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Karl May Faszination Winnetou Erstmals treten Winnetou und Old Shatterhand an Freilichtspielen in der Schweiz auf. Ein Muss für alle Karl-May-Fans. Sie verbinden mit den Figuren der legendären Filme mehr als bloss Kindheitserinnerungen. Sie pflegen Sammlungen, treffen Gleichgesinnte, reisen zu den Drehorten. Und manche widmen sich dem Werk sogar wissenschaſtlich. Texte: Ralf Kaminski, Reto E. Wild Bilder: Michael Sieber Thomas Maurer (47), Tierarzt «Ich wäre gern ein Indianerbub gewesen» Schon sechsmal waren die Maurers in den Ferien in Kroatien, auf der Suche nach den Drehorten zu den Karl-May-Filmen der 60er-Jahre. «Mein Traum war es, vor Ort Fotos im Kostüm zu machen», sagt Thomas Maurer. 2016 war es dann so weit. «Wir zogen die Kostüme aber nur für dieses eine Shooting an – in einer Gegend, die so ab- gelegen ist, dass höchstens mal ein Schairte oder ein anderer Fan sich dahin verirrt.» Schon als Sechsjähriger verfiel der Tier- arzt mit eigener Praxis in Malters LU den Abenteuern von Winnetou und Old Shatter- hand – wegen der Filme. Dabei war es für ihn gar nicht so leicht, sie zu sehen, weil seine Familie damals keinen Fernseher hatte. «In der Schule erzählten immer alle davon, während ich nur Bruchstücke zu sehen bekam – bei einer Nachbarin, bei der ich ab und zu fernsehen durfte.» Diese Unerreich- barkeit steigerte die Sehnsucht umso mehr. «Ich interessierte mich generell sehr für Indianer. Ich glaube, es war ihr freiheitliches Leben im Einklang mit der Natur und den Tieren, was mich so anzog», sagt Thomas Maurer. «Ich wäre so gern ein Indianerbub gewesen. Obwohl ich natürlich ihr tragi- sches Schicksal mitbekommen hatte.» Umso aktueller findet er heute die Botschaft von In der Wohnung der Familie Maurer in Malters ist Winnetou allgegenwärtig. Bild unten: Manuel, Muriel und Raphael am Original-Drehort der alten Winnetou-Filme in Kroatien. Ihr Kostüme sind alle liebevoll handgearbeitet. Friede, Toleranz und Völkerverständigung, die Karl May mit seinen Büchern vermittelt. Bis etwa 17 war er ein grosser Fan, dann wurden andere Dinge wichtiger. Als ihm je- doch seine Frau Gabriela (44) zur Hochzeit im Jahr 2000 ein «Winnetou»-Filmplakat schenkte, wurden alle Erinnerungen wieder wach. Inzwischen gab es das Internet, und er realisierte, wie viele Gleichgesinnte es gab und welche Fülle an Material rund um die Filme existierte. Maurer begann, alles zu sammeln, was ihm in die Hände kam – und seine Frau machte mit. Das Haus der Mau- rers beherbergt inzwischen eine eindrück- liche Sammlung von Plakaten, Filmen, Hör- spielen und Büchern. Zudem ist die Familie in halb Europa mit Fans vernetzt und besuch- te schon x-fach Freilichtspiele: «Unser jünge- rer Sohn sass schon auf Pierre BriceArm.» Winnetou ist genauso cool wie Harry Potter Die Kinder machen eifrig mit. «Sie sind mit Winnetou aufgewachsen und hatten quasi keine Wahl», sagt Thomas Maurer und lacht. Tatsächlich finden Raphael (15) und Manuel (13), die Abenteuer Winnetous stünden denen von Harry Potter in nichts nach. Nur mit den alten Büchern können sie nichts anfangen: «Die sind zu langsam und zu schwerfällig geschrieben», sagt Manuel, der ansonsten gern Superhelden-Comics liest. Muriel (9) hat noch nicht alle Filme gesehen, verkleidet sich aber gern, mag Winnetous Schwester Nscho-tschi, Pferde und die abenteuerliche Suche nach Dreh- orten. Raphael steht sonst eher auf Fantasy, «aber ‹Winnetou› ist unser Familienhobby, er war einfach immer schon da». Bilder: zVg (2), Str/DPA/Keystone 10 | MM26, 26.6.2017 | MENSCHEN Filmkomponist Martin Böttcher über Winnetou: www.migmag.ch/ winnetou

