kantons Luzern

nicht bereit waren, ihm eine Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen,

mussten wir dieses Vorhaben zu unserem grossen Bedauern vor-

erst aufgeben. Das Writers in Exile-Programm geht aber trotzdem

weiter.

Mehrfach haben wir im vergangenen Jahr auf die Lage verfolgter

Autorinnen und Autoren aufmerksam gemacht. Sei es in Medien-

mitteilungen oder auch in den Social Media. Aber auch an Veran-

staltungen haben wir uns wiederholt an die Öffentlichkeit ge-

wandt. Sei es am Writers in Prison Day, an dem wir in Zürich, Ba-

sel und Bern jeweils im November eine Autorin oder einen Autor

aus einem Land einladen, in dem die Möglichkeit der freien Mei-

nungsäusserung bedroht oder nicht möglich ist. Im vergangenen

Jahr war es die exilierte syrische Autorin Rosa Yassin Hassan. An

den Solothurner Literaturtagen haben die Autorin Alice Grünfelder

und Autor und DSPZ-Vorstandsmitglied Yusuf Yesilöz mit einem

Streifzug durch die Literatur mit namhaften kurdischen und türki-

schen Autoren, darunter Yasar Kemal, Asli Erdogan, Necmiye

Alpay und Mehmed Uzun, Stimmen zu hören gebracht, die von

Völkervertreibung erzählen, von der Erfahrung im Gefängnis und

im Exil. Gemeinsam mit dem AdS haben wir Briefe an sechs in

der Türkei inhaftierte Autorinnen und Autoren geschrieben und

Page 69: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

von zahlreichen Autorinnen und Autoren aus der Schweiz unter-

schreiben lassen. In diesen Briefen, die in der Türkei den Briefad-

ressaten überreicht wurden, haben wir unsere Solidarität mit ihnen

zum Ausdruck gebracht.

Im laufenden Jahr haben wir in Zusammenarbeit mit der Buch-

handlung mille et deux feuilles in Zürich ein Buch über die Lage

in Eritrea präsentiert, das unser Stipendiat Daniel Mekonnen her-

ausgegeben hat. Und an den Solothurner Literaturtagen dieses Jah-

res wird der im deutschen Exil lebende irakische Autor Najem

Wali aus seinem neuen Roman vorlesen.

Michael Guggenheimer

AUS DER ARBEIT DES VORSTANDS

An der diesjährigen Hauptversammlung, die wieder unmittelbar

vor der Jahresversammlung des AdS in Solothurn stattfindet, wird

es zu Neuwahlen kommen: Yusuf Yesilöz und Michael Guggen-

heimer treten nach fünf Jahren von ihren Ämtern zurück, werden

aber gerne dem neuen DSPZ-Vorstand bei Projekten zur Seite ste-

hen. Ein Jahr lang bestand der Vorstand aus nur drei Mitgliedern.

Weil Sabina Altermatt krankheitshalber zurückgetreten ist und

zwei Kolleginnen angesichts anderweitiger Engagements sich

nicht entschliessen konnten, dem Vorstand beizutreten, ist das In-

teresse von neuen Kolleginnen und Kollegen ein Lichtblick. Ein

grosser Dank gebührt Adi Blum, unserem Geschäftsführer und

Stefanie Nydegger, die im Sekretariat in Bern immer wieder aus-

hilft. Danke auch Evin Yesilöz, für die Mithilfe bei der Ausarbei-

tung von Gesuchen an Stiftungen.

Writers-in-Prison-Day

Am internationalen Writers in Prison-Tag 2017 war die syrische

Autorin Rosa Yassin Hassan unser Gast. Die Autorin lebt seit

Michael Guggenheimer, Präsident des DSPZ

Page 70: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

2012 als anerkannter Flüchtling in Hamburg.

Sie wurde 1974 in Damaskus geboren. Bereits in den 1990er-

Jahren begann sie während ihres Architekturstudiums zu schrei-

ben; daneben engagierte sie sich für Frauenrechte und gründete die

Organisation «Frauen für Demokratie». Ihr erstes Buch war eine

Erzählsammlung, es folgten vier Romane. „Ebenholz» und

«Wächter der Lüfte» liegen in deutscher Übersetzung beim Ala-

wi-Verlag vor.

Die Lesungen fanden am Festival Buchbasel im Literaturhaus Zü-

rich und im Haus der Religionen in Bern statt. Vor vollem Saal las

die Autorin aus ihren Texten und berichtete im Gespräch eindrück-

lich über die Situation der Menschen in Syrien seit Kriegsbeginn.

Ein Schwerpunkt ihrer Lesungen bildete ihre Bemühungen, den

syrischen Frauen eine Stimme zu geben.

Moderiert wurden die Veranstaltungen in Basel und Zürich von

Michael Guggenheimer und in Bern von Regula Mader.

Die Auftritte von Rosa Yassin stiessen in den Schweizer Medien

auf grosse Aufmerksamkeit.

Writers-in-Exile-Programm

Seit 2015 betreibt das DSPZ ein Writers in Exile-Programm. Be-

drohte SchriftstellerInnen finden bei uns Zuflucht, um in der

Schweiz in Sicherheit und Ruhe weiterarbeiten zu können. Das

DSPZ finanziert den Betroffenen für mindestens ein Jahr eine

Wohnung. Zusätzlich erhält unser Gast ein Stipendium, um die

Lebensunterhaltskosten zu bestreiten. Wir helfen den AutorInnen

im Alltag und unterstützen sie dabei, die Schweiz und deren Lite-

raturszene kennenzulernen.

Seit 2015 ist das DSPZ Mitglied von ICORN – dem internationa-

len Verbund von Städten, die verfolgten SchriftstellerInnen einen

sicheren Aufenthalt im Exil gewähren.

Finanziert wird das Writers-in-Exile-Programm zur Zeit zu ei-

nem grossen Teil aus Mitgliederbeiträgen, aber auch durch Gelder

der Stadt Luzern, der Stiftung Landis & Gyr, der Stiftung Tempe-

ratio, des ANNE FRANK FONDS und der Stiftung Pro Litteris.

Daniel Mekonnen hatte während seinem Aufenthalt 2015-2017

eine beachtliche lokale und nationale Medienpräsenz, unter ande-

rem auch in der Rundschau des Schweizer Fernsehens.

Das Stipendium von Daniel Mekonnen wurde am 1. November

Page 71: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

2017 beendet. Das DSPZ produzierte als Abschluss und in Zu-

sammenarbeit mit PEN Österreich und PEN Eritrea eine Antholo-

gie, die während seines Aufenthalts in Luzern entstand:

Uncensored Voices: Essays, Poems, and Art Works by Exiled Erit-

reans.

Das Writers-in-Exile-Programm stösst in der Öffentlichkeit auf

viel positive Resonanz. Die Medien (u.a. NZZ, Bund, WOZ) be-

richteten ausführlich und interessiert über das Programm und den

Stipendiaten, Daniel Mekonnen.

Nach einer zweijährigen Pilotphase in Luzern möchte das DSPZ

nun das Programm ab 2018 in der Stadt Bern weiterführen. Zu

diesem Entscheid haben vielfältige Gründe geführt, nicht zuletzt

aber die Tatsache, dass sich eine Zusammenarbeit mit der Hoch-

schule der Künste in Bern anbahnt und die Geschäftsstelle des

DSPZ in der Hauptstadt liegt.

Vollversammlung PEN International in Lviv (18. – 22. September 2017)

Die Lage der AutorInnen und JournalistInnen in der Türkei, in

China, in Venezuela, in der Ukraine und in Afrika sowie die Wahl

der neuen Vorstandsmitglieder waren die zentralen Themen der

83. Jahrestagung von PEN-International in Lviv, Ukraine.

Prominente Gesichter wie die engagierte Iman Humaydan aus dem

Libanon und Margie Orford aus Südafrika sind in den erweiterten

Vorstand aufgenommen worden. Die neue Vize-Präsidentin ist die

Dichterin Judith Rodriguez aus Australien.

Mehr als 15 Resolutionen sind in Lviv verabschiedet worden, so

beispielsweise die Resolution für die Verurteilung von Hassreden,

die Resolution gegen die Kriminalisierung der AutorInnen in Vi-

etnam oder die Resolution für die Verurteilung der misslichen La-

ge der AutorInnen und JournalistInnen in der Ukraine.

Besonders aufmerksam wurde die Situation von AutorInnen, Me-

dienschaffenden und MenschenrechtsaktivistInnen in der Türkei

behandelt. Zahlreiche Verbrechen an KurdInnen und die Zerstö-

rung deren Städte durch die türkische Armee wurden am Kongress

beschrieben. Der belgische PEN hatte aus diesem Anlass Erzäh-

lungen von türkischen Betroffenen publiziert und möchte diese in

zahlreiche Sprachen übersetzen lassen.

Eindrücklich erzählte die Vertreterin des chinesischen Exil-PEN

Page 72: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

von der Zeit nach dem Tod von Friedensnobelpreisträger Liu

Xiaobo. Der Menschenrechtsaktivist ist im Juli 2017 in Haft ge-

ben. Entschieden verurteilte sie das menschenunwürdige Verhalten

der chinesischen Regierung, die es Familie und Freunden nicht

erlaubte, vom Verstorbenen Abschied zu nehmen. Zudem sprach

die engagierte Vertreterin von einer hoffnungslosen Situation für

DissidentInnen in China. Da China eine aufsteigende Wirt-

schaftsmacht sei, werden die Menschrechtsverletzungen vom Rest

der Welt ignoriert. Ihre bewegende Rede schloss sie mit den Wor-

ten: „Ich habe die Kraft nicht, gegen den chinesischen Staat zu

kämpfen, aber ich kann schreiben und auf die Geschehnisse hin-

weisen.“

Der nächste PEN Kongress wird 2018 in Pune, Indien, stattfinden.

Der Anlass soll im „Sinne Gandhis“ stehen, der im kommenden

Jahr seinen 150. Geburtstag feiert.

BERICHT DER GESCHÄFTSSTELLE

Mitglieder

Das DSPZ hat aktuell 195 Mitglieder und 13 Freunde. Zu den

Freunden zählen Institutionen sowie Personen, die unsere Anlie-

gen unterstützen, selbst jedoch keine Schriftsteller sind. Seit der

letzten Jahresversammlung sind Albert Fischer, Pablo Haller, Etrit

Hasler, Annette Hug und Stefan Keller neu als Mitglieder beige-

treten.

Ausgetreten sind Peter Gisi, Silvio Huonder, Bettina Wegenast

und Mario Böni. Das Mitglied Jacqueline Crevoisier ist verstor-

ben.

Finanzen

Die Jahresrechnung 2017 schliesst mit einem Verlust von

CHF 643,27 ab. Die Einnahmen durch die Mitgliederbeiträge kom-

men vollumfänglich unseren Projekten zugute, da der Vorstand eh-

renamtlich arbeitet. Der Erlös der Writers in Prison-Veranstaltung

wird jeweils dem PEN Emergency Fund überwiesen. Verantwortlich

für die Finanzen und die Geschäftsstelle an der Burgunderstrasse 13a

in Bern ist das Vorstandsmitglied Adi Blum.

Page 73: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

EINLEITENDE WORTE

Das vergangene Jahr war in Sachen Menschenrechte wiederum

kein freundliches Jahr. Autokraten in Ungarn, Polen, in der Tür-

kei, in Russland und in den USA haben immer wieder gezeigt, wie

wenig sie von der kritischen Berichterstattung in den Medien, von

der Freiheit des Wortes und von den Menschenrechten halten. Ge-

schlossene Grenzen, die Rückführung von Flüchtlingen, die Miss-

achtung der Judikative und die Inhaftierung von Autoren und Me-

dienschaffenden in diesen Ländern sind alarmierend. Leider ist

keine Änderung in Sicht. Sorge macht der Blick in westeuropäi-

sche Länder, wo sich Populisten immer mehr Gehör verschaffen.

