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Klaus Mollenhauer · Helmut Tschöke Handbuch Dieselmotoren

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Klaus Mollenhauer · Helmut Tschöke

Handbuch Dieselmotoren

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Klaus Mollenhauer · Helmut Tschöke

HandbuchDieselmotoren3., neubearbeitete Auflage

Mit 580 zum Teil farbigen Abbildungen und 84 Tabellen

123

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Professor Dr.-Ing. Klaus Mollenhauer

Orber Straße 2514193 Berlin

[email protected]

Professor Dr.-Ing. Helmut Tschöke

Otto-von-Guericke-UniversitätInstitut für Mobile SystemeUniversitätsplatz 239106 Magdeburg

[email protected]

Herausgeber und Verlag danken der Robert Bosch GmbH, Stuttgart, für die Unterstützung bei derVeröffentlichung des Werkes.

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-540-72164-2 Springer Berlin Heidelberg New YorkISBN 978-3-540-41239-7 2. Auflage Springer Berlin Heidelberg New York

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die derÜbersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funk-sendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherungin Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. EineVervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Gren-zen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig.Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes.

Springer ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media

springer.de

© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1997, 2002, 2007

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werkberechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinneder Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher vonjedermann benutzt werden dürften. Text und Abbildungen wurden mit größter Sorgfalt erarbeitet.Verlag und Autor können jedoch für eventuell verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen wedereine juristische Verantwortung noch irgendeine Haftung übernehmen. Sollte in diesem Werk direktoder indirekt auf Gesetze, Vorschriften oder Richtlinien (z. B. DIN, VDI, VDE) Bezug genommen oderaus ihnen zitiert worden sein, so kann der Verlag keine Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit oderAktualität übernehmen. Es empfiehlt sich, gegebenenfalls für die eigenen Arbeiten die vollständigenVorschriften oder Richtlinien in der jeweils gültigen Fassung hinzuzuziehen.

Satz: Fotosatz-Service Köhler GmbH, WürzburgHerstellung: LE-TEX Jelonek, Schmidt & Vöckler GbR, LeipzigEinbandgestaltung: WMX Design, Heidelberg

Gedruckt auf säurefreiem Papier 68/3100/YL – 5 4 3 2 1 0

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Schon mit der 1. Auflage des Standardwerkes „Handbuch Dieselmotoren“ war beabsichtigt, den aktuellen Stand und künftige Entwicklungen der Dieselmotorentechnik zu ver­mitteln. Seit dem Erscheinen der 2. Auflage des Handbuches im Jahr 2002 hat sich der Dieselmotor mit großer Dynamik als energiesparender, sauberer, leistungsstarker und komfor­tabler Antrieb für den mobilen und stationären Einsatz weiterentwickelt. Nach wie vor stehen angesichts beschränk­ter Erdölvorräte und der Diskussion um die prognostizierte Klimaveränderung die Reduzierung des Verbrauchs und der Einsatz alternativer Kraftstoffe bei größtmöglicher Abgas­reinheit, weiter steigender Leistungsdichte sowie verbes­sertem Betriebsverhalten des Dieselmotors im Fokus der Entwicklung. Diese orientiert sich auch an den gesetzlichen Rahmenbedingungen, den Kundenanforderungen und nicht zuletzt am Wettbewerb mit dem Ottomotor als dem nach wie vor als Benchmark geltenden Pkw­Antrieb.

Vor diesem Hintergrund wurden die behandelten The­men neu gewichtet: Neben den innermotorischen Maß­nahmen zur Abgasemissionsminderung mit Hilfe neuer Brennverfahren und neuer Kraftstoffe ist vor allem der Abschnitt Abgasnachbehandlung stark erweitert worden. Der im Pkw­Bereich Ende der neunziger Jahre serienmäßig eingeführte Oxydationskatalysator genügte bald nicht mehr den gestiegenen Anforderungen an die Lufthygiene: Parti­kelfilter und Systeme zur Stickoxidreduzierung, z. B. SCR­ und Speicherkatalysatoren, erhielten deshalb mehr Gewicht.

Die neuen Brennverfahren mit einem gegenüber der nor­malen Diffusionsverbrennung gesteigerten Anteil an vorge­mischter, homogener Verbrennung gehören ebenso zum Inhalt des Handbuches wie die Entwicklung der Aufladung zur Steigerung der Leistungsausbeute, wobei mit erhöhtem effektiven Mitteldruck auch der Zylinderspitzendruck und damit die Grenze der Belastung zunimmt. Zeichnete sich Ende der neunziger Jahre mit dem Umstieg von der indi­rekten zur direkten Einspritzung im Pkw­Bereich das Com­mon­Rail­System als das kommende Einspritzverfahren ab,

so galt es zu Beginn des neuen Jahrtausends als bei Pkw­Motoren etabliert und wurde – zunächst noch versuchswei­se – auch bei größeren Dieselmotoren eingesetzt. Heute findet man das Common­Rail­System serienmäßig bei nahezu allen Baugrößen der Dieselmotoren. Folglich wer­den die verschiedenen Ausführungsformen, z. B. mit magnetventilgesteuerten oder piezoaktuierten Injektoren, entsprechend der aktuellen, jedoch noch nicht abgeschlosse­nen Entwicklung ausführlich behandelt. Dementsprechend wird auch der Elektronik mit ihren vielfältigen Möglich­keiten zur Steuerung und Regelung von Prozessabläufen im Motor breiter Raum eingeräumt.

Herausgeber und Verlag wollen mit dieser dritten, in wei­ten Bereichen völlig neu bearbeiteten Auflage dem Anspruch gerecht werden, dem Leser den Dieselmotor und sein großes Anwendungsspektrum wissenschaftlich und praxisnah vor­zustellen. Das Handbuch wendet sich sowohl an den Exper­ten als auch an den technisch interessierten Nichtfachmann und den Ingenieurstudenten. Zur Aufbereitung des Fach­wissens trugen über 50 Autoren – alles exzellente Diesel­fachleute – sowie das kompetente Fachlektorat des Springer­Verlags wesentlich bei. Ihnen sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Zum neuen Inhalt des Buches gesellt sich das ange­passte, zweispaltige Layout und die nun fortlaufend in die Kapitel eingefügten farbigen Darstellungen der Bilder und Diagramme. Von den Helferinnen und Helfern im Hinter­grund, die zum Gelingen des Buches beigetragen haben, soll stellvertretend Frau Monika Schmidt vom Institut für Mobi­le Systeme der Otto­von­Guericke­Universität Magdeburg, zuständig für die nicht ganz einfache Aufbereitung des Text­ und Bildmaterials, dankend erwähnt werden.

Ganz besonderer Dank gilt der Robert Bosch GmbH, Geschäftsbereich Diesel Systems, für die fachliche und finanzielle Unterstützung, die erst ermöglicht hat, dieses umfangreiche Werk fertigzustellen. Den Herausgebern hat die Zusammenarbeit mit den Autoren, dem Verlag und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern trotz mancher Hektik und erheblicher Zusatzbelastung viel Freude gemacht.

Vorwort zur 3. Auflage

Berlin Klaus MollenhauerundMagdeburg, im Sommer 2007 Helmut Tschöke

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Vorwort zur 1. Auflage

„Mein Motor macht immer noch große Fort­schritte …“ 1

(Rudolf Diesel, 1895)

Diesen Fortschritten nachzugehen, den heute erreichten Stand der Dieselmotorentechnik zu dokumentieren, ist das Anliegen dieses Buches. Den Anstoß zur Herausgabe eines VDI­Handbuches Dieselmotoren gab das Gedenken an die vor rund hundert Jahren vollzogene Umsetzung der Idee Rudolf Diesels von einem rationellen Wärmemotor in die Realität. Nach der Patentanmeldung im Jahre 1892 und der Aufnahme der Arbeiten an seinem Motor im darauffolgen­den Jahr dauerte es weitere vier Jahre, bis der Verein Deut­scher Ingenieure mit der VDI­Tagung in Kassel Rudolf Diesel das Podium bot, von dem aus er am 16. Juni 1897 der Öffentlichkeit seinen Motor vorstellte, der bald darauf den Namen seines genialen Erfinders trug.

Das Handbuch ist weniger für den engen Kreis der Diesel­Experten gedacht als vielmehr für den ingenieurmäßig vorgebildeten oder zumindest technisch versierten „Diesel­Laien“, der – möglicherweise angeregt durch die Diskussion um das Drei­Liter­Auto – einen umfassenden, fundierten Überblick über die Dieselmotorentechnik und ihren Ent­wicklungsstand gewinnen will, möglichst aus erster Hand. Aber auch dem Motorenfachmann soll das Buch im Sinne einer Gesamtschau helfen, seine Kenntnisse abseits der eige­nen, oft sehr speziellen Erfahrungen zu ergänzen oder auf­zufrischen.

Dieser Zielsetzung entspricht die Gliederung des Buches in fünf Hauptteile. Zunächst wird dem Leser nach einem kurzen Abriss der Geschichte des Dieselmotors Grundlagen­wissen vermittelt, das u.a. auch die Aufladetechnik und die dieselmotorische Verbrennung bis hin zu den Kraftstoffen umfasst. In den folgenden drei Teilen werden Fragen zur Beanspruchung und konstruktiven Gestaltung ausgewählter

Bauteile, zum Betrieb von Dieselmotoren und die dadurch verursachte Umweltbelastung einschließlich von Maßnah­men zu deren Verminderung behandelt. Im fünften Teil wird die gesamte Motorenpalette vom Einzylinder­Klein­dieselmotor bis zum großen, langsamlaufenden Zweitakt­Dieselmotor vorgestellt. Den Abschluss bildet ein Exkurs zur weiteren Entwicklung der dieselmotorischen Verbren­nung, der auch die Anfänge unter Rudolf Diesel einer neuen Wertung unterzieht. Ein Anhang enthält auch eine Zusammenstellung der für Dieselmotoren wichtigsten Nor­men und Regeln.

Wegen der Allgemeingültigkeit werden mathematische Zusammenhänge als Größengleichungen dargestellt. Für Zahlenwerte werden die SI­Einheiten verwendet bei Angabe von Drücken in Bar (bar, mbar). Auf eine Zusammenstel­lung der Formelzeichen wurde verzichtet, da sie jeweils im Text erläutert werden und eine durchgängig einheitliche Bezeichnung angestrebt wurde. Nur bei der Kenngröße für die Arbeitsausbeute eines Motors, der spezifischen Nutz­arbeit we bzw. dem mittleren effektivem Druck pe konnte dies nicht erreicht werden, worauf im Text näher eingegan­gen wird.

Um den mit einem Handbuch Dieselmotoren verbunde­nen Erwartungen und Ansprüchen entsprechen zu können, war ich auf die Mitarbeit von hervorragenden Ingenieuren aus der Motorenindustrie ebenso angewiesen, wie auf die von Professoren an den Technischen Hochschulen und Universitäten. Besteht doch seit den Tagen Diesels, dessen Erfindung auf dem Ingenieurwissen seiner Zeit fußte, in der Motorenforschung eine besonders enge Verbindung zwischen Theorie und Praxis, zwischen Hochschule und Industrie. Hier ist die durch die Forschungsvereinigung Verbrennungskraftmaschinen e.V. (FVV), Frankfurt a. M., initiierte und betreute Gemeinschaftsforschung hervorzu­heben.

Allen Autoren möchte ich für ihre Mitarbeit, das bereit­willige Eingehen auf meine Vorstellungen und die vielen fruchtbaren Diskussionen danken. Das gilt für die in der Industrie Tätigen, wo heutzutage oftmals das Äußerste an Einsatz abverlangt wird, ebenso wie für meine Kollegen an den Hochschulen, wo die Zeiten schöpferischer Muße längst der Vergangenheit angehören. Für jeden Autor ging die zu­

1 Das Zitat entstammt einem Brief Diesels vom 3. Juli 1895 an seine Frau, nachdem zuvor am 26. Juni erstmals ein Nutzwirkungs­grad von über 16% ermittelt worden war [E. Diesel: Diesel, der Mensch, das Werk, das Schicksal. Stuttgart: Reclam 1953, a.a.O., S. 194/195].

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sätzlich übernommene Arbeit zu Lasten der schon mageren Freizeit.

Deshalb möchte ich in meinen Dank auch die jeweiligen Lebenspartner und engeren Familienangehörigen einbezie­hen. Ihr Verständnis unter Zurückstellen eigener Wünsche und Ansprüche – hier spreche ich aus eigener Erfahrung – hat letztlich mit zum Entstehen des gemeinsamen Werkes beigetragen.