Karl May Faszination · PDF fileKarl-May-Filme 50 Jahre Winnetou Karl May schrieb seine Romane zwischen 1892 und 1910, erste Verfil - mungen gab es bereits in den 20er-Jahren

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Karl May

Faszination Winnetou

Erstmals treten Winnetou und Old Shatterhand an Freilichtspielen in der Schweiz auf. Ein Muss für alle Karl-May-Fans. Sie verbinden mit den

Figuren der legendären Filme mehr als bloss Kindheitserinnerungen. Sie pflegen Sammlungen, treffen Gleichgesinnte, reisen zu den Drehorten.

Und manche widmen sich dem Werk sogar wissenschaftlich. Texte: Ralf Kaminski, Reto E. Wild Bilder: Michael Sieber

Thomas Maurer (47), Tierarzt

«Ich wäre gern ein Indianerbub gewesen»Schon sechsmal waren die Maurers in den Ferien in Kroatien, auf der Suche nach den Drehorten zu den Karl-May-Filmen der 60er-Jahre. «Mein Traum war es, vor Ort Fotos im Kostüm zu machen», sagt Thomas Maurer. 2016 war es dann so weit. «Wir zogen die Kostüme aber nur für dieses eine Shooting an – in einer Gegend, die so ab-gelegen ist, dass höchstens mal ein Schafhirte oder ein anderer Fan sich dahin verirrt.»

Schon als Sechsjähriger verfiel der Tier-arzt mit eigener Praxis in Malters LU den Abenteuern von Winnetou und Old Shatter-hand – wegen der Filme. Dabei war es für ihn gar nicht so leicht, sie zu sehen, weil seine Familie damals keinen Fernseher hatte. «In der Schule erzählten immer alle davon, während ich nur Bruchstücke zu sehen bekam – bei einer Nachbarin, bei der ich ab und zu fernsehen durfte.» Diese Unerreich-barkeit steigerte die Sehnsucht umso mehr.

«Ich interessierte mich generell sehr für Indianer. Ich glaube, es war ihr freiheitliches Leben im Einklang mit der Natur und den Tieren, was mich so anzog», sagt Thomas Maurer. «Ich wäre so gern ein Indianerbub gewesen. Obwohl ich natürlich ihr tragi-sches Schicksal mit bekommen hatte.» Umso aktueller findet er heute die Botschaft von

In der Wohnung der Familie Maurer in Malters ist Winnetou allgegenwärtig. Bild unten: Manuel, Muriel und Raphael am Original- Drehort der alten Winnetou-Filme in Kroatien. Ihr Kos tüme sind alle liebevoll handgearbeitet.

Friede, Toleranz und Völkerverständigung, die Karl May mit seinen Büchern vermittelt.

Bis etwa 17 war er ein grosser Fan, dann wurden andere Dinge wichtiger. Als ihm je-doch seine Frau Gabriela (44) zur Hochzeit im Jahr 2000 ein «Winnetou»-Filmplakat schenkte, wurden alle Erinnerungen wieder wach. Inzwischen gab es das Internet, und er realisierte, wie viele Gleichgesinnte es gab und welche Fülle an Material rund um die Filme existierte. Maurer begann, alles zu sammeln, was ihm in die Hände kam – und seine Frau machte mit. Das Haus der Mau-rers beherbergt inzwischen eine eindrück-liche Sammlung von Plakaten, Filmen, Hör-spielen und Büchern. Zudem ist die Familie in halb Europa mit Fans vernetzt und besuch-te schon x-fach Freilichtspiele: «Unser jünge-rer Sohn sass schon auf Pierre Brice’ Arm.»

