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Verband Katholischer Tageseinrichtungen (KTK) – Bundesverband Ein Impuls- und Aktionspapier für die pädagogische Arbeit und das politische Engagement von Kindertageseinrichtungen Verband Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) – Bundesverband e.V. KINDERRECHTE IM KINDERGARTEN

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Verband Katholischer Tageseinrichtungen (KTK) – Bundesverband

Ein Impuls- und Aktionspapier für die pädagogische Arbeitund das politische Engagement von Kindertageseinrichtungen

Verband Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK)

– Bundesverband e.V.

KINDERRECHTE

IM KINDERGARTEN

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Verband Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) – Bundesverband

Kinderrechte im Kindergarten

Ein Impuls- und Aktionspapier für die pädagogische Arbeit und das politische Engagement

von Kindertageseinrichtungen

von Kindertageseinrichtungen ein-zubinden sind, und es zeigt, wiedies erfolgen kann.

3. Es bietet Impulse, um die Kindermit den Kinderrechten vertraut zumachen und um sie zu befähigen,nach den Kinderrechten zu han-deln. Das Papier verdeutlicht an-hand von Beispielen, wie Kinder inKindertageseinrichtungen lernen,ihre Rechte einzufordern und sichin ihrem Verhalten anderen Kin-dern gegenüber an diesen Rechtenzu orientieren.

Diese Ausführungen zur päda-gogischen Umsetzung der Kinder-rechte in Kindertageseinrichtun-gen, die den größten Raum in demvorliegenden Papier einnehmen,orientieren sich an den Leitzielen

»Rechte haben, Rechte kennen,Recht bekommen und Recht tun«.

4. Das Papier bietet darüber hinausImpulse und konkrete Anregungendafür, wie die Kinderrechte zur Gel-tung gebracht werden können,wenn sich die Erzieherinnen in derÖffentlichkeit und gegenüber poli-tischen Entscheidungsträgern fürihre Kinder einsetzen.

5. Schließlich wird dargelegt, was esbedeutet, wenn die Träger von Kin-dertageseinrichtungen ihre Arbeitnach den Kinderrechten ausrich-ten, wenn sie in ihnen eine Selbst-verpflichtung sehen und sie alsnormative Bezugsgrößen für ihrkonkretes Handeln wählen.

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Kindern zu ihrem Recht verhelfen –dies ist eines der vorrangigsten Ziele,die Erzieherinnen in Kindertagesein-richtungen mit ihrem Engagementverbinden. Dabei beziehen sie sichvielfach auf die Kinderrechte, die in der Kinderrechtskonvention derVereinten Nationen festgeschriebensind. Deutschland hat vor zwölf Jah-ren diese Konvention unterzeichnetund sich damit verpflichtet, dass dasWohl der Kinder in allen sie betreffen-den politischen und gesellschaftli-chen Entscheidungen Vorrang hat. Indiese Verpflichtung sind aber nichtnur die für kinderpolitische Entschei-dungen zuständigen Regierungs- undVerwaltungsgremien, sondern auchdie Einrichtungen und Dienste derKinder- und Jugendhilfe einbezogen.

Welche Bedeutung die Kinderrechtefür Kindertageseinrichtungen habenund welche Orientierung und Vorga-ben sie für die pädagogische Arbeitund das politische Engagement vonErzieherinnen und Trägern bieten, istGegenstand dieses Impuls- und Ak-tionspapiers.

Das vorliegende Impuls-und Aktionspapierverfolgt diese Ziele:

1. Es bietet die grundlegenden Infor-mationen über die Kinderrechte,die Erzieherinnen für ihre pädago-gische und politische Praxis brau-chen.

2. Es will Erzieherinnen davon über-zeugen, dass die Kinderrechte indie Konzeptionen und Leitbilder

Die UN-Kinderrechtskonvention –Geschichte, Inhalte undGeltungsbereich im Überblick

Entstehung und politischeBedeutung der UN-Kinderrechtskonvention

Die 1949 von der Vollversammlungder Vereinten Nationen verabschie-dete »Erklärung der AllgemeinenMenschenrechte« enthält eine Auflis-tung fundamentaler Rechte, die je-dem Menschen zu Eigen sind. Dieseallgemeinen Menschenrechte wur-den in den folgenden Jahren von derVölkergemeinschaft fortgeschrieben

und auf bestimmte Zielgruppen hinkonkretisiert. Diese Fortschreibungerfolgte in so genannten Konventio-nen, das heißt Übereinkünften vonvölkerrechtlicher Verbindlichkeit.

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Am 20. November 1989 wurde von derVollversammlung der Vereinten Na-tionen das »Übereinkommen über dieRechte des Kindes«, die UN-Kinder-rechtskonvention (KRK), einstimmigangenommen. Die Konvention ist dasErgebnis zehnjähriger Beratungenund Verhandlungen, an denen Regie-rungsvertreter, Juristen, Pädagogen,Verbände der Kinder- und Jugendhilfeund -politik, weitere nichtstaatlicheOrganisationen (Non Government Or-ganisations, NGOs) sowie Vertretervon Religionsgemeinschaften aus derganzen Welt beteiligt waren.

Inzwischen haben mit Ausnahme derUSA und Somalias alle Staaten derErde (191) die Konvention ratifiziert.Das sind mehr, als die Vereinten Na-tionen Mitglieder haben (188). KeineMenschenrechtskonvention hat je-mals in so kurzer Zeit eine Anerken-nung durch so viele Staaten erlangt.Dies ist auch deshalb besonders be-achtlich, weil die Kinderrechtskonven-tion die größtmögliche Bandbreitefundamentaler Menschenrechte –persönliche, soziale, ökologische, kul-turelle, ökonomische und politische –in einem einzigen Vertragswerk zu-sammenbindet. Das hat es bis dahinnoch nicht gegeben.