Zu danken ist auch den Firmen, die ihren Mitarbeitern die Nebentätigkeit gestatteten, das Erstellen von Text und Bildvorlagen unterstützten sowie bereitwillig Unterlagen zur Verfügung stellten. Anerkennung gebührt auch den vielen Helfern in den Betrieben und Instituten für ihre Zuarbeit, ohne die ein derart umfangreiches Buchmanuskript nicht hätte entstehen können.

Mein Dank gilt auch den beteiligten Verlagen: Dem VDI­Verlag bzw. seinem Fachlektorat, das die Idee zu diesem Buch hatte, bei der Verlagsleitung durchsetzte und zunächst verfolgte, insbesondere jedoch dem Springer­Verlag und

seiner Produktion, die das ins Stocken geratene Projekt auf­griffen und tatkräftig vorantrieben, um es noch im Jubi­läumsjahr des 100. Geburtstages des Dieselmotors auf den Markt zu bringen, um somit, wie schon einmal vor über 100 Jahren2, dazu beizutragen, die Idee Rudolf Diesels vom „rationellen Wärmemotor“ zu verbreiten.

Dass der Dieselmotor bis heute die wirtschaftlichste Wärmekraftmaschine ist und sich zu dem heutigen Stand eines High­Tech­Produktes entwickelte, ist der Arbeit vieler Generationen von Werkern, Ingenieuren, Wissenschaftlern und Professoren zu danken. Ich widme daher dieses Buch dem Andenken meiner akademischen Lehrer an der Tech­nischen Universität Berlin, meiner langjährigen Wirkungs­stätte, deren Namen mit der Entwicklung des Dieselmotors in besonderem Maße verbunden sind:

Walter Pflaum (1896 bis 1989),Friedrich Sass (1883 bis 1968) undHeinrich Triebnigg (1896 bis 1969).

Berlin, im Frühjahr 1997 Klaus Mollenhauer

Vorwort zur 1. Auflage VII

2 Diesel, R.: Theorie und Konstruktion eines rationellen Wärme­motors zum Ersatz der Dampfmaschinen und der heute bekann­ten Verbrennungsmotoren. Berlin: Springer­Verlag 1893.

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Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI

Teil I Der Arbeitsprozess des Dieselmotors

1 Geschichte und Grundlagen des Dieselmotors . . . . . . . 3 1.1 Historie des Dieselmotors (Klaus Mollenhauer). . . . . . . . . . . . . . . 3 1.2 Motortechnische Grundlagen (Klaus Mollenhauer). . . . . . . . . . . . . . . 9 1.3 Berechnung des realen Arbeitsprozesses (Klaus Schreiner). . . . . . . . . . . . . . . . . 20

2 Ladungswechsel und Aufladung (Helmut Pucher) . . . . 34 2.1 Ladungswechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 2.2 Aufladung von Dieselmotoren. . . . . . . . . 42 2.3 Programmierte Ladungswechselberechnung 63

3 Dieselmotorische Verbrennung (Klaus B. Binder) . . . 68 3.1 Gemischbildung und Verbrennung . . . . . . 68 3.2 Konstruktive Merkmale . . . . . . . . . . . . 78 3.3 Alternative Verbrennungsverfahren . . . . . 82 3.4 Prozesssimulation von Einspritzverlauf und Brennverlauf . . . . . . . . . . . . . . . . 84

4 Kraftstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 4.1 Dieselkraftstoff für Fahrzeugmotoren (Gerd Hagenow, Klaus Reders) . . . . . . . . . 86 4.2 Alternative Kraftstoffe (Hanns-Erhard Heinze, Wolfgang Steiger) . . . . . . . . . . . . . . . . 105 4.3 Schwerölbetrieb von Schiffs­ und Stationärmotoren (Detlef Zigan) . . . . . . . . 118 4.4 Brenngase und Gasmotoren (Dirk Mooser) . 129

5 Kraftstoffeinspritztechnik . . . . . . . . . . . . . . . . 143 5.1 Einspritzhydraulik (Walter Egler) . . . . . . . 143 5.2 Einspritzdüsen und Düsenhalter (Rolf Jürgen Giersch) . . . . . . . . . . . . . . 146

5.3 Einspritzsysteme (Friedrich Boecking, Jürgen Hammer, Jaroslav Hlousek, Patrick Mattes, Ulrich Projahn, Winfried Urner) . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 5.4 Messtechnik für Einspritzsysteme (Björn Janetzky) . . . . . . . . . . . . . . . . . 192

6 Regelung und Steuerung der Kraftstoffeinspritzsysteme . 198 6.1 Mechanische Regelung (Ulrich Projahn) . . . 198 6.2 Elektronische Regelung (Helmut Randoll) . . 198 6.3 Sensoren (Erich Biermann, Jörg Brückner, Karsten Funk, Thomas Küttner) . . . . . . . . 208 6.4 Diagnose (Walter Lehle) . . . . . . . . . . . . 211 6.5 Applikation (Joachim Zuern) . . . . . . . . . . 214

Teil II Zur Konstruktion von Dieselmotoren

7 Belastung von Motorbauteilen . . . . . . . . . . . . . . 219 7.1 Mechanische und thermische Bauteil­ belastung (Dietmar Pinkernell) . . . . . . . . 219 7.2 Wärmeübergang und Wärmebelastung im Motor (Michael Bargende) . . . . . . . . . 228

8 Gestaltung, Mechanik und Beanspruchung des Triebwerks 247 8.1 Bauformen und mechanische Eigenschaften des Triebwerks (Eduard Köhler) . . . . . . . . 247 8.2 Beanspruchung des Triebwerks (Eduard Köhler) . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 8.3 Massenausgleich des Triebwerks (Eduard Köhler) . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 8.4 Drehschwingungen des Triebwerks (Eduard Köhler) . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 8.5 Lager und Lagerwerkstoffe (Eckhart Schopf) 288 8.6 Kolben, Kolbenringe und Kolbenbolzen (Uwe Mohr) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300

Inhaltsverzeichnis

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Inhaltsverzeichnis IX

15.6 Abgasmessverfahren (Kurt Engeljehringer, Wolfgang Schindler) . . . . . . . . . . . . . . . 518

16 Geräuschemission von Dieselmotoren . . . . . . . . . . . 537 16.1 Grundlagen der Akustik (Bruno M. Spessert) . . . . . . . . . . . . . . . 537 16.2 Entwicklung der Motorgeräuschemission (Bruno M. Spessert) . . . . . . . . . . . . . . . 537 16.3 Motoroberflächengeräusch (Bruno M. Spessert) . . . . . . . . . . . . . . . 539 16.4 Aerodynamische Motorgeräusche (Bruno M. Spessert) . . . . . . . . . . . . . . . 550 16.5 Geräuschreduktion durch Kapselung (Hans A. Kochanowski) . . . . . . . . . . . . . 551 16.6 Geräteseitige Motorgeräuschdämmung (Bruno M. Spessert) . . . . . . . . . . . . . . . 555

Teil V Ausgeführte Dieselmotoren

17 Fahrzeugdieselmotoren. . . . . . . . . . . . . . . . . . 561 17.1 Dieselmotoren für Personenkraftwagen (Fritz Steinparzer) . . . . . . . . . . . . . . . . 561 17.2 Dieselmotoren für leichte Nutzfahrzeuge (Klaus Blumensaat, Georg Paehr) . . . . . . . 578 17.3 Dieselmotoren für schwere Nutzfahrzeuge und Busse (Wolfgang Held) . . . . . . . . . . . 585 17.4 Schnelllaufende Hochleistungsdiesel­ motoren (Christoph Teetz) . . . . . . . . . . . 604

18 Industrie- und Schiffsmotoren . . . . . . . . . . . . . . 619 18.1 Einzylinder­Kleindieselmotoren (Günter Kampichler) . . . . . . . . . . . . . . 619 18.2 Einbau­ und Industriemotoren (Heiner Bülte) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 630 18.3 Mittelschnelllaufende Viertakt­ Dieselmotoren (Franz Koch) . . . . . . . . . . 642 18.4 Langsamlaufende Zweitakt­Dieselmotoren (Klaus Heim) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 658

Normen und Richtlinien für Verbrennungsmotoren * . . . . . 675

Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 685

Inserentenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 703

9 Motorkühlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 9.1 Interne Motorkühlung (Klaus Mollenhauer) . 324 9.2 Externe Motorkühlsysteme (Jochen Eitel). . . 345

10 Werkstoffe und ihre Auswahl (Johannes Betz) . . . . . . 378 10.1 Bedeutung der Werkstoffe für den Dieselmotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 10.2 Technische Werkstoffe für Motorenteile . . . 379 10.3 Faktoren für die Werkstoffauswahl . . . . . . 388 10.4 Lebensdauerkonzepte und Werkstoffdaten. . 388 10.5 Verfahren zur Lebensdauersteigerung . . . . 390 10.6 Entwicklungstendenzen . . . . . . . . . . . . 392

Teil III Betrieb von Dieselmotoren

11 Schmierstoffe und Schmiersystem (Hubert Schwarze) . 399 11.1 Schmierstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 11.2 Schmiersystem. . . . . . . . . . . . . . . . . . 411

12 Start- und Zündhilfesysteme (Wolfgang Dressler, Stephan Ernst) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418 12.1 Bedingungen zur Kraftstoffselbstzündung . . 418 12.2 Kraftstoffzündung mit Hilfsmitteln . . . . . . 418 12.3 Start­ und Zündhilfesysteme. . . . . . . . . . 419 12.4 Kaltstart­, Kaltlaufverhalten und Kaltlaufemissionen bei Pkw­Motoren. . . . . 420

13 Ansaug- und Abgasanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . 429 13.1 Luftfilter (Oswald Parr) . . . . . . . . . . . . . 429 13.2 Abgasanlagen (Leonhard Vilser) . . . . . . . . 436

14 Abwärmeverwertung (Franz Hirschbichler) . . . . . . 444 14.1 Grundlagen der Abwärmenutzung . . . . . . 444 14.2 Möglichkeiten der Abwärmenutzung . . . . . 446

Teil IV Umweltbelastung durch Dieselmotoren15 Abgasemission von Dieselmotoren . . . . . . . . . . . . 461 15.1 Allgemeine Zusammenhänge (Helmut Tschöke) . . . . . . . . . . . . . . . . 461 15.2 Abgasgesetzgebung (Andreas Graf, Jürgen Stein) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471 15.3 Schadstoffe und ihre Entstehung (Michael Krüger, Johannes Schaller) . . . . . . 488 15.4 Innermotorische Maßnahmen zur Schadstoffreduktion (Michael Krüger, Johannes Schaller) . . . . . . 495 15.5 Abgasnachbehandlung (Michael Krüger, Norbert Breuer) . . . . . . . 502

* Die Zusammenstellung der Normen und Richtlinien wurde uns dankenswerterweise vom VDMA, Fachverband Power Systems, Frankfurt/M., zur Verfügung gestellt.

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Bargende, Michael, Prof. Dr.­Ing., IVK­Universität Stuttgart: Abschn. 7.2

Betz, Johannes, Langenargen: Kap. 10Biermann, Erich, Dr.­Ing., Robert Bosch GmbH, Stuttgart:

Abschn. 6.3Binder, Klaus B., Prof. Dr.­Ing., Deizisau: Kap. 3Blumensaat, Klaus, Volkswagen AG, Wolfsburg: Abschn.

17.2Boecking, Friedrich, Robert Bosch GmbH, Stuttgart:

Abschn. 5.3Breuer, Norbert, Dr.­Ing., Robert Bosch GmbH, Stuttgart:

Abschn. 15.5Brückner, Jörg, Dr., Robert Bosch GmbH, Stuttgart:

Abschn. 6.3Bülte, Heiner, Dr.­Ing., Deutz AG, Köln: Abschn. 18.2Dressler, Wolfgang, Dr., Robert Bosch GmbH, Stuttgart:

Kap. 12Egler, Walter, Robert Bosch GmbH, Stuttgart: Abschn. 5.1Eitel, Jochen, Behr GmbH & Co. KG, Stuttgart: Abschn.

