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Komplexverbindungen 1 C 11 EuG Inhalt Komplexverbindungen Grundlagenkonzepte Nebengrupenelemente 1 Atombau 1.1 Schalenmodell (Bohrsches Atommodell) 1.2 Orbitalmodell (Quantenmechanisches Atommodell) a) Orbitale b) Kästchenschema und Regeln zur Elektronenbesetzung c) Oxidationszahlen von Nebengruppenelementen (= Nebengruppenmetallen) 2 Metallbindung 2.1 Elektronengasmodell 3 Atombindung 4 Komplexbindung 4.1 Erweiterung der bisherigen Modellvorstellung zu Salzlösungen 4.2 Räumlicher Bau 4.3 Benennung a) Molekülkation oder neutrales Molekül b) Molekülanion 4.4 Bindungsverhältnisse 4.5 Bedeutung a) Medizin b) Nachweisreaktionen c) Biologie d) Technik: Auflösen schwerlöslicher Verbindungen

Komplexverbindungen 1 - Kronberg Gymnasium · 3 Atombindung 4 Komplexbindung 4.1 Erweiterung der bisherigen Modellvorstellung zu Salzlösungen 4.2 Räumlicher Bau 4.3 Benennung

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Komplexverbindungen 1

C 11 EuG Inhalt Komplexverbindungen

GrundlagenkonzepteNebengrupenelemente

1 Atombau1.1 Schalenmodell (Bohrsches Atommodell)1.2 Orbitalmodell (Quantenmechanisches Atommodell)

a) Orbitaleb) Kästchenschema und Regeln zur Elektronenbesetzungc) Oxidationszahlen von Nebengruppenelementen (= Nebengruppenmetallen)

2 Metallbindung2.1 Elektronengasmodell

3 Atombindung4 Komplexbindung

4.1 Erweiterung der bisherigen Modellvorstellung zu Salzlösungen4.2 Räumlicher Bau4.3 Benennung

a) Molekülkation oder neutrales Molekülb) Molekülanion

4.4 Bindungsverhältnisse4.5 Bedeutung

a) Medizinb) Nachweisreaktionenc) Biologied) Technik: Auflösen schwerlöslicher Verbindungen

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Komplexverbindungen 2

GrundlagenkonzepteBsp. 1: Unterscheidung von Stoffebene und Teilchenebene:

Stoffebene: Ein farbloses Gas reagiert mit einem silbrigen Feststoff.Teilchenebene: Ein zweiatomiges Sauerstoffmolekül reagiert mit zwei Atomen

Magnesium aus einem Metallgitter

Bsp. 2: Unterscheidung von Beobachtung (B) und Folgerung (F):B: Stoffänderung mit Farb- und Zustandsänderung

und Energieänderung auf StoffebeneF: Erklärung durch Änderung der chemischen Bindung und

evtl. der zwischenmolekularen Kräfte auf Teilchenebene

Bsp. 3: Unterscheidung zwischen qualitativen ("Wie?") und quantitativen ("Wieviel?") Fragestellungen:B (qualitativ): Farbänderung von Orange nach Grün

=> Mit den Sinnen wahrnehmbar!B (quantitativ): Die Masse eines Endstoffs beträgt 5 g

=> Mit Messgeräten messbar!

Bsp. 4: Unterscheidung Säure-Base-Reaktionen und Redox-Reaktionen:Beide: Donator-Akzeptor-Reaktionen (korrespondierende Paare)S/B-Reakt: ProtonenübertragungRedox-Reakt: Elektronenübertragung

Bsp. 5: Unterscheidung zwischenmolekulare Kräfte und chemische Bindungen:Zwimol. Kr.: Van-der-Waals-Kräfte, Dipol-Dipol-Wechselwirkungen,

WasserstoffbrückenbindungenGrenzfälle: Ion-Dipol-Wechselwirkung (Hydrathülle!)

