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Jubiläums-Schrift Boswil
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100 Jahre Turnverein Boswil
1912 - 2012
70 Jahre Damenturnverein Boswil
1942 - 2012Geschichte | Anekdoten | Statistiken
vom Turnverein und Damenturnverein Boswil
2
Als vor 100 Jahren der TV Boswil gegründet
wurde, war keine Lokalität vorhanden, die einer
modernen Turnhalle mit Heizung und Turnge-
räten ähnlich sah. Bei freundlichem Wetter war
dies kein Problem, dann fanden die Turnproben
rund um das Schulhausareal statt. War es aber
kalt und regnerisch, musste der Verein während
vieler Jahre in unterschiedlichen Lokalitäten trai-
nieren.
Turnlokalitäten im DorfIn den Anfangszeiten konnte der Turnverein sei-
ne Proben in der Scheune von Josef Notter in
der Vorstadt – die heute nicht mehr steht – und
in der alten Scheune von Louis Wiederkehr an
der Flurstrasse durchführen. Später kam die alte
Scheune von Hans Huber an der Bach strasse
ebenfalls zum Zug. In dieser Scheune fanden
bei schlechtem Wetter auch Pyramidenproben
für die 1.-August-Feiern statt.
Der Turnverein turnte und probte aber nicht
nur in diversen Scheunen. Auch die alte Ar-
beitsschule im Unterdorf oder der Löwensaal,
sowie auch der Rösslisaal in Bünzen waren
Trainings orte. Eines hatten die alten Scheunen
und die anderen Lokalitäten gemeinsam: Sie
waren nicht beheizbar. Aus diesem Grund war
es bis auf weiteres nicht möglich, während des
gesamten Jahres zu turnen – im Winter war es
eindeutig zu kalt. Wann die Turner welches Ge-
bäude nutzen konnten, war sehr unterschied-
lich und hing von den anderen Vereinen im Dorf
ab, z.B. der Musikgesellschaft, dem Männer-
chor und dem Jodlerchor.
Etliche Jahre nach der Gründung des Turnvereins
kam ein weiteres Lokal hinzu: Der Gemeinderat
hiess ein Gesuch des Turnvereins gut und stell-
te diesem für das Schlechtwetterprogramm die
alte Kirche zur Verfügung. Die Kirche konnten
die Turner jahrelang kostenlos nutzen, bis ihnen
Probelokale
Von der Scheune in die Turnhalle
Alte Kirche: Einst Probelokal der Turnvereine, heute Musikzentrum mit internationalem Format
3
im Jahr 1950 erstmals eine Jahresmiete von 50
Franken in Rechnung gestellt wurde. Diese be-
rappte jedoch die Gemeinde.
«Einfache» TurnstundenWährend vieler Jahre waren die Turnstunden
«sehr einfach» abgehalten. Turnstunden, in de-
nen schwingende Ringe, farbige Softbälle oder
Trampolins zum Einsatz kamen, suchte man
vergebens. Die Erfindung moderner Sportgerä-
te und vor allem deren Anschaffung in Boswil
war noch Jahrzehnte entfernt. Im Sommer stan-
den dem Turnverein auf dem Naturboden beim
Schulhaus zwei bis drei Reckstangen sowie ein
bis zwei alte Barren zur Verfügung. Läufe für die
bevorstehenden Turnfeste trainierten die Bos-
wiler rund ums Dorf auf den abgeschnittenen
Wiesen der Bauern.
Zur Einfachheit der Turnstunden – aber auch der
Turnerabende und Turnfeste – gehörte auch,
dass diese jahrzehntelang
ohne Musik über die Bühne
gingen. Die Idee, dass mit
dem Plattenspieler für etwas
mehr Unterhaltung gesorgt
werden könnte, musste schnell wieder begra-
ben werden. Der Plattenspieler taugte nichts;
denn er war viel zu leise, um einen Turnreigen
zu verschönern.
Bescheidene EinnahmequellenDer Maskenball am Schmutzigen Donnerstag
im Löwensaal und die Chilbi mit Turnvorfüh-
rungen im Herbst bildeten während Jahren die
einzigen Einnahmequellen. Ab und zu organi-
sierte der Verein im Sommer unter Bäumen ein
Wiesenfest mit Tanz und verschiedenen Spielen.
