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(Aus der St~dtischen Klinik fiir Hals-, Nasen- und Ohrenkranke, Magdeburg [Direktor: Prof. Dr. P. Ohnacker].) Komplizierte Verwicklungen im Verlauf chronischer Nasennebenhiihlenentziindungen~. Von Paul 01maeker. M_it 24 Textabbildungen. (Eingeyangen am 7. Obtober 19g0.) Die im Gebiet des Gehirns und seiner Hi~ute vorkommenden otogenen Komplikationen sind in ihren typisehen Verlaufsfomen Allgemeingut der Fachiirzte. Die Kenntnis der rhinogenen intrakraniellen Verwick- lungen ist noch lgngst nicht in gleichem MaBe allgemeingeliitffig. Dieses hat seinen Grund einmal in ihrer jenen gegeniiber grSlleren Seltenheit, die viele nicht oft genug derartige Krankheitsfglle sehen liil3t, umdie fiir Erkennung, Beurteflung und Therapie efforderliehe Effahrung zu er- werben, was aueh deshalb nieht leicht ist, weft die Diagnose der rhino- genen Komplikationen mit ihren mannigfaehen Entwieklungs- hnd Ver- laufsformen wie ihren versehiedenen-- auch oft recht symptomenarmen -- Krankheitsbfldern aul~erorder/tliche Schwierigkeiten bieten kann. Dieses gilt sowohl yon derim Verlauf akuter Sinusitiden bei Grippe oder anderen akuten Infekten auftretenden, nicht selten binnen weniger Tage zum Tode fiihrenden Verwieklungen, bei denen uflter Umstiinden die rhinogene Genese gar nicht oder nicht friili genug erki~nnt oder be- dgeh~ wird, als aueh yon den im Verlauf chroniseher Nasennebenh6hlen- erkrankungen entstehenden Komplikationen. Hier ist zu beaehten, dall Ver/inderungen, die fiir das Zusbandekommen der Verwicklungen yon Bedeutung sind, entstehen kSnnen, ohne erkannt zu werden und auch ohne dauernde Erseheinungen zu machen, oder dMl intrakranielte Kom- plikationen selbst zur Entwicklung, spontan aber wieder zur Ruhe kommen kSnnen, ohne v611ig ausgeheflt zu sein, so dal3 solche F/ille I/ingere Zeit, under Umsti~nden jahrelang k0nservativ behandelt werden, 0hne dMt' aueh nur der Verdacht aufkommt, dalt bereits eine ernste Kompli- kation entstanden sein k6nn~e, und dann eines Tages aus irgendeinem Grunde -- akuter Infekt, Trauma oder anderes -- diese Komplikation erneut aufflaekert und lebensbedrohend in Erscheinung tritt. Von verschiedenen Sei~en 1, 2 ist darauf hingewiesen worden, dalt gerade chronische Sinusitiden hs zur Verwicldung ffihren soUen als akute. Priift man darauf die Literatur des letzten Jahrzehnts, so ist ein klares Bfld nicht zu gewinnen, da in einem Tefl der Arbeiten nut * Herrn Professor Zange zum 60. Geburtstag.

Komplizierte Verwicklungen im Verlauf chronischer Nasennebenhöhlenentzündungen

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Page 1: Komplizierte Verwicklungen im Verlauf chronischer Nasennebenhöhlenentzündungen

(Aus der St~dtischen Klinik fiir Hals-, Nasen- und Ohrenkranke, Magdeburg [Direktor: Prof. Dr. P. Ohnacker].)

Komplizierte Verwicklungen im Verlauf chronischer Nasennebenhiihlenentziindungen ~.

Von Paul 01maeker.

M_it 24 Textabbildungen.

(Eingeyangen am 7. Obtober 19g0.)

Die im Gebiet des Gehirns und seiner Hi~ute vorkommenden otogenen Komplikationen sind in ihren typisehen Verlaufsfomen Allgemeingut der Fachiirzte. Die Kenntnis der rhinogenen intrakraniellen Verwick- lungen ist noch lgngst nicht in gleichem MaBe allgemeingeliitffig. Dieses hat seinen Grund einmal in ihrer jenen gegeniiber grSlleren Seltenheit, die viele nicht oft genug derartige Krankheitsfglle sehen liil3t, u m d i e fiir Erkennung, Beurteflung und Therapie efforderliehe Effahrung zu er- werben, was aueh deshalb nieht leicht ist, weft die Diagnose der rhino- genen Komplikationen mit ihren mannigfaehen Entwieklungs- h n d Ver- laufsformen wie ihren versehiedenen-- auch oft recht symptomenarmen - - Krankheitsbfldern aul~erorder/tliche Schwierigkeiten bieten kann.

Dieses gilt sowohl yon d e r i m Verlauf akuter Sinusitiden bei Grippe oder anderen akuten Infekten auftretenden, nicht selten binnen weniger Tage zum Tode fiihrenden Verwieklungen, bei denen uflter Umstiinden die rhinogene Genese gar nicht oder nicht friili genug erki~nnt oder be- dgeh~ wird, als aueh yon den im Verlauf chroniseher Nasennebenh6hlen- erkrankungen entstehenden Komplikationen. Hier ist zu beaehten, dall Ver/inderungen, die fiir das Zusbandekommen der Verwicklungen yon Bedeutung sind, entstehen kSnnen, ohne erkannt zu werden und auch ohne dauernde Erseheinungen zu machen, oder dMl intrakranielte Kom- plikationen selbst zur Entwicklung, spontan aber wieder zur Ruhe kommen kSnnen, ohne v611ig ausgeheflt zu sein, so dal3 solche F/ille I/ingere Zeit, under Umsti~nden jahrelang k0nservativ behandelt werden, 0hne dMt' aueh nur der Verdacht aufkommt, dalt bereits eine ernste Kompli- kation entstanden sein k6nn~e, und dann eines Tages aus irgendeinem Grunde - - akuter Infekt, Trauma oder anderes - - diese Komplikation erneut aufflaekert und lebensbedrohend in Erscheinung tri t t .

Von verschiedenen Sei~en 1, 2 ist darauf hingewiesen worden, dalt gerade chronische Sinusitiden hs z u r Verwicldung ffihren soUen als akute. Priift man darauf die Literatur des letzten Jahrzehnts, so ist ein klares Bfld nicht zu gewinnen, da in einem Tefl der Arbeiten nut

* Herrn Professor Zange zum 60. Geburtstag.

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wenig eingehend beriehtet ~_rd, vor ahem aber in den nur im l%eferat zug~nglichen Ver6ffen~l/ehungen Angaben fiber das Alter der Erkran- kung h~ufig nioht gemaeht werden, so dab bei ungef~hr einem Dri~tel der fiber zweihundert mi~ge~eiIten F~lle (wobei die postoperativen und niehtpos~operativen ~raumatisehen nioht mitgez~hlt sind) in diesem Punkte Unklarheit bleibt. Bei den tibrigen fiberwiegen zwar die ehroni- sehen F/~lle, doeh zeigt sieh, dal] bei vielen dieser eine akute Exacer- bation3. 4 des ehronisehen Prozesses erw~hnt wird, auf deren Bedeutung ebenfalls sehon yon versehiedenen Seiten hingewiesen wurde.

Besondere diagnos~isehe Schwierigkeiten kSnnen aueh dadureh ent- stehen, dal] nichtrhinogene in~rakranielle Erkrankungen vorllegen, die nieht erkann~ oder nicht beaebtet werdefi, beim Auf~reten einer intra- kraniellen Komplikation aber die Ursaehe komplizierter, sehwer oder nieht deu~barer Krankheitsbilder werden kSnnen, wie z. ~B. Meningitiden, I-Iirnabszesse oder Sinuskomplikationen anderer Genese oder tuberkulSse Meningitis, eerebrale Erseheinungen bei Pneumonien, Hirnblutungen, Tumoren und anderes mehr 5, 8, 7

Is~ also nach all dem vorher Gesagten die Mitteilung rhinogener intrakran/eller Komplikationen - - vor aUem auch soloher besonderer Art - - sehon an sieh gereeh~fertigt, so auch um des~llen, weft nicht selten gerade ehronische Sinusitiden in Verkennung der GefahrmSglieh- keiten jahrelang mi~ unzuli~ngliehen Mitteln behandel~ werden, wie etwa mit konservativen Mal]nahmen trotz bestehender Opera~ionsindikation oder mi~ Eingriffen, die zur Ausheflung nicht genfigen kSnnen, und durch diese ungenfigende Behand]ung geradezu der Boden ffir die Entstehung der Verwieklungen bereitet wird s. Dies gilt vor allem ffir die mit Polypen- bildung einhergehende Form, bei der offenbar die MSglichkeit der Enl- stehung yon Verwicklungen h/~ufig gar nicht in Betraeh~ gezogen wird, was um so verwunderlicher ist, als unsere Fachliteratur nicht wenig Arbeiten fiber dieses Gebiet aufweist 1, a, 4, 9, lo, ~1, le

Besonders wertvoll erseheinV mir die VerSffentlichung tSdlich ausge- gangener derartiger F~lle, bei denen durch die Autopsie Einblicke in den~Vorgang der Komplikationsentstehung gewonnen werden. Es ist zwar riehtig, was Jacobsgaard la in Anlehnung an Ha]elc wieder naeh- drfieklich betont und in seinen Untersuchungen so einleuchtend darge- tan hat, n/~mlich, dal~ zur Klarung der Fragen der ~berleitung die Unter- suchung nichtoperierter F/ille yon besonderem Wert sei, da in einem durch Operation beeinflul~ten Gebiet veritnderte Bedingungen vorllegen. Dessen mul3 man sich bewul3t sein, doch bleibt deshalb die VerSffent- lichung operierter Fi~lle nach wie vor wichtig.

~ber vier solcher Beobachtungen soll in folgendem beriehtet werden. Ich stelle jedesmal der Beurteilung einen kurzen Uberblick fiber Art und Verlauf der Erkrankung voran und ffige die Einzelheiten bringenden

Arch ly f. Ohren-, Nasen- u. ]~chlkopfheilkunde. Bd. l i 9 . 22

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Krankengeschichtenausztige als Anhang am SchluB der Ver6ffent- lichung bei.

1. Chronische Tolyp6se Pansinusitis * seit mehreren Jahren faeh/~rztlich be- handelt, mehrfach Polypen entfernt. Operation der vorderen Siebbeinzellen. Par- tielle Septumkorrektur. Klinisehe Aufnahme. Submuk6se Resektion der mitt- leren und oberen Septumdeviation. 7 Tage sp~ter Radikaloperation der Kiefer- h6hle, der Siebbeinzellen und der Keilbeinh6hle beiderseits. Li. Defekt im Dach der Siebbeinzellen. Ver/~nderte Dura pulsiert. Re. hinten ebenfalls Pulsation am Dach. Auch jetzt keine Anzeiehen fiir Komplikation. Entlassung am 17. Tag post operationem. Am anderen Tag Wiederaufnahme mit Meningitis. Exploration der Dura im Gebiet des linksseitigen Defektes am Dach der Siebbeinzellen, der auch einen grol]en Teil der Lamina cribrosa umfaBt. Er6ffnung der pulsierenden, stark verdiekten, zum Teit graugelb-speekigen Dura. Exploration des Subdural- raums, gleiehzeitig Radikaloperation der li. Stirnh6hle nach Riedd. Keine Beein- flussung der Meningitis. Nach 2 Tagen Exitus.

Wie war der merkwiirdige Verlauf zu erkls ? Was war geschehen ? Nach den bei der Nebenh6tflenradikaloperation gemachten Beobaehtungen konnte mit Bestimmtheit eine operative L~sion des Siebbeindachs aus- geschlossen werden. Die 0ffnungen in diesem Gebiet waren bereits vor- handen. Da postoperativ - - auBer gelegentliehen schneU voriibergehenden linksseitigen Kopfschmerzen und aul~er dem ebenfalls schneli wieder schwindendem kollateralen 0dem - - nichts irgendwie Auff~lliges beob- achier wurde, bestand kein Bedenken, den Kranken am 10. Tag auf- stehen zu lassen, wobei angesichts des auffs Operationsbefundes sehr vorsichtig verfahren, und der Kranke ers~ eine Woche sps dus der Klinik entlassen wurde. Als er dann einen Tag darauf mit Meningitis wiederkam, wurde angenommen, dal] fiir das Zustandekommen.dieser Komplikation der auf der linken Seite freiliegende und aueh ver~nderte Durabezirk irgendwie yon Bedeutung sei. Der Operationsbefund be- st/irkte uns in dieser Annahme, reehte Klarhei~ bestand jedoeh nieht. ~[mmerhin konnten wit hoffen, den Ausgangspunkt geniigend freigeleg~ und entlastet zu haben. Als uns die Natur der Erreger bekannt wurde, spritzten wir 0ptoehinum hydroehlor. 1:750 occipital bzw. intralumbal ein, welche Therapie sieh uns (mit und ohne gleiehzeitiger Injektion yon reiehlich Pneumokokkenserum) seit vielen Jahren bei Pneumokokken- meningitiden gut bew/~hrt hat. Inzwisehen hatte sieh das Bild~ der stfirmischen unabh/ingigen Meningitis entwickelt, die erfahrungsgems eine schleehte Prognose hat. Der Kranke kam ad exitum.

Erst die Autopsie und die histologisehen Untersuchungen braehten Licht in das Dunkel der Zusammenh/~nge. Am Daeh der linken wie der rechten Siebbeinzellen haben sich irgendwann im Verlauf der ehronischen Sinusitis osteomyelitische Vorg/~nge abgespielt. Als Folge dieser entzfind- lichen Vorggnge, die auch auf die Dura iibergriffen, fanden wir rechts eine Verdickung dieser im Bereieh des kn6chernen Defektes. Leider ist

�9 -~er die Beobaehtung wurde bereits kurz berichtet (Ges. S/~chs.-Thiir. Ohren-, Nasen- und Hals/~rzte, 7. Marz 1938) 14.

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durch ein Migverst/~ndnis des betretfenden Obduzenten die Dura nicht aufbewahrt worden, so dag dieses Gebiet nieht histologiseh untersueh~ werden konnte, sondern lediglieh die dicke Sch~zarte im Gebiet des K_nochendefektes links. Hier fanden sieh st~rke Ver~nderungen, die Iiir friiher hier spielende Entziindungsvorg~nge spraehen (Abb. 1). In der Regio olfaetoria linden sieh nebeneinander derbe Sehwartenbildung, Knochenneubildung und in dieses narbige Gebiet verwachsen chronisch

Abb. 1. Fal l 1. S c h w a r t e aus tier Gegend 4er L~mina cr ibrosa. Fila o l fac tor ia (1), chronisch entzfindliche Sch le imhaut (2), Knochenneub i ldung (3).

entztindete Schleimhaut. Ich mSchte nicht annehmen, daft es sich hier etwa um yon der Erkrankung benachbarter Siebbeinzellen in Mitleiden- sch,~ft gezogene Dura im Gebiet einer angeborenen Dehiszenz handelt, da, wie aus dem Schrifttum hervorgeht, die Bedeutung der D ehiszenzen praktisch doch nur gering istl~; auch Wirkung yon Druck allein diirfte nicht in Frage kommen. Wir kennen die grofte Bedeutung osteomyeliti- scher Vorg/inge fiir die Entstehung rhinogener Komplikationen an Hirn- h~u~en und ttirn, worfiber sparer noch mehr zu sagen sein wird. Auch hier diirite die KnochenzerstSrung durch Osteomyelitis erfolgt sein, wobei die benachbarte Dura in Mitleidenschaft gezogen wurde. Natfirlich war auch die Frage zu er6rtern, ob bier nicht eine Fo]ge einer Verletzung gelegentlich friiherer Eingriffe vorl/tge, da ja doch im vorderen Siebbein- zellengebiet operiert worden war. Die friiher behandelnden Fach~rzte teilten mit, da ] nichts beobachtet worden sei, was liir cine Verlctzung gesprochen hs auch waren irgendwelche cerebralen Erscheinungen

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nicht aufgefallen; reehts lag zudera der Knochendefekt hinten, also in einem Gebiet, das be i den daraaligen Eingriffen nicht bertihrt worden war.

Von der infolge der Osteomyelitis entstandenen Pachymeningitis aus kam es zum Ubergang auf die weiche I-Iirnhaut und das Gehirn; dal~ der bei der Aut~psie gefundene Hirnabszel~ (Abb. 21) nicht frisch war, ergaben eindeutig die Vers in seiner Umgebung, wie Gefs

Abb. 2. Fall 1. ~Vand des St i rnhirnabszesses . Zerfal lende L c u k o c y t c n im GefliBlumcn.

nekrosen und alte thrombophlebitische Vorg/s (Abb. 2), perivaskul~re Blutunge n und Rundzelleninfiltrate (Abb. 3); ira Abszel~ selber fanden sich zerfallene Leukoeyten. I%ben der frischen leukocyt/iren Lepto- meningitis (Abb. 4) zeigten sich an der weichen Hirnhaut Ver/~nderungen, die f[ir frfiher durchgeraachte Entziindung sprachen (Abb. 5).

Ist die Entstehung der alten Ver/inderungen auf Grund des Befundes einleuchtend, so ist die Beantwortung der Frage, Wie es zu der frischen Meningitis kain, schwieI%er. Es lag nahe, dafl die Infektion durch das Gebiet der alten Duravers erfolgt sei, um so mehr als auch in dem Gebiet der Schwar~e sich noeh entziindete Schleimhaut fand. Wir haben jedoch in dem bei der Operation excidierten Sttick in dem Narbengebiet nirgends frische Infiltration feststellen kSnnen, insbeson- dere sind auch die Lymphscheiden der Olfactorinsfasern, yon denen wir wissen, dab sie bei Erkrankung der Sehleimhaut ira oberen Teil tier Nase so h/iufig Wegleitung aach dem Sehiidelinnern werden, frei yon frischen Ver~nderungen. Die Nervenfasern selbst zeigen als :Folge des

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alten Prozesses eine Vermehrung des Bindegewebes. Bemerkenswer~ sind die alien Ver/~nderungen in dem aus diesem Gebieb bei der Sek~ion

Abb. 3. Fal l 1. Per ivaskul i i re Rundzel leninf i l t ra te u n 4 Blu tungen in der U m g e b u n g des Stirnhirnabszesses. S. 338 u. 361.

.u 4. Fall 1. Vorwlegend leucoc:r~'Sre In f i l t ra t ion in fibr6s ve r~nde r t e r Pia. S. 338 u. 361.

entnommenen Material (Abb. 1); hier finder sich fibrigens s~rkere, auch ]eukocyt~re Infiltration, die ers~ nach der oper~tiven Inangriffnahme

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dieses Gebietes entstanden sein diirfte. Auch hier linden sich nebenein- ander hyalinisierte Dura, schwartiges Narbengewebe, Knochenneubfldung und drfisenreiche Schleimhaut. Diese Sehleimhaut ist zum Tell gar

2Lbb. 5. Fal l 1. FibrSs ve rhnde r t e P ia m i t leucocyt~rer In f i l t r a t ion in sgarkere VergrSl~erung. S. 338 u. 3 6 t .

