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Kirchenmusikalische Nachrichten Mai 2012/Oktober 2012 Jahrgang 63 Nummer 1 Eines von fünf Postkartenmotiven zum Jahr der Kirchenmusik in der EKHN

Kirchenmusikalische Nachrichten · 2018. 9. 6. · Engagement wirkte sich auf die Liturgie des Jacobstempels aus Neben den hebräischen Gebeten führte er deutschsprachige Gebete

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Kirchenmusikalische Nachrichten

Mai 2012/Oktober 2012Jahrgang 63 Nummer 1

Eines von fünf Postkartenmotiven zum Jahr der Kirchenmusik in der EKHN

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Kirchenmusikalische Nachrichten

Mitteilungsblatt der Abteilung Kirchenmusik im Zentrum Verkündigung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau

des Verbandes evangelischer Chöre in Hessen und Nassau

des Landesverbandes evan - gelischer Kirchenmusiker-innen und Kirchenmusiker in Hessen und Nassau

Inhalt

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Impressum

Editorial 3

Abteilung Kirchenmusik 4

Berichte 7

Orgelwettbewerb 12

EKD-Stafette 13

Orgelbauprojekte in der EKHN 14

Neu im Kollegenkreis 17

Deutsches Chorfest 18

Gospel meets Big-Band 19

Verabschiedungen 20

C-Kurs / Literatur-Tipp 21

Rezensionen 22

Terminvorschau / Literatur-Tipp 24

Jubiläen und Prüfungen 27

Aus den Verbänden 29

Literatur-Tipp 34

Instrumentenbörse / Bibliothek 35

Kontakt 36

In dieser Ausgabe finden Sie außer den Beiträgen der Mitar-beiter/innen der Abteilung Kirchenmusik Beiträge von: Manfred Bender, Ralf Bibiella, Reiner Dietrich-Zender, Jürgen Heitmann, Michaela Kögel, Ursula Reichert, Diana Rieger, Michaela Scharff, Dietrich Schuberth, Johannes Vetter Fotos: Siehe Bildunterschriften; ohne Nachweis entweder von der Abteilung Kirchenmusik bzw privat Grafik Titelseite: Anja WenzFür unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Rezensions exemplare wird keine Haftung übernommen Besprechung unverlangt eingesandter Literatur bleibt vorbehalten, ein Anspruch auf Rücksendung besteht nicht Artikel, die mit dem Namen der Verfasserin oder des Verfassers gekennzeichnet sind, geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers oder der Redaktion wieder

Herausgeber: Die Landeskirchenmusikdirektorin der Evange-lischen Kirche in Hessen und NassauRedaktion + Layout: Henrick Clausing, Abteilung Kirchen-musik im Zentrum Verkündigung der EKHN, Markgrafenstr 14, 60487 Frankfurt am Main, Tel : 0 69 – 7 13 79 – 123, E-Mail: kirchenmusik@zentrum-verkuendigung deHerstellung: Lautertal-Druck, Lautertal-BeedenkirchenErscheinungsweise: halbjährlichRedaktionsschluss: 15 März (Nr 1), 15 Sept (Nr 2) Bezugspreis: 5,– € jährlich (für Mitglieder der kirchenmusika-lischen Verbände der EKHN im Mitgliedsbeitrag enthalten) Bankverbindung: Evang Kreditgenossenschaft eG, Frank-furt a M (BLZ 520 604 10), Konto-Nr 400 16 64ISSN 0939-4761

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Editorial

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(Christa Kirschbaum)Landeskirchenmusikdirektorin der EKHN

wir sind mittendrin – im „Jahr der Kirchenmusik“ Seit Herbst 2010 kompetent vorbereitet, ernten wir nun die Früchte Und sie munden! Seit Advent 2011 erleben wir eine Vielzahl von Veranstaltungen – mehr als 500 zusätzlich zu den durchschnittlich 4000 Kirchenmusiken, die jährlich in der EKHN stattfinden Die Begeisterung der Mitwirkenden steckt an – selten hat evangelische Kirchenmusik eine solche Resonanz von innen und außen erfahren wie in diesem Jahr Unser Schwerpunkt „Lied und Singen“ wird in vielfältigen Veranstaltungs- und Fortbildungsformaten deutlich Schön, dass wir auch beim Chorfest des DCV vom 07 -10 Juni 2012 in Frankfurt mit unserer spezifi-schen Farbe (u a Tagzeitengebete und Kreative Gemeindesingen in der Alten Nikolaikirche) präsent sein werden