Doch mit all diesen Veranstaltungen verdiente
der Verein nur wenig, so dass er weiterhin keine
grossen Anschaffungen tätigen konnte. 1924
betrugen die Eintrittspreise für den Maskenball
80 Rappen bis 1 Franken; an der Chilbi verdien-
te der Verein jeweils rund 100 bis 200 Franken.
Der 5. Mai 1929 stellte den finanziell grössten
Erfolg in der 17-jährigen Vereinsgeschichte dar.
An diesem Tag organisierte der Turnverein das
Freiämter Schwinget, das einen willkommenen
Batzen in die Kasse brachte.
Geselligkeit ist sehr wichtigVon den rund 30 Mitgliedern, die der Turnver-
ein in den ersten Jahrzehnten durchschnittlich
zählte, waren zwischen 12 und 16 aktiv und
besuchten regelmässig die Turnproben am
Dienstag und am Freitag. Der Turnverein war
für viele eine willkommene
Abwechslung zum strengen
Alltag von damals. Zu den
Turnproben gehörte auch,
dass man sich im Anschluss
im Restaurant traf. Dabei achteten die Turner
darauf, dass sie keines bevorzugten und alle
abwechslungsweise berücksichtigten. Die Stun-
den nach dem Turnen waren ebenso wichtig
wie das Turnen selber. Es wurde gelacht, ge-
plaudert und über die Welt, sprich, die nähere
Umgebung diskutiert. Etwas kam dabei nicht
zu kurz: «Mindestens eine Jassrunde durfte nie
fehlen», weiss Leo Müller.
Wenn jeweils der Juni näher rückte und damit
«Eine Jassrunde durfte nie fehlen.»
Leo Müller, Ehrenmitglied TV
4
die üblichen kleineren und grösseren Turnfeste
anstanden, intensivierten die Turner das Trai-
ning. Dann standen nicht mehr nur zwei Trai-
nings pro Woche auf dem
Programm, sondern die
letzten rund fünf Wochen
vor dem Fest waren es vier
bis fünf. Und dies sogar an
den hoch-heiligen Sonn-
tagen.
Erste Boswiler TurnhalleIm November 1957 hatte das Turnen in Scheu-
nen, Restaurants oder der Kirche endlich ein
Ende: Gemeinsam mit dem 1942 gegründeten
Damenturnverein konnte der Turnverein die
erste Boswiler Turnhalle in Gebrauch nehmen.
Dieser Anlass war eine aus-
giebige Feier wert und
weckte grosse Freude und
Emotionen bei der gesam-
ten Dorfbevölkerung. «Die
beheizbare Turnhalle war
einer der Höhepunkte», meint Notter Guido.
«So konnten wir von nun an auch im Winter das
Training besuchen.» Ebenfalls für Freude sorg-
ten die farbigen Bälle, die neuen Ringe und Seile
sowie die grossen und kleinen weichen Matten.
Die Scheune von Hans Huber (Bachstrasse) diente auch als Probelokal für die Pyramiden-Darbietungen
Probelokale
«Die beheizbare Turnhalle war einer
der Höhepunkte.»Gudio Notter sen., Ehrenmitglied TV
5
Entwicklung Bestand Aktivmitglieder (ohne Ehrenmitglieder)
Mitgliederbeiträge im Vergleich zum Brotpreis
AnzahlMitglieder
Franken
Turnverein Damenturnverein
Mitgliederbeitrag TV pro Jahr Mitgliederbeitrag DTV pro Jahr Brotpreis pro kg
1912 19521932 1972 20021922 1962 19921942 1982 2012
80
70
60
50
40
30
20
10
0
90
80
70
60
50
40
30
20
10
01912 19691934 1987 20121928 1974 19951964 1991
6
Die Boswiler am Eidgenössischen Turnfest Zürich, 1955
Das Turnen hat sich in den vergangenen hun-
dert Jahren enorm gewandelt. Mit den An-
fangszeiten des Turnvereins ist der Turnbetrieb
des 21. Jahrhunderts nicht mehr vergleichbar.
Während damals vielfältige Turngeräte, rhyth-
mische Trainingsmusik oder gar eine geheizte
Turnhalle noch undenkbar waren, gehören heu-
te pulsierende Musik, farbige Sportbekleidung
sowie unzählige Turn- und Spielgeräte zum
breiten Trainingsangebot des Turnvereins und
Damenturnvereins Boswil dazu.
Ganz in weissLange Zeit schien ein Turnfest dem anderen zu
gleichen. Grosse Veränderungen gab es keine.