Gerade uns Schreibende bereitet die Krise der Qualitätsmedien

Sorgen. Die NO-Billag Abstimmung vom Frühling bot Gelegen-

heit, sich für eine qualitätsvolle, unabhängige Berichterstattung in

Radio und Fernsehen in unserem Land einzusetzen. Die Art und

Weise wie mit den Daten der Nutzerinnen und Nutzern der Social

Media umgegangen wird, ist alles andere als beruhigend.

Von Erfolg und von Misserfolg des DSPZ ist zu berichten. Zwei

Jahresbericht 2017 www.pen-dschweiz.ch

Vorstand DeutschSchweizer PEN Zentrum DSPZ

Adi Blum, Michael Guggenheimer und Yusuf Yesilöz

Page 74: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

Jahre lang war der eritreische Lyriker, Jurist und Menschenrechts-

aktivist Daniel Mekonnen Gast in unserer Wohnung in Luzern.

Dank eines Entgegenkommens der dortigen Stadtverwaltung

konnten wir ihm, der nicht in seine Heimat zurück kann, die Mög-

lichkeit anbieten, in der Schweiz ungestört seiner Arbeit nachzu-

gehen. In Vorträgen vor SchülerInnen und StudentInnen sowie in

Expertengesprächen hat er immer wieder auf die Lage der Men-

schenrechte in seinem Land sowie in anderen afrikanischen Län-

dern hingewiesen. Eine Zeitlang hatte es so ausgesehen, als müsste

Mekonnen die Schweiz wieder verlassen. Unseren Kontakten mit

Rechtsanwälten, die sich in Asylfragen besonders gut auskennen,

ist zu verdanken, dass Daniel Mekonnen gegen Ende 2017 den

Bescheid erhalten hat, wonach er in der Schweiz bleiben darf!

Darüber sind wir sehr froh.

Kaum war klar, dass die Wohnung in Luzern ab Ende 2017 wieder

frei wird, wollten wir dank unserer Mitgliedschaft bei ICORN,

dem Internationalen Netzwerk Städte der Zuflucht, einem Autor

aus dem Irak die Möglichkeit bieten, seiner Arbeit in Sicherheit

nachgehen zu können. Weil die Behörden des Kantons Luzern

nicht bereit waren, ihm eine Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen,

mussten wir dieses Vorhaben zu unserem grossen Bedauern vor-

erst aufgeben. Das Writers in Exile-Programm geht aber trotzdem

weiter.

Mehrfach haben wir im vergangenen Jahr auf die Lage verfolgter

Autorinnen und Autoren aufmerksam gemacht. Sei es in Medien-

mitteilungen oder auch in den Social Media. Aber auch an Veran-

staltungen haben wir uns wiederholt an die Öffentlichkeit ge-

wandt. Sei es am Writers in Prison Day, an dem wir in Zürich, Ba-

sel und Bern jeweils im November eine Autorin oder einen Autor

aus einem Land einladen, in dem die Möglichkeit der freien Mei-

nungsäusserung bedroht oder nicht möglich ist. Im vergangenen

Jahr war es die exilierte syrische Autorin Rosa Yassin Hassan. An

den Solothurner Literaturtagen haben die Autorin Alice Grünfelder

und Autor und DSPZ-Vorstandsmitglied Yusuf Yesilöz mit einem

Streifzug durch die Literatur mit namhaften kurdischen und türki-

schen Autoren, darunter Yasar Kemal, Asli Erdogan, Necmiye

Alpay und Mehmed Uzun, Stimmen zu hören gebracht, die von

Völkervertreibung erzählen, von der Erfahrung im Gefängnis und

im Exil. Gemeinsam mit dem AdS haben wir Briefe an sechs in

der Türkei inhaftierte Autorinnen und Autoren geschrieben und

Page 75: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

von zahlreichen Autorinnen und Autoren aus der Schweiz unter-

schreiben lassen. In diesen Briefen, die in der Türkei den Briefad-

ressaten überreicht wurden, haben wir unsere Solidarität mit ihnen

zum Ausdruck gebracht.

Im laufenden Jahr haben wir in Zusammenarbeit mit der Buch-

handlung mille et deux feuilles in Zürich ein Buch über die Lage

in Eritrea präsentiert, das unser Stipendiat Daniel Mekonnen her-

ausgegeben hat. Und an den Solothurner Literaturtagen dieses Jah-

res wird der im deutschen Exil lebende irakische Autor Najem

Wali aus seinem neuen Roman vorlesen.

Michael Guggenheimer

AUS DER ARBEIT DES VORSTANDS

An der diesjährigen Hauptversammlung, die wieder unmittelbar

vor der Jahresversammlung des AdS in Solothurn stattfindet, wird

es zu Neuwahlen kommen: Yusuf Yesilöz und Michael Guggen-

heimer treten nach fünf Jahren von ihren Ämtern zurück, werden

aber gerne dem neuen DSPZ-Vorstand bei Projekten zur Seite ste-

hen. Ein Jahr lang bestand der Vorstand aus nur drei Mitgliedern.

Weil Sabina Altermatt krankheitshalber zurückgetreten ist und

zwei Kolleginnen angesichts anderweitiger Engagements sich

nicht entschliessen konnten, dem Vorstand beizutreten, ist das In-

teresse von neuen Kolleginnen und Kollegen ein Lichtblick. Ein

grosser Dank gebührt Adi Blum, unserem Geschäftsführer und

Stefanie Nydegger, die im Sekretariat in Bern immer wieder aus-

hilft. Danke auch Evin Yesilöz, für die Mithilfe bei der Ausarbei-

tung von Gesuchen an Stiftungen.

Writers-in-Prison-Day

Am internationalen Writers in Prison-Tag 2017 war die syrische

Autorin Rosa Yassin Hassan unser Gast. Die Autorin lebt seit

Michael Guggenheimer, Präsident des DSPZ

Page 76: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

2012 als anerkannter Flüchtling in Hamburg.

Sie wurde 1974 in Damaskus geboren. Bereits in den 1990er-

Jahren begann sie während ihres Architekturstudiums zu schrei-

ben; daneben engagierte sie sich für Frauenrechte und gründete die

Organisation «Frauen für Demokratie». Ihr erstes Buch war eine

Erzählsammlung, es folgten vier Romane. „Ebenholz» und

«Wächter der Lüfte» liegen in deutscher Übersetzung beim Ala-

wi-Verlag vor.

Die Lesungen fanden am Festival Buchbasel im Literaturhaus Zü-

rich und im Haus der Religionen in Bern statt. Vor vollem Saal las

die Autorin aus ihren Texten und berichtete im Gespräch eindrück-

lich über die Situation der Menschen in Syrien seit Kriegsbeginn.

Ein Schwerpunkt ihrer Lesungen bildete ihre Bemühungen, den

syrischen Frauen eine Stimme zu geben.

Moderiert wurden die Veranstaltungen in Basel und Zürich von

Michael Guggenheimer und in Bern von Regula Mader.

Die Auftritte von Rosa Yassin stiessen in den Schweizer Medien

auf grosse Aufmerksamkeit.

Writers-in-Exile-Programm

Seit 2015 betreibt das DSPZ ein Writers in Exile-Programm. Be-

drohte SchriftstellerInnen finden bei uns Zuflucht, um in der

Schweiz in Sicherheit und Ruhe weiterarbeiten zu können. Das

DSPZ finanziert den Betroffenen für mindestens ein Jahr eine

Wohnung. Zusätzlich erhält unser Gast ein Stipendium, um die

Lebensunterhaltskosten zu bestreiten. Wir helfen den AutorInnen

im Alltag und unterstützen sie dabei, die Schweiz und deren Lite-

raturszene kennenzulernen.

Seit 2015 ist das DSPZ Mitglied von ICORN – dem internationa-

len Verbund von Städten, die verfolgten SchriftstellerInnen einen

sicheren Aufenthalt im Exil gewähren.

Finanziert wird das Writers-in-Exile-Programm zur Zeit zu ei-

nem grossen Teil aus Mitgliederbeiträgen, aber auch durch Gelder

der Stadt Luzern, der Stiftung Landis & Gyr, der Stiftung Tempe-

ratio, des ANNE FRANK FONDS und der Stiftung Pro Litteris.

Daniel Mekonnen hatte während seinem Aufenthalt 2015-2017

eine beachtliche lokale und nationale Medienpräsenz, unter ande-

rem auch in der Rundschau des Schweizer Fernsehens.

Das Stipendium von Daniel Mekonnen wurde am 1. November

Page 77: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

2017 beendet. Das DSPZ produzierte als Abschluss und in Zu-

sammenarbeit mit PEN Österreich und PEN Eritrea eine Antholo-

gie, die während seines Aufenthalts in Luzern entstand:

Uncensored Voices: Essays, Poems, and Art Works by Exiled Erit-

reans.

Das Writers-in-Exile-Programm stösst in der Öffentlichkeit auf

viel positive Resonanz. Die Medien (u.a. NZZ, Bund, WOZ) be-

richteten ausführlich und interessiert über das Programm und den

Stipendiaten, Daniel Mekonnen.

Nach einer zweijährigen Pilotphase in Luzern möchte das DSPZ

nun das Programm ab 2018 in der Stadt Bern weiterführen. Zu

diesem Entscheid haben vielfältige Gründe geführt, nicht zuletzt

aber die Tatsache, dass sich eine Zusammenarbeit mit der Hoch-

schule der Künste in Bern anbahnt und die Geschäftsstelle des

DSPZ in der Hauptstadt liegt.

Vollversammlung PEN International in Lviv (18. – 22. September 2017)

Die Lage der AutorInnen und JournalistInnen in der Türkei, in

China, in Venezuela, in der Ukraine und in Afrika sowie die Wahl

der neuen Vorstandsmitglieder waren die zentralen Themen der

83. Jahrestagung von PEN-International in Lviv, Ukraine.

Prominente Gesichter wie die engagierte Iman Humaydan aus dem

Libanon und Margie Orford aus Südafrika sind in den erweiterten

Vorstand aufgenommen worden. Die neue Vize-Präsidentin ist die

Dichterin Judith Rodriguez aus Australien.

Mehr als 15 Resolutionen sind in Lviv verabschiedet worden, so

beispielsweise die Resolution für die Verurteilung von Hassreden,

die Resolution gegen die Kriminalisierung der AutorInnen in Vi-

etnam oder die Resolution für die Verurteilung der misslichen La-

ge der AutorInnen und JournalistInnen in der Ukraine.

Besonders aufmerksam wurde die Situation von AutorInnen, Me-

dienschaffenden und MenschenrechtsaktivistInnen in der Türkei

behandelt. Zahlreiche Verbrechen an KurdInnen und die Zerstö-

rung deren Städte durch die türkische Armee wurden am Kongress

beschrieben. Der belgische PEN hatte aus diesem Anlass Erzäh-

lungen von türkischen Betroffenen publiziert und möchte diese in

zahlreiche Sprachen übersetzen lassen.

Eindrücklich erzählte die Vertreterin des chinesischen Exil-PEN

Page 78: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

von der Zeit nach dem Tod von Friedensnobelpreisträger Liu

Xiaobo. Der Menschenrechtsaktivist ist im Juli 2017 in Haft ge-

ben. Entschieden verurteilte sie das menschenunwürdige Verhalten

der chinesischen Regierung, die es Familie und Freunden nicht

erlaubte, vom Verstorbenen Abschied zu nehmen. Zudem sprach

die engagierte Vertreterin von einer hoffnungslosen Situation für

DissidentInnen in China. Da China eine aufsteigende Wirt-

schaftsmacht sei, werden die Menschrechtsverletzungen vom Rest

der Welt ignoriert. Ihre bewegende Rede schloss sie mit den Wor-

ten: „Ich habe die Kraft nicht, gegen den chinesischen Staat zu

kämpfen, aber ich kann schreiben und auf die Geschehnisse hin-

weisen.“

Der nächste PEN Kongress wird 2018 in Pune, Indien, stattfinden.

Der Anlass soll im „Sinne Gandhis“ stehen, der im kommenden

Jahr seinen 150. Geburtstag feiert.