Aber die Freude über schöne Töne reicht nicht Es gibt ein großes Interesse an den Inhalten unserer Musik Was singen und spielen wir und wie tun wir das? Laden wir ein oder schließen wir aus? Eröffnen wir neue Horizonte oder verharren wir im Bekannten? Auf welche Traditionen gründen wir uns und wie wollen wir damit fortfahren?Die EKHN gedenkt seit der Herbstsynode an den Ausschluss getaufter Gemeindeglieder jüdi-scher Herkunft vor 70 Jahren Dazu gibt es Ausstellungen, Vorträge und Dokumentationen Auch die kirchliche Musikausübung während des Nationalsozialismus wird beleuchtet In einer Musikalischen Werkstatt im Januar 2012 stellten wir vergessene liturgische Musik aus der synagogalen Tradition vor Das Hauptreferat und weitere Informationen finden Sie auf den nächsten Seiten

Das wünsche ich mir weiterhin für unsere kirchenmusikalische Arbeit:Aktion und Reflektion zu verbinden, zu singen und musizieren und das Gespräch darüber im Schwange zu halten

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Abteilung Kirchenmusik

Die andere Orgelbewegung Wie die Orgeln in die Synagogen kamen

Israel Jacobson und die erste Synagogenorgel1801 errichtete Israel Jacobson, Landrabbiner des braunschweigischen Weserdistrikts, eine Schule in Seesen im Landkreis Goslar Es war die erste Simultanschule Deutschlands, d h es wurden jüdische und christliche Kinder unterrichtet Jacobson trat für die Verständigung von Christen und Juden ein Er war ein fortschrittlicher Pädagoge, der Wert auf selbstständiges Denken legte Er machte sich den Kant’schen Anspruch zu Eigen, den Menschen aus „seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit“ zu befreien 1810 ließ er auf dem Schulgelände eine Synagoge, den sog Jacobstempel, errichten Sein pädagogisches Engagement wirkte sich auf die Liturgie des Jacobstempels aus Neben den hebräischen Gebeten führte er deutschsprachige Gebete ein, eine Predigt und – Orgelmusik Israel Jacobson ließ die erste Synagogenorgel auf deutschem Boden errichten Mitten in der Provinz bahnten sich Neuerungen an, die mindestens ein halbes Jahrhundert lang die jüdische Welt in Deutschland in Atem halten würde

Am 17 Oktober 1768 kam Israel Jacobson in Halberstadt zur Welt Er sollte Rabbiner werden, brach die Ausbildung aber ab, bil-dete sich autodidaktisch weiter und ließ sich dabei von den Idealen der Aufklärung leiten Er heiratete eine Bankierstochter und übernahm schon bald die Bank seines Schwiegervaters

Nach der Gründung des Königsreichs Westfalen im Jahre 1807 unter Jérôme Bonaparte leistete er massive finanzielle Hilfe und wurde mangels königlichen Geldes mit Grundbesitz entschädigt Die Juden im Königreich Westfalen waren den übrigen Einwohnern rechtlich gleich-gestellt Durch Dekret vom 31 März 1808 errichtete das Justizministerium das Konsistorium der Israeliten Daneben gab es ein evangelisches und ein katholisches Konsistorium Diese vom Staat eingesetz-ten Verwaltungsorgane führten die Aufsicht über alle Fragen des Religionslebens Das Konsistorium der Israeliten bestand aus einem jüdischen Präsidenten, drei Rabbinern, zwei jüdischen Gelehrten und einem Sekretär Präsident war Salomon Jacobson

Die Eigendynamik der MusikNeben theologischen und gesellschaftlichen Prozessen sind es die Synagogenmusiker, die eine entscheidende Rolle in der „anderen Orgelbewegung“ spielen

Salomon Sulzer (1804-1890)Mit 16 bekleidete er seine erste Kantoren-Stelle und gründete Chor und Orchester, damals sehr ungewöhnlich für einen Synagogenmusiker Mit 21 wurde er nach Wien berufen und studierte Musik 1828 erbat Sulzer von Franz Schubert einen hebrä-ischen Psalm für die jüdische Gemeinde, den dieser auch lieferte Von 1844 bis 1847 war er Gesangsprofessor am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde, des

