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Kommando Gonozal

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Nr. 1775

Kommando Gonozal

Die Phasenspringer in Not - PerryRhodan schickt rasche Hilfe

von Susan Schwartz

In der kleinen Galaxis Hirdobaan, rund 118 Millionen Lichtjahre von der Milchstra-ße entfernt, spitzt sich Im Herbst 1220 Neuer Galaktischer Zeitrechnung die Situationzu: Ein seit über tausend Jahren existierendes System gerät Ins Wanken – undschuld daran sind Menschen aus der Milchstraße. Millionen von Galaktikern kamennach Hirdobaan, auf der Suche nach dem Imprint. Und als sie ihn erhielten, ver-schwanden sie spurlos. Sie landeten in Endreddes Bezirk, auf Planeten im abge-schotteten Zentrum der Galaxis. Unter ihnen sind die sogenannten Phasenspringer,die zwischen Endreddes Bezirk und der »Außenwelt« oszillieren. Niemand weiß bis-lang, welcher Einfluß dafür verantwortlich ist, und niemand kennt die Hintergründedes Ganzen. Mit Hilfe der Cryper-Rebellen besetzen die Galaktiker von der BASISden Planeten Borrengold und nehmen die Handels fürsten der Hamamesch fest. Da-mit, so hofft Perry Rhodan, hat er ein Faustpfand in den Händen, das ihm hilft, diedreißig Millionen Galaktiker freizubekommen.

Währenddessen geraten die Phasenspringer in Endreddes Bezirk immer mehr inBedrängnis, und Perry Rhodan beschließt, Hilfe zu schicken: Dabei handelt es sichum das KOMMANDO GONOZAL …

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Die Hautpersonen des Romans:Atlan - Der Arkonide ist als einziger außerhalb des Bezirks bei Bewußtsein.Perry Rhodan - Der Terraner schickt den alten Freunden wichtige Unterstützung.Homer G. Adams - Der ehemalige Hanse-Chef als treuer Diener Gomasch Endreddes.Dao-Lin-H'ay - Die Kartanin wird freiwillig zur Phasenspringerin.Schiller - Ein ehemaliger Imprint-Outlaw.

1.Demmyd-System, Schingo 16.10.1120 NGZ

»Wir brauchen dringend Unterstützung!«Atlan war noch gar nicht richtig zu sich

gekommen, als er diese Feststellung laut vonsich gab.

Auf Perry Rhodans Stirn bildeten sich tie-fe Furchen. Er hatte gehofft, daß sein Freundpositive Informationen aus Endreddes Be-zirk mitbringen würde.

»So kann es nicht weitergehen, Perry«,fuhr der unsterbliche Arkonide fort. Er rich-tete sich auf und wischte sich mit einer un-geduldigen Handbewegung, die seine innereAnspannung und Gereiztheit verdeutlichte,den Schweiß von der Stirn. Das Erwacheninnerhalb der 13.01-Stunden-Frist war stetseine ungeheure Anstrengung, die durch diehektischen Aktivitäten in Endreddes Bezirknicht gerade erleichtert werden konnte.

»Wir drehen uns ständig im Kreis. Daskostet nicht nur unsere Kräfte, sondernbringt uns auch in erhebliche Schwierigkei-ten.«

»Gehe ich damit recht in der Annahme,daß du diesmal keine guten Nachrichten mit-bringst?« meinte Rhodan sarkastisch.

Atlan ging nicht darauf ein; er stand unterständigem Zeitdruck, der ihn mehr und mehrbelastete.

»Seit unserem letzten Treffen sind wirnicht viel weiter«, begann er seinen Bericht.»Tek befindet sich weiterhin in der Gewaltder Opera-Roboter, die Homer auf ihn ge-hetzt hat. Unser alter Hanse-Chef arbeitetnach wie vor in den Tiefenanlagen wie einVerrückter daran, einen Durchbruch zuschaffen. Die Besatzungsmitglieder derGRIBBON werden regelmäßig von Operas

am Fernkarussell Radio Eins auf Prullweggerwartet und ins Gefängnis abgeführt. Wirhaben es inzwischen aufgegeben, sie zu be-freien, weil wir uns nicht gleichzeitig auf al-les konzentrieren können.

Es ist frustrierend genug, ständig Tek be-freien zu müssen, und die Operas sind natür-lich auch nicht auf Blödheit programmiert.Irgendwann werden sie uns der Reihe nachan den Karussells abpassen, und dannstecken wir in derselben Klemme wie Tekund die anderen. Wir kommen dadurchkaum voran; abgesehen davon, daß wir stän-dig gezwungen sind, unsere diversen Materi-allager aufzustocken oder neue einzurichten,können wir innerhalb der wenigen Stundendie Suche nach der Schaltzentrale desSchirms um Endreddes Bezirk nicht fortset-zen.« »Was ist mit den anderen Galakti-kern?« wollte der Terraner wissen.

»Die werden weiterhin in den Kantinenmental beeinflußt und sind viel zu lethar-gisch oder verwirrt, um uns unterstützen zukönnen«, antwortete der weißhaarige Arko-nide. »Wir sind schon froh, wenn wir deneinen oder anderen zur Nachrichtenübermitt-lung einsetzen können, wie zwischen mirund Tek geschehen.«

Er machte eine kurze Pause und seufztedann tief. »Wir haben nicht mehr viel Zeit,Perry«, sagte er. »Uns muß etwas einfallen.«Dies sagte er allerdings in einem Tonfall, alshätte er längst einen Plan ausgearbeitet undwartete nun auf Zustimmung.

Rhodan stand auf und ging einige Schritteauf und ab. Außer ihnen beiden hielt sichderzeit niemand in der Zelle auf der Gefäng-niswelt Schingo auf.

»Ich weiß, worauf du hinauswillst«, sagteder Terraner schließlich. »Du weißt aber,daß ich das von niemandem verlangen kann.

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Vorausgesetzt, daß es überhaupt funktio-niert.«

»Wie viele Möglichkeiten haben wir?«entgegnete Atlan ruhig.

Perry Rhodan stieß ein kurzes, trockenesLachen aus. »Wie viele gab es denn je?«murmelte er.

*

Die Situation im Demmyd-System konntederzeit als normal bezeichnet werden. Abge-sehen von zwei, drei Dutzend Regenbogen-schiffen der Fermyyd gab es keine Bedro-hung. Der Rest der ehemals 1000 Einheitenumfassenden Flotte der Pantherwesen warnach Borrengold abkommandiert worden,um dort den von den Galaktikern in die En-ge getriebenen und belagerten Maschtarenbeizustehen.

Den Regenbogenschiffen gegenüber stan-den auf Seiten der Galaktiker die ATLAN-TIS, die MONTEGO BAY, die NJALA undzehn Kreuzer. Der Ferm-Kommandant Ten-Or-Too hielt die Galaktiker ständig beschäf-tigt. Ihm war sicher klar, daß er die Ein-dringlinge nicht wirklich bedrohen oder garüberwältigen konnte, aber er fügte auf seineWeise den Galaktikern Schaden zu, wo ernur konnte, verwickelte sie immer wiederaufs neue in überraschende kleine Scharmüt-zel und zog sich ebenso schnell wieder zu-rück.

Verluste gab es auf beiden Seiten so gutwie keine, die Verletzungen hielten sich inGrenzen. Ten-Or-Too legte es nicht aufgroße Opfer an, sondern auf die Zerrüttungseines Gegners, wollte ihn so lange beschäf-tigen, bis er endlich die Geduld verlierenund abziehen würde.

Die Galaktiker ihrerseits wären gern ab-gezogen, aber solange Atlan und Ronald Te-kener dem Oszillationseffekt unterlagen undPhasenspringer waren, konnte das nicht inBetracht gezogen werden.

Doch das war das geringste Problem.Die Hauptsorge betraf die Phasenspringer

selbst. Bisher war nur Atlan in der Lage,

nach ungefähr vier Stunden Anpassung – be-gleitet von heftigen Schweißausbrüchen undKörperzuckungen, die den Kampf, das Be-wußtsein wiederzuerlangen, verrieten – zuerwachen und mit seinen Freunden zu spre-chen.

Ronald Tekener war dazu nicht fähig; dieregelmäßigen medizinischen Untersuchun-gen zeigten jedoch, daß auch seine physi-schen Kräfte sehr stark beansprucht wurdenund die dreizehnstündige Phase der Bewußt-losigkeit ihm kaum eine Möglichkeit zur Re-generation bot. Zudem hatte er mehrmalsVerletzungen erlitten, die umgehend behan-delt werden mußten.

Die Opera-Roboter zeigten sich nicht ge-rade zimperlich im Umgang mit den ehema-ligen Imprint-Outlaws: Wer nicht spurte,wurde entweder interniert oder gar erschos-sen, wie es mit Indra Priatar Jonos gesche-hen war.

Reginald Bull und die meisten anderenPhasenspringer waren bisher ohne Verlet-zungen davongekommen, doch Perry Rho-dan konnte sich vorstellen, daß auch sie kör-perlich und seelisch sehr stark beanspruchtwaren. Atlan hatte vollkommen recht: Siebrauchten Unterstützung.

»Theoretisch betrachtet ist das kein Pro-blem«, setzte Perry Rhodan Atlans Gedan-ken nach einiger Zeit fort. »Auf der SIAME-SE GIRL liegen noch die 48 unbenutztenImprint-Würfel. Eine Untersuchung hat bis-her nichts eingebracht, und von hier aus ha-ben wir keine Chance, etwas zu unterneh-men, solange Endreddes Bezirk abgeschirmtist.«

»Tatsache ist, daß wir Rückendeckungbrauchen, damit wir endlich die Suche auf-nehmen können«, wiederholte Atlan. »Wirbrauchen jemanden, der uns die Operas vomHals schafft und unsere Ausrüstung ver-stärkt. Das geht nur von außen, Perry – vonhier.«

Rhodan nickte. »Ich weiß, alter Freund,aber so einfach ist das nicht zu realisieren.Selbst gesetzt den Fall, wir finden genügendFreiwillige, die sich für dieses Himmel-

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fahrtskommando zur Verfügung stellen, sobleibt der Plan nur graue Theorie, bis wir dieWürfel ausprobiert haben. Wir können dieWirkung der Würfel nicht steuern, und da-mit haben wir eine Menge Unbekannte inunserer Gleichung. Wir wissen nicht einmal,an welchen Fernkarussells die Verstärkungfür euch herauskommt.«

»Im schlimmsten Fall haben wir 48 Pha-senspringer mehr, die von den Operas inter-niert oder – getötet werden«, zog der Arko-nide die unangenehme Konsequenz. »Ich binmir über die Risiken voll im klaren, Perry.Aber es ist gegenwärtig unsere einzigeChance. Selbst mit unseren Zellaktivatorenkönnen wir uns nicht mehr so regenerieren,daß wir nach jedem neuen Wechsel unserevollen Kräfte zum Einsatz bringen können.Ich bemerke das nicht nur an mir, sondernauch an den anderen, beispielsweise an Bul-ly. Du weißt, was für ein zäher Kerl er ist,aber selbst er beginnt allmählich zu ermü-den. Das Risiko, daß wir einen Fehler ma-chen und zu auffällig werden, steigt mit je-der neuen Oszillationsphase. Bisher hat unsnur das Chaos in Endreddes Bezirk davorbewahrt, entdeckt zu werden. Ich weiß, daßdu dich vor der Verantwortung scheust,möglicherweise 48 Leute in den Tod zuschicken, aber diese Entscheidung solltestdu den Freiwilligen überlassen.«

*

Letztlich, dachte Rhodan später bei sich,haben wir nicht die geringste Wahl. Atlanund die anderen können nicht mehr langedurchhalten. Es muß eine Entscheidung her-beigeführt werden.

Er setzte sich mit Dao-Lin-H'ay in Ver-bindung und schilderte ihr die Lage, in dersich die Phasenspringer befanden.

»Das ist doch gar keine Frage«, erklärtedie Kartanin daraufhin, »ich fliege mit derNJALA sofort nach Borrengold und hole dieImprint-Würfel. Wenn es die einzige Mög-lichkeit ist, etwas zu erreichen, sollten wirsie nutzen. 48 Freiwillige zusätzlich für vie-

le Millionen Gefangene, Perry – das ist oh-nehin verschwindend wenig. Oder möchtestdu lieber abwarten, bis die Phasenspringeralle tot sind?«

»Beeil dich«, erwiderte der Terraner nur.

2.Endreddes Bezirk

Kurz nachdem die NJALA zum Riffta-System abgeflogen war, war Atlans Frist ab-gelaufen, und er fand sich auf Level 1 voreinem der erloschenen Felder am Zielkarus-sell Point Gomasch am Nordpol des Plane-ten Schrett wieder. Aufatmend registrierteer, daß er noch nicht erwartet wurde. Ohnesich aufzuhalten, ging er durch das dunkel-rote Feld nach Zonder-Myry und sah sichkurz darauf Reginald Bull und Fink Petticulgegenüber.

»Seid ihr in Ordnung?« fragte Atlan ohnegroße Umschweife, und die beiden nickten.Er musterte Bull genauer. »So gut siehst duaber nicht aus«, bemerkte er.

Bull hob die Schultern. »Der Streß, derStreß …«, meinte er leichthin. »Während duper Karussell spazierengegangen bist, habenwir die Ausrüstung geholt.«

Er gab Atlan den OSS, einen sogenanntenOpera-Störsender, den wichtigsten Teil einerim Lauf der Zeit aus den Materiallagernselbst zusammengebastelten Ausrüstung. Je-der Phasenspringer hatte im Lauf der Zeitmehrere solcher geheimen Lager angelegt,damit jederzeit er selbst oder seine Freundedarauf zurückgreifen konnten. Der Ver-schleiß an diesen notdürftig konstruiertenGeräten war groß; so manches Lager warauch von anderen Galaktikern ausgehobenworden, um es für die Reparaturen zu ver-wenden.

Atlan berichtete den beiden Gefährten inStichworten von seiner letzten Unterredungmit Perry Rhodan und schloß zuversichtlich,daß sie bald tatkräftige Unterstützung mitder entsprechenden Ausrüstung bekommenwürden.

Noch während des Berichts stieß Fink

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Petticul ihn warnend an. »Da nähern sichBlau-Operas. Wir sollten machen, daß wirzu Tek kommen.«

Ronald Tekeners Zielpunkt war Petters-sons Riff auf Bagotta. Der Smiler befandsich in einem Teufelskreis, da er jedesmal,wenn er nach Ablauf der Frist in EndreddesBezirk eintraf, von Opera-Robotern gefan-gengenommen und über das Fernkarussellnach Zimbag abgeführt wurde. Diese Operasstanden unter Homer G. Adams' Befehl, wasfür Tek noch Glück im Unglück bedeutete;möglicherweise wäre er sonst, würden dieOperas anderen Befehlen folgen, schonlängst erschossen worden.

Bevor die Roboter auf die Phasenspringeraufmerksam werden konnten, traten siedurch das dunkelblaue Feld, das Level 3, al-so Zimbag, kennzeichnete. Sie verteiltensich sofort in verschiedene Richtungen undsicherten die Umgebung. Im Augenblick be-fand sich niemand in näherer Umgebung; inder Nähe des Regionalkarussells und desTrichterturms liefen mehrere Galaktikerziellos umher, teilweise mit irgendwelchenmerkwürdig aussehenden Geräten, die sie anbestimmten Stellen abluden, um sich dannanderswo mit längst ausgeschlachteten undfunktionslosen Maschinenteilen zu beschäf-tigen. Es war ein tragischer Anblick. Atlanhatte mehrmals versucht, die Galaktiker zurVernunft zu bringen, aber er konnte diementale Barriere nicht durchdringen. Nach-dem die Opera-Roboter anfingen, auf seinmerkwürdiges Verhalten aufmerksam zuwerden, mußte er diese Versuche aufgeben;dennoch konnte er sich an diesen Anblicknicht gewöhnen.

Der Arkonide sah zur Seite, als er eineHand auf seiner Schulter fühlte.

»Ich weiß, was in dir vorgeht«, sagte derrothaarige Terraner. »Ich fühle hilflosenZorn und möchte alle Operas mit dem Zap-fen voran in den Boden hauen. Aber es hatkeinen Sinn, hier Energien zu verschwen-den. Wir können den Menschen nur helfen,wenn wir in das Innere von Endreddes Be-zirk gelangen und das Geheimnis auf-

decken.«»Kommt schon!« rief Fink Petticul von

der anderen Seite und winkte. »Der Weg istfrei!«

Obwohl von Ronald Tekener und seinenBewachern im Augenblick keine Spur zuentdecken war, war es nicht schwer, ihm zufolgen: Die Operas nahmen jedesmal densel-ben Weg zu den Tiefenanlagen hinab.

Die Phasenspringer steuerten den Trich-terturm an. Dabei bewegten sie sich nicht zuschnell, sondern scheinbar so ziellos wie dieanderen Galaktiker; der eine oder anderehielt zwischendurch an, um sich an irgend-welchen Maschinen zu schaffen zu machen.Bull murmelte halblaut merkwürdige For-meln vor sich hin, mit deutlich verständli-chen Zwischenbemerkungen wie: »Ja, daskönnte funktionieren; jetzt muß ich nur nochdie Komponenten verbinden, dann ist mirder erste entscheidende Durchbruch gelun-gen« – dabei überrannte er den einen oderanderen, um sich so den Anschein eines zer-streuten Galaktikers zu geben, der sich ganzin den Dienst Gomasch Endreddes gestellthatte.

Auf diese Weise kam er am schnellstenvoran und gab den anderen Zeichen, als erden von Operas umringten Tek entdeckte, inder Nähe einer Kantine neben dem Trichter-turm. Es galt, keine Zeit mehr zu verlieren,bevor Tek in die unterirdischen Anlagen ge-bracht wurde.

Sie liefen auf die zapfenförmigen, blau-schimmernden Roboter zu und setzten dieOSS ein, noch bevor diese sich auf die neueSituation einstellen konnten. Während derSmiler sich zu seinen Freunden absetzte, ro-tierten einige Operas wild, während anderefast zum Stillstand kamen.

»Es hat geklappt!« rief Bull enthusiastischund klopfte Tek auf die Schulter.

»Nicht ganz«, ließ sich Fink Petticul hin-ter ihm vernehmen, der ihm den Rückendeckte.

»Was soll das …«, wandte Bull sich zuihm um und unterbrach sich selbst.

Eine zweite Staffel, bestehend aus 15

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Operas, war plötzlich aus dem Hintergrundaufgetaucht und kreiste die Phasenspringerein. Offensichtlich hatten sie mit einem Be-freiungsversuch gerechnet und im Verborge-nen abgewartet.

»Oh-oh!« machte der Smiler. »Die habendazugelernt, scheint mir.«

Atlan nickte grimmig. »Und nicht zuknapp. Wir sollten machen, daß wir weg-kommen.«

»Wenn sie das Feuer eröffnen, sind wirhin, und zwar allesamt«, stellte Bull lako-nisch fest, und Fink Petticul duckte sich un-willkürlich.

Sie setzten zum zweiten Mal die Opera-Störsender ein; damit konnten sie die Robo-ter wenigstens für kurze Zeit aufhalten. Dieeinen behinderten die anderen, die nicht be-einflußt wurden, und dieses Durcheinandernutzten die Phasenspringer zur Flucht.

Tekener, der am weitesten vorn war,nahm den direkten Weg zum Fernkarussell,und die anderen folgten ihm. Die Flüchtigenwählten nach kurzer Absprache das gelbeFeld, das zum Fernkarussell Radio Eins aufPrullwegg führte. Dort wollten sie dieGRIBBON-Leute befreien und das weitereVorgehen planen.

*

Auch auf Prullwegg herrschte reges Trei-ben, wie nicht anders zu erwarten. Atlan unddie anderen suchten zunächst eine Kantineauf, um sich Schutzanzüge zu besorgen.

Prullwegg war ein toter, von ständig nie-dergehenden Meteoriten zerklüfteter undzernarbter Planet, der von seiner sehr weitentfernten, blauen Riesensonne nur sehr dif-fus erhellt wurde. Unter normalen Bedin-gungen hätte dieser mit dem irdischen Mondvergleichbare Planet ohne Atmosphäre seinmüssen, aber hier wie auf allen anderen Le-vels herrschten dieselben künstlich aufrecht-erhaltenen Bedingungen: eine gleichmäßigeTemperatur von 16,6 Grad Celsius, eineSchwerkraft von 1,28 Gravos und eine Luft-feuchtigkeit von 63 Prozent. Die Luft be-

stand aus 66 Prozent Stickstoff, 27 ProzentSauerstoff und sieben Prozent Edelgasen.

Prullwegg unterlag zudem einer sehr star-ken radioaktiven Strahlung, so daß für jeden»im Dienste Gomasch Endreddes« Stehen-den ein entsprechender Schutzanzug bereit-gestellt wurde. Manchmal war es etwasschwierig, einen Anzug in der passendenGröße zu erhalten, aber die mental beein-flußten Galaktiker merkten das kaum. Vielewürden irgendwann aufgrund der Strahlen-belastung sterben. Die vier Phasenspringerhatten Glück: Sie fanden einigermaßen pas-sende Anzüge und mischten sich dann un-auffällig unter »Endreddes Diener«.

Die Kantine neben dem Trichterturm warsehr stark frequentiert. Die Schlafplätze imzweiten Stock waren überbelegt, ebenso diesanitären Einrichtungen im ersten Stock.Viele Galaktiker waren völlig apathisch,aber es gab auch einige, die sich aggressivzeigten und eisern um eigene Vorteilekämpften – verbal und gewalttätig. Als Bulleine gemischte Gruppe Galaktiker zusam-men an einem Tisch ins Gespräch vertieftentdeckte, ging er zu ihnen; möglicherweisefanden sich hier endlich Verbündete.

Die Gruppe, darunter zwei Unither, einCheboparner und ein Topsider, nahm keiner-lei Notiz von dem Terraner; Bull setzte sichdeshalb schweigend hin und hörte einigeZeit zu. Endreddes Diener unterhielten sicheifrig über die Möglichkeiten, eine bestimm-te Maschinenanlage wieder in Betrieb zunehmen und damit dem Ziel ein Stück näherzu rücken.

