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584 MTZ Motortechnische Zeitschrift 62 (2001) 7/8 1 Einführung Die heutige Motorenentwicklung ist durch die Forderung nach einer weiteren Redukti- on der Schadstoffemission bei gleichzeiti- ger Verbesserung des Wirkungsgrades ge- kennzeichnet. Bei Ottomotoren mit äuße- rer Gemischbildung werden zur Einhaltung der Schadstoffgrenzwerte Dreiwege-Kata- lysatoren eingesetzt. Um die höchste Kon- vertierungsrate des Katalysators zu errei- chen, muss das Luftverhältnis auf den stöchiometrischen Wert geregelt werden. Dazu wird beim stationären Betrieb eine Regelung der eingespritzten Kraftstoffmas- se über die Lambdasonde im Abgasrohr vorgenommen. Beim instationären Betrieb dagegen ist eine Regelung aufgrund der bei der Gemischbildung im Saugrohr auftre- tenden Wandfilmeffekte und der langsa- men Lambdaregelung erschwert. Durch eine vollständige Kompensation des Wand- filmeffekts könnten weitere Minderungen der Schadstoffemissionen erreicht werden. Die sehr komplexen Vorgänge bei der Ge- mischbildung sind unter anderem in zwei Arbeiten [2, 3] genau untersucht worden. Ein Teil des eingespritzten Kraftstoffes la- gert sich als Wandfilm an den Saugrohr- wänden und am Einlassventil ab. Gleichzei- tig verdunstet ein Teil des Wandfilms durch Wärmeaustausch mit den Saugrohr- wänden und besonders mit dem heißeren Einlassventil. Außerdem können Tropfen bzw. Fragmente aus dem Wandfilm wieder herausgerissen werden. Bei stationärem Motorbetrieb stellt sich ein Gleichgewicht zwischen Wandfilmaufbau und Wandfilm- abbau ein. Die absolute Wandfilmmasse ist abhängig von der Saugrohrtemperatur, der Ansauglufttemperatur, der Entfernung des Einspritzventils vom Einlassventil und dem Saugrohrdruck [4]. Durch Laständerungen und die damit verbundene Absolut- druckänderung im Saugrohr wird bei einer Druckerhöhung der Wandfilm weiter auf- gebaut bzw. bei einer Druckreduzierung abgebaut. Diese Wandfilmmassenände- rungen führen zu Abweichungen des Luft- verhältnisses. Um nun auch während des instationären Motorbetriebs ein stöchiometrisches Luft- verhältnis zu erhalten, muss die Wandfilm- massenänderung bei der Gemischdosie- rung mitbedacht werden. Dazu wird ein Verfahren beschrieben, mit dem die Wand- filmmassenänderung pro Arbeitsspiel be- stimmt und anschließend eine Kompensa- tion durchgeführt werden kann. 2 Prüfstand Die Untersuchungen erfolgten an einem 2,0-l-Vierzylinder-Viertakt-Ottomotor mit seriennahen Einspritzventilen. Dazu wur- den definierte Lastsprünge bei konstanter Drehzahl auf einem dynamischen Prüf- stand durchgeführt, da diese genau repro- duzierbar sind, einen vertretbaren Zeitauf- wand haben und den Beschleunigungs- und Verzögerungsvorgängen im Fahrbe- trieb entsprechen. Die Untersuchungen wurden auf den ersten Zylinder des Motors beschränkt. Um eine Bestimmung der Wandfilmmasse pro Arbeitsspiel und eine anschließende Kompensation durchführen zu können, mussten folgende Änderungen am Serien- motor vorgenommen werden. Das Abgasrohr des ersten Zylinders wurde von den anderen getrennt, damit die Abga- suntersuchungen am ersten Zylinder nicht von den anderen Zylindern beeinflusst werden. Die Positionen der hochauflösen- den Lambdamesssonde und der Entnahme- stellen für die schnellen Abgasmessungen wurden in der Nähe des Auslassventils an- geordnet. Eine Drosselklappensteuerung wurde ent- wickelt, die höchste Anforderungen an die Drosselklappengeschwindigkeit und die Reproduzierbarkeit erfüllt. In Bild 1 erkennt man den Aufbau des Drosselklappenstel- lers auf einer steifen Metallplatte. Neben der Drosselklappe befinden sich das Hohl- wellenmesspotentiometer, eine verdreh- steife Kupplung und der Schrittmotor. Durch eine Steuerung kann bei den Last- sprüngen die Drosselklappenbewegung bei einem ganz bestimmten Arbeitsspiel und Kurbelwinkel gestartet werden. Außerdem wurde ein Motorsteuergerät entwickelt, mit dem die Motorsteuerdaten Einspritzbeginn, Einspritzimpulsdauer und Zündzeitpunkt zylinderselektiv vorgege- Forschung Gemischbildung In diesem Beitrag wird ein Verfahren zur schnellen und genauen Be- stimmung der Wandfilmmasse im Saugrohr eines Viertakt-Ottomotors mit äußerer Gemischbildung beschrieben. Die Untersuchungen wur- den im Rahmen einer Dissertation [1] am Laboratorium für Kolben- maschinen der Universität der Bundeswehr Hamburg, Leitung Univ.- Prof. Dr.-Ing. P. Kuhlmann, durchgeführt. Mit Kenntnis der Wandfilm- massenänderungen kann der Wandfilmeffekt kompensiert und damit auch beim instationären Betrieb ein exakt stöchiometrisches Luftver- hältnis erreicht werden.Das durch die Kompensation des Wandfilm- effektes entstehende Verbesserungspotenzial wird näher untersucht. Kompensation des Wandlmeffekts beim Viertakt-Ottomotor Dr.-Ing. Hanno Ihme ist als wissenschaftlicher Assistent am Laboratorium für Kolbenmaschinen der Universität der Bundeswehr Hamburg tätig. Der Verfasser