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Vorgängers der Universität für Musik und darstellende Kunst Sein Ziel bestand darin, die Musik, die er draußen in der Welt pflegt, für den Synagogengottesdienst nutzbar zu machen

Louis (Lazarus) Lewandowski (1821 – 1894)Mit 12 Jahren musste er seine Heimatstadt Wreschen in der Provinz Posen verlassen, weil die Familie die Kinder kaum ernähren konnte In der jüdischen Gemeinde Berlin kam er unter Dort wurde er „Singerl“, d h musikalischer Gehilfe des Kantors Ascher Lion Die Gemeinde finanzierte ihm sei-nen Lebensunterhalt und schickte ihn aufs Gymnasium Über Alexander Mendelssohn, ein Cousin Felix Mendelssohn Bartholdys, bekam er Kontakt zu den wichtigsten Musikern der preußischen Residenz Er setzte sich an die Spitze einer innerjüdi-schen Bewegung, die für eine Reform des orthodoxen Synagogengottesdienstes eintrat Diese Bewegung wünschte sich Chorgesang, Orgelklang und damit den Stil der abendländischen Musik Lewandowski wurde Chorleiter und begann selber Stücke für den Gottesdienst zu komponieren 1865 – zu seinem 25jährigen Dienstjubiläum – wurde er zum Königlichen Chordirektor ernannt Lewandowski gilt heute als der wichtigste Reformer der Synagogalmusik Sulzer hatte das Fundament gelegt und Lewandowski das Haus gebaut

Heinrich Schalit (geb 1886 in Wien, gest 1976 in Colorado/USA)Werte verändern sich im Laufe der Zeit Die Einführung des abendländischen Musikstils in die Synagoge war Anfang bis

Abteilung Kirchenmusik

Mitte des 19 Jahrhundert eine Bewegung gegen jene Kräfte des Judentums, die in der Integration des Judentums in die gesell-schaftliche Wirklichkeit Deutschlands eine Preisgabe des Jüdischseins sahen Mitte des 19 Jahrhunderts war dieser Konflikt weitge-hend entschieden Der Schalit-Generation klangen Anfang des 20 Jahrhunderts die romantischen Klänge der Lewandowski-Psalmen fad in den Ohren Die Integration in die Gesellschaft schien gelungen Den „jungen Wilden“ war daran gelegen, im Zusammenspiel der gesellschaftlichen und religiösen Kräfte des Kaiserreiches jüdische Unverwechselbarkeit zu demonstrieren, zumal am Horizont längst die Wolken eines rassistisch geprägten Antisemitismus aufge-zogen waren Hofprediger Stöcker hetzte in Berlin gegen die Juden Der eingeschwore-ne Antisemit Houston Stewart Chamberlain heiratete in den Wagner-Clan ein, wo später Adolf Hitler ein gern gesehener Gast war Heinrich Schalit, der in Wien Musik studiert hatte, forderte während des 1 Weltkriegs und der Nachkriegszeit eine Erneuerung der jüdischen Sakralmusik, die auf authentischen jüdischen musikalischen Traditionen beru-hen sollte Schalit meinte damit jüdisch-ori-entalische Melodien, die er dem "Hebräisch-Orientalischen Melodienschatz" des jüdi-schen Musikforschers Abraham Zvi Idelsohn entnahm Nach dem Machtantritt der Nazis ging Schalit an die Synagoge in Rom 1940 emigrierte er in die USA So wurden die Jüdischen Gemeinden in den deutschsprachigen Metropolen zu Leuchttürmen des Reformjudentums Dieser konfliktreiche Prozess ist im Kontext der politischen Folgen der philosophischen

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Abteilung Kirchenmusik

Aufklärung zu sehen Sie hat ganz Europa in Gärung versetzt Die Vereinigten Staaten von Amerika sind ein Kind der Aufklärung Die Erklärung der Menschenrechte ist ein Fanal der Aufklärung, die Französische Revolution ist ihr Tsunami Und auf den Wasserfluten segelt das Schiff der Judenemanzipation

