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Ein Leitfaden für den richtigen Umgang mit Brutschränken im Sterilbereich Priv. Doz. Dr. Gerhard Unteregger Institut für Molekularbiologie/Zweibrücken Kontamination? Nein, danke!

Kontamination? Nein, danke! nein danke_d... · 2009. 3. 24. · Kontamination? Nein Danke! Leitfaden für den richtigen Umgang mit Brutschränken im Sterilbereich Erfreulicherweise

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Ein Leitfaden für den richtigen Umgang mit Brutschränken im SterilbereichPriv. Doz. Dr. Gerhard UntereggerInstitut für Molekularbiologie/Zweibrücken

Kontamination? Nein, danke!

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Kontamination? Nein Danke!

Leitfaden für den richtigen Umgang mit Brutschränken im Sterilbereich

Erfreulicherweise steigt die Zahl der Versuche, die am Zellkultur-modell durchgeführt werden und als Ersatz für Tierversuche dienen,ständig an. Mit dieser Zunahme verbunden ist automatisch aucheine Vergrößerung des Personenkreises, welcher mit der Kultivie-rung dieser Zellen und den damit verbundenen Tätigkeitenbetraut ist.

Bedauerlicherweise steigt die Ausbildung und Schulung dieserMitarbeiter nicht im gleichen Tempo an. Aus diesem Grundekommt es immer wieder zu Problemen in der Zellkultur. Dasgrößte Problem stellt sicher die Kontamination der Zellkultur mit”unerwünschten Gästen“ dar: Bakterien, Pilze und Mykoplasmengedeihen in der Regel in der feuchten Hitze des Brutschrankesebenso gut wie die Zellen. Diese „Gäste“ sind unerwünschteSchmarotzer im Zellkulturlabor, sie verbrauchen die Nährstoffedes Mediums und überwuchern den Zellrasen innerhalb kürzesterZeit. Unangenehm ist auch, daß ihr Auftreten erst dann bemerktwird, wenn jede Hilfe zu spät ist.

So gilt es denn, den Brutschrank und die Zellen so zu behandeln,daß Kontaminationen weitestgehend ausgeschlossen werdenkönnen. Es sind eigentlich nur ein paar wichtige Kleinigkeiten, diees zu beachten gilt, um mehr Spaß und Erfolg bei der Versuchs-durchführung zu haben.

Wie das funktioniert? Lesen Sie die Broschüre „Kontamination?Nein Danke!“. Bei der Beantwortung unseres kleinen Quiz erfahrenSie schnell und sicher, wie Sie in Ihrer täglichen LaborroutineKontaminationsrisiken einschränken können.

Daneben finden Sie in den einzelnen Abschnitten wertvolle Hinweise zum richtigen sterilen Arbeiten rund um den Brutschrank.

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Die Kontamination der Zellkulturen erfolgt in der Regel von außer-halb! Damit klar wird, welche Schleichwege die Schmarotzernehmen, beleuchten wir den Tagesablauf im Zellabor etwas näher:

Sie betreten das Labor: Punkte:Mit einem sauberen Labormantel und Laborschuhen Ja +3

Sie lassen draußen:Armschmuck, Kaffeetasse und schlechte Laune Ja +3

Sie waschen sich die Hände mit Seife und Desinfektionsmittel Ja +3

Müssen Sie noch telefonieren, evtl. Fenster schließen oder noch Material von außerhalb ins Labor bringen? Das hätten Sie alles vorher erledigen sollen!

Einer der Hauptgefahrenquellen im Zellkulturlabor ist der Mensch!Im Zellkulturbereich kann deshalb nicht absolut keimfrei gearbeitetwerden, aber man kann sehr erfolgreich die Wahrscheinlichkeitfür eine Kontamination verringern. Um dies zu erreichen, mußman sich die Gefahrenquellen für diese Kontaminationen zunächsteinmal bewußt machen!