Kompensation des Wandfilmeffekts beim Viertakt-Ottomotor

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584 MTZ Motortechnische Zeitschrift 62 (2001) 7/8

1 Einführung

Die heutige Motorenentwicklung ist durchdie Forderung nach einer weiteren Redukti-on der Schadstoffemission bei gleichzeiti-ger Verbesserung des Wirkungsgrades ge-kennzeichnet. Bei Ottomotoren mit äuße-rer Gemischbildung werden zur Einhaltungder Schadstoffgrenzwerte Dreiwege-Kata-lysatoren eingesetzt. Um die höchste Kon-vertierungsrate des Katalysators zu errei-chen, muss das Luftverhältnis auf denstöchiometrischen Wert geregelt werden.Dazu wird beim stationären Betrieb eineRegelung der eingespritzten Kraftstoffmas-se über die Lambdasonde im Abgasrohrvorgenommen. Beim instationären Betriebdagegen ist eine Regelung aufgrund der beider Gemischbildung im Saugrohr auftre-tenden Wandfilmeffekte und der langsa-men Lambdaregelung erschwert. Durcheine vollständige Kompensation des Wand-filmeffekts könnten weitere Minderungender Schadstoffemissionen erreicht werden.

Die sehr komplexen Vorgänge bei der Ge-mischbildung sind unter anderem in zweiArbeiten [2, 3] genau untersucht worden.Ein Teil des eingespritzten Kraftstoffes la-gert sich als Wandfilm an den Saugrohr-wänden und am Einlassventil ab. Gleichzei-tig verdunstet ein Teil des Wandfilmsdurch Wärmeaustausch mit den Saugrohr-wänden und besonders mit dem heißerenEinlassventil. Außerdem können Tropfenbzw. Fragmente aus dem Wandfilm wieder

herausgerissen werden. Bei stationäremMotorbetrieb stellt sich ein Gleichgewichtzwischen Wandfilmaufbau und Wandfilm-abbau ein. Die absolute Wandfilmmasse istabhängig von der Saugrohrtemperatur, derAnsauglufttemperatur, der Entfernung desEinspritzventils vom Einlassventil und demSaugrohrdruck [4]. Durch Laständerungenund die damit verbundene Absolut-druckänderung im Saugrohr wird bei einerDruckerhöhung der Wandfilm weiter auf-gebaut bzw. bei einer Druckreduzierungabgebaut. Diese Wandfilmmassenände-rungen führen zu Abweichungen des Luft-verhältnisses.

Um nun auch während des instationärenMotorbetriebs ein stöchiometrisches Luft-verhältnis zu erhalten, muss die Wandfilm-massenänderung bei der Gemischdosie-rung mitbedacht werden. Dazu wird einVerfahren beschrieben, mit dem die Wand-filmmassenänderung pro Arbeitsspiel be-stimmt und anschließend eine Kompensa-tion durchgeführt werden kann.

