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kontur Herbst/Winter 2010/11 | 3 Euro Vorarlbergs Wirtschafts- und Lifestyle-Magazin Mediterranes Flair in der Flasche Blum macht Küchen weltweit beweglich Alles über den Uhrinstinkt von IWC Warum Anton Kaufmann auf Holz klopft Kirill Petrenkos virtuoses Talent Stefan Wehinger bringt seinen Zug auf Schiene "#$%&'#())0)02"

Kontur Magazin Herbst/Winter 2010/11

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Kontur, Vorarlbergs Wirtschafts- und Lifestyle-Magazin

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Page 1: Kontur Magazin Herbst/Winter 2010/11

konturHerbst/Winter 2010/11 | 3 Euro

Vorarlbergs Wirtschafts- und Lifestyle-Magazin

Mediterranes Flair in der FlascheBlum macht Küchen weltweit beweglichAlles über den Uhrinstinkt von IWCWarum Anton Kaufmann auf Holz klopftKirill Petrenkos virtuoses Talent

Stefan Wehinger bringt seinen Zug auf Schiene

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Page 2: Kontur Magazin Herbst/Winter 2010/11

TANZFESTIVAL

2011

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BREGENZER

FRÜHLINGKartenvorverkauf: ab 17. November 2010bei Bregenz Tourismus & Stadtmarketing,T 05574/4080, E-Mail: [email protected], www.v-ticket.atEine Veranstaltung des Bregenzer Kunstvereins. Fo

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Page 3: Kontur Magazin Herbst/Winter 2010/11

3kontur

06 Viel Bewegung in der Küche

Blum-Beschläge sind

weltweit erfolgreich

10 Floating Signs

Malen mit LED-Technologie

16 Eine Zuglänge voraus

Wie Stefan Wehinger seinen

privaten Zug auf Schiene bringt

20 Der Weg ist das Ziel

Stefania Pitscheider Soraperra

stellt ihre Lieblingsplätze vor

23 Ab auf die Piste

Auf diese Trend-Pieces kann

„Mann“ nur schwer verzichten

24 Typisch kölsch

Warum der Halve Hahn in der

Rheinmetropole nicht kräht

Bereits jetzt schon vormerken!Das nächste „kontur“-Magazin

erscheint am 18. März 2011.

EditorialIm Zug der Zeit. Nur noch 1. Klasse mit der Bahn reisen, dabei gemütlich am

Laptop arbeiten, denn jeder Platz hat seine eigene Steckdose, dazu eine Zugbe-

gleitung, die einem bei Fragen stets hilfreich zur Seite steht – eine herrliche Vor-

stellung, die bald Realität wird, denn schon bald startet dank eines Vorarlberger

Bahnpioniers der private Eisenbahn-Personenverkehr auf der Strecke zwischen

Wien und Salzburg, so dass es dann heißt: Bitte alle einsteigen!

Leuchtende Ideen. Ein anderes, jedoch in künstlerischer Hinsicht, spannendes

Projekt stellen LED-Lichtinstallationen dar. Verschiedene Künstler haben sich be-

reits an dieser neuen Technologie versucht und zauberhafte Lichtbilder und elek-

trische Glühwürmchen-Geschwader geschaffen. „Floating Signs“ und „Nachzieh-

effekt“, wir verraten Ihnen, was diese Zeichen bedeuten – begeben Sie sich mit

uns auf Entdeckungsreise. Außerdem: Warum der Tango zum UNESCO-Kultur-

erbe zählt und warum Olivenöl nicht gleich Olivenöl ist.

Viel Spaß wünscht Ihnen

Ihr „kontur“-Redaktionsteam

Inhalt

Floating Signs – Wie die Künstle-

rinnen Ruth Schnell und Siegrun

Appelt ihre Ideen mit LED-Tech-

nologie ins rechte Licht rücken.

Lesen Sie mehr auf Seite 10.

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4 kontur

61 In drei Minuten ein Leben tanzen

Martin Birnbaumer über den Tango

64 Keine Quotenfrau

Eva Schlegel beweist Kunstgespür

66 Veranstaltungskalender

Impressum Herausgeber: Vorarlberger Graphische Anstalt Eugen Russ & Co., A-6858 Schwarzach, Gutenbergstraße 1 • Me dien in ha ber und Her steller: Vorarl bergerMedien haus, A-6858 Schwarzach, Guten berg straße 1 • Redaktionelle Leitung: Christiane Schmitt, [email protected] • Redaktion: Sabine Blechschmidt, KurtBracharz, Christa Dietrich, Ernest F. Enzelsberger, Marion Hämmerle-Crone, Marion Hepberger, Kurt Horwitz, Franz Muhr • Art Direktion: Claudia Gölz • Fotos: Julius BlumGmbH, Zumtobel, Kunstmuseum Wolfsburg, Ruth Schnell, Siegrun Appelt, Mo Catering, Intersport Eybl, Puma, Faber-Castell, Dominic Schindler, Breitling, Köln Tourismus, AlmhofSchneider, Kaufmann Bausysteme, Ludwig Berchtold, Cartier, Louis Vuitton, Carrera, Bogner, IWC, Bodega Marques, Porsche, Erik Bont, Martin Birnbaumer, Showfactory, RuthSchnell, Albertina, Kunsthaus Bregenz, Kunstmuseum Liechtenstein, VMH / Philipp Steurer / Roland Paulitsch / Bernd Hofmeister / Klaus Hartinger, MEV, Shutterstock, AP, APA •An zeigen bera tung: Vor arl berger Me dien haus, A-6858 Schwarzach, Guten berg straße 1, Patrick Fleisch, +43 5572 501-818, [email protected]; Ge rard Hann, +435572 501-277, gerard.hann@ medienhaus.at • Druck: Vorarlberger Verlagsanstalt, A-6850 Dornbirn, Schwefel 81 • Erscheinungstag: 29. Oktober 2010 • www.kontur-magazin.at

