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Jordanes Die Gotengeschichte

Jordanes Die Gotengeschichte · 2012-09-04 · Glei setzung verfolgt wird, soll im Kapitel »Getica oder Origo Gothica« erläutert werden. In der Übersetzung wurde der Begriff

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Jordanes

Die Gotengeschichte

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Jordanes

Die Gotengeschichte

Übersetzt, eingeleitet und erläutert

von Lenelotte Möller

marixverlag

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über

http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Es ist nicht gestattet, Abbildungen und Texte dieses Buches zu scannen, in PCs oder auf CDs zu speichern oder mit Computern zu verändern oder einzeln oder zusammen mit anderen Bildvorlagen zu manipulieren, es sei

denn mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

Alle Rechte vorbehalten

© by marixverlag GmbH, Wiesbaden 2012Lektorat: Dietmar Urmes, Bottrop

Covergestaltung: Nicole Ehlers, marixverlag GmbHBildnachweis: mauritius images GmbH, Mittenwald/Cubolmages

Satz und Bearbeitung: C&H Typo-Grafik, MiesbachGesetzt in der Palatino

Gesamtherstellung: CPI books GmbH, UlmPrinted in Germany

ISBN: 978-3-86539-288-6

www.marixverlag.de

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Vorwort

99 Jahre na der ersten und bisher einzigen deuts en Übersetzung der Gotenges i te des lateinis en Ge-s i tss reibers Jordanes ers eint die zweite. Während der erste Übersetzer, Wilhelm Martens, 1913 na eigenem Bekunden ni t wagte, die vorkommenden und zum Teil verderbten geographis en, Völker- und Personennamen zu erklären und au nur einige wenige in seiner deuts en Ausgabe erläutert hat, kann die Übersetzerin des Jahres 2012 auf Fors ungsliteratur und Lexika aus inzwis en fast 100 Jahren zurü greifen, sodass in der vorliegenden Ausgabe die Mehrheit der Eigennamen sowie au man e ni t für si selbst spre ende Formulierungen fortlaufend erklärt werden und das Werk somit au für ni t althisto-ris oder germanistis vorgebildete Leser, die si mit Fug und Re t denno für Ges i te interessieren, ers lossen wird. Freili bleiben einige, nur bei Jordanes vorkommen-de Namen, über die mehr, als er beri tet, au heute ni t gesagt werden kann.

Das Werk ist mit einem Register der Eigennamen er-s lossen, das dur die Angabe der Paragraphen bzw. Abs ni snummern ni t nur für die vorliegende Ausgabe verwendet werden kann.

Dank ergeht an den marixverlag für die Anregung und die Veröff entli ung der neuen Übersetzung sowie mei-nen inzwis en langjährigen Lektor Dietmar Urmes für die sorgfältige Bearbeitung.

Speyer, im Juli 2012 Lenelo e Möller

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

Einleitung

Geten und Daker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

Die Goten vom 1. bis zum 6. Jh. n. Chr. . . . . . . . . . . 14

Flavius Magnus Aurelius Cassiodorus . . . . . . . . . . 24

Jordanes und seine Gotenges i te . . . . . . . . . . . . 28

Andere Quellen zur Ges i te der Goten . . . . . . . 30

ÜBERSETZUNG DER GETICA

Einleitung in das Werk

Vorrede des Jordanes an Castalius (1) 1–3 . . . . . . . . 35

Erdbes reibung (1) 4–9 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

Die Insel Britannien (2) 10–15 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

Gemeinsame Ges i te der Goten

Die Insel Scandza und ihre Bewohner (3) 16–24 . . 41

Der Auszug (4) 25–29 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

Die neue Heimat – das Gebiet der Skythen (5) 30–38 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

Leben der Goten im Laufe der Wanderung (5) 39–43 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

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Inhaltsverzei nis

Ges i te der Geten (und Daker)

Krieg der Geten mit den Ägyptern (5) 44 – (6) 48 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

