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_____ Die Kernkompetenz des Limburger Unternehmens Limtronik liegt in der Fertigung von elektronischen Baugrup- pen und Systemen. Neben der Fertigung von Elektronikprodukten werden zusätz- liche Dienstleistungen angeboten, wie zum Beispiel die Beschichtung von bereits bestückten Baugruppen mit einem Schutzlack. Insbesondere beim Einsatz der Teile in Außenbereichen spielt der Schutz vor Regen oder Luft- feuchtigkeit eine große Rolle. Die selek- tive Lackierung von Baugruppen hat bei Limtronik an Bedeutung gewonnen. Besonders Unternehmen aus dem Bereich Automobil und Sicherheitstech- nik nutzen zunehmend die Möglichkeit, ihre Produkte vor äußeren Einflüssen zu schützen. Mit steigender Auslastung der Lackier- linie wurden zunehmend Verbesse- rungspotenziale deutlich. Fehler traten immer dann auf, wenn eine Baugruppe während des Lackierprozesses falsch ausgerichtet war. Die Zuordnung der zu lackierenden Bereiche zur Leiterplatte stimmte nicht mehr, es kam zur fehler- haften Beschichtung. Frei zu lassende Bereiche, wie zum Beispiel teure CCD- Sensoren sowie Taster und Steckverbin- der wurden mit Lack überzogen, was die Bauteile unbrauchbar machte. Beschickt wird die Lackierlinie mit den in der Elektronikindustrie üblichen Magazinen. Da für den Bediener nur der Rand der Baugruppe sichtbar ist, fällt eine falsch einsortierte Baugruppe nicht auf. Der Bediener kann die Beschickung zudem nicht kontinuierlich überwachen, da seine Hauptaufgabe in der Kontrolle des Lackierergebnisses liegt. Universell einsetzbares Kontrollsystem Im Rahmen einer Diplomarbeit wurde eine Lösung erarbeitet, die nachhaltig die Ausschussquote senken sollte. Das Ziel war es, ein möglichst universell einsetz- bares System zur Lageerkennung der Baugruppe zu etablieren. Es soll dem Bediener die Möglichkeit geben, bei Bedarf die Anlage zu stoppen und den Fehler zu korrigieren. Die Art des Sen- sors ließ sich schnell eingrenzen. Durch die unterschiedlichen Arten des Leiter- plattenhandlings kam nur ein intelligen- ter optischer Sensor in Frage. Damit er optimal in den Lackierprozess integriert werden konnte, musste er einige grund- legende Anforderungen erfüllen: __ Kommunikation über handelsübli- che Schnittstellen mit der Peripherie __ Einfache Steuerung durch den Bediener __ Einfache Programmierung __ Größtmögliche Flexibilität bezüglich der zu lackierenden Produkte __ Betrieb ohne externen PC mit Framegrabber. Sichere selektive Lackierung von Elektronik-Teilen Kameragestützte Kontrolle senkt Ausschuss Bild1: Das Kamera- system kontrolliert die Position der zu beschichtenden Elektronikteile und vermeidet so Fehler beim anschließen- den Lackierprozess Die falsche Positionierung von teuren Elektronikteilen wie Leiter- platten verursacht bei der selektiven Lackierung Schäden und somit hohe Ausschussraten. Ein Elektronikhersteller setzt daher auf ein kameragestütztes Inline-Kontrollsystem, das die Ausrich- tung der Teile kontinuierlich überwacht. Bilder: Limtronik 58 JOT 5.2011 qualitätssicherung DOI: 10.1365/s35144-011-0090-x

Kameragestützte Kontrolle senkt Ausschuss

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Page 1: Kameragestützte Kontrolle senkt Ausschuss

_____ Die Kernkompetenz des Limburger Unternehmens Limtronik liegt in der Fertigung von elektronischen Baugrup-pen und Systemen. Neben der Fertigung von Elektronikprodukten werden zusätz-liche Dienstleistungen angeboten, wie zum Beispiel die Beschichtung von bereits bestückten Baugruppen mit einem Schutzlack. Insbesondere beim Einsatz der Teile in Außenbereichen spielt der Schutz vor Regen oder Luft-feuchtigkeit eine große Rolle. Die selek-tive Lackierung von Baugruppen hat bei Limtronik an Bedeutung gewonnen.

