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Franziska Greber Psychotherapeutin ASP, Coach und Supervisorin BSO
in eigener Praxis &
Co-Leiterin IST Interventionsstelle gegen Häusliche Gewalt
Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich
4. September 2013
Kinder als Opfer
verschiedener Beziehungskonstellationen
und Gewaltdynamiken –
Folgen für Interventionen
und Massnahmen
Interdisziplinäre Fachtagung Frauenhaus & Beratungsstelle Zürcher Oberland
Stadthofsaal Uster
Einleitung
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
Häusliche Gewalt Definition Gewaltschutzgesetz des Kantons Zürich (GSG)
GSG § 1. «Häusliche Gewalt liegt vor, wenn eine Person in einer bestehenden oder einer aufgelösten familiären oder partnerschaftlichen Beziehung in ihrer körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität verletzt oder gefährdet wird…». Es gibt keine bundesrechtliche Legaldefinition Häuslicher Gewalt.
Der Kanton Zürich definiert Häusliche Gewalt weit und meint einerseits Gewalt unter
Erwachsenen, nämlich…
in erwachsenen Paarbeziehungen
in Partnerschaften Betagter
von Eltern gegen ihre minderjährigen oder erwachsenen Kinder
von erwachsenen Kindern gegen ihre (betagten) Eltern
von einem erwachsenen Kind gegen ein minderjähriges oder erwachsenes Geschwister
und meint andererseits Kinder/Jugendliche, die Gewalt androhen/ausüben, nämlich...
gegen ihre Eltern (Stief-, Grosseltern etc.)
gegen Geschwister
in (ex-) Teenagerbeziehung (jugendliche Paarbeziehung)
Franziska Greber, 4. September 2013
Ursachen und Folgen Häuslicher Gewalt sind vielfältig
GESELLSCHAFT GEMEINSCHAFT BEZIEHUNG INDIVIDUUM
WHO Modell der Gewalt; ww.ebg.admin.ch/dokumentation/00012/00442/?
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
1.Individuum (Psychologie Häuslicher Gewalt)
2.Beziehung (Dynamik Häuslicher Gewalt)
3.Gemeinschaft (Umfeld Häuslicher Gewalt)
4.Gesellschaft (und Häusliche Gewalt)
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
Ursachen und Folgen Häuslicher Gewalt Ebene INIDIVIDUUM
TÄTER
Erfahrung des Täters als Opfer und/oder Zeuge von Gewalt in der Kindheit
Antisoziales Verhalten und Delinquenz (auch ausserhalb der Partnerschaft)
Alkohol-/Drogenkonsum
Stress
Psychiatrische Krankheit
Tätertyp?
Persönlichkeitstäter?
Situationstäter?
FOLGEN FÜR DAS KIND
Kind oft auch direktes Opfer
Fehlende Selbstwirksamkeit Angst
vor (mindestens) einem Elternteil um (mindestens) einen Elternteil um Geschwister um sich selbst
Schuldgefühle
Vernachlässigung und in chaotischen Zuständen leben
Seine Bedürfnisse werden nicht wahrgenommen
Kind als «HelferIn» ausgenutzt (Parentifizierung)
Instrumentalisierung des anderen Elternteil oder Geschwister zu kontrollieren/stalken
Tabuisierung, Verleugnung, Sprachlosigkeit
Etc.
Franziska Greber, 4. September 2013
Wer sind die Täter/Gefährder?
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
Tätertypologien bei Häuslicher Gewalt
2. “Borderline / dysphoric batterers”
Zyklischer / Borderline Typus
1. “Family-only-batterers” Angepasster, auf die Familie beschränkter Typus
3. “Generally violent / Antisocial batterers” Antisozialer oder psychopathischer Typus
4. “Low level antisocial batteres” (mittelgradig antisozialer Typ)
Holtzworth-Munroe et al. (2003) Hoffmann (2006); Dixon et al. (2003)
Psychiatrische Erkrankung
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
Persönlichkeitstäter
• Risikorelevante Persönlichkeitsmerkmale stark ausgeprägt
• Deliktdynamik entwickelt sich aus der Persönlichkeit
• Täter (-persönlichkeit) Tatmotivation (Tat-) Situation
• Regeln und Normen sind unwichtig
• Strafe & Abschreckung wirkungslos!
