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Katholisch-Theologische Fakultät Institut für Historische Theologie Lehrstuhl für Kirchengeschichte des Mittelalters und der Neuzeit Kooperationsprojekt „Joannes Baptista Sproll, Bischof von Rottenburg 1927-1949“ Joannes Baptista Sproll, geboren 1870, amtierte von 1927 bis zu seinem Tod im Jahr 1949 als Bischof der Diözese Rottenburg. Er erlebte zahlreiche politische Umbrüche: vom Kaiserreich über den Ersten Weltkrieg, die Weimarer Republik, das „Dritte Reich“ und den Zweiten Weltkrieg bis zur Besatzungszeit. Überregionale Bekanntheit erlangte er, als er sich 1938 demonstrativ weigerte, an der Volksabstimmung und Reichstagswahl anlässlich der Annexion Österreichs teilzunehmen. Durch inszenierte Demonstrationen vertrieben die Nationalsozialisten den schon seit Jahren unbequemen Bischof als „Volksverräter“ aus seiner Diözese – ein im deutschen Episkopat singulärer Fall. Erst nach Kriegsende konnte der schwerkranke Bischof aus seinem bayerischen Exil zurückkehren. Vielen seiner schwäbischen Landsleute galt Sproll in der Folgezeit als „Bekennerbischof“ und mustergültiges Beispiel für die Haltung der katholischen Kirche in der Zeit des Nationalsozialismus. 2011 wurde für ihn ein Seligsprechungsverfahren eröffnet. Viele Fakten liegen noch im Dunkeln. Die (kirchen-) historische Forschung hat ihm bisher nicht dieselbe Aufmerksamkeit gewidmet wie beispielsweise seinen Amtskollegen Adolf Kardinal Bertram, Konrad Kardinal von Preysing und Clemens August Kardinal von Galen. Entsprechend lückenhaft ist auch die Forschung zur Geschichte der Diözese, gerade mit Blick auf das umstrittene Kapitel „Kirche und Nationalsozialismus“. Ebenfalls wenig bekannt ist über das Wirken Sprolls vor seiner Bischofswahl – als Repetent für Kirchenrecht am Tübinger Theologenkonvikt Wilhelmsstift, als Subregens im Rottenburger Priesterseminar, als Pfarrer in Kirchen bei Ehingen, Domkapitular, Generalvikar und schließlich Weihbischof in Rottenburg. Um dieses Desiderat zu beheben, finanziert die Diözese Rottenburg-Stuttgart seit Mai 2014 ein Kooperationsprojekt der Universitäten Tübingen, Münster und Würzburg. Es soll die historische Überlieferung zum Bistum Rottenburg-Stuttgart in der Zeit Joannes Baptista Sprolls sichten, kommentieren und digital sichern. Zentral sind dabei die Bestände des Diözesanarchivs Rottenburg. Verantwortlich für das Projekt sind die Kirchenhistoriker Prof. Dr. Andreas Holzem aus Tübingen, Prof. Dr. Hubert Wolf aus Münster und Prof. Dr. Dominik Burkard aus Würzburg, die zugleich Mitglieder in der Historischen Kommission zur Seligsprechung Sprolls sind.

Katholisch-Theologische Fakultät · 2018. 7. 5. · Joannes Baptista Sproll, geboren 1870, amtierte von 1927 bis zu seinem Tod im Jahr 1949 als Bischof der Diözese Rottenburg. Er

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  • Katholisch-Theologische Fakultät Institut für Historische Theologie


    Lehrstuhl für Kirchengeschichte des Mittelalters und der Neuzeit


    Kooperationsprojekt „Joannes Baptista Sproll, Bischof von Rottenburg 1927-1949“

    Joannes Baptista Sproll, geboren 1870, amtierte von 1927 bis zu seinem Tod im Jahr 1949 als Bischof der Diözese Rottenburg. Er erlebte zahlreiche politische Umbrüche: vom Kaiserreich über den Ersten Weltkrieg, die Weimarer Republik, das „Dritte Reich“ und den Zweiten Weltkrieg bis zur Besatzungszeit. Überregionale Bekanntheit erlangte er, als er sich 1938 demonstrativ weigerte, an der Volksabstimmung und Reichstagswahl anlässlich der Annexion Österreichs teilzunehmen. Durch inszenierte Demonstrationen vertrieben die Nationalsozialisten den schon seit Jahren unbequemen Bischof als „Volksverräter“ aus seiner Diözese – ein im deutschen Episkopat singulärer Fall. Erst nach Kriegsende konnte der schwerkranke Bischof aus seinem bayerischen Exil zurückkehren.

    Vielen seiner schwäbischen Landsleute galt Sproll in der Folgezeit als „Bekennerbischof“ und mustergültiges Beispiel für die Haltung der katholischen Kirche in der Zeit des N a t i o n a l s o z i a l i s m u s . 2 0 1 1 w u r d e f ü r i h n e i n Seligsprechungsverfahren eröffnet. Viele Fakten liegen noch im Dunkeln. Die (kirchen-) historische Forschung hat ihm bisher nicht dieselbe Aufmerksamkeit gewidmet wie beispielsweise seinen Amtskollegen Adolf Kardinal Bertram, Konrad Kardinal von Preysing und Clemens August Kardinal von Galen. Entsprechend lückenhaft ist auch die Forschung zur Geschichte der Diözese, gerade mit Blick auf das umstrittene Kapitel „Kirche und Nationalsozialismus“. Ebenfalls wenig bekannt ist über das Wirken Sprolls vor seiner Bischofswahl – als Repetent für Kirchenrecht am Tübinger

    Theologenkonvikt Wilhelmsstift, als Subregens im Rottenburger Priesterseminar, als Pfarrer in Kirchen bei Ehingen, Domkapitular, Generalvikar und schließlich Weihbischof in Rottenburg.

    Um dieses Desiderat zu beheben, finanziert die Diözese Rottenburg-Stuttgart seit Mai 2014 ein Kooperationsprojekt der Universitäten Tübingen, Münster und Würzburg. Es soll die historische Überlieferung zum Bistum Rottenburg-Stuttgart in der Zeit Joannes Baptista Sprolls sichten, kommentieren und digital sichern. Zentral sind dabei die Bestände des Diözesanarchivs Rottenburg. Verantwortlich für das Projekt sind die Kirchenhistoriker Prof. Dr. Andreas Holzem aus Tübingen, Prof. Dr. Hubert Wolf aus Münster und Prof. Dr. Dominik Burkard aus Würzburg, die zugleich Mitglieder in der Historischen Kommission zur Seligsprechung Sprolls sind.

    http://www.drs.de/mediathek-detail/eroeffnungs-seligsprechungsverfahren-bisc.htmlhttp://www.archive-bw.de/sixcms/list.php?page=seite_archivanschrift&sv%5Bid%5D=10367http://www.uni-tuebingen.de/fakultaeten/katholisch-theologische-fakultaet/lehrstuehle/mittlere-und-neuere-kirchengeschichte/mitarbeiter-innen/professur.htmlhttps://www.uni-muenster.de/FB2/personen/mnkg/seminar/wolf.shtmlhttps://www.theologie.uni-wuerzburg.de/institute-lehrstuehle/hist/thmkg/lehrstuhlteam/prof-dr-dominik-burkard-lehrstuhlinhaber/