2 Prüfstand

Die Untersuchungen erfolgten an einem2,0-l-Vierzylinder-Viertakt-Ottomotor mitseriennahen Einspritzventilen. Dazu wur-den definierte Lastsprünge bei konstanterDrehzahl auf einem dynamischen Prüf-stand durchgeführt, da diese genau repro-duzierbar sind, einen vertretbaren Zeitauf-wand haben und den Beschleunigungs-

und Verzögerungsvorgängen im Fahrbe-trieb entsprechen. Die Untersuchungenwurden auf den ersten Zylinder des Motorsbeschränkt.

Um eine Bestimmung der Wandfilmmassepro Arbeitsspiel und eine anschließendeKompensation durchführen zu können,mussten folgende Änderungen am Serien-motor vorgenommen werden.

Das Abgasrohr des ersten Zylinders wurdevon den anderen getrennt, damit die Abga-suntersuchungen am ersten Zylinder nichtvon den anderen Zylindern beeinflusstwerden. Die Positionen der hochauflösen-den Lambdamesssonde und der Entnahme-stellen für die schnellen Abgasmessungenwurden in der Nähe des Auslassventils an-geordnet.

Eine Drosselklappensteuerung wurde ent-wickelt, die höchste Anforderungen an dieDrosselklappengeschwindigkeit und dieReproduzierbarkeit erfüllt. In Bild 1 erkenntman den Aufbau des Drosselklappenstel-lers auf einer steifen Metallplatte. Nebender Drosselklappe befinden sich das Hohl-wellenmesspotentiometer, eine verdreh-steife Kupplung und der Schrittmotor.Durch eine Steuerung kann bei den Last-sprüngen die Drosselklappenbewegung beieinem ganz bestimmten Arbeitsspiel undKurbelwinkel gestartet werden.

Außerdem wurde ein Motorsteuergerätentwickelt, mit dem die MotorsteuerdatenEinspritzbeginn, Einspritzimpulsdauer undZündzeitpunkt zylinderselektiv vorgege-

Forschung Gemischbildung

In diesem Beitrag wird ein Verfahren zur schnellen und genauen Be-stimmung der Wandfilmmasse im Saugrohr eines Viertakt-Ottomotorsmit äußerer Gemischbildung beschrieben. Die Untersuchungen wur-den im Rahmen einer Dissertation [1] am Laboratorium für Kolben-maschinen der Universität der Bundeswehr Hamburg, Leitung Univ.-Prof. Dr.-Ing. P. Kuhlmann, durchgeführt. Mit Kenntnis der Wandfilm-massenänderungen kann der Wandfilmeffekt kompensiert und damitauch beim instationären Betrieb ein exakt stöchiometrisches Luftver-hältnis erreicht werden. Das durch die Kompensation des Wandfilm-effektes entstehende Verbesserungspotenzial wird näher untersucht.

Kompensation des Wandfilmeffekts beim Viertakt-Ottomotor

Dr.-Ing. Hanno Ihme istals wissenschaftlicher Assistent am Laboratoriumfür Kolbenmaschinen derUniversität der BundeswehrHamburg tätig.

Der Verfasser

585MTZ Motortechnische Zeitschrift 62 (2001) 7/8

ben werden können. Das Steuergerät arbei-tet sowohl im stationären als auch im in-stationären Betrieb. Beim instationären Be-trieb werden die Motorsteuerdaten vorherin eine Arbeitsspieltabelle geschrieben undvon einem Steuer-PC in einen Speicher desMotorsteuergeräts übertragen. Startet manden instationären Betrieb, wird die Arbeits-spieltabelle der Reihenfolge nach abgear-beitet.

3 Wandfilmeinfluss und -kompensation

Die Vorgehensweise zur Kompensation desWandfilmeffekts wird beispielhaft an ei-nem positiven Lastsprung bei der konstan-ten Drehzahl 2 000/min und serienmäßigerEinspritzung vorgeführt. Der Sprung erfolgtvon der niedrigen Last 15 Nm auf die hoheLast 130 Nm des Motors.