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Komplexverbindungen 3

Ion-Ion-Wechselwirkung in SalzschmelzenChem. Bdg.: Ionenbindung (Ion-Ion-Wechselwirkung im Gitter),

Atombindung (= Elektronenpaarbindung= Kovalente Bindung), je nach ∆EN unpolar oder polarneu: Komplexbindung (= koordinative Bindung = dative Bindung)neu: Metallbindung

Bsp. 6: Lehrplanaufbau: Spiralcurriculum9. Jgst.: Atombau (Hauptgruppen, Schalenmodell) - Ionenbindung - Redox -

Säure-Base 10. Jgst.: Atombau (Hauptgruppen, Schalenmodell) - Atombindung -

Zwischenmolekulare Kräfte - Säure-Base - Redox11. Jgst.: Atombau (Nebengruppen, Orbitalmodell) - Metallbindung -

Atombindung (Orbitalmodell) - Komplexbindung - Säure-Base (quantitativ) - Redox (quantitativ) - Elektrochemie

Vorteil: Ständige WiederholungNachteil: Langeweile, Gefahr von Lücken durch Abschaltens!Vorgehensweise: In jedem Kapitel erst schnelle Wiederholung, dann ausführlich Neues

Erstes Halbjahr: Schwerpunkt NebengruppenelementeZweites Halbjahr: Schwerpunkt zusätzliche quantitative Aspekte:Chemische Gleichgewichte und Eletrochemie

Empfehlung: Selbständige Wiederholung der Arbeitshefte unter:http://www.virtuelle-schule.net/net2/bcnt/Atommodelle und Periodensystem, Ionenbindung in Salzen, Elektronenpaarbindung in molekularen Stoffen, Quantitative Aspekte,Protonenbergänge, Elektronenübergänge

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Komplexverbindungen 4

Nebengruppenelemente1 Atombau1.1 Schalenmodell (Bohrsches Atommodell)z. B. Elektronenkonfiguration (= Elektronenbesetzung) von 8O

K-Schale: 2e-

L-Schale (Valenzschale): 6e- (Vgl. Hauptgruppennummer VI)

z. B. Atomradienvergleich von F und Cl (zwei beliebige Elemente der gleichen Hauptgruppe)Cl > F

Der Atomradius nimmt in einer Hauptgruppe von oben nach unten zu, da neue Schalen besetzt werden.

z. B. Atomradienvergleich von 3Li und 4Be (zwei beliebige Elemente der gleichen Periode)Li > Be

Der Atomradius nimmt in einer Periode von links nach rechts ab, da die Protonenzahl zunimmt und somit die Anziehung der Elektronen stärker wird. (Der gegenläufige Effekt der gegenseitigen Abstoßung der Elektronen einer Schale ist schwächer)

Probleme: - Feinaufspaltung von Linienspektren nicht erklärbar- Unregelmäßigkeiten im Verlauf z. B. der Ionisierungsenergien nicht erklärbar- Elektronenkonfiguration von Elementen mit einer Protonenzahl > 20 nicht erklärbar (z. B. 35Br)- Einschränkung der Gültigkeit der Oktettregel nur für die Elemente der 2. Periode nicht erklärbar

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Komplexverbindungen 5

1.2 Orbitalmodell (Quantenmechanisches Atommodell)a) OrbitaleDie Schalen (= Hauptenergieniveaus) werden in Unterschalen (= Orbitale) unterteilt. Diese

Unterteilung ergibt sich aufgrund von Symmetrieeigenschaften aus den möglichen Kombinationen von

vier Quantenzahlen.

Hauptquantenzahl n- bestimmt die Größe des Orbitals- n = 1 => K-Schale n = 2 => L-Schale- Werte: n = 1, 2, 3, ...

