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Z Rheumatol 2006 · 65:290–296
DOI 10.1007/s00393-006-0071-2
Online publiziert: 6. Juli 2006
© Springer Medizin Verlag 2006
M. Cutolo · A. Sulli · M. E. Secchi · C. Pizzorni
Research Laboratory and Division of Rheumatology,
Department of Internal Medicine, University of Genova
Kapillarmikroskopie und rheumatische Erkrankungen: State of the art
Leitthema
Die Nagelbett-Videokapillarmikrosko-
pie ist derzeit die beste Methode, um ei-
ne mikrovaskuläre Beteiligung bei rheu-
matischen Erkrankungen zu analysieren.
Die Geschichte der Kapillarmikroskopie
begann mit den Untersuchungen des ita-
lienischen Physiologen Giovanni Raso-
ri (1766–1837), der eine enge Beziehung
zwischen Konjunktivitis und der Erschei-
nung eines „unentwirrbaren Knotens von
Kapillarschlingen“ beschrieb [15].
Nach mehreren Untersuchungen zu Be-
ginn des 20. Jahrhunderts, die sich der Be-
obachtung periungualer Hautkapillaren
widmeten, nutzen Brown und O’Leary die
kapillarmikroskopische Analyse, um die
für das Raynaud-Phänomen (RP) bei sys-
temischer Sklerose (SSc) typischen mikro-
vaskulären Varianten im Detail zu charak-
terisieren [8]. In der Folge geriet die Un-
tersuchungsmethode für einige Jahrzehnte
in Vergessenheit. Erst in der zweiten Hälf-
te des 19. Jahrhunderts fand sie erneut Ver-
wendung. 1973 publizierten Maricq und
Carwile LeRoy die erste Publikation in Ar-
thritis & Rheumatism, in dem sie die spe-
zifischen kapillarmikroskopischen Muster
bei SSc sowie die Modifikation des Blut-
flusses während Kälteexposition sowohl
beim primären als auch beim sekundären
Raynaud-Phänomen beschrieben [28].
Vor kurzem reklassifizierten Cutolo et
al. [13] mittels Nagelbett-Kapillarmikro-
skopie 3 vorbeschriebene Hauptkatego-
rien, die hilfreich bei der Bestimmung von
Kapillarveränderungen sowie deren Pro-
gress im Rahmen einer Mikroangiopathie
bei Sklerodermie sind [13]. Diese drei Ka-
tegorien entsprechen „frühen“, „aktiven“
und „späten“ Gefäßveränderungen.
Das „Sklerodermiemuster“ als Referenz
E Die Mikrozirkulationsstörungen
bei SSc sind vor allem durch
zunehmende strukturelle
Veränderungen der Kapillaren
bei progredient abnehmender
Kapillardichte charakterisiert.
Auch der Blutfluss ist mit Verlangsa-
mung der Flussgeschwindigkeit und ge-
häuft auftretenden Staseperioden verän-
dert [4, 11].
Frühzeitig kann die periphere Mikro-
angiopathie mittels Nagelbett-Kapillar-
mikroskopie oder besser noch der -Vi-
deokapillarmikroskopie (NVC) erkannt
werden. Diese nichtinvasive und sichere
Technik besitzt bei vorhandenem RP so-
wohl einen gesicherten diagnostischen als
auch prognostischen Wert [11, 27].
Vorausgehende Studien haben die
morphologischen Aspekte der vaskulären
Schädigung bei Patienten mit SSc unter
Verwendung der Nagelbett-Kapillarmi-
kroskopie bereits in verschiedene Muster
eingeteilt. Zwei Hauptkategorien inner-
halb der Klassifikation „Sklerodermie“
wurden hierbei festgelegt: „aktive“ und
„langsame“ Muster („pattern“; [29]).
Morphologische Studien wurden
durchgeführt, um die Kapillarverände-
rungen in Beziehung zu definierten Cha-
rakteristika im Krankheitsprogress zu set-
zen und somit eine Verbesserung der di-
agnostischen und prognostischen Aussa-
gekraft der kapillarmikroskopischen Ana-
lyse zu erzielen [1, 25].