■ Mundkeime und Handkeime sorgen stets für eine hohe Keimdichte in unmittelbarer Nähe der Zellkulturen.Die Keimdichten beim Menschen liegen bei etwa 10e3 bis10e4/cm2 auf der Hand; im Mundbereich sind es 10e6 bis 10e8/ml(Speichel). So werden schon beim Niesen mehr als 10e4 Keimeabgegeben!

Deshalb ist die erste und wichtigste Regel imZellkulturlabor, diese Keimdichte zu reduzieren.In der Laborordnung der Berufsgenossenschaft und in der Unfall-verhütungsvorschrift wird schon darauf hingewiesen, daß „geeig-nete“ Laborkleidung zu tragen ist. Dabei geht es im Sterilbereichweniger um das Kontaminationsrisiko für die Kleider der dortarbeitenden Personen, sondern um die Reduzierung der Keimzahl,die mit der Straßenkleidung ins Labor getragen wird. Genausowichtig wie die Kleidung sind die Schuhe: Entweder es stehengeeignete Desinfektionsmatten vor dem Labor zur Verfügung,oder es sollen Laborschuhe getragen werden. Wenn nicht sichergestellt werden kann, daß die Laborschuhe nur im Sterilbereichgetragen werden, sollten einfach Überschuhe benutzt werden,wie sie auch im OP-Bereich Verwendung finden.

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Es ist sicher obsolet und ein schlechter Stil, möglichst von derKantine oder Mensa kommend im Wintermantel mal schnellunterm Mikroskop nach den Zellen zu „schauen“. (Dies gilt auchfür den Chef!)

Überhaupt ist es angeraten, daß nur die Personen sich im Zell-kulturlabor aufhalten, die dort mit der Zellkultivierung betrautsind. Längere Diskussionen mit mehreren Personen sollten daherstets außerhalb des Zellkulturlabors stattfinden!

Zur Verringerung der Handkeimzahl ist es wichtig, die Hände vordem Arbeitsbeginn mit einer antimikrobiellen Seife zu waschenund sie dann mit Papierhandtüchern abzutrocknen. Damit reduziertsich der Keimgehalt schon dramatisch. Verbessern kann man diesnoch durch zusätzliches Einreiben der trockenen Hände mit alko-holischen Lösungen wie z.B. Sterillium® (Bakterizid, Fungizid).

Aber: Man sollte vermeiden, nach dem Händereinigen etwazu telefonieren oder Türklingen etc. anzufassen; damitwürde sich sofort wieder eine erhöhte Keimzahl an denHänden einstellen! Aber auch Kopfkratzen oder Nasenreibensollte unbedingt vermieden werden, sonst sind die getroffenenMaßnahmen unwirksam!

Beim Arbeiten mit pathogenem bzw. infektiösem Material sindzusätzlich zur persönlichen Sicherheit Einweg-Handschuhe zutragen. Zusätzlich wird bei Erkältungskrankheiten das Trageneines Mundschutzes erforderlich sein. Hustende, schnupfendeund niesende Mitarbeiter(innen) sollten aber am besten denSterilbereich meiden!

Wenn diese persönlichen Schutzmaßnahmen von allen im Steril-bereich Arbeitenden getroffen werden, so ist die vom Menschenverursachte Keimdichte schon stark reduziert worden. Wir müssenuns jetzt darauf konzentrieren, mit den Restkeimen so sorgfältigwie möglich umzugehen, um eine Kontamination der Kulturen zuverhindern.

Deshalb wenden wir uns nun den Geräten zu, mit denen dieZellen bzw. die sterilen Nährlösungen und Zusatzstoffewährend ihrer Kultivierung in Kontakt kommen.

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.Im Sterilbereich finden wir folgende Geräte:■ Brutschrank■ Laminar Flow■ Umkehrmikroskop■ Zentrifuge■ Wasserbad■ Kühlschrank

Neben dem Menschen stellen diese verunreinigten und schlechtgewarteten Geräte eine weitere Kontaminationsquelle dar, an diesehr oft gar nicht gedacht wird.

