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Johannes Stahl STREET ART

Johannes Stahl STREET ART - Bücher online kaufen: … R alistes um Yves Klein, Niki de Saint Phalle und Jean Tinguely, die besetzten Universit ten mit ihren ebenfalls besetzten Fassaden

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Johannes Stahl

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STREET ART

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6 | E i n l e i t u n g

Auftakt: Eine Idee ohne Epoche

Längst hat man sich daran gewöhnt, die Kunstgeschichteals Abfolge von Epochen zu begreifen. Sie bilden das Zeit-maß, das neben der Zählung in Jahren und Jahrhundertenden Takt bestimmt. Generationen folgen aufeinander, undaus Pflege oder Ablehnung ebendieser Traditionen ergibt sichein Gefüge an Wirkungen. Aber gleichzeitig hat es immeretwas neben der offiziellen Kunstgeschichte gegeben: eineeher widerspenstige Kunst, die nicht in den Schutzräumenvon Kirche, Sammlung oder Ausstellungshaus stattfindet, son-dern auf der Straße. Diese Kunst geht nicht selten von Men-schen aus, die gar nicht in erster Linie Kunst machen wollen.Aber genauso wie vielen Künstlern (und anders als in derReklame) geht es ihnen um Bilder und Botschaften, die inerster Linie mit ihnen selbst zu tun haben.

»Street Art« ist ein vergleichsweise junges Wort für dieseuralte Kultur: sein Zeichen auf die Wand zu bringen und so indie Öffentlichkeit hinauszutragen. »Graffiti« hat man die in-offiziellen Texte und Wandbilder ebenfalls immer wiedergenannt. Im Anklang an das italienische Wort »Sgraffire« wardie Bezeichnung entstanden. »Sgraffiti« ist eine Technik zurDekoration von Fassaden, bei der mehrere Putzschichtenübereinander angelegt werden; in die noch nasse obersteSchicht ritzen die Handwerker Linien und Flächen. So sinddurch die Jahrhunderte sehr haltbare Fassadendekorationenentstanden, die heute noch vielerorts zu sehen sind. In derMitte des 19. Jahrhunderts taucht – gemeinsam mit den Ent-deckungen von Wandzeichen in Pompeji – erstmals das Wort»Graffiti« auf. Gleich am Anfang ist das Inoffizielle ein wesent-liches Merkmal des Phänomens. Damit grenzten Archäologen

Es gab sie schon immer:Zeichen und Bilder aufWänden, die ohne Auftragentstanden. Bedeutsamfür ihre Macher und deutliche Signale für ihreBetrachter: So haben sieseit der Steinzeit immerwieder Aufsehen und Auseinandersetzung ausgelöst.

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24 | M u t t e r a l l e r B i l d e r

Graffiti haben als Forschungs-gegenstand eine weitreichendeTradition. Systematisch gesam-melt hat sie bereits ein gewisserHurlo-Thrumbo, der 1731 eineSammlung mit Toilettensprüchenherausgab. Er verbarg sich hintereinem Pseudonym, denn bereits

die Einleitung barg politischenZündstoff: »Original Manuscriptswritten in Diamond by Persons ofthe first Rank and Figure in GreatBritain«. Sein Sammlerfleiß zieltedabei auf ein klassisches An-liegen von Geschichtsforschung:»handing them to Posterity«.Solche Glasinschriften warenmöglicherweise nicht einmal sel-

ten. Auch Thomas Rowlandsonlässt 1812 in seinem großenZyklus den titelgebenden Dr. Syn-tax in die Rolle des verschrobe-nen Graffitiforschers schlüpfen.Weltfremd, wie er ist, bemerkt ernicht, was um ihn herum vor-geht.

Nachdem Raffaele Garrucci 1853über die Graffiti von Pompejiberichtet, ist nicht nur dieBezeichnung für inoffizielleInschriften etabliert. Auch derWert solcher Äußerungen für dieGeschichtsforschung steht außerFrage. Heute gibt es viele sam-melnde und auswertende Einrich-tungen; die Anzahl der Publika-tionen ist kaum übersehbar.Besonderen Rang haben das vonAxel Thiel in Kassel aufgebauteGraffiti-Archiv und die Sammlungvon Norbert Siegl in Wien. DasEpizentrum der New Yorker Graf-fiti in Henry Chalfants Atelierhat hier einen weiteren Typusetabliert: das Fotoarchiv als Aus-gangspunkt von Diskussionenund Entwicklungen der StreetArt.