In einer weiteren Studie wurden Ka-
pillarveränderungen bei Patienten mit
SSc mittels NVC in 3 verschiedene Grup-
pen eingeteilt [13]. Innerhalb der Katego-
rie „Sklerodermie“ wurde wie folgt unter-
schieden:
1. „Frühes“ NVC-Muster: einige erwei-
terte Kapillaren bzw. Riesenkapilla-
ren, vereinzelt kapilläre Hämorrha-
gien, relativ unauffällige Kapillarver-
teilung, kein sichtbarer Kapillarver-
lust (. Abb. 1),
2. „Aktives“ NVC-Muster: viele Riesen-
kapillaren, viele kapilläre Hämorrha-
gien, vereinzelt Kapillarverlust, leicht
veränderte Anordnung der Kapilla-
ren, keine oder wenige verzweigte Ka-
pillaren (. Abb. 2),
3. „Spätes“ NVC-Muster: irreguläre Er-
weiterung der Kapillaren, einige oder
fehlende Riesenkapillaren sowie Hä-
morrhagien, schwerer Kapillarverlust
mit ausgedehnten avaskulären Are-
alen, Desorganisation der normalen
Kapillaranordnung, verzweigte Kapil-
laren/Kapillarbüschel (. Abb. 3).
Übersetzung: Lothar Thöne, Heidelberg
290 | Zeitschrift für Rheumatologie 4 · 2006
Diese Studie bestätigte frühere Beobach-
tungen: Erweiterte Kapillaren sowie Rie-
senkapillaren, zusammen mit Hämorrha-
gien stellen die frühesten Merkmale ei-
ner SSc dar. In einem späteren Stadium
der Erkrankung werden diese Pathologi-
ka seltener.
Wie von anderen Autoren vorbe-
schrieben ist das frühe Stadium durch
ein Nebeneinander von kleinen Gefäßen
mit normalem Durchmesser und einzel-
nen erweiterten Gefäßen charakterisiert.
Diese erweiterten Gefäße müssen an al-
len Fingern sorgsam untersucht werden,
da diese Nagelbettveränderungen in frü-
hen Stadien der Erkrankung zunächst
nur diskret ausgeprägt sind [6, 24]. Im
Gegensatz hierzu sind diese Verände-
rungen bei Patienten mit SSc im „ak-
tiven“ Stadium stärker ausgeprägt. Kapil-
larverlust zusammen mit Veränderungen
der Kapillararchitektur und verzweigten
Kapillaren sind in den frühen Stadien der
SSc eine Rarität. Sie scheinen mit Progre-
dienz der fibrotischen Phase der Erkran-
kung („aktive“ und „späte“ Muster) zu-
zunehmen.
Eine signifikante und graduelle Zu-
nahme dieser späten Gefäßverände-
rungen wird während des Fortschreitens
der SSc beobachtet. Die 3 NVC-Muster
korrelieren hierbei mit dem RP sowie der
Erkrankungsdauer; dies spiegelt auch die
Entwicklung des Krankheitsprozesses wi-
der [13].
Während bei Gesunden sowie bei Pa-
tienten mit primärem RP die Gefäßarchi-
tektur im Nagelbett für lange Zeit unver-
ändert bleibt, variiert diese bei Patienten
mit RP und gleichzeitig auftretenden Skle-
rodermie-artigen Veränderungen sogar
innerhalb weniger Tage deutlich.
Daneben können die NVC-Muster so-
gar mit den verschiedenen klinischen As-
pekten und Manifestationen der SSc sowie
mit den Therapieeffekten korreliert wer-
den [18, 31].
Kapillarmikroskopische Muster und rheumatische Erkrankungen
Das Auftreten von Riesenkapillaren und
die abnehmende Kapillardichte sind die
wichtigsten Merkmale des Kapillarmus-
ters bei Sklerodermie. Diese können mit-
tels Nagelbett-Kapillarmikroskopie nach-
gewiesen werden.