Sehen Sie selbst:Sie stellen das Medium aus dem Kühlschrank in das WasserbadWann haben Sie dieses zuletzt gereinigt? Wöchentlich! Ja +15

Wie sieht es in Ihrem Kühlschrank aus? Finden sich dort alte angebrochene Flaschen, unsterile (verpilzte) Lösungen? Reste von ausgelaufenem Medium? Offene Flaschen/Lösungen? Ja -30

Sie stellen die Mediumflasche (abgetrocknet) unter die Werkbank Ja +1

Sie holen die Zellkulturen aus dem Brutschrank und legen die Schale unters Mikroskop.Haben Sie den Mikroskoptisch vorher abgewischt? Ja +5

Haben Sie alle Fragen bejahen können, erhalten Sie 30 Pluspunkte,vorausgesetzt, Ihr Wasserbad war sauber und Ihr Kühlschrankenthält keine „Leichen“!

Es ist sicher richtig, bei der Zellkultivierung vor allem ein Augen-merk auf den Reinheitszustand der zentralen Arbeitsgeräte –Brutschrank und sterile Werkbank – zu legen. Aber es nütztnichts, wenn unter eine saubere Werkbank eine Mediumflaschegebracht wird, die aus einem mit Hefe verpilzten Wasserbadkommt oder aus einem Kühlschrank, in dem vor Monaten zumletzten Mal die Glasstellflächen oder die Türablagen gereinigtwurden.

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Das WasserbadEs ist nicht unbedingt notwendig, ein Wasserbad mit bakterizidenoder fungiziden Mitteln zu fahren. Wöchentlicher Wasserwechsel,verbunden mit einer Reinigung (normales Seifenwasser genügt)ist in den allermeisten Fällen eine ausreichende Vorsorge. SindSie aber unsicher, so nehmen Sie doch mal einen Tropfen Wasseraus Ihrem Wasserbad und betrachten diesen unter dem Umkehr-mikroskop! Oder noch besser: Nehmen Sie 50 ml, zentrifugierenab und betrachten das Sediment! Diese einfachen Maßnahmenkönnen zur Aufdeckung einer Kontamination sehr erfolgreichsein. Mit dieser Technik konnten wir vor Jahren in unseren eigenenLabors eine Hefe-Kontamination entlarven. Denn oft kommt esleider vor, daß auch die Wasserbäder im Sterillabor von fremdenPersonen für „artfremde“ Experimente Verwendung finden. Werdenalso Lösungen ins Wasserbad verschüttet, so finden wir sehrschnell eine Zunahme der Keimbelastung.

Der KühlschrankÄhnliches gilt auch für den Kühlschrank. Es ist a priori keineschlechte Angewohnheit, wertvolle, teurere Medien und Zusatz-lösungen möglichst lange aufzubewahren. Aber denken Sie auchdaran, daß die biologische Wirksamkeit der meisten fertigenLösungen im Bereich von einigen Tagen bis wenigen Wochenliegt, und die Gefahr der Kontamination und Unsterilität dieserLösungen mit jedem Öffnungsschritt der Flasche ansteigt.Deshalb ist eine sorgfältige Protokollführung und ein häufiges„Ausmisten“ des Kühlschrankes (gilt im Prinzip auch für denGefrierschrank bzw. die Truhe) eine wichtige Vorsorgemaßnahmezur Verhinderung von Kontamination.

Das UmkehrmikroskopDie tägliche Kontrolle der Morphologie der kultivierten Zellengehört zur Routine im Zellkulturlabor. Insbesondere sind Konta-minationen zuallererst unter dem Mikroskop auszumachen:Hefen, Pilze, Bakterien, aber auch das Auftreten von nekrotischenZellen im Phasenkontrast. Somit ist die sorgfältige mikroskopischeKontrolle ein wichtiger Punkt, zumindest für die Verhinderung derweiteren Ausbreitung einer Kontamination. Wenngleich auch vorrettenden Maßnahmen wie erhöhte Dosis und Waschen mit Anti-biotika, Zusatz von Fungiziden wie Nistatin o.ä. aus der Sicht desAutors nur gewarnt werden kann, so wird es doch Fälle geben,wo eine im Mikroskop frühzeitig entdeckte Kontamination viel-leicht doch noch zu beherrschen ist. Ist jedoch die Keimdichte zu

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!hoch, so versagen auch diese Maßnahmen, da die Zellen meistdurch den Verlust von Nährstoffen und die Anhäufung von toxi-schen Stoffwechselprodukten (Endotoxine) stark geschädigt sind.