9.2Engeljehringer, Kurt, AVL List GmbH, Graz: Abschn. 15.6Ernst, Stephan, Dr., Robert Bosch GmbH, Stuttgart: Kap. 12Funk, Karsten, Dr.­Ing., Robert Bosch GmbH, Stuttgart:

Abschn. 6.3Giersch, Rolf Jürgen, Dipl.­Ing., Robert Bosch GmbH,

Stuttgart: Abschn. 5.2Graf, Andreas, Dipl.­Ing., DaimlerChrysler AG,

Sindelfingen: Abschn. 15.2Hagenow, Gerd, Dr., Shell Global Solutions (Deutschland)

GmbH, Hamburg: Abschn. 4.1Hammer, Jürgen, Dr.­Ing., Robert Bosch GmbH, Stuttgart:

Abschn. 5.3Heim, Klaus, Wärtsilä NSD Schweiz AG, Winterthur/

Schweiz: Abschn. 18.4Heinze, Hanns-Erhard, Dr.­Ing., Otto­von­Guericke­

Universität Magdeburg: Abschn. 4.2Held, Wolfgang, Dr.­Ing., MAN Nutzfahrzeuge AG,

Nürnberg: Abschn. 17.3

Hirschbichler, Franz, Dr., MDE Dezentrale Energiesysteme GmbH, Augsburg: Kap. 14

Hlousek, Jaroslav, Dipl.­Ing., Robert Bosch GmbH, Hallein/Österreich: Abschn. 5.3

Janetzky, Björn, Dr.­Ing., Robert Bosch GmbH, Stuttgart: Abschn. 5.4

Kampichler, Günter, Dipl.­Ing., Ruhstorf/Rott: Abschn. 18.1

Koch, Franz, Dr.­Ing., MAN B&W Diesel Ltd., Stockport/England: Abschn. 18.3

Kochanowski, Hans A., Dr.­Ing., Hatz GmbH & Co. KG, Ruhstorf/Rott: Abschn. 16.5

Köhler, Eduard, Dr.­Ing. habil., Heilbronn: Abschn. 8.1 bis 8.4

Krüger, Michael, Dr., Robert Bosch GmbH, Stuttgart: Abschn. 15.3 bis 15.5

Küttner, Thomas, Dipl.­Ing., Robert Bosch GmbH, Stuttgart: Abschn. 6.3

Lehle, Walter, Dr., Robert Bosch GmbH, Stuttgart: Abschn. 6.4

Mattes, Patrick, Dr., Robert Bosch GmbH, Stuttgart: Abschn. 5.3

Mohr, Uwe, Dr., Stuttgart: Abschn. 8.6Mollenhauer, Klaus, Prof. Dr.­Ing., Berlin: Abschn. 1.1, 1.2

und 9.1Mooser, Dirk, Dr.­Ing., Caterpillar Motoren GmbH & Co.

KG, Kiel: Abschn. 4.4Paehr, Georg, Dr., Volkswagen AG, Wolfsburg: Abschn.

17.2Parr, Oswald, Dr.­Ing., Ludwigsburg: Abschn. 13.1Pinkernell, Dietmar, MAN Diesel SE, Augsburg: Abschn.

7.1Projahn, Ulrich, Dr.­Ing., Robert Bosch GmbH, Stuttgart:

Abschn. 5.3 und 6.1Pucher, Helmut, Prof. Dr.­Ing., Technische Universität

Berlin: Kap. 2Randoll, Helmut, Dr. rer. nat., Robert Bosch GmbH,

Stuttgart: Abschn. 6.2

Autorenverzeichnis

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XII Inhaltsverzeichnis

Reders, Klaus, Dipl.­Ing., Shell Global Solutions (Deutsch­land) GmbH, Hamburg: Abschn. 4.1

Schaller, Johannes, Dr., Robert Bosch GmbH, Stuttgart: Abschn. 15.3 und 15.4

Schindler, Wolfgang, Dr., AVL List GmbH, Graz: Abschn. 15.6Schopf, Eckhart, Dr.­Ing., Federal Mogul Wiesbaden

GmbH, Wiesbaden: Abschn. 8.5Schreiner, Klaus, Prof. Dr.­Ing., Bermatingen: Abschn. 1.3Schwarze, Hubert, Prof. Dr.­Ing., TU Clausthal, Clausthal­

Zellerfeld: Kap. 11Spessert, Bruno M., Prof. Dr.­Ing., Fachhochschule Jena:

Abschn. 16.1 bis 16.4 und 16.6Steiger, Wolfgang, Dr.­Ing., Volkswagen AG, Wolfsburg:

Abschn. 4.2

Stein, Jürgen, DaimlerChrysler AG, Stuttgart: Abschn. 15.2Steinparzer, Fritz, Ing., BMW Motoren GmbH, Steyr/

Österreich: Abschn. 17.1Teetz, Christoph, Dr.­Ing., MTU Friedrichshafen: Abschn.

17.4Tschöke, Helmut, Prof. Dr.­Ing., Otto­von­Guericke­

Universität Magdeburg: Abschn. 15.1 Urner, Winfried, Robert Bosch GmbH, Stuttgart: Abschn.

5.3Vilser, Leonhard, Dr.­Ing., Fa. Eberspächer, Esslingen:

Abschn. 13.2Zigan, Detlef, Dr.­Ing., Kiel: Abschn. 4.3Zuern, Joachim, Robert Bosch GmbH, Stuttgart: Abschn.

6.5

Autorenverzeichnis XII

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Teil I Der Arbeitsprozess des Dieselmotors

1 Geschichte und Grundlagen des Dieselmotors 3

2 Ladungswechsel und Aufladung 34

3 Dieselmotorische Verbrennung 68

4 Kraftstoffe 86

5 Kraftstoffeinspritztechnik 143

6 Regelung und Steuerung der Kraftstoffeinspritz- systeme 198

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1.1 Historie des Dieselmotors

Am 27. Februar 1892 meldet der Ingenieur Rudolf Diesel beim Kaiserlichen Patentamt zu Berlin ein Patent auf „Neue rationelle Wärmekraftmaschinen“ an, worauf ihm am 23. Feb­ruar 1893 das DRP 67207 über „Arbeitsverfahren und Aus­führungsart für Verbrennungskraftmaschinen“, datiert auf den 28. Februar 1892, erteilt wird: Ein wichtiger, erster Schritt auf dem Weg zu dem selbst gesetzten Ziel, das Diesel seit sei­ner Studienzeit beschäftigt, wie seiner Biographie zu entneh­men ist:

Geboren am 18. März 1858 in Paris als Sohn deutscher Eltern verschlägt es ihn, noch ein Schuljunge, mit Ausbruch des Deutsch­Französischen Krieges 1870/71 über London nach Augsburg, wo er bei Pflegeeltern aufwächst. Ohne familiären und finanziellen Rückhalt ist der junge Rudolf Diesel gezwungen, sein Leben selbst zu organisieren und u.a. durc h Nachhilfeunterricht zum Unterhalt beizutragen. Stipendien ermöglichen ihm schließlich ein Studium am Polytechnikum München, der späteren Technischen Hoch­schule, das er 1880 als bester aller bis dahin Examinierten verlässt.

Dort, in den Vorlesungen von Professor Linde über die „Theorie der Calorischen Maschinen“, wird dem Studenten Diesel klar, welche enorme Energieverschwendung die Dampfmaschine, die dominierende Wärmekraftmaschine jener Zeit, betreibt, wenn man sie an dem von Carnot 1824 formulierten Idealprozess der Energiewandlung misst, s. Abschn. 1.2. Bei Wirkungsgraden von ca. 3% wird außer­dem durch die lästige Rauchentwicklung damaliger Kessel­feuerungen die Luft erheblich verschmutzt!

Erhaltene Kolleghefte bezeugen, dass sich schon der Stu­dent Diesel Gedanken über eine Realisierung des Carnot­Prozesses machte, möglichst durch unmittelbare Nutzung der in der Steinkohle enthaltenen Energie ohne Dampf als Zwischenmedium. Auch während seiner Tätigkeit für Lindes Eismaschinen, die ihn über Paris nach Berlin führt, verfolgt

er ehrgeizig die Idee eines rationellen Motors, von dessen Erfindung er sich wirtschaftliche Unabhängigkeit verbun­den mit sozialem Aufstieg verspricht. Schließlich kommt es zur bereits erwähnten Anmeldung und Erteilung des Patents [1­1] mit folgendem Anspruch 1:

„Arbeitsverfahren für Verbrennungskraftmaschinen, gekennzeichnet dadurch, dass in einem Zylinder vom Arbeitskolben reine Luft oder anderes indifferentes Gas (bzw. Dampf) mit reiner Luft so stark verdichtet wird, dass die hierdurch entstandene Temperatur weit über der Ent­zündungstemperatur des zu benutzenden Brennstoffes liegt (Curve 1­2 des Diagramms Fig. 2), worauf die Brenn­stoffzufuhr vom toten Punkt ab so allmählich stattfindet, dass die Verbrennung wegen des ausschiebenden Kolbens und der dadurch bewirkten Expansion der verdichteten Luft (bzw. des Gases) ohne wesentliche Druck­ und Temperatur­erhöhung erfolgt (Curve 2­3 des Diagramms Fig. 2), worauf nach Abschluss der Brennstoffzufuhr die weitere Expansion der im Arbeitszylinder befindlichen Gasmasse stattfindet (Curve 3­4 des Diagramms Fig. 2)“.

Nach der Entspannung auf den Ausgangsdruck erfolgt längs der Isobaren 4­1 (Bild 1­1) die Wärmeabfuhr und somit das Schließen des Prozesses.

Ein 2. Anspruch erhebt Patentschutz auf eine mehrstufige Kompression und Expansion, wozu Diesel einen dreizylind­rigen Compoundmotor vorschlägt (Bild 1­2). In zwei, um 180° versetzt laufenden Hochdruckzylindern 2, 3 erfolgt die adiabate Kompression sowie die Selbstzündung des im obe­ren Totpunkt über den Trichter B so zugeführten Brenn­stoffs (Diesel spricht zunächst von Kohlenstaub), dass eine isotherme Verbrennung und Expansion erfolgt, die nach Brennschluss in eine adiabate übergeht. Nach Überschieben des Verbrennungsgases in den doppeltwirkenden, mittleren Zylinder 1 findet dort die Restexpansion auf Umgebungs­druck und nach Bewegungsumkehr das Ausschieben statt, gleichzeitig mit der isothermen Vorverdichtung unter Was­sereinspritzen bzw. dem vorhergegangenen Ansaugen der Frischladung für den parallel dazu ablaufenden zweiten

1 Geschichte und Grundlagen des Dieselmotors

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4 1 Geschichte und Grundlagen des Dieselmotors

Arbeitsprozess, sodass pro Umdrehung ein Arbeitsspiel erfolgt.

Diesel greift also zur Realisierung des Carnot-Prozesses auf das seit Nikolaus Otto zum „Stand der Technik“ gehö-rende Viertakt-Verfahren zurück. Er glaubt, durch die iso-therme Verbrennung bei maximal 800 °C die Tempera-turbelastung im Motor so gering halten zu können, dass er ohne Kühlung auskommt. Diese Grenztemperatur bedingt Kompressionsdrücke von ca. 250 at, womit sich Diesel weit über den geltenden „Stand der Technik“ erhebt: Das verleiht dem „Seiteneinsteiger“ Diesel einerseits die notwendige Unbedarftheit zur Durchsetzung seiner Idee, andererseits schrecken im Motorenbau erfahrene Firmen, wie die Gas-motoren-Fabrik Deutz, vor dem Diesel-Projekt zurück.

Sich bewusst, dass „eine Erfindung aus zwei Teilen besteht: der Idee und ihrer Ausführung“ [1-3], hatte Diesel dazu eine Druckschrift „Theorie und Konstruktion eines rationellen Wärmemotors“ [1-4] verfasst, die er zum Jahreswechsel 1892/93 an Professoren und Industrielle, also auch nach Deutz, verschickte, um seine Ideen zu propagieren und die Industrie für sich zu gewinnen: Bei einem Carnot-Wir-kungsgrad von ca. 73% bei 800 °C erwartet er im prakti-schen Betrieb Verluste von maximal 30 bis 40%, was einem Nutzwirkungsgrad von ca. 50% entspräche [1-4, S. 51].

Endlich kommt es nach fast einjährigem Bemühen und Taktieren im Frühjahr 1893 zum Vertrag zwischen Diesel und der renommierten, von Heinrich Buz geleiteten Maschinenfabrik Augsburg AG, die u.a. führend im Bau von

Dampfmaschinen ist. Der Vertrag enthält Konzessionen Diesels an den Idealmotor: Der Höchstdruck wird von 250 at auf 90 at, später auf 30 at gesenkt, die 3-zylindrige Verbund-maschine auf einen Hochdruckzylinder reduziert sowie Kohlenstaub als Kraftstoff verworfen. Dem für Diesel lukra-tiven Vertrag treten mit Krupp und bald danach Sulzer zwei weitere Firmen des Schwermaschinenbaus bei.