43 Reise in die Uhrzeit

Die Uhrenmanufaktur IWC

46 Von Vorarlberg um die Welt

Dirigent Kirill Petrenko ist

international gefragt

48 Mehr als Paella und Tapas

Die besten spanischen

Restaurants im Land

53 Porsche Cayenne S Hybrid

Technik-Hit: Strom und Benzin

56 Ich liebe weinende Gesichter

Fotograf Erik Bont

über seine Arbeit

26 Luxus unternehmerischen Eigensinns

Gerold Schneider vom Almhof im Interview

30 Augen immer offen halten

So finden Unternehmen Spitzenkräfte

34 Nichts für Gamsbart-tragende Männer

Warum Anton Kaufmann auf Holz klopft

39 Perfekte Mischung

Accessoires zum Dahinschmelzen

40 Mediterranes Flair in der Flasche

Vergine oder Extra Vergine?

Worauf es bei Olivenöl ankommt

Models, Moneten und Momente –

wie man das perfekte Foto knipst

und ob es unfotogene Menschen

gibt, verrät uns der Fotograf Erik

Bont. Mehr dazu auf Seite 56.

Page 5: Kontur Magazin Herbst/Winter 2010/11

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Page 6: Kontur Magazin Herbst/Winter 2010/11

10 kontur

LICHTeine ganzbesondere Herausforderung

Ein Vorteil der LED-Technologie ist, dass Farben

quasi unendlich zu mischen sind … ein Malen

mit Licht, das auch die intellektuelle Auseinander-

setzung mit dem optischen Geschehen fordert.

Page 7: Kontur Magazin Herbst/Winter 2010/11

11kontur

Kunst zu schaffen, die für eine Biennale

in Venedig taugt, das ist etwas Beson-

deres. Siegrun Appelt ist heuer im Rah-

men der internationalen Architektur-

schau dort vertreten, Ruth Schnell hat

längst Biennale-Erfahrung. Appelt reali-

siert demnächst ein großes Kunst am

Bau-Projekt bei Linz, von Ruth Schnell

stammt die eindrücklichste Arbeit, die

bis Ende des Jahres in Bregenz im Zuge

der Hafen-Erweiterung installiert wird.

Floating Signs. Wundern Sie sich also

nicht, wenn Sie beim Spaziergang am

Seeufer oder bei der Ankunft mit dem

Schiff ein zauberhaftes Figurenspiel be-

merken. Das ist weder eine Fata Morga-

na, noch eine Täuschung. Ruth Schnell,

die Künstlerin des computerprogram-

mierten LED-Projekts „Floating Signs“

thematisiert damit konkret unsere Wahr-

nehmung. Das neue Werk der Profes-

sorin an der Universität für angewandte

Kunst in Wien ist auch als Weiterent-

wicklung ihres Projektes „Sprache

sehen“ zu verstehen, das an der nur

knapp 200 Meter davon entfernten

Höheren Technischen Lehranstalt in

Bregenz angebracht ist. Ein auf einer

Stele befestigtes LED-Band sendet

Wörter und Zeichen aus, die mit dem

Schiffshafen korrespondieren. Wie beim

HTL-Projekt können diese Informationen

nur beiläufig, also „en passant“, etwa

beim raschen Wenden des Kopfes,

wahrgenommen werden. Ein wesent-

licher Aspekt, mit dem Ruth Schnell

spielt, ist dabei die Wahrnehmungsver-

zögerung, der das Gehirn unterliegt,

der sogenannte „Nachzieh-Effekt“.

Mit Nachzieh-Effekt. Schnell, Träge-

rin des Internationalen Kunstpreises

des Landes, hat mit solchen Arbeiten,

die mit dem Nachzieh-Effekt experi-

mentieren, schon mehrfach für Auf-

sehen gesorgt. Die LED-Technologie,

also das Arbeiten mit energieeffizien-

ten Leuchtdioden, die in ungemein ra-

scher Abfolge ein- und ausschaltbar

sind, zählt längst zu ihrem Experimen-

tierfeld. Obwohl sie, wie sie sagt, ein

Nachziehen braucht, das im Grunde

dem Nachleuchten des Glühfadens

Die LED-Technologie bietet tolle Möglichkeiten.

Um international zu reüssieren, braucht es aber

kreativen Geist, perfektes Können und ungemeinen

Innovationswillen. Die Künstlerinnen Ruth Schnell

und Siegrun Appelt bringen das alles mit.

Page 8: Kontur Magazin Herbst/Winter 2010/11

einer Glühbirne ähnelt. Ihre einzigarti-

gen Arbeiten beruhen somit auf einem

ausgeklügelten System und sie sind in

der Tat von Projekt zu Projekt „jedes

Mal eine neue Herausforderung“.