In den 54 Artikeln der KRK sind völ-kerrechtlich verbindliche Mindest-standards formuliert, die erreichtwerden müssen, um die Würde, dasÜberleben, die Entwicklung und Zu-kunft von Kindern sicherzustellen.

Kinder sind nach der KRK Heran-wachsende bis zur Vollendung des 18.Lebensjahres.

Der Konvention liegt eine individual-rechtliche Einstellung zugrunde, derzufolge es zuerst um das Kind als Ein-zelpersönlichkeit geht und erst anzweiter Stelle um seine Familie oderum andere soziale Kontexte, in die esin seiner Lebenswelt eingebunden ist.

Die Bundesrepublik Deutschland waran der Erarbeitung der UN-Kinder-rechtskonvention von Beginn an be-teiligt. Sie hat die Konvention am 6. März 1992 unterzeichnet, allerdingsmit einigen politisch umstrittenenEinschränkungen: Die Regierung hatsich vorbehalten, in bestimmten dieLebenslage von Kindern betreffendenFragen – beispielsweise bezüglich desAufenthaltsrechts von Migrantenkin-dern ohne deutsche Staatsangehörig-keit – deutsches Recht über die Be-stimmungen der UN-Kinderrechts-konvention zu stellen.

In nahezu allen Unterzeichnerstaatenwurde eine »National Coalition fürdie Umsetzung der UN-Kinderrechts-konvention« (NC) eingerichtet. Dabeihandelt es sich um eine Nichtregie-rungsorganisation (NGO), die in derRegel aus Kinder- und Jugendhilfeor-ganisationen, aus Interessengruppenund Initiativen besteht, denen dieRealisierung der Kinderrechte ein zen-trales Anliegen ist.

Der National Coalition in Deutsch-land gehören etwa hundert Verbändeund Initiativen aus dem Bereich derKinder- und Jugendhilfe an. In ihr istauch der KTK-Bundesverband überden Deutschen Caritasverband ver-treten.

Die NC hat die Aufgabe, die regel-mäßig zu erfolgende offizielle Be-richterstattung der Bundesregierungan den UN-Kinderrechteausschuss inGenf über den Stand der Umsetzungder Kinderrechte in Deutschland kri-tisch zu begleiten und ergänzendeBerichte vorzulegen, die Umsetzungeinzelner Kinderrechte bei Bundes-und Länderregierungen kontinuier-lich anzumahnen, in verschiedenengesellschaftlichen Bereichen einenbreiten fachlichen Dialog über dieVerwirklichung der KRK zu organisie-ren, bei der Aufklärung von Kindernund Jugendlichen über ihre Rechtemitzuwirken und die Einrichtungender Kinder- und Jugendhilfe bei ihrerpädagogischen und politischen Ar-beit mit den Kinderrechten zu unter-stützen.

Die wichtigstenForderungen der Kinder-rechtskonvention

Die einzelnen Bestimmungen der KRKlassen sich folgenden Bereichen zu-ordnen:

l den survival rights – Rechten, diedas Überleben des Kindes sichern,wie das Recht auf Nahrung, Woh-nen, medizinische Versorgung,

l den development rights – Rechten,die eine angemessene Entwick-lung des Kindes garantieren, wieErziehung, Spiel, Sport, Schule,Freiheit des Denkens, des Gewis-sens, der Meinungsbildung undder Religion,

l den protection rights – Rechten, diedas Kind vor Missbrauch, Ausbeu-tung, Gewalt und willkürlicherTrennung von der Familie schüt-zen,

l den participation rights – Rechten,die freie Meinungsäußerung undMitsprache bei Vorgängen undEntscheidungen garantieren, diesie als Kinder betreffen.

Für die Arbeit von Kindertagesein-richtungen sind folgende Bestim-mungen der UN-Kinderrechtskonven-tion unmittelbar von Bedeutung:

1. Alle Kinder haben die gleichenRechte.Ihre nationale, ethnische und sozialeHerkunft, die Weltanschauung der El-tern, die körperliche und psychischeVerfassung der Kinder dürfen für keinKind benachteiligende Auswirkungenhaben (vgl. KRK Art. 2).

2. Das Wohl des Kindes ist bei allenMaßnahmen, die Kinder betreffen,vorrangig zu berücksichtigen.Das Kindeswohl ist die zentrale nor-mative Bezugsgröße für die Arbeitmit Kindern bei Behörden und Ge-setzgebungsorganen ebenso wie inpädagogischen Einrichtungen. Es istvor allem ausschlaggebend für Maß-nahmen, die die Sicherheit und Ge-sundheit, die Aufnahme, Unterstüt-zung und Begleitung von Kindern be-treffen (vgl. KRK Art. 3).

3. Jedes Kind hat das angeboreneRecht auf Leben und Entwicklung.Vor allem die gesetzgebenden Organeund die pädagogischen Einrichtungen

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richten sich bei ihren Entscheidungenund Handlungen nach der Frage, wasden Kindern zu einem menschenwür-digen Leben verhilft und ihrer Ent-wicklung nützt. Zugleich ist dafür Sor-ge zu tragen, dass die außerfamilialenBetreuungsangebote ausgebaut wer-den, wenn die Kinder zu Hause nichtdie Versorgung und Förderung erhal-ten, die sie brauchen (vgl. KRK Art. 6;18).