Nach einer Weile versuchte Bull mehr-mals, einen Kommentar dazu zu geben, wur-de jedoch weiterhin völlig ignoriert, bis ihmder Geduldsfaden riß. Er vergaß, daß er un-ter keinen Umständen auffallen wollte,sprang auf und hieb die geballte Faust aufdie Tischplatte.

»Könnt ihr mir vielleicht mal zuhören?«rief er aufgebracht. Um ihn herum ver-stummten die meisten Gespräche, und vieleGesichter wandten sich ihm zu.

»Du verstehst noch nicht genug davon«,

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murrte der Cheboparner. »Wir haben vielZeit gebraucht, um so weit zu kommen. Unsist klargeworden, daß wir es gemeinsamschaffen können – aber nicht alle sind dazuausersehen. Du bist es nicht!«

Bull grinste unsicher, hob die Hände undwich zurück, als der Cheboparner langsamaufstand. »He, kein Problem, Leute«, sagteer. »Vielleicht war meine Idee ja gar nichtso gut, ich werde eine andere ausprobieren,die ich notiert habe; wo ist sie denn …« Ernestelte nervös in den Anzugtaschen, mur-melte vor sich hin und entfernte sich lang-sam von dem Tisch.

Der Cheboparner setzte sich wieder hin,und die Unterhaltung wurde fortgesetzt.

»Wie unauffällig du doch bist«, erklangFink Petticuls Stimme an seinem Ohr. »Dumußt mir unbedingt beibringen, wie dasgeht.«

»Ach, sei still!« knurrte Bull.

*

Atlan runzelte die Stirn; er hatte die Aus-einandersetzung vom Eingang mitverfolgtund machte Bull entsprechende Vorwürfe:»Was sollte das?«

»Nichts«, knurrte der rothaarige Terranergereizt. Er sah sich um. »Wo ist Tek?«

»Auskundschaften«, antwortete der Arko-nide. »Hoffentlich kommt er bald, bevor wirwegen dir noch Ärger bekommen.«

Bull hob gleichgültig die Schultern. Beidem lebhaften Treiben fielen sie nicht auf,und bisher waren keine Operas gesichtetworden.

Kurz darauf kam Ronald Tekener zurück.»Sie sind genau dort, wo du vermutet hast«,sagte er zu Atlan. »Im oberen Bereich desTrichterturms, in einer Art Gefängnisraumeingesperrt. Es ist der einzige geschlosseneRaum, und auf meine Morsezeichen habeich Antwort bekommen. Operas befindensich dort keine, die Tür läßt sich nur von au-ßen öffnen, und Befreiungsaktionen sindhier wohl nicht an der Tagesordnung. DieZugänge zu den Tiefenanlagen werden aller-

dings scharf bewacht. Wir müssen also in je-dem Fall vorsichtig sein.«

Sie machten sich getrennt auf den Wegzum Trichterturm, der tatsächlich, wie Teke-ner berichtet hatte, nicht bewacht war. Auchhier waren viele Galaktiker unterwegs, undes gelang ihnen, unbemerkt in den Turmhineinzuschlüpfen und in das obere Geschoßzu gelangen. Es war nicht schwer, das ener-getische Türschloß zu knacken, zumindestfür den Smiler nicht, und gleich darauf wur-den die Gefährten von den Gefangenen be-grüßt.

Die Freude wurde schnell gedämpft, alsauf der Stiege unter ihnen plötzlich etwaslaut klapperte; das metallene Geländer derTreppe gab ein klingendes Geräusch vonsich, das bis nach oben schwang. Die Gefan-genen fuhren zusammen, und Tek huschteblitzschnell zur Treppe und riskierte einenBlick nach unten.

»Alles leer«, verkündete er gerade so laut,daß die Gefährten es verstehen konnten.

»Gehen wir lieber zurück in die Kantine,da fallen wir weniger auf«, schlug Fink Pet-ticul vor. Er verschloß sorgfältig die Tür undfolgte den anderen.

»Dieser merkwürdige Lärm da eben …Sag mal, hast du nicht auch den Eindruck,daß wir verfolgt werden?« raunte Bull Atlanauf dem Weg nach unten zu.

Der Arkonide nickte. »Schon seit Zonder-Myry. Es war nur ein unbestimmtes Gefühl,daß ich mich beobachtet fühlte, mehr nicht.«

»So geht's mir auch«, bestätigte der Terra-ner. »Wenn wir beide dasselbe Gefühl ha-ben, wird wohl was dran sein. Vielleicht be-kommen wir den Unbekannten ja mal zuGesicht.«

»Ich glaube nicht, daß er etwas gegen unsim Schilde führt, sonst hätte er längst gehan-delt. Für einen Spion Gomasch Endreddeswürde zwar manches sprechen, aber nach al-lem, was wir hier bisher an Chaos erlebt ha-ben, halte ich das eher für unwahrscheinlich.Es muß also einen anderen Grund geben,weswegen er uns von Level zu Level folgt.«

»Ein Verbündeter?«

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»Ich hoffe es. Halt die Augen offen!«Sie konnten den Trichterturm ebenso un-

gehindert verlassen, wie sie ihn betreten hat-ten, und kehrten in die Kantine zurück. Inden hoffnungslos überbelegten Schlafsälenim zweiten Stock fanden sie in der Nähe desEingangs eine kleine, leere Nische, in der sieeinigermaßen Platz fanden. Keiner der Ga-laktiker beachtete sie; die meisten schliefenohnehin, und der Lärmpegel war beachtlich.

Atlan berichtete nun den Leuten von derGRIBBON von der letzten Unterredung mitPerry Rhodan, die auf die Aussicht, baldUnterstützung zu erhalten, mit der entspre-chenden Begeisterung reagierten. Atlandämpfte den Enthusiasmus jedoch mit demHinweis, daß die Einsatzkommandos zumeinen nicht gezielt an einem Fernkarussellankommen konnten und zum zweiten eben-so dem Oszillationseffekt unterliegen wür-den. Zum dritten würden sie nicht so schnelleintreffen, da die Würfel erst geholt werdenmußten und die Anpassungszeit verstreichenmußte. Bis dahin mußten die Phasenspringersich ohne Hilfe zurechtfinden – und daraufvertrauen, daß sich die Situation inzwischennicht verschärfte.

»Das schaffen wir leicht«, behauptete Di-no Gonkers munter. »Die Operas haben unsjedesmal nur hierher in den Raum gebrachtund sich dann nicht mehr um uns geküm-mert. Wir haben mehrmals versucht, mit ih-nen zu reden, aber sie geben keine Antwort.Immerhin erhalten wir Schutzanzüge, ob-wohl die im Turm wahrscheinlich nicht nö-tig sind, aber das meiste läuft hier ja nach ei-nem festgefügten Schema ab. Also habenwir uns einfach gefügt, um größere Proble-me zu vermeiden.«

»Sie bewachen euch nicht einmal«, sagteFink Petticul.

»Natürlich nicht; wir kommen nicht mehrraus, wenn wir mal drin sind. Und außereuch findet sich keiner, der uns befreienwill. Seht euch die Leute doch an: Die mei-sten sind so verwirrt, daß sie nicht einmalmehr ihren eigenen Namen wissen.«

»Na schön«, sagte Tek und stand auf. Es

lag ihm nicht, tatenlos herumzusitzen, wasihn in Endreddes Bezirk bereits mehr alseinmal in Schwierigkeiten gebracht hatte.Dennoch hatte er nicht vor, in Zukunft vor-sichtiger zu sein, das lag nicht in seiner Na-tur. »Wir sollten jetzt unverzüglich nachZimbag zurückkehren und versuchen, Kon-takt mit Adams aufzunehmen. Die Zeit läuftgegen uns, und wir sind bereits seit vierStunden hier.«

Ohne die Zustimmung der anderen abzu-warten, ging er los, und nacheinander folg-ten sie ihm. Sie kehrten ins Erdgeschoß zu-rück und mischten sich unter die Arbeiter,um die Kantine zu verlassen.

Bull sah sich mehrmals nach allen Seitenum; das besondere Gefühl langjähriger Er-fahrung hatte sich wieder bei ihm gemeldet.Nachdem Atlan ihm dieselbe Beobachtungbestätigt hatte, reagierte er noch sensiblerauf die Umwelt. Wenn er nur wüßte, wer ih-nen folgte – und weshalb. Was versprach derUnbekannte sich von den Phasenspringern,noch dazu, da er sich nicht zeigte? Oder …Auf einmal entdeckte Bull an einem Nah-rungsautomaten einen schmalen Schattenzwischen zwei Ferronen, der dort irgendwienicht hinpaßte und sofort sein Mißtrauenweckte.

Er stieß Atlan an und deutete wortlos zudem Automaten; dann blinzelte er, weil seinBlick verschwamm. Und plötzlich war seinMißtrauen wie weggeblasen.

»Wo?« wisperte der Arkonide.Bull sah ihn ein wenig verwirrt an, er hat-

te dem Arkoniden etwas zeigen wollen, daswußte er noch, aber was? Ratlos hob er dieSchultern und ging rasch weiter, ohne aufAtlan zu achten, der, dem Gesichtsausdrucknach zu urteilen, etwas sagen wollte, dannjedoch schwieg.

3.Riffta-System, Borrengold

10.000 Regenbogenschiffe der Fermyydboten ein eindrucksvolles Aufgebot überdem zweiten Planeten der gelben Sonne

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Riffta, Borrengold. Etwa 2,3 Lichtjahre vonBorrengold entfernt fanden sich die Überre-ste des explodierten Planeten Pendregge,nach dem der vor 1200 Jahren geschlosseneFrieden benannt war, der jedoch auf Borren-gold geschlossen worden war.

Borrengold war das politische ZentrumHirdobaans, selbst die Zeitrechnung hattehier ihre Grundlage. Hier fand regelmäßigder sogenannte Zug der Herrscher statt, dasTreffen aller Mächtigen Hirdobaans, derHandelsfürsten und auch der geheimnisvol-len Maschtaren. Niemand außer den Mächti-gen und wenigen Auserwählten beim Zugder Herrscher durfte ins Riffta-System flie-gen; es war seit 1200 Jahren ständig abgerie-gelt und von den Fermyyd scharf bewacht.

Bis zu dem Tag, an dem die Galaktikereingedrungen waren und die Handelsfürstengefangengenommen hatten. Die Maschtarenhatten sich alle bis auf einen, Morran, recht-zeitig absetzen können. Morran, der sich inkeinster Weise kooperativ gezeigt hatte, warzum Verhör nach Schingo abtransportiertworden.

Seither war die Lage ruhig. Dem nicht un-bedeutenden Aufgebot der Fermyyd-Raumerstanden alle Einheiten der Galaktiker, dienicht auf Schingo stationiert waren, ein-schließlich der BASIS, und dazu die Rebel-lenflotte der Crypers gegenüber.

Trotz ihrer zahlenmäßigen Überlegenheitverhielten sich die Fermyyd sehr zurückhal-tend – vermutlich, um das Leben der aufBorrengold von den Galaktikern gefangen-gehaltenen Handelsfürsten nicht zu gefähr-den und auf die Befehle der geflohenenMaschtaren zu warten.

Dennoch drehten sie nicht einfach Däum-chen, sondern flogen immer wieder Schein-angriffe. Sie forderten durch Drohungen perFunk die Galaktiker regelmäßig auf, dieHandelsfürsten endlich freizulassen und dasRiffta-System zu verlassen. Wie Ten-Or-Too auf Schingo versuchten die beein-druckenden Pantherwesen im Weltraum, dieGalaktiker mit dieser Taktik mürbe zu ma-chen und zum Abzug zu bewegen.

Die Galaktiker ließen sich dadurch natür-lich nicht im geringsten beeindrucken: Zumeinen wußten sie, daß sie den Fermyyd waf-fentechnisch weit überlegen waren, zum an-deren konnten sie nicht handeln, solange dasSchicksal der 30 Millionen ehemaligen Im-print-Outlaws und der Phasenspringer nichtgeklärt war.

Mit den Fermyyd zu verhandeln hatte kei-nen Sinn, da sie ihre Befehlshaber nicht ein-mal kannten; die Handelsfürsten konntenebensowenig Auskunft geben, da sie stetsnur die Befehle der Maschtaren ausgeführthatten und über Gomasch Endreddes Ge-heimnis ebensowenig wußten wie alle ande-ren Hirdobaan-Angehörigen. Es war nichteinmal ausgeschlossen, daß ausnahmslos je-der Maschtar alle Zusammenhänge kannte.

So befanden sich die Kontrahenten imAugenblick in einer Patt-Situation, in derkeiner vor oder zurück konnte. Borrengoldwar fest in der Hand der Galaktiker, sämtli-che subplanetaren Anlagen waren erobert,die verbliebenen acht Maschtaren hattensich abgesetzt.

Dementsprechende Aufregung verursach-te das unerwartete Erscheinen der NJALA.Auf der BASIS war der Konferenzraum fastüberfüllt, um Dao-Lin-H'ay zu empfangenund ihre Neuigkeiten zu hören.

Die Kartanin ließ sich auch nicht langebitten, sondern begann umgehend mit ihremBericht.

Bei dem Verhör des Maschtars Morrandurch Gucky war einiges herausgekommen:Borrengold war der bislang streng geheimeHauptsitz der Maschtaren mit der Schule, inder die künftigen Maschtaren unter streng-sten Selektionskriterien ausgebildet wurden.Diese für die Ausbildung »auserwählten«Hamamesch wurden im Alter von höchstenszwei Jahren aus den Fürstenhäusern ent-führt, auf Borrengold aufgezogen und ent-sprechend von frühester Kindheit an genaukonditioniert.

Auf dem Kontinent Staama gab es dreisubplanetare Anlagen, die durch Transmittermiteinander verbunden waren. Von dort aus

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waren die Maschtaren zu ihrer Rückzugs-welt Tampir im Vankanton-Oktanten, etwa3300 Lichtjahre von Borrengold entfernt,geflohen.

Doch das war noch nicht alles.Eine Überraschung war gewesen, daß

nicht einmal die Maschtaren ins galaktischeZentrum, also Endreddes Bezirk, fliegenkonnten!

Dementsprechend erstaunt reagiertenauch die Teilnehmer der Konferenz auf derBASIS, denn sie waren bisher davon ausge-gangen, daß die Maschtaren von Borrengolddorthin geflohen waren.

Die Maschtaren selbst verstanden sich alsInkarnationen Gomasch Endreddes; damiterschöpfte sich auch das Wissen über dengeheimnisvollen Herrscher von Hirdobaan,der angeblich im 133 Lichtjahre durchmes-senden Zentrum der Galaxis lebte. Eine di-rekte Kommunikation mit Gomasch Endred-de fand überhaupt nicht statt.

Diese Informationen waren erstaunlichund überaus enttäuschend zugleich, denn siebrachten die Galaktiker nicht einen Schrittweiter. Das Geheimnis Gomasch Endreddesschien undurchdringlicher denn je zu sein,wenn nicht einmal die Maschtaren Auskünf-te geben konnten.

Im Anschluß daran gab Dao-Lin einenkurzen Bericht über die derzeitige Lage imDemmyd-System. Erst als die Spannung fastzum Zerreißen war, sprach die Kartanin end-lich über die Phasenspringer.

*

»Ihr könnt euch natürlich vorstellen, daßes einen Grund für unseren Flug hierhergibt«, sagte die Kartanin danach. »Die Pha-senspringer befinden sich in höchster Gefahrund benötigen umgehend Unterstützung.Perry Rhodan hat mir den Auftrag erteilt,von der SIAMESE GIRL die verbliebenen48 Imprint-Würfel zu übernehmen, um Ver-stärkung in Endreddes Bezirk zu schicken.«

Diese Nachricht, die sich rasch über sämt-liche Schiffe verteilte, löste erwartungsge-

mäß ein gewaltiges Echo aus. Vor allem aufder BASIS meldeten sich viele Freiwilligefür den Einsatz, darunter die Beausoleils undnatürlich auch Arlo Rutan und Teile seinerLandetruppe.

Da Perry Rhodan jedoch keinen entspre-chenden Auftrag hierzu erteilt hatte, lehnteDao-Lin-H'ay dieses Ansinnen ab.

Das stieß bei Arlo Rutan auf taube Ohren.»Es interessiert mich nicht, was du für

Einwände hast und ob Perry Rhodan dazuden Auftrag erteilt hat oder nicht!« schnaub-te er. »Ich lasse mich hier nicht so einfachabspeisen!«

»Ich halte das für keine so gute Idee«,wandte Dao-Lin ein. »Die Situation hierkann sich sehr schnell ändern, und dannwerden du und deine Leute benötigt.«

»Schönfärberei«, winkte der Ertruser ver-ächtlich ab. »Du wirst mich nicht daran hin-dern können, mitzukommen. Meine Boden-truppen sind hier im Augenblick völlig über-flüssig und können in Endreddes Bezirk effi-zienter eingesetzt werden. So schnell wirdsich die Lage hier nicht ändern, abgesehendavon, daß die Feuerkraft unserer Schiffeausreicht, um in ganz Hirdobaan das Lichtauszuknipsen. Ich werde einen Kreuzer vonder BASIS ordern, um dir und deiner wert-vollen Fracht Geleitschutz zu geben, undzwar bis ins Demmyd-System. Dagegenwirst du überhaupt nichts unternehmen kön-nen.«

Die Kartanin hob die rechte Hand undfuhr die blitzenden scharfen Krallen halbaus.

»Du brauchst dich nicht zu ereifern«, sag-te sie mit einem unterdrückten Fauchen inder Stimme. »Ich habe nicht vor, dich an et-was zu hindern, abgesehen davon, daß derVorwand des Geleitschutzes reichlich dürf-tig ist. In der gegenwärtigen Situation ist einsolches Aufgebot vollkommen überflüssig.Dennoch steht es dir und deinen Leutenselbstverständlich frei, mitzukommen –doch ich weise dich nochmals darauf hin,daß noch nicht entschieden ist, aus welchenMitgliedern die jeweiligen Teams bestehen

Kommando Gonozal 11

Page 12: Kommando Gonozal

werden. Möglicherweise unternimmst dudiese Reise vergeblich.«

»Ganz bestimmt nicht, da ich Perry mitden richtigen Argumenten überzeugen wer-de«, zeigte sich der Ertruser zuversichtlichund machte sich auf den Weg, um Kreuzerund Mannschaft auszuwählen.

Arlo Rutan war einer derjenigen, die nichtnur über die entsprechende Position, sondernauch über die nötige Durchsetzungskraftverfügten, um sich Gehör zu verschaffen.Die anderen Freiwilligen hatten es nichtganz so einfach; vor allem von den Beauso-leils meldeten sich so viele gleichzeitig, daßDao-Lin unmöglich mit allen sprechenkonnte.

Da sie durch Arlo Rutans Nörgelei gereiztgenug war, fiel es ihr allerdings nichtschwer, sich den Anrufen zu entziehen. Siewar sich auch darüber im klaren, daß es oh-nehin nicht mehr viele Möglichkeiten fürFreiwillige gab.

Ein zehnköpfiges Team würde sie selbstleiten, was für sie von vornherein festgestan-den hatte. Sie wollte ihren LebensgefährtenRonald Tekener unterstützen, und ebensoselbstverständlich war es für ihre Kartanin,sich ihr anzuschließen.

Ein weiteres Team würde vermutlich ArloRutan leiten, weil es ihrer Erfahrung nachkaum möglich war, diesen energischen undtatkräftigen Ertruser zu bändigen.

Damit verblieben nur noch zwei Teams zujeweils zehn Freiwilligen. Die übrigen achtImprint-Würfel mußten als letzte Reserveverbleiben.

Das dritte Team kristallisierte sich schonnach kurzer Zeit deutlich heraus: Die Mann-schaftsmitglieder der CIMARRON warenfest entschlossen, ihren Gefährten vom ehe-maligen Team der GRIBBON beizustehen,schon allein aufgrund Indra Priatar Jonos'überflüssigen Todes. Sie hatten der NJALAbereits übermittelt, daß sie in jedem Fallzum Demmyd-System mitfliegen würden.

Es fiel Dao-Lin nicht schwer, sich auszu-rechnen, aus wem das vierte Team bestehenwürde: aus Arkoniden, um Atlan zu unter-

stützen.Diese Überlegungen behielt sie allerdings

noch für sich; die entsprechenden Diskussio-nen würden erst zusammen mit Perry Rho-dan und den anderen Unsterblichen stattfin-den und dann die Entscheidungen fallen.Aber die Kartanin hätte jede Wette gehalten,daß sie mit ihren Vermutungen recht hatte.

An Ort und Stelle galt es jetzt, die Frei-willigen zu vertrösten und sich bereits wie-der auf den Abflug vorzubereiten. Es durftekeine Zeit mehr verloren werden.

»Wann können wir die Würfel überneh-men?« erkundigte sich Dao-Lin-H'ay, nach-dem der Kontakt zur SIAMESE GIRL her-gestellt worden war.

»Überhaupt nicht«, antwortete FlorenceBordemoore, Kommandantin und Chefwis-senschaftlerin des Medoschiffs, in ihrer ge-wohnt knappen Art, jedoch diesmal mit ei-nem gewissen Funkeln in den Augen.

»Was bedeutet das?« entfuhr es der Karta-nin überrascht.