Malen mit Licht. Bei der Kunstbienna-

le in Venedig war Ruth Schnell, gebo-

ren 1956 in Feldkirch, schon vor Jah-

ren vertreten. Einer Arbeit von Siegrun

Appelt ist noch in diesem Herbst bzw.

bis 21. November auf der dortigen Ar-

chitektur-Biennale zu begegnen. Dem

Generalthema „Sehnsucht“ zugeord-

net, entwarf die Vorarlberger Künstlerin

(geboren 1956 in Bludenz) ein LED-

Lichtbild, das zwar Emotionen hervor-

zurufen versteht, dessen Farbverläufe

aber keineswegs auf eine sentimentale

Wirkung abzielen. Es ist eine Art Malen

mit Licht, das sehr wohl auch die intel-

lektuelle Auseinandersetzung mit dem

optischen Geschehen fordert. Gearbei-

tet hat Siegrun Appelt hierzu mit dem

Vorarlberger Unternehmen Zumtobel

Lighting, das beispielsweise auch für

den berühmten Amerikaner James

Turrell jene Grundlagen lieferte, auf

denen eine große Arbeit für das Mu-

seum in Wolfsburg basiert.

Räume schaffen. Ein wesentlicher

Vorteil der LED-Technologie liegt für

Appelt darin, dass Farben quasi un-

endlich zu mischen sind. „Ich arbeite

schon länger mit LED, denke aber,

dass die Technologie erst vor Kurzem

auf einem Level angelangt ist, der es

ermöglicht, den Prinzipien der klassi-

schen Farbenlehre zu folgen.“ Beson-

dere Vorsicht ist, so Appelt, geboten,

weil die Technologie kommerziell in

„pseudokreativen Lösungen“ so ver-

wertet werden kann, dass man die

Menschen quasi mit Bildern und Schrif-

ten bombardiert. Ein weiterer Aspekt

stelle hingegen aber die Tatsache dar,

dass es die Lichtqualität ermöglicht,

Räumlichkeit zu schaffen. Besonders

zum Tragen kommt das bei einem Pro-

jekt, das sie in der Kirche in Lichten-

berg bei Linz realisiert. Während die Ar-

chitektur selbst auch mit der Verände-

rung des Tageslichtes spielt, das über

Schlitze in den Innenraum fällt, hat Sie-

grun Appelt Lampen entwickelt, die

diesen Lichteindruck in den Abend hin-

einleiten. Es sind auf den ersten Blick

konventionell wirkende Leuchten, die

auch die Form des architektonischen

Körpers (eine Art Spirale) aufnehmen

und mit LEDs bestückt sind.

Ausstellungsserie. Ein schöner Effekt,

dass das Eröffnungsfest für den Sakral-

und Veranstaltungsbau für den 6. De-

zember, geplant ist. Die Frage, woher

das Licht kommt und wie es auf uns

wirkt, ist in den Tagen vor Weihnachten

ja im Besonderen präsent.

Von Siegrun Appelt, die in Wien ihr

Atelier hat, und international tätig ist –

so etwa auch im Rahmen des Kultur-

hauptstadtjahres in Essen, wird ab

2011 in Vorarlberg mehr zu sehen sein.

Gemeinsam mit dem Künstler Hubert

Matt kuratiert sie im Feldkircher Café

Zanona eine auf mehrere Jahre ange-

legte Ausstellungsserie. Christa Dietrich

Die LED-Technologie, also das Arbeiten mit energie-

effizienten Leuchtdioden, die in ungemein rascher

Abfolge ein- und ausschaltbar sind, zählt längst

zum Experimentierfeld der Künstlerin Ruth Schnell.

Ihre Arbeiten beruhen somit auf einem ausgeklügel-

ten System und sind in der Tat von Projekt zu Pro-

jekt jedes Mal eine ganz neue Herausforderung.

12 kontur

Page 9: Kontur Magazin Herbst/Winter 2010/11

Kirche in Lichtenberg bei

Linz: Während die Archi-

tektur selbst auch mit der

Veränderung des Tages-

lichtes spielt, das über

Schlitze in den Innenraum

fällt, hat Siegrun Appelt

Lampen entwickelt, die

diesen Lichteindruck in

den Abend hineinleiten.

13kontur

Page 10: Kontur Magazin Herbst/Winter 2010/11

„Machen wir eine Büdchentour!“, das

war das Erste, was ich auf der Suche

nach den Besonderheiten der Stadt, ich

meine damit keine Sehenswürdigkeiten,

wie sie in jedem x-beliebigen Stadtfüh-

rer zu finden sind, sondern eher das Le-

bensgefühl der Menschen dort, gelernt

habe. Büdchen sind in Köln kleine Kios-

ke, die es an jeder Ecke und in jedem

Veedel, zu deutsch: Viertel, zu finden

gibt. Von früh am Morgen bis spät in

die Nacht bekommt man hier nicht nur

Tabak, Süßwaren, Zeitschriften und

Getränke, sondern man trifft sich mit

Freunden zum Plausch und lernt neue

Leute kennen. Vor allem am Abend

zieht es die Nachtschwärmer dann wei-

ter von einem Stand zum anderen und

das nennt sich dann typisch kölsch

eben eine „Büdchentour“.

Apropos „Kölsch“. Die flüssige Spe-

zialität gibt es frisch vom Fass gezapft

im Brauhaus zu trinken und zwar nicht

in einem Glas, sondern in einer Stange,

serviert in einem Kranz. Wobei es das

Wort „serviert“ nicht ganz trifft. In Kölner

Brauhäusern muss man das Bier nicht

bestellen, sondern man bekommt es

vom Köbes gebracht, bis man anzeigt,

dass man genug hat. Wie man das

richtig macht? Man deckt das Bierglas

einfach mit einem Bierdeckel ab. Für

jedes vertilgte Kölsch gibt es einen

Ein kühles Kölsch und der weltberühmte Kölner Dom

gehören genauso zur Rheinmetropole, wie „Viva Co-

lonia“ im Karneval und der 1.FC mit seinem Maskott-

chen „Hennes“. Doch Köln ist für viele Bewohner und

Besucher auch ein ganz besonderes Lebensgefühl.