In einer großen Studie wurden 186 Pa-
tienten mit primärem RP, 65 Fälle mit un-
differenzierter Kollagenose, 47 Patienten
mit systemischem Lupus erythematodes
(SLE), 26 Patienten mit Dermato-/Poly-
myositis, 14 Patienten mit rheumatoider
Abb. 1 8 Frühes Sklerodermiemuster (Vergr. 200:1)
Abb. 2 8 Aktives Sklerodermiemuster (Vergr. 200:1)
Abb. 3 8 Spätes Sklerodermiemuster (Vergr. 200:1)
292 | Zeitschrift für Rheumatologie 4 · 2006
Leitthema
Arthritis, 7 Fälle mit primärem Sjögren-
Syndrom und 102 Patienten mit SSc unter-
sucht [30]. Von den 16 Patienten mit dif-
fuser SSc und den 86 Fällen mit limitierter
SSc zeigten 14 (87,5) bzw. 53 (61,6) das
Sklerodermie-typische Kapillarmus-
ter. Neun (13,8) der 65 Fälle mit undif-
ferenzierter Kollagenose und 24 (12,9)
der 186 Patienten mit RP zeigten ein ver-
gleichbares Kapillarmuster. Bei 4 (8,5)
der 47 Patienten mit SLE und 7 (26,9)
der 26 Fälle mit Dermato-/Polymyositis,
aber bei keinem der Patienten mit rheu-
matoider Arthritis oder Sjögren-Syndrom
zeigte sich das Sklerodermie-typische Ka-
pillarmuster.
> Riesenkapillaren und abnehmende Kapillardichte bei Sklerodermie
Daraus ergibt sich die Schlussfolgerung,
dass das „Sklerodermiemuster“ häufig im
Rahmen einer SSc und bei Dermato-/Po-
lymyositis auftreten kann. Bei Patienten
mit RP und undifferenzierter Kollageno-
se treten diese Muster dagegen nur selten
auf (. Abb. 4).
Dermatomyositis
Bei Patienten mit Dermatomyositis wurde
ebenfalls über ein klar definierbares Mus-
ter an Kapillarveränderungen berichtet
[26]. Häufig tritt es zusammen mit denen
auch bei der Sklerodermie zu beobachten-
den Veränderungen auf. Das „Dermato-
myositismuster“ erfordert die Anwesen-
heit von 2 oder mehr der folgenden Krite-
rien in mindestens 2 Nagelbetten:
F erweiterte Kapillarschlingen,
F Kapillarverlust,
F modifizierte Anordnung der Kapilla-
ren,
F „Büschelkapillaren“,
F einander umschlingende erweiterte
Kapillaren,
F kapilläre Hämorrhagien (Extravasate;
. Abb. 5; [2]).
Systemischer Lupus erythematodes
Für den SLE typische Muster beinhalten
morphologische Abweichungen der Ka-
pillarschlingen, Sichtbarwerden der Ve-
nolen sowie „sludge“ des Blutes mit Va-
Zusammenfassung · Abstract
Z Rheumatol 2006 · 65:290–296 DOI 10.1007/s00393-006-0071-2
© Springer Medizin Verlag 2006
M. Cutolo · A. Sulli · M. E. Secchi · C. Pizzorni
Kapillarmikroskopie und rheumatische Erkrankungen: State of the art
Zusammenfassung
Die Nagelbett-Kapillarmikroskopie stellt die
derzeit beste Methode zur Analyse von Mi-
krozirkulationsstörungen bei rheumatischen
Erkrankungen dar.
Das Raynaud-Phänomen (RP) als häu-
figstes klinisches Erscheinungsbild einer mi-
krovaskulären Beteiligung ist pathognomo-
nisch für bestimmte rheumatische Erkran-
kungen. Unter normalen Bedingungen oder
beim primären RP (auszuschließen durch Käl-
teexpositionstest) zeigt das kapillarmikros-
kopische Bild ein reguläres Muster der Kapil-
larschlingen im Nagelbett. Im Gegensatz da-
zu sollte man bei Patienten mit einem sekun-
dären RP sowie Veränderungen des kapillar-
mikroskopischen Bildes eine bisher nicht di-
agnostizierte Kollagenose in Betracht zie-
hen. Eine veränderte Gefäßarchitektur, Rie-
senkapillaren, Hämorrhagien und Kapillar-
verlust sowie avaskuläre Areale sind typische
Veränderungen, die bei mehr als 95% der Pa-
tienten mit Sklerodermie auftreten. Der Aus-
druck „Sklerodermiemuster“ beinhaltet da-
her alle kapillarmikroskopisch sichtbaren Ver-
änderungen, die typisch für eine mikrovasku-
läre Beteiligung einer Sklerodermie sind. Im
Gegensatz hierzu werden die kapillarmikro-
skopisch sichtbaren Veränderungen bei Der-
matomyositis (DM) und bei der undifferen-
zierten Kollagenose allgemein als „Skleroder-
mie-artige Muster“ bezeichnet. Besonders in
frühen Stadien der Erkrankung kann die pe-
riphere Mikroangiopathie sehr gut mittels
Nagelbett-Kapillarmikroskopie oder besser
noch Nagelbett-Videokapillarmikroskopie er-
kannt und untersucht werden. Eine frühzei-
tig mögliche Differenzialdiagnose zwischen
primärem oder sekundärem RP ist hierbei der
größte Vorteil dieser Untersuchung.