Winnetou ist genauso cool wie Harry PotterDie Kinder machen eifrig mit. «Sie sind mit Winnetou aufgewachsen und hatten quasi keine Wahl», sagt Thomas Maurer und lacht. Tatsächlich finden Raphael (15) und Manuel (13), die Abenteuer Winnetous stünden denen von Harry Potter in nichts nach. Nur mit den alten Büchern können sie nichts anfangen: «Die sind zu langsam und zu schwerfällig geschrieben», sagt Manuel, der ansonsten gern Superhelden-Comics liest. Muriel (9) hat noch nicht alle Filme gesehen, verkleidet sich aber gern, mag Winnetous Schwester Nscho-tschi, Pferde und die abenteuerliche Suche nach Dreh-orten. Raphael steht sonst eher auf Fantasy, «aber ‹Winnetou› ist unser Fami lienhobby, er war einfach immer schon da». Bi

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10 | MM26, 26.6.2017 | MENSCHENFilmkomponist Martin Böttcher über Winnetou:www.migmag.ch/

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Page 2: Karl May Faszination  · PDF fileKarl-May-Filme 50 Jahre Winnetou Karl May schrieb seine Romane zwischen 1892 und 1910, erste Verfil - mungen gab es bereits in den 20er-Jahren

Karl-May-Filme

50 Jahre Winnetou

Karl May schrieb seine Romane zwischen 1892 und 1910, erste Verfil-mungen gab es bereits in den 20er-Jahren. 1962 begann mit «Der Schatz im Silbersee» die legendäre Serie deut-scher Filme mit Pierre Brice (1929–2015) und Lex Barker (1919–1973) in den Hauptrollen. Die Streifen sind heute noch im Fern sehen zu sehen. Bis 1968 entstanden 17 Filme nach Karl Mays Romanen, 11 davon mit der Figur Winnetou. Gedreht wurde im ehe-maligen Jugoslawien, die un verkennbare Musik lieferte der heute 90-jährige Martin Böttcher (Interview auf www.migrosmagazin.ch).

Der Franzose Pierre Brice wurde durch seine Rolle als Winnetou zum Star in Deutschland. Sein Filmtod in «Winne-tou III» 1965 führte zu Drohbriefen an die Produzenten. Noch im selben Jahr liessen sie ihn in «Old Surehand» wiederauf erstehen.

An Weihnachten 2016 strahlte RTL eine Neuinterpretation der «Winnetou»-Trilogie aus, mit einer etwas modernisierten Ge-schichte: «Winnetou – Der Mythos lebt». Die Kritiken waren freundlich, die Einschalt-quoten allerdings wenig berauschend.

Pierre Brice und Lex Barker in ihren berühmtesten Rollen

Verlosung10×2 Tickets

für die Premiere von «Winnetou I»

in Engelbergwww.migrosmagazin.ch/

gluecksgriff

Familienhobby: Thomas Maurer teilt seine Leidenschaft mit Ehefrau Gabriela und den Kindern (von links) Manuel, Muriel und Raphael.

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Evelyn Marten (28), Primarlehrerin

«Beim Arzt höre ich zur Ablenkung Winnetou-Filmmusik»«Als ich sechs Jahre alt war, zeigte mir mein Vater den ersten Winnetou-Film, als ich zehn war, schenkte er mir das erste Karl-May-Buch. Lange teilte nur er meine Leidenschaft für Karl May, dessen Helden mir Mut mach-

ten, wenn ich beispielsweise in der Schule geärgert wurde oder mich allein fühlte.

In der fünften Klasse traf ich dann in der Pause auf ein Mädchen, das ein Karl-May-Buch las: Johanna ist bis

Western-like: Evelyn Marten lebt in Stein AG.

heute meine beste Freundin. Mit ihr spielte ich auch die Geschichten nach – ich war Old Shatterhand, Johanna Winnetou. Auch heute noch schauen wir uns gemeinsam Filme an, sammeln und tauschen Gegenstände oder ersteigern auf Ebay alte Postkarten. Inzwischen habe ich über 60 Karl-May-Romane gelesen. Ich mag die Ich-Erzählun-gen, man kann sich dabei so schön in die Helden und deren Abenteuer einfühlen.