Aber das Mikroskop ist nicht nur Hilfsmittel zum Aufdeckenvon Kontamination: Es stellt auch als Gerät selbst eineKontaminationsquelle dar.

Oft befinden sich insbesondere bei offenen Kulturen doch kleineMengen an Medium am Flaschenhals oder am Boden der Kultur-schale. Beim Betrachten unterm Mikroskop wird dies auf denObjekttisch übertragen und von dort auf weitere Kulturflaschenzurück in den Brutschrank. Deshalb sollte mehrmals täglich derObjekttisch mit einem alkoholischen Desinfektionsmittel gereinigtwerden, um eine Keimansiedelung und die Verschleppung in denBrutschrank bzw. die Werkbank zu verhindern.

Die ZentrifugeMonolayerkulturen müssen für ihre Passagierung von der Wachs-tumsoberfläche abgelöst werden und in vielen Fällen ist für dieweitere Subkultivierung ein Zentrifugationsschritt notwendig, umdas alte Medium und toxische Stoffe zu entfernen.

Normalerweise stellt dies alles kein Problem dar. Es kommt aberimmer wieder vor, daß Zentrifugenröhrchen Risse bekommenoder gar brechen und der Inhalt oder Teile davon in die Bechergelangen. Darum sollte man es sich zur guten Angewohnheitmachen, diese Becher mindestens 1 x in der Woche zu kontrollierenbzw. auszuwaschen und zu trocknen, um eine Keimansiedelungund Verschleppung unter der Werkbank zu vermeiden!

Nun zurück zum Quiz und zum Brutschrank!

In welchem Zustand sind die Einlegeböden?Werden diese mindestens 1 x wöchentlich gereinigt? Ja +5

Finden Sie Mediumreste feucht oder angetrocknet? Ja -5

Wie sehen die Glastüren und Gummidichtungen aus?Werden sie mindestens 1 x wöchentlich gereinigt? Ja +5

Sind an der Glastüre die Fingerabdrücke aller Mitarbeiter? Ja -5

Wie ist der Zustand des Wassers im Boden des Brutschrankes?Wechseln Sie dieses mindestens 1 x wöchentlich (reines, steriles Wasser)? Ja +10

Finden Sie „unklare Partikel“ oder gar Bakterien darin? Ja -20

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Benutzen Sie Zusatzlösungen (bakterizid/fungizid)? Ja -10

Wenn Sie bis hier 50 Punkte erreichten, so ist die Wahrscheinlich-keit, daß in Ihren Zellkulturen Kontaminationen auftreten sehr gering.Liegt Ihr Punktekonto niedriger oder ist gar negativ, empfehlen wirIhnen, sich beraten zu lassen und für Abhilfe zu sorgen.

Aber Kontamination ist ja nur eine Frage der Keimdichte undalle Reinigungsstrategien sind erfolglos, wenn die Umge-bung des Brutschrankes nicht keimarm gehalten wird.

Steht Ihr Brutschrank in direkter Nähe neben der sterilen Werkbank? Ja +5

Findet in der Nähe des Brutschrankes „Durchgangsverkehr“ statt? Ja -10

Steht der Brutschrank in einem anderen Raum als die Werkbank? Ja -20

Da Sie ja über einen CO2-Schrank verfügen, ist dieser mit einerGasversorgung ausgestattet. Auch hierüber können Keime in dasInnere des Brutschrankes gelangen. Durch das Einblasen vonCO2-Gas kommt es im Inneren zu einem Überdruck, der über einAuslaßventil nach außen abgebaut wird. Dieser Auslaß ist miteinem Rückschlagventil versehen.