BERICHT DER GESCHÄFTSSTELLE

Mitglieder

Das DSPZ hat aktuell 195 Mitglieder und 13 Freunde. Zu den

Freunden zählen Institutionen sowie Personen, die unsere Anlie-

gen unterstützen, selbst jedoch keine Schriftsteller sind. Seit der

letzten Jahresversammlung sind Albert Fischer, Pablo Haller, Etrit

Hasler, Annette Hug und Stefan Keller neu als Mitglieder beige-

treten.

Ausgetreten sind Peter Gisi, Silvio Huonder, Bettina Wegenast

und Mario Böni. Das Mitglied Jacqueline Crevoisier ist verstor-

ben.

Finanzen

Die Jahresrechnung 2017 schliesst mit einem Verlust von

CHF 643,27 ab. Die Einnahmen durch die Mitgliederbeiträge kom-

men vollumfänglich unseren Projekten zugute, da der Vorstand eh-

renamtlich arbeitet. Der Erlös der Writers in Prison-Veranstaltung

wird jeweils dem PEN Emergency Fund überwiesen. Verantwortlich

für die Finanzen und die Geschäftsstelle an der Burgunderstrasse 13a

in Bern ist das Vorstandsmitglied Adi Blum.

Page 79: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

EINLEITENDE WORTE

Das vergangene Jahr war in Sachen Menschenrechte wiederum

kein freundliches Jahr. Autokraten in Ungarn, Polen, in der Tür-

kei, in Russland und in den USA haben immer wieder gezeigt, wie

wenig sie von der kritischen Berichterstattung in den Medien, von

der Freiheit des Wortes und von den Menschenrechten halten. Ge-

schlossene Grenzen, die Rückführung von Flüchtlingen, die Miss-

achtung der Judikative und die Inhaftierung von Autoren und Me-

dienschaffenden in diesen Ländern sind alarmierend. Leider ist

keine Änderung in Sicht. Sorge macht der Blick in westeuropäi-

sche Länder, wo sich Populisten immer mehr Gehör verschaffen.

Gerade uns Schreibende bereitet die Krise der Qualitätsmedien

Sorgen. Die NO-Billag Abstimmung vom Frühling bot Gelegen-

heit, sich für eine qualitätsvolle, unabhängige Berichterstattung in

Radio und Fernsehen in unserem Land einzusetzen. Die Art und

Weise wie mit den Daten der Nutzerinnen und Nutzern der Social

Media umgegangen wird, ist alles andere als beruhigend.

Von Erfolg und von Misserfolg des DSPZ ist zu berichten. Zwei

Jahresbericht 2017 www.pen-dschweiz.ch

Vorstand DeutschSchweizer PEN Zentrum DSPZ

Adi Blum, Michael Guggenheimer und Yusuf Yesilöz

Page 80: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

Jahre lang war der eritreische Lyriker, Jurist und Menschenrechts-

aktivist Daniel Mekonnen Gast in unserer Wohnung in Luzern.

Dank eines Entgegenkommens der dortigen Stadtverwaltung

konnten wir ihm, der nicht in seine Heimat zurück kann, die Mög-

lichkeit anbieten, in der Schweiz ungestört seiner Arbeit nachzu-

gehen. In Vorträgen vor SchülerInnen und StudentInnen sowie in

Expertengesprächen hat er immer wieder auf die Lage der Men-

schenrechte in seinem Land sowie in anderen afrikanischen Län-

dern hingewiesen. Eine Zeitlang hatte es so ausgesehen, als müsste

Mekonnen die Schweiz wieder verlassen. Unseren Kontakten mit

Rechtsanwälten, die sich in Asylfragen besonders gut auskennen,

ist zu verdanken, dass Daniel Mekonnen gegen Ende 2017 den

Bescheid erhalten hat, wonach er in der Schweiz bleiben darf!

Darüber sind wir sehr froh.

Kaum war klar, dass die Wohnung in Luzern ab Ende 2017 wieder

frei wird, wollten wir dank unserer Mitgliedschaft bei ICORN,

dem Internationalen Netzwerk Städte der Zuflucht, einem Autor

aus dem Irak die Möglichkeit bieten, seiner Arbeit in Sicherheit

nachgehen zu können. Weil die Behörden des Kantons Luzern

nicht bereit waren, ihm eine Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen,

mussten wir dieses Vorhaben zu unserem grossen Bedauern vor-

erst aufgeben. Das Writers in Exile-Programm geht aber trotzdem

weiter.

Mehrfach haben wir im vergangenen Jahr auf die Lage verfolgter

Autorinnen und Autoren aufmerksam gemacht. Sei es in Medien-

mitteilungen oder auch in den Social Media. Aber auch an Veran-

staltungen haben wir uns wiederholt an die Öffentlichkeit ge-

wandt. Sei es am Writers in Prison Day, an dem wir in Zürich, Ba-

sel und Bern jeweils im November eine Autorin oder einen Autor

aus einem Land einladen, in dem die Möglichkeit der freien Mei-

nungsäusserung bedroht oder nicht möglich ist. Im vergangenen

Jahr war es die exilierte syrische Autorin Rosa Yassin Hassan. An

den Solothurner Literaturtagen haben die Autorin Alice Grünfelder

und Autor und DSPZ-Vorstandsmitglied Yusuf Yesilöz mit einem

Streifzug durch die Literatur mit namhaften kurdischen und türki-

schen Autoren, darunter Yasar Kemal, Asli Erdogan, Necmiye

Alpay und Mehmed Uzun, Stimmen zu hören gebracht, die von

Völkervertreibung erzählen, von der Erfahrung im Gefängnis und

im Exil. Gemeinsam mit dem AdS haben wir Briefe an sechs in

der Türkei inhaftierte Autorinnen und Autoren geschrieben und

Page 81: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

von zahlreichen Autorinnen und Autoren aus der Schweiz unter-

schreiben lassen. In diesen Briefen, die in der Türkei den Briefad-

ressaten überreicht wurden, haben wir unsere Solidarität mit ihnen

zum Ausdruck gebracht.

Im laufenden Jahr haben wir in Zusammenarbeit mit der Buch-

handlung mille et deux feuilles in Zürich ein Buch über die Lage

in Eritrea präsentiert, das unser Stipendiat Daniel Mekonnen her-

ausgegeben hat. Und an den Solothurner Literaturtagen dieses Jah-

res wird der im deutschen Exil lebende irakische Autor Najem

Wali aus seinem neuen Roman vorlesen.

Michael Guggenheimer

AUS DER ARBEIT DES VORSTANDS

An der diesjährigen Hauptversammlung, die wieder unmittelbar

vor der Jahresversammlung des AdS in Solothurn stattfindet, wird

es zu Neuwahlen kommen: Yusuf Yesilöz und Michael Guggen-

heimer treten nach fünf Jahren von ihren Ämtern zurück, werden

aber gerne dem neuen DSPZ-Vorstand bei Projekten zur Seite ste-

hen. Ein Jahr lang bestand der Vorstand aus nur drei Mitgliedern.

Weil Sabina Altermatt krankheitshalber zurückgetreten ist und

zwei Kolleginnen angesichts anderweitiger Engagements sich

nicht entschliessen konnten, dem Vorstand beizutreten, ist das In-

teresse von neuen Kolleginnen und Kollegen ein Lichtblick. Ein

grosser Dank gebührt Adi Blum, unserem Geschäftsführer und

Stefanie Nydegger, die im Sekretariat in Bern immer wieder aus-

hilft. Danke auch Evin Yesilöz, für die Mithilfe bei der Ausarbei-

tung von Gesuchen an Stiftungen.

Writers-in-Prison-Day

Am internationalen Writers in Prison-Tag 2017 war die syrische

Autorin Rosa Yassin Hassan unser Gast. Die Autorin lebt seit

Michael Guggenheimer, Präsident des DSPZ

Page 82: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

2012 als anerkannter Flüchtling in Hamburg.

Sie wurde 1974 in Damaskus geboren. Bereits in den 1990er-

Jahren begann sie während ihres Architekturstudiums zu schrei-

ben; daneben engagierte sie sich für Frauenrechte und gründete die

Organisation «Frauen für Demokratie». Ihr erstes Buch war eine

Erzählsammlung, es folgten vier Romane. „Ebenholz» und

«Wächter der Lüfte» liegen in deutscher Übersetzung beim Ala-

wi-Verlag vor.

Die Lesungen fanden am Festival Buchbasel im Literaturhaus Zü-

rich und im Haus der Religionen in Bern statt. Vor vollem Saal las

die Autorin aus ihren Texten und berichtete im Gespräch eindrück-

lich über die Situation der Menschen in Syrien seit Kriegsbeginn.

Ein Schwerpunkt ihrer Lesungen bildete ihre Bemühungen, den

syrischen Frauen eine Stimme zu geben.

Moderiert wurden die Veranstaltungen in Basel und Zürich von

Michael Guggenheimer und in Bern von Regula Mader.

Die Auftritte von Rosa Yassin stiessen in den Schweizer Medien

auf grosse Aufmerksamkeit.

Writers-in-Exile-Programm

Seit 2015 betreibt das DSPZ ein Writers in Exile-Programm. Be-

drohte SchriftstellerInnen finden bei uns Zuflucht, um in der

Schweiz in Sicherheit und Ruhe weiterarbeiten zu können. Das

DSPZ finanziert den Betroffenen für mindestens ein Jahr eine

Wohnung. Zusätzlich erhält unser Gast ein Stipendium, um die

Lebensunterhaltskosten zu bestreiten. Wir helfen den AutorInnen

im Alltag und unterstützen sie dabei, die Schweiz und deren Lite-

raturszene kennenzulernen.

Seit 2015 ist das DSPZ Mitglied von ICORN – dem internationa-

len Verbund von Städten, die verfolgten SchriftstellerInnen einen

sicheren Aufenthalt im Exil gewähren.

Finanziert wird das Writers-in-Exile-Programm zur Zeit zu ei-

nem grossen Teil aus Mitgliederbeiträgen, aber auch durch Gelder

der Stadt Luzern, der Stiftung Landis & Gyr, der Stiftung Tempe-

ratio, des ANNE FRANK FONDS und der Stiftung Pro Litteris.

Daniel Mekonnen hatte während seinem Aufenthalt 2015-2017

eine beachtliche lokale und nationale Medienpräsenz, unter ande-

rem auch in der Rundschau des Schweizer Fernsehens.

Das Stipendium von Daniel Mekonnen wurde am 1. November

Page 83: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

2017 beendet. Das DSPZ produzierte als Abschluss und in Zu-

sammenarbeit mit PEN Österreich und PEN Eritrea eine Antholo-

gie, die während seines Aufenthalts in Luzern entstand:

Uncensored Voices: Essays, Poems, and Art Works by Exiled Erit-

reans.

Das Writers-in-Exile-Programm stösst in der Öffentlichkeit auf

viel positive Resonanz. Die Medien (u.a. NZZ, Bund, WOZ) be-

richteten ausführlich und interessiert über das Programm und den

Stipendiaten, Daniel Mekonnen.

Nach einer zweijährigen Pilotphase in Luzern möchte das DSPZ

nun das Programm ab 2018 in der Stadt Bern weiterführen. Zu

diesem Entscheid haben vielfältige Gründe geführt, nicht zuletzt

aber die Tatsache, dass sich eine Zusammenarbeit mit der Hoch-

schule der Künste in Bern anbahnt und die Geschäftsstelle des

DSPZ in der Hauptstadt liegt.

Vollversammlung PEN International in Lviv (18. – 22. September 2017)

Die Lage der AutorInnen und JournalistInnen in der Türkei, in

China, in Venezuela, in der Ukraine und in Afrika sowie die Wahl

der neuen Vorstandsmitglieder waren die zentralen Themen der

83. Jahrestagung von PEN-International in Lviv, Ukraine.

Prominente Gesichter wie die engagierte Iman Humaydan aus dem

Libanon und Margie Orford aus Südafrika sind in den erweiterten

Vorstand aufgenommen worden. Die neue Vize-Präsidentin ist die

Dichterin Judith Rodriguez aus Australien.