Während Jahrzehnten prägten immer dieselben
Bilder das Fest: Männer, die in weissen, engen
kurzen Hosen und T-Shirts turnten. In den ers-
ten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts nahmen
keine Frauen an den Turnfesten teil – und da-
nach waren es anfänglich nur vereinzelte. Eben-
falls nicht zu sehen an Turnfesten waren farben-
frohe Wettkampftenüs. Die alles dominierende
«Farbe» war weiss. Für Gerätevorführungen
am Barren und Reck waren lange weisse Hosen
Pflicht.
Disziplin, Gehorsam und stramme HaltungFür die Boswiler Turner standen bei ihren ersten
Turnfestteilnahmen immer Marsch- und Frei-
übungen sowie Geräteturnen und Lauf- oder
Als «Team Aerobic» noch Fremdwort war
Im Wandel der Zeit
7
Pendelstafetten auf dem Programm. Um an
einem Turnfest teilnehmen zu können, war es
für Vereine Pflicht, alle drei Disziplinen zu ab-
solvieren.
Wer im 21. Jahrhundert hört, dass Marsch- und
Freiübungen eine zentrale Disziplin jedes Turn-
vereins war, denkt unweigerlich an «militärisch
anmutende» Vorführungen. Und so war es
auch – Disziplin, Gehorsam und stramme Hal-
tung waren oberstes Gebot. Jeder Verein in
der Schweiz zeigte die gleichen Übungen. Aus
heutiger Sicht hört sich dies langweilig an, doch
auch dies hatte seinen Reiz und entsprach der
damaligen Zeit. Ob beim imposanten Auftritt
von 120 Stadtluzernern
auf dem Turngelände
oder im dazu vergleichs-
weise bescheiden wir-
kenden Auftritt von 16
Boswiler Turnern, immer hiess es: «Marsch,
rechts, links, vor, zurück, auf, ab …». Der Ober-
turner war dabei die zentrale Person, die mit
kräftiger, lauter Stimme ausgestattet sein sollte
– «eins, zwei, drei, vier …».
Mit Schwung und MusikJahrzehnte später löste die Körperschule die
Marsch- und Freiübungen ab. Von den Turnern
war nun etwas mehr Bewegung und Schwung
gefordert und sie sollten die Übungen lockerer
und eleganter vortragen. Ende der 60er-Jahre
hielt die Gymnastik Einzug. Heutzutage kaum
vorstellbar, aber immer noch turnten die Boswi-
ler ohne Musik oder Tamburin. Erst 1967 brach
eine neue Ära an: Am Eidgenössischen Turnfest
in Bern unterstützte ein Lied von Peter Dubler
ab Tonband die Reigen-Darbietung der Boswiler
Turner. Damit erreichte der Turnverein eine aus-
gezeichnete Klassierung: den 10. Rang unter
218 Sektionen.
Stark kritisierter DTVMittlerweile bereits seit einigen Jahren waren
neben den Männern auch die Boswiler Damen
turnerisch aktiv.
Das Turnen sagte den Damen dermassen gut
zu, dass 16 junge Frauen aus Boswil, Bünzen
und Besenbüren im Jahr 1942 an einer Grün-
dungsversammlung den Damenturnverein ins
Leben riefen. Der neu
gegründete Damenturn-
verein stand jedoch in den
Anfängen unter keinem
guten Stern. In allen be-
teiligten Dörfern äusserten zahlreiche Personen
starke Kritik. Gar nicht gern gesehen war der
neue Verein bei den Pfarrherren. «Man muss
sich entscheiden zwischen Kirche und Turnen»,
meinten sie. Viele Damen durften zu dieser Zeit
den Turnunterricht nicht besuchen. Damit der
Turnbetrieb aufrecht erhalten werden konnte,
war der DTV froh über Mitglieder aus der näh-
ren Region.
In der vordersten ReiheWährend 20 Jahren war Idy Hauenstein-Meyer
die erste Leiterin des DTV Boswils. Wie bei den
Männern hielt auch hier die Körperschule Ein-
zug sowie der Tanz, begleitet von Tamburin,
Klavier und Handorgel. Verschiedenste Reigen
«Marsch, rechts, links, vor, zurück, auf, ab …»
Ein Oberturner
8
«Man muss sich entscheiden zwischen Kirche und Turnen».
Pfarrherren der Region, 1940
waren fester Bestandteil des Boswiler Reper-
toires. Zackig, elegant und mit viel Freude tru-
gen die Boswilerinnen diese vor und ernteten
dafür immer wieder viel Lob.