Wissen Sie, wo sich der CO2 Sterilfilter befindet? Ja +5 Nein -10

Haben Sie diesen Filter schon einmal gewechselt? Ja +20 Nein -5

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.Der BrutschrankDieses Gerät steht sozusagen im Mittelpunkt des Sterillabors:Hier wachsen und gedeihen die Zellen und eine unsachgemäßeHandhabung wie auch eine unzureichende Pflege und Wartungwird hier ganz besonders schwerwiegende Folgen haben:Oft stellt sich schon bei der Einrichtung oder Erweiterung einesZellkulturlabors die Frage, welcher Brutschrank sich für dieArbeitsgruppe am besten eignet. Neben Größe (Inhalt) und Preissollten noch andere Punkte berücksichtigt werden:

■ Wird der Brutschrank von mehreren Arbeitsgruppen/Personengleichzeitig benutzt?■ Sind unterschiedliche Kulturen bezogen auf ihr Wachstums-verhalten im gleichen Schrank? ■ Ist das Personal gut ausgebildet? ■ Wie empfindlich sind die Kulturen gegenüber kurzweiligenTemperatur- und pH-Schwankungen?

Insbesondere wenn mehrere Personen am gleichen Brutschrankarbeiten, steigt die Gefahr der Kontamination automatisch an.Hier gilt es, vor allem vorbeugend tätig zu sein: Die Verwendungeines Brutschrankes mit Kupferauskleidung vermindert bereits inbeträchtlichem Umfang das Kontaminationsrisiko. Dieser Vorteilsollte unbedingt bei der Kaufentscheidung und bei der Abwägungdes Preis/Leistungsverhältnisses Berücksichtigung finden.

Wichtig für diesen Anwenderkreis und wenn sehr unterschiedlicheKulturen bearbeitet werden, ist auch die Verwendung eines Brut-schrankes, wo die einzelnen Fächer mit Gasblenden versehensind, so daß ein häufiges Öffnen des Schrankes nicht immergleich zu einem starken Abfall der CO2-Konzentration führt. Daslange und häufige Öffnen der Türen birgt jedoch nicht nur dieGefahr des pH-shifts: Mit der Öffnungsfrequenz und der Dauersteigt im Brutschrank – natürlich in Abhängigkeit von derLaborumgebung – die Keimdichte und damit das Kontaminations-risiko an. Um dies zu verhindern bzw. die Öffnungsfrequenz und -dauer zu reduzieren, ist neben der Verwendung von einem Brut-schrank mit Gasblenden ein hohes Maß an Ordnung innerhalb desBrutschrankes eine unabdingbare Voraussetzung. Zwar mag diesfür viele Labors genauso wie die Ordnung in der Tiefkühltruhegewährleistet sein, aber man sollte doch regelmäßig die Regelungkontrollieren.

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Die Reinigung des BrutschrankesWie häufig ein Brutschrank zu reinigen ist, hängt sehr von derindividuellen Nutzung und Sauberkeit im jeweiligen Sterillabor ab.Aber einige Richtlinien können doch angegeben werden, um füreine kontaminationsarme Situation zu sorgen:■ Der Brutschrank besteht in der Regel aus einem Innengehäuseevtl. mit eingebautem Wasserbad im Boden oder einer externenLuftbefeuchtung. Im Innern befinden sich Ablagen zur Aufnahmeder Flaschen und Schalen. Verschlossen wird über eine zentraleGlastür oder einzelne Gasblenden, die über Dichtungen vor CO2-Verlust schützen. Verschlossen wird meist von einer geheiztenTür über eine umlaufende Gummidichtung. ■ Diese Komponenten können alle keimbelastet sein und sinddeshalb regelmäßig (ungefähr einmal/Woche) zu reinigen.

