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Ende der 1920er Jahre im amerikanischen Süden geboren, erlebte Martin Luther King eine Welt, in der Menschen mit schwarzer Hautfarbe weniger wert waren. Sich dagegen aufzulehnen, kostete oft genug das Leben. Martin Luther King fand einen Weg, diesem rassistischen System erfolgreich entgegenzutreten — mit friedlichen Mitteln und ohne Gewalt.
Citation preview
MARTIN LUTHER KING WER IST DAS?
Illustriert von Uwe Mayer
Bloomsbury
Kinderbücher & Jugendbücher
Katrin Hahnemann
WAS IST H IER LOS?
Ein Mann steht da, lächelnd hebt er die Hand. Hinter ihm sieht
man sehr viele Menschen. Er scheint sie zu grüßen. Freundlich
schaut er. Er ist schwarz, und er trägt einen Anzug. Die Men-
schen haben sich versammelt, um ihn zu sehen und zu hören.
Die meis ten sind ebenfalls schwarz. Einige halten Plakate in der
Hand. Es ist eine demonstration, also eine Versammlung von
Menschen, die auf etwas aufmerksam machen möchten. Sie ha-
ben sich am Lincoln Memorial versammelt. Das ist das Denkmal
des amerikanischen Präsidenten Abraham Lincoln, der vor un-
gefähr 150 Jahren die schwarzen Sklaven befreit hat. Es steht in
Washington, D.C., in der Nähe des Weißen Hauses, also des Re-
gierungssitzes des amerikanischen Präsidenten. Dort haben sich
die Schwarzen 1963 versammelt, um für ihre Rechte als amerika-
nische Bürger zu demonstrieren. Der Mann, dem sie zujubeln, ist
martin luther king.
© 2010 Berlin Verlag GmbH, Berlin Bloomsbury Kinderbücher & Jugend bücher
Alle Rechte vorbehalten Umschlaggestaltung: Rothfos & Gabler, Hamburg,
unter Verwendung von Illustrationen von © Uwe Mayer und einer Fotografie von
Ullstein Bild Typografie und Gestaltung: Manja Hellpap, Berlin Gesetzt aus
der Custodia und der Today Druck und Bindung: Tlaciarne bb, spol. s r. o. Prin-
ted in Slovak Republic 2010 I S B N: 978-3-8270-5388-6 www.berlinverlage.de
Für Joshua und Noah K. H.
Wie ist es dazu gekommen?
Wie war das Leben damals,
als Martin Luther King aufwuchs?
Wie war es für ein Kind, das schwarz war?
Was ist Rassismus?
Was bedeutet Rassentrennung?
Wie hat Martin dagegen angekämpft?
Lies weiter, wenn dich das interessiert.
Katrin Hahnemann
Martin Luther King wurde in den USA, den Vereinigten Staaten
von Amerika, geboren. Dieses Land ist für viele Menschen ein
Land, in dem jeder frei, glücklich und erfolgreich sein
kann. Den amerikanischen traum nennt man die Idee, dass in
Amerika ein Tellerwäscher zum Millionär werden kann, wenn er
sich nur genug anstrengt.
Doch ein Recht auf Freiheit, Glück und Erfolg hatten lange Zeit
nur die Weißen. Indianer, Latinos, also Menschen aus latein-
amerikanischen Ländern, und vor allem schwarze waren davon
ausgeschlossen. Die Schwarzen waren als Sklaven in dieses Land
gekommen. Sklaven sind nicht frei und haben keine Rechte. Die
mussten sich die Schwarzen erst unter großen Anstrengungen er-
kämpfen.
Martin gehörte zu denen, die sie in ihrem Kampf anführten. Das
hat ihn weltberühmt gemacht. Warum? Sein Kampf war ein
Kampf ohne Waffen, ohne gewalt. Sein Ziel war nicht der Sieg
über seinen Gegner, sondern die versöhnung und Freundschaft
mit ihm.