Die Amazonen – Frauen der Geten (7) 49 – (8) 57 . 60

Exkurs: Der Kaukasus (7) 52–55 . . . . . . . . . . . . . 62

Die Geten im Trojanis en Krieg (9) 58–60 . . . . . . . 65

Die Geten im Kampf gegen die Perserkönige (10) 61–64 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

Die Geten und König Philipp II. von Makedonien (10) 65–66 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

Die Geten werden gelehrt (11) 67 – (12) 73 . . . . . . . 70

Geographis e Hinweise (12) 74–75 . . . . . . . . . . . . . 73

Fortsetzung der Ges i te der Goten

Die Herrs erreihe der Goten (13) 76 – (14) 82 . . . . 75

Kaiser Maximinus [Thrax] – ein Gete (15) 83–88 . . 79

Einfall der Goten ins Römis e Rei 247 (16) 89–93 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82

Konfl ikt mit den Gepiden (17) 94–100 . . . . . . . . . . . 85

Einfälle der Goten in das Imperium Romanumunter Cniva und seinen ersten Na folgern (18) 101 – (19) 106 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88

Neue Kämpfe mit den Römern und anderen Na barn (20) 107 – (22) 115 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

König Ermanari (23) 116–120 . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

Die Hunnen: Entstehung, Ankun und Aussehen (24) 121–128 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98

Ermanari s Ende und der Untergang des Ost-gotenrei es (24) 129–130 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

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Inhaltsverzei nis Inhaltsverzei nis

Das S i sal der Westgoten na dem Hunneneinfall

Die Umsiedlung der Westgoten in das Imperium Romanum und die S la t von Adrianopel (25) 131 – (26) 138 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

Die Goten und Kaiser Theodosius (27) 139 – (28) 145 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106

Die Kaiser Honorius und Arcadius (29) 146–151 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

Die Eroberung Roms 410 (30) 152–156 . . . . . . . . . . . 112

Alari s Tod und Begräbnis (30) 157–158 . . . . . . . . 114

Kampf um Galla Placidia (31) 159 – (32) 166 . . . . . . 115

Geiseri und das Vandalenrei (33) 167 – (34) 177 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119

A ila (34) 178 – (36) 186 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124

Römis -gotis es Bündnis (36) 187 – (37) 196 . . . . 128

Die S la t auf den Katalaunis en Feldern (38) 197 – (41) 218 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

A ila in Italien (42) 219–224 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138

Thorismunds Sieg und Ende (43) 225–228 . . . . . . . 141

Theoderids Kampf gegen die Herrs er der Suaven (44) 229–234 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

König Euri und das Ende des Weströmis en Rei es (45) 235 – (47) 245 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146

Das S i sal der Ostgoten na dem Hunneneinfall

Die Ostgoten na dem Tod Ermanari s (48) 246–251 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155

A ilas Tod (48) 252 – (49) 258 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157

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Inhaltsverzei nis

Das Ende des Hunnenrei es und die Neuau eilung des Landes (50) 259–268 . . . . . . . . . 161

Die Kleingoten (51) 267 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165

Geburt und Jugend Theoderi s des Großen (52) 268–271 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166

Kriege der Ostgoten in Pannonien und erste Taten Theoderi s (53) 272 – (55) 282 . . . . . . . . . . . . 168

Au ru ins Römis e Rei (56) 283–288 . . . . . . . 173

König Theoderi (57) 289–296 . . . . . . . . . . . . . . . . . 175

Familien- und Innenpolitik (58) 297–303 . . . . . . . . . 178

Theoderi s Tod und die Herrs a Amalaswinthas (59) 304–306 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183

Das Ende der ostgotis en Herrs a (60) 307–314 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184

