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Kia e-Niro im Test: „Aus dem Stand ein Siegertyp?“ Kia e-Niro 64-kWh-Batterie (Elektromotor/Reduktionsgetriebe); 150 kW (204 PS): Stromverbrauch kombiniert 15,9 kWh/100 km; CO-Emission kombiniert 0 g/km. Kia e-Niro 39,2-kWh-Batterie (Elektromotor/Reduktionsgetriebe); 100 kW (136 PS): Stromverbrauch kombiniert 15,3 kWh/100 km; CO-Emission kombiniert 0 g/km.

Kia e-Niro im Test: „Aus dem Stand ein Siegertyp?“

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Page 1: Kia e-Niro im Test: „Aus dem Stand ein Siegertyp?“

Kia e-Niro im Test: „Aus dem Stand ein Siegertyp?“

Kia e-Niro 64-kWh-Batterie (Elektromotor/Reduktionsgetriebe); 150 kW (204 PS):

Stromverbrauch kombiniert 15,9 kWh/100 km; CO₂-Emission kombiniert 0 g/km.

Kia e-Niro 39,2-kWh-Batterie (Elektromotor/Reduktionsgetriebe); 100 kW (136 PS):

Stromverbrauch kombiniert 15,3 kWh/100 km; CO₂-Emission kombiniert 0 g/km.

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Aus dem Stand ein Siegertyp?

Foto

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Im Top-Test zeigte sich der neue VW ID.3 in mancher Beziehung verhaltensauffällig. Das Fazit lautet trotzdem: Im Kern ist der ERSTE REINE ELEKTRO-VW ein Guter.

Gut genug, um der Konkurrenz aus Korea und den USA davonzufahren?

Hyundai Ioniq Elektro, Kia e-Niro, Tesla Model 3, VW ID.3VERGLEICHSTEST

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23/2020 23

Wie so oft in der VW-Geschichte sind die

Wolfsburger nicht an der Spitze der Bewegung, wenn es gilt, Revolutio-näres zu bauen. Als der Heckantriebs-Käfer durch den Golf in Rente ge-schickt wurde, hatten wichtige Konkurrenten schon längst den platz-sparenden Vorderrad- antrieb. Und als später Vans oder SUV erfunden wurden, schritt VW auch nicht gerade mit wehen-den Fahnen voran. Hat das geschadet? Nein. Der Golf ist heute in vielerlei Beziehung Maßstab, und Tiguan oder Touran sind Bestseller.Das soll auch der ID.3 werden. Golf-Klasse

gewissermaßen, aber Klasse konnten wir dem Hoffnungsträger im Top-Test (Heft 20) nicht in jedem Punkt attestieren. Fahren und all das? Wie erwartet gut. Doch bei Elektronik und Verar-beitung lag eben man-ches im Argen. Aber nach dem Test ist ja vor dem Vergleichstest. Und für den haben wir drei Stromer vergleich-barer Größe, aber gänz-lich anderen Zuschnitts geladen. Mal sehen, wo sich der ID.3 einordnet. Aus dem Hyundai-Kon-zern treten der etwas futuristisch gezeichnete, aber brave Ioniq Elektro und der Kia e-Niro in der Power-Version an. Das

Quartett komplettiert das Model 3 aus dem für süßen Wahnsinn und Pioniergeist bekannten Hause Tesla. Na, dann schauen wir mal, was die Stunde der Wahrheit zutage fördert.

Hyundai Ioniq: Nur mit der Ruhe, bitteAnders als Tesla und VW nutzt Hyundai für sein Elektroauto keine neue Plattform. Der Ioniq Elek-tro teilt sich den Unter-bau mit einem Hybrid – mal mit und mal ohne Stecker. Das Dach neigt sich früh und kräftig dem Heck entgegen, wo eine durch eine horizontale Traverse geteilte, nach unten schmaler werden-

de Heckscheibe eher an eine Schießscharte erin-nert. Sehr viel sieht man dadurch nicht, aber wie die Konkurrenten verfügt der in Top-Ausstattung Prime 41 575 Euro teure Ioniq Elektro ja nicht nur über Parksensoren, sondern auch über eine Rückfahrkamera. Überhaupt ist er sehr üppig ausgestattet – von LED-Licht über Abstands-regeltempomat bis hin zu Navigation und allerlei Assistenz, sodass für eine Rundum-sorglos-Konfi-guration kein Extra mehr erforderlich ist. Doch auch das ist kein Allein-stellungsmerkmal des eher bodenständig als beflissen federnden