Bequem nach Düsseldorf und KölnInterSky Winterflugplan

31.10.2010 bis 26.3.2011

Friedrichshafen – Düsseldorf

Montag bis Freitag

ab 6.35 Uhr, an 7.55 Uhr

Montag bis Freitag, Sonntag

ab 18.20 Uhr, an 19.35 Uhr

Düsseldorf – Friedrichshafen

Montag bis Freitag

ab 8.35 Uhr, an 9.55 Uhr

Montag bis Freitag, Sonntag

ab 20.20 Uhr, an 21.40 Uhr

Direkte Verbindung nach Köln:

Mit der Bahn geht’s dann

weiter vom Düsseldorfer

Flughafen in etwa 40 Minuten

zum Kölner Hauptbahnhof.

Typisch kölsch eben Büdchentour und

24 kontur

Page 11: Kontur Magazin Herbst/Winter 2010/11

Rheinmetropole

Schrom auf dem Bierdeckel. Das obergärige Bier darf übrigens

nur in Köln gebraut werden.

Ein halbes Huhn. Wer dazu einen „Halver Hahn“ bestellt, be-

kommt nicht etwa ein halbes Huhn, sondern eine Art Brötchen

mit einer dicken Scheibe Gouda und Senf – wirklich sehr le-

cker. Wer die vielen speziellen Ausdrücke dieser kölschen Le-

bensart befremdlich findet, braucht sich aber keine Sorgen zu

machen. Damit alle Unklarheiten im Hinblick auf die Braukultur

im Vorfeld ausgeräumt werden, gibt es für Besucher regelmä-

ßig stattfindende „KölschTouren“ – na dann Prost!

Doch Köln hat nicht nur in „kulinarisch-bieriger“ Hinsicht viel

Einzigartiges zu bieten. Es gibt hier eine außergewöhnliche Be-

rufsgruppe, die es wohl weltweit in dieser Form nur in „Kölle“

gibt und die an dieser Stelle daher unbedingt Erwähnung fin-

den sollte.

Heilige Drei Könige. Den Dom, das Wahrzeichen der Stadt

und das meistbesuchte Gebäude Deutschlands mit jährlich

über 6 Millionen Besuchern, kennt fast jeder, doch nur wenige

wissen, dass es hier die Domschweizer gibt: Deutschlands

einzige Kirchenwärter öffnen um 6 Uhr in der Früh nicht nur

die Pforten des Gotteshauses, sondern sorgen dafür, dass

Gläubige in Ruhe und ungestört dem Gottesdienst beiwohnen

können und geben Besuchern freundlich Auskunft zum Bau

und der Geschichte dieser UNESCO-Welterbestätte.

Was die imposante gotische Kathedrale von anderen Gottes-

häusern unterscheidet? Der Kölner Dom birgt den Schrein der

Heiligen Drei Könige, was ihn zu einer der wichtigsten Pilger-

stätten Europas macht.

Hippes Hippodom. Einen Besuch wert ist aber auch der

drittälteste Zoo Deutschlands. Pünktlich zum 150-jährigen

Jubiläum des Kölner Tierparks wurde in diesem Jahr ein neu-

es Highlight fertiggestellt: der Hippodom. Die einzigartige

Nachbildung einer afrikanischen Flusslandschaft ermöglicht

den Besuchern Flusspferde, Nilkrokodile, Antilopen und an-

dere Bewohner der Flussebenen Afrikas hautnah zu erleben.

Doch es gibt noch viel mehr zu sehen: 730 tierische „Zugreis-

te“, sogenannte Imis, genießen ihr Leben unter dem kölschen

Himmel und lassen sich von Tierpfleger in der wahrscheinlich

größten „Gaststätte“ der Region verwöhnen, denn immerhin

werden im Kölner Zoo pro Tag unglaubliche drei Tonnen „Fres-

salien“ verspeist – womit wir wieder beim Anfangsthema, den

kulinarischen Genüssen, wären. Bleibt eigentlich nur noch ei-

nes zu sagen: „Viva Colonia!“ Christiane Schmitt

Den Dom, das Wahrzeichen der Stadt und das meistbesuchte Gebäude Deutschlands mit jährlich über 6 Millionen Besuchern, kennt fast jeder,

doch nur wenige wissen, dass es hier die Domschweizer gibt.

Halver Hahn!

25kontur

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Nicht nur, weil er das herrlich duftende

Material sowieso in jeder Pore seiner

Haut spürt, sondern weil es auch – dem

Brauch entsprechend – manche Projek-

te wahrlich herausforderten. „Wir waren

nämlich schon ganz schön wilde Hun-

de“, erzählt Kaufmann mit einer Leiden-

schaft von seinen Pionierzeiten und

dem Bau von ganz speziellen Objekten.

Fast so, als hätte er erst gestern seine

außergewöhnlichen Werke vollendet.

Rinter-Zelt in Wien. Um den Bregen-

zerwälder zu verstehen, muss man den

Blick über den Tellerrand hinaus wagen.