Epilog (60) 315–316 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186

Literaturverzei nis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189

Gemeingotis e Herrs er . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192

Die Amaler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193

Die Balthen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194

Herrs er der Westgoten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194

Herrs er der Vandalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196

Herrs er der Hunnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197

Register der Eigennamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199

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Einleitung

Das Volk der Goten, das um Christi Geburt auf der his-toris en Bildfl ä e ers ien, na weiten Wanderungen, Trennungen und Vermis ungen, Eroberungen und Land-verlusten s ließli im Jahr 410 die Stadt Rom eroberte (als erste Kriegsma t na 800 Jahren) und s ließli in der Spätantike in anderen Völkern aufging, s uf die ältesten germanis en Spra denkmäler und prägte wesentli die germanis e Sagenwelt. Jordanes’ »Ursprung und Taten der Goten« ist einerseits eine der wenigen und glei zeitig eine der wi tigsten Quellen zur Ges i te dieses Volkes, ent-hält andererseits aber zahlrei e Irrtümer und wohl au einige bewusste Verfäls ungen. Um Jordanes’ Erzählung mit Erkenntnisgewinn lesen zu können, ist es nützli , die Grundzüge der Ges i te der hauptsä li darin behan-delten Völker zuvor kennenzulernen. Während die römi-s e Ges i te, namentli die der Kaiserzeit, eher als be-kannt vorausgesetzt werden kann, ist das Wissen über die Goten dagegen gering, da sie no seltener im Unterri t behandelt werden, während Geten den meisten Mi eleu-ropäern no ni t einmal dem Namen na bekannt sind. Und während na den mit den Geten verwandten Dakern eine in Deuts land zunehmend verbreitete und originell beworbene Automarke benannt ist, hat dies zur Bekannt-heit des namengebenden Volkes und seiner Ges i te no kaum beigetragen.

Geten und Daker

Obwohl die Geten und die mit ihnen verwandten Daker thrakis e Völker waren, werden sie in Verfäls ung der tat-sä li en Gegebenheiten in Jordanes’ Ges i tswerk mit

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Einleitung

den germanis en Goten glei gesetzt. Den willkommenen Anlass dazu bot dem Verfasser die Namensähnli keit der Geten und Goten sowie ihre nahe beieinanderliegenden Siedlungsgebiete. Die Intention des Autors, die mit dieser Glei setzung verfolgt wird, soll im Kapitel »Getica oder Origo Gothica« erläutert werden. In der Übersetzung wurde der Begriff »Geten« gewählt, wo Jordanes aus deren Traditi-on s öp e, das Wort »Goten« wurde verwendet, wo er si auf tatsä li e oder vermeintli e gotis e Tradition stützt.

Die Geten waren der nördli ste thrakis e Volksstamm und siedelten im Ostbalkan und an der Ostküste des S war-zen Meeres, das in der Antike Pontos genannt wurde. Ihre Nordwestli e Gruppe ist seit dem 2. Jh. v. Chr. als Daker belegt, das Volk, von dem si die Rumänen der Gegenwart herleiten. In das ums riebene Siedlungsgebiet waren die Geten wohl im 5. Jh. v. Chr. eingewandert, und sie ernähr-ten si wahrs einli als Nomaden und Viehzü ter. Sie wohnten in kleinen Einheiten zusammen, Dörfer und kleine Städte gründeten sie erst na den ersten Kontakten mit den Grie en. Na Auskun antiker Ges i tss reiber und Geographen (Herodot 4,94–96; Strabon 7,3,3–5; Pomponius Mela 2,18) verehrten sie als ihren hö sten Lehrer Zalmoxis und waren Anhänger des Unsterbli keitskultes, der ihnen im Kampf absolute Todesvera tung verlieh und sie damit besonders mutig ma te. Das Reitervolk, das mit Pfeil und Bogen kämp e, war deswegen in der Antike sehr gefür -tet. Denno unterwarf Perserkönig Dareios sie während seines Skythenfeldzugs (Herodot, Ges i te 4,93) im Jahr 510 v. Chr., jedo wohl nur für kurze Zeit. Denn no im selben Jahrhundert zogen sie mit Odrysenkönig Sitalkes, dem Herrs er eines Na barvolkes, gegen Perdikkas von Makedonien mit einem großen Reiterkontingent (Thukydi-des, Der Peloponnesis e Krieg 2,97). Um 360 v. Chr. wur-de ihr Gebiet von den Skythen erobert und von diesen zum Teil für ihr eigenes Volk beanspru t. Als die Geten dagegen Widerstand leisteten, rief Skythenkönig Atheas seinen Ver-bündeten Philipp von Makedonien zu Hilfe, entzweite si aber später mit diesem und wurde von Philipp ges lagen.