Bald schon waren die Boswiler Damen im gan-
zen Kanton bekannt und durften bei Gross-
raumvorführungen in der
vordersten Reihe turnen.
1947 – fünf Jahre nach
der Gründung – nah-
men 14 motivierte junge
Turnerinnen erstmals an den Schweizerischen
Frauenturntagen teil, wie für Frauen die Eidge-
nössischen Turnfeste bis 1984 hiessen. Jede Tur-
nerin des Damenturnvereins Boswil war stolz,
hier mitwirken zu dürfen und sie war am Ende
des Tages sehr zufrieden mit den vorgetragenen
Lauf- und Hüpfübungen.
Sieg an den Eidgenössischen FrauenturntagenIm Laufe der Zeit blieb es bei den Boswilerin-
nen nicht nur beim «normalen Turnunterricht».
Je länger je mehr setzten sie auch auf andere
Disziplinen – sie fingen an Korbball zu spielen
und Leichtathletik zu trai-
nieren. Schnell machten
die Boswilerinnen grosse
Fortschritte und die ers-
ten Erfolge stellten sich
ein. Einer der Höhepunkte waren 1978 die Eid-
genössischen Frauenturntage in Genf. Unter der
Leitung von Doris Hufschmied-Cozzio gelang
den Boswilerinnen eine fehlerfreie Gymnastik.
Da auch die Leichtathletinnen starke Leistungen
zeigten, klassierte sich der DTV Boswil in seiner
Stärkeklasse im sensationellen 1. Rang.
Der Damenturnverein am Eidgenössischen Turnfest Lausanne, 1951
Im Wandel der Zeit
9
Boswiler Gymnastik-TraditionWährend vieler Jahre (bis im Jahr 2000) waren
Gymnastikvorführungen ein festen Bestandteil
des Boswiler Programms an Turnfesten. Dies
zur Freude vieler Vereinsmitglieder, aber auch
der jeweils zahlreichen Zuschauer und Fans. Ab
1990 turnten die Boswilerinnen vermehrt auch
an den Geräten, womit an einem Turnfest der
3-teilige Vereinswettkampf aus Gymnastik, den
Schaukelringen und dem Fachtest Allround be-
stand. In dieser Zeit zählte der Damenturnverein
60 Aktivmitglieder. Da das Turnangebot stetig
erweitert wurde – bei den Frauen wie auch bei
den Männern – entstanden zunehmend Platz-
probleme und Kapazitätsengpässe bei den Hal-
len. Den Turnvereinen gelang es aber immer,
eine Lösung zu finden.
Erfolg durch hartes TrainingDie Geschichte des TV und DTV Boswils ist nicht
nur durch die Gymnastik geprägt, sondern un-
ter anderem auch durch viele hervorragende
Leichtathletik-Leistungen. Unzählige Schweizer-
meister- und Aargauermeistertitel in zahlrei-
chen Disziplinen und Alterskategorien zeugen
davon. Spätestens seit 1968 als Walter Müller
die Leitung des Leichtathletik-Trainings über-
nahm, werden die Boswiler Leichtathletinnen
und -athleten gezielt gefördert. Bereits damals
fand zweimal in der Woche ein Training statt.
Bis heute hat sich an diesen Trainings nichts
geändert: sie sind intensiv und keine «Pläusch-
lerstunden». Die seit Jahrzehnten an vielen
Wettkämpfen erzielten Erfolge geben den Trai-
ningsmethoden der Leitern recht. 1985 über-
nahm Susi Moser die Leitung der Leichtathletik-
Riege (LG). Auch Jahre später erinnern sich viele
der damaligen Leichtathleten an ihre eiserne
Disziplin und ihren grossen Willen.
Die Zukunft heisst Team Aerobic1999 kam etwas Neues in den «Boswiler
Turn alltag»: Team Aerobic. Bisher kannte man
Gruppenfoto von 1992 mit den neuen Wettkampf-dress: Susi Moser (stehend, 2.v.r.) und Marcel (Celli) Oettli (sitzend, u.r.) leiteten die Leichtathletik-Riege gemeinsam, seit 2000 prägt sie Marcel Oettli
10
Aerobic beinahe nur in den Fitnessclubs «à la
Jane Fonda». Doch dies änderte sich rasant. Als
1998 der erste Schweizer Aerobic Cup statt-
fand, waren sich die Boswi-
ler Turnerinnen sicher, dass
Team Aerobic keine Mode-
erscheinung sein wird, son-
dern in vielen Turnvereinen
eine Zukunft haben wird.