Etwa in den Wiener Bezirk Donaustadt,

wo die Abfallsortier-Anlage Rinter-Zelt

steht. Neben der UNO-City und dem

Donauturm gilt die Müllanlage als Se-

henswürdigkeit im 22. Gemeinde-Be-

zirk. Das Besondere ist die Konstrukti-

on, die einem Zirkuszelt gleicht. 1979,

Firmengeschichte. 1952 Gründung eines Zimmereibetriebs durch Josef Kaufmann,

1958 Erzeugung der ersten Holzleimbinder, 1965 Produktion der ersten großformati-

gen Mehrschichtplatten, 1985 Übernahme durch Anton Kaufmann, 2000 Gründung

der Kaufmann-Holz-AG, 2008 Anton Kaufmann hat seine Anteile der Holzbaugruppe

an Mayr Melnhof vor einiger Zeit verkauft. Kaufmann Bausysteme wurde als Projekt-

bereich in eine eigene Firma ausgegliedert Mitarbeiter. 15. Umsatz. zirka 16 Milli-

onen pro Jahr Märkte. Österreich, Deutschland, Schweiz, Italien, Portugal und Groß-

britannien Referenzen. BMW, Hilti, Salinen Austria (24 Meter hohes Hochregallager),

Hochregallager Offsetdruckerei Schwarzach, Mediencenter WM 2013 Schladming

Preise: Innovationspreis Vorarlberg 2010, diverse Holzbaupreise im In- und Ausland.

Kaufmann Bausysteme GmbH Reuthe im Bregenzerwald

Auf Holz geklopft: das

hat Anton Kaufmann in

seinem Leben schon

viele Male. Als langjäh-

riger Geschäftsführer

der Kaufmann-Bau-

systeme in Reuthe ist

dies auch nahe liegend.

Holz ist nichts für

Gamsbart-tragende Männer

34 kontur

Page 13: Kontur Magazin Herbst/Winter 2010/11

als die Anlage errichtet wurde, galt es als unmöglich, ein der-

art monumentales Gebäude auf Basis von Holz zu errichten.

Anton Kaufmann wagte sich dennoch an das Projekt. Er be-

festigte 48 gebogene 102 Meter lange Holzleimträger um ei-

nen 85 Meter hohen Turm. „Es war sicher viel Mut dabei“, ist

er ehrlich. Doch Kaufmann wusste, dass die statischen Be-

rechnungen stimmten. Er vertraute und schlug alle Warnun-

gen, und davon gab es mehr als genügend, in den Wind.

„Wäre ja noch schöner, dass ich jemandem auf den Leim ge-

gangen wäre“, scherzt der Holz-Liebhaber und erzählt von

seinem letzten Wien-Besuch: „Ich war vor ein paar Wochen

wieder einmal dort. Das Zelt steht noch immer.“

Holz atmet. Überhaupt wird das Schmunzeln im Gesicht zu

einem fast kindlichen Lächeln, wenn der HTL-Absolvent über

das so vielseitig verwendbare Naturmaterial spricht. Kaufmann

atmet Holz, lebt Holz und spürt Holz. Bereits als Volksschul-

kind war die Werkstatt von Vater Josef, damals war sie noch

im Stadel des Bauernhauses untergebracht, sein bevorzugtes

Spielzimmer. „Es gab immer etwas zu tun“, wurde die Berüh-

rung mit dem Rohstoff zur Selbstverständlichkeit. Als er die

Firma seines Vaters übernahm, spürte Anton Kaufmann, dass

er sich mit seiner Philosophie nicht auf dem Holzweg befand.

Für den Unternehmer hat Holz die perfekten Voraussetzungen,

um es als Baustoff so vielseitig wie möglich einzusetzen. Ge-

paart mit der Herausforderung, das Machbarste vom Machba-

ren zu realisieren, spezialisierte sich der Hochbau-Techniker

auf die Konstruktion von Hallen, Gebäuden, Fassaden und

vieles mehr. „Allerdings“, so gibt er zu, „bin ich keiner, der in

der Architektur für Holz um jeden Preis plädiert.“ Und es gibt

Momente, da ärgert sich der Reuthner so richtig über Holz.

„Nämlich dann, wenn ich sehe, dass es teilweise unsachge-

mäß verwendet wird.“ Dann macht er seinem Unmut Luft, in-

dem er die Energie in Neues investiert. Und das, obwohl er ei-

gentlich sein Amt vor einem Jahr an Mathias Simma übergab.

„Jetzt konzentriere ich mich eben auf die Extra-Portion Spaß

Der Rohstoff Holz hat die perfekten

Voraussetzungen, um ihn als Baustoff

so vielseitig wie möglich einzusetzen.

viele Detaillösungen35kontur

Page 14: Kontur Magazin Herbst/Winter 2010/11

In dieser im Buch Richter 9, 8 – 15 er-

zählten Fabel weisen zwar auch noch

der Feigenbaum und der Weinstock die

Ehre von sich, der König der Bäume zu

werden, aber beim Ölbaum wiegt seine

menschenfreundlich begründete Ab-

lehnung doch am schwersten, denn in

biblischen Zeiten nützte man sein Holz,

gehörten in Salzlake eingelegte Oliven

auf jede Festtafel und wurde Olivenöl

als Speise-, Massage- und Duftöl, Me-

dizin, Brennstoff, Lichtquelle und Zah-

lungsmittel verwendet.

Warum Olivenöl gesund ist. Heute

gilt Olivenöl als der für die Gesundheit

vielleicht wesentlichste Bestandteil der

mediterranen Ernährungsweise. Oliven-

öl enthält Vitamine (vor allem Vitamin

E), Polyphenole und Triterpene, vor al-

lem aber bis zu 80 Prozent einfach un-

gesättigte Ölsäure, die ein günstiges

Verhältnis von HDL- und LDL-Choles-

terin im menschlichen Körper herstellt,

während die ebenfalls vorhandenen

mehrfach ungesättigten Fettsäuren das

Gesamtcholesterin senken.

Dass der erstgenannte Effekt gesund-

heitlich wirksamer ist als der zweite, hat

sich noch nicht bei allen Ernährungs-

ratgebern herumgesprochen, die sich

deshalb oft für Rapsöl aussprechen, das

auch seine Verdienste hat, aber an Oli-

venöl geschmacklich nicht heranreicht.