3.1 Einfluss des Wandfilms auf das Luftverhältnis

Während des Lastsprunges werden derSaugrohrdruck, das Luftverhältnis und dieeingespritzte Kraftstoffmasse hochdyna-misch gemessen, Bild 2. Hier und in den fol-genden Bildern wird der Bereich der Dros-selklappenänderung durch eine graueFläche gekennzeichnet. Nach dem Öffnender Drosselklappe stellt sich in nur wenigenArbeitsspielen das neue Saugrohrdruckni-veau ein. Für das zeitlich korrigierte Luft-verhältnissignal erkennt man eine starkeAbmagerung auf den Wert 1,5. Danach fet-tet das Gemisch bis auf 0,9 an, bis es wieder

leicht abmagert. Ab dem 40. Arbeitsspielsetzt die Lambdasondenregelung wiederein. Die Anfettung des Gemisches zwischendem 15. und 20. Arbeitsspiel lässt sich mitden in diesem Bereich erhöhten Kraftstoff-Einspritzmassen erklären. Dieses stellt einegewisse Kompensation des Wandfilmef-fekts schon durch das Seriensteuergerätdar.

3.2 Bestimmung der Wandfilm-masse pro Arbeitsspiel

Die Wandfilmmassenänderung pro Ar-beitsspiel wird nun aus der eingespritztenKraftstoffmasse mK, S und der in den Zylin-der gelangenden Kraftstoffmasse mK er-mittelt, Bild 3 oben. Die letztere wird mitdem gemessenen Luftverhältnis und deraus einer instationären Ladungswechsel-analyse bestimmten Luftmasse pro Ar-beitsspiel berechnet. Die Differenz der bei-den Massen – hier als Wandfilmmassenän-derung pro Arbeitsspiel ΔmW ASP bezeich-net – muss sich als Wandfilm im Saugrohrabgelagert haben, Gl. (1). In dem mittlerenBild erkennt man sehr große Wandfilm-massenänderungen zwischen dem 10. und21. Arbeitsspiel. Danach erhöht sich dieWandfilmmasse nur noch geringfügig.Durch Aufsummieren der Wandfilmmas-senänderungen ΔmW ASP ergibt sich der imBild 3 unten dargestellte Wandfilmaufbau.Er gibt die Vergrößerung der Wandfilm-masse gegenüber dem Wandfilm mW0 an,der schon vor dem Lastsprung im Saugrohrvorhanden war.

3.3 Kompensation desWandfilmeffekts

Gesucht sind die einzuspritzenden Kraft-stoffmassen mKomp, bei denen eine voll-

ForschungGemischbildung

Bild 1: Drosselklappensteller

Figure 1:Throttle mechanism

Bild 2:Verlauf der motorischen Betriebsgrößen beim positiven Lastsprung (15 Nm auf 130 Nm bei2 000/min) mit serienmäßiger Einspritzung

Figure 2: Engine running parameters during a positive load transition (15 Nm to 130 Nm at 2 000 rpm)with standard injection

586 MTZ Motortechnische Zeitschrift 62 (2001) 7/8

ständige Kompensation des Wandfilmef-fekts beim Lastsprung erreicht wird. Siekönnen nach Gl. (2) berechnet werden. Zuder Kraftstoffmasse mK, λ=1, die zur Ver-brennung der im Zylinder befindlichenLuftmasse mit λ=1 benötigt wird, muss einezusätzliche Kraftstoffmasse ΔmWK ASP ein-gespritzt werden. Die zusätzliche Kraft-stoffmasse baut den Wandfilm auf. Für siekann aber nicht der zuvor nach Gl. (1) ermit-telte Wert ΔmW ASP verwendet werden. Esmuss vielmehr eine in Voruntersuchungenquantitativ bestimmte Korrektur vorge-nommen werden, die die Abhängigkeit derWandfilmmasse vom Luftverhältnisberücksichtigt.

Die berechneten Kraftstoffmassen mKompwerden nun in eine Einspritzimpulslängeumgerechnet und in der Arbeitsspieltabel-le des externen Steuergerätes abgelegt. Da-nach wird der Versuch unter den gleichenBedingungen wie vorher durchgeführt. DieÖffnung der Drosselklappe erfolgt beimgleichen Arbeitsspiel bzw. Kurbelwinkel.

Sonst könnte eine vollständige Kompensa-tion nicht erreicht werden, da sich die an-gesaugte Luftmasse pro Arbeitsspiel unddas Wandfilmverhalten verändern würde.