Urbaniok (2012)
• Risikorelevante Persönlichkeitsmerkmale schwach ausgeprägt
• Deliktdynamik entwickelt sich aus der Situation
• (Tat-) Situation Tatmotivation „latente Persönlichkeitsanteile werden geweckt“
• Strafe & Abschreckung wirksam!
Situationsstäter
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
Prävalenz von Gewalttätigkeit, Inhaftierung und Scheidung; Erfolg von Behandlungen
Paar- /Familientherapie _____________________________________________________________
Depressionsbehandlung; Psychiatrische (Trauma-) Behandlung (im Einzelsetting) _____________________________________________________________
Spezifische (forensische) Behandlung (Wut, Gewalt, Sucht) Holtzworth-Munroe et al. (2003)
< < <
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Prävalenz von Gewalttätigkeit Prävalenz von Inhaftierung Prävalenz von Scheidung/ Trennung
< < <
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
Wer sind die Opfer/Gefährdeten?
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
Der Ambivalenzkonflikt erwachsener, heterosexueller, weiblicher Opfer
• Opfer sehen Situation der gefährdenden Person als Ursache
• Haben oft frühere Gewalterfahrungen
„Schein-Ambivalenz“
• Opfer zeigen ähnliches Verhalten wie «Ambivalente» • Sie verfügen aber eigentlich über genügend Ressourcen.
Greber (2011)
Was hält sie dennoch in der Gewaltbeziehung?
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
„Überlebens-Bindungen“ und Dilemma weiblicher Opfer Häuslicher Gewalt
• „Schein-Ambivalente“ führen „Überlebens-Bindungen“
• Bei der „Überlebens-Bindungen“ ist die Handlungsfähigkeit der Frauen/Mütter nicht durch Abhängigkeit zum Täter eingeschränkt
• Das Verbleiben in der Gewaltbeziehung sichert ihr eigenes und auch das Überleben der Kinder
• Diese Opfer befinden sich in einem Dilemma: keine angedachte Lösung schützt sie und ihre Kinder
• Eine „Überlebensbindung“ weist möglicherweise auf eine pathologische Tätertypologie hin
• Menschen in „Überlebens-Bindungen“ sind eine Hochrisiko-Gruppe
Greber (2011)
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
1.Individuum (Psychologie Häuslicher Gewalt)
2.Beziehung (Dynamik Häuslicher Gewalt)
3.Gemeinschaft (Umfeld Häuslicher Gewalt)
4.Gesellschaft (und Häusliche Gewalt)
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
Ursachen und Folgen Häuslicher Gewalt Ebene BEZIEHUNG
TÄTER
Machtgefälle in der Beziehung
Dominanz und Kontrollverhalten
Konflikte in der Partnerschaft, schlechte Konfliktbewältigungs-strategie
Monodirektionale und/oder bidirektionale Gewalt
Negatives und menschenverachtendes Frauenbild
FOLGEN FÜR DAS KIND
Kind erlebt Machtgefälle, Drohungen und Entwertungen als «normal» – Prägung des Frauen- und Männerbildes
Kind wird oft auch selber kontrolliert und vom Täter bestimmt
Autonomie des Kindes wird unterbunden
Kinder mischen sich ein und versuchen Frieden zu stiften
Oft werden weitere gewaltausübende Personen nicht wahrgenommen
Partnerschaft der Eltern steht im Vordergrund; Schutz und Bedürfnisse des Kindes werden nicht/kaum wahrgenommen
Etc.
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
Bindungstheorie: Bedeutung von Bindungserfahrungen
"Bindung ist das gefühlsgetragene Band, das eine Person zu einer anderen spezifischen Person anknüpft und das sie über Raum und Zeit verbindet."