Hyun dai. Die Wettbe-wer ber packen ebenfalls viel Ausstattung in ihre Stromer. Mit der Motorleistung geizt der Hyundai aller-dings. 100 Kilowatt sind es, nach alter Währung 136 PS. Damit beschleu-nigt er manierlich, aber nicht erwähnenswert gut bis zur abgeregelten Spitze von 165 km/h. Wer mit 120 bis 130 km/h lei-se und entspannt über die Autobahn stromert, sich dabei in der ersten Reihe in beheiz- und kühlbaren Sitzen rekelt, deren Kopfstützen man-chem aber unangenehm nahe kommen, erlebt dieses Auto als entspan-nend. Spaß in Kurven?

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DIE COUPÉ-FORM des Ioniq bleibt natürlich nicht ohne Folgen für das Raum- angebot. Hinten gibt es nicht nur relativ wenig Beinraum, sondern auch wenig Kopf-freiheit. Wegen des flachen Hecks ist auch das Standardvolumen des Kofferraums eher gering. Die Fahrstufen wählt man per Taste, das wie bei allen serienmäßige Navi illustriert den Aktionsradius anschaulich – wichtig bei der geringen Reichweite

MINDESTENS EINE TASCHE mehr als bei der Konkurrenz passt in den Kofferraum des e-Niro. Die Zuladung ist am üppigsten bemessen, auch das Platzangebot hinten reicht für die lange Reise in den Urlaub, wenngleich die Sitzbank bequemer sein dürfte. Wählknauf und Tasten für Nebenfunktionen liegen besser zur Hand als im Hyundai, auf Wunsch wird der Akku-Füllstand extragroß illustriert

HYUNDAI

KIA

Hyundai Ioniq Elektro, Kia e-Niro, Tesla Model 3, VW ID.3VERGLEICHSTEST

Ladevolumen 357/1417 l

Ladevolumen 451/1405 l

In Top-Ausstattung sind die Vordersitze des Ioniq vorn heiz und kühlbar. Leder ist natürlich Serie

HEISS ODER KALT?

Die Vordersitze sind sehr bequem und erleichtern das Einsteigen durch ihre hohe Einbauposition

VON OBEN HERAB

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23/2020 25

1) inklusive Ladeverluste; 2) abzüglich 9480 Euro E-Auto-Förderung; 3) laut Preisagentur meinauto.de; 4) über Autobank, Laufzeit 3 Jahre, Jahreszins effektiv; 5) Kilometerleasing, Laufzeit 3 Jahre (15 000 km/Jahr); 6) steuerbefreit für 10 Jahre.

DATEN IM VERGLEICH

HYUNDAI IONIQ ELEKTROPRIME

KIA E-NIRO 64 kWh SPIRIT

TESLA MODEL 3 REICHWEITE PLUS

VWID.3 58 kWh1ST MAX

ANTRIEB

Motor Permanenterregter Syn-chronmotor, vorne quer, Lithium-Ionen-Batterie

Permanenterregter Syn-chronmotor, vorne quer, Lithium-Polymer-Batterie

Permanenterregter Syn-chronmotor, hinten quer, Lithium-Ionen-Batterie

Permanenterregter Syn-chronmotor, hinten quer, Lithium-Ionen-Batterie

Leistung 100 kW/136 PS 150 kW/204 PS 239 kW/325 PS 150 kW/204 PSmax. Drehmoment 295 Nm 395 Nm 420 Nm 310 NmHöchstgeschwindigkeit 165 km/h 167 km/h 225 km/h 160 km/h CO2-Ausstoß (NEFZ/WLTP) – – – –Kraftübertragung Getriebe

Vorderradantrieb feste Übersetzung

Vorderradantrieb feste Übersetzung

Hinterradantrieb feste Übersetzung

Hinterradantrieb feste Übersetzung

KAROSSERIELängeBreiteHöhe

4470 mm1820 mm1450 mm

4375 mm1805 mm1570 mm

4694 mm1849 mm1443 mm

4261mm1809 mm1568 mm

Radstand 2700 mm 2700 mm 2875 mm 2770 mmBatteriekapazität 38 kWh 64 kWh 55 kWh 58 kWhKofferraum 357–1417 Liter 451–1405 Liter 425 Liter 385–1267 LiterAnhängelast ungebremst/gebremst –/– –/– 750/1000 kg –/–

