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Kapitel II. Vektorr¨ aume Inhalt: 7. Vektorr¨ aume 8. Basis und Dimension 9. Direkte Summen und Faktorr¨ aume Die fundamentale Struktur in den meisten Untersuchungen der “Linearen Algebra” bildet der Vektorraum. In diesem Kapitel II werden die grundlegenden Eigenschaften und Begriffe erl¨ autert, im Kapitel III wird der Zusammenhang zu Matrizen und linearen Gleichungssystemen hergestellt und die folgenden Kapitel befassen sich mit den Homomorphismen zwischen zwei Vektorr¨ aumen, also den linearen Abbildungen. Lineare Algebra, Teil I 15. Dezember 2010 100

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Kapitel II. Vektorraume

Inhalt:

7. Vektorraume

8. Basis und Dimension

9. Direkte Summen und Faktorraume

Die fundamentale Struktur in den meisten Untersuchungen der “Linearen Algebra”bildet der Vektorraum. In diesem Kapitel II werden die grundlegendenEigenschaften und Begriffe erlautert, im Kapitel III wird der Zusammenhang zuMatrizen und linearen Gleichungssystemen hergestellt und die folgenden Kapitelbefassen sich mit den Homomorphismen zwischen zwei Vektorraumen, also denlinearen Abbildungen.

Lineare Algebra, Teil I 15. Dezember 2010 100

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Vektorraume Definition: Vektorraum

7 Vektorraume

7.1 Definition: Vektorraum

Es sei K ein Korper. Ein Vektorraum uber K (oder kurz K -Vektorraum) ist eineMenge V zusammen mit einer inneren und einer außeren Verknupfung

+ : V × V −→ V , (v ,w) 7→ v + w , (Addition),

· : K × V −→ V , (α, v) 7→ α · v , (Skalarmultiplikation),

so dass die folgenden Axiome erfullt sind:

(V1) (V ,+) ist eine abelsche Gruppe (0 = neutrales Element, −v =negatives Element zu v ∈ V )

(V2) Fur alle v ,w ∈ V und alle α, β ∈ K gelten die Distributivgesetze

(a) (α+ β) · v = α · v + β · v , (b) α · (v + w) = α · v + α · w ,

das Assoziativgesetz sowie die Eigenschaft fur das Einselement 1 ∈ K

(c) (αβ) · v = α · (β · v), (d) 1 · v = v .

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Vektorraume Definition: Vektorraum

Erganzung:

Die Elemente von V nennt man Vektoren, 0 ist der Nullvektor.

K heißt der Skalarkorper des Vektorraums V , seine Elemente heißen Skalare;im Fall K = R sprechen wir von reellen Vektorraumen und fur K = C vonkomplexen Vektorraumen.

Den Malpunkt bei der Skalarmultiplikation lasst man meistens weg: manschreibt αv statt α · v .

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Vektorraume Bemerkung:

7.2 Bemerkung: Es sei V ein K -Vektorraum, 0 das neutrale Element von K

sowie 0 der Nullvektor. Fur die Skalarmultiplikation gelten die folgendenRechenregeln (Beweise mit dem Distributivgesetz ahnlich zu 4.12):

a) Fur alle v ∈ V ist 0 · v = 0.

b) Fur alle α ∈ K ist α · 0 = 0.

c) Umgekehrt folgt aus α · v = 0, dass α = 0 oder v = 0 ist.

d) Fur alle v ∈ V ist (−1) · v = −v .

e) Allgemeiner: Fur alle α ∈ K und v ∈ V ist (−α) · v = −(α · v).

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Vektorraume Definition: Teilraum, Untervektorraum

7.4 Definition: Teilraum, Untervektorraum

Es sei K ein Korper, V ein K -Vektorraum. Eine nichtleere Teilmenge U ⊆ V heißtUntervektorraum (oder Teilraum) von V , falls gilt:(UV1) Fur alle u, v ∈ U ist u + v ∈ U . (Abgeschlossenheit unter Addition)

(UV2) Fur alle α ∈ K , u ∈ U ist αu ∈ U . (Abgeschlossenheit unter Skalarmult.)