Mehr als 15 Resolutionen sind in Lviv verabschiedet worden, so

beispielsweise die Resolution für die Verurteilung von Hassreden,

die Resolution gegen die Kriminalisierung der AutorInnen in Vi-

etnam oder die Resolution für die Verurteilung der misslichen La-

ge der AutorInnen und JournalistInnen in der Ukraine.

Besonders aufmerksam wurde die Situation von AutorInnen, Me-

dienschaffenden und MenschenrechtsaktivistInnen in der Türkei

behandelt. Zahlreiche Verbrechen an KurdInnen und die Zerstö-

rung deren Städte durch die türkische Armee wurden am Kongress

beschrieben. Der belgische PEN hatte aus diesem Anlass Erzäh-

lungen von türkischen Betroffenen publiziert und möchte diese in

zahlreiche Sprachen übersetzen lassen.

Eindrücklich erzählte die Vertreterin des chinesischen Exil-PEN

Page 84: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

von der Zeit nach dem Tod von Friedensnobelpreisträger Liu

Xiaobo. Der Menschenrechtsaktivist ist im Juli 2017 in Haft ge-

ben. Entschieden verurteilte sie das menschenunwürdige Verhalten

der chinesischen Regierung, die es Familie und Freunden nicht

erlaubte, vom Verstorbenen Abschied zu nehmen. Zudem sprach

die engagierte Vertreterin von einer hoffnungslosen Situation für

DissidentInnen in China. Da China eine aufsteigende Wirt-

schaftsmacht sei, werden die Menschrechtsverletzungen vom Rest

der Welt ignoriert. Ihre bewegende Rede schloss sie mit den Wor-

ten: „Ich habe die Kraft nicht, gegen den chinesischen Staat zu

kämpfen, aber ich kann schreiben und auf die Geschehnisse hin-

weisen.“

Der nächste PEN Kongress wird 2018 in Pune, Indien, stattfinden.

Der Anlass soll im „Sinne Gandhis“ stehen, der im kommenden

Jahr seinen 150. Geburtstag feiert.

BERICHT DER GESCHÄFTSSTELLE

Mitglieder

Das DSPZ hat aktuell 195 Mitglieder und 13 Freunde. Zu den

Freunden zählen Institutionen sowie Personen, die unsere Anlie-

gen unterstützen, selbst jedoch keine Schriftsteller sind. Seit der

letzten Jahresversammlung sind Albert Fischer, Pablo Haller, Etrit

Hasler, Annette Hug und Stefan Keller neu als Mitglieder beige-

treten.

Ausgetreten sind Peter Gisi, Silvio Huonder, Bettina Wegenast

und Mario Böni. Das Mitglied Jacqueline Crevoisier ist verstor-

ben.

Finanzen

Die Jahresrechnung 2017 schliesst mit einem Verlust von

CHF 643,27 ab. Die Einnahmen durch die Mitgliederbeiträge kom-

men vollumfänglich unseren Projekten zugute, da der Vorstand eh-

renamtlich arbeitet. Der Erlös der Writers in Prison-Veranstaltung

wird jeweils dem PEN Emergency Fund überwiesen. Verantwortlich

für die Finanzen und die Geschäftsstelle an der Burgunderstrasse 13a

in Bern ist das Vorstandsmitglied Adi Blum.

Page 85: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

EINLEITENDE WORTE

Das vergangene Jahr war in Sachen Menschenrechte wiederum

kein freundliches Jahr. Autokraten in Ungarn, Polen, in der Tür-

kei, in Russland und in den USA haben immer wieder gezeigt, wie

wenig sie von der kritischen Berichterstattung in den Medien, von

der Freiheit des Wortes und von den Menschenrechten halten. Ge-

schlossene Grenzen, die Rückführung von Flüchtlingen, die Miss-

achtung der Judikative und die Inhaftierung von Autoren und Me-

dienschaffenden in diesen Ländern sind alarmierend. Leider ist

keine Änderung in Sicht. Sorge macht der Blick in westeuropäi-

sche Länder, wo sich Populisten immer mehr Gehör verschaffen.

Gerade uns Schreibende bereitet die Krise der Qualitätsmedien

Sorgen. Die NO-Billag Abstimmung vom Frühling bot Gelegen-

heit, sich für eine qualitätsvolle, unabhängige Berichterstattung in

Radio und Fernsehen in unserem Land einzusetzen. Die Art und

Weise wie mit den Daten der Nutzerinnen und Nutzern der Social

Media umgegangen wird, ist alles andere als beruhigend.

Von Erfolg und von Misserfolg des DSPZ ist zu berichten. Zwei

Jahresbericht 2017 www.pen-dschweiz.ch

Vorstand DeutschSchweizer PEN Zentrum DSPZ

Adi Blum, Michael Guggenheimer und Yusuf Yesilöz

Page 86: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

Jahre lang war der eritreische Lyriker, Jurist und Menschenrechts-

aktivist Daniel Mekonnen Gast in unserer Wohnung in Luzern.

Dank eines Entgegenkommens der dortigen Stadtverwaltung

konnten wir ihm, der nicht in seine Heimat zurück kann, die Mög-

lichkeit anbieten, in der Schweiz ungestört seiner Arbeit nachzu-

gehen. In Vorträgen vor SchülerInnen und StudentInnen sowie in

Expertengesprächen hat er immer wieder auf die Lage der Men-

schenrechte in seinem Land sowie in anderen afrikanischen Län-

dern hingewiesen. Eine Zeitlang hatte es so ausgesehen, als müsste

Mekonnen die Schweiz wieder verlassen. Unseren Kontakten mit

Rechtsanwälten, die sich in Asylfragen besonders gut auskennen,

ist zu verdanken, dass Daniel Mekonnen gegen Ende 2017 den

Bescheid erhalten hat, wonach er in der Schweiz bleiben darf!

Darüber sind wir sehr froh.

Kaum war klar, dass die Wohnung in Luzern ab Ende 2017 wieder

frei wird, wollten wir dank unserer Mitgliedschaft bei ICORN,

dem Internationalen Netzwerk Städte der Zuflucht, einem Autor

aus dem Irak die Möglichkeit bieten, seiner Arbeit in Sicherheit

nachgehen zu können. Weil die Behörden des Kantons Luzern

nicht bereit waren, ihm eine Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen,

mussten wir dieses Vorhaben zu unserem grossen Bedauern vor-

erst aufgeben. Das Writers in Exile-Programm geht aber trotzdem

weiter.

Mehrfach haben wir im vergangenen Jahr auf die Lage verfolgter

Autorinnen und Autoren aufmerksam gemacht. Sei es in Medien-

mitteilungen oder auch in den Social Media. Aber auch an Veran-

staltungen haben wir uns wiederholt an die Öffentlichkeit ge-

wandt. Sei es am Writers in Prison Day, an dem wir in Zürich, Ba-

sel und Bern jeweils im November eine Autorin oder einen Autor

aus einem Land einladen, in dem die Möglichkeit der freien Mei-

nungsäusserung bedroht oder nicht möglich ist. Im vergangenen

Jahr war es die exilierte syrische Autorin Rosa Yassin Hassan. An

den Solothurner Literaturtagen haben die Autorin Alice Grünfelder

und Autor und DSPZ-Vorstandsmitglied Yusuf Yesilöz mit einem

Streifzug durch die Literatur mit namhaften kurdischen und türki-

schen Autoren, darunter Yasar Kemal, Asli Erdogan, Necmiye

Alpay und Mehmed Uzun, Stimmen zu hören gebracht, die von

Völkervertreibung erzählen, von der Erfahrung im Gefängnis und

im Exil. Gemeinsam mit dem AdS haben wir Briefe an sechs in

der Türkei inhaftierte Autorinnen und Autoren geschrieben und

Page 87: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

von zahlreichen Autorinnen und Autoren aus der Schweiz unter-

schreiben lassen. In diesen Briefen, die in der Türkei den Briefad-

ressaten überreicht wurden, haben wir unsere Solidarität mit ihnen

zum Ausdruck gebracht.

Im laufenden Jahr haben wir in Zusammenarbeit mit der Buch-

handlung mille et deux feuilles in Zürich ein Buch über die Lage

in Eritrea präsentiert, das unser Stipendiat Daniel Mekonnen her-

ausgegeben hat. Und an den Solothurner Literaturtagen dieses Jah-

res wird der im deutschen Exil lebende irakische Autor Najem

Wali aus seinem neuen Roman vorlesen.

Michael Guggenheimer

AUS DER ARBEIT DES VORSTANDS

An der diesjährigen Hauptversammlung, die wieder unmittelbar

vor der Jahresversammlung des AdS in Solothurn stattfindet, wird

es zu Neuwahlen kommen: Yusuf Yesilöz und Michael Guggen-

heimer treten nach fünf Jahren von ihren Ämtern zurück, werden

aber gerne dem neuen DSPZ-Vorstand bei Projekten zur Seite ste-

hen. Ein Jahr lang bestand der Vorstand aus nur drei Mitgliedern.

Weil Sabina Altermatt krankheitshalber zurückgetreten ist und

zwei Kolleginnen angesichts anderweitiger Engagements sich

nicht entschliessen konnten, dem Vorstand beizutreten, ist das In-

teresse von neuen Kolleginnen und Kollegen ein Lichtblick. Ein

grosser Dank gebührt Adi Blum, unserem Geschäftsführer und

Stefanie Nydegger, die im Sekretariat in Bern immer wieder aus-

hilft. Danke auch Evin Yesilöz, für die Mithilfe bei der Ausarbei-

tung von Gesuchen an Stiftungen.

Writers-in-Prison-Day

Am internationalen Writers in Prison-Tag 2017 war die syrische

Autorin Rosa Yassin Hassan unser Gast. Die Autorin lebt seit

Michael Guggenheimer, Präsident des DSPZ

Page 88: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

2012 als anerkannter Flüchtling in Hamburg.

Sie wurde 1974 in Damaskus geboren. Bereits in den 1990er-

Jahren begann sie während ihres Architekturstudiums zu schrei-

ben; daneben engagierte sie sich für Frauenrechte und gründete die

Organisation «Frauen für Demokratie». Ihr erstes Buch war eine

Erzählsammlung, es folgten vier Romane. „Ebenholz» und

«Wächter der Lüfte» liegen in deutscher Übersetzung beim Ala-

wi-Verlag vor.

Die Lesungen fanden am Festival Buchbasel im Literaturhaus Zü-

rich und im Haus der Religionen in Bern statt. Vor vollem Saal las

die Autorin aus ihren Texten und berichtete im Gespräch eindrück-

lich über die Situation der Menschen in Syrien seit Kriegsbeginn.

Ein Schwerpunkt ihrer Lesungen bildete ihre Bemühungen, den

syrischen Frauen eine Stimme zu geben.

Moderiert wurden die Veranstaltungen in Basel und Zürich von

Michael Guggenheimer und in Bern von Regula Mader.

Die Auftritte von Rosa Yassin stiessen in den Schweizer Medien

auf grosse Aufmerksamkeit.

Writers-in-Exile-Programm

Seit 2015 betreibt das DSPZ ein Writers in Exile-Programm. Be-

drohte SchriftstellerInnen finden bei uns Zuflucht, um in der

Schweiz in Sicherheit und Ruhe weiterarbeiten zu können. Das

DSPZ finanziert den Betroffenen für mindestens ein Jahr eine

Wohnung. Zusätzlich erhält unser Gast ein Stipendium, um die

Lebensunterhaltskosten zu bestreiten. Wir helfen den AutorInnen

im Alltag und unterstützen sie dabei, die Schweiz und deren Lite-

raturszene kennenzulernen.

Seit 2015 ist das DSPZ Mitglied von ICORN – dem internationa-

len Verbund von Städten, die verfolgten SchriftstellerInnen einen

sicheren Aufenthalt im Exil gewähren.