4. Jedes Kind hat das Recht auf eineeigene Meinung und darauf, diesedort einzubringen, wo über seine Be-lange befunden wird.Die von den Kindern geäußerte Mei-nung zu den ihre Angelegenheiten be-treffenden Überlegungen und Ent-scheidungen soll angemessen berück-sichtigt werden. Das schließt ein, dassKinder ihrer Auffassungsfähigkeitentsprechend über die Vorgänge in-formiert werden, von denen sie un-mittelbar betroffen sind, und dass siesich mit anderen Kindern verständi-gen und zusammenschließen dürfen.Das schließt ferner ein, dass Kindernbereits die Freiheit der Gedanken, desGewissens und des Glaubens zuge-standen wird (vgl.KRK Art. 12; 13; 14;15).

5. Kinder haben das Recht aufSchutz vor Gewalt, Missbrauch undVerwahrlosung.Besonders die Mitarbeiterinnen undMitarbeiter in pädagogischen Einrich-tungen müssen darauf achten, woKindern Gewalt angetan wird oder sievon Verwahrlosung bedroht sind. Wosolches festgestellt wird, werden vonihnen die notwendigen Schutzmaß-nahmen eingeleitet. Selbstverständ-lich müssen sie sich auch immerwieder vergewissern, dass in ihren ei-genen Einrichtungen Gewalt und Be-nachteiligung nicht vorkommen (vgl.KRK Art. 19).

6. Kinder aus Familien, die ihr Landverlassen mussten und bei uns Asylbeantragt haben, haben das Rechtauf Versorgung und Unterbringung.Kinder mit einem ungesicherten Auf-enthaltsstatus leben in einer ständi-gen Spannung und Bedrohung. Be-sonders pädagogische Einrichtungensind hier in die Pflicht genommen,diese Kinder Respekt, Geborgenheitund Verlässlichkeit erfahren zu las-sen. Zugleich sollten die Einrichtun-

gen mit den Personen und Institutio-nen zusammenarbeiten, die sich umeine Verbesserung der sozialen Lagevon Flüchtlingskindern kümmern(vgl. KRK Art. 22).

7. Kinder mit Behinderung und ge-sundheitlich beeinträchtigte Kinderhaben das Recht auf besondere Für-sorge und Förderung.Pädagogische Einrichtungen könnenfür eine individuelle Förderung vonKindern mit Behinderung und von ge-sundheitlich beeinträchtigten Kin-dern und für eine aktive Teilnahmeam gemeinschaftlichen Leben Sorgetragen. Sie können ferner durchpräventive und rehabilitative Maß-nahmen einen Beitrag zur Integrationder betroffenen Kinder in ihre Lebens-welt leisten (vgl. KRK Art. 23; 24; 25).

8. Jedes Kind hat das Recht auf so-ziale Sicherheit und die für seine Ent-wicklung erforderlichen Lebensbe-dingungen.Bei der Verwirklichung des Rechtseines jeden Kindes auf soziale Sicher-heit können auch pädagogische Ein-richtungen mitwirken, indem sie etwader Entstehung sozialer Ungleichhei-ten in ihren Häusern entgegen wirken,die Benachteiligungen von Kindern inihrer unmittelbaren Lebenswelt aus-gleichen und sich an armutspräventi-ven Maßnahmen für von Armut be-drohte beziehungsweise betroffeneKinder beteiligen (vgl. KRK Art. 16; 27).

9. Jedes Kind hat das Recht auf Bil-dung und auf Beteiligung am kultu-rellen und künstlerischen Leben.Die Länder und Kommunen haben zu-sammen mit den freien Trägern dafürSorge zu tragen, dass die Bildungsan-gebote für alle Kinder ausgebaut undhinreichend mit qualifiziertem Perso-nal versehen werden. Zugleich bietensie den Kindern einen Zugang zumkulturellen und künstlerischen Lebenin ihrer unmittelbaren Umwelt unddie Gelegenheit zu einer aktiven Mit-gestaltung. An diesem Bildungs- undkulturellen Engagement beteiligensich die pädagogischen Einrichtun-gen in erster Linie, da sie die Möglich-keit haben, die Kinder entsprechendzu motivieren und zu fördern (vgl.KRK Art. 29; 31).

10. Jedes Kind hat das Recht aufSchutz vor jeder Form der Instrumen-talisierung und Ausbeutung.Pädagogische Einrichtungen könnenin der Zusammenarbeit mit den Ju-gendhilfe- und -schutzbehörden dazubeitragen, dass die Schutzrechte derKinder eingehalten werden und dassdie Fälle eines augenfälligen Kindes-missbrauchs (s. o. Nr. 5) geahndet wer-den. Bei der Achtung der Schutzrechteder Kinder können pädagogische Ein-richtungen eine Mahnfunktion wahr-nehmen, indem sie sich zu Wort mel-den, wenn sie wahrnehmen, dass beider wissenschaftlichen Beschäfti-gung, bei Fachveranstaltungen undder öffentlichen Diskussion über dieBelange der Kinder diese vergegen-ständlicht und wie bloße Sachen be-handelt werden. Eine solche Acht-samkeit müssen die Einrichtungenaber auch ihrer eigenen pädagogi-schen Reflexion und Arbeit mit denKindern gegenüber aufbringen (vgl.KRK Art. 32 – 36).

Die Kinderrechte haben also einemehrfache Bedeutung:für die Kinder– die Würde und das Privatleben der

Kinder werden geachtet,Kinder werden als Rechtssubjekteanerkannt,

– die Kinderrechte garantieren ih-nen Schutz und Versorgung,

– sie machen ihren Anspruch auf Bil-dung und auf die für Bildungspro-zesse notwendige Förderung gel-tend,

– sie ermöglichen Kindern Teilhabeund Mitbestimmung bei den fürsie relevanten Entscheidungen.