Die beiden Bedingungen (UV1) und (UV2) konnen zusammengefasst werden zu

(UV3) Fur alle α, β ∈ K und u, v ∈ U gilt αu + βv ∈ U .

Wir verwenden die Schreibweise U 4 V fur einen Teilraum U von V .

Bemerkungen:

a) Ein Teilraum U ⊆ V ist mit der Addition und der Skalarmultiplikation von Vselbst wieder ein Vektorraum:

Aus (UV2) und 7.2(a) folgt, dass 0 ∈ U ist. Weiter folgt mit 7.2(d), dass mitjedem u ∈ U auch das Negative −u ∈ U ist. Also ist (U,+) eine Untergruppevon (V ,+) und dadurch selbst wieder eine abelsche Gruppe.Die Rechenregeln (V2) der Skalarmultiplikation werden von V auf U vererbt.

b) Die Relation 4 ist eine Ordnungsrelation auf der Menge allerUntervektorraume von V .

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Vektorraume Lemma

7.6 Lemma

Es sei V ein Vektorraum sowie U1,U2 Untervektorraume von V .

a) Dann ist U1 ∩ U2 ein Untervektorraum von V .

b) Die Vereinigung U1 ∪ U2 ist genau dann ein Untervektorraum von V , wennU1 ⊆ U2 oder U2 ⊆ U1 gilt.

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Basis und Dimension Definition: Linearkombination, lineare Hulle

8 Basis und Dimension

Die Struktur von Vektorraumen wird hier genau dargestellt.

8.1 Definition: Linearkombination, lineare Hulle

Es sei V ein K -Vektorraum und A ⊆ V eine nichtleere Teilmenge.

a) Jede endliche Summen

j=1

αjvj mit αj ∈ K , vj ∈ A, n ∈ N,

heißt Linearkombination von Elementen aus A. Die Linearkombination heißttrivial, wenn α1 = · · · = αn = 0 ist.

b) Die Menge

Span(A) :=

n∑

j=1

αjvj | n ∈ N und αj ∈ K , vj ∈ A fur 1 ≤ j ≤ n

aller Linearkombinationen von Elementen aus A heißt die lineare Hulle von A.Die Menge A selbst heißt ein Erzeugendensystem von Span(A).

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Basis und Dimension Definition: Linearkombination, lineare Hulle

Erganzungen:

c) Die lineare Hulle Span(A) ist ein Untervektorraum von V , und zwar derkleinste Untervektorraum, der A enthalt: aus A ⊆ U und U 4 V folgtSpan(A) 4 U .Wir nennen Span(A) den von A aufgespannten (oder erzeugten)Untervektorraum.

d) Ein Vektorraum V heißt endlich erzeugt, wenn es eine endliche TeilmengeA ⊆ V gibt mit Span(A) = V .

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Basis und Dimension Begriff: Familie

Der Begriff der Menge von Vektoren A = {v1, . . . , vn} ⊆ V ist z.T. ungeeignet, dadie Wiederholung eines Vektors nicht ins Gewicht fallt (also z.B.{v1, v2, v3, v2} = {v1, v2, v3} gilt). Wir verwenden deshalb den folgenden Begriff.

8.3 Begriff: Familie

Es sei V ein K -Vektorraum.

a) Ein n-Tupel (v1, v2, . . . , vn) von Vektoren vi ∈ V heißt endliche Familie oderFamilie der Lange n; wir schreiben kurz (vi )i=1,...,n.Hierbei ist vi = vj fur i 6= j erlaubt.

b) Es sei I eine unendliche Menge. Fur jedes i ∈ I sei ein vi ∈ V gegeben. Dannheißt (vi )i∈I unendliche Familie von Vektoren.

Fur jede endliche Teilmenge J ⊂ I , J 6= ∅, heißt (vj )j∈J endliche Teilfamilie

von (vi )i∈I .