Finanziert wird das Writers-in-Exile-Programm zur Zeit zu ei-

nem grossen Teil aus Mitgliederbeiträgen, aber auch durch Gelder

der Stadt Luzern, der Stiftung Landis & Gyr, der Stiftung Tempe-

ratio, des ANNE FRANK FONDS und der Stiftung Pro Litteris.

Daniel Mekonnen hatte während seinem Aufenthalt 2015-2017

eine beachtliche lokale und nationale Medienpräsenz, unter ande-

rem auch in der Rundschau des Schweizer Fernsehens.

Das Stipendium von Daniel Mekonnen wurde am 1. November

Page 89: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

2017 beendet. Das DSPZ produzierte als Abschluss und in Zu-

sammenarbeit mit PEN Österreich und PEN Eritrea eine Antholo-

gie, die während seines Aufenthalts in Luzern entstand:

Uncensored Voices: Essays, Poems, and Art Works by Exiled Erit-

reans.

Das Writers-in-Exile-Programm stösst in der Öffentlichkeit auf

viel positive Resonanz. Die Medien (u.a. NZZ, Bund, WOZ) be-

richteten ausführlich und interessiert über das Programm und den

Stipendiaten, Daniel Mekonnen.

Nach einer zweijährigen Pilotphase in Luzern möchte das DSPZ

nun das Programm ab 2018 in der Stadt Bern weiterführen. Zu

diesem Entscheid haben vielfältige Gründe geführt, nicht zuletzt

aber die Tatsache, dass sich eine Zusammenarbeit mit der Hoch-

schule der Künste in Bern anbahnt und die Geschäftsstelle des

DSPZ in der Hauptstadt liegt.

Vollversammlung PEN International in Lviv (18. – 22. September 2017)

Die Lage der AutorInnen und JournalistInnen in der Türkei, in

China, in Venezuela, in der Ukraine und in Afrika sowie die Wahl

der neuen Vorstandsmitglieder waren die zentralen Themen der

83. Jahrestagung von PEN-International in Lviv, Ukraine.

Prominente Gesichter wie die engagierte Iman Humaydan aus dem

Libanon und Margie Orford aus Südafrika sind in den erweiterten

Vorstand aufgenommen worden. Die neue Vize-Präsidentin ist die

Dichterin Judith Rodriguez aus Australien.

Mehr als 15 Resolutionen sind in Lviv verabschiedet worden, so

beispielsweise die Resolution für die Verurteilung von Hassreden,

die Resolution gegen die Kriminalisierung der AutorInnen in Vi-

etnam oder die Resolution für die Verurteilung der misslichen La-

ge der AutorInnen und JournalistInnen in der Ukraine.

Besonders aufmerksam wurde die Situation von AutorInnen, Me-

dienschaffenden und MenschenrechtsaktivistInnen in der Türkei

behandelt. Zahlreiche Verbrechen an KurdInnen und die Zerstö-

rung deren Städte durch die türkische Armee wurden am Kongress

beschrieben. Der belgische PEN hatte aus diesem Anlass Erzäh-

lungen von türkischen Betroffenen publiziert und möchte diese in

zahlreiche Sprachen übersetzen lassen.

Eindrücklich erzählte die Vertreterin des chinesischen Exil-PEN

Page 90: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

von der Zeit nach dem Tod von Friedensnobelpreisträger Liu

Xiaobo. Der Menschenrechtsaktivist ist im Juli 2017 in Haft ge-

ben. Entschieden verurteilte sie das menschenunwürdige Verhalten

der chinesischen Regierung, die es Familie und Freunden nicht

erlaubte, vom Verstorbenen Abschied zu nehmen. Zudem sprach

die engagierte Vertreterin von einer hoffnungslosen Situation für

DissidentInnen in China. Da China eine aufsteigende Wirt-

schaftsmacht sei, werden die Menschrechtsverletzungen vom Rest

der Welt ignoriert. Ihre bewegende Rede schloss sie mit den Wor-

ten: „Ich habe die Kraft nicht, gegen den chinesischen Staat zu

kämpfen, aber ich kann schreiben und auf die Geschehnisse hin-

weisen.“

Der nächste PEN Kongress wird 2018 in Pune, Indien, stattfinden.

Der Anlass soll im „Sinne Gandhis“ stehen, der im kommenden

Jahr seinen 150. Geburtstag feiert.

BERICHT DER GESCHÄFTSSTELLE

Mitglieder

Das DSPZ hat aktuell 195 Mitglieder und 13 Freunde. Zu den

Freunden zählen Institutionen sowie Personen, die unsere Anlie-

gen unterstützen, selbst jedoch keine Schriftsteller sind. Seit der

letzten Jahresversammlung sind Albert Fischer, Pablo Haller, Etrit

Hasler, Annette Hug und Stefan Keller neu als Mitglieder beige-

treten.

Ausgetreten sind Peter Gisi, Silvio Huonder, Bettina Wegenast

und Mario Böni. Das Mitglied Jacqueline Crevoisier ist verstor-

ben.

Finanzen

Die Jahresrechnung 2017 schliesst mit einem Verlust von

CHF 643,27 ab. Die Einnahmen durch die Mitgliederbeiträge kom-

men vollumfänglich unseren Projekten zugute, da der Vorstand eh-

renamtlich arbeitet. Der Erlös der Writers in Prison-Veranstaltung

wird jeweils dem PEN Emergency Fund überwiesen. Verantwortlich

für die Finanzen und die Geschäftsstelle an der Burgunderstrasse 13a

in Bern ist das Vorstandsmitglied Adi Blum.

Page 91: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

EINLEITENDE WORTE

Das vergangene Jahr war in Sachen Menschenrechte wiederum

kein freundliches Jahr. Autokraten in Ungarn, Polen, in der Tür-

kei, in Russland und in den USA haben immer wieder gezeigt, wie

wenig sie von der kritischen Berichterstattung in den Medien, von

der Freiheit des Wortes und von den Menschenrechten halten. Ge-

schlossene Grenzen, die Rückführung von Flüchtlingen, die Miss-

achtung der Judikative und die Inhaftierung von Autoren und Me-

dienschaffenden in diesen Ländern sind alarmierend. Leider ist

keine Änderung in Sicht. Sorge macht der Blick in westeuropäi-

sche Länder, wo sich Populisten immer mehr Gehör verschaffen.

Gerade uns Schreibende bereitet die Krise der Qualitätsmedien

Sorgen. Die NO-Billag Abstimmung vom Frühling bot Gelegen-

heit, sich für eine qualitätsvolle, unabhängige Berichterstattung in

Radio und Fernsehen in unserem Land einzusetzen. Die Art und

Weise wie mit den Daten der Nutzerinnen und Nutzern der Social

Media umgegangen wird, ist alles andere als beruhigend.

Von Erfolg und von Misserfolg des DSPZ ist zu berichten. Zwei

Jahresbericht 2017 www.pen-dschweiz.ch

Vorstand DeutschSchweizer PEN Zentrum DSPZ

Adi Blum, Michael Guggenheimer und Yusuf Yesilöz

Page 92: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

Jahre lang war der eritreische Lyriker, Jurist und Menschenrechts-

aktivist Daniel Mekonnen Gast in unserer Wohnung in Luzern.

Dank eines Entgegenkommens der dortigen Stadtverwaltung

konnten wir ihm, der nicht in seine Heimat zurück kann, die Mög-

lichkeit anbieten, in der Schweiz ungestört seiner Arbeit nachzu-

gehen. In Vorträgen vor SchülerInnen und StudentInnen sowie in

Expertengesprächen hat er immer wieder auf die Lage der Men-

schenrechte in seinem Land sowie in anderen afrikanischen Län-

dern hingewiesen. Eine Zeitlang hatte es so ausgesehen, als müsste

Mekonnen die Schweiz wieder verlassen. Unseren Kontakten mit

Rechtsanwälten, die sich in Asylfragen besonders gut auskennen,

ist zu verdanken, dass Daniel Mekonnen gegen Ende 2017 den

Bescheid erhalten hat, wonach er in der Schweiz bleiben darf!

Darüber sind wir sehr froh.

Kaum war klar, dass die Wohnung in Luzern ab Ende 2017 wieder

frei wird, wollten wir dank unserer Mitgliedschaft bei ICORN,

dem Internationalen Netzwerk Städte der Zuflucht, einem Autor

aus dem Irak die Möglichkeit bieten, seiner Arbeit in Sicherheit

nachgehen zu können. Weil die Behörden des Kantons Luzern

nicht bereit waren, ihm eine Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen,

mussten wir dieses Vorhaben zu unserem grossen Bedauern vor-

erst aufgeben. Das Writers in Exile-Programm geht aber trotzdem

weiter.

Mehrfach haben wir im vergangenen Jahr auf die Lage verfolgter

Autorinnen und Autoren aufmerksam gemacht. Sei es in Medien-

mitteilungen oder auch in den Social Media. Aber auch an Veran-

staltungen haben wir uns wiederholt an die Öffentlichkeit ge-

wandt. Sei es am Writers in Prison Day, an dem wir in Zürich, Ba-

sel und Bern jeweils im November eine Autorin oder einen Autor

aus einem Land einladen, in dem die Möglichkeit der freien Mei-

nungsäusserung bedroht oder nicht möglich ist. Im vergangenen

Jahr war es die exilierte syrische Autorin Rosa Yassin Hassan. An

den Solothurner Literaturtagen haben die Autorin Alice Grünfelder

und Autor und DSPZ-Vorstandsmitglied Yusuf Yesilöz mit einem

Streifzug durch die Literatur mit namhaften kurdischen und türki-

schen Autoren, darunter Yasar Kemal, Asli Erdogan, Necmiye

Alpay und Mehmed Uzun, Stimmen zu hören gebracht, die von

Völkervertreibung erzählen, von der Erfahrung im Gefängnis und

im Exil. Gemeinsam mit dem AdS haben wir Briefe an sechs in

der Türkei inhaftierte Autorinnen und Autoren geschrieben und

Page 93: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

von zahlreichen Autorinnen und Autoren aus der Schweiz unter-

schreiben lassen. In diesen Briefen, die in der Türkei den Briefad-

ressaten überreicht wurden, haben wir unsere Solidarität mit ihnen

zum Ausdruck gebracht.

Im laufenden Jahr haben wir in Zusammenarbeit mit der Buch-

handlung mille et deux feuilles in Zürich ein Buch über die Lage

in Eritrea präsentiert, das unser Stipendiat Daniel Mekonnen her-

ausgegeben hat. Und an den Solothurner Literaturtagen dieses Jah-

res wird der im deutschen Exil lebende irakische Autor Najem

Wali aus seinem neuen Roman vorlesen.

Michael Guggenheimer

AUS DER ARBEIT DES VORSTANDS

An der diesjährigen Hauptversammlung, die wieder unmittelbar

vor der Jahresversammlung des AdS in Solothurn stattfindet, wird

es zu Neuwahlen kommen: Yusuf Yesilöz und Michael Guggen-

heimer treten nach fünf Jahren von ihren Ämtern zurück, werden

aber gerne dem neuen DSPZ-Vorstand bei Projekten zur Seite ste-

hen. Ein Jahr lang bestand der Vorstand aus nur drei Mitgliedern.

Weil Sabina Altermatt krankheitshalber zurückgetreten ist und

zwei Kolleginnen angesichts anderweitiger Engagements sich

nicht entschliessen konnten, dem Vorstand beizutreten, ist das In-

teresse von neuen Kolleginnen und Kollegen ein Lichtblick. Ein

grosser Dank gebührt Adi Blum, unserem Geschäftsführer und

Stefanie Nydegger, die im Sekretariat in Bern immer wieder aus-

hilft. Danke auch Evin Yesilöz, für die Mithilfe bei der Ausarbei-

tung von Gesuchen an Stiftungen.

Writers-in-Prison-Day

Am internationalen Writers in Prison-Tag 2017 war die syrische

Autorin Rosa Yassin Hassan unser Gast. Die Autorin lebt seit

Michael Guggenheimer, Präsident des DSPZ

Page 94: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

2012 als anerkannter Flüchtling in Hamburg.