Serienbereifung 205/60 R 16 H 215/55 R 17 W 235/45 R 18 Y 215/45 R 20 TTestwagenbereifung Reifentyp

205/60 R 16 H Michelin Energy Saver

215/55 R 17 W Michelin Primacy 3

235/45 R 18 Y Michelin Pilot Sport 4

215/45 R 20 T Bridgestone Turanza Eco

MESSWERTEBeschleunigung 0–100 km/h

9,6 s

7,0 s

5,7 s

7,5 s

Zwischenspurt 60–100 km/h 80–120 km/h

5,1 s 6,8 s

3,5 s 4,5 s

2,6 s 3,2 s

4,0 s 5,3 s

Bremsweg aus 100 km/h unbeladen

38,9 m

36,3 m

35,9 m

36,1 m

Innengeräusch bei 100 km/h bei 130 km/h

70 dB(A) 72 dB(A)

69 dB(A) 72 dB(A)

69 dB(A) 71 dB(A)

67 dB(A) 71 dB(A)

NormverbrauchTestverbrauch

13,8 kWh 17,5 kWh

15,9 kWh 18,7 kWh

k. A.18,4 kWh

14,5 kWh 21,6 kWh

Ladeenergie Vollladung1)

Ladedauer an Typ-2-LadesäuleReichweite

42,9 kWh5,9 h245 km

69,6 kWh9,4 h372 km

55,6 kWh5,4 h302 km

60,8 kWh5,4 h281 km

Achslast vorn/hinten 888/776 kg 956/806 kg 749/876 kg 903/912 kgTestwagenleergewicht Zuladung

1664 kg 306 kg

1762 kg 468 kg

1625 kg 435 kg

1815 kg 445 kg

Wendekreis links/rechts 11,1/11,1 m 11,1/11,0 m 12,1/11,9 m 10,1/10,1 mAUSSTATTUNGAirbags Kopf vorn und hinten Seiten vorn/hinten

Serie Serie/–

Serie Serie/–

Serie Serie/–

Serie Serie/–

Einparkhilfe Serie Serie Serie SerieLED-Scheinwerfer Serie Serie Serie SerieNavigationssystem Serie Serie Serie SerieMetallic-Lackierung 573 Euro 575 Euro 1050 Euro ohne MehrpreisPREIS/KOSTENPreis2) 41 575 Euro 44 636 Euro 42 900 Euro 48 735 EuroWertverlust 15 800 Euro 16 000 Euro 17 500 Euro 18 500 Euromöglicher Rabatt3) 21 % k. A. k. A. k. A.Finanzierung4) Jahreszins 1,99 % 2,99 % 3,45 % 1,99 % Leasing5) Anzahlung monatliche Rate

k. A. k. A.

k. A. k. A.

8580 Euro 393 Euro

9747 Euro 380 Euro

Steuer pro Jahr6) 56 Euro 68 Euro 62 Euro 68 EuroVersicherung HK/TK/VK 17/21/21 20/20/24 20/28/27 13/16/17Haftpflicht (50 % Prämie) 591 Euro 716 Euro 716 Euro 451 EuroTeilkasko 484 Euro 436 Euro 1119 Euro 260 EuroVollkasko (50 % Prämie) 1148 Euro 1459 Euro 2001 Euro 794 EuroFixkosten pro Jahr 1739 Euro 2175 Euro 2717 Euro 1245 EuroMonatskosten mit/ohne Wertverlust 672/229 Euro 724/280 Euro 836/349 Euro 707/200 Euro

Kilometerkosten mit/ohne Wertverlust 53,8/18,3 Cent 57,8/22,4 Cent 66,8/27,9 Cent 55,6/15,9 Cent

Inspektionsintervall 15 000 km/1 Jahr 15 000 km/1 Jahr 30 000 km/2 Jahre 30 000 km/2 JahreGarantie Technik/Lack Durchrostung Mobilität