Wie soll gereinigt werden?Zellkulturen entnehmen und evtl. in einen anderen Brutschrankstellen. Steht dieser nicht zur Verfügung, so muß vor CO2-Verlustgeschützt werden:Offene Flaschen dreht man zu, Verschlüsse mit Filtereinsatz ver-schließt man mit Parafilm. Offene Gefäße wie Petrischalen u.ä.kann man etwa 1-2 Stunden vorher in eine saubere Plastikdoseeinbringen, in den Brutschrank stellen und beim Herausnehmenwird die Plastikdose luftdicht mit einem Deckel verschlossen. Sokönnen die Kulturen für den Zeitraum der Reinigung (etwa max. 1 Stunde) extern bei Raumtemperatur bzw. in einem einfachenunbegasten Wärmeschrank gelagert werden. Dies wird in vielenFällen nicht notwendig sein, da die meisten Zellen die Lagerungbei Raumtemperatur für eine gewisse Zeit durchaus tolerieren. Esist evident, daß dies natürlich nicht direkt nach dem Subkultivierenbzw. vor Beginn eines Experiments geschehen soll!

Ist der Schrank leer, werden die Einlegeböden entfernt, mit Seifen-wasser gereinigt und evtl. zusätzlich mit einer alkoholischenDesinfektionslösung abgewischt. Anschließend wird, soweit vor-handen, die Wasserschale im Boden entleert (Absaugeschlauch).Hierbei kann es empfehlenswert sein, ähnlich wie beim Wasser-bad eine Probe zu entnehmen und nach dem Zentrifugieren dasSediment mikroskopisch auf Keime hin zu untersuchen. DerInnenraum – vorteilhaft sind hier runde Ecken – wird ebenfallsmit einer Seifenlauge und anschließend mit einem Desinfektions-mittel (Achtung: möglichst nicht flüchtig, damit keine Gasbildungerfolgt) ausgewaschen. Mit dem gleichen Reinigungszyklus

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werden Silikondichtungen, Glastüren und Gummidichtungengereinigt.

Die Verwendung eines nicht-flüchtigen Desinfektionsmittels istaus zwei Gründen notwendig: Einmal können alkoholische Desin-fektionsmittel mit Luft zusammen explosive Gemische bilden.Zum anderen können diese flüchtigen Substanzen im Gasraumdes Brutschrankes lange peristieren und damit nachher für dieeingebrachten Zellen toxisch wirken.

Befindet sich unten im Brutschrank ein Wasserreservoir, so wirddies mit sterilem Wasser aufgefüllt. Meist kann auf den Zusatzvon bakteriziden und fungiziden Substanzen verzichtet werden.Kupfersulfat im Wasserreservoir wirkt keimreduzierend, abernicht gegen Pilzsporen. Auf jeden Fall dürfen keine flüchtigenDesinfektionsmittel eingebracht werden. Nach unseren eigenenErfahrungen ist bei einem optimalen Standort des Brutschrankes(nicht auf dem Boden oder in der Nähe einer Tür oder einesFensters!) und bei regelmäßiger Pflege ein Zusatz im Wasserbadnicht notwendig.

Die hier beschriebenen Reinigungsschritte benötigen nur etwa 30 – 45 Minuten. Dennoch ist es ratsam, vor allem für den Falleiner Kontamination im Brutschrank, ein „Ausweichgerät“ zurVerfügung zu haben. Damit entfällt sowohl für das Personal alsauch evtl. für die Zellen ein „Stressfaktor“ anläßlich der wöchent-lichen Reinigungsprozedur.

Desinfektion des BrutschrankesTrotz dieser prophylaktischen Maßnahmen kann es vorkommen,daß sich – hervorgerufen durch eingebrachte Kulturen (siehenächster Abschnitt) oder andere Schleichwege – eine größereKontamination im Brutschrank eingenistet hat!