Sie wurde 1974 in Damaskus geboren. Bereits in den 1990er-

Jahren begann sie während ihres Architekturstudiums zu schrei-

ben; daneben engagierte sie sich für Frauenrechte und gründete die

Organisation «Frauen für Demokratie». Ihr erstes Buch war eine

Erzählsammlung, es folgten vier Romane. „Ebenholz» und

«Wächter der Lüfte» liegen in deutscher Übersetzung beim Ala-

wi-Verlag vor.

Die Lesungen fanden am Festival Buchbasel im Literaturhaus Zü-

rich und im Haus der Religionen in Bern statt. Vor vollem Saal las

die Autorin aus ihren Texten und berichtete im Gespräch eindrück-

lich über die Situation der Menschen in Syrien seit Kriegsbeginn.

Ein Schwerpunkt ihrer Lesungen bildete ihre Bemühungen, den

syrischen Frauen eine Stimme zu geben.

Moderiert wurden die Veranstaltungen in Basel und Zürich von

Michael Guggenheimer und in Bern von Regula Mader.

Die Auftritte von Rosa Yassin stiessen in den Schweizer Medien

auf grosse Aufmerksamkeit.

Writers-in-Exile-Programm

Seit 2015 betreibt das DSPZ ein Writers in Exile-Programm. Be-

drohte SchriftstellerInnen finden bei uns Zuflucht, um in der

Schweiz in Sicherheit und Ruhe weiterarbeiten zu können. Das

DSPZ finanziert den Betroffenen für mindestens ein Jahr eine

Wohnung. Zusätzlich erhält unser Gast ein Stipendium, um die

Lebensunterhaltskosten zu bestreiten. Wir helfen den AutorInnen

im Alltag und unterstützen sie dabei, die Schweiz und deren Lite-

raturszene kennenzulernen.

Seit 2015 ist das DSPZ Mitglied von ICORN – dem internationa-

len Verbund von Städten, die verfolgten SchriftstellerInnen einen

sicheren Aufenthalt im Exil gewähren.

Finanziert wird das Writers-in-Exile-Programm zur Zeit zu ei-

nem grossen Teil aus Mitgliederbeiträgen, aber auch durch Gelder

der Stadt Luzern, der Stiftung Landis & Gyr, der Stiftung Tempe-

ratio, des ANNE FRANK FONDS und der Stiftung Pro Litteris.

Daniel Mekonnen hatte während seinem Aufenthalt 2015-2017

eine beachtliche lokale und nationale Medienpräsenz, unter ande-

rem auch in der Rundschau des Schweizer Fernsehens.

Das Stipendium von Daniel Mekonnen wurde am 1. November

Page 95: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

2017 beendet. Das DSPZ produzierte als Abschluss und in Zu-

sammenarbeit mit PEN Österreich und PEN Eritrea eine Antholo-

gie, die während seines Aufenthalts in Luzern entstand:

Uncensored Voices: Essays, Poems, and Art Works by Exiled Erit-

reans.

Das Writers-in-Exile-Programm stösst in der Öffentlichkeit auf

viel positive Resonanz. Die Medien (u.a. NZZ, Bund, WOZ) be-

richteten ausführlich und interessiert über das Programm und den

Stipendiaten, Daniel Mekonnen.

Nach einer zweijährigen Pilotphase in Luzern möchte das DSPZ

nun das Programm ab 2018 in der Stadt Bern weiterführen. Zu

diesem Entscheid haben vielfältige Gründe geführt, nicht zuletzt

aber die Tatsache, dass sich eine Zusammenarbeit mit der Hoch-

schule der Künste in Bern anbahnt und die Geschäftsstelle des

DSPZ in der Hauptstadt liegt.

Vollversammlung PEN International in Lviv (18. – 22. September 2017)

Die Lage der AutorInnen und JournalistInnen in der Türkei, in

China, in Venezuela, in der Ukraine und in Afrika sowie die Wahl

der neuen Vorstandsmitglieder waren die zentralen Themen der

83. Jahrestagung von PEN-International in Lviv, Ukraine.

Prominente Gesichter wie die engagierte Iman Humaydan aus dem

Libanon und Margie Orford aus Südafrika sind in den erweiterten

Vorstand aufgenommen worden. Die neue Vize-Präsidentin ist die

Dichterin Judith Rodriguez aus Australien.

Mehr als 15 Resolutionen sind in Lviv verabschiedet worden, so

beispielsweise die Resolution für die Verurteilung von Hassreden,

die Resolution gegen die Kriminalisierung der AutorInnen in Vi-

etnam oder die Resolution für die Verurteilung der misslichen La-

ge der AutorInnen und JournalistInnen in der Ukraine.

Besonders aufmerksam wurde die Situation von AutorInnen, Me-

dienschaffenden und MenschenrechtsaktivistInnen in der Türkei

behandelt. Zahlreiche Verbrechen an KurdInnen und die Zerstö-

rung deren Städte durch die türkische Armee wurden am Kongress

beschrieben. Der belgische PEN hatte aus diesem Anlass Erzäh-

lungen von türkischen Betroffenen publiziert und möchte diese in

zahlreiche Sprachen übersetzen lassen.

Eindrücklich erzählte die Vertreterin des chinesischen Exil-PEN

Page 96: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

von der Zeit nach dem Tod von Friedensnobelpreisträger Liu

Xiaobo. Der Menschenrechtsaktivist ist im Juli 2017 in Haft ge-

ben. Entschieden verurteilte sie das menschenunwürdige Verhalten

der chinesischen Regierung, die es Familie und Freunden nicht

erlaubte, vom Verstorbenen Abschied zu nehmen. Zudem sprach

die engagierte Vertreterin von einer hoffnungslosen Situation für

DissidentInnen in China. Da China eine aufsteigende Wirt-

schaftsmacht sei, werden die Menschrechtsverletzungen vom Rest

der Welt ignoriert. Ihre bewegende Rede schloss sie mit den Wor-

ten: „Ich habe die Kraft nicht, gegen den chinesischen Staat zu

kämpfen, aber ich kann schreiben und auf die Geschehnisse hin-

weisen.“

Der nächste PEN Kongress wird 2018 in Pune, Indien, stattfinden.

Der Anlass soll im „Sinne Gandhis“ stehen, der im kommenden

Jahr seinen 150. Geburtstag feiert.

BERICHT DER GESCHÄFTSSTELLE

Mitglieder

Das DSPZ hat aktuell 195 Mitglieder und 13 Freunde. Zu den

Freunden zählen Institutionen sowie Personen, die unsere Anlie-

gen unterstützen, selbst jedoch keine Schriftsteller sind. Seit der

letzten Jahresversammlung sind Albert Fischer, Pablo Haller, Etrit

Hasler, Annette Hug und Stefan Keller neu als Mitglieder beige-

treten.

Ausgetreten sind Peter Gisi, Silvio Huonder, Bettina Wegenast

und Mario Böni. Das Mitglied Jacqueline Crevoisier ist verstor-

ben.

Finanzen

Die Jahresrechnung 2017 schliesst mit einem Verlust von

CHF 643,27 ab. Die Einnahmen durch die Mitgliederbeiträge kom-

men vollumfänglich unseren Projekten zugute, da der Vorstand eh-

renamtlich arbeitet. Der Erlös der Writers in Prison-Veranstaltung

wird jeweils dem PEN Emergency Fund überwiesen. Verantwortlich

für die Finanzen und die Geschäftsstelle an der Burgunderstrasse 13a

in Bern ist das Vorstandsmitglied Adi Blum.

Page 97: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

EINLEITENDE WORTE

Das vergangene Jahr war in Sachen Menschenrechte wiederum

kein freundliches Jahr. Autokraten in Ungarn, Polen, in der Tür-

kei, in Russland und in den USA haben immer wieder gezeigt, wie

wenig sie von der kritischen Berichterstattung in den Medien, von

der Freiheit des Wortes und von den Menschenrechten halten. Ge-

schlossene Grenzen, die Rückführung von Flüchtlingen, die Miss-

achtung der Judikative und die Inhaftierung von Autoren und Me-

dienschaffenden in diesen Ländern sind alarmierend. Leider ist

keine Änderung in Sicht. Sorge macht der Blick in westeuropäi-

sche Länder, wo sich Populisten immer mehr Gehör verschaffen.

Gerade uns Schreibende bereitet die Krise der Qualitätsmedien

Sorgen. Die NO-Billag Abstimmung vom Frühling bot Gelegen-

heit, sich für eine qualitätsvolle, unabhängige Berichterstattung in

Radio und Fernsehen in unserem Land einzusetzen. Die Art und

Weise wie mit den Daten der Nutzerinnen und Nutzern der Social

Media umgegangen wird, ist alles andere als beruhigend.

Von Erfolg und von Misserfolg des DSPZ ist zu berichten. Zwei

Jahresbericht 2017 www.pen-dschweiz.ch

Vorstand DeutschSchweizer PEN Zentrum DSPZ

Adi Blum, Michael Guggenheimer und Yusuf Yesilöz

Page 98: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

Jahre lang war der eritreische Lyriker, Jurist und Menschenrechts-

aktivist Daniel Mekonnen Gast in unserer Wohnung in Luzern.

Dank eines Entgegenkommens der dortigen Stadtverwaltung

konnten wir ihm, der nicht in seine Heimat zurück kann, die Mög-

lichkeit anbieten, in der Schweiz ungestört seiner Arbeit nachzu-

gehen. In Vorträgen vor SchülerInnen und StudentInnen sowie in

Expertengesprächen hat er immer wieder auf die Lage der Men-

schenrechte in seinem Land sowie in anderen afrikanischen Län-

dern hingewiesen. Eine Zeitlang hatte es so ausgesehen, als müsste

Mekonnen die Schweiz wieder verlassen. Unseren Kontakten mit

Rechtsanwälten, die sich in Asylfragen besonders gut auskennen,

ist zu verdanken, dass Daniel Mekonnen gegen Ende 2017 den

Bescheid erhalten hat, wonach er in der Schweiz bleiben darf!

Darüber sind wir sehr froh.

Kaum war klar, dass die Wohnung in Luzern ab Ende 2017 wieder

frei wird, wollten wir dank unserer Mitgliedschaft bei ICORN,

dem Internationalen Netzwerk Städte der Zuflucht, einem Autor

aus dem Irak die Möglichkeit bieten, seiner Arbeit in Sicherheit

nachgehen zu können. Weil die Behörden des Kantons Luzern

nicht bereit waren, ihm eine Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen,

mussten wir dieses Vorhaben zu unserem grossen Bedauern vor-

erst aufgeben. Das Writers in Exile-Programm geht aber trotzdem

weiter.

Mehrfach haben wir im vergangenen Jahr auf die Lage verfolgter

Autorinnen und Autoren aufmerksam gemacht. Sei es in Medien-

mitteilungen oder auch in den Social Media. Aber auch an Veran-

staltungen haben wir uns wiederholt an die Öffentlichkeit ge-

wandt. Sei es am Writers in Prison Day, an dem wir in Zürich, Ba-

sel und Bern jeweils im November eine Autorin oder einen Autor

aus einem Land einladen, in dem die Möglichkeit der freien Mei-

nungsäusserung bedroht oder nicht möglich ist. Im vergangenen

Jahr war es die exilierte syrische Autorin Rosa Yassin Hassan. An

den Solothurner Literaturtagen haben die Autorin Alice Grünfelder

und Autor und DSPZ-Vorstandsmitglied Yusuf Yesilöz mit einem

Streifzug durch die Literatur mit namhaften kurdischen und türki-

schen Autoren, darunter Yasar Kemal, Asli Erdogan, Necmiye

Alpay und Mehmed Uzun, Stimmen zu hören gebracht, die von

Völkervertreibung erzählen, von der Erfahrung im Gefängnis und

im Exil. Gemeinsam mit dem AdS haben wir Briefe an sechs in

der Türkei inhaftierte Autorinnen und Autoren geschrieben und

Page 99: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

von zahlreichen Autorinnen und Autoren aus der Schweiz unter-

schreiben lassen. In diesen Briefen, die in der Türkei den Briefad-

ressaten überreicht wurden, haben wir unsere Solidarität mit ihnen

zum Ausdruck gebracht.