Im Frühsommer 1893 beginnt man in Augsburg mit dem Bau des ersten, ungekühlten Versuchsmotors mit einem Hub von 400 mm bei 150 mm Bohrung. Als Kraftstoff ist zwar Petroleum vorgesehen, doch wird am 10. August 1893 bei geschlepptem Motor zunächst Benzin eingespritzt, in der irrigen Annahme, dass es leichter zündet: Das Prinzip der Selbstzündung erfährt zwar seine Bestätigung, wenn auch bei Drücken von über 80 bar der Indikator platzt!

Die weitere Entwicklung kann man anhand ausgewählter Indikatordiagramme verfolgen (Bild 1-3): Nach Umbau des 1. Motors, der später eine Wasserkühlung erhält, zeigt sich, dass der Kraftstoff nicht direkt, sondern nur mit Hilfe von Druckluft eingespritzt, zerstäubt und verbrannt werden kann. Mit dem 1. Leerlauf des bisher geschleppten Motors wird der Motor am 17. Februar 1894 selbstständig. Schließ-lich erfolgt am 26. Juni 1895 ein erster Bremsversuch: Mit Petroleum als Kraftstoff und fremderzeugter Einblaseluft wird bei einem Verbrauch von 382 g/PSh ein indizierter Wirkungsgrad von i = 30,8% und ein Nutzwirkungsgrad von e = 16,6% ermittelt.

Doch erst mit einer Neukonstruktion, dem mit einer ein-stufigen Luftpumpe versehenen 3. Versuchsmotor [1-2], gelingt der Durchbruch: Am 17. Februar 1897 führt Profes-sor Moritz Schröter von der Technischen Hochschule Mün-chen Abnahmeversuche durch, deren Ergebnisse er gemein-sam mit Diesel und Buz am 16. Juni 1897 auf einer VDI-Hauptversammlung in Kassel vorstellt, damit die erste Wärmekraftmaschine mit einem seinerzeit sensationellen Wirkungsgrad von 26,2% präsentierend [1-5]!

Dazu musste die im Grundpatent beanspruchte isotherme Wärmezufuhr aufgegeben werden: Spätestens beim Auf-tragen der theoretischen Indikatordiagramme (Bild 1-4), muss auch Diesel klar geworden sein, dass angesichts der schmalen Diagrammfläche, die der indizierten Arbeit pro-portional ist, und der infolge der hohen Drücke zu erwar-tenden Reibungsverluste der Motor keine Nutzarbeit leisten würde. Bemüht, das Grundpatent nicht zu gefährden, stellt er frühzeitig Überlegungen zur Verlängerung der „Admis-sionsperiode“ an, womit ein Anheben der Linie der isother-men Wärmezufuhr im p, V-Diagramm gemeint ist (Bild 1-1). Eine zweite Patentanmeldung vom 29. November 1893 (DRP 82168) führt auch den Gleichdruckprozess auf, der wegen „nicht wesentlicher Druckerhöhung“ in Überein-stimmung mit dem Grundpatent gesehen wird. Mit der

Bild 1-1 Arbeitsprozess des idealen Dieselmotors (1-2-3-4) nach Fig. 2 in [1-1], ergänzt durch geänderte„Admissionsperioden“ (1-2-3’-4’bzw. 1-2-3’’-4’’)gemäß Brief Diesels vom 16.10.1893 an Krupp [1-2, S. 404]

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1.1 Historie des Dieselmotors 5

Patenterteilung wird übersehen, dass entgegen dem Grund-patent sowohl die Brennstoffmasse als auch die maximale Temperatur zunehmen!

So ist es nicht verwunderlich, dass Diesel und das Diesel-Konsortium bald nach Kassel in Patentstreitigkeiten verwi-ckelt sind. Diesels Motor, so der Vorwurf, realisiert keinen seiner Patentansprüche: Weder kommt der Motor ohne Kühlung aus, noch erfolgt die Expansion ohne wesentliche Druck- und Temperaturerhöhung gegenüber der Kompres-sion. Nur die im Anspruch 1 erwähnte Selbstzündung erfolgt. Doch ebenso wie Diesel nie zugibt, dass sein Motor

keine Phase des Carnot-Prozesses realisiert, so vehement bestreitet er bis zuletzt, dass die Selbstzündung ein Wesens-merkmal seiner Erfindung sei [1-2, S. 406].

Leichter wiegt der Vorwurf, auch keinen Kohlenstaub zu verwenden [1-5; 1-6]: Diesel, ein Ingenieur des 19. Jahrhun-derts, konnte zunächst nicht an der Kohle, der Hauptener-giequelle seiner Zeit, vorbeigehen, zumal sein Motor die Dampfmaschine ersetzen sollte. Damit schloss er aber ande-re Kraftstoffe nicht aus, wie spätere Versuche, u.a. auch mit Pflanzenölen, belegen [1-3]. Gemessen am damaligen „Stand der Technik“ konnte niemand, auch nicht Diesel,

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6 1 Geschichte und Grundlagen des Dieselmotors

wissen, welcher Kraftstoff sich am besten für den Dieselmo-tor eignet. Umso mehr ist sein durch viele konstruktive Vorschläge belegtes, geniales Einfühlungsvermögen in ihm weithin unbekannte Vorgänge der dieselmotorischen Ver-brennung zu bewundern (Bild 1-5), denen wir oft erst heute unter Einsatz modernster Mess- und Rechentechnik auf die Spur kommen (s. Abschn. 3).

Abgesehen von den erfolgreich bestandenen Patenstrei-tigkeiten ist der weitere Weg des Dieselmotors überschattet von Auseinandersetzungen zwischen dem Erfinder und dem Diesel-Konsortium: Letzteres ist daran interessiert, den als Ersatz für stationäre und Schiffs-Dampfmaschinen gedachten Motor möglichst bald gewinnbringend zu „ver-markten“ [1-7]. Dazu muss zunächst die in Kassel voreilig konstatierte Marktreife hergestellt werden, was vor allem dem Geschick und dem zähen Einsatz von Immanuel Laus-ter in Augsburg zu verdanken ist. Damit ist jedoch auch die

Entwicklungslinie „leistungsstarker Dieselmotor“ vorge-zeichnet, Tabelle 1-1.

Rudolf Diesel dagegen, vornehmlich an einer dezentrali-sierten Energieerzeugung interessiert [1-4, S. 89ff.], damit die Blockheizkraftwerk-Technik sowie heutige Entwicklungen in der Bahntechnik [1-8] mit der durchaus realistischen Vision von über Satellit ferngesteuerten, fahrerlosen Güterwagen vorwegnehmend [1-4], sah in dem schweren Versuchsmotor mit dem samt Kreuzkopftriebwerk vom Dampfmaschinen-bau entlehnten A-Gestell nur die Vorstufe auf dem Weg zu einem leichten, „kompressorlosen“ Dieselmotor.

Mit dem widerwillig zugestandenen Bau eines Com-poundmotors, der die in ihn gesetzten Hoffnungen nicht erfüllen konnte, und einigen Tastversuchen mit Kohlen-staub und anderen, alternativen Kraftstoffen, endete die Entwicklungstätigkeit Diesels bei der Maschinenfabrik Augsburg.

Bild 1-3Indikatordiagramme zur Entstehung des Dieselmo-tors nach [1-3]. Die vom Druckverlauf über dem Zy-lindervolumen eingeschlossene Fläche entsprichtder inneren Arbeit des Motors, s. Abschn. 1.2

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1.1 Historie des Dieselmotors 7

Ein späterer Versuch Diesels, zusammen mit der kleinen Firma Safir der Entwicklungslinie „Fahrzeug-Dieselmotor“ zum Durchbruch zu verhelfen, scheitert u.a. an der unzu-reichenden Kraftstoffdosierung. Ein Problem, das erst durch das Diesel-Einspritzsystem der Firma Bosch gelöst wird [1-9].

Das Schicksal Rudolf Diesels erfüllt sich während einer Überfahrt von Antwerpen nach Harwich vom 29. zum 30. September 1913, nur wenige Wochen nach Erscheinen sei-nes Buches: „Die Entstehung des Dieselmotors“! Nach den jahrelangen Kämpfen und Anstrengungen, die seine geis-

Bild 1-4 Theoretisches Indikatordiagramm des Carnot-Prozesses nach [1-4]

tigen und körperlichen Kräfte auf das Äußerste beanspruch-ten, droht der finanzielle Zusammenbruch, trotz der enormen, millionenschweren Einkünfte aus seiner Erfin-dung: Zu stolz, Fehlspekulationen und Irrtümer einzugeste-hen oder Hilfe anzunehmen, sieht Diesel, wie sein Sohn und Biograph darlegt, nur im Freitod einen Ausweg [1-10].

Geblieben ist sein Lebenswerk, der aus der Theorie der Wärmekraftmaschinen hervorgegangene Hochdruckmotor, der seinen Namen trägt und nach 100 Jahren noch das ist, was sein genialer Schöpfer Rudolf Diesel zum Ziel hatte: Die rationellste Wärmekraftmaschine ihrer und auch noch unserer Zeit (Bild 1-6): Gegenüber 1897 hat sich der Wir-kungsgrad etwa verdoppelt und entspricht der von Diesel geschätzten Annäherung an den Carnot-Wirkungsgrad. Der maximale Zylinderdruck pZmax hat sich mehr als verfünf-facht und erreicht bei heutigen Hochleistungs-Dieselmo-toren (MTU 8000, s. Abschn. 17.4) mit 230 bar nahezu den von Diesel für den Carnot-Prozess vorgeschlagenen Höchst-wert bei mehr als zehnfacher Leistungsdichte PA heutiger Dieselmotoren.

Gemessen am „ökologischen Imperativ“ schont der Diesel-motor durch seinen hohen Wirkungsgrad und die Vielstoff-fähigkeit unsere begrenzten Ressourcen und mindert die Belastung der Umwelt mit dem Treibhausgas Kohlendioxid. Doch nur eine konsequent betriebene Entwicklung zur wei-teren Verringerung der Abgas- und Geräuschemission über das Erreichte hinaus, sichert auch künftig die Akzeptanz des Dieselmotors. Gleichzeitig könnte sich dann auch die Vision Diesels erfüllen [1-10]:

„dass die Abgase meines Motors rauch- und geruchlos sind“.

Bild 1-5Vorschläge Diesels zum Verbren-nungssystem.a Kolben mit Kol-benmulde (1892);b Nebenbrennraum (1893);c Pumpe-Düse-Aggregat (1905),s. Abschn. 5.3

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8 1  Geschichte und Grundlagen des Dieselmotors

Tabelle 1-1  Wegmarken zur Entwicklung des Dieselmotors

Entwicklungslinie „leistungsstarker Großdieselmotor”1897  Erster Lauf eines Dieselmotors mit einem Wirkungsgrad von ηc = 26,2% bei der Maschinenfabrik Augsburg1898  Auslieferung des ersten Zweizylinder-Dieselmotors mit 2 × 30 PS bei 180 min–1 an die Vereinigten Zündholzfabriken AG in Kempten1899  Erster Zweitakt-Dieselmotor der MAN von Hugo Güldner (nicht marktfähig)1899  Erster kreuzkopfloser Dieselmotor, Typ W, der Gasmotorenfabrik Deutz1901  Erster MAN-Tauchkolben-Dieselmotor von Imanuel Lauster (Typ DM 70)1903  Erster Einbau eines Zweizylinder-Viertakt-Gegenkolben-Dieselmotors mit 25 PS in ein Schiff (Kanalboot Petit Pierre) durch die Firma Dyckhoff, Bar Le Duc1904  Erster MAN-Dieselkraftwerk mit 4 × 400 PS geht in Kiew in Betrieb1905  Alfred Büchi schlägt die Nutzung der Abgasenergie zur Aufladung vor1906  Erster umsteuerbarer Zweitaktmotor der Gebr. Sulzer, Winterthur, für den Schiffsantrieb mit 100 PS/Zyl. (s/D = 250/155) vorgestellt1912  Erstes seegehendes Schiff, MS Selandia, mit zwei umsteuerbaren Viertakt-Dieselmotoren der Firma Burmeister & Wain mit je 1088 PS in Dienst gestellt1914  Erster Probelauf eines doppelwirkenden Sechszylinder-Zweitaktmotors mit 2000 PS/Zyl. der MAN Nürnberg (s/D = 1050/850)1951  Erster MAN-Viertakt-Dieselmotor (Typ 6KV30/45) mit Hochaufladung: ηe = 44,5% bei we max = 2,05 kJ/l, pZ max = 142 bar und PA = 3,1 W/mm2

1972  Bisher größter Zweitakt-Dieselmotor (s/D = 1800/1050, 40000 PS) geht in Betrieb1982  Markteinführung von Superlongstroke-Zweitaktmotoren mit s/D ≈ 3 (Sulzer, B & W)1984  MAN B & W erzielt Verbrauch von 167,3 g/kWh (ηe = 50,4%)1987  Größte dieselelektrische Antriebsanlage mit neun MAN-B & W-Viertakt-Dieselmotoren und einer Gesamtleistung von 95600 kW zum Antrieb der 