So auch in Boswil. 1999 entstand im DTV eine
neue Riege: das Team Aerobic Boswil. Für viele
junge Turnerinnen war Team Aerobic eine per-
fekte Alternative zur Gymnastik oder Leichtath-
letik. Beim Team Aerobic werden Fitnesskom-
ponenten wie Ausdauer, Kraft, Beweglichkeit
und Koordination mit Musik und Choreografie
vereint und von Bewertungsrichtern benotet.
Aller Anfang ist schwerAls erste Trainerin engagierte sich Daniela Mül-
ler aus Waltenschwil. Sie hatte bereits einige
Erfahrungen im Team Aerobic gesammelt und
stellte eine Choreografie zusammen. Zu Be-
ginn beschränkten sich die Boswilerinnen auf
ein Musikstück, zu dem sie einfache Schritt-
kombinationen und Hebefiguren turnten. Lie-
gestützen machten sie noch auf den Knien und
die Ausführung der Aerobic-Schritte war «eher
bescheiden». Dies alles schlug sich am ersten
Wettkampf auf die Bewertung nieder: Team
Aerobic Boswil belegte den letzten Platz.
Schon bald übernahm das Trainerduo Sandra
Schmid und Miriam Thurnherr die Führung. Mit
neuer Musik, einigen originellen Ideen, konse-
quentem Training sowie durch Wettkampfer-
fahrung vermochte sich das Boswiler Team
– bestehend aus 16 Personen – stetig zu stei-
gern. 2001 ersetzte Rita Bürgi Sandra Schmid
als Leiterin. Team Aerobic
Boswil entwickelte sich nun
laufend weiter: statt nur ein
Musikstück zu verwenden,
mixten die Boswilerinnen
nun diverse Lieder für ihre
Choreografie, zudem turnten sie mit mehr
Kraft und Dynamik und ergänzten die «norma-
len» Aerobic-Schritte mit Hip Hop-, Tango- und
Latino-Elementen.
«Sogar das russische Lied Kalinka haben wir
einmal eingebaut, das war spassig und kam
beim Publikum sehr gut an», berichtet Rita
Bürgi.
Intensive Trainings zahlen sich ausDas ehrgeizige Team – während einigen Jah-
ren waren auch ein bis drei Turner dabei – war
hoch motiviert und wollte immer noch weiter
nach vorne kommen. Dafür mussten die Akro-
batik-Elemente noch spektakulärerer werden,
die Schrittkombinationen schneller und präzi-
ser und auch die Kraftelemente hatten etwas
Feinschliff nötig. Dies hatte zur Folge, dass in
den Trainings die Intensität noch weiter zunahm
und einige Male auch am Wochenende trainiert
wurde. Der enorme Aufwand zahlte sich aus.
Während Jahren lieferte sich das Boswiler Team
einen harten Kampf mit dem Dottiker Team
um den Sieg am Freiämtercup. 2006 gelang es
Team Aerobic Boswil erstmals die Dottikerinnen
zu schlagen, 2008 wiederholten sie den Sieg.
«Das russische Lied Kalinka kam beim Publikum
sehr gut an.»Rita Bürgi, Ehrenmitglied DTV
Im Wandel der Zeit
11
Auch an den Aargauermeisterschaften trug der
gesteigerte Trainingsaufwand Früchte: Wäh-
rend Team Aerobic Boswil 2006 das Final der
besten vier Teams als Fünfte
noch knapp verpassten, hol-
ten es dies 2007 nach und
klassierte sich im vierten
Rang.
«Unser Ziel war es, stets eine
starke Leistung an den Turn-
festen zu bringen. Dabei war das Eidgenössische
Turnfest in Frauenfeld 2007 natürlich das abso-
lute Highlight. Wir zeigten unsere beste Leistung
aller Zeiten und übertrafen mit der Note 9.69
unsere kühnsten Erwartungen», schwärmt
Miriam Thurnherr von der Aerobic-Darbietung
in Frauenfeld. Von 272 Team Aerobic Gruppen
übertrafen nur gerade sechs Teams das Boswi-
ler Resultat. Mit der Spit-
zennote 9.87 und dem da-
raus resultierenden vierten
Schlussrang im Wettkampf
«Aerobic Paare» rundeten
Funda und Michael Birrer die
starke Leistungen des Boswi-
ler Aerobic Teams ab. Mit dem Eidgenössischen
Turnfest in Frauenfeld endete die Trainerkarriere
von Rita Bürgi und Miriam Thurnherr. Für die Er-
folge von Team Aerobic Boswil sind nun Funda
Birrer und Nadine Steimen besorgt.