2~bb. 6. Fa l l 1. Fibr6s Ver~nderte Olfaetoriusfasern. S ta rke f ibr6se Kapse l u m die yon einzeinen Bindegewebsfasern m i t F ibroblas ten durchzogene per ineurale Scheide. S. 341.

nich~ ver~nder~, zum Tell rund- und plasmazelluls infiltriert, polymorph- kernige Leukocyten gehgufter nur in dem Lumen einiger Driisen, im iibrigen nur sp~rlieh vorhanden, in dem s~grker infil~rierten nasalen Ge- bier der Sehwarte nur vereinzel~ Leukocy~en. Das ~Iarbengewebe ist im

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fibrigen grol3enteils nieht infiltriert, zum Tefl finder sieh rund- und plasma- zelluls Infiltration, sps Leukocyten. Die Olfaetoriusfasern sind bindegewebig durehsetzt, zum Teil ist das Nervengewebe nieht mehr deutlieh. Die Lymphscheiden sind leer und zum Tefl ziemheh weir; ihre . ~ul3ere Begrenzung hebt sieh zum Tefl als bindegewebige Kapsel ab, die besonders an einer Stelle, wo sie zugleich ein Gefs mitumsehliegt, reeht stark ist ; die Lymphseheide ist bier yon einigen Bindegewebszfigen mit Fibroblasten durehzogen (Abb. 6). Bei anderen Nervenfasern ist die Lymphseheide nieht so deutlieh, besonders ausgepr/~g~ ist dies an

~kbb. 7. Fall I . Verwaschene Grenze zwischen f ibrgs ve r~nde r t e r Olfactor iusfaser u n d u m g e b e n 4 e m Narbengewebe .

einer sehr stark bindegewebig durchsetzten Nervenfaser, die eine scharfe Grenze gegeniiber dem umgebenden Narbengewebe nieht zeigt (Abb. 7). In diesem Gebiet finden wit neben den l~und- und Plasmazellen aueh polymorphkernige Leukoeyten; diese frisehe Infiltration erstreekt sieh yon dem nasalen Gebiet der Sehwarte hierher, 1/~gt sieh aber duraw~rts nieht weiter verfotgen. Die Dura ist stark verdiekt, hyMinisiert. Die frisehe leukoeyt/~re Infiltration finder sieh nur in dem bei der Autopsie, also einige Tage nach dem in jenem Gebiet vorgenommenen Eingriff, entnommenen Material, dfirfte also erst naeh diesem Eingriff ent- standen sein.

Die Tatsaehe, dal3 wir die StirnhShle nieht ebenfalls bei dem ersten Eingriff radikaloperier~ hatten, sondern uns nur auf die Sehaffung guter Abflugverh/~l~nisse dureh die Freilegung des Ostiums dutch Entfernung der Siebbeinzellen besehr~nkt batten, dfirfte wohl kaum eine Rolle spielen, um so weniger, Ms die Erreger der frisehen Leptomeningitis in der Stirnh6hle nicht gefunden wurden, sondern fast nut Staphylokokken.

Sieheres fiber den etwaigen Weg der ~berleitung k6nnen wir bier, da uns ja such dutch das erw~hnte MiBgesehiek die fibrige Dura nieht mehr zur Verffigung stand, nieht aussagen. Dal3 die gleiehen Vorgs

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die einige Tage nach der Operation zu dem kollateralen Odem im Gebiet der Orbita gefiihrt haben, eine RoUe spielen, ist nicht ausgeschlossen; ich werde darauf s p ~ e r zuriickkommen. Es kann aber auch noch eine andere M6glichkeit fiir die Entstehung der frischen Meningitis in Frage

kommen , n~mlich das Auf- flackern eines ruhenden sub- duralen oder meningealen Ent- ziindungsherdes an der Basis des Stirnlappens, entweder trotz aller beobachteten Vorsicht durch die operativen MaBnah- men oder ganz allgemein durch Steigerung der Virulenz vor- handener Erreger oder Herab- setzung der Abwehrkraft bei dem Patien~en, bei dem wir naoh dem Szktionsbefund das

Abb. 8. Fall 2. Eitrige 0stcemyelitis mit hcrd- Vorliegen eines chronischen f6rmigei, l~nochenzerst6rung (linke StirnhShle septischen Zustandes anneh-

9.3.) S. 369. men mtissen; vielleicht hat auch das ungeeignete Verbal- ten des Pat . hier eine Rolle gespielt, oder auch ein hinzu- kommender akuter Infekt, wo- bei vielleicht auch die hoch- gradige eitrige Bronchitis nicht ohne Bedeutung war.

2. Im Verlauf einer chronischen beiderseitigen Pansinusitis kommt es bei einem 45j~thrigen Mann zu osteomyeli t ischen Knochenzers t6- rungen a m Boden und an der t t in te rwand der re. sowie der orbi- ta len W a nd der li. StirnhShle mi t

Abb. 9. Fall 2. Eitrig-granuliercndc Osteom3"elitis Durchbruch nach aul]en re. im (Stirnbein 28.3). S. 369. Gebiet des Oberlides. Operations-

scheu und falsche Deu tung des Vorgangs ftihren zur Verschlechterung. Als endlich die Klinikeinweisung erfolgt, kann wegen Angina mit naehfolgendem Peritonsillarabszel] der notwendige Ein- griff nicht vorgenommen werden. Die nach 3 Wochen vorgenommene Radikal- operation der re. StirnhShle nach Riedel, der li. nach ~itter.Janssen mit Ausr~umung der Siebbeinzellen und der KeilbeinhShle beiderseits scheint anfangs Erfolg gehabt zu haben, dann entwiekelt sich jedoch zuerst li. eine fortschreitende Osteomyelitis (Abb. 8). Ungefahr 3 Wochen nach der ersten Operation Radikal- operation der li. StirnhShle nach Riedel nnd Wegnahme des auf Osteomyelitis (Abb. 9) verdaehtigen Knochens, auBerdem wird nun die bei der ersten Operation vorerst zuriickgestellte Radikaloperation der beiden KieferhShlen nach Caldwell-

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im Verlauf chroniseher Nasennebenh6hlenentziindungen. 343

.Luc vorgenommen, in denen sich sehr alte Ver~inderungen der Schleimhaut mit Knochenneubildung finden. Nur vortibergehend anscheinend Besserung, die Er- krankung kommt nicht zum Stillstand. Prontosil, Blut~ransfusion sowie 6rtlich R6ntgenbestrahlung und Lebertranbehandlung bringen keine Ver~nderung. Atl- gemeinzustand und Blutbild verschlechtern sich. Ganz allm~hlich geht eine Ver- ~nderung im psychischen Verhalten des Kranken vor. Neurologischer Befund und Liquor ergeben auch jetzt noch keine Best~tigung des Verdachtes auf cere- brMe Komplikation. Die psychischen Ver~nderungen nehmen zu, schliel31ich treten auch topisch verwertbare Anzeichen im neurologischen Befund in Erscheinung. Der Liquor zeigt nun endlich eine Pleocytose im Sinne einer abh~ngigen N[enin- gitis. Daher 19 Tage nach dem letzten Eingriff erneute Operation mit weiterer Durafreilegung und Hirnpunktion, wobei ein grol]er, abgekapselt erseheinender StimhirnabszeB er6ffnet wird. Trotz guter Drainage des Abszesses in Muckseher Stellung keine Besserung des Zustandes, Exitus am 4. Tage nach der Abszel3- entleerung.

Es handelte sieh sicher um eine seit Jahren bes~ehende chronische Sinusitis. _&us der Vorgesehichte war jedoch vorerst niches in bezug auf endokranielle Komplikation zu ermitteln. Der Kranke hatte immer etwas sonderbar auf die mit ihm in Beriihrung Kommenden gewirkt. Er hat~e eine merkwfirdige Gehemmtheit gezeig~. Erst in den letzten Tagen seiner Erkrankung erhielten wir eine zum Tefl nicht unwesentliehe Er- g~nzung der Vorgeschichte. W~thrend des Weltkrieges habe sehon einmal eine Stirnh6hlenerkrankung bestanden, aueh einmal Besehwerden, often- bar heftige Kopfsehmerzen, die man auf den Einflul3 einer langen Sonnen- bestrahlung zurfickfiihrte. Vor allem aber effuhren wir yon einer naeh dem Kriege durchgemachten Grippeerkrankung ohne Fieber mit Spraeh- st6rungen; es habe mit dem Sprachzentrum zusammengeh/ingt, er habe sieh manehmal auf ihm sonst gel/~ufige Worte nieht besinnen k6nnen, z. B. bei seiner geseh/~ftliehen T/Ltigkeit. Der Hausarzt habe gesagt, die "0berwindung der StSrung sei eine ~amgelegenheit der Willenskraft; die Erseheinungen h~tten sieh dann aueh allms verloren. Bedenkt man den Operationsbefund eines Stirnhirnabszesses mit derber Kapsel- bildung und daneben die Tatsaehe, dai3 er eine zwar nieht krankhaft wirkende, aber doeh auffallende Pers6nlichkeit war, so kann man nieht an der Er6rterung der Frage vorbeigehen, ob der Abszel3 nieht bereits damals entstanden sein kSnnte oder bereits bestanden babe und sieh dutch Fernwirkung auf den Sehl/~fenlappen bemerkbar gemaeht habe, oder ob es sieh bei den StSrungen nieht um eine Spraehst6rung im engeren Sinne, sondern um unmittelbar veto S~irnhirnabszel3 hervorgerufene psy- ehisehe Hemmungen gehandelt haben k6nnte. Man mfiBte in diesem Falle eine sehr lange Latenz des Abszesses annehmen, die ja naoh den in der Literatur vorhandenen Mitteilungen immerhin nieht ganz ausgesehlossen werden kann. Mit Sieherheit kSnnen wir die Frage jedoeh nieht kl/~ren, um so weniger, als es nieht mehr m6glieh ist, yon/trzglieher Seite etwas fiber jene Erkrankung und die w/thrend und naeh ihr beobaehteten Er- seheinungen zu h6ren.

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844 Paul Ohnacker: Komplizierte Verwieklungen

Dag der. intrakranielle Prozeg in der Tat alt war, wurde durch den Befund bei der HirnabszeSer6ffnung als aueh durch die histologischen

Untersuehungen bests tigt. Da6 er eine Folge der alien Nasenneben- h6hlenentziindung war, kann man armehmen. Wo die t)berleitung er- Iolgt ist, kann allerdings nicht sicher gesagt wer- den. Hier bestehen ver- schiedene M6glichkei- ten. Die Bedeutung der Gegend der Lamina eri- brosa fiir die Uberlei-

2LOD. 1U. ~au ~. ~arKe ilorose veranaertmg tung aus der Nase nach der Olfact oriusfasern.

dem Sch/idelinnern ist bekannt, insbesondere Jacobsgaard la hat uns wieder gezeigt, welche Bedeutung tier Erkrankung der Schleimhau~ im oberen Tefl tier Nase flit den ~bergang nach dem Sch/idelinnern durch die Lymphscheiden der

Olfactoriusfasern zukommt. In der Tat finden sich in der Redo olfactoria Ver/inde- rungen, die dafiir sprechen, dag hier, und zwar schonvor l~ngerer Zeit, entziindliche Vorgi~nge gespielt haben. Die fibrSse Durchsetzung der Olfactoriusfasernist sehr stark (Abb. 10 und 11), zum groBen Teil ist yon Nerven- gewebe nichts mehr zu er- kennen. Auch das sie um- gebende Gewebe ist sehr fibr6s, zu m Teil hyalinisiert. Diese sehr starken binde- gewebigen Ver~nderungen sprechen dafiir, dab die ihnen

zugrunde liegenden Vorgs schon Iange zuriickliegen. Rundzellen finden sich nur sp/~rlich, real perivaskul~r mehr, Leukocyten werden nicht gefunden. Die Lymphscheiden teils welt, teils schmal, auch hier keine

* Dies u n d noch anderes, wie z. B. auch der - - vielleicht in der Nichtan- wendung yon S tu fenschn i t t en begriindete - - h~ufigere Befund al ter Ver~nderungen a m Nervengewebe gegentiber solchen im Gebiet der Lymphsche iden , bedarf der K l a r u n g ; wir sind u m die Un te r suchung geeigneten Materials bemiiht .

Abb. 11. Fall 2. Starke fibrSse Veritndervmgen einer Olfactoriusfaser. (Perineurale Lymphscheide hier im Gegensatz zu Abb. 10 sehr welt erscheinend. Ob

es sich hierbei um intravitale ocler postmortale Veriin4erungen handelt, bleibe dahingestellt) *.

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im Verlauf chronischer NasennebenhOhlenentzfindungen. 3 J 5

Infiltration, kein zelliger Inhalt. In dem anh/~ngenden Knochen Mark- fibrose, die ebenialls eine sehr starke Bindegewebsbildung aufweist (Abb. 12). Es w~ire immerhin mSglich, dab der ProzeB, der zu diesen narbigen Vers geffihrt hat, seinerzeit die Ursache der Uber- leitung zum Sehs gewesen ist. Es k6nnen/~ber aueh die sehon friiher in anderen Gebieten spielenden osteomyelitisehen Vorg~inge yon Bedeutung gewesen sein. Ob die reehte oder die linke Stirnh6hle der Ausgangspunkt war, bleibe dahingestellt. Rechts fanden wit zwar den stgrkeren Befund, doch" sprechen die intermittierenden linksseitigen Sehwellungen daffir, dab hier sehon mehrfach akute Exacerbationen gespiett hatten. Eine unmittelbare LTberleitung naeh dem Schgdelinnern br~ueht j~ dabei nieh~ erfolgt zu sein, wenn die Weiterversehlep- pung der Infektion auf dem Wege der Diploe- venen erfolgt, wodurch ein Ubergang au~ alas Seh/~delinnere an ande- ren Stellen, ja unter Umsts aueh jen- seits yon Knoehenngh- ten, vons ta t ten gehen kann 16. Nehmen wir an, dab der Absze8 sehon vor Jahren infolge osteo- myelitiseher Ver/~nde-

rungen entstanden sei, _~bb. 12. Fall 2. Atte l~arkfibrose. so ws demnach diese wieder zur l%uhe gekommen. Dies ist durehaus m6glich. Die intermittieren- den Sehwellungen fiber dem li. Augenwinkel und fiber der Nasenwurzel deuten ja darauf hin, dab hier mehrfaeh akute Erscheinungen yon Zeiten der Ruhe abgel6st wurden. Schmidt hat darauf hingewiesen, dab besonders osteomyelitisehe Vorg~nge im Gebiet der vorderen, hinteren und unteren Stirnh6hlenwand h~ufig umsehrieben bleiben. Es kommt aber auch im Gebiet des Stirnbeins vet, dab osteomyelitisehe Prozesse wieder zur Ruhe kommen iv. Auch wir sahen, dab eine im R6ntgenbild deutlich naetiweisbare, kliniseh durch die typische kissenartige Sehwellung ge- kennzeichnete Osteomyelitis des Os frontale ohne operative lV[aBnahmen zur guhe kam is, und haben aueh andererseits mehrfaeh gesehen, dab eine fortsehreitende Osteomyeli~is des Stirnbeins keinerlei, geschweige denn die genannte eharakteristisehe kissenartige Sehwellung verursaehte. Es ist also durehaus mSglieh, dab aueh hier sehon vor 1929 eine 0steo- myelitis gespielt hat, die die Ursaehe zur Entstehung der histologiseh nachgewiesenen alten Vedinderungen an der harten und weiehen Him-

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346 Paul Ohnacker: Komplizierte Verwicklungen

haut sowie des Stirnhirnabszesses wurde, ohne dab der Kranke, sower er sich noch darauf besann, /~ul]ere Ver~nderungen bemerkt hatte. Ein Schwe]lungszustand wurde yon ihm zuerst ffir das Jahr 1929 angegeben. Da uns die Angaben fiber jene mit Sprachst6rungen einhergehende ,,Grippeerkrankung ohne Fieber" mangels sicherer Unterlagen zu einem Schlu$ in bezug auf Entstehung des Abszesses nicht berechtigen, kann dieser ja aueh infolge der sparer wiederholt spielenden osteomyelitischen Schfibe ents~anden sein.

Das Wesen d e r Osteomyelitis des Stirnbeins und ihre Wichtigkeit f/ir die Entstehnng der rhinogenen Komplikationen sowie die Bedeutung

der Diploevenen fiir ihren Verlauf hat uns neben v. E i c k e n 19-27 vor allem aueh die Z a n g e s e h e Sehule 15-17, 2s, 29 gelehr~.

Konnte diese Erkrankung also fiir die En~stehung der bei Eintri t t des Kranken in unsere Behandlung bereits bestehenden intrakraniellen Kompli. kation yon Bedeutung gewesen sein, ob nun friiher zurfickliegende oder die noch yon uns beobachteten Erschei- nungen eine Rolle gespielt h~ben, so waren es wieder osteomyelitische Vor. g~nge, die den unaufhaltsam ungfinsti- gen Verlauf der Erk?ankung und die Reinfektion bzw. die akute Exacerbation des alten ttirnabszesses verursachten. Der akute Infekt lieB die umschriebene

A b b . 13. Fa l l 2. Vorde re Hi rnabsze l l - w a n d . L e u k o c y t e n u n d Rundze l l en in 0steomyelitis in die fortschreitende Lymphscheide und Umgebung eines Form fibergehen, bzw. zeitigte das

Blutgef~tl~es. Operationstrauma in Gemeinsehaft mi~

dem akuten Infekt diese ungfinstigen Auswirkungen. DaB akute Infekte bei der Entstehung der fortschreitenden Osteomyelitis eine Rolle spielen, ist wiederholt beobachtet. DaB eine Reinfek~ion bzw. ein aku~es Aufflackern des Stirnhirnabszesses erfolgt war, konnten wir auch histologisch nachweisen. In einem bei der Operation entnommenen Stfickehen der vorderen AbszeBwand, das im Gegensatz zu einem anderen Wandteil eine nicht sehr feste - - leicht 16sbare Verklebung mi~ der Dura zeigte, fanden wir leukocyti~re Infiltration in den ffir die HiinabszeB- entstehung so wiehtigen perivasku1~ren Lymphscheiden (Abb. 13). Und w/~hrend wir in anderen Teflen der AbszeBwand sehr starke fibr6se Ver- /~nderungen im Sinne einer ausgesprochenen Kapselbildung (Abb. 14) fanden, zeigten sieh entsprechend dem bei der Nachbehandlung des Abszesses in seinem hinteren Tell erhobenen Befund in den hier enr nommenen Wandstfiekehen Herde frischer leukocyt~rer Infiltration ohne scharfe Abgrenzung (Abb. 15). Diese fortschreitende eitrige Encephalitis

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im Verlauf chronischer NasennebenhShleneatztindungen. 347

Abb. 14. F~dl 2. Al te :[Iirnabszei3wand. Yibrobh/sten und rein vcr r loch tene 1)indegcwebige Yasern, dazwischen zahlreiche Rund- und Plasmazel lcn sowic vcrcinzelto pol,v:morph-

kernige Leukocy tcn . S. 346 ~1. 370.

&bb. 15. F~ll 2. For t schre i t endc ~kbscedicrung. ~[crtle polynlorphkernig 'cr L e u k o c y t e n mi t unschar fe r Begrenzung gegcniibcr dcm t f i rngcwcbe. Leukocy tcn , t~lmd- un4 P lasmaze l l ea

in den lV~inden un4 L3-mphschcidcn dcr bcnachbar t en GefiiP.c.S. 3:t6 u. :~70.

war es, die der Abszeflentleerung trotz gtinstiger EntfMtung und Drainage den Erfolg versagte.