5/5 Jahre 12 Jahre 5 Jahre

7/5 Jahre 12 Jahre 3 Jahre

4/4 Jahre 4 Jahre unbegrenzt

2/3 Jahre 12 Jahre unbegrenzt

Eher nicht. Zu entkoppelt ist die Lenkung, zu stark wogt die Karosserie, zu früh schwingt ein stren-ger Zuchtmeister namens ESP seine Knute. Zum eher passiven Cha-rakter des Ioniq passen die Bremsen, denen man zwar gute Dosierbarkeit, aber nicht höchste Ent-schlossenheit bescheini-gen kann. Viel Hartplastik sieht man am logisch ge-ordneten und konventio-nellen, gut bedienbaren Cockpit und im gesamten Innenraum. Dem fehlt es hinten ein wenig an Bein- und ein wenig mehr an Kopffreiheit, für vier reicht der Platz aber durchaus, wobei der Kofferraum mit nur 357 Litern Standard-volumen dem Familien-urlaub fast so ablehnend gegenübersteht wie die Reichweite von nur 245 Kilometern.

Kia e-Niro: Power hat er, Reichweite auchDa kommt der Kia mit seiner 64-kWh-Batterie (Hyundai: 38,3 kWh) deut-lich weiter: 372 Kilometer machen ihn zum Reich-weitenkönig dieses Quartetts, obwohl sein 150 kW starker Motor etwas mehr verbraucht als der des Hyundai (18,7 zu 17,5 kWh). In der Höchstgeschwin-digkeit (167 zu 165 km/h) macht sich das Leistungs-plus des Kia kaum be-merkbar, auf dem Weg dorthin aber schon: Der e-Niro tritt immer und überall regelrecht ener-gisch an und stellt seine Vorderräder vor Aufga-ben, die sich im ebenfalls frontgetriebenen Hyundai nie stellen. Sie pfeifen dann gern beim Raus-beschleunigen aus Kur-ven anerkennend durch die Profilrillen, zugleich verdeutlicht ein Ziehen in der etwas rückmelde-stärkeren Lenkung die höhere Leistung. Wie im Ioniq kann der Fahrer per Lenkradwip-pen die Stärke der Reku-peration in drei Stufen wählen oder fürs Rollen

Page 6: Kia e-Niro im Test: „Aus dem Stand ein Siegertyp?“

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Hyundai Ioniq Elektro, Kia e-Niro, Tesla Model 3, VW ID.3VERGLEICHSTEST

IN ETWA GOLF-FORMAT hat nicht nur der Kofferraum mit der praktischen Durchreiche in der Lehne. Auch die Passagierkabine ist geräumig genug für vier Erwachsene. Die verbauten Materialien brechen mit der VW-Tradition, etwas feiner zu sein als der Wettbewerb. Konventionelle Schalter und Tasten gibt es nicht mehr. Kapa zitive Tastflächen, die im Testwagen nicht immer auf Anhieb funktionierten

VW

Ladevolumen 385/1267 l

Der Wählhebel hinterm Lenkrad schafft in der Mittelkonsole viel Platz für allerlei Krimskrams

ABLAGEN ZUR GENÜGE

UNTERM PANORAMADACH wirkt der Innenraum noch einmal so luftig. Die fehlende Jalousie kann bei Sonnenschein aber durchaus stören. Etwas mehr Kopffrei-heit hinten wäre nett, doch die wurde wie auch die Heckklappe der Form geopfert. So muss Gepäck im Zweifelsfall von weit hinten herausgezogen werden. Kleines Kabelfach unter der vorderen Haube. Per Tipp und Wisch regelt man auch die Luftverteilung

TESLA

Ladevolumen 425 l

Alle Anzeigen versam-meln sich im großen Monitor. Hinterm Lenk-rad ungewohnte Leere