Im Jahr 2008 haben die Amerikaner mit barack obama den
Sohn eines schwarzen Afrikaners zu ihrem Präsidenten, also
ihrem obersten Regierungschef, gewählt. Seine Botschaft »Yes,
we can!«, auf Deutsch »Ja, wir schaffen es!«, bedeutet, dass alle
Amerikaner zusammen, Schwarze, Weiße, Latinos und Asiaten,
Christen, Muslime und Juden, den Amerikanischen Traum ver-
wirklichen können.
martins k indheit 9ICH WERDE AUCH GROSSE WÖRTER HABEN — MARTINS K INDHE IT
Martin Luther King kommt am 15. Januar 1929 auf die Welt. Er
hat eine ältere Schwester, Christine, und einen jüngeren Bru-
der, Alfred Daniel, der A. D. genannt wird. Zuerst heißt er nach
seinem Vater Michael. Doch 1934 ändert der Vater nach einer
Europareise seinen eigenen und den Namen seines Sohnes. Beide
heißen jetzt Martin Luther King zu Ehren des deutschen Pfarrers
Martin Luther, der 400 Jahre zuvor die Kirche reformiert hat.
Martin wird M. L. genannt.
Martins Vater und sein Großvater, also der Vater seiner Mut-
ter, sind Pfarrer in der schwarzen Baptistenkirche von Atlanta,
einer kleinen Stadt im Süden der USA, im Bundesstaat Georgia.
Die Baptisten sind eine wichtige religiöse Gruppe in Amerika. Sie
sind evangelische Christen. Man bekennt sich zum baptismus
durch die Taufe, bei der man ganz untergetaucht wird. Martin
lässt sich mit fünf Jahren taufen. Später erzählt er, er wollte es vor
allem deshalb tun, weil sich seine große Schwester zur Taufe gemel-
det hatte.
Die familie von Martin ist zwar nicht
reich, aber sie haben ein großes Haus und
es ist immer genug Geld da für Kleidung
und gutes Essen. Der kleine Martin hat
eine glückliche Kindheit. Als er erwach-
sen ist, sagt er, es sei leicht für ihn, an
Gott zu glauben und daran, dass die Men-
schen gut sind, weil er als Kind von seinen
Eltern und seiner Familie geliebt wurde.
In diesem Haus ist Martin geboren und aufgewachsen.
GeorgiaMississippi
SelmaMontgomery
Atlanta
Hier siehst du die wichtigsten Stationen aus Martin Luther Kings Leben.Alabama
Birmingham
Tennessee
Washington, D. C.
New York
Boston
Chicago
nordstaaten
Pennsylvania
Memphis
südstaaten
martins k indheit 10 martins k indheit 11
jedem Fehler mit einem Lineal auf die Finger. Als sie wieder einmal
überhaupt keine Lust auf Klavierunterricht haben, schrauben sie die
Beine des Klavierhockers locker, so dass sie beinahe abfallen. Als der
Lehrer sich setzen will, fällt er natürlich mit einem lauten Krach auf
seinen Hintern. Martin und A. D. müssen schrecklich kichern.
Aber meistens ist Martin lieb. Und er ist ehrgeizig. Als seine
Schwester in die schule kommt, will er unbedingt auch zur
Schule gehen, obwohl er eigentlich noch zu jung ist. Die Eltern
erlauben es ihm. Doch dann kommt heraus, dass er erst fünf ist.
Er wird wieder nach Hause geschickt und darf erst ein Jahr später
wiederkommen.
Martin ist ein guter Schüler, der leicht lernt. Außerdem ist
er sehr beliebt bei seinen Freunden. Er spielt gern Baseball und
Football. Und er hat eine schöne Singstimme, das ist praktisch
für die Gottesdienste in der Kirche.
Martin liebt Bücher, vor allem über berühmte Schwarze.
Zum Beispiel über Harriet Tubman und Frederick Douglas,
die beide Sklaven befreit haben, über den Universitätsgründer
Booker T. Washington oder den Wissenschaftler und Erfinder
George Washington Carver.
Einmal hört er einem Prediger zu und sagt danach zu seinem
Daddy: »Dieser Mann hat große wörter. Wenn ich erwachsen
bin, werde ich auch große Wörter haben.« Er trägt ständig Wör-
terbücher mit sich herum und liest darin, um »große Wörter« zu
lernen.