Die Kinderrechte verhelfen Kinderndazu, dass sie fähig werden, in Zukunftdie Verantwortung für ihr Leben unddiese Gesellschaft zu übernehmen.

für die Erwachsenen– Kinderrechte bieten eine verbindli-

che Maßgabe für eine kindge-rechte Kinderpolitik,

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– ihre Umsetzung ist ein Teil derSorge für die Zukunft und für dieSicherung einer humanen, gesun-den und friedlichen Lebenswelt,

– sie veranlassen die Erwachsenen-welt zu einer dem Kind angemes-senen Einstellung und Umgangs-weise,

– sie bieten Erwachsenen Anhalts-punkte für die Gestaltung ihrer Be-ziehung zu Kindern,

– sie verringern das Gefälle zwi-schen den Belangen von Erwachse-nen und den Belangen von Kindernund bieten eine Plattform für dieUmsetzung demokratischer Spiel-regeln,

– sie bieten Mitarbeiterinnen undMitarbeitern in pädagogischen Ein-richtungen eine normative Grundla-ge für ihre Erziehungs- und Bil-dungsarbeit und eine Handhabe,gegen Benachteiligungen und eineunzureichende Förderung von Kin-dern öffentlich vorzugehen,

– sie liefern Grundsätze und Inhaltefür die Vermittlung von sozialenKompetenzen und von Demokra-tiefähigkeit in pädagogischen Pro-zessen.

Die Kinderrechte sind wesentliche Ge-staltungsmomente für eine kinder-freundliche und zugleich zukunfts-fähige Gesellschaft.

Fazit: Wer die Kinderrechte ernstnimmt und sie als Maßstab für die po-litische, soziale und pädagogische Ar-beit gelten lässt, leistet damit in er-ster Linie einen Dienst an Kindern undträgt dazu bei, dass sie eine gesi-cherte Lebensgrundlage und opti-male Bedingungen für das Hinein-wachsen in die Gesellschaft erhalten.Wer die Kinderrechte ernst nimmt,trägt aber auch dazu bei, dass Kinderverantwortungs- und demokratie-fähig werden und dass somit unsereGesellschaft zukunftsfähig bleibt.

Die Kinderrechte im Bewusstsein von Erzieherinnen und in Konzeptionen und Leitbildern von Kindertageseinrichtungen

gagement für sie umsetzen wol-len. Die Kinderrechte bieten eineBasis dafür, dass sich ein Team aufverbindliche Leitvorstellungen undZiele seiner pädagogischen undpolitischen Arbeit verständigenkann.

l Mit Bezug auf die Artikel der UN-Kinderrechtskonvention könnenErzieherinnen die Grundsätze undZiele ihrer Arbeit nach außen über-zeugend vertreten. Vor allem kön-nen sie mit Hilfe der Kinderrechteplausibel machen, dass KinderTräger eigener Rechte sind, undwarum sich pädagogische Einstel-lungen und Handlungsweisen derPersonen, die für die Kinder Ver-antwortung tragen, danach rich-ten müssen.

l Die Kinderrechte lassen sich leichtin die pädagogische Arbeit mit denKindern einbeziehen, indem dieKinder mit ihren Rechten vertrautgemacht und dazu befähigt wer-den, sie gegenüber anderen zu ver-treten und sich im Umgang mitanderen an ihnen zu orientieren.

l Je mehr Kindertageseinrichtungendie Kinderrechte zur normativenGrundlage für ihre Arbeit machen,umso leichter ist die Verständi-gung zwischen diesen Einrichtun-gen über ihre Ziele und Arbeitswei-sen und eine Kooperation in Fra-gen des politischen Engagementszur Verbesserung der Lebens- undBetreuungssituation ihrer Kinder.

l Schließlich erweisen sich die Kin-derrechte auch deshalb als hilf-reich für die Bestimmung der nor-mativen Grundlagen der Arbeitvon Erzieherinnen, weil sie an-schlussoffen sind, das heißt: Trä-gerspezifische Vorgaben und Ak-zentsetzungen bei der Formulie-rung von Leitvorstellungen undZielen des Engagements von Erzie-herinnen lassen sich gut mit denKinderrechten vereinbaren bezie-hungsweise mit Bezug auf die Kin-derrechte präzisieren.

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Die zahlreichen Reformen und Initiati-ven, die gegenwärtig im Bereich derKindertageseinrichtungen durchge-führt werden, werfen immer wiederauch die Frage auf, von welchem an-thropologischen (und theologischen)Verständnis vom Kind sich die Arbeitin den Einrichtungen leiten lassensollte. Die Diskussion verdichtet sichschließlich auf eine Verständigungüber das »Wohl des Kindes«.

Bei der inhaltlichen Bestimmung des-sen, was unter »Wohl des Kindes« zuverstehen ist, wird von den Erzieherin-nen und den Trägern von Kinderta-geseinrichtungen zum einen auf dieAusführungen des Kinder- und Ju-gendhilfegesetzes verwiesen, zumanderen werden trägerspezifische Ak-zentsetzungen eingebracht – in kirch-lichen Kindertageseinrichtungen bei-spielsweise das christliche Men-schenbild, das die Grundlage für dasVerständnis vom Kind und vom »Wohldes Kindes« darstellt.

Zunehmend werden von Erziehe-rinnen und Trägern auch die Kinder-rechte herangezogen, wenn sie aus-führen, was sie konkret unter dem»Wohl des Kindes« verstehen, undwenn sie formulieren, an welchenrechtlichen Maßstäben sie ihre Arbeitausrichten wollen.