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348 Paul Ohnacker: Komplizierte Verwicklungen

Hs man den StirnhirnabszeB nicht frfiher diagnostizieren k6nnen ? Das erste, was, zumal angesichts des Vorliegens yon Knochenzer-

stSrungen in den ~ul~eren Stirnh6hlenw~nden, bei denen nach unserer Erfahrang unter Umst/~nden mit gleichzeitiger Kuochenzerst6rung im Gebie~ der Hinterwand gerechnet werden mul~, die M6glichkeit einer eerebralen Komplikation er6rtern lieB, war die nach einem nachtlichen Verwirrtheitszustand tagelang festhaftende, in niches Begrfindung fin- dende Vorstellung des Kranken, operiert worden zu sein. Da aber im iibrigen neurologisch nichts sicher Verwertbares nachzuweisen war, auch der Fundus ocu]i keine Veranderungen zeigte, dachten wir an die M6g- lichkeit yon Fiebervorstellungen oder einer Art Infektpsychose, auch die Frage etwaiger Abstinenzerscheinungen bei dem starken Zigaretten- raueher wurden er6rtert, ohne dab wir etwas Sicheres ergrfinden konn~en; jedenfalls war man im Hinbhek auf den negativen Befund geneigt, an- zunehmen, dab es sich bei dem fiberaus ~ngstHchen, operationsseheuen, ~uBerst hypochondrischen labflen l~[ann, den man ja als etwas eigentfim- liehe Pers6nIiehkeit kannte, um etwas rein Psychisches handelte, umso mehr als ~ die friiher genannte Erg~nzung der Vorgeschichte damals und auch fiber die n~chsten Wochen noch nicht kannten, vorerst auch ~hnliches sich nicht ereignete, der Nervenbefund auch weiterhin nichts Verwertbares bot, der Augenhintergrund regelrecht bheb, und zudem die laufende Liquorkontro]le nichts Abnormes ergab, mit der einen Ausnahme, dal~ ein einziges ~ a l (einen Tag nach der ers~en Operation) eine ErhShung der reduzierenden Substanzen gefunden wurde, ein Befund, der ftir sieh aUein und vor ahem bei nut einmahger Feststellung zu irgendwelchen Schlfissen nich~ bereehtigte, sondern nut eines yon den l~omenten dar- stellte, die uns den Verdacht auf HirmabszeB er6rtern ]leben, tier im weiteren Verlauf immer wieder auftauchte, aber in dem Untersuchungs- befund lange Zeit keine Stiitze fand. Erst sparer kam es zu dem eigen- tiimlichen psyehischen Verhalten des Kranken, gelegentlich auch wieder zu einem auf BewuBtseinstriibung hindeutenden Vorkommnis, das aller- dings auch dieses i~Ial seinen Grund in Fieberverwirrtheit haben konnte.

SchlieBlich war aber nicht mehr an dem Bestehen einer intrakraniellen Komplikation zu zweifeln und nun, wo deutliche Erscheinungen vorhanden waren, .wies auch endlich der Liquor durch den einer abh~ngigen Meningitis3O, 31 entsprechenden Befund auf das Bestehen des Herdes hin. Der Fundus btieb, nun wohl infolge der ausgedehnten Trepanation, bis zuletzt regelrecht. Besonders bemerkenswert waren die Ver~nderungen der Psyche des Kranken, zuers~ die manieriert ,,zackige" Art seiner Ant- worten und dann besonders sein auffaUend stilles Verhalten.

Die Schwierigkeiten ffir die FeststeUung des Stirnhirnabszesses lagen, abgeschen yon dem Fehlen typischer Erscheinungen und yon den nega- riven Liquorbefunden, was beides in dem Ruhen des allen Abszesses seine Ursache gehabt haben diirfte, in dem Verwischtsein des Bfldes

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im Verlauf ehroniseher NasennebenhShlenentzfindungen. 349

durch die akute Exacerba t ion der Osteomyelitis. Die E r ke nnung wurde in der Ta t aueh erst m6glieh, als der AbszeB aus dem Stadium der Ruhe herauskam. Ob eine friihere Er6ffnung des Abszesses ein anderes thera- peutisches Ergebnis gehabt h/~tte, ist sehwer zu sagen. S2hr wahrsehein- lich ist es bei der aku ten Exacerba t ion der Osteomyelitis und deren fortschrei tendem Charakter nieht.

3. Alte l~olypSse Pansinusitis bei 64jahrigem Mann. Bei Radikaloperation yon KieferhShle, Siebbeinzellen und KeilbeinhShle ]i. blutet es pulsierend am Dach

Abb. 16. Fall 3. Zellarme Fibrinpfr6pfe in Arterien unfl Vene. Fibroblasten und Leuko- eyten in der Wand der Vene. Dura mit • des etwas zellreichen Bindegewebes.

S. 350 u. 372.

des Siebbeins aus einem den Knochen durchbohrenden ziemlich starken Gef~B. Wegen der Beffirchtung, dab dieses oder das perivaskul~re Gebiet zur Wegleitung einer Infektion zum Intrakranium werden k6nnte, sorgsame Sehonung der Gegend und Aufbringung yon Jodtinktur und Trypaflavin. In der Tat kam es am 6. Tag nach dem Ein~iff zu Meningitis. Sofortige Freilegung des betreffenden Gebietes mit Wegnahme der Lamina eribrosa konnte den t5dlichen Ausgang nicht aufhalten, obwohl sich der Liquorbefund zu bessern sehien.

Erst die Autopsie ergab auch bier die Kl~rung ffir den Verlauf. Sie rechtfert igte die Bedenken betreffs des bei der Operat ion beobachteten, das Daeh des Siebbeins durchbohrenden Gef/iBes; die mikroskopische UnCersuchung der Dura in dem betreffenden Gebiet wies thrombo- phlebitische Ver/ inderungen hath.

Bei dem in l%age kommenden Gef/iBe handelt es sieh um die yon Zuckerkandl a2 besehriebene, vom Agger nasi herkommende Abzweigung der Vena ethmoidalis anterior. Er zeigte, dab diese Vene dureh die Siebplatte in die Seh/idelh6hle eindringt und entweder in das Venengefleeht des Traetus olfaetorius oder direkt in eine starke

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350 Paul Ohnacker: Komplizierte Verwicklungen

Vene am Orbitallappen ilbergeht, und wies auf die besondere Bedeutung dieser Verbindung zwischen ~'asenschleimhaut und Pia hin.

Die Thrombophlebitis dieses Gef~l]es (Abb. 16) hat nun einmal eine Infektion des Knochenmarks (Abb. 17) hervorgerufen, wohl durch Ver- mittlung yon Verbindungen zu den Diploevenen, auBerdem abet kam es zu entzfindlichen Vorg~nge n an der harten und vor allem auch der weichen Hirnhaut, in deren Gebiet sieh fibrigens neben diesen frischen Ver~nderungen Residuen einer frfiher durchgemachten Entziindung naehweisen lieBen (Abb. 18). Sehr heftig scheint die jetzt aufgetretene

Infektion offenbar nieht gewesen zu sein bzw. sie wurde dutch den entlastenden Eingriff gfinstig beeinflul3t. Bakterien wurden mikroskopisch und kulturell im Liquor nie gefunden, und es blieb dieses aueh so bis zum Tode. Es handelte sieh um eine abh~ngige Meningitis, abhs einmal yon den Vorg~ngen an der Dura in der Gegend des genannten Gebietes und der im weiteren Vordringen der In- fektion entstandenen umschrie-

.-kbb. 17. Fa l l 3. F ib r6se s , y o n zah l r e i chen L e u k o - benen Leptomeningitis, abh~ngig c y t e n d u r c h s e t z t e s K n o c h e n m a r k in der N a c h - aber auch yon der bei der b a r s c h a f t de r t h r o m b o p h l e b i t i s c h v e r ~ n d e r t e n

Vene. s. ~7~. Autopsie :aufgedeekten Pachy- meningitis haemorrhagiea in-

terna (Abb. 19), die, vielleicht dureh den Einflul~ des Operationstraumas, einen neuen Schub erfahren haben diirfte, andererseits aber aueh einen guten Boden ffir die Infektion ergab, die vielleicht ohne das gleiehzeitige Bestehen der Paehymeningitis haemorrhagica interna naeh der entlasten- den Operation zuriickgegangen w~re. Leider haben wir vor dem Auftreten der cerebralen Erseheinungen keine Liquorpunktion vorgenommen, k6nnen also nicht sagen, ob bereits Liquorver~nderungen bestanden haben. Dal] solche z. B. im Sinne einer abh~ngigen Meningitis bei der genannten Dura- erkrankung vorkommen, konnte ich gelegentlich einer frfiheren Beobach- tung zeigen ~2. Als Ausdruek der abh~ngigen Meningitis hat ten wir hier vor allem den zum Teil sprunghaften Weehsel der Liquorzellzahlen ~~ ebenso die wechselnden Werte der reduzierenden Substanzen 34. Dieser Befund liel~ immer wieder den Verdacht auf das Bestehen eines Hirnabszesses aufkommen, fiir den aber neurologiseh nicht geniigend Anhalt bestand. Der Tod erfolg~e an ttirnl~hmung. Es land sich neben den bereits be- schriebenen Ver~nderungen ~dem und Sehwellung des li. Stirnlappens. Die Autopsie ergab aber noch einen interessanten Nebenbefund in

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im VerlauI chronischer Nasennebenh6hlenentzfindungen. 351

Geslalt eines t tohlraumes im Stirnhirn. Der erste Gedanke war, insbeson- dere in Erimmrung an Fall l , dab wit wieder einen al~en ttirnabszeB vor uns hasten. Die his~ologische Untersuchung zeigte aber, dab es sich bei

Abb . 18. Fa l l 3. Vercl ickte, f ibrSs ve r~nde r t e P i a m i t e rwe i t e r t en Biu tge f~Ben; in de ren U m g e b u n g A n s a m m h m g e n y o n p o l y m o r p h k e r n i g e n Leukoc3- ten, R u n d - u n d P l a smaze l l en .

S. 350.

Abb, 19. Fall 3. Pachymcningitis haemorrhagica interna. 8,350 u, 373.

dem gla~twandigen leeren Hohlr~um vielleicht um einen Nebenventrikel handel,. (N'/iheres dariiber wird in anderem Zusammenhang berichte~.)

Es is~ noch die Frage zu priifen, ob sich der ung/instige Ausgang hatte vermeiden lassen, insbesondere ob das Verbleiben des Infeklionsherdes in der j~ nicht operierten Stirnhbhle die Affizierung des Intrakraniums herbeigef/ihr~ oder beg/ins~igi babe. Eine virulence Infek~ion der S~irn-

A r c h l y f. Ohren- , Nasen - u. ]~eh lkopfhe i lkunde . Bd . 149. 23

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352 Paul Ohnacker: Komplizierte Verwicklungen

hShle hatte, wie die bakteriologische Untersuchung ergab, g~r nicht be- st~nden. Es wurden lediglich mikroskopisch vereinzelte zerfallene Kokken in dem Abstrich aus der StirnhShle gefunden, die Kultur blieb steril. Es ist also nicht anzunehmen, dab die Infektion yon hier erfolgte. Auch haben sich rhinoskopisch keine Hinweise auf noch bestehende Eiterung, etwa aus der in die Stirnh6hle hineirrreichenden, nach der Nase gut geSffneten Bulla frontalis ergeben. Der ungiinstige Ausgang diirfte neben dem gleichzeitigen Bestehen der Pachymeningitis haemor- rhagica interna dem Umstand zuzuschreiben sein, dab es sich um einen ~lteren, in verschiedener Hinsicht bereits gesch~digten Mann handelte (Herz, Gef/i.13system).

Eine entscheidende ~herapeutische Beeinflussung der Pachymeningitis haemorrhagica interna w/~re bei der Art ihrer Lokalisation an der Basis auch dann nicht mSglich gewesen, werm sie in vivo erkannt worden w/~re. Diese Lokalisation ist an sieh selten. Charakteristische Erschei- nungen, die anf diese Erkrankung hingewiesen h/~tten, fanden sich nicht; da$ mehrfach im Liquor Sanguis nachgewiesen wurde, konnte gut aus dem vorgenommenen Eingriff abgeleitet werden, zudem war ja das Bfld dutch das gieichzeitige Bestehen vor allem' der frischen rhinogenen intrakra- niellen Ver~nderungen komptiziert. Wie auSerordentlich grol~ hier die Schwierigkeiten sein kSnnen, babe ich seinerzeit in bezug auf die Stellung der Pachymeningitis haemorrhagica interna in der Differentialdiagnose otitischer GroI~hirnkomplikationen ~3 dargetan; fiir rhinogene Grol3hirn- komplikationen gilt dieses nicht minder, ja die Lage ist hier noch ver- wickelter, weil die Erkennung dieser selbst oft genug an sich schwierig ist, da es an irgendwelchen charakteristischen Symptomen fehlen kann, und diese Komplikationen unter Umst/~nden nicht nur topisch verwert- bare, sondern iiberhaupt jegliche auf eine cerebrale Verwicklung hin- weisende Symptome vermissen lassen, wie dieses ja auch die Pachymenin- gitis haemorrhagica interna in der Zeit zwischen den Schiiben tun kann. So haben wir, obwohl durch die friihere Beobaehtung auf diese Dura- erkrankung anfmerksam, die Diagnose nicht gesteUt. Ob die an der Pia neben der frischen leukocyt/~ren Infiltration gefundenen hochgradigen alien Ver/~nderungen eine Folge friiher durchgemachter rhinogener Infek- tion der Leptomeninx darstellen oder ob sie mit dem Bestehen der Pachy- meningitis haemorrhagica interna in Zusammenhang stehen, kann nicht bestlmmt gesagt werden. ~ber die Entstehung der blutenden Dura hat sich nichts Sicheres ermitteln lassen. Dafiir, dal~ sie in der chronischen NebenhShlenerkrankung begriindet sei, hat sich kein sicherer Anhalt ergeben, auch nicht dafiir, dal~ etwa die den Piaver/~nderungen zugrunde- liegenden Vorg/~nge dabei Mittler gewesen seien*. Von allgemeinen,

* H a n k e ist zwar in seiner umfassenden Darstellung (Das subdurale H/~matom Berlin 1939) der Meinung, d~13 die Verhaltnisse bei Blutungen auf eLudeutig infek- ti6ser Grundlage bei infektiSsen Prozessen der ~achbarschaft, unter denen er auch

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im Verlauf chronischer NasennebenhShlenentziindungen. 353

die Genese dieser Duraerkrankung begfinstigenden Momenten ks neben der Endokarditis yon den durchgemachten Infektionskrankheiten vor allem die zur h/~morrhagischen Dia~hese neigenden in )'rage, n/~mlieh das gastrische Fieber (wohl Typhus abdominalis) und die Diphtherie. Unter den verschiedenen Traumen ist aueh ein sicheres Seh/~deltrauma angegeben. Ob dies oder die vorher genannten oder andere uns nieht bekannt gewordene Schs yon Bedeutung sind, kann nieh~ gesagt und auch aus dem histologisehen Befund nieht erkennt werden as.

4. Bei einer 22j~hrigen Artistin traten 14 Tage naeh einem fieberhaften gripp(isen Infekt, an den sich eine eitrgie rechtsseitige NebenhShlenerkrankung, die fach~rztlieh dureh KieferhOhlensptilungen behandelt wurde, angeschlossen hatte, meningiti- sche Erscheinungen auf. Bei der Operation wird eine stinkende rechtsseitige Pan- sinusitis gefunden, bei einem zweiten EingTiff wird neben sturken Duraver/~nde- rungen ein subduraler AbszeB, der auch die Hirnrinde in Mitleidenschaft gezogen hat, aufgedeckt. Ein Anhalt ftir einen StirnhirnabszeB wird bei einer naeh Er- g~nzung der einfachen StirnhShlenerSffnung dutch radikale Rieddsehe Operation vorgenommenen Exploration nicht gefunden. Unter schweren K_rampfanfi~llen und starker BewuStseinstrtibung tritt am 3. Tage nach der Klinikaufnahme der Tod ein.

Die Deutung der Zusammenh~nge ist in diesem Fall nicht leicht. Wie die histologische Untersuchung zeigte, hat es sich um eine alte Nebenh6hlenentziindung gehandelt. Die Erscheinungen der akuten Exacerbation iiberwogen in den Siebbeinzellen, waren aber auch in der Kiefer- und der StirnhShle, yon der die endokranielle Komplikation anfangs ausgegangen zu sein schien, deutlich vorhanden. Am Knoehen der Stirn- hSblenhinterwand war nichts zu erkennen. Immerhin war auffallend, dal~ bier die Schleimhaut teilweise fehlte, wenn auch der Zerfall der Schleimhaut z. B. fiir die Entstehung yon Knochendefekten bzw. Extra- duralabszessen weniger yon Bedeutung ist als die Entstehung dieser auf dem Gef~$weg 15, 37. Die Aufmerksamkeit wurde yon dieser Stelle abgezogen dureh das Au~treten yon Erscheinungen, die nich~ auf dan Stirnlappen, sondern eher auf den Schls hindeuteten. Es wurde daher, da die rhinogene Genese doch fraglich erschien, der Herd nicht yon der StirnhShle aus aufgesueht. Der Eingriff ergab dann auch einen die klinischen Erscheinungen gut erkl~renden Befund. Der Versuch, eine etwaige ~berleitung yon der StirnhShle auf das Gehirn fes~zustellen,

solehe yon Ohr, Nase oder 1N'ebenhShlen ausgehende anftihrt, meist recht klar l/~gen, doeh kSnnen wir Oto-Rhinologen dies nicht best~tigen. Der Nachweis eines Zu- sammenhanges mit Erkrankungen dieser Gebiete kann bei dieser erfahrungsgem/it] unzweifelhaft nur selten als oto-rhinogene Komplikation vorkommenden Erkrankung grSl3te Schwierigkeiten bereiten, so dab eine klare eindeutige Entscheidung nicht oft mSglich sein wird.

Ich habe hier die Bezeichnung Fachymeningitis h/imorrhagiea interna bei- behalten, obwohl ich mir darfiber klar bin, daf~ es sich bei dem hier behandelten Fall 3 mSglieherweise, bei Fall 4 sicher um das handelt, woffir man heute die Be- zeichnung subdurales Hiimatom vorzieht.

23*

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ffihrte zu keinem Ergebnis. l~brigens zeigten aueh bei der zweiten Ope- ration weder Knoehen noeh Dura dolt, wo bei der einfaehen Er6ffnung der Stirnh6hle ein Fehlen der Sehleimhaut festgestellt worden war, makroskopiseh Ver/~nderungen. Die rapide Versehleehterung verhinderte weitere Magnahmen.

Die Autopsie zeigte nun folgendes: Es bestand zwar eine eitrige Ence- phalitis mit Abszel]bildung im Gebiet des Stirnlappens. Es lag nahe, die Ursaehe dieser Komptikation in der akuten Exacerbation der Stirn-

h6hlenentziindung ws rend der Grippe zu suehen. Wesentlieh war der Befund einer Pachymeningitis hae- morrhagica in~rna, in deren Gebiet zugleieh eine eitrige Entziindung (Ab- bildung 20) mit subdura- lem Abszel~ aufgetreten war, mit gleiehzeitiger eitriger Entziindung auch der weichen Hirnhaut und ~bergang auf das Gehirn selber. Eine Rolle bei der Ausbildung der dutch die Paehymeningitis haemor- rhagica interna bedingten

xkbb. 20. Fa l l 4. Vers spielten Alte P a c h ~ ' m e n l n g i t i s h a e m o r r h a g i c a i n t e r n a (1) m t t offenbardie hs Seh~-

f r i s c h e r ~ibr inSs-ei t r iger E n t z f i n d u n g (2). S. 375. deltraumen, denen die

j unge 3s Artistin bei ihrer besonderen Aufgabe, schwere A_rtilleriegesehosse init dem Kopf bzw. Naeken aufzufangen, immer wieder ausgesetzt war. Ob noeh andere fiir die Entstehung der Paehymeningitis haemorrhagica wesentliche Schs einwirkten, lieB sieh nicht ermitteln. Obwohl, wie meist, im Gebiet der Konvexits lokalisiert, wurde die Pachymenin- gitis haemorrhagica interna als solche auch diesmal aus den klinisehen Erscheinungen nieht erkannt, sondern erst durch die histologisehe Unter- suchung des bei der zweiten Operation entnommenen Materials fest- gestellt. Infolge der eitrigen Infektion nicht nur der blutenden Dura, sondern aueh der Leptomeninx und des Gehirns selber war die klini- sehe Diagnose dieser Erkrankung ja auch nich~ m6glieh. Den yon uns erhobenen Liquorbefund glaube ieh als Ausdruek einer yon den umsehrie- benen eltrigen Ver~nderungen abh/~ngigen Meningitis ansehen zu mtissen. Bakterien wurden mikroskopiseh und kulturell nieht gefunden, ein Tier- versueh wurde allerdings nieht angestetlt 39. Der Verdaeht auf Stirnhirn- abszeB hatte bestanden. Der AbszeB wurde jedoeh nieht gefunden,

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was vielleicht durch weitere Punktionsversuche, yon denen wir ange- sichls des ja die klinischen Erscheinungen gut erkl~irenden iibrigen Be- fundes Abs tand nahmen, mSglich gewesen w/~re. Seine Er6ffnung ware ffir den weiteren Verlauf iibrigens nicht y o n Bedeutung gewesen, da es sich um einen frischen phlegmon6sen Prozel~ gehandelt hag.

