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PFLEGEN 1000 Fragen 1000 Antworten Für Ausbildung und Prüfung K. Everts M. Heilig PFLEGEN A P P + P O D C A S T E L S E V I E R P F L E G E

K. Everts M. Heilig PFLEGEN - shop.elsevier.de · Vorwort Dieses Buch dient federführend dazu, Auszubildenden in Pfl egeberufen die Mög-lichkeit zu geben, drängende Fragen selbstständig

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PFLEGEN1000 Fragen1000 AntwortenFür Ausbildung und Prüfung

K. Everts M. Heilig

PFLEGEN

APP + PODCAST

ELSE

VIER PFLEGE

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Vorwort

Dieses Buch dient federführend dazu, Auszubildenden in Pfl egeberufen die Mög-lichkeit zu geben, drängende Fragen selbstständig zu beantworten. Hierzu werden die Fragen, die während der gesamten Ausbildung immer wieder entstehen, praxis-nah und verständlich in kurzen präzisen Texten beantwortet. Die Themen dieses Buchs liegen in den Bereichen Anatomie und Physiologie, Rechtswissenschaft, Pfl e-ge und Krankheitslehre. Des Weiteren werden Fragen zu wichtigen Rahmenbedin-gungen der Ausbildung beantwortet.Ziel des Buchs ist, Ihre Fragen zu beantworten und Sie während der Ausbildung und auch im Rahmen der Prüfungsvorbereitung zu unterstützen. Auch als Lernhilfe und Wegweiser für die Ausbildung kann dieses Buch eingesetzt werden. Dabei richtet es sich an alle Ausbildungsjahre, da sowohl Fragen zur Struktur der Ausbildung sowie zur Probezeit als auch zu den Vorbereitungen und Regeln der Examensprüfungen beantwortet werden.Mit der Perspektive auf die generalistische Ausbildung nimmt das vorliegende Buch Bezug auf Fragen aus allen Bereichen der Pfl ege. Hierzu werden neben der Kinder-krankenpfl ege, der Krankenpfl ege und der Altenpfl ege auch wichtige Fragen aus speziellen Bereichen, z. B. der Notfallversorgung und der Psychiatrie, aber auch aus verschiedenen Settings wie der ambulanten Pfl ege und der stationären Langzeitpfl e-ge in den Blick genommen.Der Aufbau und die Einteilung der Kapitel lehnen sich an die Buchreihe PFLEGEN des Elsevier Verlags an. Somit ist eine gute Übersicht gewährleistet und bestimmte Themen können gezielt bearbeitet oder wiederholt werden.Wir widmen dieses Buch unseren Männern und Familien und danken ihnen an die-ser Stelle für die umfangreiche Unterstützung.Ihnen, den Leserinnen und Lesern dieses Buchs, wünschen wir viel Freude und inte-ressante sowie lehrreiche Momente bei der Beantwortung Ihrer Fragen rund um die Ausbildung in den Pfl egeberufen.

Köln, im Frühjahr 2019Maren Heilig, Katharina Everts

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Benutzerhinweise

MERKEDie Merke-Kästen bieten Ihnen zusätzlich prägnant zusammengefasstes Wissen.

INFOIn den Info-Kästen fi nden Sie Hinweise für kleine Tricks und Kniff e in der Pfl egepraxis, deren Beachtung sich lohnt.

VORSICHTDie Vorsicht-Kästen zeigen an, wo Gefahr droht – oder wie Sie gefährliche Situationen vermeiden können.

In Kapitel 7 stehen unter den Überschriften „Gesundheits- und Kinderkrankenpfl e-ge“, „Altenpfl ege“ und „Generalistik“ Fragen und Antworten zu häufi gen Erkran-kungen des jeweiligen Lebensalters. Diese Inhalte sind nicht nur für Auszubildende des entsprechenden Vertiefungsbereichs wichtig, sondern sie gehören auch zu den allgemeinen Lehr- und Prüfungsinhalten.Am Ende des Buchs fi nden Sie ein ausführliches Register. Dieses hilft Ihnen, die Antwort auf Ihre Frage schnell zu fi nden. Manchmal ist es jedoch mit einer Frage zum Thema nicht getan; daher lohnt es sich nicht selten, auch in den folgenden Fragen zu stöbern.

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Inhaltsverzeichnis

1 Berufsbild Pfl ege 11.1 Ausbildungsbeginn 11.2 Pfl ege im Wandel der Zeit 81.3 Berufsfelder in der Pfl ege 9

2 Situation des Patienten und seiner Angehörigen 192.1 Pfl ege im Kontext von Entwicklung und Alter 192.2 Pfl egesituation, Pfl egebedürftigkeit und

Pfl egephänomene 21

3 Grundlagen pfl egerischen Handelns 233.1 Hygiene 233.2 Rechtliche Grundlagen 323.3 Pfl egeprozess 673.4 Pfl egewissenschaft/Evidence-based Nursing/

Pfl egemodelle und -theorien 743.5 Anforderungen im Pfl egeberuf 873.6 Eckpfeiler des pfl egerischen Handelns 973.7 Organisation der Pfl egearbeit 102

4 Beobachten, beurteilen, intervenieren 1094.1 Grundlagen 1094.2 Gesamtbild des Menschen 1124.3 Atmung 1154.4 Herz und Kreislauf 1374.5 Körpertemperatur 1494.6 Haut und Körper/Mund und Zähne pfl egen 1614.7 Ernährung 1814.8 Ausscheidung 1944.9 Bewegung 2234.10 Kommunikation 2304.11 Schlaf 2344.12 Bewusstsein und Verhalten 2424.13 Schmerz 2474.14 Palliative Care 253

5 Spezielle Maßnahmen der Diagnostik und Therapie 2655.1 Assistenz bei der medizinischen Diagnostik 2655.2 Arzneimittel verabreichen 2705.3 Injektionen, Infusionen, Transfusionen 2805.4 Prä- und postoperative Pfl ege 2985.5 Wundmanagement 301

6 Sofortmaßnahmen in der Pfl ege 3076.1 Atmung und Beatmung 3076.2 Reanimation im Krankenhaus 3106.3 Notfälle im häuslichen Bereich (ambulante Pfl ege/

Pfl egeheim) 315

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InhaltsverzeichnisXII

6.4 Notfallerkrankungen 3166.5 Verbrennungen und Vergiftungen 321

7 Examensprüfung und wichtige Erkrankungen 3257.1 Examensprüfung 3257.2 Gesundheits- und Kinderkrankenpfl ege 3317.2.1 Rotaviren 3317.2.2 Leukämie 3327.2.3 Meningitis 3347.2.4 Neurodermitis 3367.2.5 Diabetes mellitus 3397.2.6 Angeborene Herzfehler 3427.2.7 Essstörungen 3467.2.8 Mukoviszidose 3487.2.9 Zöliakie 3507.2.10 Nekrotisierende Enterokolitis (NEC) 3517.2.11 Pylorushypertrophie (Pylorusstenose) 3527.2.12 Asthma bronchiale 3537.2.13 Frühgeborene 3567.3 Altenpfl ege 3597.3.1 Glaukom und Katarakt 3597.3.2 Arterielle Hypertonie 3607.3.3 KHK versus paVK 3617.3.4 Rheuma und Arthrose 3647.3.5 Chronisch-venöse Insuffi zienz (CVI) 3667.3.6 Akute versus chronische Nierenerkrankungen 3677.3.7 Alzheimer-Krankheit versus demenzielles Syndrom 3707.3.8 Oberschenkelhalsfraktur 3727.3.9 Hauttumoren 3747.4 Generalistik 3767.4.1 Morbus Parkinson versus Multiple Sklerose (MS) 3767.4.2 Herzinfarkt und Herzinsuffi zienz 3797.4.3 Apoplex versus Hirnblutung 3837.4.4 Pneumonie 3857.4.5 COPD 3877.4.6 Gynäkologie 3897.4.7 Blasenkarzinom 3947.4.8 Prostatakarzinom 3957.4.9 Lungenkarzinom 3977.4.10 Ösophaguskarzinom 4017.4.11 Magenkarzinom 4027.4.12 Leberzirrhose versus Leberkarzinom 4037.4.13 Darmkarzinom 4057.4.14 Pankreatitis versus Pankreaskarzinom 4077.4.15 Morbus Crohn versus Colitis ulcerosa 4097.4.16 Hypo- und Hyperthyreose 4117.4.17 HIV- und Hepatitis-Infektion 4137.4.18 Schizophrenie 4167.4.19 Depression und Manie 418

Register 427

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11111 Berufsbild Pfl ege

1.1 Ausbildungsbeginn

1.1.1 Probezeit

Wie lange ist die Probezeit? Die Probezeit beträgt in der Regel sechs Monate, wenn keine anderen tarifvertrag-lichen Regelungen festgelegt werden.

Wie kann in der Probezeit gekündigt werden? In der Probezeit ist es für beide Parteien (Auszubildende und Träger) einfach zu kündigen. Es kann ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist und Angaben von Grün-den die Kündigung ausgesprochen werden.

Wann kann nach der Probezeit gekündigt werden?Nach der Probezeit kann nur unter bestimmten Bedingungen gekündigt werden. Der Arbeitgeber darf nur dann eine Kündigung aussprechen, wenn es einen wichti-gen/außerordentlichen Grund gibt. Der Arbeitgeber muss keine Kündigungsfrist einhalten. Gründe können sein:■ Betriebsbedingt (Arbeitsplatz fällt weg und der Arbeitgeber kann die Person

nicht weiter beschäftigen)■ Personenbedingt (fehlende charakterliche Eignung, Freiheitsstrafen)■ Verhaltensbedingt (grobe Beleidigungen des Vorgesetzten, Annahme von

Schmiergeldern, Diebstahl)

Wenn Sie als Arbeitnehmer kündigen möchten, müssen Sie eine Frist von 4 Wochen einhalten.

MERKEEine Kündigung muss immer schriftlich erfolgen.

1.1.2 Aufbau der Ausbildung

Wie viele Stunden Praxis und Theorie werden in der Ausbildung verlangt? Es müssen mindestens 4.600 Stunden in den drei Jahren Vollzeitausbildung nach-gewiesen werden. Hierzu sind 2.100 Stunden theoretischer und praktischer Unter-richt nachzuweisen und 2.500 Stunden in der praktischen Ausbildung. Die Stunden der Theorie und Praxis sollten im Wechsel zueinander abgestimmt werden, sodass eine sinnvolle Verknüpfung zwischen den beiden Lernorten gewährleistet wird.

Welche Einsätze fi nden in der Ausbildung zum Pfl egefachmann/zur Pfl ege-fachfrau beim Träger der praktischen Ausbildung statt? Beim Träger, bei dem Sie Ihren Ausbildungsvertrag unterschrieben haben, führen Sie 1.300 Stunden von den 2.500 Stunden der praktischen Ausbildung durch. Hier werden folgende Einsätze abgeleistet:■ Orientierungseinsatz■ Pfl ichteinsatz nach § 7 Abs. 1 Pfl egeberufegesetz■ Der Vertiefungseinsatz soll ebenfalls beim Träger stattfi nden

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1 Berufsbild Pflege2

INFODie Pfl ichteinsätze in der Ausbildung zur Pfl egefachfrau bzw. zum Pfl egefachmann sind in den ersten zwei Jahren in folgenden Versorgungsbereichen durchzuführen:■ Stationäre Akutpfl ege■ Stationäre Langzeitpfl ege■ Ambulante Akut-/Langzeitpfl ege■ PädiatrieIm letzten Ausbildungsjahr ist ein Einsatz in der psychiatrischen Versorgung ebenfalls als Pfl ichteinsatz auszuführen.