• Bindungsbedürfnisse sind biologische Grundbedürfnisse
• Bindungspersonen dienen als externe Hilfe bei Verunsicherung oder Angst
• Neuere Bindungstheorien verstehen unter Bindung: Bindung in der Lebensspanne – aber auch Zeit und Qualität, Engagement und Verfügbarkeit
• Ungünstige Bindungserfahrungen sind kein gesicherter Indikator für eine spätere Psychopathologie
Vgl. Bowlby; Ainsworth & Ross (2000)
Vgl. Brisch; Hellbrügge (2007) Vgl. Brisch (2001)
Vgl. Grossmann & Grossmann (2004)
Vgl. Fonagy (2003)
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
Bindungsmuster erwachsener Täter
Variable
«family only batterers»
«dysphoric/ borderline batterers»
«generally violent/ antisocial batterers»
Empathie mittel mittel-tief tief
Impulsivität tief-mittel mittel hoch
Greber (2013)
Bindungsfähigkeit gut-stabil instabil ablehnend
Folgen auf die Beziehung zu den Kindern
Tendenziell eher stabil
Eher instabil – Verleugnung und Bagatellisierung der Gewalt ist schwierig für ein klares Unrechtsempfinden der Kinder
Beziehung des Täters ist auch zu Kindern ablehnend – Gewalt gegen Mutter und gegen Kinder wird gerechtfertigt
Holtzworth-Munroe et al. (2003)
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
Dynamik bei Häuslicher Gewalt – Bedeutung früherer Bindungserfahrungen
“Unsicher-ambivalente Bindung”
“Sichere Bindung”
“Unsicher vermeidende Bindung”
“Hochunsichere Bindung”
Bowlby; Ainsworth & Ross (2000)
Psychiatrische
Erkrankung Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
Sichere Bindung der Bezugsperson* – mögliche Folgen für die Kinder
Kinder von sicher gebundenen Bezugspersonen können sich in jeder Situation an diese wenden, erhalten Trost, Unterstützung und Geborgenheit
Diese Bezugsperson bleibt – trotz Notsituation – beziehungsbezogen, zeigt eine positive Sicht ihrer Selbst und anderer und behält das Vertrauen zu anderen Menschen - dies vermittelt sie auch ihren Kindern
Kinder werden wahr- und ernstgenommen Mit einer (begleiteten) Trennung können diese Frauen umgehen Möglicherweise sind auch nach einer Trennung beide Eltern in gutem
Kontakt mit dem Kind
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
* Mutter
Unsicher-ambivalente Bindung Bezugsperson* – mögliche Folgen für die Kinder
Heftige, widersprüchliche und unstabile Gefühlsausdrücke und Verhaltensweisen der Bezugsperson lassen das Kind mit seinen Bedürfnissen alleine
Auf diese Unberechenbarkeit reagiert das Kind mit Ängstlichkeit, übermässiger Anhänglichkeit und häufig auch mit Wut
Für diese Kinder ist die Bezugsperson kaum berechenbar, manchmal feinfühlig und verlässlich, manchmal nicht
Auf diese Unberechenbarkeit reagiert das Kind oft mit Ängstlichkeit, übermässiger Anhänglichkeit und häufig auch mit Wut
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
* Mutter
Unsicher-vermeidende Bindung der Bezugsperson* –
mögliche Folgen für die Kinder
Diese Bezugspersonen sind als Bindungsfigur für die Kinder kaum zugänglich und weisen sie häufige auch in Notsituationen zurück
Diese Kinder werden missverstanden – es wird ihnen nicht zugehört
Gewisse Kinder schliessen daraus, nicht liebenswert zu sein
Weil die erwachsenen Opfer für sich selber keine Hilfe holen, müssen auch die Kinder für sich oft eigene Lösungen finden
Sie sind auf Drittpersonen und/oder professionelle Hilfe angewiesen
Eine proaktive Beratung auch in diesen Fällen besonders wichtig
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
* Mutter
Hochunsichere Bindung der Bezugsperson* – mögliche Folgen für die Kinder
Misshandelte Kinder gehören zur Risikogruppe = Prägung für späteres Bindungsverhalten
Auch äusserliche Sozialfaktoren beeinflussen die Bindungs-entwicklung
Erwachsene Opfer mit hochunsicheren Bindungserfahrungen suchen einen «erwachsenen Kontakt» zu ihren Kinder («gestohlene Kindheit»)
Die Suche nach Sicherheit und gleichzeitige Furcht davor, kann auch bei den Kindern zu grossem Misstrauen führen
Ängste Erwachsener werden auf die Kinder übertragen – Nähe und Vertrauen werden auch für die Kinder zur Herausforderung