Graffiti als Forschungsgegenstand

Thomas Rowlandson (1756–1827)Dr. Syntax copying the wit of the windowFarbradierung aus: Tour of Dr. Syntax in search of the pittoresque London 1812, Blatt 6

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Linien an Wänden, Straßenals Aktionsorte

»Kein anderer Ort als die Straße«, gibt Gérard Zlotykamienzur Antwort, wenn man ihn nach seinen wichtigsten Ausstel-lungen fragt. Schon ein Senior der Szene, hat er die zahlrei-chen Auseinandersetzungen um Street Art in Europa seit den1960er Jahren erlebt und mit eigenen Aktionen begleitet:Christos Straßenblockade, die öffentlichen Aktionen der Nou-veaux Réalistes um Yves Klein, Niki de Saint Phalle und JeanTinguely, die besetzten Universitäten mit ihren ebenfallsbesetzten Fassaden um das legendäre Jahr 1968, die Punks,die Hausbesetzerszene mit ihren jeweiligen Zeichen an denWänden. Nicht zuletzt die sich an den Phänomenen derStraße orientierenden und ihre eigene Arbeit daran ausrich-tenden Künstlergenerationen. Neben ihm haben vielerortsKünstler ähnliche Fragenentwickelt, und das gewissnicht nur in Europa. Hierjedoch, und vor allem inlangfristigen Zentren wieParis, London oder Berlin,lassen sich die Ansätze, Tra-ditionen, Auseinanderset-zungen, Neuheiten und Mo-den innerhalb der Street Artbesonders gut verfolgen.Eine schlüssige Entwicklungim Sinne einer dokumen-tierten Geschichte ist dabeikaum zu erwarten: Derexperimentelle Charakter

Gérard ZlotykamienÉphemereSprayzeichnungseit 1961, aufgenommen 1985Paris

Christo und Jeanne-ClaudeDer eiserne Vorhang – Maueraus Ölfässern1961–62, Blockade der Rue ViscontiParis

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106 | S t r e e t A r t i m a l t e n E u r o p a

Bilder von MenschenDurchaus ähnliche Arbeiten gab es bereits vor den erstenGraffiti von Harald Naegeli. Den Ephemères von Gérard Zlo-tykamien lag jedoch ein anderer Ausgangspunkt zugrunde:Die amorphen, einfachen Umrissformen dieser »Verschwin-denden« erinnern an menschliche Schatten, die Zlotykamienauf Fotos von Hiroshima und Nagasaki nach den Atombom-benabwürfen gesehen hatte. Diese äußerst reduzierten zeich-nerischen Formen positionierte der Künstler an ausgesuchten,meist weniger prominenten architektonischen Situationenund schuf so – dem Thema durchaus entsprechend – eineArt weltumfassenden Totentanz. Doch auch, wenn man diesen

Hintergrund beiseitelässt,halten seine schwellendenFiguren eine elegante Ba-lance zwischen einfachen,fast kindlichen Zeichen undeiner komplexen Einbin-dung in stadträumliche Ge-gebenheiten.

Für jeden Straßenpas-santen haben Bilder vonMenschen eine Bedeutung,die grundlegend zur mensch-lichen Orientierung gehört.Mehr noch als jede Schriftlegen sie archetypischeWahrnehmungsmuster zu-grunde: Hier bin ich – undwo stehen die anderen? Inden konkreten Formen fin-den die Künstler jedoch zusehr unterschiedlichen Lö-sungen. Als der erste Street-Art-Künstler war das der

Spätestens seit die Bibel vonGottes Hand berichtete, welchedie mahnenden Worte »Mene,tekel, upharsin« an der Wandhinterlassen hatte, sind dieschriftlichen Botschaften an derWand ein immer wiederkehren-des Element. »Gewogen und fürzu leicht befunden«: Auch wenndie Worte selbst nur vorüberge-hend an der Wand gestandenhaben mögen, ihr Urteil wargültig und signalisierte für denbabylonischen HerrscherBelsazar katastrophale Folgen.Der kulturhistorische Impulsdieses Vorbilds war heftig: DasMenetekel als Prophetie an derWand versah ihren Schreiberimmerhin mit der Möglichkeit,

dass es Wahrheit werdenkönnte. Mitunter ist dahersolchen nicht klar zuzuordnen-den Schriftrelikten mehrAutorität zugestanden wordenals den offiziell zustandegekommenen oder sanktionier-ten Inschriften. Angesichtssolcher Chancen ist es keinWunder, dass gerade Künstler-gruppen, die auf grundlegendekulturelle Änderungen sannen,viel auf Wände schrieben.Konsequenterweise nahm mansich nicht nur selbst das Rechtdes freien Ausdrucks an denWänden, sondern fordertedieses für alle.