Vergine und Extra Vergine.

Während die gesundheitlichen

Wirkungen des Olivenöls heute na-

hezu unumstritten sind (es gibt kein

gänzlich unumstrittenes Thema in

der Ernährungsphysiologie), sieht

es beim Geschmack ganz anders aus.

Da hat es in den letzten Jahren sogar

Gerichtsverhandlungen gegeben, als

Journalisten gegen die uferlose Verwen-

dung des Prädikats „Extra Vergine“ auf-

muckten. Früher ging es bei größeren

und kleineren Olivenöl-Skandalen dar-

um, dass andere Ölsorten oder minder-

wertiges Öl beigemischt waren, dass in

Italien abgefüllten Ölen aus Nordafrika

eine italienische Herkunft bescheinigt

wurde oder dass schon beim Pressen

ranzig gewordenes Öl verkauft wurde.

Extra Vergine. Heute ist das Problem,

dass die ursprünglich höchste Quali-

tätsstufe „Extra Vergine“ ganz legal für

nahezu jedes nicht industriell herge-

stellte Olivenöl verwendet werden darf.

Der Grund dafür ist einfach: Die ge-

schmackliche Endkontrolle erfolgt seit

eh und je durch eine Verkostung, che-

mische Analysen können da nicht ge-

nug aussagen. Die Tester vergeben

Noten auf einer neunstufigen Skala.

Bis 1995 musste ein Olivenöl bei dieser

sensorischen Probe mit einer Durch-

schnittsnote von mindestens 6,5 be-

notet werden, um sich „Extra Vergine“

nennen zu dürfen, aber eigentlich galt

erst Öl mit der Note 7 als wirklich ge-

schmacklich einwandfrei. Dann schaff-

te es die Lobby der Olivenöl-Industrie,

den Gesetzgeber zu überreden, dass

ein Öl schon mit Note 5,5 als „Extra

Vergine“ bezeichnet werden kann. Das

bedeutet in der Praxis für den Konsu-

menten, dass das Prädikat nicht mehr

viel besagt (manche Kritiker meinen so-

gar, gar nichts mehr, und fordern seine

Abschaffung). Die mittlere Qualitäts-

stufe „Vergine“ (unbehandeltes Oliven-

öl mit geringen geschmacklichen Qua-

litätsmängeln), zu der viele der als „Ex-

tra Vergine“ bezeichneten Öle eigent-

lich gehören würden, taucht im Handel

gar nicht mehr auf.

Worauf es ankommt. Der Geschmack

von Olivenöl hängt von der verwende-

ten Olivensorte ab, vor allem aber von

der Technik der Ernte (z. B. dürfen die

Oliven nicht mit Stangen vom Baum ge-

schlagen werden, wie es da und dort

durchaus noch üblich ist) und der Ver-

arbeitung („kalt gepresst“ bedeutet bei

ca. 27 Grad C, darunter gibt es zu we-

Olivenölder Klassiker unter den Speiseölen

„Die Bäume gingen hin, um einen König über sich zu salben. Und sie sprachen

zum Ölbaum: Sei du König über uns! Der Ölbaum aber sprach zu ihnen:

Soll ich mein Fett aufgeben, mit dem man Götter und Menschen ehrt, und hingehen, um mich über den Bäumen zu wiegen?“

40 kontur

Page 15: Kontur Magazin Herbst/Winter 2010/11

nig Öl, darüber zu dünnes). Die Aufschrift „Erstpressung“ ist

eine Augenauswischerei, denn in Ölmühlen wird ohnehin nur

einmal gepresst). Von Bedeutung ist hingegen die Filterung:

Entgegen einer verbreiteten Meinung hält sich gefilteres Öl

wesentlich besser als ungefiltertes, weil die haupt-

sächlich aus Wasser, Zucker und Enzymen beste-

henden Trübungen bald oxidieren. Aber auch kühl

im Dunkeln aufbewahrtes, filtriertes Öl sollte

binnen zwei Monaten verbraucht werden.

Die Ergebnisse von Olivenölverkostungen durch

professionelle Testerpanels sehen ziemlich regelmäßig

so aus, wie das einer Schweizer Konsumentenzeitung im Juni

2010, bei dem sechs von insgesamt 14 getesteten Extra-Ver-

gine-Ölen als „schlammig, muffig, stichig oder ranzig“ einge-

schätzt wurden und nur zwei einen „gut ausgewogenen Ge-

schmack“ hatten. Übrigens schmeckt qualitativ hochwerti-

ges, fruchtiges Olivenöl immer ein klein wenig bitter und leicht

scharf und nie so neutral wie die Massenware.

Tipps für Konsumenten. Wie soll man sich da als Konsu-

ment zurechtfinden? Das ist wirklich nicht ganz einfach, man

kann nur probieren, welches Olivenöl einem individuell am

besten schmeckt – Öl vom Gardasee unterscheidet sich von

toskanischem oder sizilianischem schon auf Grund der ver-

schiedenen Olivensorten ganz erheblich.

Eine hohe Qualitätsstufe schlägt sich auf jeden Fall im Preis

nieder – billige Öle sind zwar gesundheitlich unbedenklich,

können aber geschmacklich nichts hergeben, weil die Vor-

aussetzungen für Qualität – sorgfältige Ernte, schnelle, sau-

bere Verarbeitung – unweigerlich ihren Preis haben. Leider

gilt die Umkehrung nicht: Keineswegs schmeckt jedes teure

Olivenöl auch mit Sicherheit gut.