Es fällt diesen Kindern schwerer, Hilfe zu holen/anzunehmen
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected] * Mutter
Vulnerabilität und Resilienz (Verletzbarkeit und psychische Widerstandsfähigkeit der Opfer)
Wechselwirkung verschiedener Vulnerabilitätsfaktoren:
Bindungs-Erfahrungen
Andere Sozialisations-Bedingungen
Genetische Disposition
Weinfield et al. (2000)
Wüthrich et al. (1997)
Fegert (2010)
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
Gewaltmuster unterscheiden sich
Ambivalenz der Frau/Mutter
(Mehrfach-) Abhängigkeiten; innere Unentschiedenheit; tiefer Selbstwert; frühere
Traumaerfahrung
Todesangst bei Verlassen des Partners; äussere
Unmöglichkeit von Alternativen; «entschiedenes»
Verbleiben in der Gewaltbeziehung
Dilemma der Frau/Mutter
Bsp: Bei Häuslicher Gewalt in der Elternbeziehung
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
Je nach Beziehungskonstellation und Gewaltmuster auch
andere Verhaltensweisen der Kinder
Ambivalenz der Mutter – Folgen für das Kind
Beratung der Kinder wird eher toleriert
Kinder werden keine Beratung in Anspruch nehmen –
machen i.d.R. keine Aussagen
Dilemma der Mutter – Folgen für das Kind
Bsp: Bei Häuslicher Gewalt in der Elternbeziehung
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
Trennungsverhalten von erwachsenen, weiblichen Opfern
“Neue Chance”
“Rasche Trennung”
“Fortgeschrittene Trennung”
“Ambivalente Bindung”
“Überlebensbindung”
Greber (2011)
Helfferich (2006)
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
1.Individuum (Psychologie Häuslicher Gewalt)
2.Beziehung (Dynamik Häuslicher Gewalt)
3.Gemeinschaft (Umfeld Häuslicher Gewalt)
4.Gesellschaft (und Häusliche Gewalt)
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
Ursachen und Folgen Häuslicher Gewalt Ebene GEMEINSCHAFT
TÄTER
Soziale Isolation des Paares
Fehlende Unterstützung der Betroffenen
Gewalt bejahende und tolerierende Haltung des sozialen Umfeldes
FOLGEN FÜR DAS KIND
Isolation auch der Kinder und Jugendlichen
Verbot von Freundschaften
Kaum oder keine Teilnahme am sozialen Leben (Pfadi, Vereine etc.)
Allein-Sein mit Problemen
Haltung gegenüber Gewalt so kaum hinterfragen können
Etc.
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
Kinder und Jugendliche brauchen
3 „V-Bezugspersonen“ vertraut, verlässlich und verfügbar körperliche Unversehrtheit und Sicherheit
entwicklungsfördernde Anregungen und Herausforderungen stabile, unterstützende Gemeinschaften und kulturelle
Kontinuität
Vgl. Simoni (2012)
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
(Häusliche) Gewalt ist oft multikonstellationell
d.h., dass Erwachsene und/oder Minderjährige
– Opfer einer Person sind
– Opfer mehrerer Personen sind
– Opfer nur Opfer sind
– Opfer sowohl gefährdet als auch gefährdend sind
d.h., dass Erwachsene und/oder Minderjährige
Gefährdende gegen eine Personen (Häusliche) Gewalt androhen/ausüben
Gefährdende gegen mehrere Personen gleichzeitig (Häusliche) Gewalt androhen/ausüben
Gefährdende nur Gefährdende sind
Gefährdende sowohl gefährden als auch Opfer sind Franziska Greber, 4. September 2013
1.Individuum (Psychologie Häuslicher Gewalt)
2.Beziehung (Dynamik Häuslicher Gewalt)
3.Gemeinschaft (Umfeld Häuslicher Gewalt)
4.Gesellschaft (und Häusliche Gewalt)
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
GESELLSCHAFT
KULTUR
Rollenbilder, Stereotype von Männlichkeit und Weiblichkeit
Fehlende Gleichstellung von Frau und Mann
Toleranz gegenüber der Gewalt, Banalisierung
Akzeptanz von Gewalt als Mittel der Konfliktlösung
RECHT
Uneinheitliche Definitionen
Mangelnde Rechtsgrundlagen
Inkonsequente Rechtsanwendung
Ursachen und Folgen Häuslicher Gewalt Ebene GESELLSCHAFT
FOLGEN FÜR DIE KINDER
Verschiedene Studien belegen: Knaben, die Gewalt erleben, werden eher wieder zu Tätern, Mädchen eher zu Opfern
Knaben werden eher sozial auffällig oder aggressiv, Mädchen eher selbstverletzend oder depressiv
Kinder, insbesondere Knaben werden als Opfer weniger wahrgenommen
Mädchen haben eher Ansprechpersonen – auch zu Gleichaltrigen
In gewaltbereiten Peergruppen wird Gewalt legitimiert
Etc.