In Bild 4 sind zusätzlich zu dem von Bild 2bekannten Einspritzverlauf und Luftver-

hältnisverlauf für das Seriensteuergerätzwei weitere Fälle eingetragen. Bei demFall „unkompensiert“ wurden die Kraft-stoffmassen mK, λ=1 eingespritzt, die zurVerbrennung der im Zylinder befindlichenLuftmasse mit λ=1 benötigt werden. DieseKraftstoffmassen sind zwar unabhängigvon den spezifischen Eigenschaften des Se-riensteuergerätes, berücksichtigen abernicht die Vorgänge im Wandfilm und kön-nen daher auch nicht zu einem gleichblei-benden Luftverhältnis λ=1 führen. Bei demFall „kompensiert“ wurden die nach demoben beschriebenen Verfahren ermitteltenKraftstoffmassen mKomp eingesetzt. Wieman sieht, wurde das Ziel der Kompensa-tion des Wandfilmeffekts vollständig er-reicht. Das Luftverhältnis stellt sich wäh-rend des gesamten Lastsprungs auf genauλ=1 ein.

Zu dem bisher betrachteten Wandfilmauf-bau beim positiven Lastsprung sind in Bild 5der Wandfilmabbau und die Luftverhältnis-verläufe für den negativen Lastsprung dar-gestellt (130 Nm auf 15 Nm bei 2 000/ min).Zwischen dem 10. und dem 20. Arbeitsspielbaut sich der Wandfilm von den Saugrohr-wänden und dem Einlassventil stark ab,wodurch das Gemisch beim Seriensteuer-gerät und beim unkompensierten Fall ange-fettet wird. Für den kompensierten Fall da-gegen wird das Luftverhältnis λ=1 gut ein-gehalten, womit bewiesen ist, dass das ent-wickelte Verfahren auch bei negativen Last-sprünge sehr genau funktioniert.

Forschung Gemischbildung

Bild 3:Verlauf des Wandfilmaufbaus im Saugrohr beim positiven Lastsprung

Figure 3:Wall film formation in the intake manifold during positive load transition

Δm m mW ASP K S K= −, Gl. (1)

m m mKomp K WK ASP= +,λ Δ Gl. (2)

Bild 4: Einspritz- und Luftverhältnisverläufe für die Fälle Seriensteuergerät, unkompensiert undkompensiert

Figure 4: Behaviour of injection and air-fuel ratios for the standard control unit, the uncompensated andcompensated cases

587MTZ Motortechnische Zeitschrift 62 (2001) 7/8

4 Verbesserungspotenzial

Das durch die Kompensation des Wand-filmeffekts erreichbare Verbesserungspo-tenzial wird näher untersucht. Dazu wer-den die spezifische Hochdruckarbeit, derKraftstoffverbrauch und die Abgaskonzen-trationen HC und NO für die drei Fälle Se-riensteuergerät, unkompensiert und kom-pensiert verglichen. Die beim Lastsprungmit dem Seriensteuergerät gemessenenZündzeitpunkte werden auch für den un-kompensierten und kompensierten Fallverwendet.

4.1 Vergleich der spezifischenHochdruckarbeit

Für den positiven Lastsprung erhält mandurch die Kompensation des Wandfilmef-fekts – auch bei anderen Drehzahlen undhöheren Drosselklappengeschwindigkei-ten – im Gegensatz zu den Lastsprüngenmit dem Seriensteuergerät und dem un-kompensierten Fall ein schnelleres Anspre-chen und gleichmäßigeres Beschleunigendes Motors. Für das Seriensteuergerät undden unkompensierten Fall werden auf-grund der starken Abmagerung des Gemi-sches die spezifischen Hochdruckarbeitenfür einige Arbeitsspiele reduziert. Bei allennegativen Lastsprüngen konnte man fest-stellen, dass sich die spezifische Hochdruck-

arbeit pro Arbeitsspiel beim kompensiertenFall nur unwesentlich zu den beiden ande-ren Fällen vermindert. Dieses liegt daran,dass sich die spezifische Hochdruckarbeitin dem Luftverhältnisbereich zwischen 0,8und 1,0 nur geringfügig ändert.

4.2 Vergleich des Kraftstoffverbrauchs

Beim Vergleich des Kraftstoffverbrauchswerden die für den jeweiligen Lastsprungin das Saugrohr eingespritzten Kraftstoff-massen und die Hochdruckarbeiten pro Ar-beitsspiel mit Beginn der Drosselklappen-öffnung bis zum Ende des Wandfilmauf-baus bzw. Wandfilmabbaus summiert,Tabelle 1.