Das freie Wort

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L e i n w a n d | 155

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B-Boy2007Brüssel-Anderlecht

184 | W o r l d w i d e S t r e e t A r t

»Enthält starke Sprache und mo-derate Gewalt« warnt der Um-schlagtext des Hip-Hop-Kultfilms»Wild Style«, den Charlie Ahearn1982 veröffentlichte. Deshalbempfiehlt der Hinweis den Filmerst ab 15 Jahren – wobei aller-dings die dargestellte Kulturdurchaus jüngere Protagonistenund Zielgruppen einschließt. Mitseiner zentralen Handlung machtder Film auch die miteinanderverflochtenen und gleichzeitigkonkurrierenden Bereiche vonHip Hop zum Gegenstand: Auf

der Bühne stehen die Musiker imMittelpunkt, erklärt Sandra Fa-bara (Lady Pink, im Film als Wri-terin Rose) dem über seine Rol-le nachdenkenden Lee Quiñones(im Film der Writer Raymond).Und gleichzeitig ist der Flucht-punkt der Handlung ein großesgemeinsames Fest einer Szene,die in der Tat Kulturgeschichtegeschrieben hat: die Creme derWriter gemeinsam mit Rap-Le-genden wie Grandmaster Flashund Double Trouble oder Break-dance-Größen wie der Rock Stea-dy Crew.

Wie einfach sich Hip Hop gebenkann: Double Trouble skandierenihre Raps überzeugend auch unplugged, das zentrale Konzertist eher Stadtteilkultur als internationales Business. Undnicht zuletzt nutzt das DJing Vinyl-Platten statt der bereits in den 1980ern etablierten CD.Die Zulu-Nation ist ein boden-ständiges Volk – zumindest ur-sprünglich.

Hip Hop

Tanzende Dosen1987Barcelona

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226 | G r a f f i t i i m I n f o r m a t i o n s - u n d M e d i e n z e i t a l t e r

Street Art teilt das Problem vie-ler Bindestrich-Künste: Mit demAttribut wird ein Flicken ausdem Schutzmantel des weitenKunstbegriffs ausgeschnitten,die Freiheit des naturgemäß un-definierten Feldes begrenzt.Wenn eine Street-Art-Ausstel-lung in einer ehemaligen Markt-halle oder gar einer gewesenenKirche ihren Ort findet, dannsind besondere Fragen ange-bracht. Kein Wunder also, wennder Pariser Künstler Stak in ei-nem Fragebogen jeweils deneinschränkenden Zusatz »Street«wegstreicht und man als Be-

schriftung einer Fensterscheibein einem Kunstort sein erhel-lendes Statement lesen kann:»We are free artists. Outside.«

In der Tat ist der Abgleich zwi-schen drinnen und draußen einnicht zu unterschätzendes Pro-blem der Street-Art-Szene ge-blieben. Von den ersten Kriti-ken gegenüber New Yorker Wri-tern über die Einschätzung vonSpray-Performances des ZürcherSprayers bis hin zu jüngerenKritiken gegenüber der zahnlosgewordenen und nicht mehrüberraschenden Street Art in