„Queen Elizabeth 2” wird in Dienst gestellt1991/92  Zweitakt- und Viertakt-Experimentiermotoren von Sulzer (RTX54 mit pZ max = 180 bar, PA = 8,5 W/mm2) und MAN B & W (4T50MX mit pZ max =  

180 bar, PA = 9,45 W/mm2)1997  Sulzer12RTA96C (s/D = 2500/960: 2T-Dieselmotor, Pe = 65880 kW bei n = 100 min–1 geht in Betrieb1998  Sulzer-Forschungsmotor RTX-3 zu Erprobung der Common-Rail-Technik bei 2T-Großdieselmotoren2000/01  MAN B & W 12K98MC-C (s/D = 2400/980): derzeit leistungsstärkster 2T-Dieselmotor mit Pe = 68520 kW bei n = 104 min–1 2004  Erster 4T-MSL-Dieselmotor MAN B & W 32/40, Pe = 3080 kW, Common-Rail(CR)-Einspritzung im praktischen Einsatz auf einem Container-Schiff2006  Mit einem Verbrauch von be = 177 g/kWh ist der MaK M43C führend bei 4T-MSL-Marinemotoren mit einer Zylinderleistung von 1000 kW (s/D = 

610/430, we = 2,71 kJ/dm3, cm = 10,2 m/s)2006  Wärtsilä stellt den weltweit ersten 14-Zylinder-Zweitaktmotor und damit leistungsstärksten Dieselmotor in Dienst: Wärtsilä RTA-flex96C, CR-Ein-

spritzung, Pe = 80080 kW, s/D = 2500/900, cm = 8,5 m/s, we = 1,86 kJ/dm3 (pe = 18,6 bar)

Entwicklungslinie „schnelllaufender Fahrzeug-Dieselmotor”1898  Erster Lauf eines Zweizylinder-Viertakt-Gegenkolbenmotors („5-PS-Kutschenwagen-Motor”) von Lucian Vogel bei MAN Nürnberg (Versuchsmotor, 

nicht marktfähig)1905  Versuchsmotor von Rudolf Diesel auf der Basis eines Vierzylinder-Saurer-Ottomotors mit Luftkompressor und direkter Einspritzung (nicht marktfähig)1906  DRP 196514 für die Firma Deutz auf Einspritzung in Nebenkammer1909  Grundpatent DRP 230517 von L’Orange auf Vorkammer1910  Brit. Patent 1059 von McKenchie auf direkte Hochdruckeinspritzung1912  Erster kompressorloser Deutz-Dieselmotor, Typ MKV, geht in Serie1913  Erste Diesel-Lokomotive mit Vierzylinder-Zweitakt-V-Motor der Gebr. Sulzer vorgestellt (Leistung 1000 PS)1914  Erster diesel-elektrische Triebwagen mit Sulzer-Motoren bei den Preußischen und Sächsischen Staatsbahnen1924  Erste Nutzfahrzeug-Dieselmotoren der MAN Nürnberg (direkte Einspritzung) bzw. der Daimler Benz AG (indirekte Einspritzung in Vorkammer) vorgestellt1927  Beginn der Serienfertigung von Diesel-Einspritzanlagen bei Bosch1931  Musterprüfung des Sechszylinder-Zweitakt-Gegenkolben-Flugdieselmotors JUMO 204 der Junkers-Motorenbau GmbH: Leistung 530 kW (750 PS), 

Leistungsmasse 1,0 kg/PS1934  V8-Viertakt-Dieselmotoren mit Vorkammer der Daimler-Benz AG für LZ 129 Hindenburg mit 1200 PS bei 1650 min–1 (Leistungsmasse: 1,6 kg/PS  

einschl. Getriebe)1936  Erste Pkw-Dieselmotoren mit Vorkammer der Daimler-Benz AG (Pkw Typ 260 D) und Hanomag in Serie1953  Erster Pkw-Dieselmotor mit Wirbelkammer von Borgward bzw. Fiat1978  Erster Pkw-Dieselmotor mit Abgasturboaufladung in Serie (Daimler-Benz AG)1983  Erster schelllaufender Hochleistungsdieselmotor der MTU mit Doppelaufladung in Serie: wemax = 2,94 kJ/l bei pZmax = 180 bar, Kolbenflächenleis-

tung PA = 8,3 W/mm2

1986/87  Erstmalig elektronisches Motormanagement (ECD) bei Fahrzeug-Dieselmotoren eingesetzt (BMW: Pkw, Daimler-Benz: Nfz) 

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1.2 Motortechnische Grundlagen

1.2.1 Einleitung

Dieselmotor wie Ottomotor sind prinzipiell Energiewandler, die im Kraftstoff chemisch gebundene Energie in mecha-nische Energie (Nutzarbeit) wandeln, indem sie die im Mo-tor durch Verbrennung freigesetzte Wärme einem thermo-dynamischen Kreisprozess zuführen und als Druck-Volu-men-Arbeit nutzen.

Die Energiebilanz über die Systemgrenzen des als „Black-Box“ dargestellten Wandlers (Bild 1-7) lautet:

.

Ist die auf den Umgebungszustand bezogene Energie der Verbrennungsluft EL = 0, so ist die mit dem Kraftstoff mBzugeführte Energie gleich der Nutzarbeit We und der Summe aller Energieverluste ∑EV.

Das technische System „Dieselmotor“ ist auch Teil eines vielfach vernetzten globalen Systems, das durch die Begriffe

Bild 1-6Bestwerte von effektivem Wirkungsgrad e,maximalem ZylinderdruckpZmax und Kolben-flächenleistungPA für Serienmotoren ca. 100Jahre nach Vorstellung des ersten Dieselmo-tors (s. auch Bild 1-13 bzw. Tabelle 1-3)

1.2 Motortechnische Grundlagen 9

Tabelle 1-1 (Fortsetzung)

1988 Erster Pkw-Dieselmotor mit direkter Einspritzung in Serie (Fiat)1989 Erster Pkw-Dieselmotor mit Abgasturboaufladung und direkter Einspritzung bei Audi in Serie (Pkw Audi 100 DI)1996 Erster Pkw-Dieselmotor mit direkter Einspritzung und Vierventilbrennraum (Opel-Ecotec-Dieselmotor)1997 Erster aufgeladener Pkw-Dieselmotor mit direkter Common-Rail-Hochdruckeinspritzung und variabler Turbinengeometrie (Fiat, Mercedes-Benz)1998 Erster V8-Pkw-Dieselmotor: BMW 3,9 l DE-Turbodiesel, Pe = 180 kW bei 4000 min–1,Mmax = 560 Nm (1750…2500 min–1)1999 „Smart-cdi”, 0,8 dm3 Hubraum, derzeit kleinster Pkw-Turbo-Dieselmotor mit LLK und Common-Rail-Hochdruckeinspritzung: Pe = 30 kW

bei 4200 min–1, mit 3,4 l/100 km erstes„3-Liter-Auto”der Fa. DaimlerChrysler2000 Erste Pkw-Dieselmotoren mit Partikelfilter in Serie (Fa. Peugeot)2004 OPEL stellt eine alltagstaugliche Studie„Vectra OPC”mit einem 1,9-Liter-CDTI-Twinturbo-Aggregat mit einer Literleistung von PV = 82 kW/dm3 vor2006 Beim 74. 24-Stunden-Rennen von Le Mans siegt erstmals ein AUDI R10 TDI mt einem V12-Dieselmotor (Pe > 476 kW bei n= 5000 l/min,

VH = 5,5 dm3,we = kJ/dm3 bei einem Bi-Turbo-Ladedruck von pL = 2,94 bar)

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10 1 Geschichte und Grundlagen des Dieselmotors

„Ressourcen“ und „Umweltbelastung“ umrissen wird. Eine nur energetische, ökonomische Sicht mit dem Ziel, die Ver-luste ∑EV zu minimieren, genügt nicht heutigen, durch den ökologischen Imperativ beschriebenen Ansprüchen, wonach jede Wandlung von Energie und Materie mit maximalem Wirkungsgrad bei minimaler Umweltbelastung zu erfolgen hat. Das Ergebnis der angesichts dieser Forderung notwen-digen, aufwendigen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten ist der Dieselmotor unserer Tage, der sich vom einfachen Motor zu einem komplexen, aus mehreren Teilsystemen bestehendem Motorsystem entwickelt hat (Bild 1-8). Cha-rakteristisch für diese Entwicklung sind das verstärkte Ein-binden elektrischer und elektronischer Bauelemente sowie der Übergang von offenen Steuerungen zu geschlossenen Regelkreisen. Zudem zwingt der internationale Wettbewerb zu minimalem Fertigungsaufwand und Materialeinsatz, was u.a. beanspruchungsgerechte Konstruktionen zur optimalen Bauteilnutzung bedingt.

1.2.2 Konstruktive Grunddaten

Geometrie und Kinematik jeder Kolbenmaschine werden durch folgende geometrischen Kenngrößen eindeutig be-schrieben:– Hub/Bohrungsverhältnis = s/D,– Pleuelstangenverhältnis Pl = r/l,– Verdichtungsverhältnis = Vmax/Vmin = (Vc + Vh)/Vc.

Dabei entspricht Vmin dem Kompressionsvolumen Vc und das max. Zylindervolumen Vmax der Summe aus Vc und Hub-

volumen Vh, für das mit der Zylinderbohrung D und dem Kolbenhub s gilt

.

Entsprechend ist VH = z ·Vh das Hubvolumen eines Motors mit z Zylindern.

Durchgesetzt hat sich das Tauchkolbentriebwerk (Bild 1-9). Nur Zweitakt-Großmotoren (s. Abschn. 18.4) besitzen ein Kreuzkopftriebwerk zur Entlastung des Kolbens von den Sei-tenführungskräften (s. Abschn. 8.1). Beide Bauarten werden nur noch mit einseitig beaufschlagten Kolben eingesetzt. Zwi-schen dem Kurbeldrehwinkel als normierte Zeitgröße und der Drehgeschwindigkeit besteht der Zusammenhang

.

Wird die Drehzahl n nicht als Drehzahlfrequenz (s–1) son-dern, wie im Motorenbau üblich, in Umdrehungen pro Mi-nute (min–1) angegeben, so ist = · n/30.

Der Arbeitsprozess eines Verbrennungsmotors spielt sich in dem möglichst dichten Zylinderraum Vz ab, der sich mit der Kolbenbewegung zK innerhalb der Grenzen Vmax und Vmin periodisch ändert:

.Für den Kolbenweg gilt mit dem Kurbelradius r abhängig von der momentanen Kurbelstellung in Grad Kurbelwin-kel (°KW) ausgehend vom oberen Totpunkt OT ( = 0)

,

wobei meist folgende Näherungsfunktion verwendet wird:

Bild 1-7 Der Dieselmotor als EnergiewandlerBild 1-9 Konstruktive Grunddaten des Tauchkolbentriebwerks

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.

Für die momentane Kolbengeschwindigkeit cK und -be-schleunigung aK folgen daraus:

.