»Nun, ganz einfach«, erklärte FlorenceBordemoore, »ich werde die Würfel keines-falls aus der Hand geben. Die SIAMESEGIRL wird die NJALA nach Schingo beglei-ten. Die Verteilung darf nur unter wissen-schaftlicher Kontrolle erfolgen.«

»Das ist in jedem Fall eine Rückversiche-rung«, stimmte Dao-Lin zu, um dann eineEinschränkung zu machen: »Wenngleich ichdaran zweifle, daß wir im Problemfall etwasunternehmen können. Abgesehen davonfunktionieren diese Würfel sicher genausowie alle anderen.«

»Ich habe bisher die Tests betreut, unddas werde ich auch weiterhin tun«, blieb dieKommandantin der SIAMESE GIRL stur.»Im Notfall können wir etwas unternehmen,verlaß dich darauf.«

4.Demmyd-System

Perry Rhodan zeigte sich nicht einmalüberrascht, als nicht nur die NJALA, son-dern insgesamt drei Schiffe ihre Ankunft

12 Susan Schwartz

Page 13: Kommando Gonozal

meldeten. Um keine Zeit zu verlieren, rief erbald auf der ATLANTIS alle Freunde undKommandanten der anwesenden Schiffe zu-sammen und ließ eine Konferenzschaltungeinrichten, damit auf diese Weise auch dieFreiwilligen teilnehmen konnten.

In kurzen Worten faßte er zusammen, waser und Atlan besprochen hatten. Die vierGruppen sollten aus jeweils zehn bis an dieZähne bewaffneten Leuten bestehen, derenAufgabe es sein sollte, die bisherigen Pha-senspringer in Endreddes Bezirk im Kampfgegen die Opera-Roboter zu unterstützenund ihnen den Rücken für Nachforschungenfreizuhalten.

Bereits bei diesen ersten Worten ließenArlo Rutans Ertruser keinen Zweifel daran,daß sie genau die Richtigen für diesen Jobwären, was natürlich ebenso harsche Prote-ste bei den anderen Freiwilligen auslöste.

Dao-Lin hörte der turbulenten Auseinan-dersetzung still zu; die Wette, die sie mitsich selbst abgeschlossen hatte, galt nochimmer. Sie selbst hatte Rhodan nicht von ih-rem Entschluß, selbst an diesem Unterneh-men teilzunehmen, in Kenntnis gesetzt, aberder Zeitpunkt lag nicht mehr fern.

Nachdem sich die erhitzten Gemüter wie-der ein wenig beruhigt hatten, konnte Rho-dan weiter argumentieren.

Jeder der vierzig Teilnehmer sollte einekomplette Ausrüstung tragen – darunter ver-standen sich der SERUN, ein schwererKombistrahler mit integriertem Thermo-strahler, Desintegrator und Paralysator, einSet aus zwölf unterschiedlichen Sprengsät-zen, ein Dutzend flugfähiger Minispione mitunfangreicher Ortungs- und Speicherfunkti-on, die entweder direkt über den SERUNoder ein mitgeführtes externes Modul zusteuern waren.

Außerdem sollte jede Gruppe ein umfang-reiches Ausrüstungspaket für die Phasen-springer mitnehmen.

»Leider gibt es zwei Haken bei dieser Ge-schichte«, fügte Perry Rhodan am Ende hin-zu.

Er nickte Florence Bordemoore zu, die

weitere Erläuterungen geben sollte.»Unser erstes Problem besteht darin, daß

wir die Funktion der Imprint-Würfel nachwie vor weder analysieren noch in irgendei-ner Weise steuern können«, begann dieKommandantin der SIAMESE GIRL. »Wirwissen also nicht, an welchem Fernkarusselldie jeweiligen Teams herauskommen. Eskann theoretisch sogar sein, daß alle an den-selben Punkt oszillieren, was ich jedoch fürunwahrscheinlich halte. Für wahrscheinlichhalte ich es, daß jeder Teilnehmer jederGruppe völlig willkürlich zu jedem derzwölf Levels abgestrahlt wird, was natürlichunnötige Zeitverzögerungen und anfänglicheDesorientierung mit sich bringt. Wir müssenin jedem Fall mit dem Unangenehmstenrechnen, so daß jeder Teilnehmer sich dar-auf einstellen muß, so schnell wie möglichzum Zielpunkt seiner Gruppe zu gelangen.Jeweiliger Treffpunkt ist in jedem Fall dasZielkarussell des von der Gruppe zu unter-stützenden Phasenspringers. Kein Teilneh-mer darf sich damit aufhalten, seine Team-kollegen irgendwo zu suchen oder sich inEndreddes Bezirk so mal eben umzusehen.

Die Zeit dafür ist zu kurz. Von Atlan wis-sen wir, daß die 13 Stunden Bewußtlosig-keit, abgesehen von ihm selbst, auch für dieanderen oszillierenden Personen keine Erho-lung bedeuten und daß das ständige Hin-und Herspringen stark an den Kräften zehrt.Ferner verlieren die ehemaligen Imprint-Outlaws, die Endreddes Bezirk nicht verlas-sen können, zusehends an Kräften, weil diedort zur Verfügung gestellten Nahrungsmit-tel offensichtlich sehr unzureichend sind.

Den Phasenspringern können wir wenig-stens durch Infusionen helfen, während siehier weilen, nicht aber allen anderen Galak-tikern. Eile ist also mehr denn je geboten,ich kann es nicht oft genug betonen.«

Florence Bordemoore mächte eine kurzePause, in der sie die Anwesenden musterte.»Irgendwelche Fragen der hier Anwesendenoder der Zuhörer?«

»Was ist der zweite Haken?« kam einZwischenruf von der CIMARRON, was hie

Kommando Gonozal 13

Page 14: Kommando Gonozal

und da Gelächter auslöste.»Darauf wollte ich gerade kommen und

das Wort an Perry zurückgeben«, antwortetedie Wissenschaftlerin.

»Der zweite Haken betrifft unsere Strate-gie«, fuhr der Terraner fort. »Optimal wärees, wenn wir die Teams zeitversetzt oszillie-ren lassen könnten, aber leider ist das nichtmöglich. Die erste Oszillation erfolgt zwardurchaus zu unterschiedlichen Zeitpunkten,aber danach oszillieren alle Phasenspringerim exakt gleichen Rhythmus von 13.01Stunden. Deshalb werden wir, nicht zuletztauf Atlans Anraten hin, alle vier Gruppengleichzeitig ›starten‹ lassen, das heißt, dieWürfel werden zur selben Zeit übergeben.Soweit stellt sich die Situation bis jetzt dar.Nun gilt es, die geeigneten Teilnehmer fürdieses Kommando zu finden.«

*

Nachdem die allgemeine Konferenz been-det war, teilte Rhodan noch den Bespre-chungsraum mit, in dem er die künftigenEinsatzleiter treffen wollte.

Er nannte keine Namen, aber Dao-Lin-H'ay fühlte sich dennoch angesprochen.

Als sie den Raum zum festgesetzten Ter-min betrat, war sie zugleich überrascht unddarin bestätigt, die Wette gegen sich selbstgewonnen zu haben.

Überrascht war sie in der Hinsicht, daßsich außer Rhodan und ihr kein weiterer Un-sterblicher in dem Raum befand, nicht ein-mal Gucky.

»Habe ich irgend etwas verpaßt?« fragtesie Perry daher, während sie Platz nahm.

»Ich hatte schon vorher eindeutig geklärt,daß keine Unsterblichen, einschließlich mei-ner, an diesem Einsatz beteiligt werden«,antwortete Rhodan.

Die Kartanin konnte sich des Eindrucksnicht erwehren, daß er leise seufzte. Obwohlsie schon so lange unter Menschen lebte,waren ihr immer noch nicht alle Verhaltens-muster leicht verständlich, vor allem nichtbei einem Mann wie Rhodan, der sich oft so

distanziert gab.Ronald Tekener war ihr dabei ebenfalls

keine Hilfe, da er seine Gefühle zumeist,von seltenen, friedlichen Augenblicken ab-gesehen, hinter seinem Zynismus und vor al-lem seinem berüchtigten Lächeln verbarg.

»Aber nicht mit mir«, meinte Dao-Linund lächelte.

»Hm. Ich glaube, das hätte nicht viel ge-nutzt.« Rhodan lächelte selbst. »Dennochmöchte ich dich bitten, dich hier zur Verfü-gung zu halten. Du hast Tek bereits viel Hil-fe geleistet …«

»… und in Endreddes Bezirk werde ichihm noch mehr helfen können«, vollendetedie Kartanin den Satz. »Du kannst von mirnicht verlangen, daß ich hier herumsitze undabwarte. Ich muß ihm beistehen, und ich las-se mich nicht davon abbringen. Zudem wer-de ich hier im Augenblick überhaupt nichtbenötigt; und Gucky braucht mich schon garnicht zur Unterstützung.«

Rhodan nickte, nicht aus Überzeugung,aber er mußte nachgeben. Er hatte keine Ar-gumente, Dao-Lin die Teilnahme zu verwei-gern – und er konnte sie offenbar verstehen.

»Hast du dein Team bereits ausgesucht?«fragte er deshalb nur.

»Ich habe eine Vorauswahl getroffen undnur von der Mannschaft der NJALA«, ant-wortete Dao-Lin. »So, wie Arlo Rutan sichernur Angehörige seiner eigenen Truppe aus-wählen wird.«

Sie machte eine kurze Geste zu dem Er-truser, der als Zustimmung die rechte Handleicht hob.

Das war nämlich die Bestätigung der ge-gen sich selbst gewonnenen Wette gewesen:Arlo Rutans Anwesenheit – und nicht nurseine. Außer ihm waren noch Aktet Pfest,der Überschweren-Kommandant der AT-LANTIS, und die arkonidische Komman-dantin des Polschiffes AT-Süd, Cayry, an-wesend, ferner der Überschwere KentokMirkom von der CIMARRON, der Dao-Linschon kurz nach ihrer Ankunft bei Borren-gold aufgefallen war.

Fünf Vertreter von vier verschiedenen

14 Susan Schwartz

Page 15: Kommando Gonozal

Gruppen waren hier – damit stand eigentlichzu hundert Prozent fest, wie sich das Kom-mando zusammensetzen würde.

»Ich übernehme hiermit offiziell die Ein-satzleitung eines Teams für Endreddes Be-zirk«, sagte Dao-Lin abschließend.

In diese Bresche sprangen sofort die ande-ren Anwesenden. »Dasselbe gilt für mich«,röhrte Arlo Rutan. »Ich melde mich für dieGruppe Reginald Bull.«

»Aktet Pfest und ich melden uns für dieEinsatzgruppe Atlan«, fiel Cayry rasch ein.

Keinesfalls wollte sie hintenanstehen –noch dazu, da der Arkonide der eigentlicheInitiator dieses Kommandos war und sie sichals erste gemeldet hatten, bevor Dao-Lin-H'ay überhaupt nach Borrengold abge-flogen war.

»Meine Leute und ich werden sich derGruppe GRIBBON annehmen, schließlichsind sie unsere Kameraden«, brummte Ken-tok Mirkom. »Und ich möchte niemandemraten, mich auf irgendeine Weise daran hin-dern zu wollen!«

»So ist's recht!« rief Arlo Rutan begei-stert. »Perry, sag doch selbst: Bessere Leuteals uns kannst du für diesen Einsatz nichtbekommen.«

Der Terraner zeigte ein zurückhaltendesLächeln.

»Das wird sich zeigen«, meinte er.»Ach was«, widersprach Aktet Pfest vol-

ler Überzeugung, »das Kommando Gonozalwird ein voller Erfolg, das kann ich dir ga-rantieren!«

*

Der Kommandant der ATLANTIS hatteden Begriff Kommando Gonozal als Bezugzu Atlan gewählt, und dabei blieb es fortan.

Perry Rhodan besprach mit den Einsatz-leitern das geplante Vorgehen und fordertesie auf, die Mitglieder ihres Teams sorgfäl-tig auszuwählen. Aufgrund ihrer jeweiligenPosition kannten sie ihre Leute am besten;sie wußten, wer dazu geeignet war, als Pha-senspringer eingesetzt zu werden.

Die Übergabe der Imprint-Würfel sollteso schnell wie möglich auf der SIAMESEGIRL erfolgen. Es blieb bis zu Atlans näch-stem Erscheinen nicht mehr viel Zeit.

Damit machten sich die Einsatzleiter andie Auswahl der geeigneten Personen fürdas Kommando Gonozal.

Die Kartanin waren die ersten, die zusam-men mit einer umfangreichen Ausrüstungper Transmitter auf der SIAMESE GIRLeintrafen: als Einsatzleiterin Dao-Lin-H'ay,ferner die Wissenschaftlerinnen Ea-Tan-Tai,Sai-An-Tun, Vara-Di-Dei, Tan-Va-Lor, Ka-ra-Var-Neth und Da-San-Khir, der Feuerleit-chef Noen-Pih-Chen, der, Beibootchef Khar-Nam-Virn und Alo-Sin-Piau, ein erfahrenerSoldat und Stratege.

Florence Bordemoore empfing die Grup-pe Tekener persönlich und wies ihr einenRaum zu, der speziell vorbereitet wordenwar. Jede Einsatzgruppe sollte in einem ei-genen abgeschlossenen Raum die Imprint-Würfel erhalten. Vielleicht lagen so dieChancen höher, daß sie am selben Fernka-russell herauskamen.

Die Kartanin plazierten ihre Ausrüstungin der Mitte des Raums und warteten auf dieübrigen Mitglieder des Kommandos Gono-zal – und Atlan.

Die nächsten, die eintrafen, waren AktetPfest und Cayry zusammen mit den Arkoni-den Calnai, Krator, Marthay, Pirnass, Typar-ri und den Arkonidinnen Anirab, Monehaund Salta.

Zuletzt und fast gleichzeitig als reichlichchaotischer, lärmender und übermütigerHaufen, erschienen Kentok Mirkom, derBordarzt Sedge Midmays, der PlophoserLarn Ekholm, die Terraner Sint Perger, VaitRenin, Kunda Strikker, Bjon Oppold und dieTerranerinnen Lena Shawn, Mirna Lecoffund Arlane Bentoff für die EinsatzgruppeGRIBBON.

Ebenso kamen Arlo Rutan mit den Ertru-sern Adis Brekko, Pudo Kariko, Kain Merlo,Brust Perenko, Lorn Tabbar, Elff Zeiro undden Ertruserinnen Biba Carrach, Silo Fakataund Ora Nakall.

Kommando Gonozal 15

Page 16: Kommando Gonozal

Sie wurden von den anderen entsprechendbegrüßt. Florence Bordemoore brauchte ei-nige Zeit, bis sie sich verständlich machenkonnte.

»Ich bitte alle Teilnehmer, sich umgehendin die ihnen zugewiesenen Räume zu bege-ben«, forderte sie die Freiwilligen in ihrergewohnt unpersönlichen und distanziertenArt auf. »SERUN und persönliche Ausrü-stung müssen angelegt und das Ausrüstungs-paket so plaziert werden, daß es schnellgriffbereit ist, wenn die Oszillationsphasebeginnt. Das ist leider nicht anders möglich,auch wenn die Inkubationszeit unter Um-ständen einige Tage beträgt, aber wir dürfenkeinerlei Risiko eingehen. Haltet euch be-reit, wenn Atlan eintrifft – was demnächstder Fall sein wird.«

*

»Alle warten auf dich«, begrüßte PerryRhodan seinen arkonidischen Freund, kaumdaß er sich nach vierstündiger, schweißtrei-bender Anpassungsphase das Bewußtseinwiedererkämpft hatte.

Entsprechend überrascht reagierte Atlan;er blinzelte Perry an und wiederholte lang-sam: »Alle warten?«

Dann leuchtete Verstehen in seinen rötli-chen Augen auf.

»Die Unterstützung?« fragte er.Perry Rhodan nickte lächelnd.»Wir haben vierzig zu allem entschlosse-

ne Freiwillige auf der SIAMESE GIRL, diedich und deine umfassenden Instruktionensehnsüchtig erwarten.«

Während er Atlan aufhalf, berichtete erihm, was seit Dao-Lins Abflug vorgefallenwar, und begleitete ihn dann auf das Laza-rettschiff. Der Arkonide zeigte sich ein we-nig über den Namen des Unternehmensamüsiert; aber nur kurz, dann wurde er raschwieder ernst.

»Ich bin froh, daß ihr so schnell gehandelthabt«, sagte er. »Unsere Lage spitzt sich in-zwischen zu. Möglicherweise haben dieOperas inzwischen meine Spur aufgenom-

men und erwarten mich das nächstemal beiSchrett. Bestenfalls nehmen sie mich nur ge-fangen wie unsere Freunde von der GRIB-BON, möglicherweise aber …« Er unter-brach sich und hob die Schultern. »Keineangenehme Vorstellung, ehrlich gesagt. Zumersten Mal wünschte ich mir, ich würde wieTek und die anderen bewußtlos bleiben. Esgefällt mir nicht, nichts, aber auch gar nichtsunternehmen zu können. Ich kann nur hof-fen, daß nichts passiert, das ist alles. Ich ha-be keine Chance, mich zu verstecken oderzu wehren.«

Den anderen ginge es nicht besser, fuhrAtlan fort und erzählte von den letzten Er-lebnissen. Die Operas zeigten sich immeraufmerksamer und, wenn man das von Ma-schinen behaupten konnte, mißtrauischer.Atlan hatte keine Möglichkeit gehabt, nachseiner Trennung von den anderen herauszu-finden, ob Homer G. Adams nach wie vornoch ganz im Bann Endreddes stand odernicht. Er hatte allerdings vor, ihn das näch-stemal in den unterirdischen Schaltanlagenaufzusuchen und zur Zusammenarbeit zuüberreden.

»DAS könnte ganz schön ins Auge ge-hen«, warnte Rhodan.

»Sicher, aber wir müssen handeln, bevorwir völlig matt gesetzt werden.«

»Willst du nicht wenigstens warten, bisihr Rückendeckung habt?«

»Soviel Zeit wird uns nicht bleiben, Per-ry.«

Der Terraner spürte, daß die Stimmung zudüster zu werden drohte, und stieß den Ar-koniden leicht an.

»Nicht zuviel schwarzsehen, alter Arkoni-denhäuptling.«

Atlan lächelte. »Du hattest schon immerein überaus sonniges Gemüt, Barbar.«

Als er nacheinander die Einsatzgruppenbegrüßte, wurde er überschwenglich und er-wartungsvoll empfangen.

»Wir wollen uns nicht lange aufhalten«,sagte Atlan, nachdem er den Rundgang be-endet hatte.

Er ließ sich in einem kleinen, in der Nähe

16 Susan Schwartz

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der Isolationsräume liegenden Ruheraumnieder, um über die Sprechanlage in Kontaktmit den Freiwilligen zu bleiben. FlorenceBordermoore überwachte inzwischen diegleichzeitige Übergabe der Imprint-Würfeldurch Roboter an alle vierzig Einsatzteilneh-mer.

Atlan hörte zunächst nur Stimmengewirrwährend der Übergabe, alberne Witze undSticheleien machten die Runde, bis plötz-lich, nach nicht einmal zwei Minuten, einabruptes Schweigen einsetzte – nur für einpaar Sekunden.

Bis die erste Stimme wieder erklang: »He… das ist ja … Wie wird mir denn …?«

*

Atlan kannte das Gefühl ganz genau, erkonnte sich so gut daran erinnern, als wärees erst gestern gewesen. Ein unglaublichesWohlbefinden stellte sich ein, irgendwie lös-te sich alles.

Probleme, die man wälzte, Alpträume, dieman mit sich herumtrug, überhaupt so dieganze Last, die auf der Seele ruhte. Manfühlte sich so unbeschwert, leicht und …leer …

Dieses Gefühl würde immer stärker wer-den, auf einer bis scheinbar ins Unendlicheansteigenden Spirale, bis es schlagartig ab-brechen würde. Das war dann der Augen-blick der Versetzung in Endreddes Bezirkund das Erlöschen des Imprints.

Atlan war sich darüber im klaren, daß sichdieser Effekt des Wohlbefindens unweiger-lich nachteilig auf die Aufnahmefähigkeitauswirken mußte. Andererseits wußten dieFreiwilligen, im Gegensatz zu ihm und sei-nen Leidensgefährten, was auf sie zukam;sie konnten sich auf die Situation einstellen.

Keiner von ihnen war Anfänger, alle be-saßen jede Menge Erfahrung, und sie hattensich in der kurzen Zeit intensiv auf ihre Auf-gabe vorbereitet und wollten ihren eisernenWillen zeigen, so lange wie möglich reali-tätsbezogen zu bleiben.

Dao-Lin-H'ay war durch ihre latente Psi-

Begabung bevorzugt. Sie konnte sich sehrviel besser konzentrieren als die anderen undhielt auch den längsten und intensivstenKontakt zu Atlan.

Aktet Pfest wiederum wurde von der fe-sten Entschlossenheit bei der Stange gehal-ten, Atlan beizustehen. Immer wieder versi-cherte der Überschwere, wenngleich auchzusehends mit längeren Pausen, langsamerund fast ein wenig lallend, daß er es kaumerwarten könne, an Atlans Seite gegen Go-masch Endredde zu kämpfen.

Das rüttelte sowohl die Ertruser wie auchdie bereits recht lethargischen Arkonidenauf, und sie stimmten lautstark mit etwaswirr zusammengesetzten, aber vom Sinn herdurchaus verständlichen Worten zu.

Atlan konnte beruhigt dem Ende seiner13.01-Stunden-Frist entgegensehen; Dao-Lin sog wie ein Schwamm alles in sich hin-ein, was er ihr erzählte, und auch die ande-ren mischten sich immer wieder mit geziel-ten Fragen ein. Darüber hinaus wurden gera-de entsprechende Datenträger mit den wich-tigsten Angaben vorbereitet, die den Ein-satzleitern mitgegeben werden sollten.

Der Arkonide redete, bis die Frist um warund er schlagartig, von einer Sekunde zuranderen, verschwand.

5.Endreddes Bezirk

Keine Operas – das war Atlans erster Ge-danke voller Erleichterung, als er am PointGomasch auf Schrett ankam.

Bevor er den zweiten Gedanken über-haupt beginnen konnte, war er schon ganzautomatisch durch das hellrote Feld nachBagotta gegangen; dann jedoch, gleich nach-dem er angekommen war, hatte er zwei Ge-danken fast gleichzeitig.

Hoffentlich sind Bully und Petticul da,war Gedanke Nummer eins.

Und hoffentlich erwarten uns keine Ope-ras, war der zweite, möglicherweise ein we-nig verspätete Gedanke.