Zudem zeigen sich interessante kapillar-
mikroskopische Veränderungen auch beim
systemischen Lupus erythematodes (SLE),
beim Antiphospholipidsyndrom sowie beim
Sjögren-Syndrom.
Um die Nagelbett-Kapillarmikroskopie
weiter zu standardisieren, sind allerdings zu-
sätzliche epidemiologische und klinische Stu-
dien nötig.
Schlüsselwörter
Kapillarmikroskopie · Rheumatische Erkran-
kungen · Sklerodermie · Systemischer Lupus
erythematodes · Psoriasisarthritis · Antiphos-
pholipidsyndrom · Sjögren-Syndrom · Ray-
naud-Syndrom
Capillaroscopy and rheumatic diseases: state of the art
Abstract
Nailfold capillaroscopy (NVC) represents the
best method for analyzing microvascular ab-
normalities in rheumatic diseases.
Raynaud’s phenomenon (RP) represents
the most frequent clinical aspect of microvas-
cular involvement and is a key feature of sev-
eral such diseases. Under normal conditions
or in primary RP (exclusion by the cold-expo-
sure test), the normal nailfold capillaroscop-
ic pattern shows a regular disposition of the
capillary loops within the nail bed. Howev-
er, in subjects suffering from secondary RP,
one or more alterations in the capillaroscopic
findings should alert the physician to search
for an underlying connective tissue disease.
Architectural disorganization, giant capillar-
ies, hemorrhages, loss of capillaries and avas-
cular areas characterize more than 95% of pa-
tients with overt systemic sclerosis (sclerode-
ma, SSc). Therefore, the term “scleroderma
pattern”, includes all capillaroscopic chang-
es typical of the microvascular involvement in
SSc. The capillaroscopic aspects observed in
dermatomyositis and in undifferentiated con-
nective tissue disease are generally reported
as “scleroderma-like patterns”. This peripher-
al microangiopathy can be effectively detect-
ed early in the course of the disease and stud-
ied in detail by nailfold capillaroscopy or, bet-
ter, with NVC.
In addition, early differential diagnosis
between primary and secondary RP is the
greatest advantage NVC has to offer. In ad-
dition, interesting capillaroscopic changes
have been observed in systemic lupus ery-
thematosus, antiphospholipid syndrome and
Sjögren’s syndrome. However, further epide-
miological and clinical studies are needed to
better standardize NVC patterns.
Keywords
Capillaroscopy · Rheumatic diseases · Sclero-
derma · Systemic lupus erythematosus · Pso-
riatic arthritis · Antiphospholipid syndrome ·
Sjögren’s syndrome · Raynaud’s phenome-
non/syndrome
293Zeitschrift für Rheumatologie 4 · 2006 |
riabilität der Länge der Kapillarschlingen
(. Abb. 6; [9]).
Kürzlich untersuchte eine Studie die
Beziehung zwischen häufig bei SLE an-
zutreffenden Nagelbett-Kapillaranoma-
lien und der Anwesenheit von RP, Anti-
U1-RNP- sowie Anti-Cardiolipin-Anti-
körpern [20]. 100 SLE-Patienten wurden
untersucht. Die Nagelbett-Kapillarmikro-
skopie wurde bezüglich folgender Kri-
terien durchgeführt: Interkapillärer Ab-
stand, Kapillardurchmesser und Kapillar-
länge wurden mittels Videomorphomet-
rie bei 100 Patienten an 2 Fingern und bei
40 von ihnen an 4 Fingern registriert. So-
wohl das Vorhandensein von veränderten
Kapillaren als auch dem „Sklerodermie-
muster“ – charakterisiert durch avasku-
läre Areale und erweiterte sowie riesige
Kapillarschlingen – fanden sich assozi-
iert mit dem isolierten Auftreten eines RP
(p<0,001) oder von Anti-U1-RNP-Anti-
körpern (p<0,01) sowie mit der gleichzei-
tigen Präsenz von RP und Anti-U1-RNP-
Antikörpern (p<0,001). Ein umgekehr-
ter Zusammenhang ergab sich zwischen
dem Auftreten von Anti-Cardiolipin-An-
tikörpern und dem Sklerodermiemuster
(p<0,05). Gravierendere Veränderungen
bezüglich der videomorphometrischen
Parameter Kapillardurchmesser, interka-
pillärer Abstand und Kapillarlänge zeigten
sich bei Patienten mit RP. Patienten mit
sowohl RP als auch Anti-U1-RNP-Anti-
körpern zeigten bezüglich Kapillardurch-
messer und interkapillärem Abstand grö-
ßere Abweichungen.
