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Konzept der ERLEBNISPÄDAGOGIK an der Albert-Schweitzer-Schule „Es ist die Aufgabe der Erlebnispädagogik, dem Leben das Geheimnis, das in der Moderne zu verschwinden droht, wieder zurück zu geben.“ (Kurt Hahn)

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Konzept der ERLEBNISPÄDAGOGIK

an der Albert-Schweitzer-Schule

„Es ist die Aufgabe der Erlebnispädagogik, dem Leben das Geheimnis,

das in der Moderne zu verschwinden droht,wieder zurück zu geben.“

(Kurt Hahn)

1. AusgangslageDie gegenwärtige Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen ist durch einen Wandel der äußeren Le-

bensbedingungen immer weniger bewegungsorientiert als noch in der Nachkriegszeit. Die Umwelter-

schließung erfolgt daher immer weniger über direkte Bewegungserfahrungen, sondern zunehmend durch

vermittelnde indirekte Prozesse. Die Kinder und Jugendlichen lernen immer seltener anhand eigener Er-

folgserlebnisse oder Misserfolge, durch die sie Lebenserfahrungen sammeln können. Das führt im Alltag

dazu, dass natürliche Bewegungs- und Erlebnisbedürfnisse nicht ausreichend Berücksichtigung finden.

Kinder mit einem Förderschwerpunkt Lernen wachsen unter erschwerten Entwicklungsbedingungen auf,

die u.a. aus ihren fehlenden Bewegungserfahrungen resultieren. Bewegung stellt ein wesentliches Ele-

ment menschlichen Daseins dar, das sich in der Lebensqualität eines Jeden widerspiegelt. Kinder, die mit

Beeinträchtigungen aufwachsen, haben demnach eine veränderte Lebensqualität. Das eingeschränkte

Bewegungshandeln dieser Kinder hat nicht nur Probleme in der Mobilität zur Folge, sondern steht in en-

ger Wechselwirkung mit verschiedenen anderen Beeinträchtigungen wie z.B. Beeinträchtigungen in den

emotionalen, sozialen und kommunikativen Kompetenzen.

„Die Schule neu denken“ – das ist die Forderung des Pädagogen von HENTIG. In seinem gleichnami-

gen Buch macht er auf die Diskrepanz zwischen Schul- und Lebenswelt aufmerksam. Er spricht von der

„Lernenden Schule“ als eine lebensnahe und experimentierfreudige Schule, die die Schüler offen und

neugierig auf die Welt macht. Eine „Lernende Schule“ sollte unter dem Motto „Lernen braucht Bewegung“

gestaltet werden. Bewegung sollte demnach nicht nur Sache des Sportunterrichts sein, sondern ein zen-

trales Element im Schulleben darstellen und eine selbstverständlicher Bestandteil des Unterrichts wer-

den, um das Prinzip der Ganzheitlichkeit zu verankern.

Die Erlebnispädagogik bietet Kindern und Jugendlichen mit unterschiedlichen Förderschwerpunkten die

Möglichkeit, sich aus ihrem oft schwierigen Alltag zu lösen und sich in einem neuen Kontext zu erleben.

Erlebnispädagogik an der Schule

2. Grundlagen der Erlebnispädagogik

2.1 Erlebnispädagogik – Was ist das?

2.1.1 Definition Erlebnispädagogik

Es gibt keine allgemeingültige und einheitliche Definition der Erlebnispädagogik. Grundlage für die Erleb-

nispädagogik ist die Bedeutung und Wirkung von Erlebnissen, in denen sie die Basis aller Erfahrungen

und Einsichten sieht. Erlebnisse sind besondere Ereignisse, die einen Menschen berühren und seine Auf-

merksamkeit steigern. Besondere Erlebnisse bleiben noch lange in Erinnerung. Aus vielen prägenden, re-

flektierten Erlebnissen entstehen schließlich Erfahrungen und neue Erkenntnisse. In der Erlebnispädago-

gik geht es darum, Orte zu gestalten, an denen Erlebnisse möglich werden. Im Hintergrund steht dabei

immer ein pädagogisches Ziel. Durch die Verschiedenheit der Menschen und somit auch durch ein unter-

schiedliches Erleben einer Situation, sind Erlebnisse nicht genau planbar. Wichtig ist auf jeden Fall, dass

im Rahmen dessen Prozesse eingeleitet werden, in denen Erlebtes reflektiert wird, um daraus Einsichten

zu gewinnen.