Judenemanzipation und AufklärungSaul Ascher schreibt Anfang des 19 Jahrhunderts in seiner Germanomanie: „Man muss die Menge, um auch sie für eine Ansicht oder Lehre einzunehmen, zu begei-stern suchen; um das Feuer der Begeisterung zu erhalten, muß Brennstoff gesammelt werden, und in dem Häuflein Juden wollen unsere Germanomanen das erste Bündel Reiser zur Verbreitung des Fanatismus hin-legen “ Seit der Niederlage Napoleons waren in Deutschland Nationalismus, Franzosenfeindlichkeit und Antisemitismus auf dem Vormarsch Aschers Germanomanie ist am 17 Oktober 1817 auf dem Wartburgfest den Flammen übergeben worden Saul Ascher befindet sich zwischen zwei Stühlen Auf dem einen Stuhl sitzt die Angst vor dem Verlust der jüdischen Identität, die sich in den religiösen Fundamentalismus, in Buchstabenfrömmigkeit flüchtet Auf dem anderen Stuhl sitzt die Apostasie, die Abwendung von Religion überhaupt Ascher zimmert einen dritten Stuhl Auf diesen Stuhl setzt er die „Reformation“ des Judentums Diese „Reformation“ wird den Rahmen abstecken, in dem sich die jüdische Haltung zur bürgerlichen Kultur

und Wissenschaft im allgemeinen und zur abendländischen Musik im besonderen grundlegend ändern wird Der streitbare Denker starb 1822 in Berlin Er war Mitglied der Gesellschaft der Freunde, einer priva-ten Berliner Reformgemeinde, in der auch Salomon Jacobson, der 1801 in Seesen die erste deutsche Synagogenorgel bauen ließ, anzutreffen war

Zurück in die ZukunftDer 11 März 1829 ist ein Tag des Aufbruchs An diesem Tag fand die mittlerweile legendäre Aufführung der Bach'schen Matthäuspassion in der Berliner Singakademie statt Die Entdeckung Bachs fand außerhalb des kirch-lichen Kontexts statt, und der Pionier der Entdeckungsreise war ein getaufter Jude, der Enkel von Moses Mendelssohn Der 11 März 1829 hat der Öffentlichkeit demonstriert, von welch zivilisatorischer und friedensstiftender Wirkung die span-nungsgeladene Annäherung verschiedener Glaubensrichtungen sein kann, unter der Voraussetzung, dass ihre Vertreter den Primat der Menschenwürde anerkennen Der 12jährige Felix hat dem alten Goethe in Weimar aus dem Wohltemperierten Klavier von Bach vorgespielt Zu jener Zeit geht Goethe oft mit Eckermann im bei Weimar gelegenen Buchenwald spazieren Später steht dort das gleichnamige KZ Das KZ darf nicht das letzte Wort behalten

Johannes Vetter

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Berichte

KMD Johannes Vetter bietet Orgelkonzerte und/oder Vorträge zu den Themen „Jüdische Komponisten“ und „Synagogale Musik“ an

Konzertrepertoire (Auswahl):Samuel Adler (1928), Festive ProclamationHerman Berlinski (1910 – 2001), Der brennende DornbuschErnest Bloch (1880 – 1959), Sechs PräludienMax Bruch (1838 – 1920), ,„Kol nidre“ (Orgelbearbeitung)Mauricio Kagel (1931 – 2008), Stücke aus „Rrrrrrr “Stefan Kocsis (1930), Kaddisch - Partita für OrgelLouis Lewandowski (1821 – 1894), Fest-Präludien, Augenblicke der WeiheJosef Löw (1834 – 1886), ImprovisationenFelix Mendelssohn (1809 – 1847), Sonaten, Präludien und FugenArnold Schoenberg (1874 – 1951), SonatenfragmentJaromír Weinberger (1896 – 1967), „Dedications“ (biblische Frauenportraits)

Vorträge:Die andere Orgelbewegung - Wie die Orgeln in die Synagogen kamen•Goethe, Bach und Buchenwald – Über die Aufführung der Matthäuspassion durch Felix •MendelssohnJüdische Musik im 3 Reich – verboten, vergessen … •Vortrag aus Anlass einer Aufführung der Kinderoper „Brundibar“ von Hans Krasa •Kirchenmusik im Lichte des christlich-jüdischen Dialogs•

Informationen: www kmd-johannes-vetter de

„Zwischen zwei Stühlen ...“Musikalische Werkstatt „Synagogale Musik seit dem 18. Jahrhundert“ am 14. Januar 2012 in Frankfurt

Spannend, lehrreich, prägnant, facetten-reich – das war die Musikalische Werkstatt zum Thema „Synagogale Musik“, die in der Frankfurter Segenskirche mit LKMD Christa Kirschbaum und den Referenten KMD Johannes Vetter aus Bielefeld und Thomas Wilhelm (an der Orgel) stattfand