Die aus Kolbenhub s in m und Drehzahlfrequenz n in s–1

folgende mittlere Kolbengeschwindigkeit

(1-1)

ist eine wichtige Kenngröße für das kinematische und dyna-mische Motorverhalten, mit deren Zunahme auch Massen-kräfte (~ c2

m), Reibung und Verschleiß steigen, sodass cm nur begrenzt steigerbar ist. Infolgedessen läuft ein Großmotor

mit niedrigen Drehzahlen, bzw. ist ein Schnellläufer ein Mo-tor mit kleinen Abmessungen. Für Dieselmotoren mit einem Bohrungsdurchmesser von 0,1 m < D < 1 m besteht nähe-rungsweise folgende Korrelation zur Motorgröße:

. (1-2)

1.2.3 Die motorische Verbrennung

1.2.3.1 Grundlagen der Verbrennungsrechnung

Die Verbrennung ist chemisch betrachtet eine Oxidation der Kraftstoffmoleküle mit dem Luftsauerstoff als Oxidations-mittel. Damit ist die maximal umsetzbare Kraftstoffmasse mB durch die im Motorzylinder befindliche Luftmasse be-schränkt. Mit der kraftstoffspezifischen Mindestluftmasse

Bild 1-8 Der moderne Dieselmotor als ein Komplex von Teilsystemen

1.2 Motortechnische Grundlagen 11

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12 1  Geschichte und Grundlagen des Dieselmotors

Lmin (kg Luft/kg Kraftstoff) zur vollständigen und vollkom­menen Verbrennung des Kraftstoffes beschreibt das Luftver­hältnis lV das Verhältnis von „Angebot zu Nachfrage“ bei der Verbrennung:

. (1­3)

Für das „Angebot“ der im gesamten Motor enthaltenen Luft­masse mLZ aller Zylinder (VZ = z · Vz) gilt:

. (1­4)

Bei meist unbekannter Dichte ρZ der Zylinderladung weicht man i. Allg. auf die Definition des Liefergrades ll (s. Abschn. 2.1) und die Dichte ρL der Frischladung unmittelbar am Ein­tritt in den Zylinderkopf aus:

. (1­5)

Der Luftbedarf folgt aus der Kraftstoff­Elementaranalyse: Dieselkraftstoff (DK) ist als Erdölderivat ein Konglomerat von Kohlenwasserstoffen und besteht hauptsächlich aus Kohlenstoff C, Wasserstoff H, Schwefel S bei meist vernach­lässigbaren Anteilen an Sauerstoff O und Stickstoff N. Somit folgt aus der Bilanzgleichung zur vollkommenen Oxidation eines allgemeinen Kraftstoffmoleküls CxHySz zu Kohlendio­xid CO2, Wasser H2O und Schwefeldioxid SO2:

der minimale Luftbedarf Lmin entsprechend dem Sauerstoff­gehalt der Luft und den jeweiligen Molzahlen zu:

[kg/kg]

(c, h, s, o: Masseanteil an 1 kg Kraftstoff gem. Elementarana­lyse. Anhaltswert für DK: Lmin = 14,5 kg/kg).

Die bei der Verbrennung freigesetzte Wärme Qex ent­spricht dem kraftstoffspezifischen Heizwert Hu, der sich ebenfalls aus der Elementaranalyse zu:

[MJ/kg]

berechnen lässt [1­11].Auf die Kraftstoffdichte ρB bei 15°C stützt sich folgende

Näherungsbeziehung:

[MJ/kg].

Damit gilt für die durch „innere Verbrennung“ dem Arbeits­prozess zugeführte Wärme:

.

1.2.3.2 Vergleich motorischer Verbrennungsverfahren

Der Verbrennung voraus geht das Aufbereiten des meist flüs­sigen Kraftstoffes, um ein zündfähiges Gemisch aus gasför­migem Kraftstoffdampf und Luft zu erhalten. Ein Vorgang, der bei Diesel­ und Ottomotor unterschiedlich verläuft (Ta­belle 1­2).

Beim Dieselmotor (s. Kap. 3) setzt die innere Gemischbil-dung mit dem Einspritzen des Kraftstoffes in die hoch ver­dichtete und erwärmte Luft kurz vor OT ein, wogegen die äußere Gemischbildung beim klassischen Ottomotor außer­halb des Arbeitsraumes mittels Vergaser oder durch Ein­spritzen in das Saugrohr erfolgt und sich oft über Ansaug­ und Verdichtungstakt erstreckt.

Im Gegensatz zum homogenen Kraftstoff-Luft-Gemisch eines Ottomotors weist der Dieselmotor vor der Entzündung ein heterogenes Gemisch auf, bestehend aus über den Brenn­raum verteilten Kraftstofftröpfchen von wenigen Tausends­tel Millimeter Durchmesser, die teils flüssig, teils von einem Kraftstoffdampf­Luft­Gemisch umgeben sind.

Beim Ottomotor wird die Verbrennung über eine gesteu­erte Fremdzündung durch Auslösen einer elektrischen Ent­ladung an einer Zündkerze eingeleitet, vorausgesetzt das Luftverhältnis des homogenen Gemisches liegt innerhalb der Zündgrenzen. Beim Dieselmotor erfolgt an bereits auf­bereiteten, d.h. von einem zündfähigen Gemisch umge­benen Tröpfchen eine Selbstentzündung, wobei nur für das Mikro­Gemisch im Bereich des Kraftstofftröpfchens Zünd­grenzen im Bereich des stöchiometrischen Gemisches (lV = 1) bestehen (s. Kap. 3).

Der Dieselmotor benötigt für eine normale Verbrennung einen Luftüberschuss: lV ≥ lmin > 1. Folglich erfolgt das Anpassen der Energiezufuhr an die Motorbelastung beim Dieselmotor über das Luftverhältnis, also die Gemischquali-tät (Qualitätssteuerung), beim Ottomotor wegen der Zünd­grenzen über die Gemischquantität (Quantitätssteuerung) durch verlustreiches Drosseln beim Ansaugen der Frischla­dung.

Art der Zündung und Gemischbildung bestimmen die Anforderungen an den Kraftstoff: Dieselkraftstoff muss zünd-willig sein, ausgedruckt durch die Cetan-Zahl, Benzin für Ottomotoren zündunwillig, d.h. hohe Oktanzahlen aufwei­sen, um keine unkontrollierte Verbrennung durch ungesteu­erte Selbstzündungen auszulösen. Letzteres wird durch leichtsiedende, kurzkettige, somit thermisch stabile Kohlen­wasserstoffe (C5 bis C10) erfüllt. Dieselkraftstoff besteht dagegen aus schwersiedenden, langkettigen Kohlenwasser­stoffen (C9 bis C30), die eher zerfallen und dabei die Selbst­zündung begünstigende freie Radikale bilden (s. Kap. 3).

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1.2.4 Thermodynamische Grundlagen

1.2.4.1 Ideale Zustandsänderungen von Gasen

Der Zustand einer Gasmasse m ist durch zwei thermische Zustandsgrößen über die allgemeine Zustandsgleichung für ideale Gase bestimmbar:

p · V = m · R · T

(p absoluter Druck in Pa, T Temperatur in K, V Volumen in m3, R spezifische Gaskonstante, z.B. für Luft RL = 287,04 J/kg · K). Ideale Gase zeichnen sich durch einen von Druck, Tem­peratur und Gaszusammensetzung unabhängigen, konstan­ten Isentropenexponente κ aus (Luft: κ = 1,4; Abgas: κ ≈ 1,36).

Der Zustand eines Gases lässt sich somit mit dem Werte­paar (p, V) in einem p, V­Diagramm darstellen und verfol­gen, wobei sich Zustandsänderungen durch Konstantsetzen einer Zustandsgröße einfach berechnen lassen, in dem für Isobaren (p = konst.), Isothermen (T = konst.) und Isocho­ren (V = konst.) einfache, geschlossene Gleichungen existie­ren [1­12]. Ein Sonderfall ist die adiabate Zustandsände­rung:

p ∙ Vκ = konst.,

bei der kein Wärmeaustausch zwischen Gas und Umgebung erfolgt. Ist dieser Vorgang reversibel, so spricht man von isentroper Zustandsänderung, was in der Realität nie zutrifft, ebenso wie der reale Isentropenexponent von Gaszustand und ­zusammensetzung abhängt [1­13].

1.2.4.2 Idealer Kreisprozess und Vergleichsprozess

Bei einem idealen Kreisprozess erfährt das Gas eine in sich geschlossene Zustandsänderung, sodass es nach Durchlau­fen des Prozesses wieder den Anfangszustand erreicht. Somit gilt für die innere Energie U = U(T):

.

Aus dem 1. Hauptsatz der Thermodynamik, der die Erhal­tung der Energie in geschlossenen Systemen beschreibt,

,

folgt damit, dass die im Verlauf des Kreisprozesses umge­setzte Wärme Q als mechanische Arbeit anfällt:

,

d.h. die Druck­Volumen­Änderung entspricht der theore­tisch nutzbaren Arbeit Wth des idealen Prozesses.

Ein idealer Kreisprozess wird zum Vergleichsprozess für eine thermische Maschine, wenn man ihn den Realitäten anpasst. Für den Hubkolbenmotor bedeutet dies, dass sich Ideal­Prozess und realer Arbeitsprozess gleichermaßen zwi­schen zwei Volumen­ bzw. Druckgrenzen abspielen, gege­ben durch Vmax und Vmin bzw. pmax und pmin. Die obere Druckgrenze pmax entspricht dem aus Festigkeitsgründen zulässigen maximalen Zylinderdruck pZmax und pmin dem Druck pL vor Einlass in den Motor (Bild 1­10a). Als weitere Vorgaben müssen Verdichtungsverhältnis e und die zuge­führte Wärme Qzu bzw. QB übereinstimmen:

.

Dabei wird die Kraftstoffmasse mB bei gegebener Masse der Frischladung mLZ (Gl. (1­4)), durch das Luftverhältnis lV

Tabelle 1-2  Vergleich von Merkmalen der motorischen Verbrennung

Merkmale Dieselmotor Ottomotor

Gemischbildung  innerhalb Vz  außerhalb Vz

Gemischart  heterogen  homogen

Zündung  Selbstzündung bei   Fremdzündung innerhalb    Luftüberschuss  Zündgrenzen

Luftverhältnis  λV ≥ λmin > 1  0,6 < λV < 1,3

Verbrennung  Diffusions-Flamme  Vormisch-Flamme

Drehmoment-Änderung  Änderung von lV  Gemischdrosselungdurch Kraftstoff  (Qualitätsänderung)  (Quantitätsänderung)    zündwillig  zündunwillig

1.2  Motortechnische Grundlagen 13

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14 1 Geschichte und Grundlagen des Dieselmotors

bzw. den Gemischheizwert hu beschränkt:

.

Angelehnt an den Arbeitsprozess des Dieselmotors bei An-nahme eines verlustlosen Ladungswechsels längs der Isoba-ren pmin (s. Abschn. 2.1) beginnt der Vergleichsprozess in 1 mit einer adiabatischen Verdichtung auf p2 = pc = p1 · (Bild 1-10a). Anschließend erfolgt die Wärmezufuhr: Zunächst isochor bis zum Erreichen des Grenzdruckes pmax in 3’, da-rauf isobar bis 3. Die dann folgende adiabatische Expansion endet in 4. Mit der danach einsetzenden Wärmeabfuhr längs der Isochoren Vmax schließt sich der Kreisprozess. Die Fläche 1-2-3’-3-4-1 entspricht der theoretischen Arbeit:

,

wobei sich für den thermischen Wirkungsgrad th des hier beschriebenen Seiliger-Prozesses ein geschlossener Aus-druck angeben lässt ( = konst. vorausgesetzt),

,

unter Verwendung des Füllungsverhältnisses = V3/V2 bzw. des Druckverhältnisses = p3/p2. Im Temperatur-Entropie-(T, s-)Diagramm (Bild 1-10b), kann der Energieumsatz des Seiliger-Prozesses verfolgt werden: Da die Flächen smin-1-2-3’-3-4-smax und smin-1-4-smax der zugeführten Qzu bzw. abge-führten Wärme Qab entsprechen, entspricht die Differenz der theoretischen Nutzarbeit, sodass für den thermischen Wir-kungsgrad gilt:

. (1-6)

Die durch die Grenzwerte in beiden Diagrammen gebildeten Rechtecke entsprechen den jeweils maximal nutzbaren Ar-beiten, jedoch mit unterschiedlichen Wirkungsgraden: Dem Volllastdiagramm einer idealen Kolbendampfmaschine im p, V-Diagramm mit bescheidenem Wirkungsgrad steht der Carnot-Wirkungsgrad mit einer real nicht nutzbaren Arbeit gegenüber (s. Abschn. 1.1). Für den Wirkungsgrad c des Carnot-Prozesses ist das Temperaturgefälle Tmax – Tmin be-stimmend:

.

Aus dem T, s-Diagramm ist ersichtlich, dass auch während des realen Arbeitsprozesses hohe Temperaturen (bis zu 2500 K) auftreten (s. Abschn. 1.3). Dank des intermittierenden Arbeitsprozesses unterschreiten bei entsprechender Kons-truktion die Motorbauteile die für sie kritischen Tempera-turen (s. Abschn. 9.1) wozu auch eine möglichst niedrige Temperatur Tmin ≤ TL beiträgt.

Der Seiliger-Prozess entspricht dem allgemeinsten Fall eines Vergleichsprozesses, da er dem realen Motorprozess angepasst werden kann. Er umfasst auch die Grenzfälle Gleichraum-Prozess ( 1) und Gleichdruck-Prozess (

1), die oft als idealer Ottomotor- bzw. Dieselmotor-Pro-zess bezeichnet werden, obwohl weder beim Ottomotor die Verbrennung momentan mit unendlich großer Brennge-schwindigkeit erfolgt, noch beim Dieselmotor eine isobare Verbrennung vorliegt (Bild 1-11).