Klarheit dariiber, wie es nun zu der Engstehung der endokranie]len Verwieklung gekommen ist, hag die Autopsie nicht ergeben. Die frisehen, entziindlich-eitrigen Ver/~nderungen /iberwogen im Gebiet der Siebbein- zellen. Leider haben wir versgum~, das Gebie~ der Lamina cribrosa histologisch zu untersuchen. Es k6nnte immerhin sein, dab hier der Ubergang auf das Seh/idelinnere erfolgt ist. Denn dafiir, dag dieses im Gebiet der StirnhShlenhinterwand geschehen sei, hag sieh ja kein sicherer Anhal t gefunden. Ffir nicht ganz unwahrscheinlich hal~e ich, dab die eitrige Infekt ion des In~rakraniums metastat iseh im Verlauf der f ieberhaften Grippeerkrankung erfolgte. DaB die ausgesprochenen starken menin- gitischen und eerebraten Symptome ers~ so viele Tage naeh dem Anf- t re ten dieses Infektes in Erscheinung traten, sprieh~ nieht dagegen. Ob die Kieferh6hlenspiilungen im Zustand akuter Entzf indung eine Rolle gespielt haben, kann jetzt nich~ mehr entschieden, die M6glichkeit muB aber erwogen werden. Gerade bei der Annahme einer metastat isehen Ents tehung kann man sieh gut vorstellen, dag, wie es doch geschehen zu sein seheint, zuerst die Blutungen im Gebiet der Pachymeningi t is haemorrhagica interna infizier~ und dal] dann yon hier aus Pia und Cere. b rum in Mitleidenschaft gezogen wurden.

Soweig unsere Beobachtungen. Es ist noeh einiges zu sagen, so z. B. zu dem yon uns bei unkompli-

zierter chroniseher, konservativer Behandlung nieht zug/~nglicher, Pan- simlsitis fiblichen Operationsverfahren.

Wir pflegen im Anschlug an die Radikaloperation der KieferhShle yon dieser aus die Siebbeinzellen und die KeilbeinhShle ebenso vorsichtig und exak~ wie radikal auszur/~umen, w/~hrend wir die SgirnhOhle, deren Zugang nach radikaler Siebbeinausr/iumung meisg ffir die dickste Rittersehe Bougie durehg/~ngig zu sein pflegt, ganz in Ruhe lassen, falls nicht irgendwelche besondere Indikation zu operativen MaBnahmen im Gebiet der Stirnh6hle selbst besteht. Am Zugang der Stirnh6hle selbst wird weder gefr~tst noch geraspelt und an den Muscheln nichts weggenommen, um Schleimhaut und Knochen im Interesse der Erhalgung der na~iirliehen Verh/iltnisse zu schonen. In den meisten Fgllen kommg auf diese Weise die StirnhShlenaffektion unter weiterer konservativer Behandlung zur Ruhe. (Es sei hinzugefiigt, dab wir seit einiger Zei~ dem Eingriff eine Untersuchung des Liquor cerebrospin~lis auch dann vorausschieken, wenn keine eerebralen Erscheinungen vorliegen.) Es braucht nichg be*ong zu werden, dM] das Sieb- beingebiet nicht tamponiert wird. Der locker in die KieferhShle eingebrach~e, zur Nase herausgeftihr~e Streifen wird mit seinem anderen Ende gerade eben in die 0ffnung yon der KieferhOhle naeh dem Siebbeingebieg eingeleg~. Ein schmaler GazesgreiIen wird yon der Nase arts in den vordersten Teil des mittleren Nasengangs hSchstens 11/, cm weir eingeschoben. Dieser wird nach 2 Tagen, der- jenige in der Kieferh6hle naeh 4 oder 5 Tagen entfernt.

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Ich glaube nicht, dal~ dieses Vorgehen, das sich uns seit vielen Jahren aul]erordentlich gut bewahrt hat, an sich den AnlaB zu der bei Fall 1 und 3 beobachteten Infektion des Intrakraniums gegeben ha~, sondern die bereits gewiirdigten Umstande. Ebensowenig mSehte ich auf Grund unserer diesbeziiglichen guten Erfahrungen dies fiir die gleichzeitige beider- sei~ige Operation annehmen. Rhese 4~ hat vor der Vornahme der beider- seits gleichzeitigen Operation gewarnt, mehr Bedeutung aber diirfte seine Warnung vor kurz hintereinander ausgefiihrten Naseneingriffen haben. Hier miissen wir uns die Frage vorlegen, ob bei Fall 1 die Ausfiihrung der Nebenh6hlenradikaloperation 7 Tage nach dem allerdings nicht sehr groBen Eingriff der submuk6sen Resektion des noch deviierten, aller- dings oberen Septumantefles yon Bedeutung war. :Nach Rhese tritt die bakteriologische Entlastung erst nach 14 Tagen ein, weshalb er z. B. bei doppelseitigen Operationen die zwei~e Seite ers~ naeh Ablauf yon 3 Woehen vorzunehmen empfiehlt. Als wir die NasennebenhShlenoperation vor- nahmen, war die NaMe allerdings reizlos. Ich halte es aber doch nicht fiir ganz ausgeschlossen, dab das schnetle Aufeinandeffolgen der beiden Operationen nicht ohne Bedeutung war, um so mehr, als ich kiirzlich naeh einer reeh~sseitigen derartigen Nebenh6hlenoperation, die 7 Tage nach der Septumoperation vorgenommen wurde, ebenfaUs ein voriiber- gehendes kollaterales Odem im Gebiet der Orbita sah. Man wird gut daran tun, den Abstand zwischen Nasenoperationen doch grSl]er zu wahlen. Bei zwei Fallen wurde angesichts der meningealen Komplikation naeh dem Vorschlag yon Unterberger anch das Gebiet der Lamina cri- brosa weggenommen. DaB diesem Eingriff, der bei Fall 1 einen kleinen subduralen Abszel~ aufdeckte, der Erfolg versagt blieb, lag ebenso an den bereits erwahnten Umstanden wie der ungiinstige Ausgang bei Fall 2 trotz guter Entfaltung und Drainage des Abszesses in der Muck- schen S~ellung.

Bei Fall 2 ware es richtiger gewesen, gleich bei dem ersten Eingriff auch die linke Stirnh6hle nach Riedel zu operieren. Auf dem RSntgen- bfld war in ihrem Gebiet au[~er der Aufhellung des perforierenden Knochen- defektes noch eine iibrigens im Film weniger deutlich als in dem harten Abzug in Erscheinung tretende Veranderung zu sehen. Nach dem bei der Operation erhobenen Beflmd glaubte ich mit der Wegnahme der orbitalen und nur eines Teiles der Vorderwand auskommen zu kSnnen. Mal]gebend hierffir war der Befund und nicht die kosmeti- Schen Gesichtspunkte, die den Kranken sehr beschaftigten, bei dem der Eindruck des Gesichtes vorwiegend yon ganz au2ergewShnlich stark ausgebildeten Stirnwfilsten bei fliehender Stirn bestimmt war. ~brigens zeigten sich bei der zweiten Operation die Sequestrierungen der H6hlen- wand ira medialen Teil und dessen Umgebung; die besonderen GefaB- verh~,ltnisse in der Mitre des Stirnbeins sind der Entwieklung einer Os~eomyelitis gfinstig 16.

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im Verlauf chronischer NasennebenhShlenentziindungen. 357

~Iit beiderseitiger Operation nach t~iedel haben wir in 5 weiteren F~llen mit beiderseitigen osteomyelitisehen ZerstSrungen, die zum Teil aueh noeh ausgedehnte Stirnbeirrresektionen notwendig machten, tteilung erzielt. Das kosmetisehe Er- gebnis war dabei ein gutes, zum Teil recht gutes zu nennen. In einem Fall mit mehrfacher ZerstSrung der Stirnhfhlenwand, wobei sich auch ein grol]er Defekt der Hinterwand mit subduraler Cystenbildung fand, wurde trotz botmengrogen Defektes in der Zwisehenwand naeh der anderen HShle nut einseitig operiert, wobei wit den dutch Abtragung seiner R/~nder ver~OBerten Defekt in der Zwischen- wand mit einem gestielten Periostlappen abdeckten. Wir erzieltenungest0rte I-Ieilung.

Wenn wir auch in diesem Fall, in dem keine akute Exacerbat ion der Osteomyelitis vorlag, und diese nicht aus der umschriebenen Form in die fortsehreitende fiberging, trotz der ZwisehenwandzerstSrnng mit der einseitigen Operation Erfolg gehabt haben, so wird man doch bei den beide Stirnh~ihlen in Mitleidenschaft ziehenden Osteomyelitiden die einzeitige beiderseitige Operation vornehmen miissen, well man den weiteren Ver- lauf nicht vorhersehen und im Falle eines Fortschreitens der Osteo- myelitis dann unter Umst/~nden den ung~instigen Ausgang nicht mehr auf- halten kann. Das kosmetisehe Ergebnis wird bei geniigender Abflachung auch in dem Gebiet des Nasenbeins befriedigend sein, werm nicht yon vornherein hierffir besonders ungfinstige morphologische Verh/~ltnisse vorliegen.

Soweit diagnostische Schwierigkeiten bei unseren F/tHen in Erschei- hung traten, sind sie bereits behandelt; es sind lediglich ein paar Worte fiber die Symptomatologie der Stimhirnaffektionen zu sagen. Bekannt- lieh ist die Diagnose aueh in nicht welter komplizierten F~llen hs recht unsicher. Die fiir Stirnhirnprozesse als charakteristisch bezeiehneten psychischen Symptome wie Witzelsucht und 5Teigung zu 5bszSnen Redensarten werden, wie auch bier, nicht selten vermiSt, oder es zeigen sieh nut ganz uneharakteristische Erscheinungen. Auf der anderen Seite gestattet der Zustand, in dem gerade wit h~tufig solche Kranken be- kommen, die Durchffihrung mancher dazu erfahrungsgem/~$ erst bei wiederholter Best/ttigung der Befunde verwertbarer Untersuchungen nicht, die ffir die topische Diagnose yon Bedeutung sein kSnnten, wie die Prfifung der Nystagmus-, Abweiche-, Fall- und Lagereaktionen. Is t hierbei schon in unkomplizierten F/~Hen unter Berficksiehtigung aller etwa in Frage kommender Fehlerquellen grO$te Vorsicht in tier Deutung notwendig, so mfissen diese diagnostischen ttilfsmittel ihren Wer~ v511ig verlieren, wenn eine Uberlagerung durch Symptome anderer Affektionen stattfindet, wie aueh bei gleichzeitigen meningitischen Vorg~ngen, be- sonders dann, wenn eine his dahin umschriebene Leptomeningitis sieh ausbreitet oder eine bis dahin abh/ingige Yfeningitis unabh/~ngig wird, oder sich zu einem Hirnabsze$ eine Leptomeningitis aus'anderen Ursachen zugesellt bzw. andere intrakranielle Ver~nderungen entstehen oder manifest werden. W~hrend der eine Stirnhirnabszel~ gar keine Symptome bot, daher aueh nieht festgestellt werden konnte, fehlten bei dem anderen

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die genannten psyehischen Symptome, wohl aber m6chte ich noch einmal auf die yon diesem Kranken gezeigte eigenartige manierierte, betont forsehe Art und vor ahem auf die anschlieBend in Erscheinung tretende vSUige Stille des Kranken hinweisen, bei der es sich nicht etwa um eine aphasische St6rung gehandelt hat, sowie auf den eigen- artigen, dutch den Eindruck eines latenten Li~chelns charakterisierten Gesichtsausdruck.

In bezug auf die Pathogenese der intrakraniellen Komplikation weisen unsere Beobachtungen - - neben der Best~tigung der Wichtigkeit der Osteomyelitis - - auf die Bedeutung der Gegen4 des Siebbeindaehs und der Lamina cribrosa him Wohl ist es ein Mangel, dab wir nicht alle in l~rage kommenden Gebiete systematisch histologisch, wo nStig, in Stufenschnitten, untersuchen konnten. Jacobsgaard verdankt die sch6nen Ergebnisse nicht nur der Untersuchung niehtoperierter F~lle, s0ndern aueh der Anwendung der der Durehfiihrung dieser Untersuehungen giinstigen yon Gr~///45 angegebenen Sektionsmethode. Wenn diese aueh in unseren F~llen nieht angewandt wurde, so glaube ich doeh, dab ins- besondere der Befund alter Veri~nderungen in dem genannten Gebiet ebenso yon Wert ist wie der I~achweis alter Entziindungsherde im Gebiet der Meningen. Spontane Ausheilungen yon oto- oder rhinogenen meningi- tisehen Vorgi~ngen m6gen selten beobaehtet sein, sind aber m6glich 1~, 47 Es mag sein, dal~ es doch h~ufiger, als bisher festgestellt, im Verlauf z. ]3. gerade yon Nebenh6hlenerkrankungen infolge yon entziindliehen Vorgs im Gebiet der Schleimhaut der oberen Nase zu solehen umsehriebenen paehy- und leptomeningitisehen Herden komm~, die zur v611igen oder seheinbaren Ausheilung kommen, aueh ohne eine weitere Verwieldung, wie etwa einen Hirnabszel3, hervorzurufen. Vielleicht geben solche Vorg/~nge auch die Erkl/s ffir die Entstehung maneher ,,asep- fischer" Meningitiden, die dann als yon solehen umsehriebenen Iterden abhAngige zu deuten w/s

Z usammeniass~mg. Es werden vier Beobachtungen komplizierter intrakranieller Vor-

wicklungen im Verlauf chroniseher ~ebenh6hlenerkrankungen mitge- refit und unter besonderer Beriicksiehtigung des histologisehen Befundes kritisch besproehen.

Als fiir die Entstehung der Verwicklung yon Bedeutung erwiesen sieh insbesondere akute Allgemeininfekte als aueh die akute Exacerbation der Sinusitis, ferner die Osteomyelitis sowie das gleichzeitige Bestehen einer anderen b6giinstigend wirkenden intrakraniellen Affektion, sowie Folgen bereits frtiher entstandener rhinogener Verwicklungen.

Die Bedeutung der Gegend der Fila olfaetoria ffir die Wegleitung nach dem Sehs wurde dutch den Nachweis alter Ver~nde-

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im Verlauf ehroniseher Nasennebenh6hlenentzfindungen. ~59

rungen best/~tigt, ferner diejenige der yon Zuckerkandl beschriebenen, das Siebbeinzellendach durchbohrenden Abzweigung der Vena ethmoi- dulls ~nterior.

Krankenblattausziige .

Fall 1. 35jahriger Mann, Krankenblatt-Nr. P 13/38, Klinikaufnahme am 13.1.38. Seit 6--8 J~hren dauernd in faeh~rztlicher Behandlung. 1931 Septumoperation und Nasenpolypenentfernung wegen Erkrankung der vorderen Siebbeinzellen. Dama]s vielleicht auch ErOffnung dieser. Jahrlich erneut Polypenentfernung. Februar 1937 Ausraumung der vorderen Siebbeinzellen. Klagt fiber behinderte Nasen- atmung. Schleimige Absonderung. Seh]echter Geruch beim Niesen. Kopfschmerzen, Ma~tigkeit, Nervositat. Befund: Der Al]gemeinbefund ergibt niehts Besonders, insbesondere auch das Nervensystem. Nase: Unterer Teil des Septums submuk6s reseziert, mittlerer und oberer Teil nach li., hier verengencl wirkend. In beiden mittleren und oberen Nasengangen reichlich Polypen und eingedicktes Sekret, vor allem re. I<eine Druck- noch Klopfempfindlichkeit der 1Nasennebenh6hlen. Die occipito-dentale R6ntgenaufnahme ergab starke Verschattung der re., geringere der li. Kieferh6hle, Verschattung des Siebbeinzellengebietes beiderseits und der Keilbeinh6hle mehr re. Die Probespfilung der re. Kieferh6hle hatte einige graue Schleimteilchen, diejenige der li. nichts Sicheres ergeben. 13.1. submuk6se Sep- tumresektion des mittleren uncl oberen deviierten Septumanteiles und Polypen- extraktion beiderseits. 20. 1. Beiderseits Radikaloperation der Kieferh6hle nach Caldwell-Zuc der Siebbeinzellen und der Keilbeinh6hle (Ohnacker) in 6rtlicher Bets Aul]erorden~lich starke polyp6se Wucherungen. Nacli Ausraumung Er6ffnung der Siebbeinzellen yon der Kieferh6hle. Auch hier polyp6se Verande- rungen der Schleimhaut. Keilbeinh6hlensehleimhaut ebenfalls verandert, wenn auch nicht so stark. Die Ausr~iumung der Siebbeinzellen macht besonders im vor- deren Teil einige Schwierigkeiten. Es handelt sieh wohl um das Gebiet, in dem friiher schon einmaI operiert wurde. Gewebe straff, derb, narbige Veranderungen. Welter hinten ebenfalls Veranderungen, Zwischenwand der Zellen stark verdickt, ihre En~fernung macht besonders im Gebiet der Lamina papyracea Schwierigkeiten. Um hier klare Verhaltnisse zu schaffen, ist es notwendig, diese zum Teil mit weg- zunehmen, so dull die Periorbita freiliegt. Ganz welt hinten obeu pulsierender Reflex. Nach Auaraumung aller Siebbeinzellen ist der Zugang zur Stirnh6hle ffir die dicks~e Rittersche Bougie durehgi~ngig. Radikaloperation der li. Kieferh6hle nach Cald- well-Zuc. Auch hier Schleimhaut stark polyp6s verandert. Nach Ausraumung Er6ffnung der Siebbeinzel!en. Im allgemeinen gleiche Verhaltnisse wie re. Im Dach des Siebbeinzellengebietes mehr vorn zeig~ sich nach Entfernung der hier vorliegenden Polypen eine 0ffnung, in der die Dura vet Augen ]iegt. Sie ist gr~u- r6tlich gefarbt, zeigt im hinteren Teil eine dunkelrote Kontur und pulsiert. Unter peinlicher Schonung dieser Stelle wird das fibrige Siebbeinzellengebiet und die Keilbeinh6hle ausger~umt. Befund und weiteres Vorgehen wie re. Aus dem postoperativen Vertauf bemerkenswert leieh~e Kopfschmerzen und Doppelbilder. Am 30. 1. augen/~rztlicher Befund (Romelck): Lidspalte li. etwas weiter als re. Leichte Protrusio (2 mm gegenfiber re.). Pupillen, Augenhintergrund o. ]3. Hebung nach der Endstelhmg zu etwas behinderk I)oppelbilder im Sinne einer (mechani- sehen?) Behinderung der Hebung. Beurteihmg: Leichte Beeintraeh~igung des Levators und des Rectus superior. Ganz geringe Pro~rusio. Aul~erlieh und im Fundus keinerlei entzfindliche Erscheinungen. - - Feuchtwarme Umsehlage. Spfilung der Kieferh6hle und Stirnh6hle. Schnetler Riickgang der gendnnten Erseheinungen. Bei den Spfilungen entleeren sich li. noch einige eitrige Schlieren, re. fast o.B. Am 5.2. wird er bei angeblich ausgezeiehnetem Befinden nach Hause entlassen. Zu tIause unternimmt er gleich allerlei, badet und halt sieh in keiner Weise ruhig.