In den 1930er Jahren gibt es eine Wirtschaftskrise, die die »Große
Depression« genannt wird. Viele Menschen verlieren ihre Arbeit,
es herrscht große Armut. Aber Martin bekommt davon nicht viel
mit. Sein vater ist nicht nur Pfarrer, sondern auch ein kluger
Geschäftsmann. Er wird Daddy King genannt und ist ein großer,
starker und mutiger Mann. Aber er ist auch streng und erwar-
tet von seinen Kindern, dass sie ihm gehorchen. Die mutter
ist Musi kerin. Sie ist ruhig und freundlich und kann lustige
Geschichten erzählen. Martin schreibt später über seine Eltern,
dass sie sich nie gestritten haben.
Martins Großmutter lebt nach dem Tod ihres Mannes mit im
Haus der Familie, und Martin liebt sie über alles. Da seine Eltern
viel arbeiten, kümmert sie sich oft um die Kinder, liest ihnen vor
und erzählt ihnen Geschichten.
Martin ist ein fröhliches Kind. Er ist klein für sein Alter, aber
kräftig, sportlich und schnell. Er ist fast nie krank. Mit seinen
Geschwistern spielt er Fangen im Garten und denkt sich Aben-
teuergeschichten oder streiche aus.
Hier zwei Beispiele: 1 . Martins Großmutter hat einen kleinen Pelz,
eine Art Schal, aber mit echtem Kopf, Glasaugen und Füßen. Abends,
wenn es dunkel wird, binden die Kinder den Pelz an einen Stock und
verstecken sich in der Hecke vor ihrem Haus. Wenn jemand vorbei-
kommt, wackeln sie mit dem pelztierchen auf dem Gehweg he-
rum. Das sieht aus, als ob ein Tier vor den Füßen der Leute herum-
fl itzen würde, und manche schreien vor Schreck so laut auf, dass man
es im ganzen Viertel hören kann. 2. Martins Mutter will unbedingt,
dass ihre drei Kinder klavier spielen lernen. Martin und sein Bruder
spielen aber lieber draußen, denn der Klavierlehrer klopft ihnen bei
martins k indheit 12 martins k indheit 13
hier eine liste, was schwarze alles nicht dürfen:
1. wählen, also auch mitentscheiden, wer regiert
(wer wählt, hat auch Macht)
2. Weiße heiraten
3. mit weißen zusammen sein (der Begriff hierfür heißt Ras-
sentrennung, weil die schwarze und die weiße Rasse möglichst
getrennt leben sollen): in der Schule (Schulen für Schwarze sind
viel schlechter als Schulen für Weiße); im Restaurant (viele Restau-
rants sind für Schwarze verboten); im Kino und im Theater (nur die
hintersten schlechtesten Plätze sind für die Schwarzen erlaubt);
im Bus oder der Straßenbahn (auch hier dürfen Schwarze nur die hin-
tersten Plätze benutzen); in öffentlichen Toiletten (die für Schwarze
sind oft in den hintersten Ecken eines Gebäudes); an Imbisstheken
(für Schwarze verboten); in Schwimmbädern (ebenfalls verboten);
in Bibliotheken (verboten); in Freizeitparks (verboten).
4. frech zu Weißen sein (wenn Weiße meinen, dass Schwarze
frech zu ihnen sind, werden sie wütend, schlagen sie oder bringen
sie sogar um, ohne dafür bestraft zu werden)
Und er kann wirklich schon als Kind andere gut überzeugen und
mit Worten begeistern. Genau das ist es auch, was ihn später, als
er erwachsen ist, so besonders macht.
Klingt alles nach einer wunderbaren, glücklichen kindheit,
oder?
Es gibt aber ein Problem. Martin, seine Eltern und Geschwister,
seine Freunde und Verwandten sind alle schwarz. Und das bedeutet
damals in den 1930er Jahren im Süden Amerikas eine ganze Menge.
In Amerika siehst du oft Trinkbrunnen, an denen man Wasser trinken kann. Hier ist einer nur für Schwarze beziehungsweise Farbige (engl. Colored).
martins k indheit 14 martins k indheit 15
Diese Erfahrung muss auch Martin machen. Mit sechs Jahren
kommt er in die Schule. Vorher hatte er zwei beste Freunde, mit
denen er immer gespielt hat, die Söhne des Ladenbesitzers um die
Ecke. Niemanden hat es gekümmert, dass die Jungen weiß sind
und Martin und die anderen Kinder schwarz. Doch jetzt verbieten
die Eltern der weißen Jungen ihren Söhnen, mit Martin zu spielen.