Keiner von beiden traf zu.

Kommando Gonozal 17

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Niemand war da, er war völlig allein.Vielleicht haben sie mich doch falsch ver-

standen, dachte Atlan enttäuscht.Ihm blieb nichts anderes übrig, als allein

zum nächsten Zielkarussell zu gelangen –durch das dunkelblaue Feld nach Zimbag,dem Planeten, auf dem Homer G. Adamswie ein Verrückter für Gomasch Endreddearbeitete.

Das Zielkarussell wurde Hades genannt,weil die über den Himmel ziehenden gigan-tischen und für die Galaktiker absolut uner-reichbaren düsteren Fabriken ein absolut be-drückendes Gefühl auslösten.

Auch hier fand der Arkonide sich ganz al-lein, und er war etwas beunruhigt, währender das Karussell verließ, um zum Trichter-turm zu gehen. Vielleicht wurde er dort er-wartet – und wenn nicht, mußte er sich al-lein auf die Suche nach Tek machen. Erhoffte, daß er keinen Operas auffiel, dennihm blieb keine Zeit, einen OSS aus einemVersteck zu holen.

Die allgemeine Situation war unverändert,es wimmelte von Galaktikern. Atlan fiel esdurch inzwischen ausreichende Übung nichtschwer, sich unter sie zu mischen und denEindruck zu erwecken, als wäre er auf der-selben Suche wie sie.

Dann entdeckte er in der Nähe des Ein-gangs, an den Überresten einer Maschine,endlich Reginald Bull und Fink Petticul, diesich sehr beschäftigt gaben.

»Wie richtige Profis«, sagte er spöttisch,als er neben ihnen stand.

Er beugte sich über die Maschine und in-spizierte einige lockere Verschraubungen.

»Zeit wird's«, knurrte Bull. »Wie kommt'seigentlich, daß du dich immer verspätest,obwohl wir doch alle gleichzeitig oszillie-ren?«

»Vielleicht habe ich einen längerenWeg«, meinte der Arkonide achselzuckend.»Habt ihr den Smiler gesehen?«

»Ja, er ist vor kurzem in den Trichterturmeskortiert worden. Wenn wir uns beeilen,können wir ihn noch rechtzeitig einholen,bevor sie in den Tiefenanlagen verschwin-

den.«Bull rückte näher zu Atlan und warf einen

verstohlenen Blick über die Schulter.»Er ist auch wieder da«, wisperte er.»Wer – er?« fragte Atlan zunächst ver-

ständnislos, dann erinnerte er sich: »Unserunsichtbarer Freund?«

Bull nickte. »Petticul ist.es diesmal auchaufgefallen, daß uns jemand von Zonder-My-ry über Bagotta bis hierher gefolgt ist. Wirhaben uns die größte Mühe gegeben, demUnbekannten eine Falle zu stellen, aber esist tatsächlich, als ob er unsichtbar wäre. Ichbin mir sicher, daß er am Fernkarussell aufuns gewartet hat, um uns zu folgen. Aberweshalb, ist mir nach wie vor völlig rätsel-haft.«

»Warten wir's einfach ab«, meinte der Ar-konide. »Nachdem er sich so lange Zeit läßt,sich zu offenbaren oder etwas zu unterneh-men, glaube ich nicht, daß wir es mit einemFeind zu tun haben. Vielleicht gibt es hier inEndreddes Bezirk andere, im Verborgenenlebende Intelligenzen, die sich gerne aus derIsolation befreien möchten. Höchstwahr-scheinlich sind wir die ersten, die dem selt-samen Oszillationseffekt unterliegen unddeshalb nicht mental beeinflußt werden kön-nen – und nur so kann es überhaupt eineHoffnung geben, diesen Teufelskreis zudurchbrechen.«

*

Ich schaffe das, dachte Hari Zeldegg,während er weiterhin mit einer primitivenSpitzhacke den Felsen bearbeitete. Ich mußes einfach schaffen. Ich darf Adams nichtnoch einmal enttäuschen.

Zuvor hatte er im Trichterturm an einerasymmetrisch zusammengesetzten Anlagegearbeitet; irgendwo dort, hatte Adams ver-mutet, mußte eine Schaltanlage zu findensein.

Dabei hatte er versehentlich etwas inner-halb der Maschine beschädigt. Es hatteeinen Kurzschluß und eine Explosion gege-ben, die Hari Zeldegg das Leben hätte ko-

18 Susan Schwartz

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sten können, aber er kam wie durch einWunder nur mit ein paar Schrammen davon.

Zwei andere, die ihm geholfen hatten, hat-ten allerdings weniger Glück gehabt undstarben nur wenige Sekunden nach der Ex-plosion.

Adams hatte vor Wut geschnaubt, als erdavon erfahren und die Unfallstelle inspi-ziert hatte.

»Wenn wir nicht so wenige Leute wären,würde ich dich fortjagen!« hatte er Hari Zel-degg angeschrien. »Wir wollen uns hiernicht gegenseitig umbringen, verstehst du?Wir haben eine Aufgabe, die wir erfüllenmüssen!«

»Aber das will ich ja«, hatte Hari Zeldeggmit zitternder Stimme erwidert. »Bitte, gibmir noch eine Chance; es wird bestimmtnicht wieder vorkommen, ich verspreche esdir!«

Adams hatte ihm die Chance gegeben,aber keiner von den anderen wollte mehr mitihm zusammenarbeiten. So wurde er in dieTiefenanlagen geschickt, um dort nach Spu-ren oder Überresten aus der »Pionierzeit«der Errichtung zu suchen.

Es stand fest, daß diese gewaltigen Anla-gen nicht auf einmal erbaut worden waren,sondern in mehreren zeitlichen Abständen,wobei wahrscheinlich die alten Anlagen undSysteme in die neuen integriert wurden. Waszuvor provisorisch errichtet worden war,wurde einfach mit eingebaut oder überhauptvergessen.

Doch gerade bei einem solch gigantischenSystem mußten sich noch irgendwo Spurenfinden, die aus der Anfangszeit stammten –und vielleicht endlich ein Hinweis, wo diezentrale Schaltanlage stand oder zumindestdie Standorte der Nebenanlagen, mit denenwenigstens ein Teil des Schutzfeldes abge-schaltet werden konnte.

Vielleicht fand sich nur eine Leitung, dasBruchstück einer Maschine, dessen Innenle-ben endlich Aufschluß geben konnte überdas wirre Chaos, das hier herrschte.

Es war, als würde man eine Nadel in ei-nem Heuhaufen suchen. Hari Zeldegg tröste-

te sich damit, daß Archäologen diese mühsa-me und größtenteils überflüssig anmutendePuzzlearbeit leisten mußten, damit sie großeEntdeckungen machen konnten.

Als Kind hatte Hari Zeldegg immer Ar-chäologe werden wollen. Ihn faszinierte derGedanke, irgendwo im Weltraum auf altenPlaneten nach den Spuren vergangener Zivi-lisationen zu suchen.

Den heute gar nicht mehr existierendenBegriff des Altertumsforschers hatte er auseinem Geschichtswerk; er liebte Geschich-ten und suchte sich alles zusammen, was erfinden konnte. Er fand den Begriff mit sei-nen neun Jahren faszinierend und beharrtevon da an hartnäckig darauf, einmal Archäo-loge werden zu wollen.

Es kam nicht ganz so wie geplant, dennnach seiner Kindheit wurde der junge HariZeldegg immer von merkwürdigen Un-glücksfällen begleitet, die sein Vorankom-men nicht gerade erleichterten. Seine Um-welt reagierte entsprechend mit Zurückhal-tung, sobald er länger irgendwo verweilteund das erste Chaos verursacht hatte.

Hinzu kam, daß er ziemlich klein war,nicht einmal ganz eineinhalb Meter; seinedunkelbraune Haut war runzlig und verknit-tert und wirkte, als wäre sie eine Nummer zugroß, um sein Skelett am Auseinanderfallenzu hindern. Hari Zeldegg entstammte einererst seit knapp zwei Jahrhunderten von Plo-phos aus besiedelten Kolonialwelt. Es hattezwar durch die Umweltbedingungen ent-sprechende körperliche Veränderungen ge-geben, aber so wie er sah eigentlich keineraus.

Da ihn ohnehin keiner richtig ernst nahm,blieb Hari Zeldegg nichts anderes übrig, alsden Sprung ins Unbekannte zu wagen undsich um einen Posten bei der KosmischenHanse zu bewerben. Da er von Natur aussehr freundlich, bescheiden und eben zwer-genhaft klein war, brauchte es seine Zeit, bisihn endlich jemand bemerkte und sich seinerannahm.

Nachdem Hari Zeldegg die Chance be-kommen hatte, sein inzwischen beträchtli-

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ches Wissen unter Beweis zu stellen, schienseine Laufbahn und damit die Erfüllung sei-nes Kindheitstraums, an dem er heute nochzäh festhielt, gesichert zu sein.

Bis die Hamamesch ihre Basare eröffne-ten …

*

Wenn das alles hier vorbei ist, dachte Ha-ri Zeldegg weiter, als er (nachdem ihm dieSpitzhacke auseinandergefallen war) in denTrümmern eines eingestürzten Seitengangsmit den Händen und einer lächerlichenSchaufel die Überreste einer Maschine frei-legte, werde ich bestimmt endlich Anerken-nung finden, und vielleicht darf ich dannauch für Adams direkt arbeiten. Ich würdeja viel schneller vorankommen, wenn ichnur nicht immer so müde wäre.

Er mußte ziemlich oft eine Pause machen;es fiel ihm auch schwer, mehr als drei, vierzusammenhängende Gedanken hervorzu-bringen. Manchmal ertappte er sich dabei,wie er tatenlos und völlig verwirrt dastand,weil er nicht mehr wußte, was er hatte tunwollen.

Sein einziger Trost war, daß es den ande-ren nicht besser erging. Es war nicht zu än-dern, daß er auf andere Galaktiker traf; dennhin und wieder mußte er nach oben, um et-was zu essen und zu schlafen.

Er war nach ein paar Stunden Arbeit sotodmüde, daß er überall schlafen konnte. So-lange er sich in einer Ecke aufhielt, passierteauch meistens nichts, wie etwa, daß ein Es-sensautomat plötzlich unkontrolliert einenstinkenden Brei in alle Richtungen verspritz-te oder daß mehrere übereinander errichteteund vollbelegte Betten zusammenbrachen.

Hari Zeldegg wunderte es nur, daß diemeisten Galaktiker in der Kantine kaum dar-auf reagierten, als wäre es ihnen völliggleichgültig. Erst nach dem tragischen Un-fall im Turm weigerten sich die Leute vonAdams' Gruppe, in seine Nähe zu kommen.

Überhaupt war Adams, abgesehen vonseinen beiden Vertrauten Nyman und Har-

ror, nahezu der einzige, der extrem wachund rege wirkte; er geriet schnell in Zornund machte diesem lautstark Luft.

Immer wenn Hari Zeldegg an Homer G.Adams dachte, fühlte er sich plötzlich ange-spornt, hervorragende Arbeit zu leisten. Undangesichts der »Archäologenarbeit«, die hierzu leisten war, erwachte in ihm wieder einwissenschaftliches Interesse. Deshalb brach-te er es fertig, zu Adams zu gehen, um mitihm über das weitere Vorgehen zu diskutie-ren.

Der ehemalige Hanse-Chef zeigte sichseinen vorsichtigen Vorschlägen jedochüberhaupt nicht zugänglich.

»Kleiner, geh schön wieder an die Ar-beit«, sagte er abwesend und tätschelte Hariden von wirren dunklen Haaren umkränztenKopf.

»Aber ich bin doch kein Kind mehr«,wagte da Hari zum ersten Mal sanft aufzu-begehren. »Ich bin ausgebildeter Historikerund kann …«

»Kannst du die Maschinen hier technischergründen und zum Leben erwecken?« fuhrAdams ihn an.

»Nun, ein Techniker bin ich nicht, aber…«

»Also, dann tu, was ich dir sage, undüberlasse das Denken mir«, wurde er erneutunterbrochen. »Ich weiß schon, was ichtue.«

»Ich möchte aber gern richtig für dich ar-beiten«, versuchte Hari Zeldegg es erneut,aber schon bedeutend zaghafter. »Wirklich,ich arbeite schon seit einiger Zeit für dieHanse und …«

Diesmal unterbrach er sich selbst, umAdams dabei zuzusehen, wie er eine ArtKonsole auseinanderbaute und die Verdrah-tungen überprüfte.

Nach einer Weile schaute der ehemaligeHanse-Chef Hari Zeldegg an. »Und?« fragteer. »Wo waren wir stehengeblieben?«

»Bei den Schaltanlagen, glaube ich.«»Ja, richtig. Kommst du voran?«»Ich glaube, ich bin einer Spur auf der

Spur.«

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»Aha.« Adams blinzelte verwirrt, unter-ließ jedoch die Frage, wie man einer Spurauf der Spur sein konnte. »Etwas andereshabe ich auch nicht erwartet. Ich erwarteumgehende Meldung, wenn du etwas ent-deckt hast, verstanden?«

»Selbstverständlich, Chef!«»Sehr schön. Zurück an die Arbeit.«Hari Zeldegg nickte strahlend; dieses Ge-

spräch hatte doch eine hervorragende Wen-de genommen. Motiviert machte er sich wie-der auf den Weg zu dem ihm zugeteilten Ar-beitsgebiet.

Er wußte vor allem auch, daß er sichmöglichst damit beeilen mußte, eine Er-folgsmeldung zu geben, um bei Adams ei-nem Ortswechsel vorzubeugen. Adams undseine Leute hatten den Einsatzort bereitsmehrmals gewechselt, um so schnell wiemöglich einen Überblick über die Tiefenan-lagen zu erhalten. Wenn sich nicht schnelletwas Bedeutendes fand, zog die Gruppeweiter.

Da Hari Zeldegg nicht gleichzeitig eupho-rischen Gedanken nachhängen und auf denWeg achten konnte, war es kein Wunder,daß er in diesen riesigen Anlagen in einender weit verstreut arbeitenden Galaktikerhineinrannte.

Es war so, als würde er gegen eine Mauerrennen, er stolperte zwei Schritte zurück undfiel hin. Ein untersetzter, rothaariger Mannstand vor ihm. Hari Zeldegg konnte sich desEindrucks nicht erwehren, daß sein Ge-sichtsausdruck nicht besonders geistreichwirkte.

»Tut mir leid«, sagte er und rappelte sichlangsam wieder auf.

»Tut dir leid?« schnaubte der Rothaarige.»Du bist hier wie ein Betrunkener entlang-getaumelt, und ich habe wirklich alles ver-sucht, dir auszuweichen, und trotzdemschaffst du es, in mich hineinzurennen – ichfragte mich nur, wie.«

»Ach, das ist eigentlich ganz normal so«,behauptete Hari Zeldegg, klopfte sich denStaub ab und schaute den Rothaarigen treu-herzig an. »Du kennst mich noch nicht,

stimmt's? Alle anderen ergreifen nämlichhier unten in der Regel vor mir die Flucht,und zwar in die Richtung, in die ich laufe,das ist meistens die einzige Chance …«

»Haltet euch nicht auf!« fuhr die Stimmeeines anderen Mannes dazwischen, derplötzlich aus dem Hintergrund nach vornkam.

Er war hochgewachsen und weißhaarig.Hari Zeldegg musterte ihn fasziniert.

»Dich kenne ich auch nicht«, stellte erfreundlich fest. »Ihr wirkt so … entschlos-sen, ganz anders als die ändern hier. HatAdams euch rufen lassen, damit ihr mit ihmarbeitet? Ich kann euch …«

»Schrei hier gefälligst nicht so rum, duZwerg!« zischte nun eine dritte Stimme.

Ein weiterer Unbekannter erschien.»Aber – aber ich arbeite doch auch für

Adams, und … und ich komme gerade vonihm …«, stotterte Hari Zeldegg ein wenigeingeschüchtert. Leise fügte er hinzu: »Fürmeine Größe kann ich doch nichts.«

»Natürlich nicht«, sagte der Rothaarigeund gab dem dritten Unbekannten einen un-sanften Stoß. »Entschuldige, wir sind einwenig durcheinander, denn wir waren nochnie hier unten und haben uns verlaufen.«

»Ja, wir wollen tatsächlich zu Adams«,fügte der Hochgewachsene mit einem ge-winnenden Lächeln hinzu. »Kannst du unsden Weg beschreiben?«

»Sicher«, antwortete Hari Zeldegg unddrehte sich um.

Dann blieb er eine Weile ratlos undschweigend stehen. Er hatte sich selbst auchverlaufen, denn er war an seinem Platzschon längst vorbeigelaufen.

»So etwas aber auch«, sagte er dann undlachte unsicher. »Wie bin ich denn hierher-gekommen?«

Der Kehle des Rothaarigen entrang sichein gequälter Laut, den Hari Zeldegg nichtdeuten konnte.

»Bist du krank?« erkundigte er sich be-sorgt.

Der andere Mann neben ihm murmelte:»Entweder es redet keiner mit uns oder wir-

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res Zeug wie der da.«Da Hari Zeldegg über ein ausgezeichnetes

Gehör verfügte, konnte er jedes Wort genauverstehen.

»Was habe ich dir getan?« fragte er sanft.»Warum beleidigst du mich?«

Dem Mann huschte eine zarte Röte übersGesicht, und er räusperte sich. »Tut mirleid.«

»He, kein Problem«, machte Hari Zeldeggwegwerfend. »Wenn du gewußt hättest, daßich sehr gut höre, hättest du es bestimmtnicht gesagt.«

Mit einem strahlenden Lächeln sah er denWeißhaarigen an, der ihm am besten gefiel.

»Aber weswegen haben wir uns hier ei-gentlich getroffen?« fragte er.

»Du wolltest uns den Weg zu Adams be-schreiben«, antwortete der Mann.

»Ja, richtig!« Hari Zeldegg drehte sich umund deutete einen Gang entlang.

Er gab eine exakte Beschreibung desWeges, den er gelaufen war. Dann stutzte erund lachte herzhaft.

»So etwas Dummes, nicht wahr?« kicher-te er. »Und gerade eben dachte ich noch, ichhätte mich verlaufen.«

Er hob die Hand zum Gruß und blinzelteden neuen Mitgliedern der »Gruppe Adams«fröhlich zu. »Jetzt muß ich aber wirklich los.Ihr könnt den Weg gar nicht verfehlen!«

Langsam ging er den Weg in derselbenRichtung weiter, ohne genau zu wissen,weshalb, denn eigentlich mußte er ja zurück.Vielleicht sagte ihm aber sein Instinkt, zu-erst die Männer unbeschadet ziehen zu las-sen, bevor er an seine Arbeit zurückkehrte.

Als er schon fast um eine Ecke ver-schwunden war, rief ihm der Rothaarigeplötzlich nach: »Wie heißt du eigentlich,Freund?«

Hari Zeldegg drehte sich um und antwor-tete, ohne stehenzubleiben: »Hari Zeldegg,und ich arbeite bei der Kosmischen Hanse!«

Er winkte und verschwand, doch die Ge-räusche seiner Bewegungen waren noch ei-nige Zeit zu hören.

6.Zimbag, Tiefenanlagen

Atlan und seine Gefährten hatten den An-schluß an Ronald Tekener verpaßt und wa-ren einige Zeit durch die Tiefenanlagen ge-irrt, ohne daß ihnen ein Galaktiker hätte wei-terhelfen können – bis auf Hari Zeldegg, denseltsamen kleinen Mann, der unter seinerverknitterten Haut noch sehr jung wirkte.

»Er hat ein bißchen was von einem zer-streuten Professor an sich«, meinte Bull,während sie den von Zeldegg beschriebenenWeg entlanggingen.

»Eine komische Figur, aber nett«, lauteteFink Petticuls wenig schmeichelhafter Kom-mentar.

Er war auch nicht in schmeichlerischerStimmung. Das ständige Oszillieren begannnicht nur an seinen Körperkräften, sondernauch an seinen Nerven zu zehren; ebensodas Verstecken vor den Operas, die Sinnlo-sigkeit des Hierseins in Endreddes Bezirk.Irgendwie mußte er sich Luft machen, undda war ihm der Zwergenhafte gerade rechtgekommen.

»Wenn er wirklich bei der Hanse arbeite-te, steckt möglicherweise enorm viel in sei-nem Gehirn«, vermutete Atlan mit einemfunkelnden Seitenblick auf Petticul. »Nurhier kann ihm das wenig nützen, obwohl ertrotz der mentalen Beeinflussung ungewöhn-lich energiegeladen wirkt.«

Immerhin erwies sich die Wegbeschrei-bung als richtig: Schon kurze Zeit späterentdeckten die Phasenspringer Ronald Teke-ner, zusammen mit Adams, in einer weiträu-migen Halle, in dem ein aus vielen Einzel-teilen zusammengesetzter Maschinenkom-plex stand.

Die Phasenspringer trennten sich und be-zogen hinter verschiedenen AnlagenteilenStellung. Von dort aus konnten sie die Aus-einandersetzung der beiden Männer mitver-folgen.

*

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Glücklicherweise schien auch Tek geradeerst eingetroffen zu sein, denn er sagte: »Duhast schon wieder den Einsatzort gewech-selt, Homer, sogar die Operas mußten ersteinmal nach dir suchen.«

»Das liegt daran, daß ich endlich denSchaltmechanismen der Energieschirme aufder Spur bin, die die oberen Uralt-Anlagenvon den neueren Schaltkreisen in größererTiefe trennen«, antwortete Adams.

Er deutete vielsagend auf den Boden, oh-ne sich jedoch umzudrehen; er war noch im-mer mit der undefinierbaren Schaltkonsolebeschäftigt.