Team Aerobic-Darbietung des DTV am Turnfest 2001 in Teufen (AR)
«Wir zeigten unsere beste Leistung aller Zeiten und
übertrafen mit der Note 9.69 unsere kühnsten Erwartungen.»
Miriam Thurnherr, DTV
12
Ab 1997 war es soweit. Es kam etwas Farbe in
die Briefkästen der Bevölkerung von Boswil und
Kallern. Mit rosarotem Umschlag, unter dem
Namen «Schweiss Füess», veröffentlichten der
Damenturnverein und der Turnverein Boswil
ihre neu gegründete Vereinszeitschrift. Im Grün-
dungsjahr erschien eine Ausgabe, danach waren
es zwei pro Jahr (Frühling und Herbst). Bereits
ab der fünften Ausgabe – im Herbst 1999 – er-
hielten die «Schweiss Füess» ein neues Erschei-
nungsbild: aus rosarot wurde gelb.
Im Frühling 2002 überarbeitete das Redaktions-
team die Vereinszeitschrift komplett.
Das Resultat war ein völlig neues Layout, ein
neuer Name («SpassSport») und eine zusätzli-
che Ausgabe im Sommer. Fünf Jahre später – im
Frühling 2007 – erhielt das «SpassSport»-Heft
seine bisher letzte optische Veränderung.
Stark verändert hat sich im Laufe der Jahre auch
die Grösse des Redaktionsteams: 1999 waren
zehn Personen für die Produktion der beiden
jährlich erscheinenden «Schweiss Füess» be-
sorgt.
Seit 2009 sind gerade noch fünf Turnerinnen
und Turner für die dreimal jährlich je 20 Seiten
«SpassSport» verantwortlich.
Aus «Schweiss Füess» wurde «SpassSport»
Vereinszeitschrift
13
Mit dem Regionalturnfest 1977 und dem Kan-
tonalturnfest 1987 haben die Boswiler Turnerin-
nen und Turner eindrücklich bewiesen, dass sie
sportliche Grossanlässe durchführen können.
Doch sind sie auch fähig andere Grossanlässe
zu organisieren? Wer eine der vier Neujahrspar-
tys erlebt hat oder an der Freiämter Turngala
dabei war, wird dies klar bejahen.
(Zu) erfolgreiche erste NeujahrspartyAm 1. Januar 1999 führten der Turnverein und
Damenturnverein in der Mehrzweckhalle Bos-
wil die erste Neujahrsparty mit der Partyband
Sommerwind durch.
Der Andrang war rie-
sig und brachte die
Mehrzweckhalle an ihre
Kapazitätsgrenze. Die
beiden vorangehenden
Jahre fand die Party in Uezwil statt. Da die Uez-
wiler den grossen Aufwand nicht mehr auf sich
nehmen wollten, konnten die Boswiler das Kon-
zept übernehmen.
Eine der treibenden Kräfte hinter diesem Gross-
anlass war der Präsident des Organisations-
komitees Gregor Stocker: «Mich reizte das
Neue und ich wollte etwas Bewegung in un-
seren Verein bringen.» Dies gelang und zahlte
sich auch finanziell aus.
Über 800 Stunden im EinsatzDer grosse Erfolg der ersten Party spülte dem
TV und DTV aber nicht nur Geld in die Ver-
einskassen, sondern bescherte ihnen auch ein
«Problem». Da die Mehrzweckhalle zu klein
war, um alle Partygänger aufzunehmen, muss-
te eine neue Räumlichkeit gefunden werden.
«Nach diversen Abklärungen kam nur eine Al-
ternative in Frage: ein Zelt», erklärt Bauleiter
Peter Mäder. Doch wo sollte dieses aufgestellt
werden? Mit dem Bahnhofareal fand das OK
schlussendlich eine gute Lösung. Ein Zelt aufzu-
stellen bedeutete nicht nur eine grosser Mehr-
aufwand, sondern auch ein
finanzielles Risiko. Obwohl
für die perfekte Party die
Turnerinnen und Turner
über 800 Arbeitsstunden
leisten mussten, war die
Stimmung jeweils ausgezeichnet. «Das moti-
vierte Arbeitsteam war eines der Highlights der
Neujahrspartys», berichtet Gregor Stocker. Der
grosse Einsatzwille ist umso bemerkenswerter,
wenn man bedenkt, dass dieser zwischen Weih-
nachten und Neujahr gefragt war.