Begegnung mit Nscho-tschiSeit 2014 war ich fünfmal an den Filmdrehorten in Kroatien. Bei einer Fanreise vergangene Ostern habe ich mich besonders gefreut über die Begegnung mit Marie Versini: Sie hat in vielen Karl-May-Filmen mit-gespielt, unter anderem als Winnetous Schwester Nscho-tschi. Johanna war im Oktober sogar im Fernsehen, als Kandidatin beim Winnetou- Special von ‹Wer wird Millionär?›. Ich habe sie natürlich begleitet.

Zum Glück gibt es die Filmmusik von Martin Böttcher. Da ich kein Blut sehen kann, höre ich immer, wenn ich zum Arzt muss, zur Ablenkung seine ‹Winnetou›-Melodien. Ich hoffe, dass ich ihn im Juli am Karl-May-Filmfest in Berlin wiedersehe.»

Christin Meier (35), Schauspielstudentin

«Ich würde gern mal Old Shatterhand spielen»«Mein Vater hat mich mit dem Karl-May-Virus angesteckt. Ich war und bin fasziniert von dessen Fantasie-reichtum und der Liebe und Freund-schaft über die Kulturen hinweg, wie er sie beschreibt. Er war ein grosser Verfechter des Friedens. Ich schätze Mays Werke umso mehr, als er in seinem Leben viele Schwierigkeiten zu meistern hatte.

Respekt vor anderen KulturenIch war etwa zwölf Jahre alt, als ich mir wünschte, wie Old Shatterhand zu sein. Schon von klein auf habe ich nicht im Raster Mädchen–Buben gedacht. Mit 16 spielte ich im Jung-schützenkurs mit den Buben «India-nerlis». Dabei verkörperte ich Old Shatterhand, weil ich fasziniert war von seinem unerschütterlichen Ein-

satz für Gerechtigkeit. Er und Winne-tou können uns auch heute noch Respekt vor den Mitmenschen, ande-ren Kulturen, der Natur und den Tie-ren vermitteln. Noch heute hängt in meinem Wohnzimmer ein schönes Poster von meinen Jugendhelden.

Vor vier Jahren habe ich meinen Vater zu seinem 70. Geburtstag nach Bad Segeberg eingeladen – die Karl-May-Spiele lege ich jedem Fan ans Herz. Wenn mein Studienplan es erlaubt, werde ich mit ihm auch nach Engelberg reisen. Mein absoluter Traum ist es, selbst eine weibliche Version von Old Shatterhand zu spielen. Reiten und schiessen kann ich jedenfalls schon. Mein erstes Pferd war übrigens ebenso kohl-rabenschwarz wie Old Shatterhands Hatatitla.»

Detailgetreu inszeniert: Christin Meier aus Windisch AG mit ihrem Vater, der ein grosser Westernfan ist.Bi

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Gerold Zenoni (58), Ordensbruder

«Winnetou ist ein Beispiel der Menschen liebe»«In meiner Jugend habe ich be-stimmt 50 Karl-May-Bücher mit Spannung und Freude gelesen – und deswegen sogar manchmal meine Schulaufgaben verschoben. Vor den Sommerferien deckte ich mich je-weils mit Büchern ein, danach war die Lektüre meine Hauptbeschäftigung. Meine Mutter warf mir zwar mah-nende Blicke zu, duldete es aber.

Karl May war ein evangelischer Christ und hat diese Sichtweise wohl in die Figur Winnetou projiziert. Mit ihm zeigt er ein schönes Beispiel von Menschenliebe. Ich erinnere mich auch gern an die Begegnung mit Pierre Brice an der ‹BuchBasel› 2005.