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Am Morgen des 6.2. Kopfsehmerzen, Erbrechen, 37,8 ~ nachmittags fiber 390. Benachrichtigung der Klinik. Wiederaufnahme. Temperatur 39 ~ Puls 116. Klagt fiber Nackenschmerzen. Leichte ~aekensteifigkeit, im Sitzen ausgepr/~gter, Kernlg, Brudczinski negativ, kein Romberg. Reflexe gut auslSsbar, nicht gesteigert. Frag- liche Differenz zwischen re. und li. Bauchdeckenreflexen. Li. Kopfh~lfte klopf. empfindlicher als die re. Endonasal kein Eiter. Rachen, Trommelfelle o . B . O . P . Liquor stark getrfibt. Pandy stark positiv. Gegen 25000/3 Zellen im Kubikmilli- meter, fast ausschlieBlieh Leukocyten. Im Sediment lassen sich Bakterien nicht nachweisen. Z ~cker 30 rag- %. Sofortige Radikaloperation der linken StirnhShle nach Riedel und Exploration der vorderen Sch~delgrube im Gebiet der Siebbeinzellen und der Lamina cribrosa (Ohnacker) in 5rtlicher Bet~ubung. BogenfSrmiger Schnitt in der Braue, um den inneren Augenwinkel herum. Von hier Querschnitt fiber den Nasenrfieken. AblSsung der Weichteile und des sehr lest haftenden Periostes. Wegnahme der Lamina papyracea, des Tr&nenbeins, des Proc. frontal, des Ober- ]defers und eines Teiles des Nasenbeins. Mediale knScherne Orbitalbegrenztmg fehlt im hinteren Tell. Die Siebbeinzellen erweisen sich fiberall als ausgeraumt, ausgenommen eine ganz flache orbitale Siebbeinzelle am Boden der StirnhShle. ErSffnung der StirnhShle, um den seinerzeit freiliegend befundenen Durabezirk gut fibersehen zu kSnnen. In Anbetracht der hier durch das Freiliegen der Dura und die Komplikation vorliegenden besonderen Verh~ltnisse StirnhShlenoperation nach Riedel. H6hle nicht sehr grol3. Stark polyp6se Schleimhaut und Eiter (bakte- riologisch fast nut Staphylokokken, keine l~aeumokokken), ein Septum, Schleim- haut restlos entfernt. Vorder- und Orbitalwand abgetragen. R~nder abgeflacht. Der am Dach der Siebbeinzellen bzw. im Gebiet der Lamina cribrosa freiliegende Durabezirk ist ger6tet, im vorderen Teil blasser. Er pulsier~ sehr lebhaft. Weitere Freilegung vorn zeigt normale Dura. Hinterer Teil des freiliegenden Bezirks grau- gelb verf/~rbt und speckig. Zweifellos ist die Dura hier stark verdickt. Dura im unver&nderten vorderen Tell an kleiner Stelle er6ffnet; reichlich LiquorabfluB. Von hier Punktion des Subduralraums. Zuerst entleer~ sich Liquor. Beim weiteren Vorschieben der Nadel bis oberhalb des vergnderten Durabezirks entleert sich brgunliche F16ssigkeit, die getriibt erscheint. Jodierung der Dura. Incision. In dem verf~rbten Gebiet ist sie schwartenartig verdickt. In dem aus der Incisions- stelle abgeflossenen Blut finden sich 3 Eitertropfen. Der Austritt selbst w~r nicht beobachtet worden, sie konnten aber nur aus dem incidierten Bezirk stammen. Excision eines Teiles der verdickten Dura. Die Incisionsstelle wird mit god be- pinselt. Dann wird auch noch Trypaflavin in den Subduralraum eingebracht. Ein mit Trypaflavin getr/inkter schmaler Streifen wird in die Incisionsstelle ein- gelegt (keine feste Tamponade, nur lockerer Streifen). Hauptteil des Schnittes bleibt offen, iN~ach der Operation 40% Urotropin i.v. Prontosil p.o. und i. m. laufend. Bakteriologische Untersuchung (Hilgers): Reinkultur yon Pneumo- kokken. Nacht ~uerst gut, gegen Morgen sehr unruhig. O.P. l_~ber 15000/3 Zellen, 90% Leukocyten, Pandy stark + . Normo-Mastix: starke Meningitiskurve (Wa.R. aktiv bis 1,0 ccm negativ). Zucker 48 rag-%. Liquorentleerung etwa 40 ecru, eitrig. In Anbetracht des Pneumokokkenbefundes Injektion yon 15 ccm Optochin. hydroehlor. 1:750 in die Zysterne. Temperatur abends 40,7 ~ am 8. frfih 41,2 ~ Nachts sehr unruhig, frfih einigermallen anspreehbar, jedoch zeitweise sehr be- nommen und auch unruhig. L .P . Liqnor wieder stark eitrig. Druck 300 ram, 70 ccm abgelassen. 50 ccm Luft eingeblasen. AnschlieBend wieder 15 ccm Opto- chin. hydrochlor. Die Zellzahl betr tgt fiber 24000/3, Pandy ~-, Normo-Mastix: sehr starke Meningitiskurve. Reduzierende Substanzen vermindert, 19rag-%. Bakteriologisch wieder reichlich Pneumokokken, jedoch weniger als am 7.2. Gegen l~{ittag zunehmende Benommenheit, Nackensteifigkeit sehr stark ausgepragt, laBt unter sich. Temperatur bleib~ hoch, s te i~ schlieBlich auf 41,50 gegen Abend, Kreislau'fschw/iche, Exitus.

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Histologischer Befund (Schultz-Brauns): Stirnh6hlenschleimhaut: entzfindliche Polypen mit chronischer Entziindung und frischen Er- n&hrungsstSrungen. ])as bindegewebige Grundgerfist ist 6dematSs auf- gelockert und m~13ig hochgradig yon Leukocyten, Plasmaze]len und Rund- zellen durchsetzt. Punktat aus dem Subduralraum: Blur. Aus dem Sek- tionsbefund: Obduktionsdiagnose: Grundkrankheit: Alter, gut pflaumen- grol~er kollabierter HirnabszeB im li. Stirnhirn bei alter umschriebener Lepto- und Pachymeningitis fiber den li. Siebbeinzellen. Reste einer Paehymeningitis fiber den re. Siebbeinzellen. Frische, eitrige Kappen- meningitis, hoehgradiger, allgemeiner Hirndruek mit An~mie des Gehirns. Fehlen der li. StirnhShle (Radikaloperation). Fehlen der Siebbein- zellen (Ausr/~umung). Operative DuraSf~nung. K_noehende{ekt im Sieb- beingebiet. Schlaffe Herzdflatation, besonders re., frisehe S~auungs: organe: Lungen, Nieren, Leber. Chronisch-septische Milzsehwellung. Nebenbefunde: Pleuraschwielen, besonders re. Hochgradige eitrige Bronchitis. Subendo- und subepikardiale Petechien. Chronisehe Cystitis. Frisches Magenulcus der Vorderwand. Todesursache: Hirnl~hmung in- folge Meningitis bei altem StirnhirnabszeB. Im einzel~en sei noch in bezug auf das Gehirn und seine tt/~ute folgendes bemerkt: Gehirnober- fl/~che glair. Windungen s/~mtlich abgeplattet, an der Basis sulzige grauweige Fliissigkeit. ~ e r der Kappe die Gef/~ge begleitende gelb- liche Streifen. l~ber dem li. Stirnhirn neben dem Bulbus olfaetorius eine erbsengro6e blaurote Verf~rbung, yon kleinem EinriB hier ein rot- brauner, rot gerandeter Kanal bis unmittelbar unter dem Caudatus festzustellen, der dort in eine rote, etwas weiche bohnengroBe H6hle tibergeht. Die I)ura des Seh/idelgrundes ist vorn li. im Bereich des Siebbeins bis zu 4 mm dick, schmierig gelb, dagegen re. im Bereich des hinteren Siebbeins grauweiglich his 2 mm dick und hart. Naeh ihrem Abziehen sieht man re. eine der verdickten Durastelle entspreehende ungef~hr bohnengroge ~)ffnung, li. den groBen operativen Defekt. Die Lamina cribrosa ist hier nahczu vSllig entfernt. Die weitere Unter- suchung nach Fixierung zeigt im li. Stirnhirn einen bogenf6rmig be- grenztcn Hohlraum, dessen Wand etwa 3 mm dick ist und yon einer schwarzbraunen 3lembran bedeekt wird, vorn etwa mandel~6rmig, insgesamt paranul3grog (Abb. 2I). Im mittleren Stirnhirn ist die Sohle des Hohlraums paekpapierdiinn, im hinteren Stirnhirn ist die Wand etwas schmierig und gelblichgrau. Mikroskopische Untersuchung: Piagefs strotzend mit Blur gefiillt, auf der Pia selber zahlreiche ge- lapptkernige Leukocyten (Abb. 4 u. 5). Dura im Bereich der Lamina eribrosa sehollig hyalinisiert mit /~lterem verkalkten und jungem neu- gebfldeten Knoehen sowie eingewachsenen (aber regelm/igigen) Sehleim- hautdrfisen. Frische leukocyt~re Leptomeningitis, alter Hirnabszeg (Abb. 2 u. 3), Gefgflwandnekrosen und perivaskulgre Blutungen in AbszeBumgebung.

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Fall 2. 45 Jahre alter Mann, kam am 29. 1.40 zur Aufnahme. Krankenblatt P 25/40. Aus seinen Angaben zur Vorgeschichte ist zu erw/~hnen, dab er 1915 Stirnh6hlenschmerzen gehabt habe. 1929 Schwellung im li. Augenwinkel, die nach Entfernung eines Nasenpolypen verschwtmden sei. Bei mehreren Faehgrzten in Behandlung wegen starker Kopfschmerzen. 1938 stechende Schmerzen im li. Augen- winkel mit erneuter SchweUung im Gebiet der Nasenwurzel. Blutiges Sekret aus der Nase. In letzter Zeit fach~rztliche Behandlung der Kieferh6hlen. Schwel- lung der Nasenwurzel sei geschwunden. Es trat aber eine Sehwellung des re. Augen-

lides auf. Ging in hom6opathi- sche Behandlung. Es bildete sieh im re. Augenw/nkel ein kleiner Knoten. Ein Furunkel sei her- vorgezogen worden. Aus einer 0ffnung habe sich Eiter und Blur entleert . Einweisung in die Kl[nik. In der Naeht vor der Aufnahme starke Schluck- besehwerden und Halsschmer- zen. Temperatur 390 Aufnahme- befund : Guter E. u.K.Z. Herz, Lungen, Abdomen, Nerven- system o.B. Im medialen Be: reich des geschwollenen re. Oberlides kleinerbsengrol3e infil- trierte Erhebung der Haut, blaurStlich gef/~rbt; auf ihrer HShe Perforation, aus der sich schleimiges Sekret entleert.Aueh d as !fi o~)ere Augenlid ira ganzen 5demat6s. Der re. Butbus steht etwas tiefer. Kein Nystagmus. Kopf frei bewegiich: Kein lo- kalisierter Druck- und Klopf- schmerz. Nase: Schleimhaut bei-

Abb. 21. Fall 1 . . t t t e r linksseitiger Stirnhirnabszel3. derseits ger6te~, Nasenscheide- S. 361. wand mehr nach re. Bodenleiste

re. Li. nach hinten ansteigende Leiste. In den Naseng~ngen im allgemeinen schleimiges w/~ffriges Sekret, in den mittleren Naseng~ngen eitriges Sekret, li. mehr als re. Raehen ger6tet. Angina mit fl~chenhaften Bel/~gen. Schwellung der Seitenstr/~nge. Uvula 6demat6s. Im Raehenabstrich fast Reinkultur h/~molytischer Streptokokken, Diphtheriebazillen negativ. M~13ige Driisensehwellungen in dem Kieferwinkel. Temperatur 38 ~ sp/iter 39 ~ Ohren o.B. Diagnose: Chronische Pansinusitis, Durehbruch naeh auBen im Gebiet der re. Stirnh6hle, Angina. Wegen der Angina wird vorerst yon operativen MaBnahmen Abstand genommen. Blutbild zeigt am 30. 1. eine Leukocytose yon 14500, am 2.2. eine solehe yon 18500, ferner Linksverschiebung, die am 2.2. etwas geringer war. Vorerst Behandlung der Angina. Auf das re. Auge feuchte Umschl~ge. Schwitzen, anamisierendes Schnupfpulver, Kal. joda~. In der Nacht auf 2.2. seltsames Verhalten. Macht desorientierten Eindruck. Behauptet, ope- riert worden zu sein. Temperatur abends bis 39,50 gestiegen, morgens wieder um 38 ~ Noch immer behauptet er operiert zu sein. Begriinde~ dieses mit der yon ihm bemerkten leichten Zunahme der Driisenschwellung unter dem re. Kieferwinkel. Auch die n/~chsten Tage scheint er an seiner Vorstellung festzuhalten. Zunehmende peritonsillare Infiltration re. Punktion am 5.2. ergib~ keinen Eiter. Incision fiihrt

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in Nekroseherd. Abstrieh voa hier ergibt Reinkultur hiimolytischer Strepto- kokken. Da eines seiner Kinder an Seharlach erkrankt ist, Verdaeht auf Scharlach- infektion. Es liiBt sich aber nichts Diesbeziigliches nachweisen. Das peritonsill~re Infiltrat geht nur langsam zuriiek, ebenso die Driisenschwellung: Allm~hlieh bessert sich das Befinden. Wa.R. negativ. Der Befund am re. Augenlid hat keine J~derung erfahren. Am 7.2. keine erh6hte Temperatur mehr. Am 15.2. R6ntgen- aufnahme: Verschattung beider KieferhShlen. Innerhalb des Kieferh6hlenbereiehs re. unregelm~Bige dichtere Sehatten, li. ist dieses nur gering. Beide Stirnh6hlen (Abb. 22) im allgemeinen verschattet, re. wie li. die Kontur sehr unseharf. Re. in Gegend des inneren oberen Winkels des Orbitalrandes pflaumenkerngrol3e, gr6~ten- teils scharf begrenzte Aufhellung. Auch innen und oben yon dieser eine kleinere,

2~bb. 22. Fall 2. l=t6ntgenbefund yore 15.2.

nich~ ganz scharf begrenzte Aufhellung. l~'ach aui3en und oben yon der erstge- nannten Aufhel]ung strahlendurchliissigerer Bezirk. Im Gebiet der re. Stirnh6hle erkennt man noch einen oben bogenf6rmig begrenzten, weniger dichten, einen grol3en Teil der Stirnh6hle einnehmenden Bezirk, dessen untere Begrenzung nicht genau anzugeben ist, da hier die starken Aufhel]ungen liegen. Mediale und laterale Grenze sind unscharf. Li. dicht oberhalb des oberen Orbitalrandes kleinbohnen- grol3e seharf be~enzte Aufhellung. Medial yon dieser geringere, unregelm~13ig begrenzte Aufhellung. Lateral gangartige Aufhellung, nicht iiberall scharf begrenzt. Im Stirnbein oberhalb der StirnhShle sind auf der occipito-frontalen Aufnahme keine Osteomyelitisherde zu sehen. Die seitliche Aufnahme zeigt die an der Durch- bruchstelle im Oberlid eingefiihrte Sonde im Gebiet der S~irnh6hle. - - Befinden gut. Temperatur regelreeht. Probespfilung der Kieferh6hlen: re. zerflie•ender und ge- ballter Eiter, li. zerfliel3ender Eiter (ein entsprechender Befnnd sei vor der Auf- nahme mehrfach erhoben worden). Probespiilung der Stirnh6hlen: re. kein sicheres Ergebnis, man hat nicht den Eindruck, dab die Kaniile in der Stirnh6hle liegt. Li. graue feine Schleimteilchen. 16.2. Untersuchung des Igervensystems (Ru/]in). Zunge weicht konstant etwas nach li. ab, sonst Hirrmerven o.B. Eigenreflexe sehr lebhaft, seitengleich, ttautreflexe o.B. Oppenheim re. Keine Ataxie, kein Abweichen, keine latente Parese. Psychiseh labile, leicht erregbare Pers6nlich- keit. L.P. Liquor !dar, 5/3 Zellen, Pandy- - , Nonne-Apelt--. Ges.-Eiweii3 ldar, Z. 74 rag-%. 1N'ormo-Mastixkurve normal, keine Bakterien. 17. 2. Augen- untersuehung: Fundus o.B., Pupillen gleiehweit, rund, Lichtreaktion prompt.