Erlebnispädagogik kann als handlungsorientierte Methode betrachtet werden, in der durch Gemeinschaft

und Naturerlebnisse in naturnahen oder pädagogisch umschlossenen Räumen neue Raum- und Zeitper-

spektiven erschlossen werden, die einem pädagogischen Zweck dienen. Laut Ziegenspeck, der Vertreter

der Erlebnispädagogik an der Universität Lüneburg, sollten aber auch verstärkt künstlerische, musische,

kulturelle und technische Bereiche mit einbezogen werden. HECKMAIR und MICHL sehen die Erleb-

nispädagogik wie folgt: „Erlebnispädagogik ist eine handlungsorientierte Methode und will durch exem-

plarische Lernprozesse, in denen junge Menschen vor physische, psychische und soziale Herausforde-

rungen gestellt werden, diese in ihrer Persönlichkeitsentwicklung fördern und sie dazu befähigen, ihre Le-

benswelt verantwortlich zu gestalten.“

2.1.2 Ursprung der Erlebnispädagogik

Die Erlebnispädagogik ist in ihren Grundgedanken nicht neu. Im Folgenden wird kurz aufgeführt, woher

sie ihre Grundideen hat und welche Entwicklung sie bis heute gemacht hat.

Die Erlebnispädagogik hat ihren Ursprung in der Reformpädagogik (1890 – 1933). Die Reformpädagogik

war die erste pädagogische Richtung, die mit den zentralen Begriffen Erlebnis, Augenblick, Unmittelbar-

keit, Gemeinschaft, Natur, Echtheit und Einfachheit die bestehenden Konzepte in Frage stellte und von

einer Erlebnisarmut in der Schule sprach. Sie verfolgte den Grundsatz „sich-finden-und-bewahren-kön-

nen“ in der Auseinandersetzung mit der Umwelt. Weiterhin verstand sie sich als eine Pädagogik vom Kin -

de aus und schrieb dem Kind eine aktive Rolle im Lernprozess zu. Als wichtige Vertreter der Reformpäd-

agogik sind u.a. John Dewey, Maria Montessori und Kurt Hahn zu nennen. John Dewey vertrat das Prin-

zip „Learning by doing“ und setzte sich für einen lebensnahen Unterricht ein, der das selbständige Den-

ken und Handeln des Kindes fördern soll. Bei Maria Montessoris „Pädagogik vom Kinde aus“ spielt die

Umwelt ebenfalls eine große Rolle. Es soll ein Bewusstsein für die individuelle Selbstverantwortung ge-

genüber der Natur geweckt werden. „Schauen und erleben“ können hier als Kernelemente der Montesso-

ri-Pädagogik festgehalten werden. Kurt Hahn gilt mit seiner so genannten „Erlebnistherapie“ als der Urva-

ter der Erlebnispädagogik. Er gründete 1941 die erste Kurzzeitschule und vertrat die Ansicht, dass Ju-

gendliche Handlungsgelegenheiten und Wagnisherausforderungen brauchen, in denen sie sich bewähren

können. Heute hat sich seine Idee international ausgebreitet.

2.1.3 Aktuelle SituationSeit der Entwicklung der Erlebnistherapie durch Kurt Hahn hat sich die alltägliche Erlebniswelt der Kinder

und Jugendlichen grundlegend gewandelt:

• Aufwachsen in Städten und Großstädten, die wenig Spiel- und Aneignungsmöglichkeiten in der

freien Natur erlauben

• Die zunehmende Verkehrsdichte verhindert ein ungestörtes Spielen auf der Straße

• Die natürlichen Betätigungs- und Erlebnismöglichkeiten werden immer weiter eingeschränkt, Er-

fahrungen immer mehr aus zweiter Hand gemacht

• Fernsehen ist als Informations- und Kommunikationsmittel fast unentbehrlich geworden. Es lässt

aber grundlegende Bedürfnisse von Kindern wie Auslebung der Abenteuerlust, körperlichen Be-

wegungsdrang oder Nervenkitzel unbefriedigt.