Franziska Greber, 4. September 2013
(Häusliche) Gewalt ist auch oft multikontextuell
d.h., dass Erwachsene und/oder Minderjährige
– Opfer in einem spezifischen Kontext sind
– Opfer in verschiedenen Kontexten gleichzeitig sind
d.h., dass Erwachsene und/oder Minderjährige
Gefährdende in einem spezifischen Kontext (Häusliche) Gewalt androhen/ausüben
Gefährdende in verschiedenen Kontexten gleichzeitig (Häusliche) Gewalt androhen/ausüben
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
Häusliche Gewalt ist oft multikonstellationell und multikontextuell
d.h., dass Erwachsene und/oder Minderjährige
– nur Opfer sind
nur Gefährdende sind
– sowohl Opfer als auch Gefährdende sind
– sowohl Gefährde als auch Opfer sind
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
Gewaltdynamiken sind sehr unterschiedlich und abhängig von
möglichen Beziehungskonstellationen HG in erwachsenen, heterosexuellen Paarbeziehung
HG in Teenagerbeziehung
HG in Geschwisterbeziehung
HG in Betagtenbeziehung
HG in lesbischer/homosexueller Beziehung
HG gegen Eltern
Alter von Opfern und TäterInnen HG von Erwachsenen gegen Erwachsene
HG von Erwachsenen gegen Minderjährige
HG von Minderjährigen gegen Erwachsene
HG von Minderjährigen gegen Minderjährige
Kontext/en HG in einem Kontext
HG in verschiedenen Kontexten Franziska Greber, 4. September 2013
Häusliche Gewalt – die Kinder als Opfer
Kinder und Jugendliche als direkte Opfer
Gewalt von Eltern/eines Elternteils
Gewalt in der Teenagerbeziehung (jugendliche Paarbeziehung)
Gewalt von Geschwister
Gewalt von familiärer Drittperson
Kinder und Jugendliche als indirekte Opfer/ZeugInnen
Gewalt in der Elternbeziehung
Gewalt in der Teenagerbeziehung eines Geschwisters
Gewalt in der Geschwisterbeziehung
Gewalt von Geschwister gegen Eltern/Elternteil
Gewalt eines Familienmitgliedes gegen familiäre Drittperson Franziska Greber, 4. September 2013
Häusliche Gewalt – die Kinder als TäterInnen/Gefährdende
Kinder und Jugendliche als TäterInnen/Gefährdende
Häusliche Gewalt gegen Eltern/Elternteil
Häusliche Gewalt gegen Geschwister
Häusliche Gewalt gegen Freundin/Freund (in der Teenagerbeziehung /jugendliche Paarbeziehung)
Häusliche Gewalt gegen andere familiäre Drittperson
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
Aktuelle Studien
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
Sexuelle Opfererfahrungen von Kindern und
Jugendlichen in der Schweiz Prof. Manuel Eisner, Ko-Autor Schlussbericht Optimus Studie
University of Cambridge
• Datenerhebung im Klassenzimmer
• 6749 Schüler und Schülerinnen des neunten Schuljahres
• 445 Klassen
• Alle Kantone und Sprachregionen