Besonders Unternehmen aus dem Bereich Automobil und Sicherheitstech-nik nutzen zunehmend die Möglichkeit, ihre Produkte vor äußeren Einflüssen zu schützen.

Mit steigender Auslastung der Lackier-linie wurden zunehmend Verbesse-rungspotenziale deutlich. Fehler traten immer dann auf, wenn eine Baugruppe während des Lackierprozesses falsch ausgerichtet war. Die Zuordnung der zu lackierenden Bereiche zur Leiterplatte stimmte nicht mehr, es kam zur fehler-haften Beschichtung. Frei zu lassende

Bereiche, wie zum Beispiel teure CCD-Sensoren sowie Taster und Steckverbin-der wurden mit Lack überzogen, was die Bauteile unbrauchbar machte.

Beschickt wird die Lackierlinie mit den in der Elektronikindustrie üblichen Magazinen. Da für den Bediener nur der Rand der Baugruppe sichtbar ist, fällt eine falsch einsortierte Baugruppe nicht auf. Der Bediener kann die Beschickung zudem nicht kontinuierlich überwachen, da seine Hauptaufgabe in der Kontrolle des Lackierergebnisses liegt.

Universell einsetzbares KontrollsystemIm Rahmen einer Diplomarbeit wurde eine Lösung erarbeitet, die nachhaltig die Ausschussquote senken sollte. Das Ziel war es, ein möglichst universell einsetz-bares System zur Lageerkennung der Baugruppe zu etablieren. Es soll dem Bediener die Möglichkeit geben, bei Bedarf die Anlage zu stoppen und den Fehler zu korrigieren. Die Art des Sen-sors ließ sich schnell eingrenzen. Durch die unterschiedlichen Arten des Leiter-plattenhandlings kam nur ein intelligen-ter optischer Sensor in Frage. Damit er optimal in den Lackierprozess integriert werden konnte, musste er einige grund-legende Anforderungen erfüllen:__ Kommunikation über handelsübli-

che Schnittstellen mit der Peripherie__ Einfache Steuerung durch den

Bediener__ Einfache Programmierung__ Größtmögliche Flexibilität bezüglich

der zu lackierenden Produkte__ Betrieb ohne externen PC mit

Framegrabber.

Sichere selektive Lackierung von Elektronik-Teilen

Kameragestützte Kontrolle senkt Ausschuss

Bild1: Das Kamera­system kontrolliert die Position der zu beschichtenden Elektronikteile und vermeidet so Fehler beim anschließen­den Lackierprozess

Die falsche Positionierung von teuren Elektronikteilen wie Leiter-platten verursacht bei der selektiven Lackierung Schäden und somit hohe Ausschussraten. Ein Elektronikhersteller setzt daher auf ein kameragestütztes Inline-Kontrollsystem, das die Ausrich-tung der Teile kontinuierlich überwacht.

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Somit fiel die Wahl auf eine intelligente Kamera (SmartCam), die außer Spannungsversorgung und Netzwerkanschluss keine weiteren Komponenten zum laufenden Betrieb benötigt. Nach einer Analyse der zu über-wachenden Fläche und des Abstands zur Kamera konnten technische Details wie Auflösung und Objektivbrennweite ermit-telt werden. Da der Farbsensor keinen zusätzlichen Informa-tionsgewinn brachte, blieb es bei einer SW-Kamera. Auf dem an der Lackieranlage ohnehin vorhandenen PC konnte die für einen Programmwechsel erforderliche Software installiert wer-den.

Der Einsatzort der Kamera war durch den Anlagenaufbau bereits festgelegt. Zwischen dem Entmagazinierer und der Lackieranlage liegt ein autarkes Trans-portbandsegment. Dessen SPS und die Kamera mussten nun selbstständig und als funktionelle Einheit die Lageerken-nung der Baugruppe umsetzen und den Prozess gegebenenfalls verriegeln. Durch Triggerung seitens der SPS und Rückmeldung des Ergebnisses der Kamera kann der Transport im Falle eines Fehlers gestoppt werden. Eine akustische und visuelle Meldung an den Bediener ermöglicht eine eventuelle Kor-rektur der Baugruppe mit anschließen-der Wiederholungsprüfung.