E i n e g e l ö s t e u n d a n r e g e n d e Arbeitsatmosphäre - trotz des Themas, des-sen Hintergrund die Shoah, der schreckliche Traditionsabbruch jüdischen Lebens und auch der Musik in Deutschland ist, wodurch immer auch Trauer und Schuld als Gefühl im Hintergrund mitschwingen Trauer und Schuld auch der Kirche, mitgemacht zu haben, bei Ausgrenzung und Etikettierung der Mitbürger, sich selbst als Kirche und die darauf vertrauenden Menschen ver-raten und die Taufe ungültig gemacht zu

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haben, Mitchristen unter dem Druck des Naziregimes aus der Kirche ausgestoßen zu haben – ein ungeheures Geschehen, das erst seit einiger Zeit wahrgenommen und nun erforscht wird und seit Januar 2012 in einer Frankfurter Wanderausstellung doku-mentiert wird Die Musikalische Werkstatt ermöglichte, weit-gehend unbekannte interessante und schö-ne Musik aus der synagogalen Tradition zu hören und zu singen, z B Psalmvertonungen von Louis Lewandowski (1821-1894), die im Eröffnungsgottesdienst der Herbstsynode 2011 erklangen - wunderbar gesangliche, „machbare“ Stücke (auch für die sogenann-ten „kleineren Verhältnisse“) Die ca 20 TeilnehmerInnen wurden schon beim Ankommen mit Tönen der Sauer-Orgel begrüßt – man hört mit Interesse und Staunen unbekannte, schöne Stücke, die jedoch kaum gespielt werden Was ist daran jüdisch? fragt sich die Hörende Nichts, antwortet provokativ der Dozent

Johannes Vetter, der in Bielefeld auch in der Synagoge Orgel spielt und so ins Thema kam Sein spannender, inhaltlich und rednerisch hervorragender Vortrag ließ den Tag im Wechsel mit der Orgelmusik und der durch den Werkstattchor vom Blatt gesungenen Chormusik zu einem lebendigen Panorama jüdischen Musiklebens in Deutschland wer-den Eine umfangreiche Ausstellung von Büchern und Noten ergänzte den sehr gehaltvollen halben Tag In Vorbereitung des Tages kamen sehr viele Noten zusammen – nicht alles konnte leider zu Gehör gebracht werden Die Freude an den gefundenen Schätzen war bei allen Referenten, bei Thomas Wilhelm besonders, zu spüren – er hätte uns gerne noch mehr Orgelmusik gespielt – nur leider ließ dies die Zeit nicht zu

Ursula Reichert

Musikalische Werkstatt „Synagogale Musik“ (Literaturliste Chor)

Salomon Sulzer, Jisgadall•Salomon Sulzer, Ps 92 (Auszug)•Franz Schubert, Ps 92 – Kantor und 4stg Chor•

In: Schir Zion, Gesänge für den israelitischen Gottesdienst, revidierte Neuauflage von Joseph Sulzer, 3 Auflage, J Kauffmann-Verlag, Frankfurt/Main, o J ,http://shulmusic org/sulzer/sulz_1 htm

Moritz Deutsch, Viel Taten meldet Dichters Mund (Wochenfest-Lied)•Aus tiefer Not ruf ich zu Dir (Lied zum Versöhnungstag, Ps 130)•

In: Moritz Deutsch, Synagogale Gesänge für Chor mit und ohne OrgelbegleitungLaurentius-Musikverlag Frankfurt-Höchst, 2004 (LMV 009)

Berichte

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Moritz Tintner, Wir stehn in Deinen Hallen •(Lied zur Abendandacht für das neue Jahr)So erschien die schöne Stunde (Lied nach der Trauung)•

In: Moritz Tintner, Synagogale Gesänge für dreistimmigen gemischten ChorLaurentius-Musikverlag Frankfurt-Höchst, 2005 (LMV 028)

David Rubin, Heil’ger Jubelruf erschalle (Ps 100)•In: Drei Tempelgesänge für Solo, Chor und OrgelLaurentius-Musikverlag Frankfurt-Höchst, 2007 (LMV 086)

Samuel Welsch, Lobet Gott in seinem Heiligtume (Ps 150)•Max Löwenstamm, Hodo al erez (Ps 148, 13.14)•

In: Wolfram Harder (HG), Lobt den Herrn! Psalmvertonungen jüdischer Kantoren aus Böhmen und Mähren für vierstimmigen gemischten ChorEdition Dohr Köln, 2002 (E D 21833)