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Geten und DakerGeten und Daker

Darauf wurden die Geten ein Teil des von Alexander d. Gr. eroberten Rei es, und na dessen Tod fi elen sie an den Diado en Lysima os (Iustinus 13,4), der seine Ma t na einigen Aufständen zu Beginn festigen konnte. Damals wan-derten viele Geten als Sklaven in grie is en Poleis, einem Umstand, dem die Gegenwart viele zuverlässige Auskün e grie is er und römis er Historiker (Herodot, Thukydi-des, Strabon, Cassius Dio, später Pomponius Mela und Pli-nius d. Ä.) über dieses Volk verdankt. Das nä ste Volk, das über die Geten und ihre Na barn hereinbra , waren die na Osten ziehenden Kelten (Iustinus 25,1).

Im Bündnis mit König Eupator von Pontus gerieten sie in Konfl ikt mit den Römern und wurden 72 v. Chr. von L. Lici-nius Lucullus besiegt. Etwa zur Regierungszeit C. Iulius Cae-sars in Rom einigte Dakerkönig Burebista alle thrakis en Stämme auf dem Balkan und am S warzen Meer und wagte sogar einen Aufstand gegen Caesar. Dieser allerdings wurde ermordet, bevor er gegen Dakien ziehen konnte. Do au Burebista konnte seine Ma t ni t langfristig stabilisieren, sondern sein Rei zerbra na einer Generation.

Die bedeutendste Stadt der Geten, Tomis am S warzen Meer, das heutige Constanţa in Rumänien, wurde bekannt als Exilort des Di ters Ovid (8–14 n. Chr.), der na eige-nem Zeugnis ni t nur gemeinsam mit seinen Gastgebern einen Skytheneinfall in das zu dieser Zeit römis e abwehr-te, sondern au die Spra e der Geten erlernte und sogar in ihr di tete.

Zu den wi tigen Herrs ern der Geten in dieser Zeit gehörten Dapyx und Zyraxes. Ab 46 n. Chr. setzte die all-mähli e Romanisierung der Bevölkerung ein. Am Ende des Jahrhunderts einigte König Dekebalos no einmal die Geten und Daker, do in mehreren Kriegen von 101 bis 106 wurden sie von Kaiser Traian unterworfen, unter dem das Imperium Romanum seine hö ste geographis e Ausdeh-nung errei te. Er ri tete die Provinz Dakien ein, und bis zur Ankun der Goten waren die Daker vollständig roma-nisiert, was si bis heute an der Spra e ihrer Na fahren ablesen lässt.

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Einleitung

Die Goten vom 1. bis zum 6. Jh. n. Chr.