Heisse Party bei tiefen Temperaturen«Bei allen drei Neujahrspartys auf dem Bahn-
hofareal waren wir auf zwei Dinge besonders
Ob Party oder Gala, eine perfekte Organisation ist garantiert
«Mich reizte das Neue und ich wollte etwas Bewegung
in unseren Verein bringen.»Gregor Stocker, Freimitglied TV
14
gespannt, die Anzahl Besucher und wie sich
das Wetter entwickelt», weiss Peter Mäder.
Mit jeweils rund 1000 Party gängern konnten
die Erwartungen jedes
Jahr erfüllt oder sogar
übertroffen werden. An
der hervorragenden Stim-
mung konnten auch die
bisweilen frostigen Witte-
rungsverhältnisse nichts anhaben. 2002 sanken
die Temperaturen so stark unter den Gefrier-
punkt, dass es schwierig war, das grosse Zelt
richtig zu heizen. «Die tolle Band und die vielen
verkauften Kafi Zwätschge haben dies aber alle
vergessen lassen», erzählt Peter Mäder.
Schnee und Wind als HerausforderungDas Wetter machte den Organisatoren aber
nicht nur an der Party zu schaffen, sondern war
zuweilen auch bei den Aufbauarbeiten eine
echte Herausforderung. Glücklicherweise hatte
der Turnverein immer erfahrene Handwerker
in seinen Reihen. Denn im Jahr 2001 windete
es teilweise dermassen stark, dass nur noch
die gelernten Dachde-
cker und Zimmermänner
beim Zeltaufbau in luf-
tiger Höhe «sicher» ar-
beiten konnten. Und als
der Wetterbericht für das
Jahresende 2001 starken
Schneefall meldete, war den Verantwortlichen
etwas mulmig zu Mute. «Wir haben einen
Pikett-Dienst organsiert, der bei zu starkem
Schneefall das Zeltdach geräumt hätte, damit es
nicht zusammenstürzt», erzählt Gregor Stocker
von dieser heiklen Situa tion. In den Einsatz kam
es schlussendlich nicht.
Nach vier erfolgreichen
Partyjahren entschieden
der Turnverein und der
Damenturnverin, den
enormen Aufwand kein
weiteres Mal auf sich zu nehmen, und sich in
den kommenden Jahren wieder vermehrt um
die Organisation von sportlichen Anlässen zu
kümmern.
Wie füllt man ein Zelt mit 1400 Sitzplätzen?Ein Anlass, bei dem das Sportliche und das Ge-
sellschaftliche optimal zusammenspielten, fand
noch im gleichen Jahr wie die letzte Neujahr-
sparty statt: Am Samstagabend, 11. Mai 2002
führten der Turnverein und Damenturnverein in
Zusammenarbeit mit dem Frauenturnverein und
Männerturnverein die Freiämter Turngala in Bos-
wil durch. Die Möglichkeit für diesen Grossan-
lass ergab sich, weil für den Zusammenschluss
der Raiffeisenbanken von
Boswil und Bünzen ein
Festzelt mit 1400 Sitzplät-
zen benötigt wurde. Der
Turnverein half dieses Zelt
aufzustellen und erhielt
von der Raiffeisenbank
das Angebot, dieses für einen eigenen Anlass
zu nutzen. Ein solch grosses Zelt angeboten zu
erhalten, ist eine nette Geste, doch was muss
«Das motivierte Arbeitsteam war eines der Highlights
der Neujahrspartys.»Gregor Stocker, Freimitglied TV
«Die tolle Band und die vielen verkauften Kafi Zwätschge haben die tiefen Temperaturen
vergessen lassen.»Peter Mäder, Ehrenmitglied TV
Besondere Anlässe
15
man organisieren, um die 1400 Plätze auch mit
Zuschauern füllen zu können? Dass es etwas
«turnerisches» sein sollte,
war von Beginn an klar,
denn ansonsten hätte
man einfach aus der Neu-
jahrsparty eine Mai-Party machen können.