Nebenquantenzahl l- bestimmt die Form des Orbitals- l = 0 => s-Orbital (kugelförmig) l = 1 => p-Orbital (hantelförmig) l = 2 => d-Orbital (doppelt hantelförmig) l = 3 => f-Orbital (vierfach hantelförmig)- Werte: l = 0, 1, 2, ... (n-1)

Magnetische Quantenzahl m- bestimmt die Orientierung im Raum und die Anzahl- m = 0 => nur ein s-Orbital m = -1, 0, +1 => drei p-Orbitale m = -2, -1, 0, +1, +2 => fünf d-Orbitale m = -3, -2, -1, 0, +1, +2, +3 => sieben f-Orbitale

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Komplexverbindungen 6

- Werte: m = -l, (-l+1), ... , 0 , ... (+l-1),+l

Spinquantenzahl ml

- bestimmt die Ausrichtung des Elektrons- Werte: ml = +1/2, -1/2

b) Kästchenschema und Regeln zur Elektronenbesetzungz. B. AO(N)

E

Valenzelektronen

oder in Kurzschreibweise: 1s2 [2s2 2p3]

↑↓

1s

2s

2px

2py

2pz

↑↓

↑ ↑ ↑

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Komplexverbindungen 7

Hundsche Regel:Energiegleiche Orbitale werden zunächst einfach besetzt. (Ursache: Spinpaarungsenergie)

falsch:

Pauli-Verbot:Ein Elektron darf nicht in allen vier Quantenzahlen mit einem anderen übereinstimmen.(Folge: müssen zumindest entgegengesetzten Spin haben)

falsch:

Aufbauschema (nur für Atome, nicht unbedingt für Ionen!):Nach den 3p Orbitalen wird zunächst das 4s Orbital besetzt und erst dann die 3d Orbitale.

Orbitaltyp

s p d f

n

1 1s

2 2s 2p

3 3s 3p 3d

4 4s 4p 4d 4f

5 5s 5p 5d 5f

6 6s 6p 6d

7 7s 7p

↑↓ ↑

↑↑

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Komplexverbindungen 8

z. B. Elektronenkonfiguration (alle!) von 22Ti als Kästchenschema:

E

Valenzelektronen

oder in Kurzschreibweise: 1s2 2s2 2p6 3s2 3p6 [4s2 3d2]

↑↓

2p

↑↓

↑↑

↑↓ ↑↓ ↑↓

1s

2s

↑↓

3p

↑↓ ↑↓ ↑↓

3s

↑↓

4s

3d

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Komplexverbindungen 9

Ausnahmen:z. B. Cu (Kupfer)

[3d10 4s1]

z. B. Cr (Chrom)[3d5 4s1]

=> Leere, halb- oder vollbesetzte d Orbitale sind energetisch abgesenkt

c) Oxidationszahlen von Nebengruppenelementen (= Nebengruppenmetallen)V Oxidationszahlen von Manganverbindungen

D/B:

Gl: Red.: MnO4- + 5e- + 8H3O+ → Mn2+ + 12H2O

Red.: MnO4- + 3e- + 2H2O → MnO2 + 4OH-

Red.: MnO4- + 2e- → MnO4

3-

Red.: MnO4- + e- → MnO4

2-

F: - Bei Nebengruppen sind Abstände von +I möglich (Hauptgruppen meist +II)

NaOH-Lsg.

KMnO4-Lsg. (Kaliumpermanganat)

verd. Salzsäure

Na2S

2O

3-Lsg. (Natriumthiosulfat)

Mn2+ (farblos)MnO

2 (braun)

MnO4

- (violett)MnO

43- (blau)

MnO4

2- (grün)

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Komplexverbindungen 10

Beispiele: Pb2+/Pb4+, S2-/S, SO2/SO3 vgl. mit Fe2+/Fe3+, Cu1+/Cu2+

- d-Elektronen werden leicht abgegeben => alle Nebengruppenelemente sind Nebengruppenmetalle