Wie viele Stunden Praxis und Theorie werden in der hochschulischen Ausbildung verlangt? Bei der hochschulischen Pfl egeausbildung werden mindestens 2.300 Stunden für die praktische Ausbildung vorgegeben. Die Lehrveranstaltungen nehmen ein Stunden-kontingent von 2.100 Stunden ein. Insgesamt werden in den drei Jahren 4.600 Stun-den abgeleistet. Die Diff erenz von 200 Stunden kann frei in beiden Bereichen einge-setzt werden.

INFODie Hochschule kann einen geringen Anteil der praktischen Einsätze in den Einrichtun-gen (5 %) durch praktische Lerneinheiten an der Hochschule ersetzen.

Wie wird die praktische Ausbildung in der hochschulischen Ausbildung sichergestellt?Die Hochschulen setzen Kooperationsverträge mit verschiedenen Pfl egeeinrichtun-gen ein, um die praktische Ausbildung zu gewährleisten.

Wie viele Nachtdienste dürfen in der Ausbildung durchgeführt werden? Ab der Hälfte des zweiten Ausbildungsjahrs dürfen Sie gemeinsam mit einer exami-nierten Pfl egefachperson Nachtdienste in den verschiedenen Bereichen durchfüh-ren. Sie müssen mindestens 80 Stunden und dürfen höchstens 120 Stunden Nacht-dienstarbeit leisten und müssen zu diesem Zeitpunkt mindestens 18 Jahre alt sein.

Wann wird die Zwischenprüfung durchgeführt?Die Zwischenprüfung wird am Ende des zweiten Ausbildungsjahrs durchgeführt. Sie besteht aus einem schriftlichen, mündlichen und einem praktischen Teilbereich.

Was passiert, wenn die Zwischenprüfung nicht bestanden wird?Die Ausbildung kann unabhängig vom Ergebnis weitergeführt werden. Die Ausbil-dungsverantwortlichen werden sich zusammensetzen, um zu besprechen, welche Förderungsmaßnahmen sinnvoll sind, um den Ausbildungserfolg am Ende des drit-ten Jahrs zu gewährleisten. Daraufhin werden nach der Besprechung Maßnahmen (z. B. Zusatzkurse, zusätzliche Praxisbegleitung und individuelle Förderungen) mit dem jeweiligen Auszubildenden besprochen und durchgeführt.

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31.1 Ausbildungsbeginn

INFODurch die grundlegenden Kompetenzregelungen der Bundesländer können diese ein-zeln entscheiden, ob Ihnen nach der Zwischenprüfung eine Pfl egeassistenz - oder -hel-ferausbildung anerkannt wird. Welche Note erreicht werden muss, um die Pfl egeassis-tenz- oder -helferausbildung erfolgreich zu bestehen, legen die einzelnen Bun deslän-der fest.

Dürfen im Schichtdienst kurze Wechsel zwischen den Diensten durchgeführt werden?Nein. Zwischen den Diensten brauchen Sie eine Ruhezeit von mindestens 10 Stun-den, die Sie aus arbeitsrechtlichen Gründen einhalten müssen. Ein kurzer Wechsel ist zwischen einem Spätdienst, der um 22:00 Uhr endet, und einem Frühdienst, der um 6:00 Uhr beginnt, nicht möglich. Aus diesem Grund arbeiten viele Gesundheits-einrichtungen mit Zwischendiensten . Das bedeutet, dass Sie z. B. um 20:00  Uhr Ihren Dienst beenden, damit Sie am nächsten Tag um 6:00 Uhr im Frühdienst star-ten können. Eine Alternative besteht darin, dass Sie Ihren Dienst um 22:00 Uhr be-enden, am nächsten Tag Ihr Zwischenfrühdienst aber erst um 8:00 Uhr oder später beginnt.

MERKEEinen kurzen Wechsel nach einer Nachtschicht und am gleichen Tag einen Spätdienst durchzuführen ist ebenfalls nicht erlaubt.

Wie viele Tage darf am Stück gearbeitet werden?Das hängt davon ab, in welcher Arbeitswoche (5-Tage-, 5,5-Tage- oder 6-Tage-Wo-che) Sie in Ihrem Betrieb arbeiten. Schauen Sie die Tagewoche in Ihrem Arbeitsver-trag nach.

Nach dem Arbeitszeitgesetz dürfen Sie maximal 19 Tage am Stück hintereinander arbeiten.

Erhält man durch die Arbeit am Feiertag oder am Sonntag einen freien Ausgleichstag?Wenn Sie an einem Sonntag arbeiten, steht Ihnen ein Ersatzruhetag innerhalb der nächsten zwei Arbeitswochen zu. Arbeiten Sie an einem Feiertag steht Ihnen der Ersatzruhetag innerhalb von acht Wochen zu.

INFONach dem Arbeitszeitgesetz müssen mindestens 15 Sonntage im Jahr frei bleiben.

Kann man während der Ausbildung die Gesundheitseinrichtung oder das Bundesland wechseln?Ja. Die Ausbildungen zum Gesundheits- und (Kinder-)Krankenpfl eger oder Alten-pfl eger sowie ab 2020 zur Pfl egefachfrau/zum Pfl egefachmann sind auf der Bundes-ebene einheitlich geregelt, damit ist ein Wechsel innerhalb der Ausbildung möglich. Es ist jedoch zu berücksichtigen, ob Sie nur das Krankenhaus/Pfl egeheim bzw. den Pfl egedienst innerhalb des gleichen Bundeslands wechseln, was durch die Länder-regelungen und Spezifi ka der Ausbildung einfacher ist, oder ob Sie in ein anderes

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1 Berufsbild Pflege4

Bundesland wechseln möchten. Hier bietet es sich an, sich von der Bildungseinrich-tung eine Beurteilung ausstellen zu lassen, welche die Inhalte, die bereits gelehrt wurden, sowie Noten aufzeigen. Die Bildungseinrichtung, in die Sie wechseln, kann dann die Inhalte abgleichen und entscheiden ob der Einstieg möglich ist.

Wie sind die verschiedenen Ausbildungsformen in den Gesundheitsberufen in der Schweiz aufgebaut? In der Schweiz gibt es drei verschiedene Ausbildungsgänge in der Pfl ege.■ Fachfrau/-mann Gesundheit EFZ■ Dipl. Pfl egefachfrau/-mann HF■ Pfl egefachfrau/-mann BSc. FH

Inwieweit sich die verschiedenen Ausbildungsmöglichkeiten unterscheiden, wird in ▶ Tab. 1.1 deutlich.

Tab. 1.1 Unterschiede in den Ausbildungsmöglichkeiten der Gesundheitsberufe in der Schweiz

Merkmale Fachfrau/-mann Gesundheit EFZ

Dipl. Pfl egefachfrau/-mann HF

Pfl egefachfrau/-mann Bsc. FH

Voraus-setzung

• Abgeschlossene Volksschule mit guten Leistungen

• Es ist eine Eig-nungsabklärung zu bestehen

• Abschluss einer mind. 3-jährigen berufl ichen Grundbildung EFZ

oder• Berufs-, Fach- oder

gymnasiale Maturitätsowie• Ein Praktikum im

Gesundheitswesensowie• Eine bestandene

Eignungs abklärung

• Berufs-, Fach- oder gymnasiale Maturität

sowie• Eine bestandene Eig-

nungsabklärung

Dauer 3 Jahre • 3 Jahre Vollzeit• Berufsbegleitend

4 Jahre

• 3 Jahre Vollzeit• 4–4,5 Jahre berufs-

begleitend• 1–1,5 Jahre berufs-

begleitend für Perso-nen die bereits Dipl. Pfl egepersonen sind

Theorie • 1.600 Std.– 1. Jahr 640 Std– 2. Jahr 640 Std– 3. Jahr 320 Std

• Überbetriebliche Kurse von 34 Tagen in den 3 Jahren

• Am Ende jeden Se-mesters erhalten die Auszubilden-den ein Zeugnis

• 50 % Schule• 10 % LTT (Lernbereich

Training und Transfer, in dem Fähigkeiten und Fertigkeiten trai-niert werden)

der Stunden fi nden in der FH statt

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51.1 Ausbildungsbeginn

Tab. 1.1 Unterschiede in den Ausbildungsmöglichkeiten der Gesundheitsberufe in der Schweiz (Forts.)

Merkmale Fachfrau/-mann Gesundheit EFZ

Dipl. Pfl egefachfrau/-mann HF

Pfl egefachfrau/-mann Bsc. FH

Praxis • Im Durchschnitt 3,5 Tage die Woche im Betrieb

• 65–87 Wochen be-triebliche Praktika– 1. Jahr: 20–30

Wochen– 2. Jahr: 20–30

Wochen– 3. Jahr: 25–35

Wochen• Lerndokumentation

(Nachweis der Pra-xis wird geführt)

• 50 % Praxis• 72 Wochen Praxis da-

von Einsätze zwischen 16–24 Wochen.

• 10 % LTT (s. o.)

• der Stunden sind in der Praxis verankert

• Plus 10 Monate Zusatz-module in der Praxis nach den 3 Jahren Aus-bildung

Aufgaben-bereiche

• Pfl egerische Auf-gaben

• Hauswirtschaftli-che Tätigkeiten

• Zusammenarbeit im Team

• Ist den dipl./BSc. Pfl egefachkräften unterstellt

• Betreuung von Klienten in statio-nären und ambu-lanten Institutionen

• Hauptverantwortung in der Gestaltung des Pfl egeprozesses

• Anamnesegespräche bis zur Entlassungs-planung

• Betreuung und Pfl ege an die Bedürfnisse des Patienten adap-tieren

• Prävention• Gesundheitsförderung• Qualitätsicherung

• Organissation, Koordi-nation der Pfl egemaß-nahmen

• Anpassung der Pfl ege bei veränderten Patien-tensituationen

• Führungsverantwor-tung

• Enge Kooerpation mit Ärzten

• Ist für die fachliche Entwicklung des unter-stellten Personals ver-antwortlich

• Beteiligung an neuen Konzepten, Methoden und Forschungsprozes-sen

Ort der Ausbil-dung

Berufsfachschulen Höhere Fachschulen Fachhochschulen

Ab-schluss

Eidgenössische Fähig-keitszeugnis EFZ

Diplom Pfl egefach-frau/-mann an einer Höheren Fachschule

Pfl egefachfrau/-mann BSc. in Pfl ege an einer Fachhochschule

Perspek-tive

Verkürzte Ausbildung zum Dipl. Pfl egefach-frau/-mann

Spezialisierung in ver-schiedenen Bereichen (Anästhesie, Intensiv- oder Notfallpfl ege)

Master of Science in Nursing (1,5 Jahren)

Eintrag in das Berufs-register

Nein Ja: NAREG (Nationale Re-gister der Gesundheits-berufe)

Ja: NAREG (Nationale Re-gister der Gesundheits-berufe).