»Noch tiefer als zwei Kilometer?« entfuhres Tek. »Was kann sich dort befinden, vorallem, wenn es jüngeren Datums ist?«

»Es gibt keinen Zweifel daran, wir habengenügend Hin- und Beweise dafür.« Adamswandte sich endlich dem Smiler zu. SeinGesicht sah grau und eingefallen aus, er hat-te ziemlich viel abgenommen, aber in seinenAugen brannte nach wie vor ein geradezufanatisches Feuer. »Nun, interessierst dudich möglicherweise dafür?«

»Ich habe mich von Anfang an dafür in-teressiert, Homer.« Der Smiler deutete aufdie Operas, die ihn immer noch bewachten.»Fürchtest du, daß ich dir an den Kragen ge-he?«

»Natürlich nicht«, sagte der ehemaligeHanse-Chef wegwerfend und gab den Ope-ras den Befehl, sich zurückzuziehen.

Es war immer noch nicht erklärlich, wieer es geschafft hatte, ein Dutzend Opera-Roboter vom Typ Silber in seine Befehlsge-walt zu bekommen. Vielleicht sahen sie inihm und seinem fanatischen Eifer etwas Be-sonderes – allerdings nur diese zwölf undsonst keine. Tek hatte Adams bereits einmaldanach gefragt, jedoch keine Antwort erhal-ten.

»Es wundert mich, daß du mir heute ein-mal wieder die Ehre gibst«, fuhr Adams fort.»Ich habe dich lange Zeit nicht gesehen, ob-wohl die Operas Order hatten, dich am Ka-russell in Empfang zu nehmen.«

Der Smiler zuckte nur die Achseln. »Ich

hatte anderes zu tun«, behauptete er.Adams musterte ihn mißtrauisch. »Wieso

schaffst du es manchmal, den Robotern zuentkommen, und dann auf einmal nichtmehr?«

»Ich entkomme ihnen gar nicht. Sie habenwohl auch anderes zu tun«, log Tekener.»Schließlich hast du sie nicht programmiert.Ich bin ihnen erst jetzt wieder begegnet.«

Diese Erklärung klang äußerst dürftig,und Adams schenkte ihr sicherlich keinenGlauben. Aber er hielt sich nicht damit auf.

Seine sprunghaften Gedanken warenschon einen Schritt weiter; seine Konzentra-tionsfähigkeit auf zwischenmenschliche Be-ziehungen und Verhaltensweisen war äu-ßerst beschränkt, bedingt durch den menta-len Einfluß.

»Hast du dir nun überlegt, mit mir zusam-menzuarbeiten?« stellte er die nächste Frage.

»Ich habe noch nie gegen dich gearbei-tet«, versuchte Tek klarzustellen. »Du hegstein völlig ungerechtfertigtes Mißtrauen ge-gen mich!«

»Was hat das dann aber auf sich, regelmä-ßig zu verschwinden?«

»Darauf habe ich keinen Einfluß, auchdas sagte ich dir schon! Ich habe nur einenImprint erhalten und oszilliere deshalb re-gelmäßig in 13.01 Stunden. Daran wird sichwohl nichts ändern; ich habe keinerlei Ein-fluß darauf und weiß auch nicht, was mitmir geschieht, während ich weg bin.«

»Ich kann mir nicht vorstellen, daß es dirnicht möglich sein soll, das Bewußtsein wie-derzuerlangen. Tut mir leid, aber da mußt dudir etwas Besseres einfallen lassen. Ich sehedas nach wie vor so, daß du während deinerAbwesenheit alles daransetzt, um gegen Go-masch Endredde zu kämpfen.«

»Homer, du benimmst dich wie ein eigen-sinniger, verstockter alter Esel, allmählichverliere ich die Geduld!« fuhr der Smilerauf. »Hast du bei dem Sprung hierher deinenVerstand vollends verloren, oder was ist mirdir los? Denk doch einmal gründlich nach!«

Adams machte eine abwehrende Geste.»Du solltest nachdenken«, entgegnete er

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unwirsch. »Wir können hier nicht mit derüblichen Methode Hau-drauf-und-Schlußvorgehen, sieh das doch ein! Glaub mir,meine Methode ist die einzig richtige: An-statt Gomasch Endredde zu bekämpfen, soll-ten wir kooperieren!«

»Ich kooperiere nicht mit einem, der michals Sklaven hält.«

»Dann bist du derjenige, der uneinsichtigund störrisch an seiner falschen Überzeu-gung festhält! Gomasch Endredde hält unshier nicht als Sklaven …«

»So? Als was denn sonst? Wer nichtspurt, wird interniert oder sogar erschossen,so ist die Lage! Keiner der sich hier befindli-chen Millionen Galaktiker ist aus freienStücken gekommen oder kann jederzeit ge-hen, wohin er will. Wir werden hier in ei-nem abgeschirmten Bezirk festgehalten, oh-ne daß es eine Erklärung gibt, weswegen,was unsere Aufgabe ist!«

Adams schüttelte den Kopf, voller Bedau-ern über die Uneinsichtigkeit des Phasen-springers.

»Wir können uns die Freiheit erarbeiten«,sagte er langsam. »Ich gebe zu, daß dieseMethode, jemanden um Hilfe zu rufen, nichtunbedingt die beste ist. Aber wir befindenuns in einer völlig fremden Galaxis. Wirwissen nicht, wer Gomasch Endredde wirk-lich ist, und können daher seine Gedankenauch nicht nachvollziehen. Aber wir wissen,daß er Hilfe braucht, sonst wären wir nichthier.«

»Und weshalb ausgerechnet wir?«»Sicher wegen unserer besonderen Fähig-

keiten und unseres hohen Entwicklungsstan-des. Alle anderen, die vor uns hier waren,sind kläglich gescheitert; nach dem Alterdieser Anlagen zu urteilen, sind wir wahr-scheinlich so etwas wie der letzte Stroh-halm.«

Adams hatte sich wieder in glühenden Ei-fer hineingeredet, und er hob fast beschwö-rend die Hände.

»Tek, ich bin ganz nahe dran! Warumwillst du mir nicht glauben, daß ich dasselbeZiel verfolge wie du, nur auf andere und

bessere Weise? Denkst du, es macht mirSpaß, einen langjährigen Freund als Gegnerbetrachten zu müssen und gefangenzuneh-men?«

»Das ist aber der falsche Weg, um michüberzeugen zu wollen. Du willst mich zwin-gen, ohne dich meinen Argumenten gegen-über auch nur im geringsten zugänglich zuzeigen«, erwiderte der Smiler. »Es gibt nichtnur eine Meinung, eine Ansicht, gerade duals ehemaliger WIDDER solltest das wis-sen! Du glaubst, der Erleuchtung teilhaftiggeworden zu sein, und willst sie nun allenanderen aufzwingen, ob sie wollen odernicht! Was ist aber, wenn du dich täuschst?«

Adams ballte eine Hand zur Faust. »Ichtäusche mich nicht«, stieß er zwischen denZähnen hervor. »Und ich will dich als Part-ner, aber das verstehst du ja doch nie. Jeden-falls gibt es nur zwei Möglichkeiten fürdich: Entweder arbeitest du mit mir, oder ichlasse dich weiterhin von den Operas bewa-chen, damit du mir nicht in die Querekommst. Ich bedaure das wirklich, aber an-ders geht es leider nicht.«

*

Den Rest verfolgte Atlan nicht mehr; diebeiden drehten sich ständig im Kreis. Teke-ner würde auf alle möglichen Weisen versu-chen, Adams zur Einsicht zu bringen, aberdas würde vermutlich nichts nützen.

Atlan konnte nur darauf vertrauen, daßder Smiler nichts über ihn und die anderenPhasenspringer erzählen würde. So bliebihm jetzt noch Zeit, die Anlagen und die Ar-beitsmethode von Adams' Gruppe zu erkun-den. Möglicherweise war der ehemaligeHanse-Chef seinem Ziel tatsächlich schonein Stück näher gekommen.

Von Bull und Petticul war nichts zu ent-decken; die beiden hatten sich ebenfallsselbständig gemacht und durchforschten dieAnlage.

Dieser Teil der unterirdischen Anlagenzeigte sich jedenfalls genauso unübersicht-lich und zum Teil demontiert wie alle ande-

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ren, die Atlan bisher gesehen hatte. Adamsverfügte über etwa 30 Mitarbeiter und dasDutzend Roboter, um sich hier kundig zumachen; das war herzlich wenig. Die ande-ren Mitglieder seiner Mannschaft hatten sichwohl ziemlich schnell aus dem Staub ge-macht.

Atlan hatte nicht den Eindruck, als wüß-ten die verbliebenen Galaktiker so genau,was sie taten – ebensowenig wie alle ande-ren oben. Sie befolgten wohl Adams' An-weisungen, aber bedingt durch die Mental-suggestion, waren sie geistig größtenteilsviel zu verwirrt, um tatsächlich Sinnvolleszu leisten.

Sie schraubten hier herum, begutachtetendort etwas und übersahen vielleicht einenwichtigen Hinweis. Bedingt durch die Hilf-losigkeit und das Unverständnis, kam esauch hier oft zu Zwischenfällen und nichtselten gefährlichen Unfällen.

Aber bessere Hilfe konnte Adams nichterwarten; möglicherweise war er deswegenso hyperaktiv und versuchte, überall gleich-zeitig zu sein. Ohne den Zellaktivator wäreer vor Erschöpfung wahrscheinlich längstzusammengebrochen.

Aber auch so konnte es nicht mehr langegutgehen; der ehemalige Imprint-Outlawhatte erschreckend ausgezehrt ausgesehen,und der körperliche wie seelische Zusam-menbruch mußte irgendwann auch bei ihmkommen.

Der Arkonide war sich darüber im klaren,daß Adams weder Tekener noch den ande-ren wirklich Böses wollte oder sie als seineFeinde betrachtete. Er wollte nur nicht inseinem Vorhaben gehindert werden, weil ersich auf dem richtigen Weg sah – und weiler wußte, daß er gegen die Zeit arbeitenmußte.

Dennoch durften sie nicht aufgeben, mitihm zu reden und ihn behutsam zum Nach-denken zu bringen. Vielleicht konnte er sichaus der Beeinflussung so weit freischütteln,daß er wenigstens zuhörte.

Das nächstemal werde ich mich ihm zuerkennen geben und mit ihm reden, nahm

Atlan sich vor. Falls es noch ein nächstesMal gab …

Er entschloß sich, die verbliebene Zeit zunutzen und das Treiben hier unten weiter zubeobachten. Anhand der notdürftig zusam-mengestellten Ausrüstung, die Bull ihmüberlassen hatte, konnte er ein paar Messun-gen vornehmen. Kurz bevor seine Frist ab-gelaufen war, mußte er auf alle Fälle nochein gutes Versteck für die Geräte finden, daer sie nicht mitnehmen konnte.

Während Atlan in den Anlagen herum-schlich, begegnete er Bull und Petticul keineinziges Mal. Er hatte keine Sorge, wenn ereinem anderen Galaktiker begegnete; siewürden sich vermutlich nicht um ihn küm-mern, sondern ihn eher wie Hari Zeldegg alsAufstockung des Teams ansehen.

Nur vor Esker »Harry« Harror und HaroldNyman mußte er auf der Hut sein. Sie stan-den hundertprozentig zu Adams und würdenihm umgehend mitteilen, wen sie hier untenunerwarteterweise getroffen hatten – und obdies in seinem Sinne war.

Der Smiler war bereits einmal von HaroldNyman an Adams verraten worden: Deswe-gen wurde er seither regelmäßig von denOperas am Fernkarussell erwartet.

Manchmal kam der Arkonide wieder indie Nähe der Haupthalle, in der sich Adams,einige Galaktiker und die meisten Operasaufhielten. Ronald Tekener war immer nochbei Adams, und von längeren schweigsamenPausen abgesehen, führten sie ihre Debatteweiter fort.

Atlan brauchte sich derzeit um Tek keineSorgen zu machen, deshalb hörte er der Un-terhaltung nicht weiter zu. Außerdem warseine Frist nahezu abgelaufen, und er mußtedie Ausrüstung verstecken.

Dabei hätte er beinahe jegliche Vorsichtaußer acht gelassen; als er um die Ecke einesGanges bog, entdeckte er in einem Maschi-nenraum gerade noch rechtzeitig Harold Ny-man, der sich gerade umdrehte. Hastig zoger sich zurück und sicherte nach hinten.

Dummerweise machten sich ausgerechnetjetzt an der Anlage, an der er gerade vorbei-

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gekommen war, einige Galaktiker zu schaf-fen, die sich vorher im hinteren Teil aufge-halten hatten. Er konnte nicht einfach an ih-nen vorbeilaufen, das würde selbst ihnenauffallen. Nyman war nicht weit genug ent-fernt; er würde bestimmt etwas mitbekom-men.

Atlans einzige Hoffnung bestand darin,daß Nyman in einem anderen Gang ver-schwinden würde.

Als er ganz vorsichtig um die Ecke spitz-te, löste sich dieser Wunsch auf. Harold Ny-man unterhielt sich mit einem Galaktiker,während er langsam in Atlans Richtung wei-terging:

Der Arkonide zog sich erneut zurück undfluchte im stillen. Er saß in der Falle. Es halfnichts, er mußte denselben Weg zurück undan den anderen vorbei. Vielleicht waren sieso beschäftigt, daß sie ihn überhaupt nichtbemerkten.

Als er das Nähern gemächlicher Schrittehörte, wußte er, daß es auch dafür zu spätwar. Er konnte nur stehenbleiben, HaroldNyman freundlich ins Gesicht grinsen undihn unverfänglich begrüßen. Am bestenstellte er ihm einige Fragen, damit Nymankeine Zeit hatte, darüber nachzudenken, wasder Arkonide hier unten machte.

Von Tek wußte er, daß Nyman und Har-ror fast ebenso träge wie die anderen Galak-tiker waren, er würde bestimmt ein wenigbrauchen, um die Situation richtig zu erfas-sen. Bis dahin mußte Atlan sich schon ausdem Staub gemacht haben.

In diesem Moment bog Harold Nymanum die Ecke; im Verlauf der nächsten ein,zwei Sekunden mußte er Atlan entdeckenund erkennen. Er blieb auch tatsächlich ste-hen, aber in sein Gesicht trat kein Ausdruckdes Erkennens, ganz im Gegenteil. SeineAugen wirkten seltsam leer, in sich gekehrt.

Er murmelte etwas Unverständliches,dann ging er weiter, an Atlan vorbei, ohneihn zu beachten.

Der Arkonide war so verblüfft, daß er Ny-man nur nachstarren konnte, und er brauchteeine entsprechende Reaktionszeit, als eine

zarte, zirpende Stimme fragte: »Das warknapp, was?«

An der Ecke des Gangs stand ein großes,sehr schlankes, durchsichtig schillerndesWesen von annähernd humanoider Form,dessen Haut wie eine in allen Regenbogen-farben schimmernde, transparente Hüllewirkte.

»Wer bist du?« fragte Atlan. »Ich habenoch nie ein Wesen wie dich gesehen!«

»Selbstverständlich nicht, ich bin der ein-zige Schiller von Gombar. Da mein Nameunaussprechlich ist, kannst du mich Schillernennen.« Das Wesen kam langsam näherund betrachtete den Arkoniden aus großenvioletten Augen. »Du bist einer von den Un-sterblichen, nicht wahr? Der Arkonide At-lan.«

»Das stimmt«, nickte Atlan. »Und du bistderjenige, der uns schon seit einiger Zeitverfolgt – zuerst Reginald Bull und nunmich.«

»Jahrtausendelange Erfahrung«, zirpte daseigenartige Wesen, es schien irgendwie zu-frieden. »Ich wäre enttäuscht gewesen, wennihr es nicht bemerkt hättet. Schließlich ran-ken sich eine Menge Legenden um euch al-le. Nicht, daß es mir etwas bedeuten würde.Im Gegenteil, bisher habe ich jede Begeg-nung mit euch vermieden, denn ich pflege inder Regel keinen Kontakt mit anderen.«

Der Arkonide lächelte schwach.»Stammst du aus Hirdobaan?«

»Nein, ich komme aus der Milchstraße.Ich war einer von den Imprint-Outlaw's. Da-vor war ich ein Weltenbummler, was ichauch im Anschluß an dieses Abenteuer wie-der sein werde.«

Atlan deutete in die Richtung, in die Ha-rold Nyman gegangen war. »Wie hast du dasangestellt?«

Der Schiller bewegte seine Schultern ineiner unruhigen Geste.

»Ich habe ihn nur ein wenig abgelenkt«,antwortete er. »Bei der hiesigen Situation istdas gar nicht besonders schwer; das könntestdu bestimmt auch.«

Atlan bezweifelte das, ebenso wie er sich

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darüber wunderte, daß der Schiller wohlmental nicht beeinflußt wurde, denn er wirk-te weder lethargisch noch verwirrt, ganz imGegenteil. Aber der Schiller hatte ihm im-merhin geholfen; deshalb würde er keineFragen stellen, wie er es versprochen hatte –auch wenn es ihm schwerfiel.

»Aus welchem Grund hast du uns ver-folgt?« wollte er daher nur wissen.

»Ich lasse mich nicht gern vergoggeln«,antwortete das seltsame Wesen. »All dieseStrapazen, diese Leiden, nur, um an diesenOrt hier versetzt zu werden, dessen Kon-struktion einem Gehirnkranken namens Go-masch Endredde entsprungen ist. Nachdemich miterlebt habe, daß ihr euch anders alsdie anderen verhaltet, habe ich euch regel-mäßig abgepaßt. Nur mit euch gibt es einereelle Chance, diesem Chaos hier zu ent-kommen.«

»Dann danke ich dir, daß du mir geholfenhast. Komm doch in Zukunft mit uns mit,ohne uns heimlich zu verfolgen.«

»Auf keinen Fall«, widersprach der Schil-ler entschieden. »Mit euch will ich nichts zutun haben, das sagte ich bereits. Seht zu, daßihr Erfolg habt und wir endlich hier raus-kommen; das ist das einzige, was mich inter-essiert. Wenn ich euch helfen kann, dann tueich das, aber auf meine Weise. Wir sind unsjetzt wahrscheinlich das erste- und letztemalpersönlich begegnet.«

»Immerhin hast du dich freiwillig ge-zeigt«, hakte der Arkonide sofort nach.

»Ich war neugierig, ich geb's zu. Selbstich habe Schwächen.«

»Aus welchem Grund willst du auch jetztmit uns nichts zu tun haben? Ich verstehe es,wenn du dich später, nach erfolgter Befrei-ung, wieder absetzt, aber jetzt?«

Der Schiller stieß ein Trillern aus. »Weilihr bei allem, was ihr tut, immer gleich dieVerantwortung für alles übernehmen müßt,und diese Verantwortung gebt ihr ganzselbstverständlich auch an andere weiter. Ichwill diese Verantwortung für andere abernicht, verstehst du? Ich habe genug damit zutun, mich um mich selbst zu kümmern. Bis-

her seid ihr sehr gut ohne mich zurechtge-kommen, und wenn ich was tun kann, dannentscheide ich das selbst. Abgesehen davonhabe ich ziemlich viel vor, und da kann ichkeine Zeit mit euch verlieren. Reicht das?«

»Ich finde es nur schade …«, begann At-lan, wurde jedoch unterbrochen.

»He, dieses Gefaddel kannst du dir spa-ren«, wehrte der Schiller ab. »Ich kenneeuch, darauf falle ich nicht herein. Abgese-hen davon habe ich hier nichts anderes zutun: In den Anlagen herumzukriechen istvöllig sinnlos, und nur herumzusitzen liegtmir nicht.«

Atlan lächelte. »In Ordnung, Schiller. Ichfreue mich trotzdem, in dir einen Verbünde-ten gefunden zu haben. Vielleicht sehen wiruns ja doch mal wieder.«

»Wette nicht darauf«, zirpte das seltsameWesen. »Und noch eins: Mir war's ganzrecht, wenn ihr euch allmählich beeilen wür-det. Ich kann mich hier nämlich so gut wienicht ernähren und werde daher langsamverhungern. Es würde mich also ziemlichfreuen, wenn ihr es vorher schaffen könntet,Gomasch Endredde eine aufs Maul zu ge-ben.«

»Ich werde …« begann Atlan, doch wei-ter kam er nicht mehr.

Sein letzter Gedanke galt der verlorenenAusrüstung, die nutzlos aus seinen Händenfiel, dann verschwand er.

7.SIAMESE GIRL

»Schiller«, waren Atlans erste Worte, alser erwachte, »er verhungert.«

»Was meinst du?« fragte eine wohlbe-kannte Stimme.

Er öffnete die Augen.»Das ist nicht Schingo.«»Nein, ich habe dich sofort auf die SIA-

MESE GIRL bringen lassen, nachdem du er-schienen warst. Wir sollten wirklich keineZeit mehr verlieren.«

»Das können wir auch nicht«, erwiderteAtlan, während er sich mühsam hochstemm-

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te.Er berichtete Rhodan, was vorgefallen

war, während er zu dem vorbereiteten Ruhe-raum ging. Es war ein seltsamer und stellen-weise ein wenig wirrer Bericht; irgendwiekam Atlan alles mehr und mehr wie einmerkwürdiger Traum vor – völlig real, so-lange er sich darin befand, und völlig irreal,wenn er davon berichtete.

»Aber es ist alles so, wie ich es dir berich-te«, fügte er am Ende hinzu, da er Rhodanskritischen Gesichtsausdruck bemerkte.

»Natürlich«, behauptete Perry Rhodan imfreundlichen Tonfall eines Arztes.

»Vergiß es«, brummte der Arkonide.»Wenn du es nicht selbst erlebst, kann du esnicht verstehen.«

Er ließ sich auf der Liege nieder, denn erfühlte sich von dem Kampf ums Erwachenimmer noch sehr erschöpft. »Steht die Ver-bindung?« fragte er.

Rhodan machte eine bestätigende Geste.»Dao-Lin«, rief Atlan, »kannst du mich

hören?«»Ja …«, erklang nach einiger Zeit eine

Stimme wie aus sehr weiter Ferne. »Es ist solange her … Was machst du …?«

»Ich bin gerade hier auf der SIAMESEGIRL«, berichtete Atlan langsam und deut-lich. »Kannst du beschreiben, wie du dichim Moment fühlst?«

»Natürlich … Es ist wunderbar … Allesist so leicht … Vielleicht lerne ich noch zufliegen …«

Atlan sah Perry Rhodan an. »Ich muß di-rekt mit ihr sprechen, Perry. Anders kann siemich nicht mehr verstehen.«

*

Wie lustig, dachte Dao-Lin-H'ay, währendsich unter ihrem Sitz eine weitere Luftblasebildete, sie nach oben bis fast unter dieDecke trug, zerplatzte und sie unsanft aufder Liege landen ließ.