Heute bin ich im Kloster Einsie-deln Rezensent in der hauseigenen Zeitschrift ‹Salve› und lese Bücher als Kritiker. Deshalb türmen sich neben meinem Bett die Werke, und ich habe kaum noch Zeit, Karl May zu lesen. Seine bekannten grünen Bände finden sich aber auch in unse-rer Stifts bibliothek. Karl May hielt sich einst sogar selbst in Einsiedeln auf und verfasste Texte für die erz­konservativen Marienkalender.

Ich finde ihn auf jeden Fall nach wie vor lesenswert, weil seine Bücher spannend und mit Humor gespickt sind – und seine Fantasie ist echt einmalig in der deutschen Literatur-geschichte.»

Lorenz Hunziker (40), Umweltberater

«Ich mag die christliche Botschaft der Karl-May-Bücher»«Ich habe meine Leidenschaft quasi geerbt: Mein Vater ist ein grosser Westernfan, meine Mutter liebt Lex Barker als Old Shatterhand. Sie riet mir in der fünften Primarklasse, für die Herbstferien ‹Unter Geiern› aus der Schul-bibliothek auszuleihen: Das las sie mir und meiner Schwester dann vor. Die Action packte mich sofort, und so las ich Buch um Buch.

Zu Beginn mochte ich den Wilden Westen und Winnetou, heute mag ich eher den Orient und Karl Mays philosophisches, predigendes Spätwerk. Ich finde, in den Westernbüchern drückt via Old Shatterhand die deutsche Arro-ganz zu stark durch. Kara Ben Nemsi ist viel de-zenter. Das liegt wohl daran, dass May die Hochkulturen des Orients stärker respektierte als die scheinbaren Wilden in Nordamerika.

Im Jahr 2008 schloss ich mich Elmar Elbs’ Karl-May-Freundeskreis an, weil ich Leute

suchte, mit denen ich über Karl May sprechen kann. Ich habe dort dann immer wieder Vorträge über May und die Welt der Indianer gehalten. Als Elmar 2012 aufhören wollte, entschied die Gruppe, dass ich die Leitung übernehmen solle – typisch indianisch übri-gens: Das Volk wählt seinen Häuptling.

Karl May sagte mal: ‹Die Seele des Autors muss die gleiche Sprache sprechen wie die Seele des Lesers.› Deshalb liebe ich diese über 100 Jahre alten Bücher wohl noch immer. Meine Werte stammen vielleicht eher aus dem 19. Jahrhundert, ich mag auch die christliche Botschaft der Bücher. Und während andere die ewigen Landschaftsbeschreibungen nur langweilig finden, tauche ich so richtig ein und werde Teil der Geschichte.»Karl-May-Freundeskreis: www.sammler freak.ch > Karl May

Der Raum-planungs- und Umweltberater Lorenz Hunziker aus Jona SG leitet den Schweizer Karl-May-Freun-des kreis.

Gerold Zenoni (rechts) ist Ordens- bruder im Kloster Einsiedeln; 2005 traf er Winnetou-Darsteller Pierre Brice.

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Silvia Zahner (46), Sprachlehrerin

«Am Ende gewinnen die Guten»

Hat ihre Doktor-arbeit über Karl May verfasst: Silvia Zahner aus Affol-tern am Albis ZHElmar Elbs (77), Bibliothekar

«Karl May war das Wikipedia seiner Zeit»«Meine Begeisterung begann mit etwa zwölf Jahren, bei meiner ers-ten Lektüre von ‹Winnetou I› – noch heute mein Liebling. Wie gern hätte ich den Mut und das Können des Ich- Erzählers geteilt, seine Aben-teuer im Wilden Westen miterlebt.

Hinzu kamen Mays Schilderun-gen von aufregenden, unerreich-baren Schauplätzen. Ich lernte das Kurdistan, den Wilden Westen und die Philosophie von Konfuzius ken-nen. Karl May war sozusagen das Wikipedia und Google seiner Zeit.