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Basis und Dimension Begriff: Familie

Bemerkung: Genauigkeitshalber sei folgendes angemerkt: Wir nennen

v =

n∑

i=1

αivi mit αi ∈ K fur 1 ≤ i ≤ n

eine Linearkombination der Familie (v1, . . . , vn), und zwar auch dann, wennVektoren mehrfach auftreten (also vi = vj fur ein Paar i 6= j gilt). Die Menge

Span(v1, . . . , vn) :=

{

n∑

i=1

αivi | αi ∈ K fur 1 ≤ i ≤ n

}

stimmt mit dem vorher definierten Untervektorraum Span({v1, . . . , vn}) uberein.Ebenso stimmt fur eine unendliche Familie (vi )i∈I die Menge

Span((vi )i∈I ) :=

j∈J

αjvj | J ⊂ I endlich und αj ∈ K fur alle j ∈ J

mit dem Untervektorraum Span({vi | i ∈ I}) uberein.

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Basis und Dimension Definition: Erzeugendensystem

Der Begriff des Erzeugendensystems wurde in 8.1 bereits eingefuhrt. Hier soll erfur Familien noch einmal prazisiert werden.

8.4 Definition: Erzeugendensystem

Es sei V ein K -Vektorraum.

a) Eine endliche Familie (v1, . . . , vn) von Vektoren vi ∈ V heißtErzeugendensystem von V , wenn sich jeder Vektor v ∈ V alsLinearkombination

v =n

i=1

αivi mit αi ∈ K

schreiben lasst.

b) Es sei I eine unendliche Menge. Die Familie (vi )i∈I von Vektoren vi ∈ V heißtErzeugendensystem von V , wenn zu jedem Vektor v ∈ V eine endlicheTeilmenge J ⊂ I existiert, so dass sich v als Linearkombination

v =∑

j∈J

αjvj mit αj ∈ K

schreiben lasst.

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Basis und Dimension Definition: Erzeugendensystem

Bemerkung:

(1) V ist genau dann endlich erzeugt (im Sinne von Definition 8.1), wenn es(mindestens) ein endliches Erzeugendensystem von V gibt.

(2) Es gibt Erzeugendensysteme verschiedener Lange, vgl. Beispiel 8.2, (1) und(2).

(3) Bei Erzeugendensystemen geht es nur um die Existenz einer Darstellung vonv ∈ V als Linearkombination der Familie (vi )i∈I , die den ganzen VektorraumV aufspannt. Bei den meisten Uberlegungen (zur Struktur eines Vektorraumsoder bei der praktischen Verwendung von Vektoren des Rn) hat dieEindeutigkeit einer solchen Darstellung große Bedeutung.

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Basis und Dimension Definition: Lineare Unabhangigkeit

Die folgende außerst wichtige Definition liefert hierfur den Grundstein und wird inder gesamten Vorlesung immer wieder verwendet.

8.5 Definition: Lineare Unabhangigkeit

Es sei V ein K -Vektorraum.

a) Eine endliche Familie (v1, . . . , vn) von Vektoren aus V heißt linearunabhangig, wenn fur alle α1, α2, . . . , αn ∈ K gilt:

α1v1 + α2v2 + . . .+ αnvn = 0 =⇒ α1 = α2 = · · · = αn = 0.

In Worten: Wenn eine Linearkombination der vi den Nullvektor ergibt, somussen alle ihre Koeffizienten gleich Null sein.

b) Es sei I eine unendliche Menge. Die Familie (vi )i∈I heißt linear unabhangig,wenn jede endliche Teilfamilie (vj)j∈J (mit endlicher Menge J ⊂ I ) linearunabhangig ist.

c) Falls die Familie (vi )i∈I (mit endlichem oder unendlichem I ) nicht linearunabhangig ist, so heißt sie linear abhangig.

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Basis und Dimension Spezialfalle

8.7 SpezialfalleBevor wir die lineare Unabhangigkeit weiter untersuchen, betrachten wir die Fallevon Familien mit nur einem Vektor (n = 1) und mit zwei Vektoren (n = 2):

n = 1: Eine Familie (v1) mit nur einem Vektor v1 ∈ V ist genau dannlinear unabhangig, wenn v1 6= 0 gilt: denn dann folgt aus αv1 = 0

sofort α = 0.

Umgekehrt: (v1) ist genau dann linear abhangig, wenn v1 = 0 ist.

n = 2: Eine Familie (v1, v2) aus zwei Vektoren v1, v2 ∈ V ist genau dannlinear unabhangig, wenn v1 6∈ Kv2 und v2 6∈ Kv1 gilt; mit anderenWorten: v1 ist kein Vielfaches von v2, und v2 ist auch keinVielfaches von v1.

