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Prof. Dr. Jens Weidner
Konfrontative Pädagogik
Konfrontative Pädagogik
„Lexikalisch meint der Begriff der ‚Konfrontation‘ ein ‚Gegenüberstellen, um einen Widerspruch oder
eine Unstimmigkeit auszuräumen“ oder „Jemanden in die Lage bringen, sich mit Unangenehmen
auseinanderzusetzen“ (Duden 1985, zit. nach Walkenhorst 2006: 80)
„Der Begriff der „Konfrontativen Pädagogik“ steht ausdrücklich nicht für eine ins ich geschlossene
pädagogische Theorie, sondern bezeichnet eher einen pädagogischen Handlungsstil und eine
Methodik im Kontext eines auf Demokratiefähigkeit und auf Förderung von Selbstverantwortung des
Klienten zielenden erzieherischen Prinzips. Konfrontation wird hierbei als eine von zahlreichen
Interventionsformen eingesetzt, die von Relevanz sein kann für meist in autoritären Erziehungs-Interventionsformen eingesetzt, die von Relevanz sein kann für meist in autoritären Erziehungs-
verhältnissen sozialisierte und nach diesem Muster kommunizierende Kinder, Jugendliche und junge
Erwachsene. Hinter dieser Handlungsform steht die entschiedene Haltung des/der intervenie-
renden PädagogIn, entweder eine Störung sozial-kommunikativer Gruppenbezüge, Verletzungen
individueller Freiheitsrechte oder Unversehrtheit anderer Personen nicht zu akzeptieren, sondern
den/die Regelverletzer/in mit einer von ihm/ihr begangenen Verletzung oder Regelüberschreitung, als
mit seiner/ihrer Tat oder aber mit der hiervon betroffenen Person möglichst rasch und direkt zu
konfrontieren. Gleichzeitig gilt es dabei, die Person des Regelverletzers innerhalb der pädagogischen
Beziehung ernst zu nehmen und damit auf der Persönlichkeitsebene zu respektieren.“
(Rainer Kilb in: Weidner, J./Kilb, R. (Hg.): Konfrontative Pädagogik, 2. Auflage, Wiesbaden 2006)
Voraussetzungen konfrontativer Pädagogik
• „Voraussetzung für eine Konfrontation ist die Inter-
ventionserlaubnis der konkret Betroffenen“ (Weidner
2006: 13)
• Vor jeder Konfrontation steht der Beziehungsaufbau zum
Probanden.
• Konfrontative Ansätze ist „nur für Settings bzw. Schon-• Konfrontative Ansätze ist „nur für Settings bzw. Schon-
räume geeignet, in denen Kontinuität gelebt werden
kann.“ (Weidner 2006: 13).
Kernphilosophie konfrontativer Pädagogik
• Konfrontative Pädagogik propagiert einen konsequenten
Handlungsstil für Pädagogen. „Danach sollten 80% der
professionellen Persönlichkeit einfühlsam, verständnisvoll,
verzeihend und non-direktiv bleiben, aber um 20 % Biss,
Konflikt- und Grenzziehungsbereitschaft ergänzt werden.“
(Weidner 2006: 18)(Weidner 2006: 18)
• „Professionelle der Sozialen Arbeit sollten pädagogisch (nicht
polizeilich/juristisch) auf Kleinigkeiten reagieren, damit
Großes erst gar nicht passiert.“ (Weidner 2006: 22)
Beispiele:
- Glen Mills School, USA
- AAT/Coolness-Training
Das AAT in Stichworten I
• Zielgruppe des AAT sind (jugendliche) Delinquente aus dem Bereichder Gewaltkriminalität. Das AAT wird angewandt in der ambulantenund stationären Jugendstrafrechtspflege.
Gruppenleitung und Dauer:
• „zwei geisteswissenschaftliche Hochschulabsolventen, davon einer• „zwei geisteswissenschaftliche Hochschulabsolventen, davon einermit qualifizierter AAT/CT-Zusatzausbildung, incl. Selbsterfahrung audem ‚heißen Stuhl“.
• Das Training umfasst bei einer Gruppe von 5 Jugendlichen ca. 60Stunden.
Das AAT in Stichworten II
„Die Trainingsinhalte umfassen folgende Eckpfeiler:
• Einzelinterviews,
• Analyse der Aggressivitätsauslöser und Gewaltrechtfertigungen,
• Tatkonfrontation und Provokationstests auf dem heißen Stuhl,
• Opferbriefe, -filme, -aufsätze zur Einmassierung des Opferleids,
• Distanzierungsbrief an die gewaltverherrlichende Clique.“ (Weidner 2006: 23)
Kritik des AAT
• Die vorliegenden Darstellungen von AAT und CT (Weidner 1993; Weidner/Kilb/Kreft
1997) verzichten auf eine systematische Auseinandersetzung mit den Theorien und
Ergebnissen der sozialwissenschaftlichen Gewaltforschung. Die Frage nach den
Ursachen und Gründen von Gewalt wird stattdessen mit dem stigmatisierenden (s.u.)
Hinweis auf vermeintliche Eigenschaften der Täter beantwortet, womit Gewalt aus
ihren sozialen Kontexten herausgelöst und als Ausbruch individueller
Aggressionsneigungen dargestellt wird, und selbst die biografische Genese solcher
Neigungen findet wenig Aufmerksamkeit.“ (Albert Scherr)
• Gesicherte empirische Belege für eine Wirksamkeit des AAT liegen nicht vor.• Gesicherte empirische Belege für eine Wirksamkeit des AAT liegen nicht vor.
Vergleichsuntersuchungen zwischen Teilnehmern und Nicht-Teilnehmern haben
ergeben: „Die Rückfallrate ist in beiden Gruppen fast identisch. ... Auch die
Rückfallhäufigkeit ist ähnlich hoch ... . ... Die Rückfallgeschwindigkeit ist ... ebenfalls
fast identisch. ... Mit Blick auf die Rückfallintensität (Gewaltdelikte) erweist sich die
Gruppe der AAT-Untrainierten als ‚ungünstiger’ ... Diese Differenz ist jedoch nicht
signifikant.“ Darüber hinaus ist festzustellen (s. Ohlemacher u.a. 2000a und b): AAT
erzielt zwar leicht bessere Ergebnisse, als eine Praxis des bloßen Einsperrens, aber
keine erkennbar besseren Ergebnisse als andere Methoden der pädagogischen bzw.
therapeutischen Arbeit mit vergleichbaren Adressaten.“ (Albert Scherr)