Was nun?■ Alle kontaminierten Kulturen verwerfen.Am besten autoklavieren!Brutschrank wie oben reinigen, und dabei optisch die Herkunftder Kontamination im Brutschrank kontrollieren.■ Äußerliche optische Kontrolle der Kulturen■ Nicht kontaminierte Kulturen unterm Mikroskop betrachten■ Alle Einlegeböden und deren Halterungen hitzesterilisieren/-autoklavieren

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.■ Brutschrank und Türen innen mit Desinfektionsmittel oder 70 % EtOH reinigen und trocknen lassen■ Wasserbad entfernen und Boden ebenfalls desinfizierenfrisches, steriles Wasser einfüllen: Niemals Ionenaustauscher-wasser verwenden. Ionenaustauscher sind Bakterienbrutstätten!

Verwenden Sie zum Reinigen Seifenlauge, 70 % Alkohol oderentsprechende Desinfektionsmittel bzw. nichtflüchtige Ver-bindungen. Beachten Sie dabei die Konzentrationen an flüchtigemAlkohol: Lassen Sie die Türe des Brutschrankes lange genuggeöffnet!

Alternativ hierzu gibt es noch andere Verfahren zur Dekontami-nation des Brutschrankes:■ Heißluft-Desinfektion (z. B. Gerät Typ cytoperm 2)■ Einbringen einer UV-Strahlenquelle

Die Heißluftdesinfektion ist sicher die eleganteste Art, im Brut-schrank vorhandene Keime abzutöten. Allerdings sind diese Gerätekonstruktionsbedingt meist etwas teurer. Aber auch hierbei ist,ähnlich wie bei der Kupferauskleidung, eine Risiko/Preis-Abschätzung erforderlich. So kann eine Kontamination möglicher-weise den wochenlangen Ausfall von Kulturen nach sich ziehen.Bei der Benutzung einer UV-Strahlungsquelle im Innern des Brut-schrankes zur Keimabtötung ist zu beachten, daß eine solcheLampe auch Schatten produziert, so daß in diesem Bereich keinekeimtötende Wirkung erzielt werden kann.

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Achtung: Kontaminationsgefahr „Primärkulturen“Wenn Sie unser kleines Quiz bis zum Schluß abgearbeitet habenund dabei mehr als 80 Punkte erzielen konnten, sollten Sie keineSterilitätsprobleme mit dem Brutschrank haben, vorausgesetztIhre Zellkulturen an sich sind in Ordnung. Gerade aber bei derAnkultivierung von Zellen aus tierischen oder menschlichenGewebeproben ist eine Kontamination nicht auszuschließen.Insbesondere Gewebe aus dem respiratorischen/gastrointestinalenBereichen, aber auch Hautbiopsien oder Gefäße zur Endothelzell-gewinnung können kontaminiert ins Labor gelangen. Hier istbesondere Vorsicht geboten! Üblicherweise gelangen die Gewebe-proben in sterilen Gefäßen mit Kulturmedium ins Labor.

Machen Sie von diesem Transportmedium regelmäßig Sterilitätsproben Ja +10

Nein -10

Befinden Sich in diesem Medium Antibiotika? Ja +/-0 Nein +/-0

Auch unter Zusatz handelsüblicher Antibiotika kann es zu einerMykoplasmenkontamination der Kulturen kommen, die nicht ohneweiteres ersichtlich ist. Insbesondere durch unsauberes Handlingkann im Labor eine solche Kontamination entstehen. Sie solltendaher regelmäßig und lückenlos Ihre Kulturen auf die An/Abwesen-heit von Mykoplasmen testen!

Sind erst einmal Kontaminationen aufgetreten, ist es meistschwer, die Ursachen hierfür zu finden. Sollten Sie die Ursache imBrutschrank selbst sehen, so machen Sie einen einfachen Sterili-tätstest mit antibiotika-freiem Medium in einer Petrischale evtl.mit HEPES-Medium zur Stabilisierung des pH-Wertes. Bei einerhohen Keimdichte im Brutschrank wird diese halboffene Kultursehr schnell infiziert sein.