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1 Berufsbild Pflege6

Wie ist die Pfl egeausbildung in Österreich organisiert? Seit einer Gesetzesnovelle aus dem Jahr 2016 gliedert sich die Pfl egeausbildung in Österreich in drei Stufen der Berufsausbildung. Die Pfl egefachkräfte machen in Zu-kunft einen akademischen Abschluss. Dabei ist das Ziel, die Akademisierung in der Pfl ege in Österreich auf 50 % zu steigern. Spezielle Grundausbildungen in der Kin-der- und Jugendlichenpfl ege sowie in der psychiatrischen Gesundheits- und Kran-kenpfl ege sollen abgeschaff t und die Inhalte in die akademische Ausbildung inte-griert werden. Diese Neuregelungen werden stufenweise bis 2024 eingeführt.

INFODie bestehenden Berufsberechtigungen und Qualifi kationen haben alle Bestands-schutz und sind somit von den Neuregelungen nicht betroff en.

Die zukünftigen Berufsbilder werden in ▶ Tab. 1.2 näher beschrieben.

Tab. 1.2 Berufsbilder in der Krankenpfl ege in Österreich

Merkmale Pfl egeassistenz Pfl egefachassistenz Diplomierte Gesund-heits- und Kranken-pfl ege (BscN)

Bisherige Bezeich-nung

Wurde vor der Novelle als Pfl egehilfe bezeichnet

– Ersetzt die bisheri-gen diplomierten Pfl egekräfte

Voraus-setzung

• 9. Schulstufe oder Pfl icht-schulabschluss-Prüfung

• Nachweis von– Gesundheitlicher Eig-

nung (ärztliches Attest)– Vertrauenswürdigkeit

(Strafregisterbescheini-gung)

– Kenntnissen der deut-schen Sprache

• Aufnahmegespräch, stan-dardisiertes Aufnahme-verfahren

• 10. Schulstufe oder Tätigkeitsberechti-gung als Pfl ege-assistenz

• Nachweis von– Gesundheitlicher

Eignung (ärztli-ches Attest)

– Vertrauenswür-digkeit (Straf-registerbeschei-nigung)

– Kenntnissen der deutschen Spra-che

• Aufnahmegespräch und standardisier-tes Aufnahme-verfahren

• Allgemeine Hoch-schulreife, Be-rufsreife oder Studienberechti-gungsprüfung

• Nachweis von– Gesundheitli-

cher Eignung (ärztliches Attest)

– Vertrauens-würdigkeit (Strafregister-bescheini-gung)

– Kenntnissen der deutschen Sprache

• Standadisiertes Aufnahmeverfah-ren

Dauer 1 Jahr 2 Jahre 3 Jahre (6 Semester, 180 ECTS)

Theorie 800 Stunden • 1. Jahr: 800 Stunden• 2. Jahr: 1.070 Stun-

den

Lehrveranstaltungen mit 4.600 Stunden, gegliedert in Module

Praxis 530 Stunden • 1. Jahr: 530 Stunden• 2. Jahr: 530 Stunden

Berufspraktika (6 Stück)

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71.1 Ausbildungsbeginn

Tab. 1.2 Berufsbilder in der Krankenpfl ege in Österreich (Forts.)

Merkmale Pfl egeassistenz Pfl egefachassistenz Diplomierte Gesund-heits- und Kranken-pfl ege (BscN)

Aufgaben-bereich

• Unterstützung Angehöriger anderer Berufsgruppen und von Ärzten durch Assistenz und Übernahme der übertragenen Aufga-ben in Pfl ege, Diagnostik und Therapie

• Durchführung der ihnen übertragenen Aufgaben und Pfl egemaßnahmen (in verschiedenen Settings, an Patienten aller Alters- und Versorgungsstufen)

• Handeln in Notfällen• Mitwirkung bei der Pfl ege-

anamnese mit Nutzung verschiedener Assess-ments (Informationssamm-lung, Beobachtung, Ge-spräche führen, begleiten)

• Mitwirkung an der prakti-schen Ausbildung

• Mehr Kompetenzen als die Pfl egeassis-tenz

• Eigenverantwortli-che Durchführung der ihnen übertrage-nen Aufgaben der Pfl egeassistenz und weiterer Tätigkeiten im Rahmen der Assistenz bei Dia gnostik und Therapie

• Durchführung der ihnen übertragenen Anleitung und Unterweisung von Auszubildenden der Pfl egeassistenz

Vielfältig, gliedert sich in folgende Be-reiche:• Pfl egerische

Kernkompeten-zen

• Kompetenz bei Notfällen

• Kompetenz bei medizinischer Diagnostik und Therapie

• Weiterverord-nung von Medi-zinprodukten

• Kompetenzen im multiprofessio-nellen Versor-gungsteam

Ort der Ausbil-dung

Schulen für Gesundheits- und Krankenpfl ege

Schulen für Gesund-heits- und Kranken-pfl ege

• Fachhochschule• Schulen für Ge-

sundheits- und Krankenpfl ege (in Kooperation mit einer Fachhoch-schule bzw. Uni-versität)

Speziali-sierung

– – Setting- und ziel-gruppenspezifi sche Spezialisierungen in Vorbehaltsbereichen• Niveau 1: vertie-

fend (30 ECTS)• Niveau 2: befug-

niserweiternd (90 ECTS)

Fortbil-dungs-pfl icht

40 Stunden in 5 Jahren 40 Stunden in 5 Jahren 60 Stunden in 5 Jah-ren

Verpfl ich-tender Eintrag in das Berufs-register

Ja Ja Ja

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1 Berufsbild Pflege8

1.2 Pfl ege im Wandel der ZeitWelchen Fokus hat die Berufsbezeichnung „Pfl egefachmann/Pfl egefachfrau“? Durch das Pfl egeberufegesetz gibt es nun die Möglichkeit einen primärqualifi zieren-den Ausbildungsabschluss in der Pfl ege von Menschen aller Altersstufen zu erwer-ben. Diese Veränderung strebt die pfl egerische Versorgung der Gesamtbevölkerung an. Mit dieser neuen Berufsbezeichnung ist eine europäische Anerkennung in ande-ren Ländern möglich, da die Mindestanforderungen der EU-Richtlinie erfüllt sind.

Die Auszubildenden erhalten innerhalb der drei Ausbildungsjahre eine Ausbildung, die im theoretischen und praktischen Unterricht auf die Pfl ege von Menschen aller Altersstufen ausgelegt ist.

Welchen Fokus hat die Ausbildung, wenn man vom „Wahlrecht“ Gebrauch macht?Wenn am Anfang der Ausbildung mit dem Träger der praktischen Ausbildung ein Wahlrecht im Ausbildungsvertrag verankert wird, besteht die Möglichkeit frühes-tens sechs Monate vor Beginn des letzten Ausbildungsdrittels zwischen zwei Optio-nen der angestrebten Berufsabschlüsse zu wählen.

Die erste Option tritt ein, wenn ein Auszubildender die Option des Wahlrechts an-nimmt und im dritten Ausbildungsjahr den Schwerpunkt der Gesundheits- und Kin-derkrankenpfl ege oder Altenpfl ege wählt. Die zweite Option ist durch den Vertie-fungseinsatz (s. u.) aufgezeigt.

INFODurch die Wahlrechtmöglichkeit werden die Inhalte des theoretischen und praktischen Unterrichts im letzten Ausbildungsjahr den Altersspannen Kindern/Jugendlichen oder alten Menschen angepasst.

MERKEDie Berufsqualifi kationen Gesundheits- und Kinderkrankenpfl ege und Altenpfl ege füh-ren nach der Berufsanerkennungsrichtlinie nicht automatisch zur Anerkennung in den anderen europäischen Ländern.

Wie lautet die Berufsbezeichnung, wenn man eine „Vertiefung“ wählt? Hier wird am Anfang der Ausbildung mit dem Träger der praktischen Ausbildung ein Wahlrecht im Ausbildungsvertrag verankert und Sie wählen am Ende der ersten zwei Jahre die Option Vertiefungseinsatz. Vertiefungseinsätze können im speziellen Bereich der pädiatrischen Versorgung oder im Bereich der allgemeinen stationären/ambulanten Langzeitpfl ege durchgeführt werden. Diese Option führt dazu, dass die generalistische Ausbildung in Theorie und Praxis weitergeführt wird und Sie die Berufsbezeichnung Pfl egefachmann oder Pfl egefachfrau erwerben. In der Berufs-urkunde wird jedoch der Vertiefungseinsatz als Spezialisierung ausgewiesen. Das bedeutet, auf der Urkunde steht beispielsweise: Pfl egefachmann mit der Vertiefung in der Pädiatrie.

Was bedeutet es, eine hochschulische Pfl egeausbildung zu beginnen?Ab 2020 ist die Möglichkeit zur primärqualifi zierenden hochschulischen Ausbil-dung gesetzlich verankert. Die Ausbildung dauert mindestens drei Jahre. Die Ge-

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91.3 Berufsfelder in der Pflege

samtverantwortung über Theorie und Praxis obliegt der Hochschule. Für die prak-tischen Einsätze werden mit verschiedenen Trägern Kooperationsverträge abge-schlossen. Für die Praktika ist gesetzlich keine Ausbildungsvergütung vorgesehen. Laut der Berufsanerkennungsrichtlinie der europäischen Union ist die akademische hochschulische Ausbildung automatisch europaweit anerkannt.

Wie sieht die Ausbildung im Vergleich zu anderen europäischen Ländern aus? Hier liegt Deutschland im europäischen Vergleich deutlich zurück. In fast allen europäischen Mitgliedstaaten wird die Pfl egeausbildung bereits an Hochschulen an-geboten. Mit einem Bachelorabschluss erhält man die Erlaubnis zur Ausführung des Berufs. Des Weiteren ist Deutschland das einzige europäische Land, in dem es noch die drei Spezialisierungen der Gesundheits- und Kinderkrankenpfl ege/Pfl egefach-frau oder Pfl egefachmann und Altenpfl ege gibt.

Was ist der Unterschied zwischen einem Berufsverband und einer Pfl ege-kammer? Im Berufsverband ist die Mitgliedschaft freiwillig. Hier können Pfl egende eintreten, um die Interessen der Berufsgruppe nach innen und außen zu vertreten. Die Berufs-verbände werden als Fachexperten bei Gesetzgebungsverfahren zur Anhörung ein-geladen.

In der Pfl egekammer besteht eine Pfl ichtmitgliedschaft. Diese beginnt, sobald die Ausbildung erfolgreich abgeschlossen wurde und die Person im Beruf tätig ist. Im Moment gibt es nur auf Länderebene Pfl egekammern. Die erste Landespfl egekam-mer wurde in Rheinland-Pfalz gegründet. Aufgabe der Pfl egekammer ist, die Inter-essen der Gesellschaft bzw. Bevölkerung zu deren Wohl zu vertreten. Somit wird eine sachgerechte und professionelle Pfl ege sichergestellt. Zusätzlich werden die berufl ichen Belange der Pfl egenden unter Beachtung des Interesses der Bevölkerung gefördert.

INFOAuszubildende können bereits in ihrer Ausbildung als freiwilliges Mitglied in die Pfl e-gekammer eintreten. Der Jahresbetrag ist vergünstigt.

1.3 Berufsfelder in der Pfl ege

1.3.1 Versorgungsarten

Welche verschiedenen Krankenhaustypen gibt es? Die Versorgungsarten der Krankenhäuser sind in den Landeskrankenhausgesetzen festgelegt. Insgesamt gibt es in Deutschland vier Versorgungsarten (▶ Tab. 1.3).