Umgekehrt: (v1, v2) ist genau dann linear abhangig, wenn v1 einVielfaches von v2 oder v2 ein Vielfaches von v1 ist (bzgl. derMultiplikation mit Skalaren in K ).Beispiele: In R2 sind v1 = (1, 3)⊤und v2 = (−2,−6)⊤ linear abhangig.

In C2 sind v1 = (1 + 2i , 3− i)⊤und v2 = (2− i ,−1− 3i)⊤ linear abhangig.

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Basis und Dimension Satz

8.8 Satz

Fur eine endliche Familie (v1, . . . , vn) von Vektoren vi ∈ V sind die folgendenAussagen aquivalent:

a) (v1, . . . , vn) ist linear unabhangig.

b) Fur jedes 1 ≤ j ≤ n gilt

vj 6∈ Span(v1, . . . , vj−1, vj+1, . . . , vn).

c) Fur jeden Vektor w ∈ Span(v1, . . . , vn) existiert genau ein n-Tupel(α1, . . . , αn) von Skalaren αi ∈ K mit

w = α1v1 + · · ·+ αnvn;

d.h. die Darstellung von w als Linearkombination der v1, . . . , vn ist eindeutig.

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Basis und Dimension Bemerkung:

Wir konnen leicht weitere Spezialfalle betrachten und einfache Folgerungen ziehen.

8.9 Bemerkung:

a) Wenn die Familie (v1, . . . , vn) linear unabhangig ist, dann ist jede Teilfamilieebenfalls linear unabhangig.

b) Wenn die Familie (v1, . . . , vn) linear abhangig ist, dann ist auch jede Familie,die diese Vektoren umfasst, linear abhangig.

c) Die Eigenschaft der linearen Abhangigkeit oder linearen Unabhangigkeitbleibt erhalten, wenn man die Reihenfolge der Vektoren vi vertauscht.

d) Wenn ein vj = 0 ist, so ist (v1, . . . , vn) linear abhangig.

e) Wenn zwei vi ubereinstimmen, also vi = vj mit i 6= j , dann ist (v1, . . . , vn)linear abhangig.

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Basis und Dimension Definition: Basis

8.10 Definition: Basis

Eine Familie (vi )i∈I (mit endlicher oder unendlicher Indexmenge I 6= ∅) vonVektoren vi ∈ V heißt Basis von V , wenn sie linear unabhangig ist und einErzeugendensystem von V ist.

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Basis und Dimension Satz

Der folgende Satz fasst fur eine endliche Basis zusammen, was wir nach denbisherigen Uberlegungen bereits wissen.

8.11 Satz

Eine Familie (v1, . . . , vn) von Vektoren vi ∈ V ist genau dann eine Basis von V ,wenn fur jedes Element v ∈ V eine Darstellung

v = α1v1 + α2v2 + . . .+ αnvn

mit eindeutigen Skalaren α1, α2, . . . , αn ∈ K existiert.

Die Koeffizienten α1, . . . , αn heißen auch die Koordinaten von v bezuglich derBasis (v1, . . . , vn); wir kommen im Kapitel III (Lineare Abbildungen) auf diesenBegriff zuruck.

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Basis und Dimension Lemma

In einem endlich erzeugten Vektorraum existiert nach Definition 8.1(d) eineendliche Familie (v1, . . . , vn) mit V = Span(v1, . . . , vn).Die Idee zur Konstruktion einer Basis von V ist nun einfach: man lasst“uberflussige” Vektoren der Familie (v1, . . . , vn) einfach weg.

8.14 Lemma

Es sei (v1, v2, . . . , vn) eine Familie von Vektoren vi ∈ V und fur ein 1 ≤ j ≤ n

gelte vj ∈ Span(v1, . . . , vj−1, vj+1, . . . , vn). Dann folgt

Span(v1, . . . , vj−1, vj , vj+1, . . . , vn) = Span(v1, . . . , vj−1, vj+1, . . . , vn).

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Basis und Dimension Satz: Einfacher Existenzsatz fur Basen

Die Existenz einer Basis im endlich erzeugten Vektorraum ist nun leicht zu zeigen.