Ein gemeinsamer Ursprung der Stämme, die in der anti-ken Ges i tss reibung als Gauten und Gutonen bezei -net werden, ist wohl anzunehmen. Sie stammen aber weder, wie Jordanes erzählt, aus Skandinavien, no sind sie von skandinavis er Zuwanderung beeinfl usst worden. Diese Vorstellung ist eher eine Selbstdeutung des Volkes in der Zeit Theoderi s des Großen aufgrund von Namensähn-li keiten wie derjenigen zu der skandinavis en Insel Got-land, die aber auf anderen Ursa en beruht. Im 1. Jh. n. Chr. werden die Gutonen als Bewohner des östli en Germani-ens erstmals in der antiken Literatur erwähnt (Plinius, Na-turalis Historia 4,99; Tacitus, Germania 44,1, Annales 2,62,2). Um 150 spri t Klaudios Ptolemaios (3,5,8) als letzter anti-ker Autor von den Gutonen, und zwar mit der präzisesten Nennung ihres Siedlungsgebietes, des Wei selknies. Dort sind sie ar äologis identifi zierbar mit der Wielbark- bzw. Willenberg-Kultur. Es erfolgten im Laufe ihrer Ges i te wohl Teilungen des Stammes, wobei jeweils ein Teil aus dem bisherigen Siedlungsgebiet abwanderte, während ein anderer zurü blieb. Die Auswanderer siedelten in neuen Gebieten, wo sie si mit den bisherigen Bewohnern ni t nur bekriegten, sondern allmähli au verbanden. Etwa fünf Jahrzehnte später wanderte ein großer Teil der Gutonen aus Ostpommern ab und drang allmähli bis zur Donau-mündung vor. Dort ist er in der Ts ernia ov-Kultur na -weisbar. Die Goten ers ienen erstmals 208 am S warzen Meer und gewannen mit der Zeit die Vorherrs a über die s on zuvor hierher gewanderten Bastarnen, ebenfalls ein germanis er Stamm, sowie über die Karpen und Sarma-ten.

Als die Goten unter König Kniva 238 das Südufer der Donau überfi elen, kamen sie erstmals mit den Römern in Kontakt. Es folgten abwe selnd Abwehrkämpfe der Römer gegen die Goten, Friedenss lüsse, gotis e Kontingente bei römis en Feldzügen – so mit Kaiser Gordianus gegen die

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Die Goten vom 1. bis zum 6. Jh. n. Chr.Die Goten vom 1. bis zum 6. Jh. n. Chr.

Perser 242 – und wieder Einfälle in römis es Hoheitsge-biet. 249 setzte König Kniva mit den Goten über die Donau, dann zog sein Heer in einem dreifa en Vorstoß (die beiden anderen Abteilungen unter den Heerführern Argaith und Guntheri ) na Dakien, Moesien und Thrakien und dran-gen bis na Philippopel (Plovdiv) vor. Einen Rü erobe-rungsversu der Römer unter Kaiser Decius wehrten sie in der S la t bei Abri us-Hisarlak in der Nähe von Razgrad (Bulgarien) im Jahr 251 erfolgrei ab, in der Decius selbst und sein Sohn fi elen. Decius’ Na folger Trebonianus Gal-lus s loss Frieden zu den Bedingungen der Goten. Do s on 254 überfi elen diese die Stadt Thessaloniki, weitere drei Jahre später zu S iff überfi elen sie vom Kimmeris en Bosporus ausgehend, vereint mit einem Landheer, die Süd-westküste des S warzen Meeres und drangen zum Bospo-rus und na Bithynien vor. Dabei wurde vermutli aus dem Dorf Sadogolthina bei Parnassos in Kappadokien die Familie vers leppt, aus der später Bis of Wulfi la hervor-gehen würde. 268 fi elen sie gemeinsam mit dem germani-s en Stamm der Heruler von See her ins Römis e Rei ein, wurden aber erfolgrei abgewehrt; denno gelang ihnen das Vordringen bis zur Ägäis, sie wurden von Mili-zen und zunä st von Kaiser Gallienus aufgehalten – der aber fi el – und dann bei Nis (jetzt in Serbien) von Kaiser Claudius II. besiegt, der si als erster römis er Herrs er Gothicus nannte (269). Ein Ra efeldzug überlebender go-tis er Einheiten im folgenden Jahr wurde von römis en Bürgerwehren zurü ges lagen. 271 erkämp en die Rö-mer zwar einen Sieg, bei dem 5000 Goten mitsamt ihrem König Kannabaudes fi elen, mussten aber in der Folge die Provinz Dakien aufgeben. Unter Kaiser Probus nahmen die Römer 280–295 die die von den Goten verdrängten germani-s en Bastarnen ins Römis e Rei auf und siedelten diese in Thrakien an.