Martin ist fassungslos. Als er nach dem Grund fragt, bekommt
er nur zu hören: weil du schwarz bist. Weinend rennt Mar-
tin nach Hause zu seiner Mutter. Die erzählt ihm daraufhin die
Geschichte seines Volkes. Dass die Weißen vor Hunderten von
Stell dir vor, du bist ein schwarzes kind im Süden Amerikas zu der Zeit
von Martin Luther King. Was bedeutet das? Wenn du großes Glück hast,
so wie Martin, dann hat dein Vater eine gute Arbeit, und es ist immer
genug zu essen da. Aber bei den meis ten Schwarzen ist das nicht so. Als
Kinder besuchen sie Schulen, die viel schlechter sind als die der Weißen.
Das Schulhaus ist ein einfaches Holzhaus mit einem einzigen Raum für alle
Schüler. Es gibt keine Heizung, die wenigen Schulbücher sind alt, und die
Schulzeit dauert nur sieben Monate im Jahr. Deshalb lernen die schwarzen
Kinder natürlich weniger. Außerdem müssen sie schon früh selber Geld ver-
dienen. Sie arbei ten für die Weißen und werden von denen schlecht be-
handelt. Aber selbst wenn du so viel Glück hast wie Martin, wenn du
auf relativ gute Schulen gehen kannst und deine Eltern nicht arm sind,
gibt es doch genug dinge, die du nicht tun kannst, bloß weil du
eine dunkle Hautfarbe hast. Du wohnst in einem schwarzen Viertel,
deine Familie kann nicht einfach in ein weißes Viertel ziehen. Wenn du
ins Kino gehen willst, musst du ganz hinten oder oben auf dem Balkon
sitzen, wo man schlechter sehen kann. Wenn du ein Eis essen willst, musst
du den Seiteneingang des Eisladens benutzen und warten, bis die weißen
Kinder bedient worden sind, auch wenn sie nach dir gekommen sind. Du
bekommst noch nicht mal die Eissorte, die du möchtest, sondern die, von
der noch am meisten da ist. Beschweren kannst
du dich nicht. Deine Eltern und Großeltern
werden von den Weißen »Boy« und »Girl« ge-
nannt. Ihr müsst Weiße aber immer mit »Mis-
ter« und »Madam« ansprechen, auch Kinder.
All das macht dir immer wieder klar: Du bist
weniger wert als die Weißen, du bist kein
Mensch wie sie. aber wer kann das
denn verstehen? Ein Klassenzimmer in einer Schule für schwarze Kinder
martins k indheit 16 martins k indheit 17
frei ist, dass er die Rechte hat, die in der Verfassung
stehen, und dass er wählen darf. Doch Lincoln wur-
de ermordet, und bald wurden in den Südstaaten
neue Gesetze gemacht, die dafür sorgten, dass die
Weißen und die Schwarzen getrennt lebten.
Der Begriff dafür heißt rassentrennung . Und
das bedeutete: Die Schwarzen durften nicht wäh-
len, hatten keine Macht, sie blieben arm und wur-
den schlechter behandelt als die Weißen. Die
schlechte Behandlung von Menschen wegen ihrer
Rasse nennt man rassismus . Rassisten glauben,
dass eine Rasse besser ist als eine andere.
Was bedeutet das für Martin? Es heißt zum Beispiel, dass er und
seine Familie fast nie ins Kino gehen. Sie gehen nicht in den Park,
ins Schwimmbad, ins Museum oder in die Bibliothek, denn diese
Orte sind für schwarze verboten. In vielen Restaurants wer-
den sie nicht bedient, in Hotels bekommen sie kein Zimmer.
So gut es geht, versuchen Martins Eltern, ihre Kinder vor rassis-
tischen Demütigungen zu beschützen. Die Mutter erklärt Mar-
tin, dass die Weißen einfach nicht begreifen würden, dass alle
Menschen gleich sind. Sie macht ihm hoffnung, dass die Din-
ge sich einmal ändern werden. Denn die Rassentrennung sei ja
nicht von Gott, sondern von Menschen gemacht worden. Sie sagt
nicht, das ist eben so, da kann man nichts machen. Und der erst
sechs Jahre alte Martin sagt: »eines tages werde ich diese
welt auf den kopf stellen.«
Das hat er ja dann wirklich später gemacht! Doch erst einmal
beschließt er, die Weißen zu hassen.