Wie erwartet, zeigt sich beim positivenLastsprung für den kompensierten Fall eingrößerer Kraftstoffverbrauch, dafür stehtaber eine größere Hochdruckarbeit zur Ver-fügung. Umgekehrt ergibt sich beim nega-tiven Lastsprung eine Verringerung desKraftstoffverbrauchs, wobei aber die Hoch-druckarbeit kaum sinkt. Hier konnten bei

ForschungGemischbildung

Bild 5:Wandfilmabbau beim negativen Lastsprung (130 Nm auf 15 Nm bei 2 000/min)

Figure 5:Wall film disintegration during negative load transition (130 Nm to 15 Nm at 2 000 rpm)

Last

spru

ng[N

m]

Dre

hzah

l[1

/min

]

Sum

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mK,

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mpe

nsie

rt[m

g]

Sum

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mK,

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ät[m

g]

Sum

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mK,

Sun

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pens

iert

[mg]

Vergleich Summe Kraftstoffverbrauch mK, S

Abw

eich

ung

zum

ko

mpe

nsie

rten

Fal

l [m

g]

15 – 130 2000 1036,8 1011,0 -25,8 999,2 -37,6

15 – 130 3000 985,1 956,1 -29,0 955,3 -29,8

130 – 15 2000 349,6 388,5 38,9 387,6 38,0

130 – 15 3000 390,1 426,7 36,6 420,2 30,1

Last

spru

ng[N

m]

Dre

hzah

l[1

/min

]

Sum

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Wi H

Dko

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rt[J]

Sum

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DSe

riens

teue

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Sum

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Dun

kom

pens

iert

[J]

Vergleich Summe Hochdruckarbeit Wi HD

Abw

eich

ung

zum

ko

mpe

nsie

rten

Fal

l [J]

15 – 130 2000 14.985 14.896 -89 14.793 -192

15 – 130 3000 15.260 14.660 -600 15.103 -157

130 – 15 2000 5.585 5.635 50 5.654 69

130 – 15 3000 5.654 5.689 35 5.728 74

Abw

eich

ung

zum

kom

pens

iert

en F

all

[mg]

Abw

eich

ung

zum

kom

pens

iert

en F

all

[J]

Tabelle 1:Vergleich des Kraftstoffverbrauchs und der spezifischen Hochdruckarbeit bei positiven undnegativen Lastsprüngen

Table 1: Comparison of the fuel consumption and indicated work for positive and negative load transitions

588 MTZ Motortechnische Zeitschrift 62 (2001) 7/8

den kompensierten Lastsprüngen 8 % bis10 % des Kraftstoffes eingespart werden,wobei sich die Hochdruckarbeit nur umetwa 1 % verringerte. Damit ist ein nichtunbedeutendes Potenzial zur Verringerungdes Kraftstoffverbrauchs infolge der Kom-pensation des Wandfilmeffekts erkennbar.

4.3 Vergleich der HC- und NO-Konzentration

Schließlich sollen die Abgaskonzentratio-nen für die verschiedenen Fälle miteinan-der verglichen werden. Dazu wurden mitHilfe des schnellen FFID und des FCLD dieHC- und NO-Konzentration arbeitsspielauf-gelöst gemessen. Zusätzlich sind die Luft-verhältnisverläufe dargestellt, da sie einenentscheidenden Einfluss auf die jeweiligenKonzentrationsverläufe haben.

Betrachtet man die HC-Konzentrationswer-te, Bild 6 Mitte, für den kompensierten Fall,so stellt man beim Ansteigen der Last einAnsteigen der Konzentration fest, bis sichein konstantes Niveau einstellt. Vergleichtman dazu den Verlauf für das Seriensteuer-gerät, so fällt die HC-Konzentration zwi-

schen dem 5. und 10. Arbeitsspiel im Ver-gleich mit dem kompensierten Fall ab undsteigt danach durch die Anfettung wiederan. Für den unkompensierten Fall erkenntman einen niedrigeren HC-Verlauf, da dasLuftverhältnis durch den Wandfilmeffektim mageren Bereich liegt.

Aufgrund der größer werdenden Verbren-nungstemperatur steigt die NO-Konzentra-tion für den kompensierten Fall schnell an,Bild 6 unten. Danach stellt sich ein kons-tanter Verlauf ein. Für das Seriensteuer-gerät erkennt man im Vergleich mit demkompensierten Fall durch die Abweichungzum stöchiometrischen Luftverhältnis eineReduzierung der NO-Werte. Beim unkom-pensierten Fall kommt es durch die Abma-gerung zum erhöhten Anstieg der NO-Kon-zentration gegenüber dem kompensiertenFall.