Auf dieses Abenteuerbedürfnis reagiert die Erlebnispädagogik.

Anfangs bezog sich die Erlebnispädagogik fast ausschließlich auf die Schule, heute sind es überwiegend

außerschulische Aktionsfelder, in denen sie in Erscheinung tritt.

Die gesellschaftlichen Veränderungen und vor allem die veränderte Kindheit lassen das Interesse an er-

lebnispädagogischen Aktivitäten stetig steigen und sie werden immer mehr von unterschiedlichen päd-

agogischen Richtungen fokussiert: Erlebnispädagogik als Integrationspädagogik, Erlebnispädagogik als

Freizeitpädagogik, Erlebnispädagogik als Sozialpädagogik, Erlebnispädagogik als Betriebspädagogik, Er-

lebnispädagogik als Behindertenpädagogik etc.

2.1.4 Fazit

Die Erlebnispädagogik ist kein neuer Begriff, sondern seit jeher eine Methode der Pädagogik. Sie

betrachtete sich als Gegner der reformbedürftigen Erziehungskonzepte, die sich stark an kognitivem

Lernen orientierten.

2.2 Merkmale und Methoden der Erlebnispädagogik

Im Mittelpunkt der Methodik der Erlebnispädagogik steht der Ansatz des handlungsorientierten und sozia-

len Lernens. Das Erleben soll sämtliche Lernebenen mit einbeziehen, d.h. die kognitive, die emotionale

und die aktionale Ebene. Hier findet sich Pestalozzi wieder: Lernen mit Kopf (kognitive Ebene), Herz

(emotionale Ebene) und Hand (aktionale Ebene).

Die Teilnehmer erlebnispädagogischer Aktivitäten sollten bei den Erlebnissen immer wieder an ihre eige-

nen Grenzen stoßen, in dem sie in Situationen gelangen, denen sie nicht ausweichen und sich dadurch

bewähren und an ihnen wachsen können. Hier wird deutlich, dass im Mittelpunkt der erlebnispädagogi-

schen Aktivitäten immer die Situation und das Verhalten der Teilnehmer stehen. Die Zielsetzung der Akti -

vitäten richtet sich demnach auch nach den individuellen Befindlichkeiten der Teilnehmer, nach ihrem

Leistungsvermögen und ihren Bedürfnissen. Die gewählte Methode, Medium, Materialien sowie der zeitli -

che Rahmen sind abhängig von der Zielsetzung.

Hier findet sich das so genannte „Lernzonenmodell“ nach SENNINGER wieder:

In der Komfortzone läuft alles ohne bedeutende Herausforderungen ab, denn sie ist gekennzeichnet von

Alltäglichem wie Sicherheit, Geborgenheit, Ordnung, Bequemlichkeit, Entspannung und Genuss. Man ist

sich seiner Stärken und Fähigkeiten bewusst und zeigt ein selbstsicheres und routiniertes Verhalten.

Die Lernzone oder Wachstumszone ist gekennzeichnet durch Abenteuer, Unbekanntes, Unsicherheit,

Problem, Herausforderung, Unerwartetes und Risiko. In dieser Zone befindet sich etwas, womit man

noch keine Erfahrungen gemacht hat. Man fühlt sich nicht mehr so komfortabel wie in der Komfortzone

und gerät in ein Ungleichgewicht. Mit Mut und Überwindung kann hier Lernen stattfinden.

In der Panikzone ist die Bewältigung von Aufgaben nicht möglich. Sie ist gekennzeichnet von Panik,

Angst und Unsicherheit, verhindert das Lernen und kann zu Frustration führen.

Zusammenfassend gibt es folgende Merkmale, die für die Erlebnispädagogik charakteristisch sind und

immer wieder in der Literatur beschrieben werden:

o Prinzip der Ganzheitlichkeit

o Handlungsorientierung und Subjektbezogenheit

o Herausforderung – Lernen in Situationen mit Ernst- und Erlebnischarakter

o Gruppenorientiertheit – Die Gruppe als Lerngemeinschaft

o Freiwilligkeit

o Reflexion

o Transfer

Im Kapitel 3.1 wird näher auf die einzelnen Merkmale eingegangen und in Bezug auf die Umsetzung an

der Albert-Schweitzer-Schule erläutert.

