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4 SPONSORING extra Juli 2012 Ü berlegen Sie sich, was «Corpo- rate Social Responsibility» für Ihr Unternehmen bedeuten könnte? Wie Sie Sponsoring auch als Instru- ment der CSR einsetzen könnten, um die Reputation des Unternehmens nachhaltig zu steigern? Wenn ja, dann gibt es eine gute Nachricht: Sie brau- chen sich im Grunde genommen gar nicht erst darum zu kümmern. Denn unlängst hat ein neuer Begriff Einzug in die Praxis und in die Literatur ge- funden, der die Sponsoringansätze in den nächsten Jahren wohl verändern wird. Er dürfte auch dazu führen, dass Ihr CSR-Konzept veraltet erscheint und Sie dieses – auch angesichts der Wirtschafts- und Finanzkrise – der- art beschneiden müssen, dass es sich kaum noch lohnt, darüber viele Ge- danken zu verlieren. CSV, auch bezeichnet als «Corpo- rate Shared Value» oder «Creating Shared Value», wird Überhand nehmen. Was das besondere an CSV ist? Es geht nicht mehr primär darum, einfach Gutes zu tun, sich mit einer Er- lebniswelt zu assoziieren, um Kommunikations- und/ oder Marketingziele zu erreichen. Im Mittelpunkt steht beim CSV-Ansatz die Produktivität eines Unterneh- mens. Jedes Engagement soll die Produktivität des Un- ternehmens verbessern und zur Gewinnmaximierung beitragen. Die Engagements werden dabei nicht von der Unternehmenskommunikations- oder der Marketingab- teilung auserwählt, sondern von den Linienverantwort- lichen. Die Kommunikations- und Marketing-Abteilun- gen sowie externe Spezialisten helfen dann nur noch bei der detaillierten Entwicklung, dem Verhandeln und der Umsetzung der Engagements. Die Budgets werden nicht zentralisiert, sondern dezentralisiert. Klar soll bei CSV auch Gutes getan werden. Aber nur soviel und in jenen Bereichen, in denen dank diesen Aktivitäten Kosteneinsparungen zu erwarten sind. Und das kann in ganz vielen Bereichen passieren: beim Energie- und Wasserverbrauch, bei der Mitarbeitergesundheit, der Arbeitssicherheit, den Personalkosten, den Fluktuati- onskosten, den Materialkosten und vieles mehr. Wer das schon praktiziert? Nun, die Schweizer Un- ternehmen scheinen bereits «Weltmeister» in diesem Bereich zu sein. Nicht umsonst gehören viele von ih- nen weltweit zu den Innovations-Champions. Und viele praktizieren CSV-Strategien, ohne es zu wissen oder auch ohne diesen Begriff je gehört zu haben. Schauen Sie sich ein- mal die Beispiele der Pharmaindustrie an, oder von Nestlé. Der Migros-Grün- der Gottlieb Duttweiler hatte mit sei- ner Idee des «Kulturprozentes» schon die CSV-Entwicklung vorweggenom- men. Auch die Suva verfolgt mit ihrer Sponsoringstrategie einen CSV-Ansatz, indem sie sich in Bereichen engagiert, in denen aufgrund von Freizeitunfällen grosse Kosten anfallen. Jedes Engage- ment der Suva muss sich unmittelbar in einer geringeren Anzahl an Unfällen auswirken. Weniger Unfälle bedeuten weniger Kosten, mehr Gewinne und folgerichtig tiefere Prämien. Wer sich noch schwer damit tut? Ausgerechnet jene Unternehmen, die das klassische Sponsoring in unserem Land so richtig populär gemacht haben: die Banken. Denn angesichts der immer noch horrenden Personalkosten, den wegfallenden Margen im angestammten Vermögensverwaltungsgeschäft, den stei- genden Kapitalkosten aufgrund von Basel-III und den zu erwartenden Abflüssen von Anlagekapital als Folge der neuen Steuerabkommen stehen die Geschäftsleitun- gen der Banken so ratlos da wie noch nie bezüglich ih- reer Produktivität. Wahrscheinlich müssten sich einige zunächst einmal mit ihrer Produktivität genau ausein- andersetzen und versuchen, diese zu verstehen, bevor ernsthafte CSV-Strategien erarbeitet werden, die mehr sind, als Augenwischerei. Es wäre für die Banken Zeit, sich an die Zeiten nach dem Chiasso-Skandal 1978 zurückzubesinnen. Dieser Skandal, der die damalige Schweizerische Kreditanstalt und das Schweizerische Finanzwesen erschüttert hat, läutete – ausgehend vom damaligen SKA-Patron Victor Erne – eine ganze Reihe von Innovationen ein: von den SKA-Mützen bis zur Entwicklung von Partnerschafts- und Ownership-Ansätzen. Es wäre Zeit, die jetzige Krise für neue Innovationen zu nutzen. Die UBS hat mit ihrem Engagement für die Uni Zürich den ersten Versuch un- ternommen. Noch etwas zaghaft zwar, aber immerhin. Bis zu einem richtigen Innovationsschub müssen wir uns wohl oder übel noch mit den alten, ausgetretenen Sponsoringansätzen à la Formel 1, Fussball oder Roger Federer begnügen. von Dr. Patrick Cotting [email protected] CEO CCI Cotting Consulting AG Wie CSV Ihre Arbeit verändern wird REDAKTIONELLER BEIRAT

Kolumne patrick cotting wie csv ihre arbeit verändern wird - juli 2012

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Page 1: Kolumne patrick cotting   wie csv ihre arbeit verändern wird - juli 2012