KONSEQUENT CLEAN

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23/2020 27

2700 mm

2700 mm

2875 mm

2771 mm

4470 mm

4375 mm

4694 mm

4261 mm

1450

mm

1570

mm

1443

mm

1568

mm

740 m

m73

0 mm

660 m

m76

0 mm

490 mm

560 mm

470 mm

560 mm

Innenhöhe v./h. 1030/920 mm Innenbreite v./h. 1480/1470 mm

Länge der Sitzfläche v./h. 500/500 mm

Innenhöhe v./h. 1040/975 mm Innenbreite v./h. 1480/1465 mm

Länge der Sitzfläche v./h. 500/460 mm

Innenhöhe v./h. 1030/920 mm Innenbreite v./h. 1480/1440 mm

Länge der Sitzfläche v./h. 500/510 mm

Innenhöhe v./h. 1030/940 mm Innenbreite v./h. 1445/1435 mm

Länge der Sitzfläche v./h. 490/490 mm

HYUNDAI

KIA

TESLA

VW

805 mm

825 mm

850 mm

830 mm

eine Art Freilauf wählen – das macht Spaß. Auch stehen vier Fahrmodi be-reit, von denen der spar-samste namens Eco Plus das Tempo auf 90 km/h begrenzt.Eher als SUV-iger Cross-over ausgelegt, setzt der Kia seine Besatzung wie der ebenso hochbauende ID.3 ins erste Hochparter-re, was ein erhabenes, läs-siges Fahrgefühl beför-dert. Mit ihm auf große Tour zu gehen ist dank des 451 Liter großen Kof-ferraums keine abschre-ckende Vorstellung, zumal die Federung auf der Au-

tobahn verbindlicher an-spricht als auf mittelmäßi-gen Landstraßen.Gut zu bedienen ist der Kia mit seinem klassisch organisierten Cockpit, wirklich üppig ausgestat-tet und hochwertiger eingerichtet als der Hyun-dai. Da kann man sicher über die Formgebung hinwegsehen, die …

Tesla: spaßig, genial und ziemlich verspielt… besonders altbacken rüberkommt, wenn der Kia neben dem Tesla Mo-del 3 steht. Flach, breit und lang, wirkt das Exte-

rieur des Coupé-artigen Tesla futuristisch und elegant, während das In-terieur bekanntlich mit einer Überdosis Fort-schritt abgeschmeckt wurde.Konventionelle Schalter findet man im Model-3- Cockpit nur für die elektri-sche Sitzverstellung oder im Lenkrad, sonst läuft nahezu alles bis hin zur Verstellung der Lüftungs-düsen über den großen und brillanten Monitor. Und hier wird’s zwei-schneidig: Die Menüs und Untermenüs à la Smart-phone und Tablet mögen

cool, logisch und über-sichtlich sein. Doch das Scrollen durch Menüs mit klein beschrifteten Zeilen sowie das Auswählen und Betätigen virtueller Schie-ber – all das lenkt ab und braucht Zeit. Beim Ge-brauch eines Smart-phones drohen dadurch im schlimmsten Fall schmerzhafte Kollisionen mit anderen Fußgängern oder Straßenlaternen bei Schritttempo. Im Auto dagegen droht – mehr Tempo, mehr Masse – grö-ßere Gefahr für Leib und Leben. Deshalb verliert der Tesla hier viele Punkte.

Davon abgesehen: Das Model 3 fährt begeis-ternd. Wie es losprescht, wie lässig es die 200er-Marke durchbricht und wie gierig es der Lenkung durch Kurven folgt, ohne Wanken, Zicken und Zucken. Das ist so große Oper, dass die poltrige Federung und das Knis-tern auf schlechten Stre-cken die Freude darüber nur wenig trüben. Weitere Schwächen des Tesla: wenig Innenhöhe hinten, ein Panoramadach ohne Jalousie und ein durch die kleine Heck-klappe nur schlecht zu-

LUST AUF KURVEN machen nur der VW (vorn) und der Tesla (Zweiter von hinten)

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Hyundai Ioniq Elektro, Kia e-Niro, Tesla Model 3, VW ID.3VERGLEICHSTEST

gänglicher Kofferraum. Verarbeitung und Mate­rialien sind bis auf das vegane Leder zudem im Heinz Erhardt’schen Sinn legitim, also – Achtung, Kalauer – recht mäßig. Damit wären die drei großen Defizite des Tesla benannt: Federungs­komfort, Bedienung und Verarbeitung. Rund ums elektrische Fahren ist in dieser Runde aber nie­mand besser: nicht nur, dass das 239 kW starke Model 3 mit 18,4 kWh Testverbrauch erstaunlich sparsam ist. Nein, das Su­percharger­Netz mindert die Reichweitenangst wie auch die ausgefuchste Navigation: Der Zielein­ga be folgt eine Liste emp­ fohlener Ladepunkte ent­lang der Route inklusive der Info, mit wie viel Ak­kureserve man dort an­kommt und wie schnell man fahren sollte, um nicht in Not zu geraten.