Franz Schubert, Gott ist mein Hirt (Ps 23),• Bearbeitung für vierstimmigen Chor und Orgel von Hans Georg Pflüger

In: Brahms – Mendelssohn - Schubert für Gottesdienst und KonzertGeistliches Chorbuch zum Jubiläumsjahr 1997Carus Verlag Stuttgart, 1997 (CV 2 081

Louis Lewandowski, Psalmen 23, 37, 121•in: Louis Lewandowski, 18 liturgische Psalmen für Soli, Chor und OrgelBreitkopf & Härtel, Wiesbaden, 1994 (B&H Partiturbibliothek 1399)

Sämtliche Notenausgaben sind in der Bibliothek des ZV vorhanden

Deutsches Centrum für Chormusik

Sehr geehrte ChorleiterInnen in der EKHN!Das Chorleiter-Forum Limburg wurde 1996 als Arbeitsgemeinschaft von Chorleiterinnen und Chorleitern ins Leben gerufen Ziel und Zweck dieser Organisation ist der weitere Ausbau der weltweit einmali-

gen Chornotenbibliothek im „Deutschen Centrum für Chormusik“ in Limburg (DCfC) sowie die Förderung von Kontakt und Austausch zwischen Chorleiterinnen und Chorleitern – besonders in Fragen zur Chorliteratur

Berichte

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Berichte

Alle Mitglieder des Chorleiter-Forums haben kostenlosen Zutritt zu den Einrichtungen des DCfC, können neue Chorliteratur kennen lernen, an Workshops und Reading Sessions für Chorleiterinnen und Chorleiter teilneh-men, rechtssichere Informationen über Urheberrecht, Bearbeitungsrecht erhalten, Suche nach Chornoten beauftragen und viele andere wertvolle Dienstleistungen in Anspruch nehmen Chorleiterinnen und Chorleiter können Ihre Mitgliedschaft im CF beantragen, wenn Sie mindestens einen Chor leiten oder sich in der Ausbildung zum Chorleiter befinden Das CF ist kein Verband, sondern ein lockerer Zusammenschluss, der im DCfC durch einen gewählten Sprecher vertreten wird Falls Sie weitere Fragen haben, können Sie sich auch per Email an unser Team wenden:Monika Gößwein-Wobbe (Sprecherin CF) (goesswein-wobbe@t-online de) oder Manfred Bender (Vorsitzender DCFC) (manfred@dcfc de)

Alljährlich findet seit vielen Jahren im Januar oder Februar das beliebte Treffen des Chorleiter-Forums in Limburg statt Damit verbunden ist die Veranstaltung „Komponisten zum Anfassen“, bei der inter-national renommierte Chorkomponisten den anwesenden Chorleitern ihre eigenen Werke nahebringen Chorleiter, die nachweisen, dass sie einen der EKHN angeschlossenen Chor leiten, erhalten eine Beitragsermäßigung Sie zahlen nur 36,– € für ein Jahr statt 48,– € Die vielen Leistungen und Vergünstigungen, die Chorleiter dafür bekommen, finden Sie auf dem beiliegenden Flyer oder im Internet unter www chorleiter-forum de Deutsches Centrum für Chormusik – Chorleiter-Forum LimburgRömer 2-4-6D 65549 Limburg an der Lahnwww dcfc de ; www chorleiter-forum de Tel 0 64 31 – 93 28 – 00E-mail: kontakt@dcfc de

Chorstiftung Philipp Reich

"Zweck der Stiftung ist die Förderung der kirchlichen Chorarbeit in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau" So steht es in der Satzung der Chorstiftung Philipp Reich

Die Stiftung wurde im Jahr 2005 gegründet Sie ist der Rechtsform nach eine rechtsfähi-ge kirchliche Stiftung bürgerlichen Rechts und als gemeinnützig vom Finanzamt aner-kannt

Mit dem Namen der Stiftung sollen die gro-ßen Verdienste von Philipp Reich gewürdigt werden, der nach dem II Weltkrieg in der neu gegründeten EKHN die kirchenmusi-kalische Arbeit aufgebaut und jahrzehnte-lang geprägt hat Er war Landesobmann des Landesverbandes evangelischer Kirchenchöre Hessen und Nassau, mit dessen Verbandsrat er in regelmäßi-gem Rhythmus Dekanats-, Propstei- und

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