Für die negativen Lastsprünge kann durchdie Kompensation des Wandfilmeffektsdiesmal für die HC-Konzentrationen eindeutliches Verbesserungspotenzial aufge-zeigt werden, Bild 7 Mitte. Für den kompen-sierten Fall erkennt man ein langsames Ab-

fallen der HC-Konzentration nach demLastsprung. Vergleicht man dazu das Se-riensteuergerät und den unkompensiertenFall, so stellt man deutlich höhere HC-Kon-zentrationen fest, was auf die starke Anfet-tung zurückzuführen ist. Es treten Unter-schiede von 200 bis 400 ppm C3H8 auf. Fürdie NO-Konzentrationsverläufe erkenntman beim Seriensteuergerät und dem un-kompensierten Fall eine starke Reduzie-rung der NO-Werte zwischen dem 6. und20. Arbeitsspiel im Vergleich zum kompen-sierten Fall, Bild 7 unten. Dieses liegt an derAnfettung des Gemisches in diesem Be-reich. Ab dem 30. Arbeitsspiel passen sichdie Verläufe dem kompensierten Fall wie-der an.

Bedenkt man schließlich nun noch, dassdie Kompensation des Wandfilmeffektsdurchgeführt wird, damit während des ge-samten Lastsprunges ein konstantes Luft-verhältnis vorliegt, um somit hohe Kon-vertierungsraten im Katalysator zu errei-chen, wird das Verbesserungspotenzial derKompensation im Vergleich zu dem Se-riensteuergerät und zu dem unkompen-sierten Fall deutlich.

Forschung Gemischbildung

Bild 6: HC- und NO-Konzentration beim positiven Lastsprung

Figure 6: HC and NO concentrations during positive load transition

Bild 7: HC- und NO-Konzentration beim negativen Lastsprung

Figure 7: HC and NO concentrations during negative load transition

589MTZ Motortechnische Zeitschrift 62 (2001) 7/8

5 Bestimmung der absolutenWandfilmmasse

Abschließend soll eine Vorgehensweisevorgestellt werden, die es ermöglicht, instationären Betriebspunkten die gesamteim Saugrohr befindliche Wandfilmmassesehr genau zu bestimmen.

Als Voraussetzung für das Verfahren mussgewährleistet sein, dass sich vor dem Ver-such kein Wandfilm im Saugrohr befindet.Um dies zu erreichen, wird der Motor alserstes im stationären Betrieb gefahren, da-mit sich für das Motoröl und die Saug-rohroberfläche konstante Temperatureneinstellen. Danach werden die Einspritzungund Zündung des Motors für 200 Arbeits-spiele ausgesetzt, so dass der Wandfilmverdampft. Während dieser 200 Arbeits-spiele wird der Motor von der Pendelma-schine geschleppt, ansonsten treten keinewesentlichen Änderungen zum gefeuertenBetrieb auf. Auch die Betriebstemperaturenbleiben aufgrund der sehr kurzen Schlepp-zeit nahezu konstant. Danach werden dieEinspritzung und Zündung wieder einge-schaltet, um die absolute Wandfilmmassebestimmen zu können.

Während des gesamten Versuches wird dasLuftverhältnis mitgemessen. Dabei stelltman fest, dass am Anfang nach dem Einset-zen der Einspritzung und Zündung ein sehrmageres Gemisch in den Zylinder gesaugtwird. Dieses liegt daran, dass sich derWandfilm erst wieder aufbauen muss undsich ein Teil der eingespritzten Kraftstoff-masse an den Saugrohrwänden und demEinlassventil niederschlägt. Das Gemischfettet immer mehr an, bis sich schließlichnach 40 Arbeitsspielen der Wandfilm auf-gebaut hat und sich ein konstantes Luftver-hältnis einstellt. Die Wandfilmmassenän-derung pro Arbeitsspiel wird nun wiederaus der Massendifferenz zwischen der ein-gespritzten und der an der Verbrennung imZylinder teilnehmenden Kraftstoffmasseberechnet. Da die Berechnung bei trocke-nem Saugrohr beginnt, entspricht derWandfilmaufbau der absoluten Wandfilm-masse im Saugrohr.

Eine Kontrolle der ermittelten absolutenWandfilmmasse kann dadurch vorgenom-men werden, dass bei einem weiteren Ver-such die sich als Wandfilm ablagerndeKraftstoffmasse miteingespritzt wird. Beigenauer Bestimmung der Wandfilmmas-senänderung pro Arbeitsspiel wird mit ein-setzender Einspritzung sofort ein stöchio-metrisches Luftverhältnis erreicht.

