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Johannes Schmidt-Wodder und Jens Möller - nordschleswigsche Folketingsmitglieder der Zwischenkriegszeit zwischen Alldeutschtum, Friedensverein und Nationalsozialismus Martin Klatt, PhD. Associate Professor für Zeitgeschichte Institut für Grenzregionsforschung Sønderborg

Johannes Schmidt-Wodder und Jens Möller - nordschleswigsche Folketingsmitglieder der Zwischenkriegszeit zwischen Alldeutschtum, Friedensverein und Nationalsozialismus

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Johannes Schmidt-Wodder und Jens Möller

- nordschleswigsche Folketingsmitglieder der Zwischenkriegszeit zwischen

Alldeutschtum, Friedensverein und Nationalsozialismus

Martin Klatt, PhD.Associate Professor für Zeitgeschichte

Institut für GrenzregionsforschungSønderborg

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Danish-German border until 1864

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Periodiserung Ca. 1800-1848 nationales Erwachen im dänisch

regierten Herzogtum Schleswig 1848-50 Schleswig-Holsteinischer

Sezessionskrieg 1851 Status quo ante – dänische

Sprachpolitik (Re-Danisierung Mittelschleswigs)

1864 Deutsch-österreichisch-dänischer Krieg, Dänemark muss Schleswig-

Holstein abtreten 1880er verstärkte

Germanisierungspolitik 1920 Volksabstimmung und Teilung,

Nordschleswig kehrt zu Dänemark zurück, die deutschgesinnte Bevölkerung wird zur nationalen Minderheit

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Rahmenbedingungen

Dänisches Mehrpersonenwahlkreissystem erleichtert Vertretung im nationalen Parlament (Folketing)

Schleswigsche Partei erreicht kontinuierlich 14-15 % der Stimmen in Nordschleswig, ergibt ein Mandat im Folketing

Schulsystem: deutschsprachige Abteilungen in den Volksschulen, ergänzt mit Privatschulangeboten

Bürgerlich-bäuerliche Volksgruppe – Arbeiter assimilieren sich in die dänische Mehrheit, spätestens nach 1933

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Politische Ziele

Revision von Versailles – kontinuierlich an erster Stelle – „im Einvernehmen mit Dänemark“

Vollständige Kulturautonomie (insbesondere im Schulwesen)

Opposition zum dänischen Staat

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Johannes Schmidt-Wodder

1869 (Tondern) -1959 (Torsbøl) Bauernfamilie, Ahnen aus der Gegend

von Vejle Studium in Leipzig, Greifswald und Kiel 1896 Pastor in Wodder bei Hadersleben 1909: Friedensverein (Verein für

deutsche Friedensarbeit in der Nordmark) Kontrapunkt gegen den alldeutschen

Deutschen Verein für das nördliche Schleswig

Anerkennung der dänischen Sprache und Kultur als gemeingermanisch, um die Bevölkerung zu gewinnen

Aber auch klarer deutscher Standpunkt!

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Nach 1920: Sammlung

Politische Sammlung der bürgerlichen Deutschen (Arbeiter wahrscheinlich aufgegeben)

Schmidt: Drahtzieher, aber auch Kompromisskandidat: Friedensverein – Verständigung Gleichzeitig: Grenzrevision als ceterum censeo!

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J. Schmidt-Wodder im Folketing (1920-1939)

Nimmt an den Debatten teil, aber sonst nicht in die Parlamentsarbeit integriert

Ceterum Censeo: Revision von Versailles Sprachrohr der Minderheit

Kritik an wirtschaftlichen Verhältnissen Fordert vollständige kulturelle Autonomie (insb.

Schulwesen) Nach 1933: lobt das Hitler-Regime und seine

Wohltaten 1935: nur knappe Wiederwahl, offene Liste, nur 9

Stimmen mehr als der rabiatere Nazi Wilhelm Deichgräber

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Schmidt-Wodder und NS Für die Idee, gegen die ”Radaumethoden” Deutsches Volk in großer Not, deshalb sollten alle an

einem Strang ziehen Wird ab 1933 in der Minderheit an den Rand gedrängt

– nicht radikal genug, Vertreter der ”alten Zeit” 1942: Neues Europa, Bismarcks Werk wird unter

Hitlers Führerschaft gekrönt, Deutschland als führende germanische Macht im Verbund mit Italien als führende romanische Macht

Beklagt das mangelnde Verständnis in Dänemark für die neue Zeit

Autoritär-konservatives Weltbild, nie das demokratische Freiheitsideal unterstützt, kein klares Abrücken vom Nationalsozialismus, keine positive Einstellung zur deutschen Demokratie nach 1945

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Jens Möller 1894 (Warnitz/Varnæs) -

1951 (Gravenstein) Wahrscheinlich

dänischgesinntes Elternhaus

Kriegsfreiwilliger (August 1914)

Tierarzt in Gravenstein/Gråsten

März 1933 Mitglied Nationalsozialistische Arbeitsgemeinschaft Nordschleswig – begeistert von Hitler

Ab 1938 unbestrittener ”Volksgruppenführer”

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Jens Möller im Folketing (1939-43)

Gewählt in der ”Heim ins Reich-Wahl”

Grenzrevision – obwohl von Berlin gebremst

Konflikt zur DNSAP (Grenzfrage)

Volksgruppe im Dienst des Reiches

”kleiner Henlein” (Henrik Skov Kristensen)

Parlamentarische Arbeit gering

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Nach 1943: Volksgruppenkontor

”Wir blieben den Wahlen fern. Unser Kriegseinsatz erlaubte uns keinen parlamentarischen Wahlkampf. Auf der anderen Seite lehnen wir an sich diesen lächerlichen Parlamentarismus ab. Er entspricht nicht unsern politischen Lebensformen. Diese konsequente Haltung hat uns einen entscheidenen Sieg eingebracht: Wir haben das demokratische Folketingsmandat vertauscht mit einem nationalsozialistischen Kontor im dänischen Staatsministerium. […] Gleichzeitig vollzog sich damit der erste nationalsozialistische Einbruch in das dänische Staatsgefüge. […] denn auf Dauer kann der dänische Staat […] nicht verlangen, dass wir […] uns den demokratischen Lebensformen fügen.”*

*Schulungsbrief, NSDAP-N, 1943

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Große Linie

Grenzfrage Konflikt Nation und Heimat – kulturelle

Verwandtschaft, „Rassengleichheit“ Zusammenarbeit, aber Dänen sollen die deutsche

Führung der germanischen Nationen und Europas anerkennen

Fester Glaube an die Überlegenheit des NS-Systems gegenüber der parlamentarischen Demokratie