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
Zentrale Erkenntnisse
«Jugendliche erleben sexuelle Gewalt häufig im Rahmen erster Liebesbeziehungen zu etwa Gleichaltrigen
Jugendliche, die sich in einem gewaltbereiten Umfeld bewegen und in ihrer Freizeit häufig ausgehen und Alkohol oder Drogen konsumieren, werden auch häufiger von einem Liebespartner oder Date missbraucht
Mädchen erfahren etwa drei Mal häufiger sexuelle Übergriffe durch den Liebespartner als Jungen
Jugendliche mit einer körperlichen Behinderung sind besonders gefährdet, von einem Liebespartner oder Date missbraucht zu werden
Jugendliche mit Eltern, die einen harschen Erziehungsstil pflegen, geraten eher an sexuell gewalttätige Liebespartner»
www.optimusstudy.org Franziska Greber, 4. September 2013
Vorkommen von sexueller Viktimisierung
Zahlen Rund 8% der Knaben und 22% der Mädchen berichten,
schon einmal Opfer eine sexuellen Viktimisierung mit Körperkontakt geworden zu sein.
Rund 20% der Knaben und 40% der Mädchen gaben an, schon einmal Opfer einer Viktimisierung ohne Körperkontakt geworden zu sein.
Am verbreitetsten sind Cyberviktimisierungen (18%), verbale oder schriftliche Belästigung (15%) und ungewolltes Berühren/Küssen durch Andere (12%)
www.optimusstudy.org
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
3.2%
5.3%
4.5%
5.7%
5.6%
6.9%
5.2%
4.5%
5.2%
4.3%
4.7%
10.8%
7.7%
7.5%
12.6%
8.3%
5.0%
6.5%
7.5%
6.9%
8.2%
7.5%
0.0% 2.0% 4.0% 6.0% 8.0% 10.0% 12.0% 14.0%
Weiblich
Nicht Schweizer
Rauher Erziehungsstil
Misshandlung des Kindes
Gewalt zwischen Eltern
Viele häusliche Aktivitäten
Mit Kollegen rumhängen
Viel Zeit im Internet
Eigene Gewaltausuebung
Alkohol' oder Drogenskonsum
Schulklasse mit hoher …
Probability of contact sexual victimization
No
Yes
www.optimusstudy.org
Risikofaktoren für Wahrscheinlichkeit sexueller Viktimisierung mit Körperkontakt
TäterIn-Opfer-Beziehung
Zentrale Erkenntnisse
Bei Jugendlichen:
Opfererfahrungen meistens im Kontakt mit Gleichaltrigen
– Bei Kindern:
Viktimisierungen im familiären Umfeld
www.optimusstudy.org
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
Folgerungen
Sexuelle Viktimisierungen durch Gleichaltrige ist die wichtigste Konstellation von Opfererfahrungen
Bei Kindern: Fokus auf Familienangehörige
Bei Teenagern: Fokus auf Gleichaltrige
Gleichaltrige und Eltern sind meistens die ersten AnsprechpartnerInnen.
Sexuelle Viktimisierung ist mit einem risikoreichen Lebensstil verbunden.
Reduktion von risikoreichem Alkoholkonsum können zu einer Reduktion von Opfererfahrungen beitragen
www.optimusstudy.org
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
Wer erfährt von Opferfahrungen?