Hier geht Probieren über Studieren. Am besten, man nimmt

hin und wieder an einer Olivenölverkostung teil, wozu man

sich allerdings nach Salzburg, Wien, München oder Zürich

begeben muss. Kurt Bracharz

Qualitativ hochwertiges, fruchtiges Olivenöl schmeckt immer einklein wenig bitter und leicht scharf und nie so neutral wie die Massenware.

Page 16: Kontur Magazin Herbst/Winter 2010/11

Mit Vorarlberg verbindet der Maestro,

der bereits zwei Mal zum „Dirigenten

des Jahres“ gewählt wurde, immer

noch besonders viel.

Die Mutter, Olga Petrenko, einst beim

Rundfunk tätig, lebt in Bregenz. Der

Vater, der Geiger Garri Petrenko, kam

hierher, weil Omsk zwar ein tolles Mu-

sikleben hat, aber wenig Perspektiven

bot, und Mittelamerika, wohin es die

Familie verschlug, keine Möglichkeit,

um das besondere musikalische Talent

des Sohnes Kirill zu fördern. Über das

internationale Netzwerk, das Irakli Go-

gibedashwili als Leiter des Kammeror-

chesters „Arpeggione“ aufgebaut hatte,

kamen die Petrenkos nach Vorarlberg.

Unter Beobachtung. Der Achtzehn-

jährige besuchte das Landeskonserva-

torium in Feldkirch, schloss die Klavier-

ausbildung ab und ein Studium an der

Universität in Wien gleich an. Danach

ging alles sehr rasch, wobei nicht klar

ist, ob seine Kollegen in Feldkirch, mit

denen der inzwischen Weitgereiste im-

mer noch gerne arbeitet, merkten, wel-

che Begabung in Kirill Petrenko schlum-

merte, als er mit Brittens „Let’s make

an Opera“ vor 15 Jahren in Vorarlberg

zum allerersten Mal eine Musiktheater-

Aufführung leitete. Die Wiener Volksoper

holte ihn sich jedenfalls als Kapellmeis-

ter und als deutsche Musikkritiker bald

darauf gütig lächelnd nach Meiningen

reisten, um in einem zwar geschichts-

trächtigen, aber dennoch in der Provinz

befindlichen Theater Wagners Vierteiler

„Der Ring des Nibelungen“ zu begut-

achten, verschlug es ihnen die Ohren.

Eine derart hohe Qualität hatte man

nicht erwartet. Fortan stand Petrenko

unter Beobachtung des Feuilletons.

Der Maestro,der von Vorarlberg aus

die Welt eroberte

Kritiker nennen ihn einen Visionär, er will die Musiker dabei unterstützen,

das Beste aus sich herauszuholen und hat mit erst 38 Jahren

bereits eine furiose Karriere hingelegt – Kirill Petrenko dirigiert den

Jubiläums-„Ring“ in Bayreuth und wird Generalmusikdirektor in München.

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Page 17: Kontur Magazin Herbst/Winter 2010/11

Einsatz am Pult. „Ich arbeite an einem Regietheaterhaus,

das diesen Ruf mit Recht hat und versuche das musikalische

Niveau gleichberechtigt zu halten“, kommentierte er dann sein

Engagement als Generalmusikdirektor an der Komischen Oper

in Berlin. Die Akzeptanz von Barrie Koskys extremer Sicht von

Mozarts „Figaro“ war sicher auch seinem Einsatz am Pult zu

verdanken. Dass die jungen Sänger, die das renommierte Haus

fördert, unter ihm wachsen konnten, steht fest. Eine „tiefe

Ernsthaftigkeit“ attestierten dem Maestro auch jene, die mit

der Interpretation von Mozarts „Don Giovanni“ durch Peter

Konwitschny weniger einverstanden waren. Und selbst als

Calixto Bieto an seinem Haus „Die Entführung aus dem Serail“

in ein Bordell verlegte, behauptete Kirill Petrenko mit Fug und

Recht immer noch konsequent zu sein, denn „durch die Mu-

sik wurde diese Sicht dann sogar noch brenzliger und das ist

auch der Sinn des Musiktheaters.“

Trefflich umgesetzt. In Lyon brauchte er vor einigen Monaten

keine großen Umdeutungen zu befürchten. Das Publikum – da-

runter viele eigens angereiste Österreicher – bekam im April und

Mai einen Tschaikowsky-Zyklus präsentiert. Regie-Altmeister

Peter Stein blieb dem Libretto nach Puschkin äußerst trocken

treu, das Spannende an den langen Abenden kam allein aus

dem Orchestergraben – und da lag alles drin, was sich der

Dichter einst etwa für „Eugen Onegin“ an Liebe und Intrigen

ausdachte und was der Komponist so trefflich umsetzte. Das

große Opernhaus inmitten der französischen Stadt an der Rho-

ne, dem Stararchitekt Jean Nouvel bekanntermaßen eine be-

eindruckende Kuppel aufsetzte, wartet auch im kommenden

Frühjahr wieder mit Kirill Petrenko auf. Er dirigiert Wagners

„Tristan und Isolde“, schon seit Langem eine seiner Wunsch-

opern. Eine bedächtige Annäherung an eines der berühmtes-

ten Liebespaare der Musikgeschichte darf dabei optisch aber

nicht mehr erwartet werden. Die Inszenierung übernehmen die

weltberühmten spanischen Rabauken La Fura dels Baus. So

wild kann Andreas Kriegenburg gar nicht agieren, mit dem er

im Jänner an der Frankfurter Oper Puccinis „Tosca“ umsetzt.