Was ist das Besondere an einer Universitätsklinik?Universitätskliniken sind Krankenhäuser der Maximalversorgung, die sich zusätz-lich dem Bereich der Forschung und Lehre verpfl ichten und wissenschaftliche For-schungen betreuen.

Was verbirgt sich hinter der Abkürzung MVZ?MVZ bedeutet „Medizinisches Versorgungszentrum “. Diese wurden in Deutsch-land mit dem GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.  November  2003 eingeführt

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1 Berufsbild Pflege10

(GKV  = Gesetzliche Krankenversicherung). Im MVZ können sich niedergelassene Ärzte verschiedenster Fachdisziplinen zusammenschließen und ambulante Behand-lungen durchführen. Die Patientenversorgung durch ein MVZ hat sich als wichtiges Bindeglied zwischen ambulanter und stationärer Versorgung herausgestellt. Vor allem in ländlicheren Bereichen hat sich die Errichtung eines MVZ bewährt. Hier wird die Versorgung durch die Fachärzte und deren Zusammenarbeit sichergestellt und verbessert.

Wie werden die Patienten in der ambulanten Pfl ege versorgt?In der ambulanten Pfl ege fahren die Pfl egenden zu den Patienten nach Hause. Je nach Grad der Pfl egebedürftigkeit und vereinbarten Leistungen mit dem Pfl egebe-dürftigen bzw. dessen Angehörigen kommen sie einmal oder mehrfach am Tag zur Versorgung des Patienten vorbei. Die Routen der Pfl egenden sind in Früh- und Spät-schichten eingeteilt. Für die Nacht stehen Hausnotrufdienste zur Verfügung, z. B. bei beatmeten Patienten sind jedoch auch Nachtdienste möglich (s. u.).

INFOFür Notfallsituationen in der Zeit, in der keine Pfl egenden vor Ort sind, kann der Patient sich durch einen 24-Stunden-Hausnotrufdienst bemerkbar machen. Diese werden von verschiedenen Pfl egediensten angeboten.

Auf welche Besonderheiten treff en die Pfl egenden in der ambulanten Pfl ege?Im häuslichen Bereich sind die Pfl egenden in den Wohnungen oder Häusern zu Gast. Gegebenenfalls erhalten sie einen Wohnungsschlüssel vom Pfl egebedürftigen, um die Wohnung jederzeit betreten zu können. Der Schritt, den Schlüssel an einen Pfl egedienst abzugeben, fällt vielen Pfl egebedürftigen schwer. Die Hilfsmittelbe-schaff ung ist nicht zu vergleichen mit der in stationären Einrichtungen. Der Pfl ege-bedürftige benötigt eine Verordnung des Hausarztes über das Hilfsmittel. Dieses

Tab. 1.3 Versorgungsart der Krankenhäuser

Versorgungsart Erläuterung

Grundversorgung Eine Fachdisziplin ist im Krankenhaus vorhanden: Innere Medizin oder Chirurgie

Regelversorgung Die Fachabteilungen Innere Medizin und Chirurgie sind im Kranken-haus vorhanden. Weitere Fachrichtungen können im Krankenhaus vertreten sein:• Geburtshilfe und Gynäkologie• Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde• Augenheilkunde

Schwerpunkt-versorgung

Hier sind alle Fachrichtungen der Grund- und Regelversorgung vor-handen. Hinzu kommen zum Beispiel folgende Fachabteilungen:• Pädiatrie• Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie• Neurologie

Maximalversorgung • Hier sind über die Schwerpunktversorgung hinaus weitere Fachab-teilungen vorhanden

• Des Weiteren verfügen Krankenhäuser der Maximalversorgung über hochdiff erenzierte medizinisch-technische Einrichtungen und Großgeräte

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111.3 Berufsfelder in der Pflege

wird dann von der Pfl egekasse leihweise zur Verfügung gestellt. Die Verbrauchs-materialien werden rezeptiert und von der Apotheke oder vom Sanitätshaus gelie-fert. Die Materialien sind in der Leistung des ambulanten Pfl egedienstes nicht ent-halten. Somit achten viele Pfl egebedürftige und deren Angehörige darauf, dass nicht zu viel Material verschwendet wird, denn gewisse Teilkosten trägt der Pfl egebedürf-tige selbst. Der Pfl egedienst ist nur für die Schutzausrüstung (Schutzhandschuhe, Händedesinfektionsmittel, Schutzkittel usw.) seiner Mitarbeiter verantwortlich.

Was bedeutet „ambulante 24-Stunden-Pfl ege“? Es gibt zwei Varianten der 24-Stunden-Versorgung, die der Patient in seinen eigenen Räumlichkeiten nutzen kann:

Die erste Variante ist, dass es sich um einen Patienten handelt, der zu Hause eine Intensivbehandlung benötigt. Das sind häufi g Patienten, die beatmet werden und rund um die Uhr auf Pfl egende angewiesen sind. Hier wechseln sich die Pfl egenden im Tages- und Nachtrhythmus ab und sind 12 Stunden pro Schicht bei dem Patien-ten zu Hause anwesend. Es gibt ambulante Pfl egedienste, die sich auf beatmete Pa-tienten mit weitergebildeten Pfl egefachpersonen spezialisiert haben.

Die zweite Variante ist, dass eine Pfl egende oder ein Pfl egender eingestellt wird, die/der beim Patienten in einem separaten Raum untergebracht wird und dort gemein-sam mit dem Patienten lebt. Dadurch steht sie/er dem Patienten und seinen Angehö-rigen rund um die Uhr zur Verfügung. Hier unterstützen die Pfl egenden die Patien-ten in der Grundpfl ege, im Haushalt sowie bei vielen alltäglichen Aktivitäten.

Wer versorgt die Bewohner in Seniorenwohnheimen?Im Seniorenwohnheim gibt es viele Berufsgruppen, die die Bewohner in ihren alltäg-lichen Aktivitäten unterstützen. Bevorzugt arbeiten in der Grundpfl ege der Bewoh-ner ausgebildete Pfl egefachpersonen, Altenpfl egehelfer und Krankenpfl egehel-fer/-assistenten. Auch die Auszubildenden spielen in der Versorgung der Bewohner bereits eine wichtige Rolle. Des Weiteren fi nden Sie folgende Berufsgruppen in der Versorgung der Bewohner:■ Betreuungskräfte■ Köche■ Hauswirtschaftshilfen■ Alltagsbegleiter■ Sozialassistenten■ Heilerziehungspfl eger■ Sozialpfl eger■ Pfl egehilfspersonen (ohne pfl egerische Ausbildung)

Was ist der Schwerpunkt beim „betreuten Wohnen“? Beim Betreuten Wohnen ziehen die Personen nicht direkt in ein Seniorenwohnheim ein, sondern nutzen Einrichtungen, in denen sie in altersgerecht umgebauten Woh-nungen noch selbstständig leben können. Der Vorteil des betreuten Wohnens ist, dass der Bewohner gewisse Service- und Zusatzleistungen buchen kann, z. B. „Essen auf Rädern“ oder eine Pfl egende, die einmal am Tag vorbeischaut und nachsieht, ob alles in Ordnung ist. Die Bewohner können ihren Alltag noch selbst bewältigen, er-fahren aber Unterstützung, sobald sie diese benötigen. In den meisten Einrichtungen steht den Bewohnern für Notfälle der Hausnotruf zur Verfügung.

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1 Berufsbild Pflege12

Was versteht man unter einer „Beatmungs-WG“? Unter einer Beatmungs-WG werden Einrichtungen verstanden, die Wohngemein-schaften anbieten, in denen beatmete und intensivmedizinisch betreute Bewohner langfristig versorgt werden können. Die Mehrheit der Patienten hat Erkrankungen, die eine lebenslange Beatmung oder intensivmedizinische Betreuung notwendig ma-chen. Die Patienten können nicht dauerhaft im Krankenhaus versorgt werden, so-dass Wohngemeinschaften für beatmete und intensivbetreute Patienten eingerichtet wurden. In den Wohngemeinschaften soll den Bewohnern eine möglichst normale und familienfreundliche Atmosphäre geboten werden. Die Pfl egenden sind auf die außerklinische Beatmung spezialisiert und die Betreuung ist rund um die Uhr ge-währleistet.

Wie leben Personen in einer Demenz-Wohngruppe? Was ist der Unterschied zu einem Demenzquartier/Demenzdorf? In einer Demenz-Wohngruppe leben Bewohner mit einer Demenzerkrankung wie in einer Wohngemeinschaft zusammen. Das bedeutet, jeder Bewohner hat sein eigenes Zimmer, die Gemeinschaftsräume wie Wohnzimmer, Küche oder Aufenthaltsräu-me werden von allen Bewohnern gemeinsam benutzt. Die Besonderheit bei De-menz-Wohngruppen ist, dass rund um die Uhr eine Pfl egefachperson vor Ort ist, die die Bewohner betreut. Der Umgang mit Demenzerkrankten ist sehr anspruchsvoll und für viele Angehörige auf Dauer zu Hause zu belastend. In der Wohngemein-schaft können sie ihre Angehörigen jederzeit besuchen und die professionelle Be-treuung den Pfl egenden überlassen. Des Weiteren sind häufi g Hauswirtschaftskräfte angestellt, die die Bewohner aktiv in den alltäglichen Verrichtungen wie Kochen oder Wäschewaschen und -zusammenlegen einbinden.

Das Demenzquartier/Demenzdorf ist eine weitere Wohnform für Personen mit einer Demenzerkrankung. Hier leben 100–140 Personen in einem großen Wohnkomplex zusammen, der umfangreich auf die Bedürfnisse der Bewohner ausgerichtet ist. So gibt es in vielen Demenzdörfern große Gärten, in denen die Bewohner zu jeder Ta-geszeit spazieren gehen können. Die Bewohner können sich auf dem Gelände frei bewegen, sind jedoch vor dem Verkehrsalltag der Städte geschützt. Die Tagesab-läufe wie Essens- oder Schlafenszeiten werden an die Bedürfnisse der Bewohner an-gepasst. Durch einen hohen Stellenschlüssel an Pfl egefachpersonen und Betreuungs-kräften kann eine individuelle Betreuung der Bewohner durchgeführt werden.

Was verbirgt sich hinter dem Begriff „Mehrgenerationswohnen“? Beim Mehrgenerationswohnen leben Einzelpersonen und Familien verschiedener Generationen und damit unterschiedlichen Alters in einem Haus zusammen. Ziel dieses Konzepts ist, dass sich die Bewohner des Hauses untereinander unterstützen. So passt zum Beispiel der Rentner auf die Tochter einer alleinerziehenden Mutter auf, dafür kauft diese für den Rentner die schweren Sachen wie Wasserkisten ein. Durch diese Netzwerke können Senioren länger in der eigenen häuslichen Umge-bung wohnen. Deshalb sind die Gebäude so ausgewählt, dass sie altersgerecht und barrierefrei zu betreten sind. In den Wohnkomplexen gibt es Gemeinschaftsräume, die die Gemeinschaft fördern sollen. Das Zusammenleben in einem Mehrgenera-tionshaus ist freiwillig.