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Parallelstellung. Motilit/~t -k, kein Nystagmus. Blutbild am 15.2. 7300 Leuko- zyten bei 3500000 roten Blutk6rperchen und 57% HAmoglobin. Lymphoeyten noeh immer vemindert (Eos. 1,5, Jugendl. 1,5, Stabk. 3,5, Segm. 76, Lympho. 12,5, Mono. 5). 17.2. Radikaloperation der re. Stirnh6hle nach Riedel, der li. nach Ritter-Janssen, Radikaloperation der Siebbeinzellen und der KeilbeinhShle beider- seits (Ohnavker) in 5rtlieher Bet/~ubtmg. Aus dem Operationsbefund ist be- merkenswert, dab sick im Boden der re. Stirnh6h~e eia kirseh~rol]es Lock f~.nd, erffillt mit Granulationen und Eiter; Pulsation. Wegen ausgedehnter Zer- stSrung der Hinterwand der StimhShle Operation nach Riedel. Naeh Ent- fernung der zum Tell sehr festhaftenden Granulationen ergibt sick, daft die ]!tJnterwand der Stirnh6hle, ausgenommen ein kleiner Teil in einer nach links heriiberragenden Ausbuehtung, fehlt. Dura mit gr6Btenteits recht derben und fest- haftenden Granulationen besetzt. Sie wird ringsum bis ins Gesunde freigelegt, was ohen, unten and im Gebiet der kteinen medialen Aushuchtung nach 1--2 mm, seitlieh nach I[~--~/4 em erreicht ist. Di~ auf ihr sitzenden Granulationen werden vorsichtig weggenommen. Sic erscheint aber danch nicht ganz glatt, d~ ~lte binde- gewebige Ver•nderungen vorliegen. Im oberen medialen Tell der H6hle in jener Ausbuchtung kleine 0~fnung hack der li. Stirnh6hle him Knochen hier morseh, an der Vorder- und Orbitalwand (orbit~le Ausbildung geringer) nur schmaler Streifen um die 0ffntmg morach, l~dikale Ausr~umung der $iebbeinzeUen und der Keil- beinh6hle re. In den S[ebbeinzeUen weiches eitriges Gewebe, Keilbeinh6hle leer, ihre Sehleimhaut nnr wenig verdiekt. Da auf Grund des Operationsbelundes und des RSntgenbildes notwendig [st, auch die li. Stirnh6hle zu operieren, wird yon dem den inneren Augenwinkel umkreisenden Tell des re. V~eichteilschni~tes ein hori- zontaler 8ehnitt in Gegend der Na~enwurzel n~ch li. hinfibergefiihrt bis zu dem auch bier in der Braue verlaufenden, das Auge medial umkreisenden Schnitt. Nun lassen sick die Weichteile und das Periost geniigend hoehklappen, so daI] die R/inder der re. Stirnh~ihle geniigend abgeflacht werden kSnnen und die li. StirahShle gut zugi~nglieh wird. In der orbitaten Wand der 1i. StirnhShie erbsengroBes Loch mit derben blassen, zum Tell festhaftenden Granulationen erftillt. In der HShle selbst ebenfalls blasse, gl~sige, zum Tel1 derbe Granutationen; ~ weniger Eiter als re. Die HShle wird ausger/~umt, der Knochen erschein~ nur ganz oberfl/~chlich weich, d~nn hart. Der Rand der 0ffnung zwischen den beiden HShlen wird ausgekratzt. Der Knochen erseheint bald hart. Die 0~fnung ist nun linsengro]. Li. wird die gesamte orbitale Wand der Stirnh6hle abgetragen und yon der Vorderwand ein Streifen, mehr in der Umgebung der Durchbruehstelle. Bei der Ausr~umung der Siebbeinzellen und der KeilbeinhShle Befund wie re. Zugang naeh der Nase m6gliehst breit gestaltet. Einlegen eines Pipettenhfitckens yore mittleren Nasen- gang her. Re. wird, nachdem der Knochen iiberall gegl/ittet und alle Winkel und Buchten beseiti~ sind, die 0ffnung zwischen beiden H6hlen mi~ einem Periost- lappen gedeckt. Die Weichteilwunde wird mit AluminiumbronzedraKt vern/~ht und jederseits in den offengelassenen seitlichen Wundwinkel ein Gazestreifehen eingesehoben, re. die Weiehteilr an den Knochen angedriiekt, li. locker Gaze auf- gelegt. Im Abstrich aus der re. Stirnh6hle mlkrosk, u. kult. Streptoe. longissimus (eine angeblich milde Form der S~reptokokken). 18.2. Temp. leich~ erh6h~. Be- linden gut. Nervensystem o. ]3. O.P. Liquor klar. 180 ram, 4/3 Zellen im Kubik- millimeter, Pandy-- , Nonne-Apelt - - . Ges.-Eiweil]: klar-negativ. Z. 102 rag- %. Nor- male Kurve. In den n~ehsten Tagen bei leich~ erh6hter Temperatur (bis 38,50 R) zufriedenstellendes Allgemeinbefinden. Wtmde zeigt gewisse Schwellung, siehr aber sonst gut a.us. Urin: Alb. + , einzelne LeukocyCen, viel Erythrocy~en. 21.2. Tem- peratur 39,80. Infiltration im Gebiet des li. inneren Augenwinkels. Eiter. Naht zum Tefl ge6ffnet. Drainage. Zunahme der ERerung in den nAehsten Tagen. Temperatur 5 Tage nicht hOher als 38,20, ̀ dana hOher bis 38,7 ~, um Anfang l~grz wieder herunterzugehen. Eiterung nimmt nach voriibergekender Besserung wieder

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im Verlauf ehronischer Nasennebenh6hlenentztindungen. 365

zu nach der Nase hin. Der Augenbefund bleibt regelrecht. 5. 3. O.P. Liquor ldar. Dr. 200 mm. 4/3 Zellen. Pandy-- , Nonne-Apelt--. Ges.-EiweiB 16, Zucker 59 rag- %. Mikroskopisch und kulturell bakterienfrei. RSntgenaufnahme: 7. 3. (Abb. 23). Re. sieht man die Kontur des groBen Defektes ira Stirnbein, li. sind neue unscharf und welch begrenzte Aufhellungen im Gebiet der Stimh6hle und dieht oberhalb davon zu erkennen. Die Sehrggaufnahme der Siebbeinzellen naeh l~hese ergib~ re. eine strake Verschattung des Siebbeinzellen-KeilbeinhShlengebietes, li. geringere unregelmEl~ige Versehattung. Keine Zellen mehr. 9. 3. Radikaloperation beider Kieferh6hlen naeh CaldweU-Luc, Radikaloperation der li. Stirnh6hle nach Biedel, Revision des gesamten Wundgebietes einschliel31ich Exploration des Stirnbeins

~kbb. 23. Fall 2. R6ntgenbefund ~rom 7.3.

(Ohnacker) in 6rtlicher Bet~ubung. In den Kieferh6hlen starke Bindegwebs- bildung, dazwischen Granulationspolster und verdiekte Scheimhaut. Reiehlich Knoehermeubildung, was teilweise zu Doppelungen, teilsweise zu unregelmal3igen Verdickungen der knSchernen Wand gefiihrt hatte, teilweise auch zu knScherner Plattenbildung in der fibr6sen HShlenauskleidung. Bei der Revision des Siebbein- gebietes linden sieh beiderseits eitrige Granulationen. Li. erscheint der lateral noch vorhandene Knochen ver~ndert. Er wird weggenommen. Nach der Kiefer- h6hlenoperation wird li. die Naht der ersten Operation wieder vollkommen erSffnet und die Weiehteile hier und auch fiber der l~asenwurzel abgesehoben. Reiehlich Eiter. Perios~ fiber dem Gebiet der linken Stirnh6hle yon Eiter und ei~rigen Granu- lationen bedeckt. Vordere HShlenwand im medialen Teil sequestriert. In der HShle Granulationen und Eiter. Entfernung der Sequester (Abb. 8). Abtragung der noeh verbliebenen vorderen Wand. Aueh oberhalb der H6hle im Stirnbein zahl- reiche Blutpunkte im Knoehen. Daher Abtragung, die an sich auch schon wie re. dutch die starke Stirnwulstbildung zur Abflaehung weitgehend notwendig war. Einige Male stSB~ man im Knoehen auf ldeine Hohlr/~ume, zum Teil gangartig, darin glasig-ei~rige Masse. Um das Stirnbein weiter zug~nglich zu maehen, ist eine weitere Sehnittfiihrung notwendig. Sie erfolgt ziemlieh steil yon li. oben nach re. unten, und zwar deshalb in dieser Richtung, weft so die Narbe unter gleich verlaufenden Hiebnarben der Stirn nicht so sehr auffallend wird. l~un karm das

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366 Paul Ohnaeker: Komplizierte Verwieldungen

Stirnbein in welter Ausdehnung besiehtigt werden. Es finden sieh aber keine weiteren grSberen Ver~nderungen in seinem Gebiete mehr, wohl aber im Gebiet der Nasenwurzel (Nasenbein und Proe. front, des Oberkiefers). Hier bohnengroBer Sequester. Wegnahme alles krank und verd~ehtig Erseheinenden. Revision der Naehbarschaft. AnsehlieBend Re~rision des reehtsseitigen Operationsgebietes. Die Weiehteile sind zum Teil bier sehon lest verwaehsen, aueh mit der Dura. Auch in der Umgebung des I)efektes is~ eine Ausbreitung der Ver~nderungen nieht erfolg~, wohl aber erseheint auch re. der Knoehen an der l%asenwurzel morsch. Er wird ebenso wie li. welter abgetragen. Auch hier eitrige Granulationen aus dem oberen Tell des Siebbeinoperationsgebietes entfernt. In kosmetischem Interesse weit- gehende Abflachung besonders aueh im Gebiet der ~asenwurzel. Dabei werden noch 2 Eiterherde gefunden. Teilweiser Schlut] der Weichteilsehnitte. Drainage im lateralen und medialen Wundwinkel, Sehnitt fiber dem Stirnbein fast vSllig offengelassen. In dem Abstrieh aus den KieferhShlen wurde bakteriologisch fol- gendes gefunden: Re. in starkem Zerfall begriffene Streptokokken, kulturell kein Waehstum mehr. Li. keine pa~hogeaen B~kterien, nut Staphyloc. crassus (Pa~ho- geni~a~ zweifelhas Einlge Tage bleibt die ~Vunde reizlos thud es erfolgt keine Eiterung. Am 12. 3. Schwellung im operierten Gebiet. Liiftung der Wundr&nder. Eiter. Leber~raneinbringung zwisehen Knochen und Weichteilen. Blu~bild: Rote 2970000, WeiBe 12300, Hamoglobin 54%. Differenzierung; Eos. 2, Segm., Stabk. und Jugendl. insgesamt 80, Lymphccyten 18%. 13.3. Bluttransiusion 450 ccm gut vertragen. R6ntgenbestrahlung des erkrankten Stirnbeingebietes (R6ntgen- station der chirurgischen ](|inlk) : am 13. 3. und am 14. 3. Stirn yon oben, Mfiller- RShre, Tubus 10/15, F.H. Abstand 40 cm, M.A. 4, K.V. 180, Gesamtfilter 0,5 Cu.

1 A1. H.E.D. 15%, 90r, Zeit 2Min. 15Sek., am 16.3. obere Gesichtshalfte Mfiller-RShre, Tubus 20/24, F.H. Abstand 40 cm, M.A. 4, K.V. 180, Gesamt- filter 0,5 Cu. -~ 1 A 1, H.E.D. 15%, 90r, Zeit 2 Min. 15.Sek. Temperatur weeh- selnd, steigt bis 38,80 an. Erhalt wieder Prontosil. 15. 3. Blutbild nicht besser. Ge- samtzahl der WeiBen zwar geringer, abet Rfickgang der Lymphoeyten. O.P. Liquor klar, Dr. 200 ram, 5/3 Zellen. Globuline und Ges.-EiweiB negativ, l~ormo- Mastixkurve normal. Das Wundgebiet erseheint reizloser, nur im oberen Teil der Wunde li. Infiltration. Im allgemeinen wenig Eiterabsonderung. Der bisher immer sehr angstliche Pat., der sieh sehr viel Gedanken fiber seine Krankhei~ macht, ist ruh/ger, versicher~, dab es ihm gut gehe. Nachts sehlaft er wenig, phantasiert aueh gelegentlioh, behauptet aber morgens, ausgezeiehnet gesehlafen zu haben. Seine ~_uBerungen haben nun etwas Manieriertes, betont ,,Zackiges". An dem l~ervensystem wie in den letzten Wochen nichts Besonderes nachzuweisen. 19. 3. Temperatursteigerung auf 400 bei subjektivem Wohlbefinden. Bintkultur steril. Blutbild ungefahr wie am 15. 3. In der Wunde kaum noch Eiter, lediglich in beiden Augenwinkeln, re. mehr als li. Welter Lebertran. Aueh in den folgenden Tagen einige Male steile Temperaturanstiege (zwischen 39 und 40~ Im psychischen Ver- halten tr i t t nun eine weitere Anderung ein. Der Kranke wird immer ruhiger, fragt nichts mehr fiber den Verlauf seiner Krankheit, sprieht 5frets Unzusammen- h~ngendes, einmal spricht sein Verhalten ffir Triibung des BewuBtseins. Iqaehts ist er oft wach. Die Wunde sieht gut aus. 27.3. augenarztliche Untersuchung: AuBer leichter Ptosis li. regelrechter Befund, auch am Fundus. Kein Nystagmus, kein spontanes Abweiehen. I)a wiederum Verdacht auf cerebrale Komplikation (AbszeB), erneute neurologisehe Untersuchung. Eigenreflexe re. gegeniiber li. ge- steigert, rdcht erschSpfbarer FuBklonus li. Babinski -~, li. mehr als re. F~rhebliche latente Parese li., leiehter Tremor in beiden Armen. Blutbild: 2400000 Rote , 7600 Weft]e, dabei weitei-e Abnahme der Lymphozyten anf 9%. Temperatur 37,4 ~ Puls 80. O.P. Zum erstenmal Veranderungen: Liquor triib, Dr. 220 ram, 972/3 Zellen, darunter 90% Leukocyten. Globuline -b. Z. 68 rag-%. Meningitis- zacke. Dutch den neurologischen Befund und den Liquorbefund der abhangigen

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im Verlauf ehronischer NasennebenhShIenen~ztindungen. 367

Meningitis Verdacht auf HirnabszeB oder Subduralabszel] best~tig~. Hinweis auf die Gegend des Stirnkirns dutch die zunehmenden psyekischen )Ver~nderungen (sehr ruhig, schl~ft viel, eigenartiger Gesicht'~ausdruck: ewiges sozusagen einge- frorenes ,,latentes" L~teheln). 28.3. in 5rtlicher Bet~ubung Operation (Ohnacker). Es wird ein linksseitiger Stirnhirnabszel] er5ffnet. Der yon li. oben schr~g nach re. unten verlaufende Weichteilschnitt wird naeh oben ~ul]en bogenfSrmig unter Durchtrennung des Periostes um mehrere Zentimeter verl~ngert. Bei der Ab- hebelung des so entstandenen Lappens entleer~ sich Eiter, besonders im oberen ~ul]eren Tell. Durchtrermung der sehmalen Anheftung des Lappens fiber der :Nasen- wurzel. Bei Abhebelung der Weichteile und des Periostes re. yon dem genannten Sehnitt entleert sich ebenfalls an 2 Stellen Eiter, einmal im oberen Tell - - am Knochen ist bier nichts Besonderes zu sehen - - einmal im un~eren Tei]; bier zeigt sieh, dal} der die seiner Zeit gefundene Knochenlficke medial begrenzende Knochen in einem Gebiet yon ungef~hr 1 qcm ver~ndert ist. Er ist morsch. Er wird weg- genommen. Dura darunter nich~ verhnder~, Nunmehr Wegnahme des Knoehens fiber dem li. Stirnhirn, auf dem sich einige Granulationspolster gebildet haben. Er ist ebenso wie die Weichteile yon einer speckigen Membran bedeckt (Folge der Leber~ranbehandlung ?). Der Kuochen ist zum Tell v~ll/g unver~ndert, zum Tefl erszheint er ebenfalls morseh. An mehreren dieser morschen Stellen finder sich in ibm eine graue eiterartige Schmiere. Dura zum gr5l]ten Tell unveriindert. Dann finder sieh ihr atffsitzend abet doch ein allerdings sehr flacher Granulationsrasen. An einer Stelle ist nach Angabe des yon re. her die Grenze zwischen Dura und Knochen gut fibersehenden Assistenten Eiter beobachtet worden. Der Operateur konnte dieses selber nicht beobachten, woraus zu sehlie~en ist, dab es jedenfMls eine sehr geringe Menge gewesen sein diiffte. Dura bis fiber die Mittellin/e hinaus frelgele~. Dicht li. an der Furche in der Mittellinie Freilegung zweier Pacchioni- scher Granulation. D~s seiner Zeit freiliegende Duragebiet ist mit unauff~lligen Granulationen bedeckS. Pu]satlon des re. 3tirnh/rns deutlich. Li. ]~l]t sich ers~ nach geraumer ]3eobachtungszeit eine ganz gerlnge Pulsation fes~stellen. Naeh Jodierung nun durch unvergndertes Duragebiet kindurch Punktion yon li. her unter der Dura nach re. kin. Die Spritze zieht 6---8 ecru eines gelblichen, leieh~ brAunlich gef~rbten Eiters an. Er6ffnung der Dura durch Kreuzschnitt. Mit der Dura verklebt haftet dieser auf ihrer hirnw~rts gerichteten Seite eine einige Milli- meter dicke Gewebsschicht an. Die Verklebung mit der Dura lgl~t sich 10sen. Ob es sich um Itirnrinde (Absze/]wand) oder um eine Schwarte handel,, kann makroskopisch nich~ sieher gesa~ werden (s. histologisehe Untersuehung). Es be- steht ein groBer StirnhirnabszeB, aus dem sieh reiehlieh Eiter, zum grSl]ten Tell sehollig, entleert. Zuerst scheint es, dab der Abszel131/~----4 cm tier sei. In Muckseher Stellung entfaltet sich der Abszel] weiter, immer wieder entleeren sich reichlieh Eiterschollen, die mi~ Blur und fltissigem Eiter abgeschwemmt werden. Das Bint stammt aus Piagef~l]en. Die Blutung steht nach 2 Unterbindungen. Es entleer~ sieh noch ein sperlingeigrol]es Gebilde, rOtlieh verfgrbt, vielleicht Gewebstrfimmer ? (s. histologisehe Untersuchung). ~un hat man gute ~J-bersicht. Die Tiefenausdehnung des Abszesses betr~igt 61/~ era, der Durehmesser in der Querrichtung dfirfte 3--4 em betragen. Wand glatt und derb. Das Gehirn pulsier~ nun lebhaft. Einlegen eines Glasdr~ins. Loekere Gaze dariiber. Mucksehe Kapsel. Im Abstrich bakteriologisch reiehlieh Streptokokken in starkem Zerfall; kulturell steril (alter Abszel] ?). Der Kranke wird in Muckscher Stelinng gelagert. Tr~ubenzucker, Magn. sulf., Kreis- laufmittel, Uro*ropin, Prontosil. Abends 39,2 ~ 29.3. Pat. sehr rukig, spricht niche, sehl~ft viel. Der eigenartige ]atent lgchelnde Gesichtsausdruek noeh ausgepr~gter. :Nun tritt aueh rechts eine ]eichte :Ptosis in Erscheinung, was dabei ~elleicht auch mitspielt. :Nahrungsaufnahme ungestSr~. Temperatur zwischen 38,1 und 37,4% V.W.: In der Tiefe des Abszesses Pus. 30. 3. Temperatur fiber 39--39,6 ~ Zu- nehmende Benommenheit. Nur noch wenig Reaktion auf Anruf. Will nicht mehr

Archly f. Ohren-. Nasen- u. ]~ehlkopfheilkunde. Bd. 1~9. 2~

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recht schlucken.. Beim V.W. Wunde auch heute sauber, lediglich ganz in der Tiefe wieder Eiter. RegelmaBig Traubenzucker, Strophantin, reiehlieh Kreislauf- mittel. O.P. 287/3 Zellen. Liquor wie bisher stets bakterienfrei. 31.3. Temperatur fiber 40, bis 40,7 ~ Zustand versehlechtert sieh. Auf Pneumonie verd~chtige Er- scheinungen auf der li. Lunge. Hustet, Puls klein, wenig geffillt. Gegen Abend wird der sehr frequente fliegende Puls unregelm~Big. Atmung besehleunigt, ge- rausehvoll, r6ehelnd. In der Frfihe des 1.4. 40 Tod unter den Zeiehen der Kreis- laufschwache.

Histologischer Befund vom 17.2. : Schleimhaut und Knochenteflchen aus der re. StirnhShle: Schleimhautstiickchen grSBtentefls stark auf- gelocker~ und hochgradig yon Leukocyten, Rund- und Plasmazellen durchsetzt. Die anh~ngenden Knochenteilchen bestehen tefls aus la- mellgrem, tells aus osteoidem Knochengewebe. Knochenteile aus der Stirnh6hlenwand re. : Bauen sieh aus unregelm~Bigen breiten lamell~ren Knochenb~lkchen auf, die Markr~ume sind mit einem lockeren Faser- mark ausgeffillt. Am Rand der Stiickchen linden sich teilweise einzelne fibro-osteoide Knochenb~lkchen. Histologische Diagnose: Markfibrose und herdf6rmige Knochenneubildung. Ma te r i a l aus d e n Siebbeinzellen re. : Gleiche Vers wie in der re. StirnhOhle, doch ist die zeUige Durehsetzung der Sehleimhaut geringer. Schleimhaut aus der li. Stirn- h6hle: Typische Nebenh6hlenschleimhaut, locker yon Leukocyten, Plasma- und Rundzellen durchsetzt. Material aus den Siebbeinzellen li. : Gleiche Ver~nderungen wie in der li. Stirnh6hle. Histologische Diagnose : Ei~rig-granu!ierende Entzilndung der re. Stirnh6hle und Siebbeinzellen mit starker Knochenneubildung, schleichende Entzfindung der li. Stirn. h6hle und Siebbeinzellen.