Sie probierte es schon ziemlich lang, sichnach dem Platzen der Luftblase in der Luftzu halten, und amüsierte sich jedesmal kö-

niglich, wenn es nicht klappte.Irgendwann schaffe ich es schon.Manchmal fiel ihr auf, daß sie nicht allein

war.Manchmal wurde sie angesprochen, und

dann wußte sie, daß sie etwas antwortensollte. Vor allem, wenn sie mit Dao-Lin an-gesprochen wurde, denn das war schließlichihr Name.

Kannst du mich hören? fragte auf einmaleine lang vertraute, ihr wohlbekannte Stim-me. Eine ganz andere als die, die zuletzt mitihr gesprochen hatte.

Diese Stimme war sehr viel heller gewe-sen und irgendwie kälter, unpersönlicher.Sie erkundigte sich einfach danach, wie esihr ging, wie sie sich fühlte und so weiter.

Phantastisch, hatte jedesmal ihre Antwortgelautet. Phantastisch in jeder nur vorstell-baren Art und Steigerung. So wunderbarhatte sie sich nicht mehr gefühlt seit …

Wahrscheinlich noch nie.Kannst du mich hören? fragte die Stim-

me.Ja, natürlich. Sie hörte alles, wenngleich

etwas entfernt, und es bedeutete ihr nichtviel. Oder doch? Irgend etwas am Klang die-ser Stimme rüttelte sie auf, machte sie nach-denklicher, als sie es wollte.

Es war so lange her …Erinnere dich, hatte die Stimme vor lan-

ger Zeit geflüstert. Wenn ich dich frage:»Kannst du mich hören?«, dann mußt dudich an mich erinnern und an das, was ichdir sagte. Es ist unsagbar wichtig, Dao-Lin.Du darfst es nicht vergessen. Präge es direin, so gut es geht. Wenn du diese Wortehörst, mußt du dich erinnern, und du wirstwissen, daß ich mit dir sprechen will. Wich-tige Dinge, die dein Glück noch erhöhenwerden, weit über alles andere hinaus …

Was kann höher werden als Glück? fragtesich Dao-Lin. Ganz klar: noch mehr Glück.Gibt es ein Ende? Nein, niemals. Das ist dasWunderbare daran …

»Atlan«, sagte Dao-Lin-H'ay verblüfft.»Was machst du denn hier …?«

Sie hockte verdattert auf der Liege.

28 Susan Schwartz

Page 29: Kommando Gonozal

»Ich kann dich spüren«, murmelte sie.»Das ist gut«, sagte der Arkonide lä-

chelnd. »Das ist sehr gut. Dann kannst dumir auch zuhören.«

Die Kartanin rieb sich das Nackenfell undstarrte Atlan, der neben ihr auf der Liegesaß, weiterhin verwundert an, als wäre erdem Grab entstiegen.

»Es hat geklappt, oder?« fragte sie ver-wirrt.

Der Arkonide lachte. »Ja, es hat geklappt,Dao-Lin. Wir haben intensiv geübt, und kei-ner von uns beiden wußte, ob wir es nocheinmal schaffen würden.«

»Tek …«, wisperte die Kartanin, »hast duihn gesehen? Erzähl mir von ihm, ich bittedich! Und – schnell. Ich weiß nicht, wie lan-ge ich mich halten kann …«

»Es geht ihm gut, Dao-Lin«, versicherteAtlan.

Er ergriff ihre befeilte schmale Hand undstreichelte sie, um den Kontakt zu intensi-vieren. Mit ihren hochempfindlichen und la-tenten Psi-Sinnen könnte sie ihn so direktspüren und durch den Imprint hindurch emp-fangen.

»Er ist unverletzt und wohlauf«, fuhr derArkonide fort. »Zuletzt war er bei Adams,und sie versuchten sich gegenseitig, ihreStandpunkte klarzumachen. Er erwartetdich, Dao-Lin.«

»Woher weiß er, daß ich komme?« fragtesie. »Oh«, machte sie dann, als sie seinenGesichtsausdruck erkannte. »Mach solcheSpielchen nicht mit mir, Atlan.«

»Das hatten wir ausgemacht«, entgegneteer vergnügt.

Nur so kann ich mich konzentrieren.»Na schön«, sagte sie dann laut. »Berichte

weiter. Auch das Nebensächliche, denn allesist wichtig für uns.«

Sie vermied es, zu den anderen Kartaninzu blicken, um nicht abgelenkt zu werden.Die geballte Konzentration war ohnehinschwer aufrechtzuerhalten.

Der Arkonide berichtete gleichzeitig sozusammenfassend und ausführlich wie mög-lich, antwortete rasch auf Dao-Lins Zwi-

schenfragen und stellte ihr die Situation inEndreddes Bezirk möglichst plastisch dar.

Zumindest bekam die Kartanin diesenEindruck, denn sie verstand alles und konntesich ihren zukünftigen Einsatzbereich bereitsziemlich gut vorstellen.

Hoffentlich komme ich bald dorthin, dach-te sie – und das war das Ende der Kommuni-kation.

Sie war so frei und leicht und irgendwieganz leer und befreit, und alles war so wun-derbar …

*

Perry Rhodan erwartete Atlan im Ruhe-raum, in den er erst kurz vor Ablauf der Fristzurückkehrte. Er wirkte erschöpft und über-anstrengt und ließ sich seufzend auf die Lie-ge fallen.

»Ich konnte mit Dao-Lin sprechen, undich hoffe, daß sie alles aufgenommen undgespeichert hat«, sagte er. »Irgendwann, auf-grund einer Bemerkung von mir, schwebtesie völlig davon – im geistigen Sinne desWortes. Sie strebt voll und ganz auf denÜbertritt zu. Mit den anderen konnte ichüberhaupt nicht mehr in Kontakt treten;wenn sie mir Antworten gaben, dann nurverdrehte. Selbst Dao-Lin murmelte zuletztetwas von einem Ferenc Bleue, als sie gei-stig entglitt.«

»Blauer Franz«, sinnierte Rhodan. »Wasmochte sie damit gemeint haben?«

»Ihre Blase war angeblich blau … Ach,ich weiß es auch nicht.« Atlan unterbrachsich selbst, als er merkte, wie seltsam seineÄußerungen schon wieder wurden.

»Ich wäre bald am liebsten auch blau,aber vom Alkohol«, brummte er.

»Sie werden bald soweit sein, euch zu un-terstützen«, versuchte Rhodan zu trösten.»Ihr müßt nur noch diese kurze Phase durch-stehen.«

»Dann wird alles besser, ja, ich weiß«,murmelte der Arkonide.

Atlan legte sich zurück und schloß dieAugen. Er fühlte sich unendlich müde.

Kommando Gonozal 29

Page 30: Kommando Gonozal

»Ich glaube, unsere künftigen Phasen-springer werden das nächstemal, wenn ichwiederkomme, schon verschwinden …«,sagte er geistesabwesend. »Inzwischen wer-de ich mit Adams Kontakt aufnehmen …Hoffentlich nimmt er endlich Vernunft an…«

Dann war er fort.

8.Endreddes Bezirk Zimbag, Tiefenanlagen

Diesmal war Atlan der erste, der am Ziel-punkt Hades auf Zimbag eintraf. Er entdeck-te in der Ferne Ronald Tekener, der von denOperas gerade in den Trichterturm eskortiertwurde.

Kurz darauf trafen zu Atlans Erleichte-rung auch Reginald Bull und Fink Petticulein; also hatten die Operas bisher ihre Spurnoch nicht aufgenommen.

»Ich habe wieder versucht, unseren Ver-folger abzuschütteln«, erklärte Bull die Ver-spätung. »Nebenbei bemerkt, vergeblich,aber das ist im Grunde nicht weiter schwer,da wir ja doch immer wieder hierherkom-men.«

»Wieso auch? Er ist doch eigentlich ganznett«, sagte Atlan rätselhaft, während er dasKarussell verließ. »Und es ist nie schlecht,einen Verbündeten in der Hinterhand zu ha-ben.«

Reginald Bull kam an die Seite des Arko-niden und musterte ihn mißtrauisch.

»Da gibt es nicht zufällig etwas, wovonich nichts weiß und über das du mir gern et-was sagen möchtest, oder?«

Atlan grinste. Dann berichtete er, wäh-rend sie – wie bisher auch unauffällig – indie Tiefenanlagen hinabstiegen; nicht nurvon seiner Begegnung mit dem Schiller vonGombar, sondern auch von Dao-Lin und denübrigen 39 künftigen Phasenspringern.

»Und was war bei euch?« wollte er dannabschließend wissen.

»Nichts Besonderes«, meinte ReginaldBull; Fink Petticul nickte. »Harry Harror hatuns einmal beinahe entdeckt, ansonsten hat

jeder von uns herumgeschnüffelt und nichtsEntscheidendes feststellen können.«

»Wir sollten jetzt zuerst unsere Ausrü-stung holen«, meinte Petticul. »Und danngehen wir direkt zu Adams, oder?«

Atlan fiel ein, daß er es nicht mehr ge-schafft hatte, seine Ausrüstung zu verber-gen.

»Meine ist verloren«, brummte er.»Wir sollten trotzdem einmal nachsehen.«Inzwischen hatten sie keine Schwierigkei-

ten mehr, sich in den Tiefenanlagen zurecht-zufinden. Bull und Petticul fanden ihre Aus-rüstung unversehrt vor; Atlans Platz war na-türlich leer.

»Einen Moment mal«, sagte Bull plötz-lich. »Dieser Felsen da paßt irgendwie nichthinein …«

Er machte sich daran zu schaffen, undnach einiger Zeit zog er triumphierend At-lans OSS, den Syntron und noch ein paarSachen hervor.

»Da ist eine Schreibfolie dabei.« Atlannahm die Folie in die Hand. Außer einemSchnörkel- und blumenreich verzierten un-aussprechlichen Namen stand nichts darauf.

»Eine Visitenkarte?« wollte Petticul wis-sen.

Der Arkonide schmunzelte.»Allerdings. Unser Freund Schiller, der

sich für niemanden interessiert und mitnichts etwas zu tun haben will.« Dann wurdeer ernst. »Er ist allerdings in ziemlicher Zeit-not, da er allmählich verhungert.«

»Das werden die anderen Galaktiker beidem hiesigen Pappfraß früher oder späterauch«, brummte Bull.

*

Die drei Phasenspringer machten sich nundirekt auf den Weg zu Homer G. Adams.Dabei gelegen kam ihnen unterwegs HariZeldegg, der sich sofort bereit erklärte, siezu dem ehemaligen Hanse-Chef zu begleitenund als Verstärkung des Teams vorzustellen.

Adams befand sich noch in derselben Ma-schinenhalle, Ronald Tekener war bei ihm;

30 Susan Schwartz

Page 31: Kommando Gonozal

aber heute debattierten die beiden nicht mit-einander.

Tek bemerkte die alten Freunde als ersterund gab Adams ein Zeichen.

»Adams, ich bringe dir Verstärkung!« riefHari Zeldegg glücklich.

Der Terraner sah den Phasenspringernüberrascht entgegen.

»Euch hätte ich am wenigsten hier erwar-tet«, sagte er zur Begrüßung. Dann deuteteer auf den Smiler und fügte hinzu: »Wennihr aber nur wegen ihm hier seid, könnt ihres vergessen.«

»Wir sitzen alle im selben Boot«, erwi-derte Atlan gelassen.

Nun, nachdem er Adams direkt gegen-überstand, erschrak er nochmals über dasausgezehrte und graue Aussehen des Freun-des.

»Wir wollen doch alle dasselbe«, fügteReginald Bull freundlich hinzu. »Die Frei-heit.«

Adams zögerte einen Moment, dann glittein Strahlen über sein müdes Gesicht. Erdrückte der Reihe nach den Freunden dieHände.

»Ich freue mich, euch nach so langer Zeitendlich wiederzusehen!« rief er.

»Aber was ist zwischen dir und Tek vor-gefallen?« fuhr Bully fort und deutete zumSmiler. »Die Operas stehen doch sichernicht zu seinem Schutz um ihn herum,oder?«

Adams' Gesicht verdüsterte sich.»Er arbeitet gegen mich«, versuchte er zu

erklären. »Nach einem gewissen Zeitraumverschwindet er und taucht genauso regel-mäßig wieder auf. Und da ich Tek sehr gutkenne, bin ich sicher, daß er während seinerAbwesenheit meine ganze Arbeit zunichtemacht.«

»Ganz bestimmt nicht«, widersprach At-lan ruhig. »Wir haben nämlich dasselbe Pro-blem.«

Adams starrte ihn an. »Ihr – alle drei?«»Natürlich«, bestätigte der Arkonide. »Ist

dir nicht aufgefallen, daß wir nicht so lethar-gisch sind wie die anderen?«

»Ich bin doch auch nicht lethargisch.«»Du bist eine Ausnahme, aus welchem

Grund auch immer. Es gibt ein paar solcherAusnahmen, aber die meisten kommenkaum vom Fleck, man kann ihnen nicht rich-tig erklären, was sie arbeiten sollen und wor-auf sie achten müssen. So ist es doch auchbei deinen Freunden Nyman und Harror,nicht wahr? Und alle sind recht planlos.«

Adams zog die Stirn in nachdenklicheFalten.

»Tek behauptet, daß sein Verschwindendaher rührt, daß er nur einen Imprint erhal-ten hätte. Stimmt das?«

Bull nickte. »Wenn du dich erinnerst, ha-ben wir uns seinerzeit bei Eröffnung der Ba-sare der Hamamesch an der Großen Leereaufgehalten beziehungsweise waren wir aufdem Rückflug. Wir haben also keine Wareerhalten und gehörten nicht zu den Süchti-gen. Allerdings nahmen wir unvorsichtiger-weise diese Würfel in die Hand, irgendwieübten sie auch auf uns eine starke Anzie-hungskraft aus. So erhielten wir den Imprint,der uns hierherbrachte – aber eben nur deneinen. Seitdem müssen wir alle 13.01 Stun-den oszillieren.«

»Und das macht uns keinen Spaß, daskann ich dir versichern«, brummte Fink Pet-ticul. »Das Schlimmste daran ist, daß wirwährend der Abwesenheit einen völligenBlackout haben. Es ist nicht einmal ein er-holsamer Schlaf, sondern nur das tiefeNichts. Wir wissen nicht, wo wir uns befin-den, und haben keinerlei Einfluß darauf.«

»Dieselbe Geschichte hat mir Tek aucherzählt …«, sagte Adams zögernd. »Ich habegedacht, das wäre nur ein Trick …«

»Leider nein«, grollte Bull. »Ich wünsch-te, das wäre so. Dann wären wir wenigstensnicht mehr so hilflos, und du müßtest hiervielleicht nicht mehr vergeblich herumsu-chen.«

»Oh, das ist keineswegs vergeblich«, wi-dersprach Adams eifrig. »Ganz im Gegenteilsogar …«

»Darüber möchten wir mit dir reden«,warf Atlan ein. »Wir haben uns vorhin mit

Kommando Gonozal 31

Page 32: Kommando Gonozal

Hari Zeldegg unterhalten. Mir ist das irgend-wie nicht nachvollziehbar, daß du dich sovehement für Gomasch Endredde einsetzt –immerhin hält er uns hier gefangen! Dasführt sogar so weit, daß du dich gegen deineeigenen Freunde wendest und sie internierenläßt.«

Atlan wies auf Tekener, bevor er weiter-sprach.

»Ich habe es zuerst nicht glauben wollen,doch nun habe ich es selbst gesehen. Und esgefällt mir nicht, Adams. Du mißtraust uns,daß wir in der Oszillationsphase gegen dicharbeiten – aber wie können wir das, wennwir doch alle auf derselben Seite stehen?Oder bist du ein Diener Gomasch Endreddesgeworden, mit allen Konsequenzen?«

Er hätte es auch härter ausdrücken kön-nen, aber er sah, daß seine Worte auch sogenügend Eindruck hinterließen.

Adams wich einen Schritt zurück. Aufseinem Gesicht stritten sich die wider-sprüchlichsten Gefühle.

»Ich bin in meinen Gedanken so frei wieimmer«, stieß er schließlich hervor.

»Das kann ich nicht glauben«, konterteder Arkonide hart. »Nach allem, was mitTek passiert ist. Oder willst du uns allenvorwerfen, Verrat an dir zu üben? Inwiefernkönnen wir das? Als was siehst du dich hier,Homer?«

Adams wandte sich ab und bewegte eini-ge Schaltelemente auf seinem Arbeitstischhin und her.

»Ihr versteht das einfach nicht«, stieß erschließlich hervor. »Gomasch Endredde istnicht unser Feind. Er braucht Hilfe, und wirsind die einzigen, die ihm helfen können.Daher muß ich hier arbeiten, und ich lassemich von niemandem davon abhalten.«

Er drehte sich mit einer ruckartigen Be-wegung wieder zu den Freunden um.

»Glaubt ihr, ich weiß nicht, was hier vor-geht?« fragte er. »Weder die Nahrungsmittelnoch der Schlaf sind ausreichend, um dieGalaktiker auf Dauer am Leben zu erhalten,und wir werden hier kaum als Gäste behan-delt. Deshalb muß ich schnell arbeiten! Und

ich darf mich dabei durch nichts beeinflus-sen oder ablenken lassen!«

»So sehr, daß du dich nicht einmal mehrmit deinen eigenen Freunden verständigenwillst?« fragte Atlan sanft. »Kannst du wirk-lich all das leugnen, was uns verbindet?«

»Was … meinst du damit …?« erwiderteAdams zögernd.

»Anstatt dich hier fanatisch in die Arbeitzu hängen, solltest du in Ruhe nachdenken,welche Konsequenzen sich aus deinem Han-deln ergeben könnten«, argumentierte derArkonide.

»Konsequenzen? Aber …«»Die Gefangennahme Ronald Tekeners ist

erst der Anfang. Was willst du aber tun,wenn noch mehr Leute an der Richtigkeitdeines Handelns zweifeln? Kannst du sie al-le einsperren und bewachen lassen? Oderwie willst du sie im Auge behalten …?«

»Ich mußte den Tod eines unserer Mann-schaftsmitglieder bereits miterleben«;mischte sich Fink Petticul ein. »Indra PriatarJonos. Sie wurde von den Operas erschos-sen, weil diese Blechzapfen anscheinend derAnsicht waren, daß sie ein Feind wäre oderso etwas.«

Homer G. Adams wankte und hielt sicham Tisch fest.

»Erschossen?« sagte er leise. »Aber wieso…?«

»Ich weiß es nicht«, antwortete Petticul.»Aber das macht es mir schwer zu glauben,daß Gomasch Endredde wirklich nur unsereHilfe braucht. Jedenfalls hat er eine merk-würdige Art, uns darum zu bitten.«

Tekener deutete auf die Operas, die ihnaus einiger Distanz bewachten.

»Auch auf mich wurde schon mehrmalsgeschossen. Bist du dir so sicher, daß sie dirabsolut gehorchen? Das ist eine Menge Ver-antwortung, die du da übernimmst, und duweißt noch nicht einmal, für wen. Was wirdgeschehen, wenn Gomasch Endredde geret-tet ist? Vielleicht gibt es einen wichtigenGrund für dieses Chaos hier.«

Einige Zeit des Schweigens verging. Ho-mer G. Adams kämpfte sichtlich mit sich.

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Page 33: Kommando Gonozal

Vermutlich hatten ihn bereits Tekeners vor-ausgegangene Versuche, ihn zur Einsicht zubringen, hinreichend verunsichert, daß erjetzt gründlich nachdachte.

Die anderen drängten ihn nicht, sie tatenganz unbeteiligt. Petticul setzte sich auf denBoden und lehnte sich an eine Maschine,Bull und Atlan unterhielten sich leise.

Dann gab Adams den Operas einen kurz-en, knappen Befehl, und sie zogen sich zu-rück.

»Also gut«, sagte er. »Reden wir mitein-ander.«

*

Homer G. Adams führte die Phasensprin-ger in den hinteren Abschnitt der Halle, indem er sich ein notdürftiges Lager einge-richtet hatte.

»Die Operas bringen mir, was ich so brau-che«, sagte er, während sie sich setzten.

Er starrte eine Weile ins Leere. Dannmeinte er leise: »Ich gebe zu, daß ich michmöglicherweise zu sehr verbissen habe. Ichdachte nur daran, Gomasch Endredde soschnell wie möglich zu helfen, um die Isola-tion hier aufzuheben. Ich wollte die Galakti-ker befreien, das müßt ihr mir glauben!«

»Das glauben wir dir ja«, sagte Atlan.»Aber du warst zu fanatisch in deinem Ei-fer.«

Adams hob die Schultern. »Ja. Möglicher-weise. Ich war wie besessen von der Idee,das Geheimnis zu lösen. Ich habe darüberganz vergessen, daß einem dazu nicht jedesMittel recht sein darf. Auf der anderen Seiteaber kann ich mich auch nicht aufhalten las-sen. Nicht einmal von euch. Ich weiß nicht,ob ihr das verstehen könnt, aber ihr solltetzumindest nicht versuchen, mich zu hin-dern.«

»Das werden wir nicht«, warf der Smilerein. »Wenn du dich recht erinnerst, habeauch ich dich hier nicht aufgehalten. Und ichhoffe, du glaubst mir endlich, daß ich auchwährend meiner Abwesenheit nichts gegendich unternommen habe.«

»Es gibt keinen Beweis«, versetzteAdams erneut zögernd. »Daher will ich voneuch wissen, was ihr vorhabt. Und ohneVorbehalte, bitte.«

»Wir werden alles tun, um die Freiheitwiederzuerlangen«, antwortete Atlan sofort.»Dabei denken wir in erster Linie an dasWohl der Galaktiker, nicht an GomaschEndredde. Dieses Ziel hast du meiner An-sicht nach ein wenig aus den Augen verlo-ren.«

»Wir arbeiten für die Befreiung der Ga-laktiker«, bekräftigte Reginald Bull. »Dasmuß nicht unbedingt bedeuten, daß wir ge-gen Gomasch Endredde arbeiten.«

»Damit sollten wir eigentlich alle auf der-selben Seite stehen«, fügte Ronald Tekenerhinzu.