Jahren Schwarze von Afrika nach Amerika verschleppt und als
Sklaven gehalten haben. Dass die Sklaverei zwar nach dem Bür-
gerkrieg abgeschafft wurde, aber dafür in den Südstaaten die Ras-
sentrennung eingeführt wurde.
sklaven sind Menschen, die einem anderen Menschen gehören.
Sie müssen ohne Bezahlung für ihn arbeiten und immer alles tun,
was ihr Besitzer verlangt. Er hat sie gekauft, sie sind sein Eigen-
tum, und er kann mit ihnen tun, was er will. Sklaverei gab es schon im
alten Rom, bei den Inkas und Azteken. Heute ist sie verboten. In
Amerika dauerte die Sklaverei von etwa 1500 bis 1865. Man schätzt,
dass in dieser Zeit über 15 millio nen schwarze von Afrika nach
Amerika gebracht wurden. Das ist so viel wie alle Einwohner von
Österreich und der Schweiz zusammen. Die Schwarzen wurden
von Nachbarstämmen oder ihren eige nen Herrschern entführt, an
europäische Sklavenhändler verkauft und mit Schiffen nach Amerika
transportiert. Dort wurden sie vor allem in den Südstaaten auf Skla-
venmärkten verkauft. Auf großen Baumwollplantagen arbeiteten
die Sklaven unter schrecklichen Bedingungen. Nur wenige Weiße be-
handelten ihre Sklaven gut. Die meisten dachten einfach, dass Sklaven
keine Menschen seien, sondern eher wilde Tiere. So machten sie es
sich einfach und mussten kein schlechtes Gewissen haben.
Im amerikanischen bürgerkrieg (1861–1865) kämpften die
Nordstaaten Amerikas gegen die Südstaaten. Die Südstaaten hatten
sich vom Rest Amerikas getrennt, weil sie die Sklaverei nicht aufge-
ben wollten. Die Nordstaaten besiegten die Südstaaten in einem
langen, schweren Kampf. Danach beendete Präsident Lincoln die
Sklaverei. Er fügte der amerikanischen Verfassung drei neue Zusätze
hinzu. In ihnen steht, dass jeder Mensch, der in Amerika geboren ist,
Abraham Lincoln
martins k indheit 18 martins k indheit 19
Diese Geschichten sind wichtige Erlebnisse für Martin. Sie zei-
gen ihm, dass man keine Angst haben darf. Dass man an sich
glauben soll. Und sie lehren ihn, die Rassentrennung zu hassen.
Doch Martin erlebt nicht nur die ungerechtigkeiten der Ras-
sentrennung und die Armut, in der viele Schwarze leben. Er hört
auch von den brutalen Taten weißer Rassisten wie des Ku-Klux-
Klans. Vielleicht ist das der Grund, warum er später als Erwach-
sener keine Angst hat, für die Rechte der Schwarzen zu kämpfen.
Der ku-klux-klan ist ein Geheimbund von weißen Rassisten.
Sie laufen in langen weißen Mänteln und mit spitzen weißen Ka-
puzen über dem Gesicht herum. So kann keiner sie erkennen.
Nachts verbrennen sie Holzkreuze in den Gärten von Schwarzen,
schmeißen Bomben in ihre Häuser, verprügeln oder lynchen sie. Lyn-
chen nennt man es, wenn Menschen andere umbringen und sich da-
bei als Richter fühlen.
Martin geht zuerst auf die Grundschule in seiner Nachbarschaft,
dann auf eine Privatschule und später auf Atlantas einzige High-
school für schwarze Schüler.
Es ist die Zeit, in der Amerika in den Zweiten Weltkrieg ein-
tritt, aber davon bekommt Martin nur wenig mit. Der Krieg in
Europa und Asien ist weit weg, auch wenn viele schwarze Solda-
ten mitkämpfen und helfen, ihn zu gewinnen.