4 SPONSORING extra Juli 2012

Überlegen Sie sich, was «Corpo-rate Social Responsibility» für

Ihr Unternehmen bedeuten könnte? Wie Sie Sponsoring auch als Instru-ment der CSR einsetzen könnten, um die Reputation des Unternehmens nachhaltig zu steigern? Wenn ja, dann gibt es eine gute Nachricht: Sie brau-chen sich im Grunde genommen gar nicht erst darum zu kümmern. Denn unlängst hat ein neuer Begriff Einzug in die Praxis und in die Literatur ge-funden, der die Sponsoringansätze in den nächsten Jahren wohl verändern wird. Er dürfte auch dazu führen, dass Ihr CSR-Konzept veraltet erscheint und Sie dieses – auch angesichts der Wirtschafts- und Finanzkrise – der-art beschneiden müssen, dass es sich kaum noch lohnt, darüber viele Ge-danken zu verlieren. CSV, auch bezeichnet als «Corpo-rate Shared Value» oder «Creating Shared Value», wird Überhand nehmen.

Was das besondere an CSV ist? Es geht nicht mehr primär darum, einfach Gutes zu tun, sich mit einer Er-lebniswelt zu assoziieren, um Kommunikations- und/oder Marketingziele zu erreichen. Im Mittelpunkt steht beim CSV-Ansatz die Produktivität eines Unterneh-mens. Jedes Engagement soll die Produktivität des Un-ternehmens verbessern und zur Gewinnmaximierung beitragen. Die Engagements werden dabei nicht von der Unternehmenskommunikations- oder der Marketingab-teilung auserwählt, sondern von den Linienverantwort-lichen. Die Kommunikations- und Marketing-Abteilun-gen sowie externe Spezialisten helfen dann nur noch bei der detaillierten Entwicklung, dem Verhandeln und der Umsetzung der Engagements. Die Budgets werden nicht zentralisiert, sondern dezentralisiert. Klar soll bei CSV auch Gutes getan werden. Aber nur soviel und in jenen Bereichen, in denen dank diesen Aktivitäten Kosteneinsparungen zu erwarten sind. Und das kann in ganz vielen Bereichen passieren: beim Energie- und Wasserverbrauch, bei der Mitarbeitergesundheit, der Arbeitssicherheit, den Personalkosten, den Fluktuati-onskosten, den Materialkosten und vieles mehr.

Wer das schon praktiziert? Nun, die Schweizer Un-ternehmen scheinen bereits «Weltmeister» in diesem Bereich zu sein. Nicht umsonst gehören viele von ih-nen weltweit zu den Innovations-Champions. Und viele

praktizieren CSV-Strategien, ohne es zu wissen oder auch ohne diesen Begriff je gehört zu haben. Schauen Sie sich ein-mal die Beispiele der Pharmaindustrie an, oder von Nestlé. Der Migros-Grün-der Gottlieb Duttweiler hatte mit sei-ner Idee des «Kulturprozentes» schon die CSV-Entwicklung vorweggenom-men. Auch die Suva verfolgt mit ihrer Sponsoringstrategie einen CSV-Ansatz, indem sie sich in Bereichen engagiert, in denen aufgrund von Freizeitunfällen grosse Kosten anfallen. Jedes Engage-ment der Suva muss sich unmittelbar in einer geringeren Anzahl an Unfällen auswirken. Weniger Unfälle bedeuten weniger Kosten, mehr Gewinne und folgerichtig tiefere Prämien.

Wer sich noch schwer damit tut? Ausgerechnet jene Unternehmen, die das klassische Sponsoring in unserem Land so richtig populär gemacht haben: die Banken. Denn angesichts der immer noch horrenden Personalkosten, den wegfallenden Margen im angestammten Vermögensverwaltungsgeschäft, den stei-genden Kapitalkosten aufgrund von Basel-III und den zu erwartenden Abflüssen von Anlagekapital als Folge der neuen Steuerabkommen stehen die Geschäftsleitun-gen der Banken so ratlos da wie noch nie bezüglich ih-reer Produktivität. Wahrscheinlich müssten sich einige zunächst einmal mit ihrer Produktivität genau ausein-andersetzen und versuchen, diese zu verstehen, bevor ernsthafte CSV-Strategien erarbeitet werden, die mehr sind, als Augenwischerei.

Es wäre für die Banken Zeit, sich an die Zeiten nach dem Chiasso-Skandal 1978 zurückzubesinnen. Dieser Skandal, der die damalige Schweizerische Kreditanstalt und das Schweizerische Finanzwesen erschüttert hat, läutete – ausgehend vom damaligen SKA-Patron Victor Erne – eine ganze Reihe von Innovationen ein: von den SKA-Mützen bis zur Entwicklung von Partnerschafts- und Ownership-Ansätzen. Es wäre Zeit, die jetzige Krise für neue Innovationen zu nutzen. Die UBS hat mit ihrem Engagement für die Uni Zürich den ersten Versuch un-ternommen. Noch etwas zaghaft zwar, aber immerhin.

Bis zu einem richtigen Innovationsschub müssen wir uns wohl oder übel noch mit den alten, ausgetretenen Sponsoringansätzen à la Formel 1, Fussball oder Roger Federer begnügen.

von

Dr. Patrick Cotting [email protected]

CEO

CCI Cotting Consulting AG

Wie CSV Ihre Arbeit verändern wird

REDAKTIONELLER BEIRAT