Alle vier Phasenspringer sahen den ehe-maligen Hanse-Chef erwartungsvoll an.

»Das war nie anders«, behauptete HomerG. Adams. »Zumindest von meiner Seite ausgesehen. Wenn ihr mich also unterstützenwollt, wäre das ein großer Sprung nachvorn.«

Er sprang auf und winkte den Gefährten,ihm zu folgen. Obwohl er selbst diesen ruhi-gen Platz gewählt hatte, konnte er nicht lan-ge stillsitzen; sein Tatendrang war nach wievor enorm groß.

»Ich werde euch den Beweis liefern, daßich kein Sklave Gomasch Endreddes binoder was immer ihr mir unterstellen wollt.«

Adams führte die Freunde wieder in denvorderen Teil der Halle zurück, zu einergroßen Maschine, deren Innenleben freige-legt worden war.

»Seht euch das an«, fuhr er fort.»Maschinen dieser Art habe ich mehrere ge-funden, und nicht nur das. Sie sind miteinan-der verbunden. Diese Maschinen und einGroßteil der dahinterliegenden Anlagen ar-beiten noch, jedenfalls haben wir eine Men-ge Energiemessungen. Aber das ist nochlange nicht alles. Ich denke, ich bin auf demrichtigen Weg, das System analysieren zukönnen. Nicht, daß ich es dadurch nutzenkönnte – aber damit kann ich die Schaltstelle

Kommando Gonozal 33

Page 34: Kommando Gonozal

finden, die den Schirm aktiviert hat.«»Wie ist dir das gelungen?« wollte Regi-

nald Bull beeindruckt wissen.»Unter anderem ist es mir gelungen, Ha-

rold Nymans Erinnerungen ein wenig aufzu-frischen. Nachdem er Tek schon einiges be-richtet hatte, ließ ihn die Lücke in seinemGedächtnis nicht mehr los. Er beschäftigtesich intensiv mit seinen Erinnerungen, undzusammen spielten wir alle seine Erlebnissenoch einmal von Anfang an durch. Bei derersten Coma-Expedition wurde Harold vonGomasch Endredde kontaktiert, was letztlichzu der Handelskarawane in die Milchstraßeführte. Ich bin sicher, daß Gomasch Endred-de damals erkannt hat, welches technischePotential bei uns zu finden ist und uns aufdiese Weise hierhergelockt hat. Aber wie ichRonald gegenüber bereits erwähnte: Wirwissen nicht, wer Gomasch Endredde ist,und wir befinden uns in einer fremden Gala-xis. Diese Völker hier setzen vielleicht ande-re moralische Maßstäbe, und ihre Gedankenlassen sich kaum mit unseren vergleichen.«

»Denkst du, daß Nyman Gomasch End-redde persönlich gegenübergestanden hat?«fragte Fink Petticul.

Er wollte vor allem wissen, ob es sich umein greifbares Wesen aus Fleisch und Bluthandelte, dem man ins Gesicht treten konn-te.

Bull, der diesen Wunsch von PetticulsGesicht deutlich ablesen konnte, stieß ihnverstohlen an. Adams hatte bestimmt wederetwas für Rachegefühle noch für ironischeBemerkungen übrig.

Auch wenn der Aktivatorträger sich jetztbereit erklärt hatte, mit den Gefährten zusprechen, stand dieses gerade erst erworbeneVertrauensverhältnis noch auf sehr schwa-chem Boden.

Adams bemerkte es glücklicherweisenicht.

»Leider sind die Erinnerungen hier zulückenhaft, aber möglich wäre es durchaus«,antwortete er. »Von meiner persönlichenWarte aus gesehen bin ich sogar davon über-zeugt, aber das ist nur eine Meinung, kein

Beweis. Aber ihr müßt euch die Konsequenzvor Augen halten: Wenn es mir demnächstgelingt, die Schaltanlage zu finden und denSchirm zu desaktivieren, ist der Weg frei,und wir können Gomasch Endreddes Ge-heimnis endlich lösen!«

*

So gesehen lag der Sachverhalt bezüglichHomer G. Adams' Arbeitswahn ein weniganders. Es stand nach wie vor fest, daß ervon dem Gedanken besessen war, dem Ge-heimnis auf die Spur zu kommen, indem erGomasch Endreddes Willen erfüllte.

Das konnte allerdings auch daran liegen,daß die mentale Beeinflussung bei ihm einenganz anderen Effekt als bei den meisten an-deren Galaktikern bewirkte. Weil er einenZellaktivator trug?

Im Grunde genommen wollte Adams ge-nau dasselbe wie die Phasenspringer errei-chen, doch auf ganz anderem Wege. Dasvorherrschende Problem lag nach wie vordarin, daß er jeden, der nicht hundertprozen-tig von seiner Idee überzeugt war, als Sabo-teur betrachtete, der nur Schaden anrichtenwürde.

Er zeigte den Phasenspringern in den fol-genden Stunden die bisherigen Ergebnisseseiner Arbeit, nicht selten von dem übereif-rigen Hari Zeldegg unterbrochen, der ihmregelmäßig Bericht erstatten wollte. Dieserkonnte dabei tatsächlich Ergebnisse vorwei-sen.

Rein durch Zufall, nachdem eine Maschi-ne zusammengebrochen war, war er einemweiteren Anlagensystem auf die Spur ge-kommen, das mit den großen, unversehrtenund noch Energie verbrauchenden Maschi-nen in den Haupthallen verbunden war. Daer sämtliche Einsatzorte auf einer Karte do-kumentiert hatte, kristallisierte sich allmäh-lich ein logisches System heraus.

»Ein überaus fähiger junger Mann«, be-merkte Adams einmal, als Hari Zeldeggwieder davongestürzt war, um weitere Be-weise zu sammeln, »aber leider zieht er das

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Unglück an wie das Licht die Motten. Wersich zu lange in seiner Nähe aufhält, kommtunweigerlich zu Schaden.«

Bull grinste unwillkürlich. Ein wenig vondem Pech hatte auch er schon miterlebt,wenngleich es eine völlig harmlose Auswir-kung gehabt hatte.

Adams taute jetzt zusehends auf, als ersah, wie sehr sich seine Freunde für seineArbeit interessierten und mit ihm verschie-dene Möglichkeiten diskutierten. Fast war esso, als wäre das frühere vertraute Verhältniswiederhergestellt.

Aber nur fast.Sei zurückhaltend! warnte Atlans Extra-

sinn den Arkoniden. Begehe nicht den Feh-ler, Adams als normal anzusehen. Auchwenn er sich ganz normal benimmt, ist ergeistig doch schwer verstört, sein Zustandist sehr labil. Jeden Moment kann seineFreundlichkeit durch irgendein unbedachtesWort umkippen und sich ins Gegenteil ver-kehren. Behandle ihn, als wäre er krank,was er in gewissem Sinne auch ist, aber las-se ihn das niemals merken!

Das war sachlich und nüchtern leicht ge-sagt. Atlan verband aber eine jahrtausende-lange Freundschaft mit Homer G. Adams.Es fiel ihm schwer, diesen hochintelligentenMann derart zu hintergehen und wie einenGeisteskranken zu behandeln.

Kümmere dich nicht um deine Gefühle,Narr! Hier geht es um weit Wichtigeres.

Halt's Maul, hätte der Arkonide beinahezu sich selbst gesagt.

Diese alptraumhafte, unwirkliche Situati-on zehrte mehr und mehr an seinen Nerven.Fast wünschte er sich, er könnte in derselbenBesessenheit wie Adams aufgehen, die ihnvor allzu vielen Gedanken bewahrte.

Doch so ist es bei Homer ja gar nicht,verbesserte er sich. Er weiß genau über denZustand der Galaktiker Bescheid, über dasentwürdigende Dasein hier in EndreddesBezirk. Und er sieht auch uns Phasensprin-gern an, daß wir nicht mehr im Vollbesitzunserer Kräfte sind.

Ganz sicher weiß er auch, wie er selbst

aussieht, doch er meidet eben jeden Spiegel,gab der Extrasinn noch seinen Kommentardazu. Er kann nur nicht mehr recht Wirk-lichkeit und Beeinflussung unterscheiden,die Grenzen verschwimmen bei ihm, und dasmacht ihn um so gefährlicher.

Gefährlich, Unsinn! dachte Atlan aufge-bracht. Homer war noch niemals gefährlich,dazu ist er von Natur aus viel zu freundlich.

Er ist im Augenblick nicht der Homer, dendu kennst, widersprach der Extrasinn hart-näckig. Er war von dem Moment an ein an-derer, seit er zum Süchtigen wurde!

*

Möglicherweise färbte Hari ZeldeggsPech durch sein häufiges, wenngleich auchnur kurzes Erscheinen doch auf die Phasen-springer ab: Unweigerlich nahm das Un-glück seinen Lauf.

Während Atlan gezwungenermaßen aufdie Warnungen seines Extrasinns hörte undsich entsprechend vorsichtig und zurückhal-tend gab, ließ Reginald Bull sich zu einerunbedachten Bemerkung hinreißen. Daß esausgerechnet ihm passierte, war um so ver-wunderlicher, als normalerweise gerade ersehr einfühlsam war, was er gern hinter sei-ner polternden Art verbarg.

Vielleicht lag es daran, daß auch er über-belastet war. Vielleicht aber hatte er sichauch von Adams' Begeisterung ansteckenlassen und wollte ihn zusätzlich anspornen.

»Wenn wir genügend Unterstützung hät-ten, könnten wir viel schneller vorankom-men«, machte Adams einmal eine entspre-chende Bemerkung, die Bully den Weg zueinem gewaltigen Fettnäpfchen ebnete.

»Die kommt rascher, als du glaubst«, ent-fuhr es ihm.

Bevor er sich darüber im klaren werdenkonnte, was er angerichtet hatte, sprangAdams sofort in die Kerbe.

»Wen meinst du damit?« fragte er ver-wundert.

»Na, von oben natürlich«, versuchte Te-kener zu soufflieren, aber Adams ließ sich

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nicht für dumm verkaufen.Genau das wollten wir doch verhindern,

meldete sich Atlans Extrasinn überflüssiger-weise.

Hohlkopf, Idiot, dachte der Arkonide wü-tend und nicht gerade freundlich. Wie wärees mit der Reihenfolge: erst denken, dannreden?

Er blitzte Reginald Bull an, der sichtlichzusammenschrumpfte. Auch wenn Bull keinTelepath war, konnte er Atlans Gedankengenau aus dem wütenden Blick der rotfun-kelnden Augen ablesen und deutlich verste-hen.

»Unsinn!« wehrte Adams ab. »Die vonoben sind keine Hilfe, das wißt ihr genau.Wen meinst du also, Bully?«

»Wir brauchen Unterstützung«, sagte derrothaarige Terraner, der sich über seine eige-ne Dummheit nur wundern konnte. »Alleineschaffen wir es nie.«

»Und woher soll diese Unterstützungdenn kommen, wenn ihr nicht …?« Adamsverstummte und musterte die Phasenspringerder Reihe nach.

»Ihr habt mich belogen«, zischte er.»Mein Mißtrauen war also doch gerechtfer-tigt. Ihr seid gar nicht bewußtlos, wenn ihrvon hier verschwindet!«

»Doch!« rief Fink Petticul in beschwören-dem Tonfall.

»Nein«, sagte Atlan.Adams hob beide Brauen.»Also?« sagte er zu Atlan.»Nur ich bin bei Bewußtsein«, erklärte

der Arkonide ruhig. »Die anderen kommennicht zu sich, wie sie gesagt haben. Ichselbst brauche allerdings auch vier Stunden,bis ich erwache. Ich bin der einzige Phasen-springer, der dazu in der Lage ist. Wahr-scheinlich habe ich das meinem Extrasinn zuverdanken.«

»Und was meinte Bully also mit der Un-terstützung?«

»Homer, du hast selbst bemerkt, daß wirin Endreddes Bezirk nicht überleben kön-nen. Ich habe Perry deshalb um Unterstüt-zung gebeten. Bei der Verteilung der Würfel

sind 48 Stück übriggeblieben, weil die Emp-fänger vorher starben. Perry hat vier Grup-pen zu je zehn Personen zusammengestellt,die sich freiwillig dem Imprint aussetzenwollen, um uns hier zu unterstützen.«

Adams wich vor den Freunden ängstlichzurück, als wären sie die Überträger einerhoch ansteckenden Krankheit.

»Ihr seid verrückt!« stieß er hervor.»Deshalb also habt ihr euch in mein Ver-trauen geschlichen – und ich Dummkopfzeige euch auch noch meine Ergebnisse!«

»Du verstehst das völlig falsch!« sagteBull verzweifelt. »Ich wollte dir damit mit-teilen, daß wir mehr Hoffnung haben, denDurchbruch so schnell wie möglich zuschaffen! Die neuen Phasenspringer werdengenausowenig lethargisch sein wie wir undkönnen dich tatkräftig unterstützen!«

»Dann seid ihr nicht nur verrückt, sondernauch noch dumm!« schrie Adams außer sichvor Zorn. »Damit macht ihr alle meine bis-herigen Bemühungen kaputt, versteht ihr dasdenn nicht? Ich habe hier unten ungestörtforschen können, weil Gomasch Endreddesicher sein konnte, daß ich nicht gegen ihnarbeite! Was glaubt ihr, wie schwierig eswar, dieses Vertrauen zu gewinnen und Ru-he zu haben? Denkt ihr, die Operas unter-stützen mich aus reiner Freundlichkeit oderLangeweile? Warum habt ihr das getan?«

»Weil wir es anders nicht schaffen«, ant-wortete Atlan, weiterhin vollkommen ruhig.

»Und deswegen habt ihr mich belogen?«fauchte Adams. »Für wie dämlich haltet ihrmich eigentlich? Was wolltet ihr denn mitmir machen, wenn die neuen Phasenspringereingetroffen wären? Glaubtet ihr, mich vorvollendete Tatsachen stellen zu können, weilihr dann zahlenmäßig in der Überzahl seid –und wahrscheinlich auch an Kampfkraft,denn sicher kommt die sogenannte Unter-stützung bis an die Zähne bewaffnet, nichtwahr?«

Das nicht wahr schleuderte er ReginaldBull ins Gesicht.

»Die Operas greifen uns an, und es wirdweitere Tote geben«, sagte dieser nur.

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Sie alle mußten jetzt Ruhe bewahren, umAdams wieder zur Vernunft zu bringen.

Das war im Augenblick jedoch nichtmöglich, denn der ehemalige Hanse-Chefschäumte vor Zorn.

»All meine Arbeit, meine Bemühungen… zunichte gemacht durch euren Verrat!«schrie er. »Gomasch Endredde wird dasnicht hinnehmen, und nun habt ihr ihn auchgegen mich aufgebracht! Damit habt ihr al-les zerstört, wofür ich gearbeitet habe …Niemals habt ihr daran gedacht, mit mir zu-sammenzuarbeiten, ihr habt mich von An-fang an hingehalten, belogen und betrogen,ihr habt mich glauben lassen, daß wir fürdieselbe Sache kämpfen – und dabei hattetihr immer nur euer eigenes Ziel vor Augen!Ihr werft mir vor, fanatisch zu sein? Ihr seiddie Verräter, nicht ich!«

Er schrie noch weiter, doch davon beka-men die Gefährten nichts mehr mit.

Ihre Zeit war abgelaufen. Sie verschwan-den vor den Augen des tobenden ehemaligenHanse-Chefs.

9.Schingo/Schrett

Das Erwachen war diesmal härter alssonst. Perry Rhodan machte sich ernsthafteSorgen um seinen Freund, der mit aller Ge-walt versuchte, sich aus der Umklammerungdes Nichts zu befreien, und tatsächlich kurzvor Ablauf der vier Stunden zu sich kam.

»Perry«, keuchte er erschöpft.Der Schweiß rann ihm in Strömen übers

bleiche Gesicht; Atlan zitterte am ganzenKörper.

»Ich bringe schlechte Nachrichten«,stöhnte er. »Homer hat durchgedreht. Wennnicht schnell etwas geschieht, ist alles verlo-ren.«

»Bleib ruhig liegen«, bat der Terraner be-sorgt. »Entspanne dich, erzählen kannst dumir auch noch später. Wir haben genug Zeit,Atlan.«

»Nein … keine Zeit mehr …«, flüsterteAtlan, stemmte sich mühsam hoch, fiel dann

jedoch wieder kraftlos zurück.»Bring mich auf die SIAMESE GIRL«,

keuchte er. »Ich muß mit Dao-Lin reden.«»Ich hoffe, daß sie dich noch versteht. Sie

stehen kurz vor dem Übertritt.«»Ich muß es trotzdem versuchen, Perry, es

ist zu wichtig …«»Selbstverständlich, Freund. Sieh zu, daß

du dich etwas erholst, bevor du Kontakt mitDao-Lin aufnimmst. Und dann erzählst dumir, was passiert ist.«

*

Das Gespräch mit Dao-Lin verlief mehrals unbefriedigend; sie zeigte sich kaummehr aufnahmebereit, sondern war die mei-ste Zeit völlig abwesend und starrte in uner-gründliche Fernen.

Atlan gab sich dennoch redliche Mühe,bis seine Zeit abgelaufen war. Eine andereWahl hatte er nicht.

Er konnte nur hoffen, daß trotzdem das ei-ne oder andere in Dao-Lins Unterbewußt-sein hängenblieb, an das sie sich später,nach dem Übertritt, erinnern würde.

Es blieb ihm keine Zeit, sich zu erholen;die Zeit verging wie im Flug. Der Arkonidewar sicher, daß die Freiwilligen des Kom-mandos Gonozal bei der nächsten Oszillati-onsphase in Endreddes Bezirk transferiertwerden würden.

Vielleicht konnte er bis dahin noch etwastun, etwa erneut mit Adams reden und ihnüberzeugen, daß die Unterstützung nur zumWohle aller diente und keinesfalls gegen je-manden, am wenigsten gegen Adams selbst,arbeiten wollte.

Aber dazu kam es nicht. Als er aus demFeld geschleudert wurde, sah er sich einemmindestens 30 Meter langen, undurchdring-lichen und nahezu transparenten Schutz-schirm gegenüber, hinter dem die farbigenFelder zu den anderen Fernkarussells ver-lockend und absolut unerreichbar wie unterEinwirkung von großer Hitze waberten.

Atlan ging das Risiko nicht ein, den leichtwallenden, bläulich schimmernden Schutz-

Kommando Gonozal 37

Page 38: Kommando Gonozal

schirm zu berühren.Schiller, dachte er verzweifelt, wenn du

jetzt nur hier wärst!Doch dieser Wunsch war sinnlos, denn

außerhalb des Schutzschirms zählte Atlan 20Blau-Operas, fünf Silber-Operas und einenRost-Opera als Wachen. Der Schiller konntevielleicht die Schaltanlage für den Schirmfinden und außer Kraft setzen, aber keines-falls gegen dieses Aufgebot an Robotern an-treten.

Homer G. Adams hatte nicht lange ge-fackelt und dem Arkoniden einen entspre-chenden Empfang bereitet. Atlan war sicher,daß es seinen Gefährten nicht anders erging.

Es blieb ihm nichts anderes übrig, als essich – so gut es eben ging – gemütlich zumachen und tatenlos abzuwarten, bis die13.01 Stunden um waren.

10.Endreddes Bezirk

Dao-Lin-H'ay fühlte sich, als schwebe siezufrieden und glücklich durch die Kabine,auf ihrer blauen Blase auf und ab, auf undab. Die Welt um sie herum glich ebenfallseiner Blase, die dahinschwang, sie umhüllteund beschützte.

Plötzlich wurde diese Harmonie gestört,die Schwingungen gerieten durcheinander,das Bild änderte sich.

Wie durch einen Schleier hindurch ge-wahrte Dao-Lin, daß sich noch jemand zwi-schen den Kartanin befand, irgendwo untenauf dem Erdboden, und mit dissonanterStimme etwas rief.

Es ist etwas Wichtiges, dachte Dao-Lin,umsonst würde er sich nicht so bemerkbarmachen.

Aber was konnte schon so wichtig sein,daß es ihre Welt berühren würde?

Sie konnte ja nicht einmal den Fremdenrichtig erkennen, geschweige denn die Wor-te verstehen, die er ihr zuwarf.

Es war ihr auch völlig gleichgültig. Dieserda war kein Teil ihrer Welt, er kümmerte sienicht. Sie ließ sich nicht einmal dazu herab,

ihm zu antworten, weil er sie wahrscheinlichebensowenig verstehen konnte wie sie ihn.

Und dann ist alles vorbei. Schlagartigvorbei.

*

Dao-Lin-H'ay kam vor den bunt leuchten-den Feldern eines riesigen Transmitterfeldeszu sich und wußte, daß sie angekommenwar.

Und zusammen mit ihr waren sämtlicheKartanin in Endreddes Bezirk materialisiert– der Übertritt hatte erfolgreich geklappt!

Dao-Lin überprüfte sofort die Ausrüstung,die sie bei sich trug – es war alles da.

Nur eines fehlte: Das umfangreiche Aus-rüstungspaket, in dem sich weitere Waffenund SERUNS für die anderen Phasensprin-ger befanden, war nicht mitgekommen.

Der Imprint wirkte sich also nur auf dasaus, was der Phasenspringer zum Zeitpunktdes Übertritts am Leib trug, auf sonst nichts.

Die gesamte Einsatzgruppe hatte sichrasch orientiert und zurechtgefunden; dievorherige Losgelöstheit war völlig ver-schwunden.