2.3 Ziele der Erlebnispädagogik

“Hauptziel der Erlebnispädagogik ist die Förderung individueller Fertigkeiten zur Lebensbewälti-gung und die Fähigkeit zu zwischenmenschlicher Kooperation und Kommunikation in der Gruppe

im Alltagsumfeld. Erlebnispädagogik ermöglicht den Teilnehmern die Grenzen der eigenen Hand-lungskompetenz zu erproben und im angstfreien Raum der Gruppe zu lernen und zu wachsen“

(Tom Senninger)

Ziel Wodurch?Förderung der Persönlichkeitsentwick-lung

Sich selbst erleben Selbstvertrauen, -wertgefühl, -bewusstsein, -bild

stärken Reflexionsfähigkeit steigern Frustrationstoleranzgrenze erweitern

Förderung der Sozialen Kompetenz Kommunikations-, Konflikt-, Gruppen- und Koope-rationsbereitschaft erweitern

Solidarität erleben und soziale Beziehungen stabili-sieren

Vertrauen geben und nehmen und Verantwor-tungsgefühl durch helfen und unterstützen aufbau-en

Anerkennung und Wertschätzung erfahren Regeln einhalten und Kompromisse schließen ler-

nenFörderung der Lernbereitschaft Kreativer Umgang beim Experimentieren mit dem

UnbekanntemFörderung der Werthaltungen Notwendigkeit von Werten und Normen erkennen

Gemeinsame Regeln und Umgangsweisen aufstel-len

Förderung der Problemlösungsfähigkeit Strategien zur Problemlösung kennen lernen und erproben

Förderung der Kommunikationsfähigkeit Toleranter Umgang miteinander lernen, Verschiedenheit als Chance im Umgang miteinan-

der erkennen Kommunikation als Grundlage von Teamarbeit er-

kennenFörderung der Kooperationsfähigkeit Kooperieren im Team kennen lernen

Ausgrenzung als nicht förderlich bei Teamarbeit er-kennen

Förderung der Naturerfahrungen Abenteuerlust in der Natur erleben Natur erfahren und schätzen lernen – ökologisches

Bewusstsein weckenFörderung der Kreativität Stärken Einzelner in der Gruppe anerkennen und

einsetzenPrävention Sucht- und Gewaltprävention betreiben

Stark machen für das LebeneSpiel und Spaß Zusammengehörigkeitsgefühl stärken

Teamfähigkeit steigern

3. Erlebnispädagogik an der Albert-Schweitzer-Schule

3.1 Die Erlebnis-AG

Im Schuljahr 2008/2009 wurde an der Albert-Schweitzer-Schule eine Erlebnispädagogik-AG ins Leben

gerufen, die wöchentlich mit 2 Schulstunden unter erlebnispädagogischen Aspekten und Anleitung von

zwei FörderschullehrerInnen stattfindet. An der AG nehmen zwischen 10 und 14 Schüler und Schülerin-

nen der Klassen 4 bis 9 teil, die im Rahmen von Interaktions- und Kooperationsübungen, „Mutproben“

und Kletteraktionen in der Sporthalle, auf Ausflüge innerhalb der Region und in überegionale Orte in ihren

emotionalen und sozialen Kompetenzen gefördert und gestärkt werden sollen.

Dieses Projekt wird im aktuellen Schuljahr weitergeführt und soll langfristig durch folgende Aktivitäten er-

weitert werden:

Ausflüge in Hochseilklettergärten und Kletterhallen

Nutzung von Wassersportangeboten

Etablierung von erlebnispädagogischen Fahrten (Skifahren, Segeln, Paddeln)

Nach der erfolgreichen Durchführung einer Skifreizeit im Januar 2010 mit 10 Schülern und Schülerinnen

nach Chandolin/Schweiz wurde im Juni 2011 eine Segeltour mit einer Schülergruppe auf dem Ijsselmeer

unternommen. Aktuell wird eine weitere Skireise im Februar 2012 in die Schweiz geplant.