In dieser Zeit teilten si die am S warzen Meer woh-nenden Goten allmähli in zwei Gruppen: die Ostrogoten (von *austra – glänzend), die au Greutungen hießen, und die Visigoten (von *uesu – gut), die au Terwingen hießen.

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Einleitung in das Werk

Vorrede des Jordanes an Castalius

(1) Gerade wollte i , auf einem kleinen S iff das Ufer einer ruhigen Küste entlangfahrend, einige kleine Fis lein aus den Tei en der Alten, wie man so sagt, sammeln, da nö-tigst du mi , Bruder Castalius, die Segel zu setzen und das hohe Meer anzusteuern; und na dem i das Bü lein, das i Händen halte, beiseitegelegt habe,3 nämli das von der Kurzfassung der Chroniken, überredest du mi , in unserer Spra e die zwölf Bü er des Senators über den Ursprung und die Taten der Goten von den Anfängen bis zur Gegen-wart, geordnet na Generationen und Königen, in einem einzigen kleinen Bü lein zusammenzudrängen. 2 Das ist allerdings ein harter Befehl, und er wird mir glei sam von einem, der der die Last dieser Mühe gar ni t kennen will, auferlegt. Du nimmst au keine Rü si t darauf, dass i nur einen s wa en Atem habe, um eine so großartige Po-saune dieser Spra ga ung zu erfüllen. Zu dieser ganzen Last aber kommt no , dass i ni t einmal die Mögli -keit habe, Einbli in diese Bü er zu nehmen, um zu sehen, wieweit i deren Sinn treff e, sondern dass i – um ni t zu lügen – einst nur dur die Großzügigkeit eines Biblio-theksaufsehers für kurze Zeit zum Lesen ausgeliehen habe. Glei wohl erinnere i mi ni t deren Wortlautes, den Sinn aber und die abgehandelten Themen, glaube i un-versehrt behalten zu haben.4 3 Zu demselben habe i au

3 Die Formulierung am Anfang des Proömiums hat Jordanes übernom-men von Rufi nus von Aquileia, der eine sol e Vorrede seiner Über-setzung der Commentarii Origenis super epistulam Pauli ad Romanos vor-angestellt hat.

4 Es war in der antiken und mi elalterli en Literatur ein beliebter To-pos, dass man ein wiedergegebenes oder zusammengefasstes Werk nur für kurze Zeit habe einsehen können.

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Einleitung in das Werk

von einigen grie is en und lateinis en Ges i tss rei-bern Passendes hinzugefügt, indem i Anfang und Ende und vieles dazwis en auf meine Weise zusammengemis t habe. Nimm daher ohne Verdruss, was i ausgearbeitet habe, gerne an, und lies es mit hö stem Vergnügen. Und wenn dir etwas zu knapp dargestellt zu sein s eint und du di als Na bar jenes Volkes einer wi tigen Sa e erin-nerst, so füge sie hinzu, indem Du für mi betest, geliebter Bruder. Der Herr sei mit Dir. Amen.

Erdbes reibung

(1) 4 Unsere Vorfahren stellten fest, wie Orosius beri tet,5 dass der ganze Erdkreis vom Saum des Ozeans umfl ossen und dreigeteilt ist, und seine drei Teile nannten sie Asien, Europa und Afrika. Dafür, dass die Flä e des Erdkreises dreigeteilt ist, gibt es fast unzählige Zeugnisse von S ri -stellern, die ni t nur die Lage von Städten und Orten er-läutern, sondern sogar, was no deutli er ist, die Zahl der S ri e und Meilen messen und die in den Meeresfl uten gelegenen Inseln bestimmen, die größeren ebenso wie die kleineren, wel e sie Kykladen6 oder Sporaden7 nennen, die in der unermessli en Weite des großen Meeres liegen. 5 Die unerrei baren äußeren Grenzen des Ozeans zu be-s reiben, hat ni t nur niemand je in Angriff genommen, ja sogar sie zu errei en, war no niemandem gesta et, weil man den Ozean dur den Widerstand des S ilfgrases und das fehlende Wehen der Winde für undur dringli hält und die Ränder no von keinem betra tet wurden, außer 5 Paulus Orosius um 385 – um 418) aus Hispanien war Historiker und