8.15 Satz: Einfacher Existenzsatz fur Basen

Jeder endlich erzeugte K -Vektorraum V 6= {0} besitzt eine Basis.

Beweis: Ausgehend von einer endlichen Erzeugenden-Familie (v1, . . . , vn) von V

entsteht durch mehrmalige Anwendung des Lemmas 8.14 eine Teilfamilie(vi1 , . . . , vik ) mit 1 ≤ i1 < i2 < · · · < ik ≤ n, die die Eigenschaft

vij 6∈ Span(vi1 , . . . , vij−1 , vij+1 , . . . , vik ) fur alle 1 ≤ j ≤ k

erfullt und fur die V = Span(vi1 , . . . , vik ) gilt. Nach Satz 8.8 (b) ist dieseTeilfamilie linear unabhangig, also eine Basis von V . �

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Basis und Dimension Satz

Wir kennen den Dimensionsbegriff aus unserer Anschauung: die Ebene R2 hat dieDimension 2, der uns umgebende Raum R3 die Dimension 3. Diese Zahlen gebenan, dass es jeweils Erzeugendensysteme (sogar Basen) mit der entsprechendenAnzahl von Vektoren gibt. Um den Begriff der Dimension eines Vektorraums V zufassen, muss aber zuerst die folgende Aussage zur Anzahl der Elemente in einerBasis bewiesen werden.

8.16 Satz

Sei V ein endlich-erzeugter K -Vektorraum, V 6= {0}. Dann haben alle Basen vonV die gleiche (endliche) Anzahl von Vektoren; diese Anzahl nennen wir dieDimension von V , geschrieben dimV .

Bemerkungen:

a) Fur V = {0} setzen wir dimV = 0.

b) Falls V nicht endlich erzeugt ist, nennen wir V unendlich-dimensional undschreiben dimV = ∞.

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Basis und Dimension Austauschlemma

Zur Vorbereitung des Beweises von Satz 8.16 dienen zwei Aussagen zumAustausch von Elementen einer gegebenen Basis.

8.17 Austauschlemma

Es sei V ein K -Vektorraum, V 6= {0}. Weiter sei (v1, . . . , vn) eine Basis von V

sowie w ∈ V r {0}. Dann existiert ein Index k ∈ {1, . . . , n} derart, dass

(v1, . . . , vk−1,w , vk+1, . . . , vn)

ebenfalls eine Basis von V ist.Mit anderen Worten: Einer der Vektoren v1, . . . , vn kann durch w ersetzt werdenund die Basiseigenschaft bleibt erhalten.

Zusatz: Ist w = γ1v1 + · · ·+ γnvn, so kann jedes k ∈ {1, . . . , n} mit γk 6= 0 furden Austausch vk ↔ w ausgewahlt werden.

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Basis und Dimension Steinitz’scher Austauschsatz

8.18 Steinitz’scher Austauschsatz

Es sei V ein Vektorraum, V 6= {0}. Weiter sei (v1, . . . , vn) eine Basis von V sowie(u1, . . . , ur ) eine linear unabhangige Familie von Vektoren uj ∈ V .

Dann gilt

1. r ≤ n, und

2. es gibt Indizes 1 ≤ i1 < i2 < · · · < in−r ≤ n derart, dass die Familie

(vi1 , . . . , vin−r, u1, . . . , ur )

ebenfalls eine Basis von V ist; d.h. es konnen r der Vektoren v1, . . . , vn durchdie neuen Vektoren u1, . . . , ur ersetzt werden, so dass wieder eine Basisentsteht.

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Basis und Dimension Basis-Erganzungssatz

Als “Pendant” zum Lemma 8.14 soll noch der folgende Satz erwahnt werden.

8.19 Basis-Erganzungssatz

Es sei V ein K -Vektorraum und (v1, . . . , vr ) eine linear unabhangige Familie vonVektoren aus V . Seien w1, . . . ,ws ∈ V weitere Vektoren derart, dass

Span(v1, . . . , vr ,w1, . . . ,ws) = V

gilt.Dann kann (v1, . . . , vr ) durch Hinzunahme von geeigneten wj1 , . . . ,wjt (mitt ≤ s) zu einer Basis von V erganzt werden. (Die “Hinzunahme” von 0 Vektorenist als Moglichkeit eingeschlossen.)