Histologischer Befund vpm 9.3. : Die mehreren bis bohnengroBen Sehleimhautstfiekehen aus der re. Kieferh6hle sind tefls stark hyalini- siert; tells in den oberfl~chlichen Schichten yon zahlreichen Rund- und Plasmazellen sowie wechselnden Mengen yon Leukocyten durchsetzt. Die anh~ngenden Knochenlamellen sind tefls unregelm~Big unterbrochen, tefis yon osteoiden B~lkchen bedeckt. Das Material aus der li. Kiefer- h6hle zeigt die gleichen Vers Histologische Diagnose: Tefls vernarbende, tefls granulierende Entzfindung mit Knochenzerst6rung und -neubfldung. Das Gebiet der plattenartigen Knoehenneubildung in der Kieferh6hle zeigte folgendes: Die Gewebsmengen enthalten zahlreiche Knochenteflehen, die einen regelm~Bigen lamell~ren Aufbau erkennen lassen. Stellenweise sind die Knochenteilchen stark zersplittert. Die lufthaltigen R/~ume sind durch feine bindegewebige Septen unterteflt. Dazwischen liegt ein Bindegewebe, das yon zahlreichen Rundzellen teil- Weise durchsetzt ist. Histologische Diagnose: Chronische Entziindung mit partieller Vernarbung und Knochenzerst6rung. M~a~erial aus der li. Stirn- h6hle: Die Stiicke bestehen in der Hauptsaeh e aus einem wechselnd zellreichen Bindegwebe, das in den oberfl/~chlichen Schichten hoehgradig yon Leukoeyten sowie Rund- und Plasmazellen und zartwandigen Blur-

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gefs durehsetzt und yon m/~chtigen weehselnd leukocytenreichen Fibrinausschwitzungen bedeck~ ist. Sequester: Die 3 bis mandelgroBen Knochens~tickchen bauen sich aus auBerordentlichen brei*en und sehr dicht aneinandertiegenden Knoehenb/ilkehen auf. In den gr6Btentefls entsprechend engen IXarkr/~umen linden sich groBe Mengen yon Leuko- cyten. Die Oberfl~chen der Knoehenbalkehen sind stellenweise unregel- mgBig ausgebuchtet und yon vielkernigen t~iesenzellen be- deckt, gistologische Dia- gnose : Eitrige Osteomyehtis mit herdf6rmiger Knochen- zerst6rung (Abb. 8). Histolo- giseher ]~efund vom 28.3. : Tefle vom Stirnbein: Die Knochenstiickchen bestehen aus lamell/~ren Knochen- b/~lkchen, die sehr wechselnd weite Markr~ume einschlie- Ben und deren Oberfl/~chen vielfach unregelm~tBig aus- gez~ckt sind. Die Mark- r/i, ume sind teflweise hoch- gradig erweitert und durch ein leukocy~enreiches Gra- nulationsgewebe ausgeklei- det (Abb. 9). AbszeBwand: GroBhirngewebe, das tefls diffus, tefls in der Umgebung der Btutgef~Be yon Leuko- c y t e n und Rundzellen dureh- Abb. 2~. Fall 2. Li_nksseitiger alter StirnhirnabszeB, setzt ist (Abb. 13). Sper- gegen aen Seitenventrikel fortschrei~end. Schwelhmg

links mit Verdr~ngung der rechten :l~emisphare. lingseigroBes Gebilde BUS Bei I starke Verdicklmg tier Dura.

dem ttirnabszeB: Nur noch schattenhaft zu f/~rben und hochgradig yon teilweise ebenfalis zerf~tElenden Leukocy~en durehsetzt. Histologische Diagnose: Eitrig-gram~lierende Osteomyelitis, nicht mehr ganz frisehe herdfSrmige Encephalitis, eitriges Exsudat.

Aus dem Sektionsbefund sei vermerkt: umsehriebene eitrige Lepto- und Pachymeningitis. Die AbszeBh6hle im li. Stirnhirn (Abb. 24) zeigt eine graur6tliche 1 mm dicke membranartige Auskleidung. Fortschreiten- der ProzeB hinter der H6h]e zum Seitenventrikel hin. Stirnhirn ge- sehwollen. Verdr/~ngung der re. Hemisphere, beginnender Pyocephalus internus li. Eiter im Gebiet der re. Keflbeinh6hle. Herdpneumonie im re. Unterlappen, fibrin6se Pleuritis und geringer ErguB in die Pleura-

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h6hle. Herzdflatation beiderseits mit allgemeinen Stauungsorganen. UI- cusnarbe am Pylorus.

Histologisch: Abszel]wand mit Dura: An der AuBenfls der Dura Fibrinauflagerungen, die yon zahlreichen polymorphkernigen Leuko- cyten durchsetzt sind. S~ellenweise haften kleine Knoehenteflchen an, die eine Kernfgrbung nich~ mehr erkennen lassen. Die Dura selbst ist deutlich verdickt und yon wechselnd zahlreichen polymorphkernigen Leukocyten, Rund- und Plasmazellen /nffl~riert. Die Innenfl~che der Dura ist zum Tefl lest mit der Pia verwachsen, w~hrend an anderen Stellen noch eine deutliche Abgrenzung der beiden H~ute m6glich is~. Die Pia ist aufgelockert und yon zahlreichen Leukocyten diffus durchsetzt. An der Innenflgche der beschriebenen H6hle im Stirnhirn halter ein breiter Saum yon polymorphkernigen Leukocyten~ der bei der Gramschen F/~rbung deutliche B~kterienhaufen (Kokken), die mitunter auch kleine Ke t t en bilden, enth/~lt. In der Wand (Abb. 14) zahlreiche Fibroblasten und feine verflochtene bindegewebige Fasern, dazwischen zahlreiche Rund- und Plasmazellen sowie vereinzelte polymorphkernige Leuko- cyten. In der Umgebung kleine Blutungen. - - Gehirnstiick aus dem Ge- bier hinter der Abszel]hShle in Richtung auf den li. Sei~enventrikel: NIehrere teils runde, tells ausgebuchtete Herde (Abb. 15), die yon poly- morphkernigen Leukocy~en angefiillt sind und die gleichen Bakterien- haufen enthalten wie bereits besohrieben. Die Begrenzung gegeniiber dem H i r n g e w e b e ist unscharf und verwaschen. In den W~nden und Lymphscheiden der benaohb~rten Gef~Be Leukoeyten, Rund- und Plasmazellen. In der Umgebung der Gefs mitunter Corpora amylacea.

Fall 3. 63j/~hriger NIann, Krankenblatt-Iqr. P 120/1939. 1914 GeschoJ]splitter- verletzung am lfl Unterarm. 1915 schwere Verstauchung des re. l%Bgelenkes. 1916 gastrisches Fieber. 1917 leiehte Gehirnerschiitterung durch Granateinsehlag. 1928 Seharlaeh und Diphtherie mi~ Stimmb~ndersehlaffung. 1929 Mandelausscha- lung. 1937 6 l~onate fach/~rztlich behandelt wegen linksseitiger eitriger Siebbein- zellenen~ziindung. "Februar 1939 Grippe. Danach starke eitrige Absonderung aus der l~ase. Bei facli/~rztlicher Behandlung mehrfach Eiter aus der Kieferh6hle aus- gespfil~. ~Nach einigen Wochen kommt er zuerst zur ambulanten und am 10. Mai zur klinischen Behandlung. Von dem Allgemeinbefund ist eine Blutdruekerh6hung (R. 1~. 190/110) zu erw~hnen. Herz: TSne laut, klappend, A2 und P 2 betont; sonst, aueh l~ervensystem, o. B. 0hren: o. B. l~aehen: Zustand naeh Tonsillektomie. I~ehlkopf: Stimmlippen gut beweglich, etwas verdiekt, grau-rosa. Nase: Starke Deviatio septi naeh li., beiderseits, besonders li. reiehHeh Eiter in der Blase, ebenso im Nasenrachen. R6ntgenaufnahme nach Rhese. Siebbeinzellen und Keilbein- h6hlen beiderseits nieht ldar, re. besonders im hinteren Tell, li. im vorderen Tell st/~rker verschattet. In beiden KieferhShlen foetid zefflieBender Eiter, ein Zu~ stand, der sieh naeh einig~n Spiilungen nieht ~nderte, so da~ beiderseits Operation vorgeschlagen wird. 11.5. in 6rtlicher Bet~ubung Radikaloperation der Kiefer- h6hle naeh Caldwdl-Luv li. (Ohnaol~er). In der KieferhShle stark verdickte ~chleimh~ut, zum Teil z~emlich lest haftend, stinkender Eiter. Anschliet~end yon der Kie~erh6hle aus radikale Ausr~iumung der Siebbeinzellen un~l der KeiL beinh6hle. Schleimhaut stark ver/~ndert. Zellw~nde zum Teil sehr verdickt, zum Teil seheinen sie ganz zu ~ehlen. Am Dach des Siebbeinzellengebie~es Pulsation;

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im Verlauf chronlscher Nasennebenh6hlenentzfindungen. 871

es liegt aber nicht etwa die Dura frei, sondern ein Gef/iB blutet pulsierend. Es wird, da es das Dach der Siebbeinzellen durchbohrt, sorgf~ltig geschont, sofort Jod und sparer auch noch Trypaflavin aufgebracht. Nach Vollendung der Ausraumung scheint das Stirnh6hlenostium gut frei, es lafl~ sich die diekste 2~ittersche Bougie einfiihren. Dabei taster man aber etwas Welches (ver/~nderte Schleimhaut oder eine Bulla fr0ntalis). Von MaBnahmen an der Stirnh6hle selbst wird Abstand genommen. Um gute Ubersicht im Siebbein zu haben, war auch die submukSse Septumresektion ansgeffihrt worden (Semrau). In die KieferhShle wird ein Jodoformgazestreifen locker eingef0.hr~, der durch die dorthin ffihrende 0ffnung gerade in das Siebbein- zellengebiet hineinragt. Das andere Ende wird durch die ~)ffnung im unteren Nasen- gang dutch dieNase herausgeffihrt. In den vordersten Tell des mittleren Nasengangs wird eln schmaler einfacher Streifen einge]egt. Die Septumbl/~gter werden vorn un~en durch Vasenolgaze Ieicht angepreBt. Naht der oralen Wunde.

His to logischer Befund. Siebbeinzel len: Die Sch le imhauts t i i ckchen z e i g e n a n der freien 0berf] / iche zot ten- und zapfenf6rmige Ausls die hochgrad ig yon Leukocy ten , P lasma- und Rundze l l en durchse tz t sind. I ) i e f re ien Oberfl~chen yon e inschicht ig-mehrre ih igen F l i m m e r - ep i the l i iberk le ide t . Einige Ideine Knochenb/~lkchen zeigen unregel - m~Bige Auf rauhungen ih re r O b e r f l / i c h e . - Kiefe rh6hle : I m ganzen gleiche Ver~nderungen, doch ist die zellige Durchse tzung noch hoch- gradiger , a u $ e r d e m hochgradige 5demat6se Auf lockerung der Schleim- h a u t .

Temperatur in den n&chsten Tagen 37,8---38,2 o R. Befinden gut. 13.5. Entfernung des Streifens aus der Nase. Temperatur (37,9) sinkt auf 37,2 ~ und h~lt sich die n~chstcn Tage zwischen 37 und 37,6% Am 15.5. nachmittags etwas angcgriffenes Aussehen. 16.5. Entfcrnung des Kieferhbh]enstreifens, abends etwas matt, 38,1% Keine mer~ngitischen Erscheinungen. Augenhmtergrund frei. 17.5. Temperatur 40 ~ Pu]s 84, |eicht benommen. Starke Kopfschmerzen. Nackensteifigkeit, Kernig. L.P. Liquor trfibe, 9728/3 Zellen, vorwiegend Leukocyten, Globuline ~-, Z. 52 rag-%. Normo-Mastix: Meningitiskurvc. Fundusffei. Neurologische Untersuchung (F~n[- grid) : l%hlen der Armref]exe, Armbcwegungen gleichm~Big. Fehlen der Patellar- und Achillessehnenref]exe, kein Babinski, Bauchdeckenreflexe beiderseits ausl6s- bar. Starke Nackensteifigkeit, geringer Kernig beiderseits. Bei B]ick nach li. ~ystago mus und Abweichen beider Arme nach oben. Deutlich benommen. Sofortige Exploration der vorderen Sch~delgrube {Ohr~cker) in 5rtlicher Bet~ubung. Weich- teilsehnitte wie bei Fall l . ~Vegnahme der lateralen Wand der Siebbeinzellen. Im operierten Siebbeingebiet einige Blutgerinnsel und fibrin6se Massen. Die Dura liegt an keiner Stelle frei. Das bei der ersten Operation am Dach der Siebbeinzellen beobachtete Gef~B blutet bei der Wegnahme des Knochens. Es wird nun vorerst die Stirnh6hie er6ffnet, in die eine fiber bohnengroBe Bulla frontalis hineinragt. Diese wird entfernt. In der Stirnh6hle, deren Schleimhaut nur wenig verdickt ist, gallertige br~unlich-gelbliche Schleimmasse. Ausr~umung der Schleimhaut. Wegnahme der Vorderwand und der orbitalen Wand sowie der Septen. Abflaehung der R/~nder. Wegnahme des Dachs der Siebbeinzellen bis zur Keilbeinh6hle. Nirgends Eiter. Dura unver~indert, pulsiert lebhaft; bei ihrer ErSffnung kein Liquorabflufl. Wegnahme der Lamina cribosa. Auch hier keine Veriinderungen, kein Eiter. Frei- gelegier Durabezirk wird durch Weguahme eines Teiles der Stirnh6hlenhinterwand vergr6Bert. Spaltung der Dura. Diese ist im Gebiet der Lamina cribrosa bzw. in deren Nachbarschaft; ziemlich dick. Es wird ein Stfickchen zur histologischen Untersuchung entnommen (s. unten). Zwischen Dura und Stirnhirn breiter Zwi- schenraum. Das Cerebrum r6tet sich leicht nach Freilegung und Bertihrung, zeigt

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372 Paul Ohnacker: Komplizierte Verwieklungen

aber keine krankhafte VerAnderung; lediglieh auf einem Gel/ill ziemiich welt vorn am Boden des Stirnhirns ff~ll~ eine graue, nieht abziehbare Auflagerung auf. Kein Eiter. Welter hinten blutet es eine Weile. Dieses beruhigt slch aber bald naeh Auflegen yon Jodoformgaze. Wiederholte Einbringung yon 1% Trypaflavin in den Subduralraum, das bei der Atmung gut angesogen und ausgepreBt wird. lgach nochmaliger Revision der Wunde auf etwaige Winkel mad Spalten, die sich ma- giins~ig auswirken k6rmten, einige wenige N/ihte in den/iuBeren und unteren Tell der Hautwunde, dazwisehen wird eine breite 0ffnung gelassen.

Histologische Untersuchung. StirnhShle: Die Schleimhaut bau t sich auf verhAltnism/~l]ig dick.faserigem fibrill/iren Bindegewebe auf und ist yon einzelnen Rund- und Plasmazellen durchsetzt . A n der freien Oberfl/~che einzelne zottenfSrmige Ausl/iufer. - - Dura mit anh/ ingendem Knochenstf ickchen: Dura : (Abb . 16) auf der einen Seite yon Fibrin- auflagerungen bedeckt, unter denen das Bindegewebe teilweise deut- lich aufgelockert u n d etwas zellreicher ist. Unterhalb dieses Gebietes in einer gr6Beren Arterie und Vene zellarme Fibrinpr6pfe; die Venen- wand auBerdem yon einzelnen Leukocyten und Fibroblasten durchsetzt . Das anh/ingende Knochenst i iokchen (Abb. 17) besitzt ein fibr6ses yon zahlreichen Leukocy ten durchsetztes 3{ark. Histologische :Diagnose: Granulierende und vernarbende Entzf indung der S t i rnhShle mi t ent- zfindlicher Polypenbildung, umschriebene Pachymeningi t is u n d ent- zfindliche l~Iarkfibrose.

Naehmittag ftihlt der Kranke sich besser. Temperatur schw~nkend, sinkt auf 37,90, um wieder auf 39,1 ~ anzusteigen. ]~r erh~lt aueh wei~erhin Prontosil i.m. und per os sowie Urotropin (40%) i.v. 18. 5. fast v611ig klar: :Noch Kopfschmerzen. Reflexe heute ausl6sbar. Urotropin wegen starker H/~maturie abgesetzt. L .P . Liquor trfibe, Dr. 110 mm. 6754]3 Zellen. Globuline -k. Ges.-EiweiB schwaeh -}-. Z. 56 rag-%. Meningitiskurve. 19. 5. Allgemeinbefund zufriedenstellend. 1%uro- logischer Befund: Alle Reflexe ausl6sbar. Kein Babinski, Kernig, Naekensteifigkeit angedeutet. Liquor etwas klarer. 6408/3 Zellen. Globuline -b. Ges.-EiweiB sehwaeh q-. Z. 36 mg- %. Sehr starke Meningitiskurve. 20.5. Vormittag besser. 37,8~ V.W.: Ig/thte entfernt. Liquor klarer. Dr., 160 ram. 2500/3 Zellen. Globuline W. Z. 20 rag-%. Naehmittag leiehte Verschleehterung, Kopfsehmerzen, 39,5% 21.5. Weitere Versehleehterung. Fast dauernd benommen, 1/~l]t unter sich. Nacken- steifigkeit ausgesprochen. Wundgebiet reaktionslos. Keine Sekretion aus der Igase. Liquor trfibe, 7963/3 Zellen. Globuline ~ . Z. 43 mg- %. 22.5. Unruhig, erkennt niemanden, spricht Unzusammenh~ngendes, 38,1--40,3 ~ Puls zwisehen 76 mad 96. Liquor triibe, 9472/3 Zellen. Globuline -b. Ges.-Eiweil] sehwach -t-. Z. 22 rag- %. Meningitiszaeke. 23. 5. Temperatur etwas geringer, sons~ ungef/ihr wie gestern. Liquor trtibe, 2800/3 Zellen. Globuline -b, Ges.-Eiweil] schwach ~-, deutliehe Me- ningitiszacke. 24. 5. Augenhintergrund frei. Neurologiseh: Bauehdeekenreflexe fehlen re. Pateltarreflexe beiderseits -t-. Kein Babinski, Kernig -b. Gegenhalten li., Beteiligung der Stammganglien. Kein Anhalt fiir AbszeB.-Liquor 560/.3 Zellen. Z. 27 rag- %, sonst wie gestern. In den n/~ehsten Tagen keine wesentliehe Anderung. Zellzahl im Liquor am 25.5. 650/3, Globuline ~-, Ges.-EiweiB schwach -t-, sehwache Zaeke. 26. 5. 136/3. Globuline -b, Ges.-EiweiB schwach -b. Z. 36 rag- %. Sehwache Zacke. 27.5. Fundus o.B. Neurologiseh: Armreflexe sehr schwaeh. Patellar- reflexe + , Bauehdeekenreflexe -k- Kein Babinski. Bliekschw~ehe ? naeh li. :Nichts Eindeutiges ftir Abszeg. Tiefe Remission bis 37,3. V. W. : Keine Absondertmg. Dura pulsier~. Liquor: 129/3 Zellen. Globuline schwach q-. Ges.-EiweiB sehwaeh

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im Verlauf chronischer Nasennebenh6hlenentziindungen. 373

positiv (geringer). Normo-Mastixkurve: Schwiichere Zacke. Welter Trauben- zucker und Strophantin. 28.5. Zustand leidlich. Liquor: 89/3 Zellen. Pandy schwach 4 . Nonne-Apelt--. Ges.-Eiweil] wie gestern. Normo-Mastix: Deu~liche Zacke. 29.5. Frfih Kreislaufschwi~che, Kollaps, AtemstSrungen. Naeh entsprechen- den Medikamenten zwar besser, doch im ganzen entscheidende Versehleehterung. Tier benommen, nimmt nichts zu sieh. Liquor: 117/3 Zellen. Globuline und Ges:- EiweiB wie gestern. Normo-Mastix: Schwaehe Zaeke. 30. 5. Weitere Versehlechte- rung. Puls sehon seit 2 Tagen frequent, heute zwischen 120---140. Liquor: 224/3 Zellen. Normo-Mastix: Deutliche Zaeke. 31.5. Gegen Mittag moribund, tiel be- nommen. Nachmittag: Exitus.