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Die sterile Werkbank (Laminar Flow)Die Verhinderung einer Kontamination im Brutschrank kannsicher nicht umfassend sein, wenn in die Sorgfalt nicht auch diesterile Werkbank miteinbezogen wird.

Und dazu noch ein paar Fragen:Wie sieht es unter Ihrer Werkbank aus?

Sie ist komplett leer oder nur Absaugschlauch und Brenner sind aufgestellt Ja +30

Dort liegen Pipettenbüchsen, Pipettierhilfen,Vorratsflaschen, Reagenzglasständer Ja -15

Wöchentlich werde die Einlegeböden entfernt und darunter gereinigt Ja +20

Sie wissen nicht, wie die Einlegeböden entfernt werden Ja -100

Sie machen regelmäßig Sterilitätstests zur Kontrolle der Filter Ja +20

Sie wissen nicht, was eine Partikelzählung ist Ja -50

Merke: Die Ablageflächen unter der Werkbank sollten möglichstleer sein. Je nach Einrichtung finden wir höchstens einen kleinenGasbrenner (nicht unbedingt erforderlich) und eine Absaugflaschebzw. einen Absaugschlauch für das alte Medium. In vielen Fällenist es üblich, fest installierte Pipettendosen (Aluminium, Edelstahl)dort aufzubewahren. Dann muß allerdings gewährleistet sein, daßdie Werkbank außerhalb der Nutzungszeiten komplett verschließ-bar ist und evtl. ein UV-Brenner angebracht ist, der über Nacht zueiner Verringerung der Keimbelastung führt.

Alle anderen Gerätschaften werden sofort nach Gebrauch entfernt,um eine Keimansiedelung zu verhindern. Vor und nach Benutzungist die Werkbankoberfläche mit alkoholischen Desinfektionsmittelnzur reinigen. Damit ist gewährleistet, daß die Kulturflaschen insauberem, möglichst keimfreien Zustand in den Brutschrankgelangen!

Wenngleich wir uns in diesem Quiz überwiegend mit dem Brut-schrank und dem Drumherum beschäftigt haben, so muß letzt-endlich das gesamte Zellkulturlabor keimarm gehalten werden.Oftmals ist dies nicht der Fall, weil das Labor an sich „ungünstig“von der Lage und Nutzung ist:

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.■ Feuchte „Kellerräume“ oder alte Gemäuer■ Durchgangslabor in andere Räume■ Lange Wege, viele Türen, viele (undichte) Fenster■ Nicht/schlecht funktionierende Klimaanlage■ Hohe Personendichte bedingt durch „fremde“ Laborarbeiten(Waage, Mikroskop)■ Ungünstige Aufstellung der Geräte (Brutschrank auf demBoden)■ Nicht alle „Zellkulturgeräte“ im gleichen Raum, dadurchLaufereien■ Telefon ohne Freisprecheinrichtung, besser: Wechsel-sprechanlage

Sind Sie sicher, daß Ihr steriles Arbeiten im Sinne unseres Quizohne Beanstandung ist, so können die auftretenden Kontamina-tionen durch diese Faktoren bewirkt werden. Dann: Schaffen SieAbhilfe bzw. drängen auf eine Veränderung.

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Kendro Laboratory Products GmbHPostfach 15 6363405 Hanau/GermanyTel. +49 (0)1805-536 376Fax +49 (0)1805-112 114

Priv.Doz. Dr.Gerhard Untereggerstudierte Chemie, Physik und Biologie an der Universität des Saarlandes. Seit1994 leitet er das Institut für Molekular-biologie in Zweibrücken. Zu den ThemenZellkultur, Genetik, Proliferation, Apopt-ose und konfokale Mikroskopie hält erKurse,bietet jedoch auch Forschung undDiagnostik an. Sein Forschungsschwer-punkt ist die Entwicklung von in vitroModellen mit Mehrparameter-Analysezum Studium von Profileration undApoptose bei menschlichen Tumorenunter besonderer Berücksichtigung genetischer Veränderungen.