Bemerkung: Jede linear unabhangige Familie (v1, . . . , vr ) in einem (endlicherzeugten) Vektorraum V kann zu einer Basis von V erganzt werden. (Verwendeim obigen Satz irgendein Erzeugendensystem (w1, . . . ,ws) von V .)

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Basis und Dimension Bemerkungen:

8.21 Bemerkungen: Einige nutzliche Folgerungen lassen sich aus den bisherigenErgebnissen ziehen.

(1) Aus W 4 V folgt dimW ≤ dimV .

(2) Ist V endlich erzeugt, W 4 V sowie dimW = dimV , so gilt W = V .

ACHTUNG: Dieser Schluss ist fur dimV = ∞ falsch.

(3) Falls dimV = n und (v1, . . . , vn) linear unabhangig ist, so ist (v1, . . . , vn) eineBasis von V .

(4) Falls dimV = n und (v1, . . . , vn) ein Erzeugendensystem von V ist, so ist(v1, . . . , vn) eine Basis von V .

(5) Falls dimV = n ist, so ist jede Familie der Lange r > n linear abhangig.

(6) Falls dimV = n ist, so ist jede Familie der Lange r < n keinErzeugendensystem von V .

Lineare Algebra, Teil I 15. Dezember 2010 124

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Basis und Dimension Satz: Existenzsatz fur Basen

Am Ende dieses Abschnitts sollen noch Aussagen zu unendlich-dimensionalenVektorraumen gemacht werden. Die Beweise benotigen ganz andere Hilfsmittel alsunsere “konstruktiven” Methoden. Zentrales Hilfsmittel ist das Lemma von Zorn

aus der Mengenlehre.

8.23 Satz: Existenzsatz fur Basen

a) Jeder K -Vektorraum V , V 6= {0}, besitzt eine Basis.

b) Jede linear unabhangige Familie (vi )i∈I (mit endlicher oder unendlicherIndexmenge I ) von Vektoren vi ∈ V kann zu einer Basis von V erganztwerden.

Lineare Algebra, Teil I 15. Dezember 2010 125

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Basis und Dimension Beispiel:

8.24 Beispiel: Der Vektorraum R[t] aller reellen Polynome ist ein Beispiel einesVektorraums, der nicht endlich erzeugt ist: dimR[t] = ∞.

Die Familie (ej)j∈N0 ,

ej = t j ∈ R[t] fur j ∈ N0,

ist ein Erzeugendensystem von R[t]. (Beachte hierzu: Ein Polynom ist eineendliche Summe f =

∑n

j=0 αj tj .)

Die lineare Unabhangigkeit der Familie (ej)j∈N0 ist bereits in der Definition4.23 enthalten:Eine beliebige Linearkombination der unendlichen Familie (ej)j∈N0 ist einPolynom

f =

n∑

j=0

αj tj mit n ∈ N0, αj ∈ R fur 0 ≤ j ≤ n.

Sobald ein Koeffizient αj 6= 0 ist, ist auch f vom Nullpolynom verschieden.

Also ist die Familie (ej)j∈N0 eine Basis von R[t].

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Basis und Dimension Beispiel:

8.25 Beispiel: Es ist außerst schwierig, eine Basis des Vektorraums RN allerreellen Zahlenfolgen anzugeben; eine “explizite” Angabe einer Basis ist meinesWissens unmoglich.

Zwar ist die Familie (ej)j∈N mit

ej = (0, . . . , 0, 1, 0, 0, . . .) mit dem Folgenglied 1 an der Stelle j

aus Beispiel 8.2(6) linear unabhangig, aber bei weitem noch keinErzeugendensystem: Nicht einmal die Nullfolge

w = (1,1

2,1

3,1

4, . . .) ∈ R

N

ist Linearkombination der Familie (ej)j∈N. (Was ist denn Span( (ej)j∈N) ?)

Es gibt gar kein abzahlbares Erzeugendensystem dieses Vektorraums.