Zwei erfahrene Männer im OKSchlussendlich reifte die Überlegung, eine Turn-
gala zu organisieren, an der Schweizer Spitzen-
vereine auftreten und hochstehende Turndar-
bietungen gezeigt werden. Diese Idee fand bei
den Boswiler Turnerinnen und Turnern grossen
Anklang. Nun musste
es «nur» noch geschafft
werden, dass diese Ver-
eine überhaupt nach
Boswil kamen und das
Ganze ein abwechslungs-
reiches, humorvolles Show-Programm wurde.
Damit dies gelingen konnte, holte OK-Präsident
Roland Stöckli mit Richy Gugerli einen erfahre-
nen Mann an Bord. Richy Gugerli war damals
Präsident der Turnshow-
Kommission des Schwei-
zerischen Turnverbandes
und übernahm im OK
die Verantwortung für das Sponsoring. Zudem
überzeugte dieser den ehemaligen Kantonal-
oberturner Rolf Friedli, als Programmverant-
wortlicher im OK mitzuwirken.
Ambitioniertes ZielDas 15-köpfige OK konnte nun zwar auf viel
Erfahrung zählen, doch weniger Herausforde-
rungen gab es dadurch
nicht. Denn eine Turnga-
la auf einer (zu) kleinen
Bühne (16 x 20 m) zu or-
ganisieren und dafür nur
gerade sieben Monate
Zeit zu haben, blieb etwas ganz Spezielles. Vor
allem auch wenn das ambitionierte Ziel lautete,
Das Logo der Freiämter Turngala 2002
«Turnen vom Feinsten»Richy Gugerli, ehem. Kantonalpräsident
«Bei den gestreckten Salti rückwärts berührten sie beinahe das Zeltdach.»
Richy Gugerli, ehem. Kantonalpräsident
16
hochstehende Turndarbietungen aus den Berei-
chen Gymnastik, Geräteturnen und Show auf
der Bühne zu zeigen. Oder wie es Richy Guger-
li formulierte: «Turnen vom Feinsten, gespickt
mit musikalischen Leckerbissen.» Für die Musik
waren «Nita», das «De Housi und das Keiser-
Chörli» und die «Silver Birds» besorgt.
Zahlreiche Schweizermeister auf der BühneDas grosse Beziehungsnetz der beiden OK-Ver-
stärkungen sowie die diversen Sponsoren und
Gönner machten es möglich, dass am 11. Mai
2002 absolute Top-Vereine auftraten, die mehr-
fache Schweizermeister waren. Der STV Wettin-
gen mit einem imposanten Sprungprogramm,
der DTV Oberrüti mit über 30 Turnerinnen an
sieben Stufenbarren, der Turnverein Weite mit
einer schwierigen Pferdpauschen-Darbietung
oder auch der Turnverein Mels mit seiner aus
dem Fernsehen bekann-
ten Barren-Humornum-
mer begeisterten das
Publikum im bis auf den
letzten Platz gefüllten
Zelt. Von den Turnerinnen
und Turnern war sehr viel
Flexibilität gefordert, da-
mit sie ihr Programm trotz
der knappen Platzver-
hältnisse optimal turnen
konnten. «Vor allem die
Wettinger hatten Mühe, da sie bei der Boden-
übung mit gestreckten Salti rückwärts beinahe
das Zeltdach berührten», weiss Richy Gugerli.
Begeistertes Publikum, begeisterte TurnendeVon dieser Turnshow im Gala-Ambiente war
nicht nur das Publikum restlos begeistert, son-
dern auch den teilneh-
menden Vereinen hatte
es ausgesprochen gut
gefallen. So wurde denn
auch nach dem Rahmen-
programm ausgelassen
gefeiert. «Es herrschte
eine einzigartige Turnfest-
Atmosphäre», erzählt Rolf
Friedli und fügt weiter an:
«Zahlreiche Turner haben
die Übernachtungsunter-
kunft erst am nächsten Morgen besucht – je-
doch nicht um zu schlafen, sondern um zusam-
menzupacken für die Heimreise.»
«Zahlreiche Turner haben die Übernachtungsunterkunft erst am nächsten Morgen besucht.»
Rolf Friedli, ehem. Kantonaloberturner
«Es herrschte eine einzigartige Turnfest-Atmosphäre.»
Rolf Friedli, ehem. Kantonaloberturner
Eine gelungene Vorführung im Zelt: die Turner des STV Weite (SG), mehrfache Schweizermeister am Pferdpauschen
Besondere Anlässe