Der Einfluss des Verdichtungsverhältnisses auf den ther-mischen Wirkungsgrad *th mit Berücksichtigung des Real-gasverhaltens, d.h. ≠ konst., ist aus Bild 1-12 für ein Druck-

Bild 1-10Der Seiliger-Prozess als Ver-gleichsprozess für Verbren-nungsmotoren imp,V-Dia-gramm (a) und T, s-Dia-gramm (b)

a b

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Bild 1-11Idealer Kreisprozess als Vergleichsprozess: Seiliger-Prozess(pZmax = 150 bar), Gleichdruck- und Gleichraum-Prozess fürp1 = 2,5 bar, T1 = 40°C, e= 16, λv = 2 undHu = 43 MJ/kg

Bild 1-12Thermischer Wirkungsgrad *th mit Berücksichtigung des Realgasverhaltens(nach [1-13])

1.2 Motortechnische Grundlagen 15

verhältnis pmax/pmin = 60 ersichtlich: Bei einem Luftverhält-nis von V = 2 wird beim Gleichraum-Prozess bereits für ≈ 9 der zulässige Maximaldruck überschritten, wobei ein Seiliger-Prozess höhere Verdichtungsverhältnisse zulässt, jedoch für ≈ 19,7 in den Gleichdruck-Prozess übergeht.

Die reale Prozessberechnung (Abschn. 1.3) hat den ideali-sierten Vergleichsprozess in der praktischen Arbeit verdrängt, dennoch behält er seinen Wert für das schnelle Abschätzen nach „oben“, z.B. bei Variation der Motorprozessführung.

1.2.5 Der reale Arbeitsprozess des Dieselmotors

1.2.5.1 Zweitakt- und Viertakt-Verfahren

Geht man beim idealisierten Arbeitsprozess von äußerer Wärmezufuhr aus, so erfordert die innere Verbrennung den Austausch der Ladung nach jedem Arbeitsspiel durch einen Ladungswechsel (s. Abschn. 2.1). Hierfür benötigt der Vier-taktmotor zwei zusätzliche Hübe oder Takte, wie die Bewe-gung von einer Totlage zur anderen bezeichnet wird. Das gesamte Arbeitsspiel umfasst daher zwei Umdrehungen oder 720 °KW, indem nach den Arbeitstakten (Kompression so-wie Verbrennung und Expansion) das Ausschieben des Ab-gases und Ansaugen der Frischladung erfolgt. Somit besteht

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16 1  Geschichte und Grundlagen des Dieselmotors

zwischen Drehzahl und Arbeitsspielfrequenz na ein Fre­quenzverhältnis:

a = n/na , (1­7)

das oft auch als „Taktzahl“ bezeichnet wird, ohne mit a = 2 (Viertaktverfahren) bzw. a = 1 (Zweitaktverfahren) die tat­sächliche Anzahl der Takte anzugeben.

1.2.5.2 Wirkungsgrade des realen Motors

Neben dem thermischen Wirkungsgrad, der eine Abschät­zung nach oben ermöglicht, interessiert in erster Linie der effektive Wirkungsgrad:

, (1­8)

der sich auch als Produkt aus dem thermischen Wirkungs­grad und den Vergleichsgrößen zur Beschreibung der Verlust­anteile angeben lässt. Verluste durch unvollständige Verbren­nung erfasst der Umsetzungsgrad:

.

Der Gütegrad

beschreibt Abweichungen des realen vom idealen Prozess durch– Verwenden eines realen statt idealen Arbeitsgases,– Wandwärmeverluste statt adiabater Zustandsänderung,– reale Verbrennung statt idealisierter Wärmezufuhr,– Ladungswechsel (Drossel­, Aufheiz­ und Spülverlust).

Der mechanische Wirkungsgrad

umfasst nach DIN 1940 die Reibungsverluste am Kolben und in den Lagern, die Verlustarbeit aller für den Motorbetrieb erforderlichen Aggregate und die aerodynamischen bzw. hy­draulischen Verluste am Triebwerk.

Durch das als Indizieren bezeichnete Messen des Zylin­derdruckverlaufs ist die am Kolben anstehende, indizierte Arbeit Wi (schraffierte Fläche in Bild 1­10a) ermittelbar und damit der innere (indizierte) Wirkungsgrad

.

1.2.5.3 Motorbetrieb und Motorkenngrößen

Nutzarbeit und Drehmoment

Die Nutzarbeit We folgt aus dem an der Abtriebswelle des Motors messbaren Drehmoment M und der „Taktzahl“ a:

. (1­9)

Bezieht man We auf das Hubvolumen VH, so bezeichnet die spezifische Arbeit we in kJ/dm3 die aus einem Liter Hubraum gewonnene Nutzarbeit. Sie ist damit neben der mittleren Kol-bengeschwindigkeit cm, Gl. (1­1), die wichtigste Motorkenn­größe zur Charakterisierung des „Standes der Technik“. Traditionsbewusste Motorenfirmen verwenden oft noch die Größe pe, den „Mitteldruck“ oder „mittleren effektiven Druck“, der jedoch trotz Angabe in „bar“ keinem messbaren Druck entspricht, sondern aus der Historie des Maschinen­baus herrührt1. Für Umrechnungen gilt:

1 bar „mittl. effektiver Druck“ = 0,1 kJ/dm3.

Der mitunter bei Fahrzeugmotoren verwendete Begriff eines volumenspezifischen Drehmoments M/VH in Nm/dm3 ent­spricht nach Gl. (1­9) mit M/VH = we/(2 · p · a) ebenfalls der spezifischen Nutzarbeit, wobei für Viertaktmotoren we ≈ 0,0125 · (M/VH) ist.

Hauptgleichung des Dieselmotors

Mit dem effektiven Wirkungsgrad ηe und mit dem Luftver­hältnis lV, Gln. (1­8), (1­3), folgt für die Nutzarbeit:

. (1­10)

Die Frischluftmasse mLZ im Motor, Gl. (1­4), ist durch Liefer­grad ll und Ladungsdichte ρL, Gl. (1­5), festgelegt, sodass für die spez. Nutzarbeit folgt:

.

(1­11)

Sieht man die kraftstoffspezifischen Größen ebenso wie den direkt nicht zu beeinflussenden Wirkungsgrad als gegeben an, so verbleibt nur die Steigerung des Druckes pL durch Ver­dichtung, z.B. durch Abgasturboaufladung mit Ladeluftküh­lung (s. Abschn. 2.2) als frei wählbare Option, die Nutzarbeit zu steigern, da sowohl für den Liefergrad mit (l1)max → e/(e – 1) als auch für das Luftverhältnis lV → lmin > 1 Gren­zen bestehen.

Motorleistung

Aus Arbeitsspielfrequenz na und spez. Nutzarbeit we, Gln. (1­7), (1­9), folgt für die Nutzleistung:

, (1­12)

1 Bei der Vielzahl der Autoren aus Industrie und Hochschulen war kein Konsens zu er-zielen, sodass der Leser gebeten wird, dies bei den einzelnen Abschn. zu beachten, insbesondere bei Zahlenangaben.

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bzw. mit der mittleren Kolbengeschwindigkeit cm, Gl. (1­1):

(1­13)

(C0 = p/(8 · a) ≈ 0,2 bzw. 0,4 bei Vier­ bzw. Zweitakt).

Die zweite Form der Leistungsgleichung mit ihrer quadra­tischen Abhängigkeit vom Bohrungsdurchmesser D weist auf den Großmotor als weitere Möglichkeit zur Leistungs­steigerung hin, wobei gleichzeitig das Motormoment (Gl. (1­9)), zunimmt:

.

Entsprechend ist bei Beibehalten der Zylindermaße eine ver­gleichbare Motorleistung allein über die spezifische Arbeit we nur durch Höchstaufladung zu erreichen (vgl. Abschn. 17.4).

Für praktische Berechnungen bei Angabe der Drehzahl in min–1, des Hubraumes in dm3 und der spezifischen Arbeit in kJ/dm3 erhält man

bzw. mit dem mittleren effektiven Druck pe in bar

jeweils in kW.Aus der Dieselmotor-Hauptgleichung, Gl. (1­11), ist

ersichtlich, dass die Motorleistung vom Umgebungszustand abhängt: Ein in 1000 m Höhe betriebener Dieselmotor kann nicht die gleiche Leistung wie auf Meereshöhe erbringen. Daher hat man für Leistungsvergleiche und Abnahmeunter­suchungen auf die spezifischen Belange der Anwender abgestimmte Bezugszustände (x) definiert2, um die gemes­sene Leistung P auf die bei Bezugszustand geltende Leistung Px umrechnen zu können. Allgemein gilt:

.

Einflussgrößen für a und β sind neben Luftdruck und ­tem­peratur auch relative Luftfeuchte, Kühlwassereintrittstempe­ratur am Ladeluftkühler sowie mechanischer Wirkungsgrad (ηm = 0,8 falls nicht bekannt). Da es sich gezeigt hat, dass oftmals die Gefahr einer Überkompensation besteht, sind einige Hersteller von Fahrzeugmotoren dazu übergegangen, die Leistungsmessungen in klimatisierten Prüfständen bei normgerechten Umweltbedingungen durchzuführen. We­gen der geringen Überlastbarkeit des Dieselmotors wird je

nach Verwendung des Motors die nicht überschreitbare blo-ckierte ISO-Nutzleistung oder die überschreitbare ISO-Stan-dardleistung mit definierter Größe und Dauer der Überleis­tung angegeben [1­14]. Sie entspricht bei 10%iger Überlast der „continuous brake power“ der CIMAC­Empfehlung für Schiffsmotoren.

Leistungsbezogene Motorkenngrößen

Die bei Fahrzeugmotoren häufig verwendete Literleistung

. (1­14)

ist drehzahlabhängig und damit auch abhängig von der Mo­torgröße. Dagegen ist die spezifische Kolbenflächenleistung:

, (1­15)

(mit we in kJ/dm3, cm in m/s folgt mit 2 · a = 4 für Viertakt bzw. 2 · a = 2 für Zweitakt, PA in W/mm2) unabhängig von der Motorgröße, wenn man von der Korrelation n. Gl. (1­2) ein­mal absieht. Das Produkt aus mechanischer und thermischer (we) sowie dynamischer Belastung (cm) kennzeichnet den „Stand der Technik“ für Zwei­ oder Viertaktmotor, Groß­ oder Fahrzeugmotor gleichermaßen, wie das folgende Bei­spiel verdeutlicht:

Beim Vergleich zweier Serienmotoren, des langsam lau­fenden Zweitakt­Dieselmotors Wärtsilä RT96C [1­15] mit einer MCR­Zylinderleistung von 5720 kW, einer spezi­fischen Nutzarbeit we = 1,86 kJ/dm3 und einer mittleren Kolbengeschwindigkeit cm = 8,5 m/s mit dem z. Zt. leis­tungsstärksten BMW­Pkw­Dieselmotor (BMW 306 D4: we = 1,91 kJ/dm3, cm = 13,2 m/s [1­16]) folgt für die Kolbenflä­chen­ bzw. Literleistung:– Wärtsilä PA = 7,91 W/mm2 bzw. PV = 3,16 kW/dm3,– BMW PA = 6,31 W/mm2 bzw. PV = 70,2 kW/dm3.

Der Vergleich der Kolbenflächenleistungen zeigt deutlich, dass auch der mitunter abschätzig als „Dinosaurier“ bezeich­nete Zweitakt­Langsamläufer ein „High­Tech“­Produkt ist, der dem BMW 306 D4, einem „Kraftprotz“ mit einer Nenn­leistung von 210 kW, sogar den Rang abläuft.3

Nicht unerwähnt sollte dabei bleiben, dass der Pkw­Die­selmotor seine Volllastleistung nur höchst selten auf die Straße bringen wird, wogegen ein Schiffsdieselmotor – von einigen Manövern abgesehen – stets unter Volllast läuft, nicht selten bis zu 8.000 h im Jahr.

2 Gebräuchliche Normen sind z.B. DIN ISO 3046, Teil 1, speziell für Fahrzeugmotoren die DIN 70020 (11/76) und für „Verbrennungsmotoren für land- und forstwirtschaft-liche Zugmaschinen und mobile Maschinen und Geräte, die nicht für den Straßen-verkehr bestimmt sind” die ECE-Regelung Nr. 120.

1.2  Motortechnische Grundlagen 17

3  Die mitunter verwendete Größe „pe • cm“ [1-17] ergibt vergleichsweise für den Langsamläufer 158 bzw. für den BMW 252 (bar · m/s). Da die unterschiedlichen Ar-beitsverfahren nicht berücksichtigt werden, ist das Produkt „pe • cm“ keine echte Kenngröße. Außerdem entzieht sich die Angabe in (bar · m/s) jeder vernünftigen Deutung.