Im laufenden Jahr haben wir in Zusammenarbeit mit der Buch-

handlung mille et deux feuilles in Zürich ein Buch über die Lage

in Eritrea präsentiert, das unser Stipendiat Daniel Mekonnen her-

ausgegeben hat. Und an den Solothurner Literaturtagen dieses Jah-

res wird der im deutschen Exil lebende irakische Autor Najem

Wali aus seinem neuen Roman vorlesen.

Michael Guggenheimer

AUS DER ARBEIT DES VORSTANDS

An der diesjährigen Hauptversammlung, die wieder unmittelbar

vor der Jahresversammlung des AdS in Solothurn stattfindet, wird

es zu Neuwahlen kommen: Yusuf Yesilöz und Michael Guggen-

heimer treten nach fünf Jahren von ihren Ämtern zurück, werden

aber gerne dem neuen DSPZ-Vorstand bei Projekten zur Seite ste-

hen. Ein Jahr lang bestand der Vorstand aus nur drei Mitgliedern.

Weil Sabina Altermatt krankheitshalber zurückgetreten ist und

zwei Kolleginnen angesichts anderweitiger Engagements sich

nicht entschliessen konnten, dem Vorstand beizutreten, ist das In-

teresse von neuen Kolleginnen und Kollegen ein Lichtblick. Ein

grosser Dank gebührt Adi Blum, unserem Geschäftsführer und

Stefanie Nydegger, die im Sekretariat in Bern immer wieder aus-

hilft. Danke auch Evin Yesilöz, für die Mithilfe bei der Ausarbei-

tung von Gesuchen an Stiftungen.

Writers-in-Prison-Day

Am internationalen Writers in Prison-Tag 2017 war die syrische

Autorin Rosa Yassin Hassan unser Gast. Die Autorin lebt seit

Michael Guggenheimer, Präsident des DSPZ

Page 100: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

2012 als anerkannter Flüchtling in Hamburg.

Sie wurde 1974 in Damaskus geboren. Bereits in den 1990er-

Jahren begann sie während ihres Architekturstudiums zu schrei-

ben; daneben engagierte sie sich für Frauenrechte und gründete die

Organisation «Frauen für Demokratie». Ihr erstes Buch war eine

Erzählsammlung, es folgten vier Romane. „Ebenholz» und

«Wächter der Lüfte» liegen in deutscher Übersetzung beim Ala-

wi-Verlag vor.

Die Lesungen fanden am Festival Buchbasel im Literaturhaus Zü-

rich und im Haus der Religionen in Bern statt. Vor vollem Saal las

die Autorin aus ihren Texten und berichtete im Gespräch eindrück-

lich über die Situation der Menschen in Syrien seit Kriegsbeginn.

Ein Schwerpunkt ihrer Lesungen bildete ihre Bemühungen, den

syrischen Frauen eine Stimme zu geben.

Moderiert wurden die Veranstaltungen in Basel und Zürich von

Michael Guggenheimer und in Bern von Regula Mader.

Die Auftritte von Rosa Yassin stiessen in den Schweizer Medien

auf grosse Aufmerksamkeit.

Writers-in-Exile-Programm

Seit 2015 betreibt das DSPZ ein Writers in Exile-Programm. Be-

drohte SchriftstellerInnen finden bei uns Zuflucht, um in der

Schweiz in Sicherheit und Ruhe weiterarbeiten zu können. Das

DSPZ finanziert den Betroffenen für mindestens ein Jahr eine

Wohnung. Zusätzlich erhält unser Gast ein Stipendium, um die

Lebensunterhaltskosten zu bestreiten. Wir helfen den AutorInnen

im Alltag und unterstützen sie dabei, die Schweiz und deren Lite-

raturszene kennenzulernen.

Seit 2015 ist das DSPZ Mitglied von ICORN – dem internationa-

len Verbund von Städten, die verfolgten SchriftstellerInnen einen

sicheren Aufenthalt im Exil gewähren.

Finanziert wird das Writers-in-Exile-Programm zur Zeit zu ei-

nem grossen Teil aus Mitgliederbeiträgen, aber auch durch Gelder

der Stadt Luzern, der Stiftung Landis & Gyr, der Stiftung Tempe-

ratio, des ANNE FRANK FONDS und der Stiftung Pro Litteris.

Daniel Mekonnen hatte während seinem Aufenthalt 2015-2017

eine beachtliche lokale und nationale Medienpräsenz, unter ande-

rem auch in der Rundschau des Schweizer Fernsehens.

Das Stipendium von Daniel Mekonnen wurde am 1. November

Page 101: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

2017 beendet. Das DSPZ produzierte als Abschluss und in Zu-

sammenarbeit mit PEN Österreich und PEN Eritrea eine Antholo-

gie, die während seines Aufenthalts in Luzern entstand:

Uncensored Voices: Essays, Poems, and Art Works by Exiled Erit-

reans.

Das Writers-in-Exile-Programm stösst in der Öffentlichkeit auf

viel positive Resonanz. Die Medien (u.a. NZZ, Bund, WOZ) be-

richteten ausführlich und interessiert über das Programm und den

Stipendiaten, Daniel Mekonnen.

Nach einer zweijährigen Pilotphase in Luzern möchte das DSPZ

nun das Programm ab 2018 in der Stadt Bern weiterführen. Zu

diesem Entscheid haben vielfältige Gründe geführt, nicht zuletzt

aber die Tatsache, dass sich eine Zusammenarbeit mit der Hoch-

schule der Künste in Bern anbahnt und die Geschäftsstelle des

DSPZ in der Hauptstadt liegt.

Vollversammlung PEN International in Lviv (18. – 22. September 2017)

Die Lage der AutorInnen und JournalistInnen in der Türkei, in

China, in Venezuela, in der Ukraine und in Afrika sowie die Wahl

der neuen Vorstandsmitglieder waren die zentralen Themen der

83. Jahrestagung von PEN-International in Lviv, Ukraine.

Prominente Gesichter wie die engagierte Iman Humaydan aus dem

Libanon und Margie Orford aus Südafrika sind in den erweiterten

Vorstand aufgenommen worden. Die neue Vize-Präsidentin ist die

Dichterin Judith Rodriguez aus Australien.

Mehr als 15 Resolutionen sind in Lviv verabschiedet worden, so

beispielsweise die Resolution für die Verurteilung von Hassreden,

die Resolution gegen die Kriminalisierung der AutorInnen in Vi-

etnam oder die Resolution für die Verurteilung der misslichen La-

ge der AutorInnen und JournalistInnen in der Ukraine.

Besonders aufmerksam wurde die Situation von AutorInnen, Me-

dienschaffenden und MenschenrechtsaktivistInnen in der Türkei

behandelt. Zahlreiche Verbrechen an KurdInnen und die Zerstö-

rung deren Städte durch die türkische Armee wurden am Kongress

beschrieben. Der belgische PEN hatte aus diesem Anlass Erzäh-

lungen von türkischen Betroffenen publiziert und möchte diese in

zahlreiche Sprachen übersetzen lassen.

Eindrücklich erzählte die Vertreterin des chinesischen Exil-PEN

Page 102: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

von der Zeit nach dem Tod von Friedensnobelpreisträger Liu

Xiaobo. Der Menschenrechtsaktivist ist im Juli 2017 in Haft ge-

ben. Entschieden verurteilte sie das menschenunwürdige Verhalten

der chinesischen Regierung, die es Familie und Freunden nicht

erlaubte, vom Verstorbenen Abschied zu nehmen. Zudem sprach

die engagierte Vertreterin von einer hoffnungslosen Situation für

DissidentInnen in China. Da China eine aufsteigende Wirt-

schaftsmacht sei, werden die Menschrechtsverletzungen vom Rest

der Welt ignoriert. Ihre bewegende Rede schloss sie mit den Wor-

ten: „Ich habe die Kraft nicht, gegen den chinesischen Staat zu

kämpfen, aber ich kann schreiben und auf die Geschehnisse hin-

weisen.“

Der nächste PEN Kongress wird 2018 in Pune, Indien, stattfinden.

Der Anlass soll im „Sinne Gandhis“ stehen, der im kommenden

Jahr seinen 150. Geburtstag feiert.

BERICHT DER GESCHÄFTSSTELLE

Mitglieder

Das DSPZ hat aktuell 195 Mitglieder und 13 Freunde. Zu den

Freunden zählen Institutionen sowie Personen, die unsere Anlie-

gen unterstützen, selbst jedoch keine Schriftsteller sind. Seit der

letzten Jahresversammlung sind Albert Fischer, Pablo Haller, Etrit

Hasler, Annette Hug und Stefan Keller neu als Mitglieder beige-

treten.

Ausgetreten sind Peter Gisi, Silvio Huonder, Bettina Wegenast

und Mario Böni. Das Mitglied Jacqueline Crevoisier ist verstor-

ben.

Finanzen

Die Jahresrechnung 2017 schliesst mit einem Verlust von

CHF 643,27 ab. Die Einnahmen durch die Mitgliederbeiträge kom-

men vollumfänglich unseren Projekten zugute, da der Vorstand eh-

renamtlich arbeitet. Der Erlös der Writers in Prison-Veranstaltung

wird jeweils dem PEN Emergency Fund überwiesen. Verantwortlich

für die Finanzen und die Geschäftsstelle an der Burgunderstrasse 13a

in Bern ist das Vorstandsmitglied Adi Blum.

Page 103: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

EINLEITENDE WORTE

Das vergangene Jahr war in Sachen Menschenrechte wiederum

kein freundliches Jahr. Autokraten in Ungarn, Polen, in der Tür-

kei, in Russland und in den USA haben immer wieder gezeigt, wie

wenig sie von der kritischen Berichterstattung in den Medien, von

der Freiheit des Wortes und von den Menschenrechten halten. Ge-

schlossene Grenzen, die Rückführung von Flüchtlingen, die Miss-

achtung der Judikative und die Inhaftierung von Autoren und Me-

dienschaffenden in diesen Ländern sind alarmierend. Leider ist

keine Änderung in Sicht. Sorge macht der Blick in westeuropäi-

sche Länder, wo sich Populisten immer mehr Gehör verschaffen.

Gerade uns Schreibende bereitet die Krise der Qualitätsmedien

Sorgen. Die NO-Billag Abstimmung vom Frühling bot Gelegen-

heit, sich für eine qualitätsvolle, unabhängige Berichterstattung in

Radio und Fernsehen in unserem Land einzusetzen. Die Art und

Weise wie mit den Daten der Nutzerinnen und Nutzern der Social

Media umgegangen wird, ist alles andere als beruhigend.

Von Erfolg und von Misserfolg des DSPZ ist zu berichten. Zwei

Jahresbericht 2017 www.pen-dschweiz.ch

Vorstand DeutschSchweizer PEN Zentrum DSPZ

Adi Blum, Michael Guggenheimer und Yusuf Yesilöz

Page 104: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

Jahre lang war der eritreische Lyriker, Jurist und Menschenrechts-

aktivist Daniel Mekonnen Gast in unserer Wohnung in Luzern.

Dank eines Entgegenkommens der dortigen Stadtverwaltung

konnten wir ihm, der nicht in seine Heimat zurück kann, die Mög-

lichkeit anbieten, in der Schweiz ungestört seiner Arbeit nachzu-

gehen. In Vorträgen vor SchülerInnen und StudentInnen sowie in

Expertengesprächen hat er immer wieder auf die Lage der Men-

schenrechte in seinem Land sowie in anderen afrikanischen Län-

dern hingewiesen. Eine Zeitlang hatte es so ausgesehen, als müsste

Mekonnen die Schweiz wieder verlassen. Unseren Kontakten mit

Rechtsanwälten, die sich in Asylfragen besonders gut auskennen,

ist zu verdanken, dass Daniel Mekonnen gegen Ende 2017 den

Bescheid erhalten hat, wonach er in der Schweiz bleiben darf!