Zugleich werden die Kinderrechteimmer häufiger zum Gegenstand derpädagogischen Arbeit von Kinderta-geseinrichtungen: Kinder sollen ler-nen, welche Rechte sie haben, wie siesich Recht verschaffen und wie sieselbst Recht tun können.

Gründe, warum sich Erzie-herinnen mit den Kinder-rechten befassen sollten

l In den Kinderrechten finden Erzie-herinnen die Formulierung derWerte, die sie in ihrem Umgangmit den Kindern und in ihrem En-

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Gründe, warum dieKinderrechte in dieKonzeptionen undLeitbilder von Kinder-tageseinrichtungenaufgenommen werdensollten

Bei der Beschäftigung mit den Kinder-rechten stellen die Verantwortlichenfür Kindertageseinrichtungen, insbe-sondere Träger und Leitung von Ein-richtungen, fest, dass die Kinder-rechte weitgehend mit den Interes-sen und Zielen übereinstimmen, diesie selbst mit ihrer pädagogischenund ihrer Lobbyarbeit für Kinder ver-binden. Deshalb liegt es nahe, die Kin-derrechte auch in die Konzeptionenund Leitbilder der Einrichtungen auf-zunehmen. Denn:

l Die Kinderrechte verfolgen einenindividualrechtlichen Ansatz – dasKind kommt als individuelle Per-sönlichkeit zur Geltung und wirdin Bezug auf seine Rechte nichtüber seine Familie, Volks- oder Reli-gionszugehörigkeit definiert. Diesentspricht dem subjektorientier-ten pädagogischen Handeln inKindertageseinrichtungen.

l Die Kinderrechte bestehen aufdem Vorrang des Kindeswohls beiallen politischen, rechtlichen, ver-waltungstechnischen und pädago-gischen Entscheidungen, die fürKinder gefällt werden. Die Redevom »Vorrang des Kindeswohls«korrespondiert mit dem in Kinder-tageseinrichtungen vorherrschen-den Leitsatz: Bei uns steht das Kindin der Mitte.

l Die Kinderrechte formulieren Vor-gaben für die Schaffung und denErhalt einer kindgerechten Lebens-welt. Dazu gehört auch die stetigeWeiterentwicklung eines Systemsund einer Kultur der Betreuung,Bildung und Erziehung. Kinderta-geseinrichtungen verstehen sichzum einen selbst als einen Be-standteil dieses Systems und wol-len dazu beitragen, dass diesestatsächlich kindgerecht gestaltetwird. Zum anderen bringen sie ihreErfahrungen und Standpunkteauch in die Gespräche mit Eltern,Trägern, Jugendbehörden und poli-tischen Entscheidungsträgern in

ihrem unmittelbaren Sozialraumein und machen sich dabei starkfür die Schaffung kindgerechterLebenswelten.

Möglichkeiten, dieKinderrechte in dieKonzeptionen undLeitbilder von Kinder-tageseinrichtungenaufzunehmen

Wenn sich die Verantwortlichen einerKindertageseinrichtung entschließen,die Kinderrechte in ihre Konzeptionund in ihr Leitbild aufzunehmen oderzumindest sich auf die Kinderrechtezu berufen, ist folgendes zu beachten:

l Es muss eine Verständigung da-rüber erfolgen, was die in Fragekommenden Bestimmungen derKinderrechtskonvention wirklichfordern und mit welchem rechtli-chen Verbindlichkeitsgrad sie estun. Dazu sollten entweder ent-

sprechende Publikationen konsul-tiert oder Experten befragt werden(Hinweise darauf sind bei der Na-tional Coalition oder bei der KTK-Geschäftsstelle zu erhalten).

l Wenn Passagen aus der UN-Kin-derrechtskonvention in die Grund-satzpapiere von Kindertagesein-richtungen aufgenommen wer-den, sollte kurz erläutert werden,weshalb man sich auf die Kinder-rechte beruft und welche Rolle sieüber ihre Funktion als normativeBezugsgröße hinaus auch für diepädagogische Arbeit haben.

l Es empfiehlt sich, in dem Passusder Konzeptionen und Leitbilder, indem auf die Kinderrechte einge-gangen wird, darauf hinzuweisen,dass man sich bei der Berufung aufdie Kinderrechte in einem Boot mitzahlreichen anderen Kinderta-geseinrichtungen befindet, die ihrpolitisches Engagement ebenfallsnach den Kinderrechten ausrich-ten.

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Die Kinderrechte als Thema derpädagogischen Arbeit vonErzieherinnen

Wenn Kindertageseinrichtungen sichentscheiden, die Kinderrechte zumGegenstand ihrer pädagogischen Ar-beit zu nehmen, sollte im Team eineEinigkeit darüber erzielt werden, dasses nicht darum geht, die Kinderrechtezu pädagogisieren. Dies geschiehtdann, wenn man die Kinderrechteausschließlich dafür benutzt, den Kin-dern die Grundregeln eines respekt-vollen und solidarischen Umgangsmiteinander zu vermitteln. Dies solldie Beschäftigung mit den Kinder-rechten auch bezwecken. Doch dieseBeschäftigung muss zudem den Sinndafür schärfen, was es heißt, als KindRechte zu haben und sich an Rechtezu halten. Die Einbindung der Kinder-rechte in die pädagogische Arbeitkann also durchaus auch zu einer »Po-litisierung« der Arbeit führen.

Für den Einbezug der Kinderrechtein den pädagogischen Alltag eignetsich ein Vorgehen nach den LeitzielenRechte haben, Rechte kennen, Rechtbekommen und Recht tun.