Der Verstand war wieder klar und scharf.Dao-Lin erinnerte sich an alles, was Atlanmit ihr während der Anpassungsphase ge-sprochen hatte.

Bis auf den letzten Besuch. Die Kartaninvermutete, daß er sie vor etwas hatte warnenwollen, aber sie war schon mitten im Über-tritt gewesen und hatte es nicht verstehenkönnen.

Wir werden es bald herausfinden, dachtesie.

Sie studierte die farbigen Felder und stell-te fest, daß Mittelrot fehlte, die Farbe für Le-vel 5, Deffert.

Damit war sie zufrieden. Immerhin warte-ten hier noch keine unliebsamen Überra-schungen. Sie konnten sich in Ruhe sam-meln und vorbereiten.

»Haltet die Waffen bereit«, sagte Dao-Linzu den Kartanin. »Atlan wollte mich kurzvor unserem Übertritt vor etwas warnen. Ich

38 Susan Schwartz

Page 39: Kommando Gonozal

nehme an, daß er und die anderen inSchwierigkeiten stecken, deshalb müssenwir vorbereitet sein.«

Sie wies auf das hellrote Feld, das denWeg nach Bagotta kennzeichnete.

»Sobald wir durch sind, ausschwärmenund Umgebung sichern!« befahl sie.

Sie betrat als erste das hellrote Feld, unddie anderen folgten ihr rasch nach, mit be-reitgehaltenen Waffen. Sie schwärmten so-fort aus, als sie das Feld verließen.

Innerhalb des Karussells stand Ronald Te-kener, von einem Schirmfeld eingehüllt, vonaußen durch Operas bewacht.

Dao-Lin und ihre Kartanin hielten sichnicht lange auf: Die einen nahmen denSchild unter Beschuß, die anderen zerstrahl-ten nacheinander die Roboter, die den über-legenen galaktischen Waffen nichts entge-gensetzen konnten.

Dao-Lin umarmte Tekener.»Schnell«, sagte sie dann. »Verschwinden

wir nach Zimbag, bevor sich hier ein größe-res Aufgebot sammelt.«

»Ich freue mich, dich so voller Taten-drang zu sehen«, sagte er lächelnd.

Für eine ausführliche Begrüßung war kei-ne Zeit.

Kurz darauf hatte sich die »EinsatzgruppeTekener« zusammen mit dem befreiten Smi-ler durch das dunkelblaue Feld nach Zimbagabgesetzt.

Dort herrschte bereits ein großes Aufge-bot: Es gab weder Schirmfeld noch Operas,dafür aber jede Menge Phasenspringer.

Hier war die Gruppe GRIBBON einge-troffen und gerade dabei, nach Prullwegg zugehen, um ihren drei Kameraden beizuste-hen. Die Galaktiker warteten jedoch nochab, da Adams ja in den Tiefenanlagen dieserWelt tätig war.

Fast gleichzeitig mit den Kartanin tauch-ten Atlan und Aktet Pfest mit der GruppeAtlan auf; wie der Zufall es wollte, war die-se Einsatzgruppe genau am richtigen Fern-karussell herausgekommen und hatte dieGefangenschaft des Arkoniden im Handum-drehen beendet.

»Fehlen nur noch die Ertruser«, stellte derSmiler fest.

Es dauerte nicht lange, bis Reginald Bullund Fink Petticul mit Arlo Rutans Ertrusernerschienen. Das Zielkarussell der Ertruserwar Zauberauge auf Pattrido, dem Level 10,gewesen. Wie die Kartanin auch hatten siesich umgehend auf den Weg zur BefreiungBulls gemacht.

Der rothaarige Terraner berichtete, daß erund Petticul von einem Schirmfeld am Ver-lassen des Fernkarussells gehindert wordenwären, und erfuhr, daß es den anderen Pha-senspringern ebenso ergangen war.

»Das ist bestimmt Homers Werk«, be-merkte Petticul grimmig. »Reichlich rach-süchtig …«

»Ja, schon gut«, unterbrach Bull. »Wirwerden ihm das schon wieder ausreden.«

»Ihr werdet euch uns anschließen, da ihrdurch einen glücklichen Zufall gleich hierangekommen seid«, sagte Atlan zu KentokMirkom. »Eure drei Freunde brauchen imAugenblick keine Hilfe, da sie schon seitlängerem regelmäßig festgesetzt werden undsich nie dagegen wehren. Sie wissen, daßUnterstützung unterwegs ist, und werden inRuhe abwarten; das haben wir mit ihnenvereinbart. Aber wenn wir zu Adams gehen,brauchen wir jeden Mann.«

»In Ordnung«, stimmte der Überschwerezu.

»Dann sollten wir keine Zeit mehr verlie-ren und uns auf den Weg machen«, sagteTekener.

*

Der Weg zu den Tiefenanlagen war unge-hindert passierbar. Obwohl Adams wußte,daß Unterstützung kommen würde, hatte erkeine entsprechenden Sicherheitseinrichtun-gen geschaffen. Das mochte daran liegen,daß er nicht über genügend Operas verfügteoder daß er mit dem Erscheinen der Freiwil-ligen noch nicht rechnete.

Dennoch gaben sich die Teilnehmer Mü-he, nicht sofort aufzufallen: Sie teilten sich

Kommando Gonozal 39

Page 40: Kommando Gonozal

auf in kleinere Gruppen und gaben sicheinen zugleich beschäftigten wie suchendenAnschein.

Unter normalen Umständen wäre ein sol-ches Unterfangen eher lächerlich gewesen,angesichts der schwerbewaffneten, mitSchutzanzügen ausgestatteten unterschiedli-chen Personen.

Vor allem die Ertruser fielen schon durchihre Größe auf; sie konnten in keiner Situati-on hilflos und zurückhaltend wirken.

Aber in Endreddes Bezirk war eben allesanders: Die wenigsten Galaktiker beachtetensie überhaupt, und die anderen sahen ihnennur kurzzeitig neugierig nach.

Da das Fernkarussell Hades nicht vonOperas bewacht gewesen war, waren auchkeine weiteren Roboter anwesend.

»Merkwürdig, daß Adams nicht daran ge-dacht hat«, raunte Bull Atlan zu.

»Du kannst bei ihm im Augenblick keinenormalen Maßstäbe ansetzen«, lautete dieAntwort. »Wenn wir nach der nächsten Os-zillation wiederkommen, hat er bestimmtdaran gedacht.«

»Ich hoffe doch, daß wir ihn endlich zurVernunft bringen können.«

»Hoffen darfst du.«»Nanu, was ist das denn?« erklang von

weiter hinten die Stimme von dem Plopho-ser Larn Ekholm.

Er blieb stehen und klopfte seinen SE-RUN mehrmals ab.

»Was ist los?« fragte der Arkonide Cal-nai, der neben ihm ging.

»Ich weiß nicht genau … ich wollte einpaar Messungen vornehmen, aber der Piko-syn funktioniert irgendwie nicht richtig …«

»Das ist doch völlig unmöglich«, wider-sprach Calnai.

Er unternahm nun selbst mehrere Tests.Sein Gesicht wurde nachdenklich.

»Seltsam … auch bei mir funktioniert esnicht«, brummte er. »Nicht richtig. Nur ma-nuell … Nein, jetzt geht es wieder.«

»Ja, aber nur zeitweise. Ich fürchte, wirkönnen uns auf den Pikosyn nicht mehr ver-lassen, und auch das manuelle Handling ist

nicht ganz so, wie es sein sollte.«»Entzückend«, mischte sich die Terrane-

rin Lena Shawn ein. »Ganz und gar ent-zückend. Das bedeutet also, daß sich unterUmständen mein Schutzschirm nicht auto-matisch aktiviert, wenn ich beschossen wer-de?«

»Das gefällt mir nicht«, sagte Larn Ek-holm. »Ich muß mit Bull darüber sprechen.«

Er eilte nach vorn und berichtete Bull undAtlan von den zeitweisen Ausfällen der Pi-kosyns.

»Das ist schlecht«, sagte der Arkonideernst. »Ihr müßt sehr vorsichtig sein, wennihr unter Beschuß genommen werdet.«

»Leider können wir euch damit auch nichtmehr schnitzen«, meinte Ekholm. »Ich hoffenur, daß die Waffen nicht auch noch ausfal-len.«

»Werden sie nicht«, meinte Bull zuver-sichtlich. »Und wir sind bisher ohne SE-RUN auch ganz gut zurechtgekommen.«

Er überspielte absichtlich den Ernst derSituation, schließlich konnte daran nichtsgeändert werden. Wenigstens hatten sie esrechtzeitig bemerkt und konnten sich ent-sprechend darauf einstellen.

Immerhin wurden sie auch in zwei Kilo-metern Tiefe nicht erwartet und konnten un-gehindert bis zu Adams vordringen.

Der ehemalige Hanse-Chef zeigte sichnicht überrascht, seine Freunde mitsamtVerstärkung wiederzusehen, nur leicht unge-halten.

»Was wollt ihr? Ich habe zu tun. Ihr könnteuer Zerstörungswerk auch an anderer Stellefortsetzen.«

»Alter Narr«, entfuhr es Atlan. »Begreifstdu denn nicht, was du getan hast? So handeltman nicht gegen seine eigenen Freunde!«

»Freunde«, stieß Adams verächtlich her-vor. »Schöne Freunde seid ihr! Ihr habt michbelogen und hintergangen, und ich habemich nur verteidigt.«

»Homer, hör uns doch einmal zu«, ver-suchte Reginald Bull, ruhig auf ihn einzure-den. »Wir können alle zusammen daran ar-beiten, den Schirm zu desaktivieren. Du

40 Susan Schwartz

Page 41: Kommando Gonozal

kannst es nicht allein schaffen!«»Doch, das kann ich«, erwiderte Adams.

»Und ihr könnt und werdet mich nicht hin-dern. Daran können auch eure mit SERUNSausgestatteten Leibwachen nichts ändern.Ich habe mich entsprechend vorbereitet.«

Er wies auf zwei Kolonnen Opera-Ro-boter verschiedenen Typs, die aus dem hin-teren Bereich der Halle gegen die Phasen-springer vorrückten.

Kain Merlo, der neben Bull stand, hob au-tomatisch den Kombistrahler.

Der Terraner schlug ihm auf den Arm,wobei er sich fast das Handgelenk ver-stauchte.

»Bist du verrückt?« stieß er zwischen zu-sammengebissenen Zähnen hervor, währender sich die schmerzende Hand hielt. »Dukannst hier unten doch nicht schießen!Adams darf nicht gefährdet werden!«

»Wir müssen uns notgedrungen zurück-ziehen«, sagte Atlan zu Adams. »Aber damitgeben wir uns nicht geschlagen, Homer. Ir-gendwann mußt du einfach zur Vernunftkommen!«

»Ich werde euch beweisen, daß ich rechthabe!« rief Adams. »Es tut mir leid, aber an-ders kann ich euch nicht von mir fernhalten.Später werdet ihr mich vielleicht verstehen,doch jetzt geht!«

*

Die Phasenspringer traten den Rückzugan; die Operas folgten ihnen langsam, je-doch ohne anzugreifen. Zwei Ertruser eröff-neten dennoch das Feuer, um einen Gangfreizuhalten. Nachdem die ersten zwei Ope-ras zerstrahlt waren, blieben die anderenfern.

»Was jetzt?« fragte der Smiler lakonisch.»Unser alter Homer zeigt nicht den ge-

ringsten Willen, nachzugeben«, fügte FinkPetticul hinzu. »Gegen unsere Verstärkungschickt er wiederum seine Verstärkung.«

»Uns wird schon was einfallen«, meinteReginald Bull optimistisch. »Uns ist immeretwas eingefallen.«

Suchend sah er sich um.»Wo ist eigentlich Atlan?« fragte er.»Er ist noch kurz bei Adams zurückge-

blieben und wollte dann nachkommen«,meldete Aktet Pfest.

Atlan hatte tatsächlich noch einmal ver-sucht, mit Adams zu sprechen, aber keinenErfolg gehabt. Esker Harror und Harold Ny-man begleiteten ihn persönlich aus der Hal-le.

»Es hat keinen Sinn, sieh es doch endlichein«, sagte Nyman. »Warum laßt ihr unsnicht in Ruhe arbeiten? Ihr könnt ohnehinnichts anderes tun. Es wird nicht mehr langedauern, das kannst du mir glauben.«

Der Arkonide seufzte. »Na schön. Wirwerden sehen. Aber bring Homer wenig-stens so weit zur Vernunft, daß er die Ope-ras von uns abzieht, wenn wir aus den Fern-karussells kommen. Das bringt nur nochmehr Unruhe, und das bewirkt doch genaudas Gegenteil von dem, was er erreichenwill. Sag ihm, daß wir ihn nicht bekämpfenwollen – immerhin sind wir Freunde. Dassollte er trotz der Zeit als Imprint-Outlawnicht vergessen haben.«

»Ich werde sehen, was ich tun kann.« Ny-man zuckte die Achseln. Zusammen mit»Harry« Harror drehte er sich um und kehrtezu Adams zurück.

Atlan folgte den anderen, als er auf ein-mal wieder das Gefühl hatte, beobachtet zuwerden.

Suchend sah er sich um und entdeckte einkurzes schillerndes Aufleuchten in einer Ni-sche. Vorsichtig sicherte er nach allen Sei-ten; er war ganz allein und ging rasch zu derNische.

»Schiller«, wisperte er. »Du bist das,nicht wahr?«

»Natürlich«, zirpte es aus der Nische her-aus. »Tut mir leid, das mit eurem Streit. AmKarussell konnte ich euch nicht helfen, abervielleicht habe ich etwas anderes für dich.Ich habe Adams und Nyman belauscht undetwas sehr Interessantes mitbekommen.«

»Was ist es?« drängte Atlan.»Ich genieße es, deine Spannung hinaus-

Kommando Gonozal 41

Page 42: Kommando Gonozal

zuzögern«, summte der Schiller vergnügt.»Aber im Ernst: Adams ist es gelungen, eineStrukturlücke in dem Schutzschirm zuschaffen, durch die man in die tieferen Be-reiche gelangen kann.«

»Was?« flüsterte der Arkonide heiser.»Wie hat er das geschafft? Und wo ist dieseLücke?«

»Ich weiß nicht, wie er das bewerkstelligthat. Ein komischer Zwerg namens Hari Zel-degg hat ihm dabei geholfen. Nyman hat na-türlich auch nach dem Wie und Wo gefragt,aber Adams hat es ihm nicht verraten.«

»Und Hari Zeldegg?«»Den habe ich schön befragt, der weiß es

auch nicht. Er wußte nicht einmal, daßAdams der Durchbruch gelungen ist. Irgend-wie ist er durch Zufall darauf gestoßen, aberHari kommt nicht auf die Lösung. Er istziemlich verwirrt, als ob er nicht mehr allebeisammenhat. Ihr müßt die Lücke selbst su-chen, Atlan. Mehr kann ich dir leider nichtsagen.«

»Das ist schon eine ganze Menge, Schil-ler. Ich danke dir. Kann ich etwas für dichtun?«

»Ja.« Schiller kam aus der Nische heraus,

und der Arkonide erschrak. Das leuchtendeSchillern war matt geworden, und er beweg-te sich sehr langsam und schwach. »Beeildich, Atlan! Es gibt da oben einige, denen esschon ziemlich schlechtgeht. Wie du siehst,bin ich auch einer von ihnen.«

»Komm mit uns, wir können dir …«»Ich sagte dir schon, daß ich das nicht

will. Geh jetzt, bevor sie nach dir suchen,sonst werde ich euch nicht mehr los. VielGlück.«

Atlan nickte und hastete dann den Gangentlang.

Bull und Tek kamen ihm bereits entge-gen.

»Was ist los?« riefen sie.»Ich habe eine gute Neuigkeit, fast ohne

Haken«, antwortete der Arkonide, als er beiihnen war. »Am Ende des Tunnels zeigt sichendlich Licht.«

Das war auch höchste Zeit. Inzwischenwar schon der 22. Oktober 1220 NGZ ange-brochen.

E N D E

Die Verstärkung für die Phasenspringer kam zur rechten Zeit; jetzt kann die Erforschungder Levels vorangetrieben werden. Die Unsterblichen stoßen in die Tiefe vor …

Peter Terrid schildert im PERRY RHODAN-Band der nächsten Woche den Vorstoß in dieEvolutionsebene; sein Roman heißt:

ENDREDDES UNTERWELT

42 Susan Schwartz

Page 43: Kommando Gonozal

Computer: LEVEL 4 BIS 6

Level 4 trägt den Namen Bagotta und ist der siebtevon zehn Planeten einer kleinen, weißen Sonne. EinTag dauert hier rund 17 Stunden. Das Fernkarussell,das von den Galaktikern den Namen Petterssons Rifferhielt, liegt auf der Nordhalbkugel 350 Kilometer süd-lich des Pols. Der Name rührt zum einen von demTerrarier Jan Pettersson her, der aus der MannschaftHomer G. Adams' stammt und als erster Terraner aufdiesem Fernkarussell Bagotta erreichte, zum anderenvon den korallenartigen Kristallwäldern dieser Welt.Bedeutung hat Level 4 insofern, als Petterssons Riffdas Zielkarussell Ronald Tekeners ist. Es existieren32 Regionalkarussells, die unregelmäßig über denPlaneten verteilt sind.

Der Planet besitzt zwölf kleine Monde, die ihn aufteilweise irregulären und sehr niedrigen Bahnen um-laufen. Manchmal sind bis zu sieben Monde gleichzei-tig zu sehen, was bei den Beobachtern merkwürdigeEmpfindungen auslöst. Sie haben dann den Eindruck,einer der Monde könnte auf den Planeten stürzen.

Bagotta ist die Welt der Wälder aus Kristallbäumen.Die scheinbar kristallinen, in Wahrheit aber lebendi-gen Strukturen ähneln überdimensionalen Korallenund erreichen eine Höhe von bis zu zehn Metern. DieWälder sind an den meisten Orten so dicht, daß mansich nur schwer darin bewegen kann. Die Zacken derhimmelblauen Gewächse sind messerscharf und kön-nen bei Unachtsamkeit gefährliche Verletzungen er-zeugen. Wo die Landschaft frei von Kristallbäumenist, breitet sich brauner, grobkörniger Quarzsand aus.Im unmittelbaren Bereich der Karussells, der Trichter-türme und der Kantinengebäude wachsen keine Kri-stallbäume. Ob die Opera-Roboter dafür gesorgt ha-ben oder ob die Gewächse diese Zonen aus natürli-chem Antrieb meiden, kann niemand sagen.

Level 5 heißt Deffert und ist der einzige Planet einerblaßgelben Sonne von der Größe Sols. Ein Tag dau-ert rund 22 Stunden. Das Fernkarussell wird Seggen-Nest genannt, weil sich die hier vorkommende Tierart,die Seggen, von dem Fernkarussell in geheimnisvollerWeise angezogen fühlt. Deffert besitzt 16 Regionalka-russells und natürlich die gleiche Zahl von Trichtertür-men.

Der Planet erweckt den Eindruck eines riesigen ge-pflegten Parks. In einer Landschaft mit einem hand-breithohen Unterholz wachsen aufgelockert buchen-ähnliche Laubbäume mit ockerfarbenen Stämmen,deren Kronen in einer Höhe von etwa 100 Metern be-ginnen und einen Durchmesser bis zu 30 Metern er-reichen. In den Bodenregionen leben viele verschie-dene kleine Pflanzenfresser von Faustgröße. Am häu-figsten kommen die Seggen vor, mäuseartige fetteNager mit pechschwarzem Fell. In der Regel tretendiese Tiere in großen Gemeinschaften bis zu 100 In-dividuen auf, die sich gemächlich wie Karawanendurch das Unterholz bewegen. Dabei hängt eine Seg-ge mit dem Maul am Schwanz des anderen. Die Tierestoßen fiepende Geräusche aus, die bis in den Ultra-schall reichen. Wird eine Seggen-Karawane aufge-schreckt, so fliehen alle Tiere einzeln ins Unterholz

und verstecken sich dort. Dabei geben sie kreischen-de Töne von sich, die bei den Zuhörern Schmerzenverursachen. Besonders merkwürdig ist die Liebe derSeggen für das Fernkarussell. Täglich kommen hiermehrere Karawanen vorbei.

Level 6 heißt Zonder-Myry und ist der äußerste Pla-net von fünf einer roten Riesensonne. Der Tag dauert35,5 Stunden. Das Fernkarussell liegt 2000 Kilometersüdlich des Nordpols. Es wurde von den GalaktikernFly-Away getauft, weil es den ersten Ankömmlingenso phantastisch erschien, von hier aus praktisch alleOrte von Endreddes Bezirk erreichen zu können. Fly-Away ist unter anderem das Zielkarussell für ReginaldBull. Auch die umgekommene Indra Priatar Jonos ge-langte an diesem Ort in Endreddes Bezirk. Es gibt 20Regionalkarussells.

Zonder-Myry ist eine Wüstenwelt. Die gesamteOberfläche besteht aus goldgelbem Sand. Es gibt kei-ne Meere oder Berge. Die höchsten Erhebungen sindWanderdünen, die sich bis zu 30 Metern auftürmenund kilometerlange Züge formen. Der Himmel ist wol-kenlos und von grellem Licht durchflutet. Der Sonnen-auf- und untergang bietet ein wunderschönes Schau-spiel irrlichternder Farben. Nachts ist es auf Zonder-My-ry stockdunkel. Es gibt kein Sternenlicht, denn dasSystem liegt in einer Dunkelwolke.

Obwohl jegliche Fauna fehlt, hat sich eine ameisen-artige Tierart erhalten. Die Elea-ina werden bis zu 30Zentimeter lang, haben schwarze, dreigeteilte Körpermit sechs großen Gliedmaßen. An der hellgrauen Kör-perunterseite besitzen sie eine Unzahl von kaum er-kennbaren winzigen Gliedern.

(Die Informationen zu Level 6 werden im nächstenComputer fortgesetzt.)

Kommando Gonozal 43