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5 Spezielle Maßnahmen der Diagnostik und Therapie270

5.2 Arzneimittel verabreichenWas besagen die Begriff e Applikation, Liberation, Resorption, Distribution, Metabolisierung und Elimination?■ Applikation meint die Verabreichung eines Arzneimittels, Applikationsform

und -art werden hier unterschieden■ Liberation bezeichnet die Freisetzung des Medikaments im Organismus■ Als Resorption wird die Aufnahme des Wirkstoff s in das Körperinnere also

Blutbahn oder Lymphe, bezeichnet■ Mit Distribution ist die Verteilung des Wirkstoff s innerhalb des Organismus

gemeint■ Metabolisierung ist die Verstoff wechslung eines Arzneistoff s, also die Umwand-

lung in die einzelnen Stoff wechselprodukte■ Elimination meint den Abbau bzw. die Konzentrationsabnahme des Wirkstoff s

im Organismus

Was sind Pharmakokinetik und Pharmakodynamik?■ Als Pharmakokinetik wird die Wirkung des Organismus auf das Arzneimittel

bezeichnet: Applikation, Resorption, Distribution, Elimination (s. o.), Plasma-spiegelkurve

■ Mit Pharmakodynamik ist die Wirkung des Arzneimittels auf den Organismus gemeint: Beziehung von Dosis und Wirkung (sichtbarer Eff ekt), therapeutische Breite (s. u.)

Was besagt die therapeutische Breite eines Medikaments? Die therapeutische Breite dient als Maß für die Sicherheit eines Wirkstoff s, indem sie die Spanne zwischen dem Eintritt einer Wirkung (darunter ist das Medikament unterdosiert) und dem Eintreten einer toxischen oder letalen Wirkung (darüber ist das Medikament überdosiert) angibt.

Was bezeichnen die Begriff e Indikation und Kontraindikation?■ Die Indikation gibt an, warum ein Medikament verabreicht werden soll, also

welches Symptom vorliegt, das die Gabe begründet■ Die Kontraindikation gibt Gegenanzeigen an, warum ein Medikament nicht ver-

abreicht werden sollte, es liegen also bestimmte Erkrankungen oder Symptome vor, die den Patienten durch die Gabe eines bestimmten Präparats gefährden könnten– Absolute Kontraindikationen: Das Medikament darf auf keinen Fall verab-

reicht werden, da die Nebenwirkungen oder Komplikationen bzw. die Ge-fahren so hoch sind, dass kein Nutzen aus dem Medikament gezogen werden kann

– Relative Kontraindikationen: Hier muss der Arzt abschätzen, ob die Gefahr durch das Medikament geringer oder höher ist als die Gefahren bei einer Nichtgabe. Dies hängt sehr von der Grunderkrankung, die zu behandeln ist, und vom Zustand des Patienten ab

Was bedeutet Nebenwirkung?Mit Nebenwirkungen sind alle Wirkungen gemeint, die ein Medikament neben der eigentlichen Hauptwirkung im Körper auslöst. Man kann Nebenwirkungen nach folgenden Aspekten unterteilen:

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2715.2 Arzneimittel verabreichen

■ Erwünscht und unerwünscht■ Harmlos bis schwerwiegend■ Vorhersehbar und nicht vorhersehbar■ Dosisabhängig und nicht dosisabhängig■ Toxisch und nichttoxisch■ Allergische Reaktionen■ Infolge eines Enzymmangels■ Sekundäre Nebenwirkungen (unerwünschte Folgen der Hauptwirkung)■ Infolge einer Abhängigkeit (Gewöhnungseff ekt, Toleranz, Sucht)

MERKEBei starken Nebenwirkungen kann es sein, dass ein Medikament abgesetzt wird, weil der Nutzen nicht ausreicht, um die Nebenwirkungen in Kauf zu nehmen.In einigen Fällen werden Medikamente ausschließlich wegen der (in diesem Fall er-wünschten) Nebenwirkung gegeben. So wird z. B. Morphin häufi g gegen Dyspnoe (Luft-not) eingesetzt, weil Morphin (als Nebenwirkung) zu einer Reduktion der Atemfrequenz führt.

VORSICHTKeine Wirkung ohne Nebenwirkung! Es gibt keine Medikamente, die ausschließlich die eine erwünschte Wirkung haben. Jedes Präparat hat Nebenwirkungen, dies gilt auch für vermeintlich harmlose oder rein pfl anzliche Medikamente! Bedenken Sie dies stets bei der Gabe von Arzneimitteln und beobachten Sie den Patienten in Bezug auf das Auftreten von Nebenwirkungen.

Was sind Wechselwirkungen?Als Wechselwirkung bezeichnet man Wirkungen zwischen verschiedenen Medika-menten, die sich gegenseitig beeinfl ussen. Dies spielt besonders bei multimorbiden und älteren Patienten, die regelmäßig mehrere Medikamente einnehmen, eine wich-tige Rolle.

Was bedeutet paradoxe Wirkung?Bei manchen Präparaten kann eine Wirkung genau gegenteilig zur Indikation ent-stehen. Hier spricht man dann von paradoxer Wirkung . Dies ist häufi g bei Sedativa (Beruhigungsmitteln) der Fall. Dies bedeutet also, dass ein Patient nach der Gabe eines Sedativums unruhig wird.

Welche Faktoren können die Wirkung eines Medikaments beeinfl ussen?■ Einnahme von Alkohol oder anderen Giftstoff en■ Einnahme anderer Arzneimittel■ Ernährung (Art und Zeitpunkt)■ Alter■ Körperliche Konstitution■ Psychische Faktoren■ Bestimmte Erkrankungen (Leber- oder Nierenerkrankungen können z. B. die

Resorption beeinfl ussen)■ Genetische Variabilität

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5 Spezielle Maßnahmen der Diagnostik und Therapie272

Welche Arten von Arzneimitteln gibt es?

Tab. 5.3 Arten von Arzneimitteln

Arzneimittelart Form/Eigenschaften

Tablette • Fest (gepresstes Pulver)• Orale Einnahme• Gut dosierbar, meist teilbar• Häufi g schlecht zu schlucken

Schmelztablette • Feste Konsistenz• Orale Einnahme• Zergeht ohne Wasserzugabe im Mund• Gut dosierbar, meist teilbar• Einnahme auch im Liegen oder bei Schluckstörungen möglich

Brausetablette • Fest• Zum Aufl ösen in Wasser, orale Einnahme• Gut dosierbar, meist teilbar• Schneller Wirkungseintritt

Retardtablette • (Feste) Tablette• Mit verzögertem Wirkungseinsatz

Dragee • Fest• Tablette mit Überzug, gut zu schlucken• Teilweise magensaftresistenter Überzug• Meist angenehmer im Geschmack bzw. neutral

Kapsel • Fest• Darf nicht geteilt oder gemörsert werden• Teilweise ist das Öff nen möglich, außer die Kapsel ist magensaft-

resistent und die Resorption soll erst im Dünndarm stattfi nden

Pulver • Fest (fein zerkleinerte, feste Substanz)• Ungenaue Dosierung• Verkürzte Haltbarkeit• Lokale Anwendung (auf der Haut) oder mit Flüssigkeit zur Einnahme

Granulat • Fest (grobkörnig zerkleinerte, feste Substanz)• Ungenaue Dosierung• Orale Einnahme mit Flüssigkeit

Zäpfchen ( Suppositorium )

• Fest• Einbettung des Wirkstoff s in Fettgrundlage, schmilzt durch Wärme

der Körpertemperatur• Meist rektale Anwendung, selten vaginale• Eff ektive Wirkstoff menge schwankend• Kumuliert bei erhöhter Körpertemperatur• Nach OP an Rektum oder Sigma nicht verwenden• Bei Durchfall oder Hämorrhoiden nicht verwenden

Gel • Halbfest• Trocknet auf der Haut, kühlt dadurch

Salbe , Creme , Paste • Halbfest• Auf Rückfettung achten, wirkt sonst austrocknend

Emulsion , Suspension

• Flüssig• Dosierung schwierig

Tropfen • Flüssig• Auf alkoholische Zusätze achten

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2735.2 Arzneimittel verabreichen

Dürfen Retardpräparate oder Dragees gemörsert werden? Retardpräparate sind Medikamente, die ihren Wirkstoff verzögert abgeben. Dies wird häufi g über eine magensaftresistente Kapsel gewährleistet. Wird das Medika-ment in seiner Form verändert, wird der Wirkstoff schneller absorbiert, daher dür-fen sie nicht gemörsert werden.

Dragees, die einen magensaftresistenten Überzug haben, dürfen aus diesem Grund ebenfalls nicht gemörsert werden.

Was ist bei der Anwendung von sogenannten TTS zu beachten? Die Abkürzung steht für Transdermales Therapeutisches System. Hierbei handelt es sich um Pfl aster, die ihren Wirkstoff über die Haut über einen längeren Zeitraum, i. d. R. über drei Tage, abgeben. Bei der Anwendung ist zu beachten:■ Nur auf trockene Haut aufkleben■ Nicht zerschneiden■ Beim Wechsel des Pfl asters das neue auf eine andere Stelle aufkleben■ Auf fettfreie Haut aufkleben■ Keine Wärme von außen, z. B. Wärmfl asche, zufügen, da der Wirkstoff sonst

schneller resorbiert wird (Gefahr der Überdosierung)■ Bei Fieber an beschleunigte Resorption denken: mit Arzt die Entfernung des

Pfl asters in Erwägung ziehen■ Handelt es sich um ein Schmerzpfl aster und das Pfl aster muss aus irgendwelchen

Gründen entfernt werden, unbedingt an eine alternative Schmerztherapie denken

■ Bei der Verwendung von Pfl astern, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen, allgemeine Grundsätze beim Umgang mit BTM beachten (▶ 3.2.19)

Welche Applikationsformen für Medikamente gibt es? Man unterscheidet übergeordnet zwei Arten der Verabreichung von Medikamen-ten. Erstens die Resorption über die Haut oder Schleimhäute und zweitens das Ein-bringen von Medikamenten in den Körper. Beide Applikationsarten können weiter nach der Lokalisation der Schleimhaut bzw. der Art des Einbringens unterschieden werden:

Resorption über die Schleimhaut (lokale Anwendung)■ Perkutan Resorption durch die Haut■ Sublingual unter der Zunge zergehen lassen

Tab. 5.3 Arten von Arzneimitteln (Forts.)