Darüber sind wir sehr froh.

Kaum war klar, dass die Wohnung in Luzern ab Ende 2017 wieder

frei wird, wollten wir dank unserer Mitgliedschaft bei ICORN,

dem Internationalen Netzwerk Städte der Zuflucht, einem Autor

aus dem Irak die Möglichkeit bieten, seiner Arbeit in Sicherheit

nachgehen zu können. Weil die Behörden des Kantons Luzern

nicht bereit waren, ihm eine Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen,

mussten wir dieses Vorhaben zu unserem grossen Bedauern vor-

erst aufgeben. Das Writers in Exile-Programm geht aber trotzdem

weiter.

Mehrfach haben wir im vergangenen Jahr auf die Lage verfolgter

Autorinnen und Autoren aufmerksam gemacht. Sei es in Medien-

mitteilungen oder auch in den Social Media. Aber auch an Veran-

staltungen haben wir uns wiederholt an die Öffentlichkeit ge-

wandt. Sei es am Writers in Prison Day, an dem wir in Zürich, Ba-

sel und Bern jeweils im November eine Autorin oder einen Autor

aus einem Land einladen, in dem die Möglichkeit der freien Mei-

nungsäusserung bedroht oder nicht möglich ist. Im vergangenen

Jahr war es die exilierte syrische Autorin Rosa Yassin Hassan. An

den Solothurner Literaturtagen haben die Autorin Alice Grünfelder

und Autor und DSPZ-Vorstandsmitglied Yusuf Yesilöz mit einem

Streifzug durch die Literatur mit namhaften kurdischen und türki-

schen Autoren, darunter Yasar Kemal, Asli Erdogan, Necmiye

Alpay und Mehmed Uzun, Stimmen zu hören gebracht, die von

Völkervertreibung erzählen, von der Erfahrung im Gefängnis und

im Exil. Gemeinsam mit dem AdS haben wir Briefe an sechs in

der Türkei inhaftierte Autorinnen und Autoren geschrieben und

Page 105: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

von zahlreichen Autorinnen und Autoren aus der Schweiz unter-

schreiben lassen. In diesen Briefen, die in der Türkei den Briefad-

ressaten überreicht wurden, haben wir unsere Solidarität mit ihnen

zum Ausdruck gebracht.

Im laufenden Jahr haben wir in Zusammenarbeit mit der Buch-

handlung mille et deux feuilles in Zürich ein Buch über die Lage

in Eritrea präsentiert, das unser Stipendiat Daniel Mekonnen her-

ausgegeben hat. Und an den Solothurner Literaturtagen dieses Jah-

res wird der im deutschen Exil lebende irakische Autor Najem

Wali aus seinem neuen Roman vorlesen.

Michael Guggenheimer

AUS DER ARBEIT DES VORSTANDS

An der diesjährigen Hauptversammlung, die wieder unmittelbar

vor der Jahresversammlung des AdS in Solothurn stattfindet, wird

es zu Neuwahlen kommen: Yusuf Yesilöz und Michael Guggen-

heimer treten nach fünf Jahren von ihren Ämtern zurück, werden

aber gerne dem neuen DSPZ-Vorstand bei Projekten zur Seite ste-

hen. Ein Jahr lang bestand der Vorstand aus nur drei Mitgliedern.

Weil Sabina Altermatt krankheitshalber zurückgetreten ist und

zwei Kolleginnen angesichts anderweitiger Engagements sich

nicht entschliessen konnten, dem Vorstand beizutreten, ist das In-

teresse von neuen Kolleginnen und Kollegen ein Lichtblick. Ein

grosser Dank gebührt Adi Blum, unserem Geschäftsführer und

Stefanie Nydegger, die im Sekretariat in Bern immer wieder aus-

hilft. Danke auch Evin Yesilöz, für die Mithilfe bei der Ausarbei-

tung von Gesuchen an Stiftungen.

Writers-in-Prison-Day

Am internationalen Writers in Prison-Tag 2017 war die syrische

Autorin Rosa Yassin Hassan unser Gast. Die Autorin lebt seit

Michael Guggenheimer, Präsident des DSPZ

Page 106: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

2012 als anerkannter Flüchtling in Hamburg.

Sie wurde 1974 in Damaskus geboren. Bereits in den 1990er-

Jahren begann sie während ihres Architekturstudiums zu schrei-

ben; daneben engagierte sie sich für Frauenrechte und gründete die

Organisation «Frauen für Demokratie». Ihr erstes Buch war eine

Erzählsammlung, es folgten vier Romane. „Ebenholz» und

«Wächter der Lüfte» liegen in deutscher Übersetzung beim Ala-

wi-Verlag vor.

Die Lesungen fanden am Festival Buchbasel im Literaturhaus Zü-

rich und im Haus der Religionen in Bern statt. Vor vollem Saal las

die Autorin aus ihren Texten und berichtete im Gespräch eindrück-

lich über die Situation der Menschen in Syrien seit Kriegsbeginn.

Ein Schwerpunkt ihrer Lesungen bildete ihre Bemühungen, den

syrischen Frauen eine Stimme zu geben.

Moderiert wurden die Veranstaltungen in Basel und Zürich von

Michael Guggenheimer und in Bern von Regula Mader.

Die Auftritte von Rosa Yassin stiessen in den Schweizer Medien

auf grosse Aufmerksamkeit.

Writers-in-Exile-Programm

Seit 2015 betreibt das DSPZ ein Writers in Exile-Programm. Be-

drohte SchriftstellerInnen finden bei uns Zuflucht, um in der

Schweiz in Sicherheit und Ruhe weiterarbeiten zu können. Das

DSPZ finanziert den Betroffenen für mindestens ein Jahr eine

Wohnung. Zusätzlich erhält unser Gast ein Stipendium, um die

Lebensunterhaltskosten zu bestreiten. Wir helfen den AutorInnen

im Alltag und unterstützen sie dabei, die Schweiz und deren Lite-

raturszene kennenzulernen.

Seit 2015 ist das DSPZ Mitglied von ICORN – dem internationa-

len Verbund von Städten, die verfolgten SchriftstellerInnen einen

sicheren Aufenthalt im Exil gewähren.

Finanziert wird das Writers-in-Exile-Programm zur Zeit zu ei-

nem grossen Teil aus Mitgliederbeiträgen, aber auch durch Gelder

der Stadt Luzern, der Stiftung Landis & Gyr, der Stiftung Tempe-

ratio, des ANNE FRANK FONDS und der Stiftung Pro Litteris.

Daniel Mekonnen hatte während seinem Aufenthalt 2015-2017

eine beachtliche lokale und nationale Medienpräsenz, unter ande-

rem auch in der Rundschau des Schweizer Fernsehens.

Das Stipendium von Daniel Mekonnen wurde am 1. November

Page 107: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

2017 beendet. Das DSPZ produzierte als Abschluss und in Zu-

sammenarbeit mit PEN Österreich und PEN Eritrea eine Antholo-

gie, die während seines Aufenthalts in Luzern entstand:

Uncensored Voices: Essays, Poems, and Art Works by Exiled Erit-

reans.

Das Writers-in-Exile-Programm stösst in der Öffentlichkeit auf

viel positive Resonanz. Die Medien (u.a. NZZ, Bund, WOZ) be-

richteten ausführlich und interessiert über das Programm und den

Stipendiaten, Daniel Mekonnen.

Nach einer zweijährigen Pilotphase in Luzern möchte das DSPZ

nun das Programm ab 2018 in der Stadt Bern weiterführen. Zu

diesem Entscheid haben vielfältige Gründe geführt, nicht zuletzt

aber die Tatsache, dass sich eine Zusammenarbeit mit der Hoch-

schule der Künste in Bern anbahnt und die Geschäftsstelle des

DSPZ in der Hauptstadt liegt.

Vollversammlung PEN International in Lviv (18. – 22. September 2017)

Die Lage der AutorInnen und JournalistInnen in der Türkei, in

China, in Venezuela, in der Ukraine und in Afrika sowie die Wahl

der neuen Vorstandsmitglieder waren die zentralen Themen der

83. Jahrestagung von PEN-International in Lviv, Ukraine.

Prominente Gesichter wie die engagierte Iman Humaydan aus dem

Libanon und Margie Orford aus Südafrika sind in den erweiterten

Vorstand aufgenommen worden. Die neue Vize-Präsidentin ist die

Dichterin Judith Rodriguez aus Australien.

Mehr als 15 Resolutionen sind in Lviv verabschiedet worden, so

beispielsweise die Resolution für die Verurteilung von Hassreden,

die Resolution gegen die Kriminalisierung der AutorInnen in Vi-

etnam oder die Resolution für die Verurteilung der misslichen La-

ge der AutorInnen und JournalistInnen in der Ukraine.

Besonders aufmerksam wurde die Situation von AutorInnen, Me-

dienschaffenden und MenschenrechtsaktivistInnen in der Türkei

behandelt. Zahlreiche Verbrechen an KurdInnen und die Zerstö-

rung deren Städte durch die türkische Armee wurden am Kongress

beschrieben. Der belgische PEN hatte aus diesem Anlass Erzäh-

lungen von türkischen Betroffenen publiziert und möchte diese in

zahlreiche Sprachen übersetzen lassen.

Eindrücklich erzählte die Vertreterin des chinesischen Exil-PEN

Page 108: Jahresbericht für 2017 - pen-dschweiz.ch-dkuh odqj zdu ghu hulwuhlvfkh /\ulnhu -xulvw xqg 0hqvfkhquhfkwv dnwlylvw 'dqlho 0hnrqqhq *dvw lq xqvhuhu :rkqxqj lq /x]huq 'dqn hlqhv (qwjhjhqnrpphqv

von der Zeit nach dem Tod von Friedensnobelpreisträger Liu

Xiaobo. Der Menschenrechtsaktivist ist im Juli 2017 in Haft ge-

ben. Entschieden verurteilte sie das menschenunwürdige Verhalten

der chinesischen Regierung, die es Familie und Freunden nicht

erlaubte, vom Verstorbenen Abschied zu nehmen. Zudem sprach

die engagierte Vertreterin von einer hoffnungslosen Situation für

DissidentInnen in China. Da China eine aufsteigende Wirt-

schaftsmacht sei, werden die Menschrechtsverletzungen vom Rest

der Welt ignoriert. Ihre bewegende Rede schloss sie mit den Wor-

ten: „Ich habe die Kraft nicht, gegen den chinesischen Staat zu

kämpfen, aber ich kann schreiben und auf die Geschehnisse hin-

weisen.“

Der nächste PEN Kongress wird 2018 in Pune, Indien, stattfinden.

Der Anlass soll im „Sinne Gandhis“ stehen, der im kommenden

Jahr seinen 150. Geburtstag feiert.

BERICHT DER GESCHÄFTSSTELLE

Mitglieder

Das DSPZ hat aktuell 195 Mitglieder und 13 Freunde. Zu den

Freunden zählen Institutionen sowie Personen, die unsere Anlie-

gen unterstützen, selbst jedoch keine Schriftsteller sind. Seit der

letzten Jahresversammlung sind Albert Fischer, Pablo Haller, Etrit

Hasler, Annette Hug und Stefan Keller neu als Mitglieder beige-

treten.

Ausgetreten sind Peter Gisi, Silvio Huonder, Bettina Wegenast

und Mario Böni. Das Mitglied Jacqueline Crevoisier ist verstor-

ben.

Finanzen

Die Jahresrechnung 2017 schliesst mit einem Verlust von

CHF 643,27 ab. Die Einnahmen durch die Mitgliederbeiträge kom-

men vollumfänglich unseren Projekten zugute, da der Vorstand eh-

renamtlich arbeitet. Der Erlös der Writers in Prison-Veranstaltung

wird jeweils dem PEN Emergency Fund überwiesen. Verantwortlich

für die Finanzen und die Geschäftsstelle an der Burgunderstrasse 13a

in Bern ist das Vorstandsmitglied Adi Blum.