Frage: Warum sind bei Mn die Oxidationsstufen +II und +VII besonders leicht zu erreichen?- Valenzelektronenkonfiguration im Grundzustand: [4s2 3d5]- in der Oxidationsstufe +II: [3d5 4s0] => Halb besetzte d-Orbitale sind energetisch günstig- in der Oxidationsstufe +VII: 3s2 3p6 [4s0 3d0] => Alle Valenzelektronen formal abgegeben, die ehemalige Valenzschale ist leer,

die darunter liegende vollbesetzt.2 Metallbindung2.1 ElektronengasmodellStoffebene Teilchenebene

Elektronengasmodell Teilcheneigenschaften der einzelnen Metall-Atome

A FeststoffB silbriger GlanzC gute elektrische LeitfähigkeitD Verformbarkeit

- die Metallkationen(rümpfe)2

bilden ein regelmäßiges GitterA

und sind leicht verschiebbarD

- die Valenzelektronen sind gleichmäßig dazwischen verteilt (delokalisiert) und leicht verschiebbarB, C

1 großer Atomradius2 niedrige Ionisierungsenergie

Probleme: Halbleiter nicht erklärbar, dafür Bändermodell notwendig

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Komplexverbindungen 11

3 Atombindung (Ausblick für die 12. Jgst.)

bisher: Schalenmodell neu: Orbitalmodell

- die Valenzschalen überlappen

- bindende Elektronenpaare werden von beiden Kernen angezogen- es entstehen Einfach-, Doppel- oder Dreifachbindungen

- der räumliche Bau richtet sich nach der Elektronenpaarabstoßung (EPA-Modell)

- Atom-Orbitale (AO) überlappen, so dass Molekül-Orbitale (MO) entstehen- bindende Elektronenpaare in bindenden Molekül- Orbitalen werden von beiden Kernen angezogen- je nach überlapendem Orbitaltyp und Orbitalrichtung wird zwischen σ und π-Bindung unterschieden. Aus diesen setzen sich dann die Doppel- und Dreifachbindungen zusammen.- der räumliche Bau richtet sich nach der Elektronenpaarabstoßung (EPA-Modell)- damit die Orbitale dazu passen, wird ab dreiatomigen Molekülen vorher ein mathematischer Trick angewandt, die sogenannte Hybridisierung

Wasserstoff-Molekül (H2)

eine (s-s)σ(H-H)-Bdg.

K-SchaleK-Schale

1s ↑↓

EAO(H) AO(H)

1s

MO(H2)

σ

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Komplexverbindungen 12

z. B. Valenzelektronenkonfiguration von C als Kästchenschema:

E AO(C) (Grundzustand) AO(C) (angeregter Zustand)

E AO(C) hybridisiert... ...für vier σ-Bdg.: ...für drei σ- und eine π-Bdg.: ...für zwei σ- und zwei π-Bdg.:

...für Doppelbindung (grau) ...für Dreifachbindung (grau)räumlicher Bau der Hybrid-Atom-Orbitale: tetraedrisch 109° trigonal planar 120° linear 180°

↑↓

2p

↑ ↑

2s

2p

↑ ↑

2s

2sp3

↑ ↑ ↑

2sp2

↑ ↑

2p

2sp

↑↑

2p

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Komplexverbindungen 13

4 Komplexbindung4.1 Erweiterung der bisherigen Modellvorstellung zu SalzlösungenV Maskierung von Eisen(III)-ionen durch Komplexbildung mit Fluorid-Ionen

D/B:

I II

- Farbänderung von Gelb nach Rot - (1) Entfärbung- (2) keine Rotfärbung

F: I Es findet eine Reaktion statt zwischen den hydratisierten Eisen(III)-ionen und den Thiocyanat-Ionen

II (1) Es findet eine Reaktion statt zwischen den hydratisierten Eisen(III)-ionen und den Fluorid-Ionen(2) Es findet keine Reaktion mehr statt zwischen den Eisen(III)-ionen und den Thiocyanat-Ionen

FeCl3-Lsg.

KSCN-Lsg.

FeCl3-Lsg.

(2) KSCN-Lsg.

(1) NaF-Lsg.