Kinder sollen erfahren,dass sie Rechte haben

Die UN-Kinderrechtskonvention ist ineiner Sprache formuliert, die Kindernicht verstehen. Deshalb sollte das

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Team einer Kindertageseinrichtung,das die Kinder mit diesen Rechten ver-traut machen will,didaktische Metho-den zur kindgerechten Vermittlungvon Kinderrechten entwickeln. Dabeikönnen sie auf einige Beispiele kind-gerecht formulierter Texte zurückgrei-fen (Auskunft dazu erteilten der KTK-Bundesverband und die National Co-alition). Es empfiehlt sich allerdings,mit den Kindern eigene Formulierun-gen zu finden, mit denen sie die Sach-verhalte so, wie sie diese verstandenhaben, zum Ausdruck bringen. Ein mitden Kindern gemeinsam erstelltesKinderrechteplakat im Eingangsbe-reich ihrer Kindertageseinrichtungzeigt jedem Besucher, was für die Be-wohner dieses Hauses maßgebendist. Ferner können die Kinderrechteanhand exemplarischer Geschichtenaus einschlägigen Büchern und an-hand der Erfahrungen, die die Kindermit Recht und Unrecht gemacht ha-ben, verdeutlicht werden. Kinder be-greifen und internalisieren Sachver-halte am ehesten, wenn sie diese zuihrer eigenen Beobachtungs- und Er-fahrungswelt in Beziehung setzenkönnen.

Kinder sollen ihre Rechte

kennen

Wenn Kinder lernen sollen, ihreRechte zu gebrauchen, müssen siediese frühzeitig kennen lernen.

Damit die Kinder ihre Rechte nichtals Forderungen an anonyme Mäch-te – an die Erwachsenenwelt, an diePolitiker – erfahren, sollte ihnen bei-spielhaft am solidarischen und an-waltschaftlichen Verhalten der Erzie-herinnen oder anderer Personen ge-zeigt werden, wie diese Forderungenvon Erwachsenen ernst genommenund praktisch umgesetzt werden. Erstindem Kinder erleben, dass ihre Rech-te ernst genommen werden, könnensie diese in ihrer Bedeutung ermes-

sen. Dann sind sie auch am ehestenbereit, die Kinderrechte als Maßgabefür ihr eigenes Verhalten anderen Kin-dern und Erwachsenen gegenüberanzuerkennen.

Kinder sollen erfahren,wie sie Recht bekommen,

und lernen, Recht zu tun

Im Alltagshandeln von Kindertages-einrichtungen bieten sich zahlreicheGelegenheiten dafür, dass die Kindererfahren und lernen, was es heißt, ei-gene Rechte zu haben, die sowohl fürdie Erwachsenen als auch für sieselbst verbindliche Maßstäbe für denUmgang miteinander sind:

l Kinder können durchaus unter-scheiden, ob die Sorge und Solida-rität der Erzieherinnen allein aufSympathie und Nettigkeit zurück-zuführen sind, oder ob sie sichdazu verpflichtet wissen, weil dieKinder ein Recht darauf haben.

l Kinder haben ein ausgeprägtesGespür für Unrecht und Ungerech-tigkeit. Diese Sensibilität erleich-tert es den Erziehenden, den Kin-dern auch ein Gespür für ihreRechte und die der anderen zu ver-mitteln.

l Kinder sind sensibel für die Not an-derer Kinder. Sie fühlen mit, wennandere Kinder arm sind, kein rech-tes zu Hause haben, ausgegrenztwerden. Sie registrieren sehr früh,

wenn Menschen unter anderenMenschen und unter ungerechtenVerhältnissen leiden, wenn sie Bei-stand und Hilfe brauchen. SolcheErfahrungen bieten – selbst wennsie nur durch Geschichten und Bil-der vermittelt sind – Ansatzpunktedafür, Kindern die in den Kinder-rechten verankerten Verpflichtun-gen zu Hilfe und Solidarität zu-gänglich zu machen.

l Kinder erleben, wie die Erwachse-nen sich an demokratische Spielre-geln halten, sie nehmen deren Be-deutung für das Zusammenlebenwahr und werden dazu animiert,sich ebenso zu verhalten (den an-deren ausreden lassen, seine Mei-nung respektieren, sich eine ei-gene Meinung bilden und dieseäußern, sich mit anderen zusam-menschließen, gemeinsame bezie-hungsweise durch den Beschlussder Mehrheit getroffene Entschei-dungen anerkennen und so wei-ter).

l Schließlich erleben Kinder auch,wie sich Erzieherinnen, Eltern undandere Erwachsene für ihre Rechtestark machen. Das stärkt ihr Be-wusstsein, etwas wert und für dieMenschen um sie her wichtig zusein. Zugleich erfahren sie, wie be-deutsam »Verbündete« sind, wennes darum geht, seine Rechte durch-zusetzen. Und wie man sich auf dieSeite derer schlagen kann, denenihre Rechte verwehrt werden.

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Die Bedeutung der Kinderrechte für dieLobbyarbeit von Erzieherinnen

Erzieherinnen müssen häufig gegen-über den Eltern, dem sozialen Umfeld,und in einer größeren Öffentlichkeitvertreten, von welchen Grundsätzenund Werten sie sich bei ihrer Arbeit lei-ten lassen. Ferner machen sich Erzie-herinnen dafür stark, dass die Kinderzu ihrem Recht kommen – sei es imKontext der Bemühungen um einekindgerechtere Ausstattung ihrer Ein-richtungen, sei es in Form des Einsat-zes für eine Verbesserung der Lebens-welt ihrer Kinder gegenüber den Kom-munalpolitikern und Behörden.