Street Art vs Globalisierung

Working Class Hero u.a.Ausstellung Urban Feedback2008Basel

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270 | W e i t e r e W e g e

So stark auch immer der Drangzu unmittelbarem eigenem Aus-druck von den über Graffiti undStreet Art Schreibenden heraus-gestellt wird: Schablonen her-stellen, mit großen Wandflä-chen umgehen, locker ausse-hende Throw-Ups oder gargrößer angelegte Pieces kannniemand ohne Anleitung undvon selbst. Bei den Writern inNew York hat sich eine relativstark gegliederte Hierarchie aus-

gebildet, die nicht zuletzt auchwie ein Ausbildungsbetriebfunktioniert. Über das Beschaf-fen von Nachschubdosen, dieSicherung der Wege, das Anrei-chen der Dosen und das Ausfül-len von Flächen reicht die funk-tional gegliederte Rangfolge bishin zum Entwerfenden, der dannfür die Gesamtrealisierung vorOrt inklusive der besonderenDetails zuständig ist. Das an-schließende Dokumentieren unddas Aufbereiten für Filme oderClips ist dann noch ein weiteresArbeitsfeld, das mitunter ähn-lich stark aufgegliedert ist. Dassvor allem die Fertigung einesgroßen Pieces ein gestalteri-scher und arbeitsteiliger Prozessist, hat diesen stärker in denFokus von Schulen gerückt. Dasszudem das Ergebnis der Schulöf-fentlichkeit auf Dauer vor Augensteht und möglicherweise auchden jugendlichen Charakter derBildungseinrichtung nach außenhin repräsentieren kann, kommtals Grund noch hinzu.

Graffiti als Lernziel? Einige Fragen

Mural als Schulprojekt1985Köln

»Lustiges Kind vor traurigerWand«1970er JahreWasserfarben, KunstunterrichtPrivatsammlung

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Badges und StickerIn einer auf Repräsentation aus-gerichteten Kultur wie der vonJugendlichen sind Erkennungs-zeichen wichtig. Sie signalisie-ren die Zugehörigkeit zuGruppen, Ideen und visuellenStilen. Und natürlich schmü-cken sie immer auch. Ähnlichwie Fanartikel werden sie auchweitergereicht oder verkauftund können so von jedemgetragen oder auch geklebtwerden. Dadurch erfährt dieeinst eher kleine Writerszeneheute – zumindest optisch –eine große Verbreitung ihrerpersönlichen Markenzeichenund Sympathisanten.

CutoutsSchneller und deutlich vergäng-licher als Schablonen arbeitenviele Künstler mit Cutouts.Diese auf Form geschnittenenund meist eher kleinformatigenAufkleber kommen oft als Farb-kopie oder koloriert an dieWand. Je nach Aufwand ist dieOberfläche zusätzlich noch ein-

mal mit Schutzlack überzogen– oder man benutzt gleich einspezielles Vorlagenpapier ausdem Fachhandel.

LeftoverStreng genommen sind alleGraffiti unbestellte öffentlicheHinterlassenschaften. Gerade injüngeren Street-Art-Aktionenfinden immer häufiger dreidi-mensionale Elemente Verwen-dung. Wie Reliquien derAnwesenheit nehmen solcheLeftovers spielerische Bezügezu ihrer Umgebung auf. Da sieverhältnismäßig einfach zu ent-fernen sind, überleben diemeisten dieser oft eher kleinfor-matigen Figuren nur auf den

Glossar

Sticker2008, LondonSchmuckelemente in Diamantoptikbirgt dieser Sticker. »Tätowierungder Stadt« nannte Jean Baudrillardsolche innerstädtischen Ornamenteder Street Art.

Stencil (rechts oben)doom aufgenommen 2008, LondonAus der Spritze als jeweils glei-chem Element zusammengesetzt,ergibt sich ein mit rein grafischenMitteln angelegtes Porträt.

Cutout (links oben)Judith Supine2008, LondonCollagiert, kopiert, koloriert undgeklebt: Judith Supines Cutoutsbringen eine elaborierte Form indie Straßen.

Whole Car (rechts unten)Mesh/Age/Reas1986, New York CityNeben dem Achtungserfolg, einegroße Einheit in kurzer Zeit undunbemerkt gemeistert zu haben,zeugen Whole Cars auch immer voneiner dezidierten Entwurfsarbeitfür ein großes fahrendes Bild.

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höheren Zonen der Fassaden.Größere ausgewilderte Arran-gements sind nicht selten pro-zessorientiert geplant. DieEreignisse ihrer weiteren Ent-wicklung werden oft langebeobachtet und dokumentiert.