Diese Studie zeigte die signifikante As-
soziation zwischen Nagelbett-Kapillarmi-
kroskopie-Anomalitäten und RP bzw. An-
ti-U1-RNP-Antikörpern bei Patienten mit
SLE. Die Assoziation zwischen RP, Anti-
U1-RNP-Antikörpern und Sklerodermie-
artigen Veränderungen in der Nagelbett-
Kapillarmikroskopie bei SLE-Patienten
lässt dabei auf einen neuen SLE-Subtyp
mit Anteilen einer SSc schließen.
> Neuer Subtyp des SLE mit Anteilen einer SSc
Vor kurzen wurde in einer Studie die Be-
ziehung zwischen Anti-Cardiolipin-Anti-
körpern (bei etwa 40–50 der SLE-Pati-
enten nachweisbar) und Veränderungen
der Hautdurchblutung oder Gefäßsymp-
tomen bei 51 konsekutiven SLE-Patienten
untersucht [7]. 22 (43,1) Patienten wa-
ren positiv für Anti-Cardiolipin-Antikör-
per [IgG 22 (5–60), IgM 5 (3–16,5), medi-
aner Titer sowie Spanne] und 12 (54,5)
von ihnen zeigten kapillarmikroskopisch
Veränderungen. Im Vergleich dazu wie-
sen von den 29 Patienten ohne Nachweis
Abb. 4 9 Bei Patienten mit unklassifizierter Kollagenose zu beobachtendes Muster (Vergr. 200:1)
Abb. 5 8 Muster bei Patienten mit Dermatomyositis (Vergr. 200:1)
Abb. 6 8 Muster bei Patienten mit sytemischem Lupus erythematodes (Vergr. 200:1)
294 | Zeitschrift für Rheumatologie 4 · 2006
Leitthema
von Anti-Cardiolipin-Antikörpern ledig-
lich 6 (20,7) eine pathologische Kapillar-
mikroskopie auf (p=0,027). Eine Korrela-
tion war weder für die Anti-Cardiolipin-
Antikörper noch für die Kapillarmikro-
skopie und das Auftreten eines RP nach-
weisbar.
Diese Ergebnisse zeigen eine Bezie-
hung zwischen Anti-Cardiolipin-Antikör-
pern und Veränderungen der Kapillaren
des Nagelbettes bei Patienten mit SLE. Sie
lassen auch auf eine direkte Schädigung
des Gefäßendothels durch Anti-Cardioli-
pin-Antikörper schließen.
Antiphospholipidsyndrom
Bei Patienten mit Antiphospholipidsyn-
drom (APS) zeigen sich interessante mi-
krovaskuläre Veränderungen. Eine Studie
berichtet über symmetrische Mikrohä-
morrhagien bei der Nagelbettanalyse. Bei
Patienten mit Serum-IgG- und IgM-Anti-
Cardiolipin-Antikörpern traten diese Mi-
krohämorrhagien z. T. signifikant häu-
figer auf (. Abb. 7; [33]). Diese Ergeb-
nisse wurden durch eine andere Studie be-
stätigt: Es zeigten sich im Zusammenhang
mit dem Auftreten thrombotischer Ereig-
nisse deutliche Veränderungen in der Mi-
krozirkulation [7]. Eine neuere Studie be-
stätigte, dass die Nagelbettmorphologie
bei Patienten mit APS verändert ist. Kei-
ne Korrelation ergab sich mit der Vermin-
derung funktioneller Parameter [35].