Gleich danach geht es im Übrigen nach London, wo er sich

mit Jürgen Flimm Beethovens „Fidelio“ widmet.

Perfekter Schritt. Apropos Wagner: Petrenkos größter Coup

steht wohl im Sommer 2013 an. Im Jahr des 200. Geburtsta-

ges von Richard Wagner dirigiert er den „Ring“ bei den Fest-

spielen in Bayreuth, der einstigen Wirkungsstätte des Kompo-

nisten. Mehr Aufmerksamkeit kann man im Musiktheaterfach

gar nicht erregen. Angesichts der Tatsache, dass er längst am

Pult der Berliner Philharmoniker stand, selbstverständlich an

der Wiener Staatsoper dirigierte und nun auch Generalmusik-

direktor an der großen Bayerischen Staatsoper in München

wird (wo er mit „Jenufa“ Jubelstürme auslöste), ist das ein

perfekter Schritt.

Bregenz wird er nicht aus den Augen verlieren. Auch wenn ihm

das Engagement in München, nach einigen Jahren als freier

Dirigent, ermöglicht, sich großen Opern in konsequenter Abfol-

ge zu widmen, will er das monumentale Projekt mit dem Sym-

phonieorchester Vorarlberg fortsetzen – sich für alle Sympho-

nien Mahlers weiterhin tiefgreifend reinzuhängen. Christa Dietrich

Berlin.Lyon.Frankfurt.Wien.Bayreuth.London.Bregenz

Ab 16. Jänner, Puccinis „Tosca“

mit Regisseur Andreas Kriegenburg

an der Oper Frankfurt

Ab 29. März, Beethovens „Fidelio“

mit Regisseur Jürgen Flimm an der

Covent Garden Opera in London

Ab 4. Juni, Wagners „Tristan

und Isolde“ mit La Fura dels Baus

an der Opera du Lyon

Ab Herbst 2011, Fortsetzung

des Mahler-Projekts mit dem

Symphonieorchester Vorarlberg

Große Projekte von Kirill Petrenko

Kirill Petrenko 47kontur

Page 18: Kontur Magazin Herbst/Winter 2010/11

56 kontur

Von Models,

Moneten und

Momenten –

Erik Bont ist

Fotograf aus

Leidenschaft.

Im Interview

verrät der

gebürtige

Vorarlberger,

wie man das

perfekte Foto

schießt, wie

er in seiner

Anfangszeit

auch auf un-

gewöhnliche

Lichtquellen

zurückgreifen

musste und

warum ihn

emotionale

Gesichter so

faszinieren.

Licht muss man fühlen

Ich mag Gesichter,die weinen

Page 19: Kontur Magazin Herbst/Winter 2010/11

Neonlicht oder Sonne? Kein Problem.

Improvisationstalent,100 Prozent Per-

fektion und künstlerisches Fingerspit-

zengefühl, genau im richtigen Moment

auf den Auslöser zu drücken, haben

Erik Bont in wenigen Jahren zu einem

international gefragten Fotografen ge-

macht, der Kampagnen für Diesel, Cal-

vin Klein und Callisti ablichtet.

Sie haben Anfang 2005 Ihre Karrie-

re als Fotograf gestartet und hatten

in der Zeit davor selten eine Kame-

ra in der Hand. Wodurch wurde Ihr

Talent geweckt? Zu Anfang habe ich

einen Extremsportverein gegründet, bei

dem ich immer für die Fotos zuständig

war. Durch Zufall bin ich dann auf die

Homepage von zwei Fotografen aus

Wien gestoßen und war von den Arbei-

ten und den damit verbundenen Emo-

tionen fasziniert, die sie zum Ausdruck

brachten. Das war der Zeitpunkt an dem

ich beschloss, von Sport- auf People-

Fotos umzusteigen. Im Nachhinein be-

trachtet muss ich allerdings sagen, dass

mich Bilder schon immer begeistert ha-

ben. Bereits als Kind habe ich in Maga-

zinen nur die Fotos angesehen, anstatt

die Artikel zu lesen – das ging sogar so

weit, dass ich mich schon fragte, ob

ich eine Leseschwäche habe (lacht).

Wenn man Ihre Bilder ansieht, hat

man den Eindruck, Sie fotografieren

seit 20 Jahren. Wie haben Sie sich

in einer solch kurzen Zeit diese Pro-

fessionalität angeeignet? Danke für

das Lob, das ehrt mich sehr! Ich ha-

be alles autodidaktisch gelernt – von

der Fotografie bis zur Postproduktion.

Da ich anfangs sehr wenig Geld hatte,

hieß dies automatisch: mehr improvi-

sieren, mit Licht spielen und zwar mit

leistbarem Licht, das heißt von Son-

nen- über Neonlicht war alles vertreten.

So habe ich sehr schnell gelernt, dass

man Licht nicht berechnen kann, son-

dern fühlen muss. Der Zwang mit diver-

sen Mitteln zu arbeiten – was andere

nicht nötig hatten, weil das Geld bei ih-

nen vorhanden war – hat mich gelehrt,

mit Licht umzugehen. Das ist der wich-

tigste Grundstein der Fotografie. Zudem

bin ich ein sehr emotionaler Mensch,

was ich auch in meinen Fotos widerzu-

spiegeln versuche, und gute, kraftvolle

Emotionen machen Fotos einfach zu

einem Kunstwerk. Ich hatte auch immer

den Grundsatz: nicht lange lesen, ein-

fach tun. Daher habe ich mich sehr we-

nig mit der Technik auseinandergesetzt

und verlasse mich extrem auf mein Ge-

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