Im Jahr 1943 – Martin ist 14 Jahre alt – macht er bei einem
Redewettbewerb mit. In seiner Rede geht es darum, dass Schwar-
ze die gleichen rechte haben sollen wie Weiße. Der Wettbe-
werb findet in einer anderen Stadt statt. Martin fährt mit seiner
Lehrerin hin und gewinnt den zweiten Preis. Auf dem Rückweg
martins vater ist ein Kämpfer. Er hat gegen die Armut ge-
kämpft, in der er aufgewachsen ist, und gegen die Ungerechtig-
keit, die er erlebt hat. Er ist für seine Kinder ein Vorbild, weil er
sich weigert, seinen stolz und seine würde aufzugeben, wenn
er Rassismus erlebt.
Einmal geht Martin mit seinem Vater in ein Schuhgeschäft,
um neue Schuhe zu kaufen. Der Verkäufer will sie nur hinten im
Laden bedienen, weil sie Schwarze sind. Doch Martins Vater
weigert sich, nach hinten zu gehen. Lieber verlässt er den Laden,
ohne Schuhe zu kaufen. Draußen sagt er zu seinem Sohn: »Egal,
wie lange ich damit leben muss, ich werde mich nie damit abfin-
den. Ich werde dagegen kämpfen bis zu meinem Tod. niemand
kann dich zu einem sklaven machen, wenn du nicht wie
ein sklave denkst.«
Ein anderes Mal werden die
beiden mit dem Auto von einem
Verkehrspolizisten angehalten, weil
Daddy King ein Stoppschild über-
sehen hat. Der Polizist sagt zum
Vater: »Boy, zeig mir deinen Führer-
schein.« Doch der Vater antwortet:
»Sehen Sie das Kind hier? Das ist
ein Junge. Ich bin ein Mann.« Der
Polizist ist so verdattert, dass er
Martins Vater wortlos den Strafzet-
tel überreicht.
Martin mit seinen Geschwistern, Eltern und der Großmutter
martins k indheit 20 martins k indheit 21
Diese Nacht wird Martin nie vergessen, er ist so wütend wie nie
vorher oder nachher in seinem Leben.
Kannst du ihn verstehen? Eines ist jedenfalls absolut klar:
Die Schwarzen haben ganz und gar nicht die gleichen Rechte wie
die Weißen.
Als Jugendlicher geht Martin gern mit Mädchen aus, und er
trägt oft schicke Anzüge aus einem Stoff, den man Tweed nennt.
Sein Aussehen ist ihm sehr wichtig, und seine Freunde nennen
ihn wegen seiner Anzüge spaßeshalber »Tweed«.
Martin ist ein guter schüler, nur im Buchstabieren, also
in der Rechtschreibung, ist er eher schlecht. Doch er überspringt
sogar zweimal eine Klasse und ist schon mit 15 Jahren mit der
Highschool fertig. Jetzt will er aufs College gehen und studieren.
Aber vorher möchte er arbeiten und das Leben eines Arbeiters
kennenlernen. Denn Martin hat erkannt, dass er im Gegensatz
zu anderen schwarzen Kindern sehr beschützt aufgewachsen ist.
Er arbeitet als Gepäckträger bei der Bahn und in einer Fir-
ma, die Matratzen herstellt. Die weißen Chefs dort behandeln
die schwarzen Arbeiter schlecht und nennen sie »nigger«, das
ist ein Schimpfname für Schwarze. Das ist für Martin nicht leicht
zu ertragen. Außerdem ist die Arbeit sehr anstrengend und hart.
Doch Martin hält durch. So kann er seinem Vater auch mit den
Kosten für das College helfen.
sitzen sie im bus natürlich auf den hinteren Plätzen für Schwarze.
Doch dann steigen weiße dazu. Der Busfahrer fordert Martin
und seine Lehrerin auf, aufzustehen und ihnen Platz zu machen.
Als sie nicht schnell genug reagieren, beschimpft der Busfahrer
sie fürchterlich. Martin wird wütend. Wieso soll er eigentlich auf-
stehen? Er hat doch für den Platz bezahlt. Doch seine Lehrerin
beschwört ihn, keinen Ärger zu machen, und Martin gibt nach.
Zwei Stunden lang müssen sie im Gang stehen, bis sie endlich zu
Hause sind.