3.1.1 Das Prinzip der GanzheitlichkeitKennzeichnend für erlebnispädagogische Aktivitäten ist das Prinzip der Ganzheitlichkeit. In der Erlebnis-AG werden die Schüler und Schülerinnen als ganzheitliche Einheit von Körper, Geist und Seele

angesprochen, gefordert und gefördert. Die Lehrkräfte setzen nicht bei den Defiziten sondern bei den

Fähigkeiten der Schüler und Schülerinnen an. Es werden kognitive, affektive, motorische und soziale

Lerninhalte aufbereitet, um die individuelle Persönlichkeit zu berücksichtigen und zu stärken.

3.1.2 Handlungsorientiertheit und SubjektbezogenheitHandlungstheorien beschreiben den Menschen im Allgemeinen als zielgerichtet, gegenständlich, subjekt-

haft und bewusst handelnd, wobei er die zu erreichenden Ziele als sinnvoll und nützlich ansieht. Handlun-

gen sind an die eigene Person gebunden und bestehen aus einem Handlungsantrieb, der auch als Motiv

bezeichnet werden kann. Hierbei kann es sich um Erlebnisse (z.B. Erleben von Natur in den Bergen beim

Skifahren oder auf dem Meer beim Segeln), soziale Erlebnisse (gemeinsames Skifahren oder Segeln in

einer Gruppe) und Aspekte wie Abenteuer, Mut und Risiko (z.B. Abenteuer Höhe bei Mutproben in der

Sporthalle oder im Sessellift beim Skifahren). Bei diesen direkten Erfahrungen steht die Auseinanderset -

zung mit der eigenen Person (Subjekt) im Mittelpunkt. In der Erlebnis-AG werden die Schüler und Schü-

lerinnen u.a. an Situationen herangeführt, die sie als Individuum bewältigen müssen. Sie sind dabei Be-

teiligte und nicht Betroffene der Situation und erfahren, dass ihr Handeln entscheidend ist, um die gestell -

te Aufgabe zu lösen (z.B. in Interaktions- und Kooperationsspielen).

3.1.3 Herausforderung – Lernen in Situationen mit Ernst- und ErlebnischarakterHerausforderungen haben in der Erlebnispädagogik einen hohen Aufforderungscharakter und sind ge-

kennzeichnet durch ernsthafte, direkte, konkrete und authentische Situationen. Die Erlebnispädagogik

stellt Lernsituationen her, die außergewöhnlich und nicht alltäglich sind und bietet damit einen Raum, um

persönliche Grenzerfahrung zu ermöglichen. Ungewöhnliche Situationen verbergen die Möglichkeit, dass

aus einem Ereignis ein nachhaltig wirkendes Erlebnis wird. In der Erlebnis-AG werden herausfordernde

Situationen in Form von Mutproben in der Sporthalle, Erlernen neuer Sportarten wie z.B. Inline-Skaten,

Skifahren, Eislaufen, Paddeln, Segeln etc., hergestellt. Des Weiteren werden die Teilnehmer und Teilneh-

merinnen der AG in neue und für sie nicht berechenbare Situationen geführt, in dem sie neue Freizeitbe -

schäftigungen wie z.B. Dialog im Dunkeln, Besuch des HSV-Stadions, Hafenrundfahrt etc. kennen lernen.

3.1.4 Gruppenorientiertheit – Die Gruppe als LerngemeinschaftErlebnispädagogische Aktivitäten finden in der Regel in einer Gruppe statt. Das Gruppenerleben stellt die

Basis für soziales Lernen dar und bietet somit ein großes Lernfeld, in dem Kommunikations-, Kooperati-

ons- und Konfliktlösungsfähigkeiten erprobt und erlernt werden können. In der Erlebnis-AG finden alle

Aktivitäten in der Gruppe statt. Bei der Auswahl der Teilnehmer und Teilnehmerinnen verfolgen die Lehr-

kräfte ein klassenübergreifendes Konzept, um eine möglichst große Vielfalt herbeizuführen. Des Weiteren

wird hierbei Wert darauf gelegt, dass jüngere Schüler und Schülerinnen von älteren und umgekehrt ler-

nen.