Theologe. Sein Hauptwerk, die Historiae adversus paganos, s rieb er angeregt dur und in gründli em Austaus mit Aurelius Augus-tinus. Es ist ein Ges i tswerk, das Jordanes ausführli benutzte. Hier zitiert er die Stelle 1,2,1.

6 Kykladen bedeutet deuts »die im Kreis Angeordneten« und bezei -net die grie is en Inseln, die rund um Delos in der Ägäis liegen.

7 Sporaden (deuts »die Zerstreuten«) wurden die Inseln der Ägäis ge-nannt, die ni t um Delos herum gruppiert sind.

Page 16: Jordanes Die Gotengeschichte · 2012-09-04 · Glei setzung verfolgt wird, soll im Kapitel »Getica oder Origo Gothica« erläutert werden. In der Übersetzung wurde der Begriff

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Erdbes reibungErdbes reibung

von dem, der sie ers aff en hat. 6 Das innere Ufer dieses ganzen Meeres aber, von wel em wir gesagt haben, dass es einen Kreis um die ganze Erde bildet, der wie ein Kranz ihre Grenzen umgibt, ist den neugierigen Mens en und denen, wel e über diese Sa e s reiben wollten, gründ-li bekannt geworden, weil au der Rand der Erde von Einwohnern besiedelt ist und einige Inseln in diesem Meer bewohnbar sind, sodass in östli er Ri tung und im Indi-s en Ozean Hyppodes8 und Jamnesia9 existieren, von der Sonne verbrannt und glei wohl unbewohnbar, die si denno in ihrer ganzen Breite und Länge weit ausdehnt. Die Insel Taprobane10 ferner, auf der si (abgesehen von kleineren Städt en und Besitzungen) zehn prä tige Städ-te11 befi nden. 7 Aber außerdem gibt es au das wunderbare Silefantia, ebenso au Theron,12 die, wennglei sie bisher no von keinem S ri steller genauer dargestellt wurden, denno dur Bewohner re t di t besiedelt sind. In sei-nem westli en Teil hat der Ozean einige Inseln, und diese sind fast alle wegen der Häufi gkeit, mit der Leute dorthin fahren und zurü kehren, bekannt. Und ni t weit von der Gaditanis en Meerenge13 liegt eine, die Baeta14 heißt und eine weitere, die Fortunata heißt. Obwohl einige au jenen doppelten Landvorsprung von Galizien und Lusitanien15 zu den Inseln des Ozeans re nen, bei denen man auf einer ei-

8 Eigentli Hippopodes; sie bezei nen bei einigen antiken S ri stel-lern Inseln im Nordmeer (z. B. Plinius, Naturalis Historia 4,95), bei an-deren sol e im Indis en Ozean (z. B. Jordanes).

9 Jamnesia wird wie Hippopodes bei Iulius Honorius, Cosmographia 29 erwähnt, der im 4. oder 5. Jh. Erläuterungen zu einer bestehenden Erd-karte verfasste, die von Cassiodor empfohlen wurden, sind aber sonst unbekannt und gehören viellei t zu den sagenha en Vorstellungen, die man si am Mi elmeer von den Rändern der Welt ma te.

10 Vermutli das heutige Sri Lanka.11 Orosius, Historiae adversus paganos 1,2,16.12 Zu diesen beiden Namen vgl. die Angaben zu Hyppodes und Jamne-

sia.13 Gibraltar.14 Insel im Atlantik.15 Das heutige Portugal.