Es ist von Vorteil, dass sie sich beieinem solchen Engagement auf dieKinderrechte berufen können.

Dafür spricht auch ein weiterer Ge-sichtspunkt. Wenn Kinderrechte imBereich der Kindertageseinrichtungenzur Geltung gebracht werden, wirddies nur dann einen effektiven Schutz-, Förderungs-, Stärkungs- undeinen nachhaltigen Lerneffekt bei denKindern haben, wenn sie auch in derübrigen Lebenswelt der Kinder zumTragen kommen. Die Umsetzung der

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Kinderrechte fordert eine verstärkteGemeinwesenorientierung der Ein-richtungen, und die Wahl von Koope-rationspartnern könnte davon be-stimmt sein,inwieweit diese ebenfallsim Sinne der Kinderrechte agieren.

Bereits die Entscheidung, welche Kin-der in die Einrichtung aufgenommenwerden, kann im Sinne einer Lobbyar-beit erfolgen, indem sich nämlich dieLeiterin und der Träger danach rich-ten, welches Kind am nötigsten einenPlatz in der Einrichtung braucht. DieOrientierung an den Kinderrechten,die Kindern eine gute Versorgung,Chancengleichheit und das Recht aufBildung zusprechen, kann dazu füh-ren, dass sich das Augenmerk beson-ders auf die richtet, für die solche Zu-gänge nicht bei jeder Einrichtungselbstverständlich sind. Dies betrifftvor allem Kinder aus verarmten Fami-lien, Flüchtlings- und Migrantenkin-der, Kinder mit Behinderung.

Die ökologischen Kinderrechte, diedazu verpflichten, Kindern eine mög-lichst gesunde Umwelt zu schaffenund zu erhalten, können für die Mitar-beiterinnen und den Träger einer Kin-dertageseinrichtung Maßstab für dieAuswahl von Möbeln, für die Ausge-staltung des Innenraums der Einrich-tung und des Außengeländes sein.Die Bezugnahme auf die Kinderrechtegibt diesem Bemühen eine größereDringlichkeit und Verbindlichkeit.

Die Kinderrechte können dazu mo-tivieren, die Bedarfslage der Kinderund ihrer Familien noch gründlicherzu analysieren und dabei besondersdarauf zu achten, wo Kinder benach-teiligt, wo sie von Armut bedroht oderbetroffen sind. Kindertageseinrich-tungen können in diesem Fall durch-aus armutspräventiv vorgehen, indemsie beispielsweise darauf achten, dassdas soziale Gefälle zwischen Kindernwohlhabender und weniger bemit-telter Eltern entschärft wird,indem sieaufbauende und identitätsstabilisie-rende Erfahrungen verstärken, die So-lidarität zwischen den Kindern unddurch die Erzieherinnen spürbar wer-den lassen, sich an einer kommunalenArmutsberichterstattung beteiligen,mit anderen familienunterstützen-den Einrichtungen und Diensten zu-sammen arbeiten und bei Projektenvon Verbänden und Initiativen mitwir-ken.

Auch das interkulturelle und inter-religiöse Engagement von Kinderta-geseinrichtungen kann als Lobbyar-beit im Sinne der Kinderrechte ver-standen werden. Das trifft vor allemdort zu, wo eine Einrichtung auch sol-che Kinder aufnimmt, die keinen gesi-cherten Aufenthaltsstatus haben,undsolche, die einer anderen Religion an-gehören.

Partnerschaften mit Kindertages-

einrichtungen in anderen Ländern,vorallem mit Einrichtungen, deren Kinderdie Solidarität und Freundschaft an-derer Kinder brauchen, lassen sichebenfalls nach den Grundsätzen derKinderrechte gestalten. Kinder ma-chen so in der eigenen Einrichtung dieErfahrung, dass die Kinderrechte füralle Kinder unabhängig von politi-schen, kulturellen und religiösen Ge-gebenheiten gelten.

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Die Kinderrechte als normativeGrundlage für die Arbeit des Trägers

Öffentliche und freie Träger investie-ren erhebliche finanzielle Mittel undsonstige Ressourcen in Kindertages-einrichtungen. Immer wieder kommtes vor, dass sie in der Öffentlichkeitund vor den Trägern anderer sozialerEinrichtungen diese Investitionenrechtfertigen müssen. Wenn sie sichdabei auf die Kinderrechte berufen,dürften ihre Argumente, mit denensie diesen Aufwand als angemessenvertreten, mehr Plausibilität erlan-gen.

Zahlreiche Träger haben in Leitbil-dern, Selbstverständnispapieren undinternen Aufgabenbeschreibungenfestgehalten, welche Werte und Nor-men für die Realisierung ihrer Träger-aufgaben maßgebend sind. DieseGrundsätze und Ziele werden oft aufdie Arbeitsbeziehungen reduziert.Eine Berufung auf die Rechte der Kin-der kann dazu führen, dass das Enga-gement des Trägers und seiner Ein-richtung verstärkt auf das Wohl derKinder abzielt.

Schließlich können die KinderrechteTrägern auch eine Grundlage zur Re-flexion der Ausrichtung ihrer Kinder-tageseinrichtung sein: Sie könnenüberprüfen, wovon die Haltung zuKindern in der Einrichtung geprägtwird und wie die Orientierung an Kin-derrechten sich im Verhalten Kinderngegenüber niederschlägt. Träger kön-nen weiterhin überprüfen, ob die Kin-derrechte bei den Aufnahmekriterienfür Kinder und bei den Personalein-

stellungen Anwendung finden. Kin-derrechte müssen darüber hinaus beider Ausgestaltung des Dienstleis-tungsangebots berücksichtigt wer-den.