Arzneimittelart Form/Eigenschaften

Dosieraerosol • Gasförmig• Richtige Anwendung beachten• Patient eventuell nicht in der Lage, tief genug einzuatmen

Sonderformen • Implantate (Herzschrittmacher, u. Ä.)• TTS (s. u.)• Intrauterinpessare (in Uterus eingebrachte Kunststoff - oder Kup-

ferspiralen zur Verhütung)

TTS (Transdermales Therapeutisches System )

• Pfl aster, z. B. Fentanylpfl aster, Nikotinpfl aster• Resorption über die Haut (transkutan)

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5 Spezielle Maßnahmen der Diagnostik und Therapie274

■ Lingual auf der Zunge zergehen lassen■ Peroral/per os Resorption über die Schleimhaut des Magendarmtrakts■ Nasal Resorption über die Nasenschleimhaut■ Konjunktival Aufnahme über die Bindehaut des Auges■ Otal am oder im Ohr anzuwenden■ Pulmonal Resorption über die Bronchial- oder Alveolarschleimhaut■ Vaginal Medikament in die Scheide einführen■ Rektal Medikament in den Enddarm einführen

Verabreichung ins Körperinnere (systemische Anwendung)■ Intravenös Medikament in die Vene verabreichen■ Intraarteriel Medikament in eine Arterie verabreichen■ Intramuskulär Medikament in einen Muskel verabreichen■ Intrakutan Medikament in die Haut verabreichen■ Subkutan Medikament ins Unterhautfettgewebe einführen■ Intraartikulär Medikament in ein Gelenk verabreichen■ Intrathekal Medikament in den Spinalkanal verabreichen■ Peridural Medikament in den Periduralraum verabreichen■ Intrakardial Medikament in den Herzmuskel applizieren■ Intraossär Medikament in den Knochen applizieren

Wovon hängt ab, wie ein Medikament verabreicht wird?Um ein Medikament optimal dosieren zu können, gibt es verschiedene Formen der Wirkstoff e (fl üssig, fest usw.). Wann, was, wie verabreicht wird, hängt von folgen-den Faktoren ab:■ Eigenschaften des Arzneimittels (Resorptionsfähigkeit im Körper)■ Erwünschter Wirkort (lokal oder systemisch)■ Erwünschter Wirkeintritt (sofort oder verzögert)■ Erwünschte Wirkdauer (kurze oder langandauernde Wirkung)■ Gesundheitszustand des Patienten (Fähigkeit Medikamente zu schlucken usw.)■ Wunsch des Patienten

Welche Arzneimittelgruppen werden unterschieden? Man kann die Medikamente in zwei Obergruppen unterteilen, je nachdem, ob sie direkt auf das Zentrale Nervensystem (ZNS) wirken (▶ Tab. 5.4) oder auf die Peri-pherie bzw. das vegetative Nervensystem (▶ Tab. 5.5). Die beiden Obergruppen sind in den beiden Tabellen exemplarisch aufgelistet.

Tab. 5.4 Arzneimittelgruppen, die auf das ZNS wirken

Arzneimittelgruppe Wirkung

Psychopharmaka • Beeinfl ussen zentralnervöse Störungen• Hierzu zählen: Antidepressiva , Neuroleptika , Tranquilizer ,

Stimulanzien

Hypnotika • Hypnotisch bzw. schlaff ördernd• Beruhigend

Sedativa • Schlaff ördernd• Beruhigend

Narkotika • Lähmung von Teilen des ZNS• Führen dadurch zu: Hypnose, Arefl exie, Analgesie, Amnesie,

Relaxation der Muskeln

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2755.2 Arzneimittel verabreichen

Tab. 5.4 Arzneimittelgruppen, die auf das ZNS wirken (Forts.)

Arzneimittelgruppe Wirkung

Lokalanästhetika • Blockieren die Fortleitung von Impulsen in der Peripherie• Führen dadurch in bestimmten Regionen des Körpers zu Schmerz-

freiheit, Empfi ndungsstörungen und Bewegungseinschränkung ohne Trübung des Bewusstseins

Antiparkinson- Medikamente

• Reduzieren Rigor und Tremor• Beeinfl ussen Akinesie

Antiepileptika / Antikonvulsiva

• Erhöhen die Krampfschwelle werden zur Prophylaxe und zur Therapie bei zerebralen Krampfanfällen gegeben

• Beeinfl ussen das Auftreten von Bewusstseinsstörungen und ab-normen motorischen Erscheinungen

Analgetika • Medikamente zur Schmerzunterdrückung• Unterteilt in Opioid - und Nicht-Opioid-Analgetika

Nootropika / Antidementiva

• Verbessern den Gehirnstoff wechsel• Werden bei demenziellen Veränderungen eingesetzt

Tab. 5.5 Arzneimittelgruppen, die in der Peripherie und auf das vegetative Nervensystem wirken

Arzneimittelgruppe Wirkung

Sympathomimetika /Sympatholytika

Verstärken/vermindern die Reaktionen des Sympathikus

Parasympathomimetika /Parasympatholytika

Verstärken/vermindern die Reaktionen des Parasympa-thikus

Hormone Beeinfl ussen das endokrine System

Diuretika Erhöhen die Urinproduktion

Blutarzneimittel und Gerinnungsmedikamente (Antianämika , Antithrombotika , Fibrinolytika , Blutprodukte )

Nehmen Einfl uss auf die Blutgerinnung bzw. ersetzen fehlende Blutanteile

Herzwirksame Arzneimittel wie Antiarrhythmika

Beeinfl ussen:• Herzfrequenz• Schlagkraft des Herzens• Herzrhythmus

Immunsuppressiva Setzen die Abwehrkraft des Immunsystems herab, wird z. B. genutzt, damit es nicht zu Abstoßungsreaktionen kommt

Zytostatika • Unterdrückung der Zellteilung• Werden häufi g als Chemotherapeutika in der Krebs-

behandlung benutzt

Antiinfektiva Je nach Ursache des Infekts werden eingesetzt:• Antibiotika (bei Befall mit Bakterien)• Antimykotika (bei einer Infektion durch Pilze)• Virustatika (bei einem Virusinfekt)• Antiparasitäre Pharmaka (bei Parasitenbefall)

Antiemetika Bei Übelkeit oder Erbrechen

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5 Spezielle Maßnahmen der Diagnostik und Therapie276

Was sind Ursachen für Arzneimittelinkompatibilitäten? Mit Arzneimittelinkompatibilität ist die Unverträglichkeit verschiedener Arznei-mittel untereinander gemeint. So kann die Wirkung der Medikamente beeinfl usst werden, sie können miteinander reagieren und ihre Eigenschaften und Konsistenzen dadurch verändern. Dies geschieht vor allem bei Gaben über eine Ernährungssonde oder über Infusionssysteme. Ursachen hierfür sind:■ Gar nicht/zu wenig gespült nach den einzelnen Gaben der Medikamente■ Verdünnung der Medikamente mit ungeeigneter Lösung (bei i. v.-Gabe)■ Mischung inkompatibler Medikamente vor der Gabe■ Gleichzeitige Gabe zweier inkompatibler Infusionen über das gleiche System

bzw. den gleichen Dreiwegehahn

INFOArzneimittelinkompatibilitäten können auch dadurch auftreten, dass ein Medikament mit dem Material des Infusionsschlauchs reagiert!

Welche Informationen sollten bei der Medikamentenanordnung vom Arzt angegeben werden? Bei der Kontrolle einer Anordnung sollten folgende Fragen mit Ja beantwortet wer-den können:■ Ist ersichtlich, wer das Medikament angeordnet hat?■ Ist nachvollziehbar, wann und ab wann das Medikament verordnet wurde?■ Ist die Anordnung gut lesbar?■ Ist die Dosierung ersichtlich?■ Sind Häufi gkeit und Abstand für die Gaben dokumentiert?■ Ist die Applikationsform eindeutig?■ Ist bei einer Bedarfsmedikation die Häufi gkeit in 24 Stunden, die Einzeldosis,

der Zeitpunkt der Repetitionsdosis und die mögliche Gesamtmenge erkennbar?■ Sind die Symptome, bei der eine Bedarfsmedikation verabreicht werden darf,

eindeutig dokumentiert?■ Ist erkennbar, ob ein Medikament abgesetzt wurde? Lässt sich erkennen, wann

das Medikament abgesetzt wurde?

Welche allgemeinen Maßnahmen müssen bei der Vorbereitung der Medikamentengabe beachtet werden?■ Hygienisch korrekte Vor- und Nachbereitung■ 5-R-Regel (s. u.)■ Angebrochene Packungen bzw. Packungen mit dem kürzesten Verfallsdatum zu-

erst verbrauchen■ Dreifache Absicherung der richtigen Medikamentenwahl (bei Herausnehmen

der Packung aus dem Schrank, bei Entnahme der Einzeldosis aus der Packung, beim Zurückstellen der Packung)

■ Auf Verfärbung, Ausfl ockung, Trübung, ungewohnte Gerüche u. Ä. achten; bei Auff älligkeiten Medikament verwerfen

■ Tabletten beim Stellen nicht aus dem Blister drücken, damit eine nochmalige Kontrolle vor der Gabe möglich ist und ein hygienischer Umgang gewährleistet werden kann

■ Medikamente immer von der Person richten lassen, die sie verabreicht (nicht in der vorherigen Schicht)

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2775.2 Arzneimittel verabreichen

■ Tropfen erst kurz vor der Gabe richten (Verdunstungsgefahr Dosisänderung)■ An Medikamentenbestellung denken, wenn sie zur Neige gehen

VORSICHTEs gibt Medikamente, die als Gefahrstoff zu werten sind, z. B. Zytostatika . Hier bedarf es eines sorgfältigen Umgangs mit Beachtung des Eigenschutz bei der Vor- und Nach-bereitung und bei der Verabreichung!Zytostatika, die intravenös verabreicht werden, müssen vom Arzt angehangen werden!Die Ausscheidungen (Urin, Kot, Erbrochenes) des Patienten können die Gefahrstoff e ebenfalls noch lange enthalten.Dermatika (Salben u. Ä.) stellen ebenfalls häufi g eine Gefahr für das Personal dar. Un-bedingt auf die Benutzung der richtigen Handschuhe achten!

Was besagt die 5-R-Regel ?Hierbei handelt es sich um fünf Fragen, die zur Kontrolle der richtigen Medikamen-tengabe genutzt werden. Diese Fragen sollte man vor der Gabe eines Medikaments im Kopf durchgehen.■ Richtiger Patient?■ Richtiges Medikament?■ Richtige Dosierung?■ Richtige Applikationsform?■ Richtiger Zeitpunkt?

INFOHeutzutage sprechen einige bereits von der 6-R-Regel, da hier die richtige Dokumenta-tion nach der Verabreichung des Medikaments als sechster Punkt hinzugezählt wird.