Bilder ohne InterferenzenNeben einer hochwertigen Kamera benö-tigte Limtronik eine geeignete Beleuch-tung. Die Lösung bot eine eingelagerte Arbeitsplatzbeleuchtung auf Basis von Leuchtstoffröhren. Deren Lichtquelle ist flimmerfrei und verhindert so Interfe-renzen im aufgenommenen Bild. Da ein elektronisches Vorschaltgerät verbaut ist und somit die Frequenz mehr als 20 kHz beträgt, ist diese als flimmerfrei anzusehen. Zusätzlich strahlen Leucht-stoffröhren ein diffuses Licht ab, sodass Blendungen vermieden werden konnten.

Die Programmierung der Kamera erfolgte über die mitgelieferte Software an einem beliebigen PC im Firmennetz-werk. Im weiteren Verlauf konnten durch die Verwendung einer tabellenba-sierten Programmierung auch spezielle-re Anforderungen erfüllt werden. Für eine Positionserkennung mussten geeig-nete Erkennungsmerkmale ausgewählt werden. Einerseits waren eindeutige Merkmale erforderlich, die unmissver-ständlich auf die Lage der Baugruppe schließen lassen konnten, andererseits mussten diese aus bildverarbeitungs-technischer Sicht auch zuverlässig erkannt werden.

Der Fokus lag hier auf der Erkennung von Kanten und Strukturen, die durch die Form der Leiterplatte und der mar-kanten Bauteile gegeben waren. Neben den Routinen zur Erkennung von geeig-neten Strukturen mussten mit Hilfe der Kamerasoftware die Ein- und Ausgänge entsprechend konfiguriert werden, um diese an die SPS anzupassen. Der Mehr-aufwand für den Bediener, Erkennungs-programme auf der Kamera zu wech-seln, blieb wegen der windowsbasierten, intuitiven Oberfläche gering. Durch eine entsprechende Schulung wurden die Mitarbeiter in den Umgang mit der Soft-ware eingewiesen.

Potenzial für weitere AnwendungenDa heutige SmartCams eine Fülle an Funktionen bieten, besteht theoretisch die Möglichkeit, weitere Anwendungen

auszuschöpfen. So besteht viel Potenzial in der Kommunikation von Kamera und Lackieranlage. Beispielsweise könnte die Kame-ra nicht nur die Lage des Produk-tes erkennen, sondern auch das Produkt selbst. Diese Informa-tion könnte an die Lackierma-schine weitergegeben werden, sodass diese das geeignete La -ckierprogramm aufrufen könnte. Ebenso könnte die Kommunika-tion in entgegengesetzter Rich-tung zu einer Optimierung des

Prozesses führen. Mit Auswahl eines Lackierprogrammes ließe sich die Erken-nung der Kamera auf genau dieses Pro-dukt festlegen.

Das System ist mittlerweile bei Lim-tronik erfolgreich in Betrieb. Die IHK Frankfurt am Main würdigte die Praxis-nähe und die Qualität der Diplomarbeit mit der Verleihung des Hans-Messer-Preises. Mit der Anschaffung dieses für Limtronik neuartigen Systems ergaben sich weitere mögliche Anwendungen. Neben der Kontrolle vor der Lackierung ist auch die Prüfung des Lackauftrags denkbar. Möglich ist dies durch die Eigenschaft des Lackes, auf ultraviolette Beleuchtung zu reagieren.

Aber auch für optische Inspektionen während der Baugruppenfertigung ist eine solche Kamera denkbar. Damit kann der Anwender die Anwesenheit beziehungsweise die Ausrichtung von Bauelementen nach manueller Bestü-ckung erkennen. Die Kamera wäre eine flexible Alternative zu den bereits erhältlichen automatischen Inspektions-systemen. Letztendlich konnte neben einer gesteigerten Prozesssicherheit auch ein hoher Wissenszuwachs ver-bucht werden, der sich auch auf weitere Produktionsbereiche von Limtronik übertragen lässt. __|

Der Autor: Andreas Kopp, Limtronik GmbH,

Limburg, Tel. 06431 968424, [email protected],

www.limtronik.de

Detail einer fehlerhaft lackierten Baugruppe. Der Tas-ter wurde überlackiert und gewährleistet somit keine einwandfreie Funktion.

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