Mit zunehmendem Alter begann ich, mich wissenschaftlich mit May auseinanderzusetzen. 1992 gründete ich die Schweizer Karl-

May-Freunde. Zudem entstand eine grosse Sammlung: etwa 500 Bücher und Hörspiele. Vom ‹Schatz im Silbersee› habe ich 60 verschie­dene Ausgaben in 12 Sprachen.

Im Jahr 1998 lernte ich Marie Versini kennen, die Nscho-tschi- Darstellerin – auf meine Einladung wird sie am 15. Juli auch an der Pre-miere von ‹Winnetou I› anwesend sein. Ich bin schon sehr gespannt auf das erste Schweizer Freilichtspiel.

Ich finde es schade, dass Karl May in den Buchhandlungen nicht mehr vorrätig ist. Das pazifistische Grund ethos in seinem Werk ist auch heute noch wichtig.» www.karlmayfreunde-schweiz.eu

Begeisterter Sammler von Karl-May-Werken: Elmar Elbs, ehemaliger Bibliothekar aus Luzern und Gründer der Karl-May-Freunde Schweiz

«Ich habe Karl May zweimal kennen-gelernt: einmal mit 12, als ich seine Bücher in der lokalen Bibliothek entdeckte und in seine Abenteuer-geschichten eintauchte, ein zweites Mal mit 17, als ich begann, mich für die Person Karl May und die histo-rischen und literarischen Hinter-gründe seiner Werke zu interessieren.

In den Büchern lässt sich lite ra-risch sehr viel entdecken, deshalb habe ich auch meine Germanistik- Dissertation über May verfasst. Darin habe ich mich mit der Ich-Perspekti-ve seiner Erzählungen befasst und mit der Frage, wie sie sich auf Hand-lung, Figuren und Lesende auswirkt. Heute halte ich bei Karl-May-Treffen immer wieder mal wissenschaftliche Vorträge über seine Werke, die mit den Jahren immer philosophischer und psychologischer wurden.

Frauen, die sich mit Karl May be- schäftigen, sind deutlich in der Min-derheit: vielleicht eine unter zehn Fans. Aber mich haben die Abenteuer als Mädchen genauso angesprochen wie wohl die Buben. Ansonsten be-gleitet mich May nun schon so lange, dass er etwas angenehm Vertrautes hat. Wenn es im Leben mal nicht so rundläuft, versinke ich gern in eine seiner Geschichten. Das sind überschaubare Welten, und am Ende gewinnen die Guten, was ja in der Realität nicht unbedingt der Fall ist.»

Interview mit Winnetou-Darsteller Tom Volkers, Seite 19Bild

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Wie kamen Sie zur Rolle des Winnetou in Engelberg?Ich habe Winnetou bereits auf vier Bühnen in Deutschland gespielt. 2013 entstanden dann die ersten Pläne für eine Produktion in der Schweiz. Zunächst war ich ledig-lich als Produzent vorgesehen, aber der Regisseur wollte mich dann auch für die Hauptrolle. Die weiteren Darsteller haben wir in der Schweiz und in Berlin gecastet.

Und wie fühlt es sich an, diese legendäre Figur zu spielen?Für mich ist ein Kindheitstraum wahr geworden. Im Gegensatz zu vielen anderen Buben wollte ich nicht Polizist werden, sondern Indianerdarsteller. Das wurde drei Jahrzehnte später Wirklich-keit. Ich spüre für die Rolle eine grosse Verantwortung: Winnetou ist nicht irgendjemand, er steht für hehre Werte.

Haben Sie sich bei Pierre Brice Ratschläge geholt?Nein. Aber er wusste von meiner Arbeit und hat mich bei einer Vorstellung besucht. Dabei haben wir uns tiefgründig, freundschaft-lich und auf Augenhöhe über die Figur Winnetou unterhalten.

Wie bereiten Sie sich auf die Rolle vor?Wichtig ist die innere Einstellung. Ich achte also darauf, mich anzu-gleichen, wo es mit Winnetou keine Parallelen gibt. Schon vor Jahren fragte ich andere Leute, wie sie mich sähen. So bekam ich ein Bild davon, wie man mich wahrnimmt. Dieses Wissen ist bei der Vorberei-

tung sehr wichtig. Anschliessend geht es darum, wie ich Herz und Seele in die Rolle einbringen kann.