VW ID.3: Wir bessern unsIm ID.3 kann es einem dagegen ergehen wie Testabteilungs­Chef Jochen Albig: Dem nann­te das Navi noch zehn Minuten Fahrzeit bis zum Ziel, einer Tankstelle. Albig war aber schon längst da. Erst nach dem zehnten Tippen reagie­rende Direktwahltasten für die Fahrmodus­Aus­wahl oder die Assistenten (beeindruckend viele!) nähren wie diese zeitwei­lige Orientierungslosig­keit den Verdacht, dass Rechnerkapazität und Elektronik des ID.3 auf Kante genäht sind. Aber: Ein großes Update soll ja folgen.Diese Technikprobleme, die kostengetriebene Ma­terialauswahl und wegge­sparte Standards wie Gurt­höhenverstellung vorn oder Luftausströmer und Sidebags hinten passen nicht zum über Jahrzehnte aufgebauten Image vom VW als In ge­nieursauto. Immerhin: Ungenaue Pas­sungen im Karosseriebe­reich gab es bei diesem

zweiten Testwagen kaum noch, die Lenksäule war besser verkleidet, und die an stonewashed Jeans er­innernden Sitzbezüge spannten sich fester über die Sitzpolster als beim Auto aus dem Top­Test. Offenbar schwankt die Qualität beim Produkti­onsanlauf noch erheblich. Für Frühbesteller kann das allerdings kein Trost sein, wenn ihr ID.3 so enttäu­schend montiert ist wie der erste Testwagen. Davon mal abgesehen hat sich der ID.3 auch im Ab­gleich mit diesen Konkur­renten als fahrdynamisch sehr erfreuliches Auto erwiesen. Die sensible Lenkung und die fein do­sierte, nicht übertriebene Kurvenwilligkeit gefallen da ebenso wie der 150­ kW­Motor, der bis zur abgeregelten Spitze von 160 km/h kräftig be­schleunigt. Blöd nur, dass die starke Rekuperations­stufe umständlich am billigen Drehregler rechts hinterm Lenkrad gewählt werden muss und dass der Testverbrauch mit 21,6 kWh unangemessen hoch ausfällt.Unter Komfortaspekten sind die harmonische Federung, die gute Schall­dämmung auch in den Radhäusern und die be­quemen Sitze zu loben, die im Topmodell Max der 1st Edition sogar mit elek­trischer Verstellung und Massagefunktion auf­warten. Das Hauptdisplay hinterm Lenkrad mag billig wirken und nachläs­sig programmiert (warum zum Beispiel bleibt die ACC­Anzeige als graue Fläche bestehen, wenn der Abstandstempomat gar nicht aktiv ist?). Doch dafür ist das serienmäßi­ge Head­up­Display eines von der guten Sorte – wie der ID.3 im Kern auch.So zeigt sich der VW in der Eigenschaftswertung als Siegertyp. Die dünne Zwei­Jahres­Garantie und der ambitionierte Preis werfen ihn am Ende aller­dings weit zurück.

Michael Harnischfeger

HYUNDAI KIA TESLA VW

PLATZ MAX. 40 PUNKTE

24 29 25 25Vor allem vorn ist der Kia eine Klasse für sich. Zudem hat er den größten Kofferraum. Sie suchen ein Auto für die ganze Familie? Hier ist es. Der VW ist ebenfalls geräumig, beim Gepäck aber fast so limitiert wie der Hyundai, dessen Zuladung zudem sehr gering ausfällt. Dem Coupé­haften Tesla fehlt eine Heckklappe, allerdings darf er als Einziger zumindest leichte Anhänger ziehen.

KOMFORT MAX. 60 PUNKTE

39 39 39 45Hier kann sich der ID.3 absetzen. Nicht nur, dass seine Vordersitze in der getesteten Ausstattung serienmäßig mit Massagefunktion kommen – sie sind wie auch die Rückbank ausgesprochen bequem. Zudem ist er am leisesten und federt besser als Ioniq und e­Niro. Noch einmal rustikaler als diese federt der Tesla Unebenheiten aus. Der Kia bietet die hochwertigsten Materialien.