Die ermittelten absoluten Wandfilmmas-sen für die stationären Betriebspunkte sindin Tabelle 2 aufgelistet. Dabei wird ersicht-lich, dass die Wandfilmmasse mit größerwerdender Last ansteigt. Die Verringerungder Wandfilmmasse mit steigender Dreh-zahl lässt sich durch die höhere Saug-rohroberflächentemperatur bei größererDrehzahl erklären.

Zum Schluss wird ein Vergleich zwischender aus dem jeweiligen Lastsprung ermit-telten Wandfilmmassendifferenz und deraus den stationären Betriebspunkten be-rechneten Massendifferenz vorgenommen,Tabelle 3. Dabei stellt man eine sehr guteÜbereinstimmung fest. Es treten Abwei-chungen von unter 2 % auf.

6 Zusammenfassung und Ausblick

Bei nur geringfügigen Änderungen am Mo-tor konnte mit der hier gezeigten Vorge-hensweise eine vollständige Kompensa-tion des Wandfilmeffekts bei Lastsprüngenerzielt werden. Um dieses Ziel zu erreichen,waren allerdings Untersuchungen mithöchster Genauigkeit und die Eigenent-wicklung eines auf die speziellen Bedürf-nisse dieses Forschungsvorhabens abge-stimmten Motorsteuergerätes erforderlich.Das durch die Kompensation des Wand-filmeffekts entstehende Verbesserungspo-tenzial macht sich besonders bei negativenLastsprüngen bemerkbar. Hier können einebeträchtliche Kraftstoffeinsparung undeine deutliche Minderung der HC-Rohemis-sion erzielt werden. Durch das exakt einge-haltene stöchiometrische Luftverhältniswährend der positiven und negativen Last-

sprünge sind auch noch höhere Konvertie-rungsraten des Katalysators zu erwarten,die eine weitere Verminderung der Emis-sionen bedeuten.

Mit dem Verfahren zur Bestimmung derabsoluten Wandfilmmasse besteht dieMöglichkeit, für jeden stationären Betrieb-spunkt des Motors die Wandfilmmasse imSaugrohr genau zu bestimmen. Damit wur-den grundlegende Erkenntnisse auch fürweiterführende Arbeiten zur Gemischbil-dung bei Ottomotoren und für die Weiter-entwicklung von Seriensteuergeräten ge-schaffen.

Literaturhinweise

[1] Ihme, H.: Kompensation des Wandfilmeffektsbeim instationären Betrieb eines Viertakt-Ot-tomotors mit äußerer Gemischbildung. VDI-Fortschrittberichte, Reihe 12, Nr. 459, Düssel-dorf, 2001

[2] Wittig, S.; Müller, H.; Himmelsbach, J.; Hall-mann, M.; Samenfink, W.; Bellmann, H.; Elsäs-ser, A.: Experimentelle und theoretische Unter-suchung der Strömung und des Filmverhal-tens in Saugrohren von Ottomotoren. FVV-Vorhaben Saugrohrströmung 1, FVV-Heft 504,Frankfurt am Main, 1992

[3] Wittig, S.; Müller, H.; Elsässer, A.; Hallmann, M.;Samenfink, W.; Bellmann, H.: Experimentelleund theoretische Untersuchung der Strömungund des Filmverhaltens in Saugrohren von Ot-tomotoren. FVV-Vorhaben Saugrohrströmung2, FVV-Heft 568, Frankfurt am Main, 1994

[4] Neugebauer, S.: Das instationäre Betriebsver-halten von Ottomotoren – experimentelle Er-fassung und rechnerische Simulation. Techni-sche Universität München, Dissertation, 1996

ForschungGemischbildung

Drehzahl Drehmoment mW[1/min] [Nm] [mg]

1500 15 13,4

1500 130 53,4

2000 15 11,4

2000 130 48,9

3000 15 10,5

3000 130 40,9

Tabelle 2:Absolute Wandfilmmasse stationärerBetriebspunkte

Table 2:Absolute wall film mass at steady-stateoperating points

Differenz LastsprungDrehzahl Drehmoment Absolutmassen Wandfilmmassen-[1/min] [Nm] [mg] differenz [mg]

1500 15 – 130 40,0 40,2

2000 15 – 130 37,5 37,7

3000 15 – 130 30,4 30,0

Tabelle 3:Vergleichder Wandfilmmassenzwischen stationärenBetriebspunkten undLastsprüngen

Table 3: Comparison ofthe wall film massesbetween steady-stateoperating points andload transitions

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