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18 1 Geschichte und Grundlagen des Dieselmotors

Bild 1-13Entwicklung der KolbenflächenleistungPA von Groß-dieselmotoren; Höchstwerte von Zweitakt (SulzerRTX54) – und Viertakt (MAN B&W 4T 50MX) – Expe-rimentiermotoren und eines Serienmotors (MTU 595)

Die in Bild 1-13 dargestellte Entwicklung der Größe PAlässt erkennen, dass anscheinend das Entwicklungspotenzial der Dieselmotoren noch nicht ausgeschöpft ist! Die heutigen Entwicklungsschwerpunkte sind jedoch weniger auf Steige-rung der Leistung als – in Hinblick auf steigende Kraftstoff-preise – auf die Verringerung des Kraftstoffverbrauchs und eine Verbesserung der Abgasemission hin ausgerichtet.

Spezifischer Kraftstoffdurchsatz oder -verbrauch

Mit dem Kraftstoffmassenstrom m· B folgt der leistungsbezo-gene spezifische Kraftstoffdurchsatz oder Kraftstoffver-brauch:

.

Vergleichende Betrachtungen bedingen danach gleichen Heizwert bzw. Kraftstoff. Von Verbrauchsangaben beim Ein-satz alternativer Kraftstoffe (s. Abschn. 4.2) kann also nicht auf die Güte der Energieumsetzung geschlossen werden, so-dass grundsätzlich die Angabe des effektiven Wirkungs-grades vorzuziehen ist. ISO-Normverbräuche beziehen sich auf einen Kraftstoff (DK) mit Hu = 42 MJ/kg, was folgende Umrechnung bei Verbrauchsangaben in g/kWh erlaubt:

.

Spezifischer Luftdurchsatz oder Luftverbrauch

Analog zum spezifischen Kraftstoffdurchsatz folgt mit m· L,dem Gesamt-Luftdurchsatz (s. Abschn. 2.1.1):

,

der spezifische Luftdurchsatz bzw. -verbrauch eines Motors (s. Tabelle 1-3). Damit gilt für das Gesamt-Luftverhältnis:

.

Liefer- und Bedarfskennung

Der Einsatz des Motors zum Antrieb von Aggregaten oder Fahrzeugen erfordert i. d. R. ein Anpassen der Lieferken-nung, wie der Verlauf des Drehmomentes M über der Dreh-zahl bezeichnet wird: Mit Annäherung an das Volllastdreh-moment sinkt das Luftverhältnis V, sodass mit V mindie Rauchgrenze erreicht wird, die einer noch als zulässig angesehenen Abgasschwärzung entspricht. Mit zuneh-mender Spreizung der Drehzahlgrenzen nA und nN (Anfahr-und Nenndrehzahl) besteht bei Fahrzeugmotoren eine Über-höhung im mittleren Drehzahlbereich, die dem Motor eine größere Elastizität im Fahrverhalten verleiht (Bild 1-14).

Derartige Motorkennfelder enthalten neben der Rauch-grenze und den Leistungshyperbeln (Kurven konstanter

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Tabelle 1-3 Betriebswerte von Dieselmotoren bei Nennlast

Motorenart spez. Kraftstoff- spez. Luftdurch- Luftverhältnis spez. Ölver- Abgastempe-durchsatz be satz le λV brauch bÖ ratur TA nach ATL(g/kWh) (kg/kWh) (–) (g/kWh) °C

Pkw-Dieselmotoreno. Aufladung: 265 4,8 1,2 <0,6 710m. ATL: 260 5,4 1,4 <0,6 650

Nfz-Dieselmotor*m. ATL u. LLK 205 5,0 1,6 <0,2 550

Hochleistungsdieselmotoren 195 5,9 1,8 <0,5 450mittelschnelllaufendeViertakt-Dieselmotoren 180 7,2 2,2 0,6 320

langsamlaufende Zweitakt-Dieselmotoren 170 8,0 2,1 1,1 275

* für schwere Nutzfahrzeuge und Omnibusse.Anmerkung: Während der spezifische Luftdurchsatz le neben der Verbrennungsluft auch die Spülluft erfasst, berücksichtigt V, das Verbrennungsluftverhältnis, nur dieMasse der Verbrennungsluft. Die angegebenen Mittelwerte umfassen einen Bereich von ca. ± 5%.

1.3 Berechnung des realen Arbeitsprozesses 19

Bild 1-14Kennfelddarstellung des MotordrehmomentsMmit LinienPe

= konst. bzw. e = konst. sowie Angabe ausgewählter Bedarfs-kennungen. 1 Drehzahldrücken, 2 Generatorbetrieb und 3 Pro-pellerkurve

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20 1 Geschichte und Grundlagen des Dieselmotors

Leistung) oft noch Kurven konstanten Wirkungsgrades bzw. Kraftstoffverbrauchs oder anderer Motorparameter. Spe-zielle Bedarfskennungen sind u.a.:1. Drehzahldrücken: M = konst. und n = variabel,2. Generatorbetrieb: M = variabel und n = konst.,3. Propellerbetrieb: M ~ n2.

Beim Fahrzeugantrieb kann je nach Fahrwiderstand der ge-samte Kennfeldbereich erfasst werden, einschließlich des Schleppbetriebes mit dem Schleppmoment Ms. „Drehzahl-drücken“ ist bei aufgeladenen Motoren zu meiden, da es in-folge abnehmenden Luftverhältnisses bei grenzbelasteten Motoren zu thermischer Überlastung kommen kann (s. Ab-schn. 2.2).

Der Fahrzeugantrieb erfordert entsprechend der durch die Fahrwiderstandskurven gegebenen Bedarfskennung ein Anpassen der Lieferkennung durch eine Momentenwand-lung mittels eines Getriebes (Bild 1-15). Das am Rad maxi-mal übertragbare Moment MRmax („Rutschgrenze“), die maximale Motor- bzw. Raddrehzahl nR sowie der als „ideale Zugkrafthyperbel“ bezeichnete Momentenverlauf für Pmax = konst. begrenzen das Diagramm, wobei für das am Rad wirkende Moment MR unter Berücksichtigung der Unterset-zung iges (Getriebestufe, Achsgetriebe, Differential) sowie aller mechanischen Verluste mit ges gilt:

.

Bild 1-15Liefer- und Bedarfskennung beim Fahrzeugantrieb mit Vier-ganggetriebe

Bei der Fahrgeschwindigkeit cF = 2 · · R · nR gilt für die Fahrleistung zur Überwindung aller Fahrwiderstände ΣFW :

.

Durch eine mit dem Verbrauchskennfeld (Bild 1-14), abge-stimmte Getriebeauslegung kann man günstige Kraftstoff-verbräuche bei gutem Fahrkomfort erzielen (s. Abschn. 17.1).

1.3 Berechnung des realen Arbeitsprozesses

1.3.1 Einleitung

Die Vorgänge im Zylinder des Dieselmotors verlaufen stark instationär, da in Sekundenbruchteilen die Arbeitstakte Ver-dichtung, Verbrennung, Expansion und Ladungswechsel aufeinander folgen. Aus diesem Grund kann man den Diesel-motor nicht mit den einfachen Mitteln des idealen Ver-gleichsprozesses in einer für die Motorenentwicklung ausrei-chenden Genauigkeit berechnen. Vielmehr muss man die Differenzialgleichungen der Massen- und Energieerhaltung unter Berücksichtigung der thermischen und kalorischen Zustandsgleichungen mit numerischen Methoden lösen.

Die rasche Entwicklung der Datenverarbeitung ermög-lichte in den sechziger Jahren erstmals die numerische Lösung dieser Differenzialgleichungen [1-63]. Die ersten Untersuchungen wurden in der Großmotorenindustrie

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1.3.2 Thermodynamische Grundlagen der Realprozessrechnung

1.3.2.1 Allgemeine Annahmen

Thermodynamisches Modell des Zylinders

Um mit der Realprozessrechnung die Zustandsänderung der Zylinderladung (Druck, Temperatur, Masse, Zusammenset­zung etc.) während eines Arbeitsspiels zu berechnen, können die in Abschn. 1.2 bei der Betrachtung des idealen Arbeits­prozesses getroffenen Voraussetzungen nicht mehr beibehal­ten werden. Es müssen geeignete thermodynamische Mo­delle definiert werden, sowohl für den einzelnen Zylinder als auch für die Prozess­Randbedingungen, wie Energiefreiset­zung durch Verbrennung, Wandwärmeverluste, Zustand vor und nach Zylinder (Tabelle 1­4).

Für den Arbeitsraum des Zylinders werden Systemgren­zen festgelegt (Bild 1­16). Dazu wird i. Allg. angenommen, dass Druck, Temperatur und Zusammensetzung der Gase im Zylinder sich in Abhängigkeit von der Zeit und damit dem Kurbelwinkel ändern können, sie aber unabhängig vom Ort im Zylinder sind. Die Zylinderladung wird somit als homogen angesehen, was man als Einzonenmodell bezeichnet. Diese Voraussetzung stimmt mit den tatsäch­lichen Vorgängen im Zylinder des Dieselmotors natürlich nicht überein; sie führt aber trotzdem zu Rechenergebnis­sen, die für die meisten Entwicklungsaufgaben genau genug sind, solange man beispielsweise keine Berechnung der Schadstoffkonzentrationen vornehmen möchte. Die Bil­dungsmechanismen für Schadstoffe, insbesondere für Stick­oxide, sind stark temperaturabhängig und benötigen als Eingabegröße die Temperatur im verbrannten Gemisch (post­flame­Bereich), die deutlich höher ist als die energe­

1.3  Berechnung des realen Arbeitsprozesses 21

durchgeführt, da dort durch die hohen Prüfstandskosten der numerische Aufwand am ehesten gerechtfertigt war.

Mittlerweile ist die Berechnung des realen Arbeitspro­zesses zu einem Standardwerkzeug in der Motorenentwick­lung geworden und wird in der Zukunft noch an Bedeutung gewinnen [1­65]. Dabei reichen die Anwendungen von ein­fachen Beschreibungen des Prozesses im Zylinder bis hin zu den komplexen, transienten Vorgängen bei der instatio­nären Lastaufschaltung an Dieselmotoren mit zweistufiger Registeraufladung unter Berücksichtigung des dynamischen Verhaltens des Verbrauchers [1­20; 1­48; 1­68].

Stand der Technik ist heute im Versuchsbetrieb die ther­modynamische Analyse des gemessenen Zylinderdruckver­laufs (DVA), die dank moderner Rechner in Echtzeit neben dem momentanen Brennverlauf weitere Betriebsgrößen, wie z.B. den Restgasgehalt im Zylinder, ermittelt [1­29]. Für den Serieneinsatz lässt sich darauf eine zylinderdruckbasierte Regelung für neue Brennverfahren wie das HCCI­Verfahren aufbauen, vorausgesetzt es stehen genaue und standfeste Drucksensoren zur Verfügung.

Im Rahmen einer Einführung in die Berechnung des Realprozesses können natürlich nicht alle thermodyna­misch interessanten Baugruppen des Motors wie Zylinder, Abgasturbolader oder Luft­ und Abgasleitungssystem berücksichtigt werden. Daher werden in den folgenden Abschn. nur die Grundlagen der Realprozessrechnung anhand der Modellierung der thermodynamischen Vor­gänge in einem Zylinder ohne unterteiltem Brennraum exemplarisch erläutert. Für weitergehendes Interesse wird auf die in den einzelnen Abschn. angegebene, vertiefende Literatur verwiesen.

Tabelle 1-4  Unterschiede verschiedener Teilmodelle im Ideal- und Realprozess

Teilmodell Idealprozess Realprozess

Stoffwerte  ideales Gas  reales Gas; Zusammensetzung ändert sich während des Prozesses  cp, cv, κ = konstant  Stoffwerte abhängig von Druck, Temperatur und Zusammensetzung 

Ladungswechsel  Ladungswechsel als Wärmeabfuhr  Massenaustausch durch die Ventile, Restgas bleibt im Zylinder

Verbrennung  vollständige Verbrennung nach gegebener,  unterschiedliche Brennverläufe sind möglich je nach Gemischbildung  idealisierter Gesetzmäßigkeit  und Verbrennungsverfahren; Kraftstoff verbrennt teilweise nur unvollständig

Wandwärmeverluste  Wandwärmeverluste werden vernachlässigt  Wandwärmeverluste werden berücksichtigt

Undichtigkeiten  Undichtigkeiten werden vernachlässigt  Undichtigkeiten werden teilweise berücksichtigt, in der vorliegenden     Einführung aber vernachlässigt