HANDHABUNG MAX. 40 PUNKTE

30 32 22 31Die Koreaner setzen auf konventionelle Bedienung, der Tesla verlegt mutig und durchaus diskussionswürdig nahezu alles in den Touchscreen. Auch die Bedienung des VW ist herausfordernd. Doch er punktet mit hoher Variabilität durch eine Durchlade in der Rücksitzlehne und lässt sich am besten parken wegen kompakter Abmessungen und kleinen Wendekreises.

FAHRLEISTUNGEN MAX. 30 PUNKTE

19 26 30 24Blitzbeschleunigung und eine Spitze weit jenseits der 200 km/h bescheren dem Tesla die volle Punktzahl. Der schwach motorisierte Hyundai trägt erwartungsgemäß die rote Laterne. Kia e­Niro und VW ID.3 mit ihren 150 kW Leistung bieten erheblich mehr Temperament – nicht nur wichtig für Leistungsfetischisten, sondern auch für flottes Überholen im rollenden Verkehr.

FAHRVERHALTEN MAX. 50 PUNKTE

35 37 44 40Wenig exakte, beim Kia noch durch heftige Antriebseinflüsse gestörte Lenkungen und ein ins­gesamt eher betuliches Fahrverhalten kosten Ioniq und Niro Punkte. Der Tesla fährt sich wie ein Sportwagen, der VW etwas weniger agil, aber durchaus freudvoll. Mit ihren vielen Fahrprogram­men bieten Kia und Hyundai dem engagierten Fahrer am meisten Eingriffsmöglichkeiten.

SICHERHEIT MAX. 50 PUNKTE

28 34 35 39Viele Assistenten, LED­Scheinwerfer mit Kurven­ und Abbiegelicht sowie der Center­Airbag z wischen den Sitzen bringen den VW nach vorn, obwohl er wie der Hyundai nicht sehr übersicht­lich ist. Den Ioniq kosten die schwachen Bremsen weitere Punkte. Wie der Kia bietet er aber mehr Assistenz als der Tesla, der Tempolimits nicht erkennt, sondern aus einer Datenbank holt.

UMWELT MAX. 30 PUNKTE

21 22 21 22Sparsam gefahren, emittieren der VW und der Kia auf Basis des bundesdeutschen Strom­Mixes am wenigsten CO

2. Für den Kia spricht darüber hinaus die mit Abstand größte Reichweite von

372 Kilometern auf Basis des Testverbrauches. Er lädt allerdings eher langsam, weshalb er sich den Kapitelsieg mit dem VW teilt. An einer 22­kW­Wallbox lädt der VW am schnellsten nach.

TESTERGEBNIS MAX. 300 PUNKTE

Bewertet nach dem Punkteschlüssel für Allrounder

196 219 216 226KOSTENWERTUNG MAX. 150 PUNKTE

65 53 51 37

Der Hyundai ist zwar am schwächsten motorisiert, aber auch am billigsten. Zudem beschert er seinem Eigner die niedrigsten Unterhaltskosten, gepaart mit der Sicherheit von acht Jahren Garantie. Der Kia kommt ihm am nächsten, wobei er pro Monat schon über 50 Euro mehr kostet. Der attraktiv gepreiste Tesla ist am teuersten im Unterhalt, übertrumpft mit vier Jahren Garantie aber noch den VW, dessen Erbauer nur zwei Jahre lang für technische Mängel geradestehen. Das und der mit Abstand höchste Preis werfen den neuen Stromer aus Wolfsburg im Zieleinlauf zurück. Das getestete 1st­Modell ist mittlerweile ausverkauft, die Serienmodelle sind billiger.

GESAMTERGEBNIS MAX. 450 PUNKTE

4. PLATZ 1. PLATZ 2. PLATZ 3. PLATZ261 272 267 263

Wer den strammen Preis ausblendet und beim Qualitätseindruck Abstriche machen kann, findet im ID.3 sein Allround-Elektroauto. Dicht auf den Fersen ist ihm aber der Gesamtsieger, der konservativ gemachte, günstigere Kia e-Niro. Der Tesla ist die Wahl des auf Modernismus geeichten Fahrers, der Hyundai das Auto fürs kleinere Budget.

-URTEIL

-FAZIT