Was muss allgemein bei der Gabe von Medikamenten beachtet werden?■ Orale Präparate in Oberkörperhochlagerung mit ausreichend Wasser einnehmen

lassen■ Einnahmehinweise der Packungsbeilage beachten■ Öff nungen von Salben - oder Cremetuben bei der Entnahme nicht berühren,

nutzen Sie z. B. einen Spatel■ Verunreinigung von Verschlüssen vermeiden■ Augen - und Nasentropfen und-salben werden patientenbezogen genutzt (Name

und Anbruchsdatum notieren)■ Ohrentropfen nicht kalt verabreichen (schmerzhaft)■ Suspensionen vor Gabe schütteln, setzen sich am Boden ab■ Medikamente nur teilen, wenn dies explizit im Beipackzettel gestattet wird

( Kerbe ist nicht automatisch eine Bruchstelle)■ Wirkung beobachten/erfragen: Hinweise auf Reaktionen des Patienten ernst

nehmen, allergische Reaktionen beachten, Vitalzeichen kontrollieren, Verände-rungen von Urin oder Stuhl beobachten, vegetative Symptome (z. B. Schwindel, Übelkeit) abklären

■ Dokumentieren

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5 Spezielle Maßnahmen der Diagnostik und Therapie278

Was ist bei der Gabe von Medikamenten über eine Ernährungssonde zu beachten?■ Möglichst fl üssige Medikamente verabreichen, ggf. mit dem Arzt besprechen, ob

eine Umstellung möglich ist, wenn ausschließlich feste Präparate angeordnet sind■ Bei festem Medikament (Tablette, Dragee usw.) klären, ob dieses gemörsert

oder aufgelöst werden darf■ Arzneimittel erst unmittelbar vor der Gabe mörsern oder aufl ösen■ Wegen der Eigengefährdung (Einatmen von Pulver) möglichst geschlossene

Mörser benutzen, Handschuhe, Mundschutz und eventuell Schutzbrille tragen (Studien hierzu liegen bisher nicht vor)

■ Patient zur Gabe in Oberkörperhochlage bringen, bei vielen Medikamenten Patient für 30 Minuten nach der Gabe hochgelagert lassen

■ Nach jedem Medikament ausreichend spülen (10 ml beim Erwachsenen), damit es nicht in der Sonde zu einer Reaktion zwischen den einzelnen Präparaten kommt

Was muss bei der Lagerung von Medikamenten beachtet werden? In den Beipackzetteln der einzelnen Medikamente werden auch Informationen zur richtigen Lagerung gegeben, die eingehalten werden müssen, damit die Wirkung nicht beeinfl usst wird. Dies kann z. B. bedeuten, dass ein Medikament lichtgeschützt oder gekühlt gelagert werden muss. Weiterhin sollte auf Folgendes geachtet werden:■ Lagerung in einem Schrank mit nachvollziehbarem Ordnungsprinzip (sortiert

nach Applikationsform und alphabetisch)■ Neu gelieferte Medikamente nach hinten räumen■ Verfallsdaten regelmäßig kontrollieren (einmal im Monat), angebrochene

Packungen kennzeichnen■ Medikamentenschränke monatlich reinigen■ Abschließbare Schränke (Zugriff von Unbefugten vermeiden)■ Medikamente, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen, müssen gesondert –

in einem verschlossenen Schrank – aufbewahrt werden

Was besagt der Placeboeff ekt? Als Placeboeff ekt bezeichnet man den Eintritt einer Wirkung, die das gegebene Me-dikament gar nicht erfüllt. Die Wirkung entsteht ausschließlich durch die Erwar-tungshaltung des Patienten und die Interaktion mit dem medizinischen Personal.

Es gibt im Handel Placebopräparate, also Medikamente ohne Wirkstoff . Hierbei handelt es sich um Injektionen, in denen ausschließlich NaCl enthalten ist, oder Tabletten, die aus Glukose bestehen. Diese Präparate werden häufi g in Studien in der Kontrollgruppe genutzt.

Mit Placeboeff ekt wird aber auch die Verstärkung der vorhandenen Wirkung ge-meint und nicht ausschließlich die Wirkung eines Placebopräparats. Medikamente wirken nachweislich besser, wenn sie von medizinischem Personal verabreicht wer-den als bei selbstständiger Einnahme.

VORSICHTDer Einsatz von Placebos im regulären Praxisalltag ist ethisch fragwürdig und nicht sinnvoll, da er das Vertrauensverhältnis zwischen dem Patienten und dem medizini-schen Personal belasten oder zerstören kann. Die Symptome eines Patienten sind im-mer ernst zu nehmen, auch wenn der Verdacht einer psychischen Komponente als Aus-löser besteht.

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2795.2 Arzneimittel verabreichen

Welche Besonderheiten bei der Arzneimittelgabe müssen bei den verschiedenen Personengruppen berücksichtigt werden?Ältere Menschen Neben den Veränderungen des Körperbaus und der Physiologie im Alter (verlang-samte Magen-Darm-Passage) muss hier vor allem auf die Praktikabilität der Medi-kamenteneinnahme geachtet werden. Ältere Menschen müssen häufi g viele verschie-dene Präparate einnehmen. Hierbei darf es nicht zu Verwechslungen kommen. Zu-sätzlich besteht die Gefahr der Ablehnung durch den Patienten, wenn die Einnahme zu kompliziert erscheint. Daher sollte darauf geachtet werden, die Anzahl der Medi-kamente möglichst zu reduzieren (Einsatz von Kombipräparaten, Retardpräparaten u. Ä.) und die Einnahme durch praktikable Dispenser zu vereinfachen. Die Informa-tionen zur Einnahme sollten den Patienten gut leserlich mitgegeben werden. Hilfs-mittel zum Öff nen von Tuben oder zum Teilen von Tabletten sollten zur Verfügung stehen. Bei Schluckstörungen muss auf passende Präparate zurückgegriff en werden.

Gerade bei kognitiven Einschränkungen ist auf eine möglichst einfache Einnahme zu achten.

VORSICHTViele Medikamente erhöhen die Sturzgefahr! Arzneimittelinkompatibilitäten sind gera-de bei der Einnahme vieler Medikamente zu beachten! Mangelernährung (die im Alter häufi g vorkommt) beeinfl usst die Dosierung!

Schwangere Die Gabe von Medikamenten in der Schwangerschaft sollte grundsätzlich und wenn möglich vermieden werden. Es gibt keine Studien zu Medikamentenwirkungen an schwangeren Frauen, da dies ethisch nicht vertretbar wäre, daher kann nur auf Er-fahrungswissen zurückgegriff en werden. Wenn eine Einnahme nicht zu vermeiden ist, sollte möglichst auf Medikamente zurückgegriff en werden, die nicht plazenta-gängig sind, also nicht in den Körperkreislauf des ungeborenen Kindes gelangen.

Stillzeit Hier gilt ebenfalls, dass möglichst auf eine Medikamenteneinnahme der stillenden Mutter verzichtet werden sollte, da die Medikamente über die Muttermilch an den Säugling übertragen werden könnten. Mittlerweile gibt es Daten aus Erfahrungen, die aufzeigen, welche Medikamente „milchgängig“ sind, auf diese sollte möglichst verzichtet werden. Ist eine Einnahme nicht zu vermeiden, kann die Muttermilch ab-gepumpt und verworfen werden, das Kind bekommt in der Zeit die Flasche. Nach der Einnahme des Medikaments kann versucht werden, das Kind weiterhin zu stil-len. Häufi g nehmen Säuglinge, die einmal die Flasche bekommen haben, jedoch die Brust nicht mehr an, da das Saugen hier anstrengender ist.

Neugeborene, Säuglinge und Kinder Grundsätzlich sollten junge Patienten so wenig Medikamente wie möglich bekom-men, da der Organismus noch nicht vollständig entwickelt ist und somit Wirkstoff e nicht gut verarbeitet und abgebaut werden können.

Aus ethischen Gründen gibt es keine Studien zur Medikamentenwirkung an Kin-dern, weshalb hier ebenfalls auf Erfahrungswissen zurückgegriff en werden muss. Dieses liegt jedoch nur eingeschränkt vor. Viele Medikamente sind für Kinder aus oben genannten Gründen nicht zugelassen und werden daher im sogenannten „Off -Label-Use “ benutzt, also trotz fehlender Zulassung verabreicht.

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5 Spezielle Maßnahmen der Diagnostik und Therapie280

Die Dosierung von Medikamenten wird bei Kindern grundsätzlich an Körperbau, Gewicht und Fettgewebe festgelegt da diese Parameter – im Gegensatz zum Alter – für die Resorption und Verstoff wechslung entscheidend sind. Je nach Altersgruppe gibt es weitere Besonderheiten (s. u.).

NeugeboreneHier liegen häufi g noch nicht alle Enzyme vor, die zur Verstoff wechslung eines Me-dikaments benötigt werden. Dadurch werden die Medikamente nur verlangsamt abgebaut, was zu einer Wirkstoff anhäufung und somit zur Schädigung des Organis-mus führt.

SäuglingeDurch eine Unreife der Nieren können Medikamente nicht gut ausgeschieden wer-den, was zur Schädigung des Organismus führen kann.

KinderKinder bis 3 Jahre haben im Gegensatz zum Erwachsenen bzw. zu älteren Kindern einen höheren pH-Wert des Magensafts, was zu einer verzögerten Magen-Darm-Pas-sage führt. Hierdurch werden Arzneimittel schlechter oder verzögert resorbiert. Zwischen dem zweiten und dem neunten Lebensjahr ist die Verstoff wechslung we-gen des Größenverhältnisses von Leber und Körpergewicht höher.

MERKEVor der Gabe eines Medikaments an Kinder müssen diese kindgerecht darüber infor-miert werden. Wenn möglich sollten Kinder die Medikamente selbstständig einneh-men. Bei der Applikationsform sollte die einfachste und angenehmste für das Kind ausgewählt werden. So können beispielsweise Tropfen auch mit einer Limonade oder einem Löff el verabreicht werden. Des Weiteren können Medikamente mit zugeführten Geschmacksstoff en ausgewählt werden, da Kinder Medikamente mit einem bitteren Geschmack häufi g ablehnen.

VORSICHTViele Medikamente (vor allem Tropfen) enthalten Alkohol, diese dürfen Kindern auf keinen Fall verabreicht werden.

5.3 Injektionen, Infusionen, TransfusionenWas ist eine Injektion? Als Injektion wird das Einbringen von Medikamenten mit einer Spritze und einer Hohlnadel in ein bestimmtes Körpergewebe/-struktur bezeichnet.

Welche Komplikationen können bei einer Injektion auftreten?Die verschiedenen Applikationsformen der Injektionen (▶ 5.2) haben unterschiedli-che Komplikationen, die weiter unten aufgeführt werden. Einige Komplikationen können bei allen Applikationsformen der Injektionen auftreten:■ Allergische Reaktion■ Hämatom■ Lokale Gewebereaktion (bis zur Bildung von Nekrosen oder Abszessen)■ Infektion (durch unhygienisches Arbeiten oder unsteriles Material)■ Nadelstichverletzung des Personals (s. u.)

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2815.3 Injektionen, Infusionen, Transfusionen

Welche Körperstellen eignen sich für eine s. c.-Injektion? Generell sind alle Körperstellen geeignet, die über ein ausgeprägtes Unterhautfett-gewebe verfügen. Besonders geeignet sind:■ Vorderer und äußerer Oberschenkel■ Äußerer Oberarm■ Bauchdecke unterhalb des Nabels

MERKEBei Patienten, die regelmäßig eine s. c.-Injektion erhalten, sollte die Injektionsstelle täglich gewechselt werden.

Gibt es Kontraindikationen für eine s. c.-Injektion?Ja. Neben der Ablehnung des Patienten, die immer eine absolute Kontraindikation darstellt, gibt es folgende Kontraindikationen, wobei sich diese bei der s. c.-Injek-tion häufi g nur auf eine bestimmte Körperstelle beziehen und nicht die Injektion komplett ausschließen:■ Narbengewebe■ Hämatome■ Muttermale■ Haarwurzeln■ Hauterkrankungen/-ausschlag■ Ödeme■ Lokale Infektion

Welche Komplikationen können nach einer s. c.-Injektion auftreten?Grundsätzlich ist die s. c.-Injektion mit einem geringen Risiko verbunden. Dennoch kann es neben den allgemeinen Komplikationen (s. o.) zu einer Fehlinjektion in ein Gefäß oder einen Muskel kommen. Dieses geschieht i. d. R. durch eine zu lange Nadel.