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Basis und Dimension Bemerkung

8.26 BemerkungIn der Funktionalanalysis wird deshalb ein anderer Basis-Begriff eingefuhrt. UnserBasis-Begriff der Linearen Algebra (=linear unabh. Erzeugendensystem mittelsendlicher Linearkombinationen) wird genauer als Hamel-Basis bezeichnet. AndereBegriffe, die die Konvergenz unendlicher Reihen von Vektoren verwenden, sindz.B. Schauder-Basen, Orthonormalbasen. Diese Begriffe sind furunendlich-dimensionale Vektorraume verschieden von unserem Basisbegriff! Siesind aber fur die Untersuchung solcher Vektorraume viel nutzlicher.

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Direkte Summen und Faktorraume Definition: Summe und direkte Summe

9 Direkte Summen und Faktorraume

Der Begriff der Basis liefert eine “Zerlegung” des Vektorraums V ineindimensionale Teilraume. Wir behandeln nun allgemeinere Zerlegungen.

9.1 Definition: Summe und direkte Summe

Es sei V ein K -Vektorraum und U1,U2 zwei Untervektorraume.

a) Die MengeU1 + U2 := {u1 + u2 | u1 ∈ U1, u2 ∈ U2}

heißt Summe der Untervektorraume U1 und U2.

b) Falls U1 ∩U2 = {0} gilt, so heißt U1 + U2 direkte Summe von U1 und U2; siewird geschrieben als U1 ⊕ U2.

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Direkte Summen und Faktorraume Bemerkungen

9.2 Bemerkungen:

(1) Die Summe U1 + U2 ist ein Untervektorraum von V : die Eigenschaft (UV3)ist leicht nachzuprufen.Wir zeigen sogar etwas mehr: es gilt

U1 + U2 = Span(U1 ∪ U2) 4 V .

(2) Die Summe U1 + U2 ist genau dann direkt, wenn jeder Vektor v ∈ U1 + U2

eine eindeutige Zerlegung v = u1 + u2 mit u1 ∈ U1, u2 ∈ U2 besitzt.

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Direkte Summen und Faktorraume Bemerkungen

(3) Die Bildung der Summe von Teilraumen ist kommutativ und assoziativ:

U1 + U2 = U2 + U1, (U1 + U2) + U3 = U1 + (U2 + U3).

Fur n Teilraume U1, . . . ,Un 4 V konnen wir also∑n

i=1 Ui schreiben; es gilt

n∑

i=1

Ui = Span(U1 ∪ · · · ∪ Un).

(4) Die direkte Summe von Teilraumen U1,U2, . . . ,Un ist immer dann sinnvollerklart, wenn

Uj ∩n

i=1,i 6=j

Ui = {0}

ist. In diesem Fall liegt auch Assoziativitat vor, also konnen wir⊕n

i=1 Ui

schreiben.

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Direkte Summen und Faktorraume Bemerkungen

(5) Diese Uberlegungen fuhren zu folgenden Aussagen: Fur v ∈ V seiKv = {αv | α ∈ K}; dieser Teilraum von V ist null- oder eindimensional, jenachdem, ob v = 0 oder v 6= 0 gilt.

(5a) Die Familie (v1, . . . , vn) ist genau dann ein Erzeugensystem des VektorraumsV , wenn

V =

n∑

i=1

Kvi gilt.

(5b) Die Familie (v1, . . . , vn) soll den Nullvektor nicht enthalten. Sie ist genaudann eine Basis von V , wenn

V =

n⊕

i=1

Kvi gilt.

Insofern liefert eine Basis von V eine Zerlegung in eindimensionale Teilraume.Dies ist ubrigens genau die Aussage von Satz 8.11, nur in etwas anderer Formgeschrieben.

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Direkte Summen und Faktorraume Satz: Dimensionsformel fur Summen

9.3 Satz: Dimensionsformel fur Summen

Fur endlich-dimensionale Untervektorraume U1,U2 von V gilt

dim(U1 + U2) + dim(U1 ∩ U2) = dimU1 + dimU2.

Die Summe ist genau dann direkt, wenn

dim(U1 + U2) = dimU1 + dimU2

gilt.

9.4 Komplementierungs-Satz

Es sei V ein K -Vektorraum und U 4 V . Dann existiert ein UntervektorraumW 4 V mit V = U ⊕W .

Man nennt dann U ,W komplementare Unterraume von V . Es giltdimV = dimU + dimW .