Welche Eigenschaften von Winne tou decken sich mit Ihren?Ich war schon immer ein Macher und übernehme gern Verantwor-tung. Ich habe gelernt, mich selbst zu analysieren und zu meinen Fehlern und Unzulänglichkeiten zu stehen. Und ich schätze den res-pektvollen Umgang mit meinen Mitmenschen – egal, ob sie weiss, schwarz, Schweizer oder Deutsche sind. Mir ist wichtig, was der Mensch im Herzen trägt.

Ein bisschen muss ja auch das Äussere passen.Genau. Ich habe mein Leben lang Leistungssport betrieben, war Zehnkämpfer und Kraftsportler, fahre Velo und schwimme. Ich achte also auf meine Form. Da ich in den vergangenen zehn Jahren nicht mehr auf einem Pferd sass, frische ich seit Herbst letzten Jahres meine Reitkenntnisse auf. Damit bin ich gut auf Engelberg vor bereitet.

Wie entdeckten Sie Winnetou?Mein Onkel und mein Vater waren begeisterte Karl-May-Fans. Schon als Fünfjähriger war ich von den Werten dieses Indianers fasziniert. Ich schätze seine Naturverbunden-heit, den ehrlichen, respektvollen Umgang mit den Menschen. Allerdings bin ich in der DDR auf-gewachsen, wo Karl May als nicht systemkonform galt und nur inoffi-ziell via tschechische oder ungari-sche Antiquariate erhältlich war.

Tom Volkers

«Winnetou steht für hehre Werte»Tom Volkers spielt an den Karl-May-Freilichtspielen in Engelberg OW den Apachen-Häuptling Winnetou, von dem er schon seit seiner Kindheit in der DDR begeistert ist. Interview: Reto E. Wild

Verlosung

«Winnetou I» in EngelbergAb Mitte Juli sind die Abenteuer von Winne-tou und Old Shatterhand erstmals live als Frei-lichtaufführung in der Schweiz zu sehen: Vom 15. Juli bis 13. August brin-gen ein Dutzend Profi- und 50 Laien darsteller den Wilden Westen nach Engelberg OW. Gespielt wird «Winnetou I». In Kooperation mit den Or-ganisatoren verlosen wir 10 ×2 Tickets für die Premiere am 15. Juli. Die Freilichtspiele wer-den vom Kulturprozent der Genossenschaft Luzern unterstützt.

Weitere Informationen Verlosung: www.migros-magazin.ch/gluecksgriff Aufführung, Trailer,Tickets: www.winnetou.ch

Der Deutsche Tom Volkers (52) wohnt in Sattel-Hochstuckli SZ.

Weshalb das denn?Das Heroische der Hauptfiguren, dieser Ausdruck der Individualität und die Selbstdarstellung waren der DDR-Führung nicht genehm. Dennoch habe ich einmal in der Schule, als jeder seinen Lieblings-autor vortragen sollte, Karl May präsentiert. Dafür erhielt ich zwar Bestnoten, wurde aber gemahnt wegen der Darstellung eines un-erwünschten Autors.

Was wird das Besondere an den Freilichtspielen in Engelberg sein?Wir haben uns bemüht, möglichst nah an der Buchvorlage zu bleiben – sofern das mit unseren finanziellen Mitteln möglich war. Fans werden das erkennen. Dabei inszenieren wir auch Dinge, die es bei Karl­ May­Produktionen noch nie zu sehen gab. Wir wollen Menschen zeigen, mit ihren Vor zügen und Schwachstellen. Es ist ein Mix aus Abenteuer, Romantik, Action, Humor und Tiefgang, mit Botschaf-ten ohne erhobenen Zeige finger. Jeder kann sich Dinge mitnehmen, in denen er sich wiederfindet. MMBi

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