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Komplexverbindungen 14

Gl: I + II- alte Vorstellung (einfache Hydratisierung):FeCl3 → Fe3+ + 3Cl-

- neue Vorstellung (Bildung eines Aquakomplexes):FeCl3 + 6H2O → [Fe(H2O)6]3+ + 3Cl-

I - Ligandenaustauschreaktion:[Fe(H2O)6]3+ + 3SCN- → [Fe(H2O)3(SCN)3] + 3H2OII (1) Ligandenaustauschreaktion:[Fe(H2O)6]3+ + 6F- → [FeF6]3- + 6H2O(2) Maskierung:[FeF6]3- + 3SCN- → keine Reaktion, der Nachweis für Fe3+-Ionen ist negativ

Komplexe sind Moleküle oder Molekülionen, die aus einem Zentralteilchen (Zentralatom oder Zentralion) und mehreren Liganden bestehen. Zwischen den Liganden und dem Zentralteilchen besteht eine Komplexbindung. Die Koordinationszahl gibt die Zahl der gebundenen Liganden an.

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Komplexverbindungen 15

Schema I:

Cl-

Cl-

Cl-

Cl-

Cl-

Cl-K+

K+

K+

K+

K+

K+

NCS-

NCS-

NCS-

S-C

N

S- C N

Fe3+

S-

C

S

Fe3+

3+

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Komplexverbindungen 16

Schema II: (1) (2)

Cl-

Cl-

Cl-Fe3+

Na+

Na+

F-

F- F-

Na+

F-

F-F-

Na+

Na+

Na+

F-F-

Fe3+

Cl-

Cl-

Cl-

Na+

Na+

F-

Na+

F- F-

F-

Na+

Na+

Na+

K+

K+

K+

NCS-

NCS-

NCS-

F-F-

Fe3+

Cl-Cl-

Cl-

Na+

Na+

F-

Na+

F- F-

F-

Na+

Na+

Na+

K+K+

K+

NCS-

NCS-

NCS-

3+3-

3-

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Komplexverbindungen 17

4.2 Räumlicher BauKoordinationszahl Räumlicher Bau (Bindungswinkel) Beispiel

2 linear (180°) [Ag(NH3)2]+

4 tetraedrisch (109°)quadratisch planar (90°) => selten

[CoCl4]2-

[Ni(CN)4]2-

6 oktaedrisch (90°) [Fe(CN)6]4-

4.3 Benennung (Nomenklatur)a) Molekülkation oder neutrales Molekül:<Anzahl der Liganden><Art der Liganden><Zentralteilchen(de)><Oxidationszahl des Zentralteilchens>z. B. [Co(NH3)6]3+

Hexa-ammin-cobalt(III)-Ionz. B. [CoCl3(NH3)3]Tri-chloro-tri-ammin-cobalt(III)

b) Molekülanion:<Anzahl der Liganden><Art der Liganden><Zentralteilchen(lat.)-at><Oxidationszahl des Zentralteilchens>z. B. [Fe(CN)6]4-

Hexa-cyano-ferrat(II)-Ion

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Komplexverbindungen 18

4.4 BindungsverhältnisseV Lösen von Kupfer(II)-ionen durch Komplexbildung mit Ammin-Liganden

D/B:

I II

- Entfärbung von hellblau nach farblos - Tiefblaufärbung- weißer Niederschlag - Niederschlag löst sich auf

F: - Es entsteht schwerlösliches - Es entstehen lösliche Kuper(II)-hydroxid Tetra-ammin-di-aqua-kupfer(II)-ionen

Gl: I[Cu(H2O)6]2+ + 2OH- → Cu(OH)2↓ + 6H2OIICu(OH)2 + 4NH3 + 2H2O → [Cu(NH3)4 (H2O)2]2+ + 2OH-

CuSO4-Lsg.

NaOH-Lsg.

Cu(OH)2-Niederschlag

NH3-Lsg.