www.optimusstudy.org
60% der Opfer berichtet einer Drittpersonen
Mädchen vertrauen sich eher einer Drittperson an als Knaben
50% der Opfer ziehen KollegInnen oder FreundInnen ins Vertrauen
21% der Opfer reden mit den Eltern
4 -7% der Opfer kontaktieren die Polizei
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
Teen Research Studie (USA 2008) Jugendliche zwischen 11 bis 17 Jahren: Wesentliche Erkenntnis: Es gibt einen Zusammenhang zwischen früher sexueller Aktivität und Gewalt in jugendlichen Partnerschaften
Zahlen und Fakten: Häusliche Gewalt in partnerschaftlichen Jugendbeziehungen
Teen Research Unlimited 2008 Truman 2011; Bonom, Kelleher 2007; Centers for Disease Control and Prevention 2006 und 2007; Marcus 2005; O’Keefe 1997 und 2005; Barter et al. 2009
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
Kinderberatung – ein Projekt im Kanton Zürich
Proaktive und zeitnahe Beratung für Kinder, die von Häuslicher
Gewalt betroffen sind
KidsCare in Zürich & Horgen (Beratungsstelle Pinocchio)
Kids-Punkt in Winterthur (AJB)
Evaluation und wissenschaftliche Begleitung : Marie Meierhofer
Institut für das Kind Zürich MMI
April 2010 - September 2012
Maria Teresa Diez, Corinne Dreifuss, Heidi Simoni (MMI) Franziska Greber, 4. September 2013
Evaluation KidsCare & KidsPunkt
131 Familien
158 Kinder aus 100 Familien
Bei Beratungsbeginn:
60% der Kinder überdurchschnittlich belastet
Bei Beratungsabschluss:
30% der Kinder überdurchschnittlich belastet
Familien oft mehrfach psycho-sozial belastet
Oft chronische Häusliche Gewalt
Vgl. Simoni (2012) Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
FAZITS
Grundsätzliches Fazit
Tätertypologien und Opferverhalten, wie auch spezifische Paar- und/oder Familiendynamiken sind unterschiedlich und bei jeder Form der Intervention, der Frage der Zuständigkeit von Organisationen und ambulanten Fachleuten, der Wahl der Settings und der Anordnung von Massnahmen zu prüfen
„Gewalt macht nicht gleich - der Bedarf an Unterstützung und Beratung bei Frauen ist sehr verschieden“
Generalisierte Vorgehensweisen, Massnahmen und Settings sind in Gewaltbeziehungen für alle Betroffenen und Involvierten ungeeignet
Helfferich et al. (2004)
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
Fazit: Peer-Gruppe…
• Die Peer-Gruppe (KollegInnen) ist nach Gewalterlebnissen häufig die erste und wichtigste Anlaufstelle für Opfer
• Die Peergruppe ist aber auch ein Kontext der Gewaltandrohung und/oder -ausübung
• Das Vorgehen von (Häuslicher) Gewalt bei Jugendlichen und Erwachsenen unterscheidet sich
• Bei Jugendlichen findet Gewaltausübung häufig in Gruppen statt
• Unterschiede zu Erwachsen gibt es auch in der Art der Gewalt, z.B. Cybermobbing und Cyberstalking
• (Cyber-)Mobbing ist häufig die Folge von Sexting und für die Opfer eine zusätzliche Bedrohung/Belastung (in der Schulklasse)
• Die Differenzierung der Formen der Gewalt, des Vorgehens (Jugendliche gehen häufig in Gruppen vor) und der Peergruppendynamik sind für Interventionen und Massnahmen gegen (Häusliche) Gewalt zentral
• Dies gilt auch für die Prävention und bei der Wahl des Settings
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
Fazit: Kinder und Jugendliche…
Prüfen und stoppen direkter und indirekter (Häuslicher) Gewalt in jeder Beziehungskonstellation und jedem Kontext
Einschätzung der Gefährlichkeit aller (erwachsener und minderjährigen) TäterInnen/Gefährdenden
Unmittelbare Intervention und Massnahme zur Deeskalation gegen alle TäterInnen/Gefährdenden
Zeitnahe Beratung direkter und indirekter (erwachsener und minderjähriger) Opfer
Zeitnahe Beratung/Unterstützung aller (erwachsener und minderjähriger) TäterInnen/Gefährdenden
Flächendeckende Beratung für mitbetroffene Kinder Häuslicher Gewalt
Kindesschutz als integrierter Bestandteil von Bedrohungs-management und Prävention
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
«Wenn Kinder klein sind, gib ihnen Wurzeln – wenn sie gross sind,
gib ihnen Flügel»
Franziska Greber, 4. September 2013 [email protected]
Chinesisches Sprichwort