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Direkte Summen und Faktorraume Definition: Faktorraum

Wir verwenden nun die Struktur der abelschen Gruppe (V ,+) zur“Faktorisierung” modulo eines Untervektorraums von V . Man beachte, dass einUntervektorraum U 4 V auch eine Untergruppe von (V ,+) ist.

9.6 Definition: Faktorraum

Es sei V ein K -Vektorraum und U 4 V . Dann nennen wir

V /U = {[v ]U | v ∈ V } = {v + U | v ∈ V }

den Faktorraum V modulo U .Die Addition auf V /U ist die der Faktorgruppe, also

+ : V /U × V /U → V /U , (v + U ,w + U) 7→ (v + w) + U .

Die Skalarmultiplikation wird definiert durch

· : K × V /U → V /U , (α, v + U) 7→ (αv) + U .

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Direkte Summen und Faktorraume Satz

9.7 Satz

Es sei V ein K -Vektorraum und U 4 V .

a) Der Faktorraum V /U ist ein K -Vektorraum. Sein Nullelement ist[0]U = 0+ U , das Negative zu v + U ist (−v) + U .

b) Ist W ein komplementarer Unterraum zu U in V , also V = U ⊕W , so ist Wein vollstandiges Reprasentantensystem des Faktorraums V /U ; d.h.

[w1]U 6= [w2]U fur alle w1,w2 ∈ W , w1 6= w2,

undV /U = {[w ]U | w ∈ W }.

Bemerkung: Die Restklassen [v ]U = v + U sind die Aquivalenzklassen derAquivalenzrelation

v ∼ w : ⇔ v − w ∈ U .

Zur Ubung prufe man die Reflexivitat, Symmetrie und Transitivitat basierend aufden Axiomen (UV1) und (UV2) des Untervektorraums.

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Direkte Summen und Faktorraume Satz: Dimensionsformel fur Faktorraume

9.8 Satz: Dimensionsformel fur Faktorraume

Es sei V ein K -Vektorraum und U 4 V . Dann gilt

dimV = dimU + dim(V /U).

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Direkte Summen und Faktorraume Definition: Affiner Teilraum

9.9 Definition: Affiner Teilraum

Es sei V ein K -Vektorraum und U 4 V ein Untervektorraum. Das Elementv + U = {v + u | u ∈ U} der Faktorgruppe V /U heißt ein affiner Unterraum von

V , der Untervektorraum U heißt sein Differenzenraum.

Wir definieren die Dimension des affinen Unterraums v + U als die Dimensionseines Differenzenraumes, also dim(v + U) := dimU .

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Direkte Summen und Faktorraume Satz

9.10 Satz

Es sei V ein K -Vektorraum und A ⊆ V eine Teilmenge. Die folgenden Aussagensind aquivalent:

a) A ist ein affiner Unterraum von V .

b) Die MengeU := {v − w | v ,w ∈ A}

ist ein Untervektorraum von V .

c) Fur beliebiges n ∈ N, Vektoren v1, . . . , vn ∈ A sowie λ1, . . . , λn ∈ K , die dieBedingung λ1 + · · ·+ λn = 1 erfullen, gilt

λ1v1 + · · ·λnvn ∈ A. (∗)

Bemerkung: Man nennt eine Linearkombination (*), deren Koeffizienten λj ∈ K

die Bedingung∑n

j=1 λj = 1 erfullen, eine affine Kombination der Vektorenv1, . . . , vn. Satz ?? besagt, dass ein affiner Unterraum bzgl. der Bildung vonaffinen Kombinationen seiner Elemente abgeschlossen ist.

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Direkte Summen und Faktorraume Definition: Parallelitat

Ein kleiner Ausblick zur Geometrie.

9.11 Definition: Parallelitat

Es sei V ein K -Vektorraum sowie A1,A2 ⊆ V affine Teilraume von V . DerDifferenzenraum von Aj sei Uj , j = 1, 2.Die affinen Teilraume heißen parallel, wenn U1 ⊆ U2 oder U2 ⊆ U1 gilt.

Bemerkung: Der Faktorraum V /U ist eine Zerlegung von V in parallele affineTeilraume v + U ; der Differenzenraum all dieser affinen Teilraume ist U .

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