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Komplexverbindungen 19

Schema: I II

Cu2+

O-

HNa+

HO-Na+

Cu2+

Na+

Na+

O

O

SO-

O-

O-H HO-

O

O

SO-

O-

N

N

N

N

Cu2+

O-

HNa+

HO-Na+

O

O

SO-

O-

2+

2-

2-

2+

2-

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Komplexverbindungen 20

Die freien Elektronenpaare der Liganden greifen an je einem unbesetzten Orbital des Zentralteilchens an und bilden eine Komplexbindung aus. Da hier beide Elektronen des bindenden Elektronenpaars von einem einem der Bindungspartner stammen (dem Ligand), nennt man diese besondere Form der Elektronenpaarbindung auch "Dative Bindung". Da die Liganden eindeutig einem Zentralteilchen zugeordnet werden können, bezeichnet man diese Bindung auch als "Koordinative Bindung".

Die formale Ladung eines Atoms in einem Molekül oder einem Molekülion ergibt sich aus der Differenz der Hauptgruppennummer und der Summe der Valenzelektronenzahl nach einer formal homolytischen Bindungsspaltung. Die formale Ladung wird direkt am Atom in einem Kreis dargestellt. Die Summe der formalen Ladungen ergibt die Gesamtladung. Die Strukturformel wird in eckige Klammern geschrieben. Die echte Ladung (= Gesamtladung) wird außen an die eckige Klammer geschrieben.

Nebengruppenelemente verhalten sich also einerseits wie Metalle, bilden andererseits aber auch wie Nichtmetalle Atombindungen aus und bilden Moleküle und Molekülionen.Auch Moleküle und Molekülionen aus mehreren Nichtmetallen sind eigentlich Komplexe: z. B. CO3

2- Carbonation[CO3]2- Tri-oxo-carbonat(IV)-IonSO4

2- Sulfation[SO4]2- Tetra-oxo-sulfat(VI)-IonH2CO3 Kohlensäure[CO(OH)2] Di-hydroxo-(mono)-oxo-Kohlenstoff(IV)H2SO4 Schwefelsäure[SO2(OH)2] Di-hydroxo-di-oxo-Schwefel(VI)

jedoch wird hier meist zur Vereinfachung die kürzere Schreibweise gewählt.

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Komplexverbindungen 21

4.5 Bedeutunga) Medizin- Schwermetallionen bilden mit Proteinen (z. B. Enzymen) Komplexe => hochgiftig! Therapie: Gabe von besonders starken, mehrbindigen (Chelat*-)Liganden *chelos(grch.)=Schere => lösliche Schwermetallkomplexe werden ausgeschieden- Cyanidionen bilden mit Enzymen welche an der Atmung beteiligt sind Komplexe=> hochgiftig!- Kohlenstoffmonoxid bildet mit Hämoglobin einen Komplex => Sauerstofftransport gestört

b) Nachweisreaktionen- qualitativer Nachweis durch Farbänderung (z. B. [Fe(H2O)3(SCN)3] tiefrot)- quantitativer Nachweis durch Farbintensität (Absorption proportional zur Konzentration) oder durch Wiegen eines schwerlöslichen Feststoffs

c) Biologie- Wasserenthärter in Waschmitteln binden als mehrzähnige Liganden Ca2+-Ionen => früher Eutrophierung durch (Poly)phosphate - Aktive Zentren von Enzymen enthalten häufig einen Komplex

d) Technik: Auflösen schwerlöslicher Verbindungen- Goldgewinnung (Cyanidlaugerei) 1. Schritt (Redox, sehr schlecht): 4Au + O2 + 2H2O → 4Au+ + 4OH-

2. Schritt (Komplexbildung, sehr gut): Au + 2CN- → [Au(CN)2]-

- Fixieren (Auswaschen von überflüssigem AgBr nach der Belichtung) AgBr + 2S2O3

2- → [Ag(S2O3)2]3- + Br-

- Aluminium-Rohstoffgewinnung Al(OH)3 + OH- → [Al(OH)4]-