Psoriasisarthritis
Ein veränderter Gefäßstatus wurde sowohl
für die Psoriasis als auch für die Psoriasi-
sarthritis beschrieben [3, 21]. Eine große
Studie zeigte eine signifikante Abnahme
der Kapillardichte bei Patienten mit Psori-
asis und Nagelveränderungen (14,5+/−5,7
Kapillaren pro 3 mm-Feld) oder Psoria-
sis plus Nagel- und distaler Interphalan-
gealgelenkerkrankung (14,3+/−5,0) im
Vergleich zu den Kontrollen (19,2+/−3,8;
. Abb. 8). Bei Patienten mit Psoriasis-
arthritis und betroffenen distalen Inter-
phalangealgelenken zeigte sich eine signi-
fikante Verminderung der Kapillardurch-
messer. Gleiches wurde bei Patienten mit
Arthritis und assoziierten Nagelverände-
rungen beobachtet. Im Vergleich mit den
Kontrollen zeigte sich bei Patienten mit
Psoriasis und/oder Nagelveränderungen
kein Unterschied in Bezug auf die Kapil-
lardimensionen.
Sjögren-Syndrom
Kapillarmikroskopische Veränderungen
konnten auch beim primären Sjögren-Syn-
drom (pSS) beobachtet werden [34]. 40 Pa-
tienten mit pSS (14 ohne RP, 16 mit RP,
Abb. 7 8 Muster bei Patienten mit Antiphospholipidsyndrom (Vergr. 200:1)
Abb. 8 8 Muster bei Patienten mit Psoriasisarthritis (Vergr. 200:1)
Abb. 9 8 Kapillarmikroskopie beim Gesunden (Vergr. 200:1)
295Zeitschrift für Rheumatologie 4 · 2006 |
10 mit ACA), 20 Patienten mit Sklerodermie
(SSc, 10 mit lokalisierter und 10 mit diffuser
Form der Erkrankung; erkrankte Kontroll-
gruppe) und 40 gesunde Kontrollen (Kon-
trollgruppe) wurden mittels Nagelbett-Ka-
pillarmikroskopie untersucht. Anomalitäten
im Rahmen des pSS variierten von unspezi-
fischen (überkreuzende Kapillaren) bis hin
zu mehr spezifischen (konfluierende und
perikapilläre Hämorrhagien) oder Sklero-
dermie-artigen Erscheinungen. Patienten
mit pSS und einem RP zeigten häufiger Ka-
pillarveränderungen als Patienten ohne RP.
Bei der Mehrzahl der Sjögren-Syndrom-Pa-
tienten mit ACA (80) fanden sich Sklero-
demie-artige Veränderungen.
Die Nagelbett-Kapillarmikroskopie
kann aber als einfache nichtinvasive Metho-
de zur Bestimmung von Mikrozirkulations-
störungen bei pSS-Patienten, insbesondere
bei gleichzeitig auftretendem RP und vor-
handenen ACA, verwendet werden [10].
Normales Muster
Die Abbildung des normalen Gefäßstatus
(. Abb. 9) erlaubt ein besseres Verständ-
nis der pathologischen Varianten.
Fazit für die Praxis
Während der letzten 55 Jahre wurden na-
hezu 550 Publikationen zur Kapillarmi-
kroskopie veröffentlicht. Interessanter-
weise wurden davon allein 300 nach dem
Jahr 2000 veröffentlicht, gleichbedeu-
tend mit einem steigenden Interesse an
dieser Methode.
Kapillarmikroskopische Muster wurden
mit verschiedenen klinischen Aspekten
und Manifestationen der Sklerodermie
in Zusammenhang gebracht; ebenso tru-
gen die Behandlungseffekte zum umfas-
senden Wissen über diese Erkrankung
bei [16, 17]. Es sind aber weitere epide-
miologische Studien nötig, um die bisher
beschriebenen NVC-Muster weiter diffe-
renzieren zu können.
Korrespondierender AutorProf. M. Cutolo, MDResearch Laboratory and Division of Rheumato-logy, Department of Internal Medicine, Univer-sity of GenovaViale Benedetto XV,6, 16132 [email protected]
Interessenkonflikt. Es besteht kein Interessenkon-
flikt. Der korrespondierende Autor versichert, dass kei-
ne Verbindungen mit einer Firma, deren Produkt in
dem Artikel genannt ist, oder einer Firma, die ein Kon-
kurrenzprodukt vertreibt, bestehen. Die Präsentation
des Themas ist unabhängig und die Darstellung der In-
halte produktneutral.
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