PiecesDas Piece (Kurzform für Mas-terpiece) ist die am weitestenakzeptierte Art aller Graffiti. In aller Regel formt es mitoptisch ausdifferenzierten gro-ßen Buchstaben den Namendes Writers. Vor allem die viel-fältigen Schmuckformen dieser Lettern haben sich im Laufe derJahrzehnte zu einem kunstge-schichtlich bedeutsamen Spektrum verschiedenartigsterMöglichkeiten hin kultiviert,das für Typografen und Schrift-

gestalter wichtige Impulsebirgt. Über den Hauptbestand-teil der Letters hinaus enthaltenviele Pieces weitere Hinweise inder sogenannten Box und eineVielzahl bildlicher Elemente.

PosterWie zwischen Graffiti und offi-zieller Beschriftung hat sich seitlangem eine Konkurrenz undWechselwirkung zwischen offi-ziellen und wilden Plakatenentwickelt. Ob handgemaltoder gedruckt, spätestens seitdem frühen 20. Jahrhundertsind letztere ein künstlerischesMittel, das häufig programmati-sche Manifeste oder politischeStatements propagiert. Künstlerwie Jakob Kolding haben mitihren Plakaten diese Nahtstellezwischen freier Kunst undöffentlicher Diskussion deutlichmarkiert. Andere Poster setzenstärker auf poetische Wirkun-gen im Stadtraum. Längst nutztdie Werbewirtschaft die wildeGeste solcher Poster gezielt inder Modewerbung oder fürKonzertankündigungen. Ande-rerseits kommen nicht wenigesubversive Künstlerplakate alstäuschend echte offizielle Plakatanschläge daher.

Poster (links oben)Shepard FaireyObeyaufgenommen 2008, LondonShepard Faireys Poster mit dem BigBrother hinterfragt die Auswirkun-gen der Plakatpropaganda mitihren eigenen Mitteln.

RechteSLOaufgenommen 2008, KölnSLO ordnet sein Statement gleichgenau als eine eigene Sache ein:nicht als Kunst, und auch nicht als Terror gegen die öffentlicheOrdnung.

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Piece (links unten)Dickie Jonesaufgenommen 2008, LondonAls Königsdisziplin der Street Artmarkiert dieses Piece von DickieJones ein Beispiel für die Vielfaltihrer Typografie.

Rooftop (rechts oben)aufgenommen 2008, ParisWie eine Belebung der Dachland-schaft wächst dieses Rooftop auseinem Gebäude der verdichtetenPariser City.

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ImpressumDank an Felicitas Pohl für die Unterstützung bei der Bildbeschaffung

Für die Werke der Künstler:© VG Bild-Kunst, Bonn 2012 / Giacomo Balla© VG Bild-Kunst, Bonn 2012 / Thomas Baumgärtel© VG Bild-Kunst, Bonn 2012 / Jean Dubuffet© VG Bild-Kunst, Bonn 2012 / Bogomi Ecker© VG Bild-Kunst, Bonn 2012 / Linwood Felton© VG Bild-Kunst, Bonn 2012 / Christian Hasucha© VG Bild-Kunst, Bonn 2012 / Jenny Holzer© VG Bild-Kunst, Bonn 2012 / Hugo Kaagmann© VG Bild-Kunst, Bonn 2012 / Xavier Prou© VG Bild-Kunst, Bonn 2012 / Jean Tinguely

© h.f.ullmann publishing GmbH

Projektleitung: Lucas Lüdemann, Kristina SchererAutor: Johannes StahlLektorat: Julian von HeylGrafisches Konzept: Hubert HepfingerLayout und Satz: e.fritz, berlin06

© für diese Ausgabe:h.f.ullmann publishing GmbHSonderausgabe

Coverdesign: Simone StickerCoverfoto: Blek le Rat, „Tribute to Tom Waits“, © Johannes StahlGesamtherstellung: h.f.ullmann publishing GmbH

ISBN 978-3-8480-0075-3

10 9 8 7 6 5 4 3 2 1

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[email protected]

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Dies ist eine unverkäufliche Leseprobe des Verlags h.f.ullmann publishing. Alle Rechte vorbehalten. Die Verwendung von Text und Bildern, auch auszugsweise, ist ohne schriftliche Zustimmung des Verlags urheberrechtswidrig und strafbar. Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigung, Übersetzung oder die Verwendung in elektronischen Systemen. © h.f.ullmann publishing, Potsdam (2016) Dieses Buch und unser gesamtes Programm finden Sie unter www.ullmann-publishing.com.