Aus dem Obduk~ionsbefund: Ausgedehnte ~ltere und ffische Meningitis, (idemat6se Schwellung des li. Stirnlappens. Pachymeningitis haemorrhagica interna li. Nebenventrikel (?) im ]i. Stirnlappen. Es finder sich hier eine fiber pflaumengrol]e vielfach ausgebuchte~e HShle mit giatSen W~inden, die sich mit einem schmalen Tefl nach der Basis des S~irnhirns hin erstreckt und hier durch eine einige Millimeter dicke Wand abgeschlossen ist. Gegen den ihr benachbarten li. Seitenven~rikel ist der Hohlraum durch eine 1--2 mm dieke Wand abgegrenzt. Peri- bronehiale Herdpneumonie beider Unterlappen, chronisch-schleimig- eitrige Bronchitis bei zylindrischen Bronchiektasen und Randemphysem mi$ Pulmonalsklerose. Schlaffe Herzdilatation beiderseits mit Stauungs- organen. Residuen yon Endokarditis der Mitral- und Aortenklappen. Ulcusnische am Pylorus und Gasr Nierencysten. TrigonumcYstitis, kleinkno$ige Prostatahypertrophie. Unmittelbare Todesursaehe: Hirn- ]~hmung.

Histologisch: Der beschriebene Hohlraum im li. Stirnhirn zeigt eine vSllig glatte Wandung, auf der sich stellenweise feine Fibringerinnsel finden; diese schlieflen einzelne grofle epitheliihnliche Zellen ein. Unter der Obeffl~che vielfaeh kleine Blutungen. Nach diesem Befund handel~ es sieh mit gr61]ter Wahrscheinliehkei~ um einen Nebenven~rikel, bei dem die Deckzellensehicht dureh die Ern/~hrungsst6rungen (Blu~ungen) zugrunde gegangen ist. - - Dura (Abb. 19): Bindegewebsfasern unregel- mgBig dureh kleine Fibroblastenansammlungen und Haufen yon Ery- throey~en auseinandergedr/ingt. Durailmenfls im ganzen yon Erythro- cy~enauflagerungen bedeck% zwischen denen sich tefls einzelne, tefls zahlreiehe Fibroblasten, h~mosiderinhaltige Phagocyten und Leukocyten finden. Pia stellenweise deutlieh verdiekt. :Die GefiiBe sind ziemlich weir. In der Umgebung der GefiiBe deutliche Ansammhngen yon polymorph- kernigen Leukoeyten, Rund- und Plasmazellen.

Fall 4. Am 4. 12. 36 wurde eine 22j/~hrige Artis~iu, Krankenblat~-Nr. P 141/36 mit der Diagnose Meningitisverdaeht eingeliefert. Sie war 14 Tage vorher an gripp6sem Infekt mit erh6hter Temperatur erkrankt. Dabei Schnupfen mit zuerst schleimiger, dann eitriger Absonderung, weshalb sie sieh in Behandlung eines Faeharztes begab, der mehrere Male dureh Kieferh6hlenspfilung eitriges Sekret entleerte. Am Morgen des Aufnahmetages sehr s~arke Stirnkopfsehmerzen, leichte Naekensteifigkeit und BewuBtseinstriibung. Pat. sehwerkrat~k, antwortet, obwohl ansprechbar, nur sehr verlangsamt. Klagt dauernd fiber sehr heftige Kopfsehmerzen,

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374 Paul Ohnacker: Komplizier~e Verwicklungen

besonders an der Stirn und der re. Sch/~delhalf~. Temperatur 39,30 R. Puls verlang- samt, 56. Kein deutlieher Druckpuls, kein Erbrechen. Mallige Nackensteifigkeit. Kopfbewegtmgen werden schmerzhaft empfunden, aber ausgef~hrt. Reehtsdrehung sehmerzhafter. Re. Sehadelhalfte klopfempfindlieh, Kernig + + , leichter Kahn- baueh, keine pathologischen Reflexe. Hirnnerven o. B. auger Druekempfindlich- keit des 1. und 2. Astes des Trigeminus re. Augenbewegungen, soweit priifbar, nieht eingesehrankt, keine Protrusio bulbi. Fundus o.B. H0rorgan o.B. Raehen und Nase: Im re. mittleren und oberen Nasengang reiehlich Eiter. Druck- und Klopfempfindliehkeit der re. Nasennebenh6hlen. Foeter ex ore. An der Rachen- hinterwand breite EiterstraSe. l~0ntgenbild: Versehattung der re. Nasermeben- hShlen. Starke Ausbildung der Impressionen am Sehadeldach. L .P . Liquor trfibe, Dr. 280 mm. Zellzahl ungefahr 4200/3 Zellen, fast ausnahmslos Leukoeyten. Ges.-Eiweil3 deutlieh + (Triibung zur Floekung neigend). Normo-Mastix: Starke Meningitiskurve. Mikr. und ]cult. v611ig bakterienfrei. Sofortige Operation der reehtsseitigen Nebenh0hlen (Ohnaoker) in 5rtlicher Betaubung. Kieferh6hlen- operation naeh Caldwell-Luc: Reiehlieh seheuglieh stinkender Eiter. Sehleimhaut verdiekt, halter zum Teil sehr lest. Von der KieferhShle aus Ausraumung der Siebbeinzellen und der KeilbeinhShle. Sehleimhaut gesehwollen, sehr welch. Naeh radikaler Ausraumung der Siebbeinzellen liegt der StirnhShleneingang gut frei. Einfache Er~ffnung der Stirnh6hle yon auSen. Reichlieh stinkender Eiter unter Druek. Sehleimhaut stark verander~, zum Tefl verdiekt, aber ganz weich und locker. An der Hinterwand fehlt sie in einem kleinbohnengroBen Bezirk, 15st sieh sonst bei vorsiehtigem Austupfen sofort ab. 0ffnung naeh der Na~e gut, fi ir diekste t~ittersehe Bougie durehgangig. Drain in die auSere 0ffnung. Im Kiefer- h~hleneiterabstrieh linden sieh mikroskopiseh und kulturell keine Bakterien (mehr- faeh gespiilt), die Temperatur ging auf 38,3~ herab, stieg aber am ~orgen des 5. 12. auf 39,80. Der l~uls blieb relativ verlangsamt zwisehen 72 und 92. Die Naeht war unruhig verlaufen. Morgens fallt eine Parese des li. Armes auf. Bauehdeekenreflexe sehlecht auslSsbar. 3--4 MAn. dauemder Faeialiskrampf li., der sieh in der Folge in kurzen Abstanden wiederholt und nach einigen Stunden yon gleiehzeitigen Kr/~mpfen im li. Arm begleitet ist. Die I(_ranke ist sehwer anspreehbar, reagiert aber auf Anruf. Mittags neurologisehe Untersuchung (Fiin/geld), bestatig~ die linksseitige Armparese und den linksseitigen Faeialiskrampf. Wegen Verdaeht auf rechtsseitigen SchlafenlappenabszeS wird Trepanation empfohlen. Diese wird sofor~ in 5rtlicher Betaubung ausgefiihrt (Ohnacker). Vorher L .P . Liquor triibe, Dr. 220ram. Pandy + + , 4090/3 Zellen. Leukoeyten. Mikr. und kult. v611ig steril. I-IandtellergroBe ~'treilegung yon Sehlafenlappen und angrenzendem Gebiet des Parietal- and Stirnlappens. Dura stark verdiekt und mit Auflagerungen ver- sehen. Grol3er subduraler Abszel3 mit Beteiligung der Hirnrinde. Ansehliellend Wegnahme der orbitalen und der Vorderwand der re. StirnhShle. Ausraumung der Sebleimhaut. Freilegen der Dura. Es wird kein Anhalt flit das Bestehen eines Stirn- hirnabszesses gefunden. Wahrend der Operation mehrere Krampfanfalle, die so stark sind, dal3 die Operation zeitweilig fiir 1anger unterbrochen werden mull. Bakteriologisch ergibt die Untersuchung des Abstriches ziemliehe Misehflora und aufler Staphylokokken und Pneumokokken anseheinend aueh Influenzabazillen. Die Stirnh0hle war auch anaerob v611ig bakterienfrei. Naeh der Operation Krampf- anfalle geringer. Traubenzueker und Urotropin i.v. Laufend Cardiaea. Abends starke BewuStseinstriibung, nut voriibergehend ansprechbar. Naehts zwei sehwere Krampfanfalle, dauernd bewulltlos. An Stelle der Pulsverlangsamung nun sehr lebhafte Frequenz. Allgemeinzustand sehr sehlecht, reagiert nieht mehr. Greif-. reflex tier re. Hand. LaSt Stuhl und Urin unter sieh. Cardiaca. Nachmit~ag v011ige BewuStlosigkeit. Zunehmende Kreislaufschwache. Cardiaca ohne Wirkung. Am 7. 12. friih Exitus unter den Zeichen yon I-Ierz- und Kreislaufsehwaehe.

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im Verlauf chronischer NasennebenhShlenentzfindungen. 375

4. 12. Histologische Untersuchung: KieferhShle : Die Gewebsstfickchen bestehen in der Hauptsache aus einem lockeren gef~Breichen Bindegewebe, das vielfach an 2--3 Seiten yon einem einschichtig-mehrreihigen Flimmer- epithel iiberkleidet ist; an den Oberfls bfldet das Bindegwebe aul]er- dem zahlreiche ebenfalls yon Epithel iiberkleidete Zapfen und zum Tefl sehr lange Zotten. Die zwischen den Bindegewebsfasern liegenden Zellen bestehen in der Hauptsache aus Rund- und Plasmazellen, auBerdem finder sich stellenweise eine Durchsetzung mit Leukoeyten und eiweil~haltiger Fliissigkeit. Einige der Bindegewebsstiickchen schliel]en teilweise leicht erweiterte gemischte Speicheldrfisenls ein. Siebbeinzellen: Im wesentlichen gleich ver~nderte NebenhShlenschleimhaut wie in der Kiefer- hSMe, die leukocyt~r durcl~setzt ist, jedoch verhs etwas hoch- gradiger. - - StirnhShle: Die Gewebsstiicke zeigen den gleichen Aufbau wie die Stiickchen aus der KieferhShle; es iiberwiegt bei ihnen wiederum die plasmazeUul~re und rundzellige Infiltration. Es handelt sich somit um eine chronische rezidivierende Sinusitis in dem Material aus den 3 Neben- hShlen mit Polypenbildung sowie ~erwiegen der chronisch-entziind- lichen Ver~nderungen in der Kiefer-und StirnhShle und ~berwiegen der frischen Vers in den Siebbeinzellen.

5.12. Verdickte und mit Auflagerungen versehene Dura (Abb. 20). Es finder sich auf der Innenfl~che zun~chst eine etw~ 1 mm dicke aus einem teils ~lteren, teils jfingeren und gef~l]reichen Bindegewebe be- stehenden Gewebsschicht und auf dieser eine ebenfalls etwa 1 mm dicke Fibrinmembran, die in der inneren Hs sehr stark yon Leukocyten durchsetzt ist. In der Dura selbst finden sich einzelne Leukocyten, ws die auf der Innenseite liegende Bindegewebsschicht stark yon Leukocy~en durchsetzt ist, und zwar besonders in der Umgebung der leicht erweiterten und yon zahlreichen Leukocyten ausgefiillten Blut- gef~l~e. Es handelt sich demnach um eine frische fibrinSse bzw. in den oberfls Schichten fibrinSs-eitrige Pachymeningitis membranacea in~erna (ira Eisenpr~tparatfinden sich auch in den tiefsten Schichten der Dura dichte Eisenablagerungen, also ganz alter Prozel3).

Aus dem Obduktionsbefund ist zu erw~hnen: Pachymeningitis haemor- rhagica interna pigmentosa mit umschriebener Pachy- und Leptomenin- girls. In den Hirnsinus speckige GerinnseL Gehirn im Gebiet der Dura- ver~nderungen besonders in der vorderen Zentralwindung etwas einge- drfickt. Beim Einschneiden in den Stirnhirnpol wird ein Hirnabszel~ erSffnet, walnu~gro~, mit braun-schmierigen Massen erfiillt. Die Win- dungen li~ sind sehr breit, Furchen nur andeutungsweise erkennbar. Mikroskopisch zeigte die Dura Blu~ungen, yon Leukocy~en durchsetzt; in grol~em Teil vollkommen zerstSrt, Nckrosen, Leukoeyten, polyp6se PfrSpfe mit Gr~nulationsgewebe und Leukocyten; ausgedehnte Eisen- ablagerung. Diagnose : eitrige Entziindung bei Pachymeningitis haemor- rhagic~ interna pigmentosa. Gehirn: Bezirk mit Leukocyten, der

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376 Paul Ohnacker: Chronische NasennebenhShlenentziindungen.

h o m o g e n e r s c h e i n t . P i a v e r d i c k t , m i t L e u k o c y t e n d u r e h s e t z t . V o n d i e s e m

G e b i e t aus l e u k o c y t a r e I n f i l t r a t i o n , t i e f ins G e h i r n g e w e b e h i n e i n g e h e n d e

B l u t u n g e n . I n d e r U m g e b u n g d ieses Bez i rk s Z e l l m s u m die G e f ~ e .

V o n h i n z u t r e t e n d e n K r ~ n k h e i t e n is~ zu e r w ~ h n e n sch l e imig -e i t r i ge B r o n -

chi t i s , H e r d p n e u m o n i e i m ]i. U n t e r l a p p e n , m i ~ e l g r a d i g e s , z u m Tei l

i n t e r s t i t i e l l e s L u n g e n e m p h y s e m . Als T o d e s u r s a c h e w u r d e G e h i r n l s

f e s t ge s t e l l t . B a k t e r i o l o g i s c h w u r d e n in d e m Subdura labsze l~ P n e u m o -

k o k k e n u n d S t ~ p h y l o k o k k e n g e f u n d e n .

Schr i~t tum.

1 Gerber: Die Komplikationen der Stirnh6hlenentz~indungen Berlin 1909. - - 2 Manasse: Verh. dtsch. Laryng. 1911, 189. - - 3 Svhreyer: Z. Hals- usw. Heilk. 25, 218 (1930). - - 4 U]]enorde: Z. I~ryng. usw. 3, 597 (19il). - - 5 Seiferth: Passow- Schaefers Beitr. 28, 288 (1930). - - s Sternberg: Zbl. Hals- usw. Heilk. 18, 191 ( 1 9 3 2 ) . - 7 Handke: Zbl. Hals- usw. Heilk. 27, 89 {1937): - - s Hajek: Arch. f. Laryng. 18, 290 (1906). - - 9 EleVen, v.: Verh. dtseh. Laryng. 1908, 17. - - 10 Onodi: Z. Laryng. usw. 3, 23 (1911). - - 11 Hajek: Pathologie und Therapie der entziindlichen Er- krankungen der Nebenh6hlen der Nase. Leipzig u. Wien 1915. - - 12 Burger: Hand- bueh der Hals-, Nasen- und Ohreaheilkunde, Bd. 2, S. 898. 1926. - - 13 Jaeobsgaard: Z. Laryng. usw. 26, 387 (1936). - - 14 Ohnacker: ZbL Hals- usw. Heilk. 39, 643 (1938). 15 Zange: Z. Hals- usw. Heilk. 38, 193 (1935). - - ~s Sch~idt: Arch. Ohr- usw. Heilk. 143, 115 (1937). - - x7 Zange:ZM. Hals- usw. Heilk. 25, 703 ( 1 9 3 5 ) . - is Bregulla: Zbl. Hals- usw. Heilk. 25, 702 (1936). - - 19 EleVen, v.: Zbl. HaIs- usw. Heflk. 18 ( 1 9 3 2 ) . - 9.0 l~icken, v.: Bet. otolaryng. Ges. Berl. 1932, i 2 4 . - ~IEicken, v.: Ber. otolaryng. Ges. Berl. 1933, 25. - - 2~ Eivken, v.: Ber. otolaryng: Ges. Berl. 1934, 106. - - 23 Eieken, v.: Zbl. Hals- usw. Heilk. ~3, 34 (1934). - - 24 Eieken, v.: Z. Hals- usw. Heilk. 38, 186 (1935). - - ~5 W,gst: Z. Hals- usw. Heilk. 38, 188 (1935). ~ 2~ Vogel: Bet. otolaryng. Ges. Berl. 1933, 46. - - .27 Vogel: Ber. otolaryng. Ges. Berl. 1934, 80. - - 2s Zange: Zbl. Hals- usw. Heilk. 23, 126 (1934). - - 29 Z6llner: Arch. Ohr- usw. Heilk. 147, 89 (1940). - - 3o OhnaJcer: Mfinch. reed. Wschr. 1925 I, 888. - - ~1 Zange: Arch~ klin. Chir. 152, 335 (1928). - - 3~ Zuckerkandl: Normale und pathologische Anatomie der NasenhShle. Wien u. Leipzig 1893. - - 3~ Ohnacker: Z. Hals- usw. Heilk. 7, 65 (1923). ~ 34 Ohnacker: Z. Hals- usw. Heilk. 11, 350 (1925). - - 35 Ggrtner: Mfineh. reed. Wschr. 1934 1 382. - - 3~ Wegelin: Mfiuch. raed. Wschr. 1938 I, 85. - - 37 Steurer: Z. Hals- usw. Heilk. 38, 189 (1935). - - 3s Kalbfleisch: Mfinch. med. Wschr. 1940 I, 769. ~ ~90hnaeker: Z. Hals- usw. Heilk. 63, 333 (1911). - - 40 U/]enorde: Dtsch. reed. Wsehr. 1930 I, 776. - - 41 Rhese: Passow-Schaefers Beitr. 8 (1914). Zit. nach Krae~ner. - - 42 Unter- berger: Passow-Sehaefers Beitr. 31, 193 (1934). - - 43 Muck: Z. Hals- usw. Heilk. 79, 86 (1920). - - 44 Grahe: H i m und Ohr. Leipzig 1932. - - ~5 Gr~f/: Atlas der Er- krankungen der oberen Luftwege. Leipzig 1934. - - ~ Kraemer: Passow-Sch~efers Beitr. 1~, 145 (1919). ~ 4~ Ebskov: Zbl. HMs- usw. Heilk. ~8,329 (1937). - - 4s Eicken, v. : Z. Laryng. usw. 18, 340 (1929). - - ~ Kindler: Z. Laryng. usw. 26, 152 (1935). (Ferner z~hlreiehe kasuistisehe Mitteilungen.)