Kinderrechte zu einer Grundlage fürdas politische Engagement für Kinderzu machen bedeutet: Kindern Rechteeinzuräumen, das »Wohl des Kindes«als Maßstab für die Ordnung des so-zialen Lebens gelten zu lassen, eineKultur der Menschlichkeit zu ent-wickeln. Nur wenn die künftigen Bür-ger einer Gesellschaft von klein auflernen, dass sie Rechte haben und wiesie diese handhaben sollen – auch alsMaßgabe für ihr Verhalten anderengegenüber –, werden sie später in derLage sein, unsere freiheitlich-demo-kratische Rechtsordnung anzuerken-nen und weiterz entwickeln.

Page 9: KINDERRECHTE IM KINDERGARTEN - typo3.drk.de · PDF fileAm 20. November 1989 wur de von der Vollversammlung der Vereinten Na-tionen das »Ü bereinkommen über die Rechte des Kindes«,die

Anhang

Informationen über Literatur undMaterialien sowie über aktuelle Ver-anstaltungen zu den Kinderrechtensind erhältlich bei:

KTK-Bundesverband, MatthiasHugoth, Karlstr. 40, 79104 Freiburg.Tel.: 0761/200-567, Fax: 0761/200-735,E-Mail: [email protected]

Geschäftsstelle der National Coali-tion, Claudia Kittel/Kirsten Schweder,Mühlendamm 3, 10178 Berlin.Tel.: 030/40040-218,Fax: 030/40040-232,E-mail: [email protected]

Die Kinderrechte sind inunterschiedlichenFassungen veröffentlicht– für Kinder und fürErwachsene:

Textfassungen für ErwachseneBundesministerium für Familie,Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.):Übereinkommen über die Rechte desKindes. Texte amtlicher ÜbersetzungBonn 6. Aufl. 1998Die Broschüre enthält den Text derUN-Kinderrechtskonvention in amtli-cher Übersetzung, die Zustimmungs-urkunde von Bundestag und Bundes-rat, die Ratifizierungsurkunde und dieVorbehaltsklauseln.Der Text ist zu beziehen beim Bun-desministerium für Familie, Senioren,Frauen und Jugend – Broschüren-stelle, Postfach 20 15 51,53145 Bonn,Tel.: 0180 / 5 32 93 29,E-Mail:[email protected],Internet: www.bmfsfj.de.

National Coalition (Hrsg.):Übereinkommen über die Rechte desKindes vom 20. November 1989. Wort-laut der amtlichen Übersetzungin: National Coalition (Hrsg.): Ergeb-nisse des ersten Dialogs zwischendem UN-Ausschuss für die Rechte desKindes und der Bundesregierungüber den Erstbericht zur Umsetzungder UN-KinderrechtskonventionBonn: National Coalition 1996,S. 116–128 (Band 2 der Reihe »Die UN-Konvention umsetzen . . . «)

National Coalition (Hrsg.):Kinderrechte sind Menschenrechte.Impulse für die zweite Dekade1999–2009Auszüge aus der UN-KRKBonn: National Coalition 1999Beide Texte sind erhältlich bei der Ge-schäftsstelle der National Coalition,Mühlendamm 3, 10178 Berlin,Tel.: 030/400 40 216,Fax: 030/400 40 232,E-Mail: [email protected],Internet: www.agj.de.

Textfassungen für KinderReinald Eichholz, Kinderbeauftragterder Landesregierung beim Ministe-rium für Arbeit, Gesundheit und So-ziales des Landes Nordrhein-Westfa-len (Hrsg.):Die Rechte des KindesDüsseldorf: Ministerium für Arbeit,Gesundheit und Soziales 1998

Deutscher Kinderschutzbund (Hrsg.):Meine Rechte – UN-Konvention überdie Rechte des Kindes, Hannover 1997Die Broschüre gibt es für drei Alters-stufen:für Vorschulkinder und Schulanfän-ger (Teil I, 5- bis 8-jährige);für Schulkinder (Teil II, 9- bis 12-jährige);für Jugendliche (Teil III, 13- bis 18-jährige)Sie ist erhältlich beim Deutschen Kin-derschutzbund, Schiffgraben 29,30159 Hannover, Tel.: 0511 / 30 485-0.

LiteraturRosemarie Portmann: Kinder habenihre Rechte. Denkanstöße, Übungenund Spielideen zu den Kinderrechten.München: Don Bosco Verlag 2001

Friedhelm Güthoff/Heinz Sünker(Hrsg.): Handbuch Kinderrechte. Par-tizipation, Kinderpolitik, Kinderkultur.Münster: Votum Verlag 2001

Folgende Aufsätze aus:Rita Watermann/Matthias Hugoth(Hrsg.): Unternehmen Kindergarten& Co. Management- und Führungs-aufgaben erfolgreich umsetzen. Lose-blattsammlung. Kronach: Link Verlag2003– Matthias Hugoth: Die Verpflichtun-

gen der UN-Kinderrechtskonven-tion und Konsequenzen für die Ar-beit in Kindertageseinrichtungen,

– Matthias Hugoth: Kinderrechte –konkret. Wie die Kinderrechte inKindertageseinrichtungen prak-tisch umgesetzt werden können,

– Matthias Hugoth: Die Subjektstel-lung des Kindes – Rechtliche Grund-lagen, praktische Konsequenzen.

Mike Weimann: Wahlrecht für Kinder.Eine Streitschrift. Weinheim: BeltzVerlag 2002

Redaktion: Matthias Hugoth,Freiburg, Herbst 2004

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