Was ist bei der Benutzung eines Insulinpens zu beachten? Neben den allgemeinen Maßnahmen der s. c.-Injektion (hygienisch arbeiten, richtigen Injektionsort ermitteln, Patienten informieren u. Ä.) ist beim Pen Folgendes zu beachten:■ Funktionstest vor der Injektion mit 1–2 ml, z. B. berührungsfrei über dem

Waschbecken■ Gewünschte Einheiten einstellen■ Nach der Injektion Nadel für 5 Sekunden im Gewebe belassen, damit kein

Insulin über den Injektionskanal austritt■ Kanüle mit einer Abdrehhilfe nach der Injektion entfernen und sofort verwerfen

MERKEBei einem Insulinpen muss für jede Gabe eine neue Kanüle genutzt werden. Dies liegt neben hygienischen Gründen daran, dass die Kanüle sich abnutzt, was schmerzhaft ist und die Dosierung beeinfl ussen kann.

Welche Injektionsorte sind für eine i. m.-Injektion geeignet?■ Gesäß Musculus gluteus medius/minimus■ Oberschenkel Musculus vastus lateralis, Musculus rectus femoris■ Oberarm Musculus deltoideus

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5 Spezielle Maßnahmen der Diagnostik und Therapie282

VORSICHTDie Injektion in den Oberarm birgt wegen der Nähe zu den Nerven und Blutgefäßen ein sehr hohes Verletzungsrisiko. Daher sollte diese Injektion nicht an die Pfl ege delegiert werden. Machen Sie hier von Ihrem Remonstrationsrecht (▶ 3.2.4) Gebrauch.

Welche Kontraindikationen gibt es für eine i. m.-Injektion?Neben den Kontraindikationen der s. c.-Injektion (s. o.) und der Ablehnung des Pa-tienten, die immer eine absolute Kontraindikation darstellt, gibt es folgende Kon-traindikationen bei der i. m.-Injektion:■ Gerinnungsstörungen, Einnahme von Antikoagulanzien zu hohe Gefahr der

Hämatombildung, insbesondere wenn versehentlich ein Gefäß punktiert wird■ Bei Vorliegen einer möglichen Lyse-Indikation (bei akutem Herzinfarkt,

Lungenembolie oder Schlaganfall) nach einer i. m.-Injektion kann wegen der hohen Nachblutungsgefahr keine Lyse erfolgen

■ Schockzustand mit Zentralisation des Bluts unzureichende Resorption durch die Perfusionsstörung

Welche Komplikationen können bei einer i. m.-Injektion auftreten?Neben den allgemeinen Komplikationen bei einer Injektion (s. o.) können bei einer i. m.-Injektion folgende Komplikationen auftreten:■ Punktion eines Gefäßes mit Hämatombildung■ Abbruch der Nadel Nadel möglichst sofort mit einer Klemme fassen und ent-

fernen Gefahr der Infektion■ Punktion eines Nervs mit dessen Lähmung■ Fehlinjektion in die Subkutis (i. d. R durch eine zu kurze Nadel verursacht)

daraus kann in der Folge eine Nekrose entstehen

INFOBei den Nervenlähmungen durch eine i. m.-Injektion werden folgende Formen unter-schieden: ■ Sofortlähmung mit Sofortschmerz ■ Sofortlähmung ohne Sofortschmerz ■ Spätlähmung ohne Sofortschmerz (subakute Lähmung) spätestens nach 1–2 Tagen

Daher ist das fehlende Auftreten von Schmerzen keine Garantie dafür, dass kein Nerv verletzt wurde!

Welche Injektionstechniken zur i. m.-Injektion in den Oberschenkel gibt es? Für die Injektion in den Oberschenkel nutzt man die von Arthur von Hochstetter entwickelte Technik. Hierzu werden die anatomischen Orientierungspunkte ertas-tet und dann der genaue Injektionsort aufgefunden.

Anatomische Orientierungspunkte sind:■ Trochanter major (großer Rollhügel)■ Patella (Kniescheibe)

Mit folgender Technik wird der Injektionsort festgelegt:■ Linkes Kleinfi ngergrundgelenk auf rechten Trochanter■ Rechtes Kleinfi ngergrundgelenk an Patella■ Daumen abspreizen verlaufen an Längsfurche des Oberschenkelmuskels■ Muskel gedanklich in drei Teile teilen

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2835.3 Injektionen, Infusionen, Transfusionen

Der Injektionsort liegt nun oberhalb der Längsfurche im mittleren Drit-tel, hier wird injiziert (▶ Abb. 5.1).

Welche Injektionstechniken zur i. m.-Injektion in den Gesäß-muskel gibt es? Hier stehen zwei Techniken zur Verfügung.

Methode nach von HochstetterAnatomische Orientierungspunkte sind:■ Spina iliaca anterior superior

(vorderer oberer Darmbein-stachel)

■ Crista iliaca (Darmbeinkamm)■ Trochanter major (großer Roll-

hügel)

Mit folgender Technik wird der In-jektionsort festgelegt:■ Zeigefi nger wird auf Spina iliaca

anterior superior gelegt■ Mittelfi nger zieht entlang der

Crista iliaca bis zur maximalenSpreizung beider Finger

■ Hand wird dann leicht nachunten gezogen, bis Handballenauf Trochanter liegt (Zeigefi n-ger bleibt auf der Spina iliacaanterior superior!)

Der Injektionsort ist nun das distale Drittel des Fingerdreiecks (zwischen Zeige- und Mittelfi nger, ▶ Abb. 5.2).

Methode nach Sachtleben auch Crista-Methode genannt Anatomische Orientierungspunkte sind:■ Crista iliaca (Darmbeinkamm, ▶ Abb. 5.3)■ Eminentia cristae iliaca (höchster Punkt des Darmbeinkamms)■ Trochanter major (großer Rollhügel)

Mit folgender Technik wird der Injektionsort festgelegt:■ Linke Hand auf Darmbeinkamm legen■ Gedachte Linie vom höchsten Punkt des Darmbeinkamms zum Trochanter■ Die andere Hand an die erste Hand anlegen und die gedachte Linie nutzen, um

den Injektionsort mit den Fingern abzumessen

Der Injektionsort ist:■ Erwachsene/Kinder > 150 cm Körperlänge: 3 Fingerbreit abmessen■ Kinder > 100 cm Körperlänge: 2 Fingerbreit■ Kinder < 100 cm Körperlänge: 1 Fingerbreit

Injektionsstelle

Abb. 5.1 Injektionsort am Oberschenkel nach der Methode von Hochstetter [L264]

a

Trochantermajor

Darmbeinkamm

Darmbeinstachel

b

Abb. 5.2 Injektionsort am Gesäß nach der Methode von Hochstetter [L234]

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5 Spezielle Maßnahmen der Diagnostik und Therapie284

MERKEDie Methode nach v. Hochstetter wird als die Methode der Wahl bei Erwachsenen an-gesehen.Da die Methode nach Sachtleben die Körpergröße des Patienten einbezieht, ist diese Methode bei sehr kleinen Personen bzw. Kindern gut geeignet.

Was ist bei der Durchführung einer i. m.-Injektion zu beachten?Neben den generellen Maßnahmen, die bei einer Medikamentengabe und bei einer Injektion beachtet werden müssen, wie hygienische und rechtliche Aspekte, gibt es folgende Besonderheiten bei der i. m.-Injektion:■ Patient so positionieren, dass der Muskel entspannt ist Injektion dann

weniger schmerzhaft■ Zügig einstechen „merkt“ der Muskel, dass injiziert wird, zieht er sich

zusammen und die Injektion ist schmerzhaft■ Im 90°-Winkel einstechen sichergehen, dass der Muskel getroff en wird■ Sicherheitsabstand (1 cm) zwischen Nadelanschlussadapter und Haut lassen

beim Abbrechen der Nadel ist diese noch greifbar■ Aspirationsprobe durchführen (Spritze umgreifen und den Kolben ein Stück zu-

rückziehen) um sicher zu sein, dass kein Blut kommt, was bedeuten würde, dass ein Gefäß getroff en worden wäre

■ Langsam injizieren (1–2 Minuten pro Milliliter) zur besseren Resorption ( dabei auf das Empfi nden des Patienten achten)

■ Richtige Kanülenlänge wählen, um eine versehentliche s. c.-Injektion oder das Berühren des Periosts zu vermeiden

INFODas Berühren des Periosts ist zwar sehr schmerzhaft, führt aber nicht zu Komplikatio-nen, die Nadel kann einfach 1–2 cm zurückgezogen und das Medikament injiziert wer-den. Daher lieber eine zu lange, als eine zu kurze Nadel wählen, da eine versehentliche s. c.-Injektion unbedingt vermieden werden muss.

Trochantermajor

Darmbeinkamm

Trochantermajor

Injektionsstelle

Darmbeinkamm

a

b

Abb. 5.3 Injektionsort am Gesäß nach der Crista- Methode (nach Sachtleben) [L234]

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2855.3 Injektionen, Infusionen, Transfusionen

Was mache ich, wenn bei der Aspirationsprobe bei der i. m.-Injektion Blut kommt?■ Sofort Nadel rausziehen (auf keinen Fall injizieren)■ Stelle eventuell mit einem Pfl aster verkleben■ Patient informieren■ Neue Injektionsstelle an einem anderen Muskel ermitteln, neues Material und

neues Medikament verwenden■ Arzt informieren

MERKEDas Einstechen in ein Gefäß kann zwar zu einer schmerzhaften Hämatombildung füh-ren, ist aber bei Patienten mit einer normalen Blutgerinnung in der Regel harmlos. Da-her ist die Aspirationsprobe so wichtig.

Welche Komplikationen können bei einer i. v.-Injektion auftreten?■ Hämatom (ggf. kühlen oder Heparinsalbe auftragen nach ärztlicher Anord-

nung)■ Paravasat bei einer Fehlpunktion/-lage läuft das Medikament bzw. die

Infusion ins Gewebe und bildet eine Beule■ Schmerzen■ Allergische Reaktion

INFODie Gabe von Medikamenten in die Vene und das Legen von venösen Zugängen ist ärztliche Aufgabe. Eine Delegation an das Pfl egepersonal ist nur bedingt möglich und hängt von dem Medikament und der Qualifi kation des angewiesenen Personals ab (▶ 3.2.5).So darf z. B. die Erstgabe eines Antibiotikums nicht an die Pfl ege delegiert werden.

Was ist mit einer Nadelstichverletzung gemeint? Mit einer Nadelstichverletzung ist das Verletzen/Stechen an einer am Patienten be-reits benutzten Nadel und die damit verbundene Gefahr einer Übertragung von in-fektiösem Material gemeint. Dazu gehört aber auch jede Art der Stich-, Schnitt- oder Kratzverletzung mit kontaminiertem (Patienten-)material. Dabei spielt es kei-ne Rolle, ob die zugefügte Verletzung blutet. Eine Erregerübertragung kann auch durch Spritzer in Mund oder Auge stattfi nden.

Was mache ich, wenn ich mich an einer Nadel steche?■ Stich zum Bluten anregen, damit Erreger ausgeschwemmt werden■ Danach mehrere Minuten spülen bzw. ein antiseptisches Wirkstoff depot anlegen■ Vorfall melden■ Sofort in ärztliche Behandlung begeben (i. d. R. in der Ambulanz) Entschei-

dung über eine Postexpositionsprophylaxe (s. u.)■ Blut abnehmen lassen (auf HIV, Hepatitis B und C)■ Nach Möglichkeit Blutentnahme bei dem Patienten, an dessen Material man

sich verletzt hat (dieser muss damit einverstanden sein!)

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