3.1.5 FreiwilligkeitIn der Erlebnispädagogik wird im Allgemeinen großen Wert auf Freiwilligkeit gelegt. In der Erlebnis-AG wird deshalb darauf geachtet, dass die Schüler und Schülerinnen selbstverantwortlich und selbstbe-

stimmt ihr Handeln gestalten. Sie werden zwar bei Bedarf von den Lehrkräften aufgemuntert, eine Her -

ausforderung unter minimalen Anforderungen anzunehmen und werden dabei begleitet. Sie entscheiden

jedoch für sich selbst, ob sie die Herausforderung annehmen möchten oder nicht. Der Freiraum, NEIN

oder STOPP zu sagen, besteht zu jeder Zeit. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass zu keinem

Zeitpunkt ein Schüler oder eine Schülerin für seine bzw. ihre Entscheidung negativ betrachtet wird. NEIN

zu sagen wird als mutig und ebenfalls als Herausforderung von den Lehrkräften dargestellt, so dass auch

für sozial unsichere und ängstliche Kinder und Jugendliche ein positives Erleben der Aktivität hergestellt

wird.

3.1.6 Reflexion und TransferDie Reflexion ist ein wichtiger und zentraler Aspekt in der Erlebnispädagogik, denn er bietet den Schülern

und Schülerinnen die Möglichkeit, ihr eigenes Verhalten zu überprüfen aber auch die Gelegenheit, ihre

gemachten Erfahrungen, Ängste und Erfolge anderen mitzuteilen. In der Erlebnis-AG hat die Reflexions-

phase am Ende der gemeinsamen Unterrichtszeit einen hohen Stellenwert. Mit Hilfe einer „Schatzkiste“

und einer „Mülltonne“ reflektieren die Schüler und Schülerinnen ihre gemachten Erfahrungen. Jeder packt

etwas in die Schatzkiste ein. Dabei wird auf die Methode der Satzergänzung zurückgegriffen. In der Re-

flexionsphase wird reihum die Schatzkiste gegeben und mit Hilfe des Satzanfanges „Ich packe in meine

Schatzkiste...“ das Wertvolle der Stunde eingepackt. In die Mülltonne werden nur bei Bedarf die negati-

ven Erfahrungen mit Hilfe des Satzanfanges „Ich packe meine Mülltonne...“ hineingeworfen.

Die Erlebnispädagogik zielt darauf ab, die über intensive Erlebnisse gemachten Erfahrungen in den Alltag

zu übertragen. Hier wird der Reflexion eine wichtige Funktion zugesprochen, denn ohne diese wird der

Transfer der gemachten Erlebnisse und Erfahrungen in den Alltag nur bedingt möglich. In der Erleb-nis-AG gestaltet sich der Transfer in den Alltag aufgrund der vielfältigen vorliegenden Förderschwerpunk-

te oft noch schwierig, so dass dieser nur bedingt hergestellt werden kann. Der Fokus richtet sich deshalb

vorläufig noch auf ein intensives Erlernen des Reflektierens.

3.2 Rahmenbedingungen und Finanzierung

Erlebnispädagogische Aktivitäten, Unternehmungen und Projekte erfordern ein hohes Maß an Organisati -

on und (finanziellen) Aufwand, was die Umsetzung im schulischen Alltag erschwert. Erlebnispädagogik in

der Schule muss sich zum Ziel setzen, Formen und Bedingungen zu schaffen, die im Rahmen der schuli-

schen Möglichkeiten akzeptabel, umsetz- und einsetzbar sind.

Die erlebnispädagogischen Reisen wurden bislang in Zusammenarbeit mit Hoefer Sport und Reisen aus

Stade durchgeführt. Die Kosten der Reisen belaufen sich im Durchschnitt zwischen 300,- € und 400,- €

pro Person. Die Eltern werden aufgefordert, einen ihren finanziellen Möglichkeiten entsprechenden Ei-

genanteil zu den Reisen beizusteuern (mind. 50,- €). Für das Skiprojekt 2010 wurden zusätzlich verschie-

dene Sponsoren herangezogen, die die Albert-Schweitzer-Schule mit Geld unterstützt haben, um das

Projekt zu finanzieren. Das Segelprojekt 2011 wurde von AIRBUS unterstützt, die hierfür einen Betrag

von 3500,- € beigesteuert haben. Bei beiden Projekten sind nicht alle Gelder aufgebraucht worden, so

dass derzeit im Rahmen der wöchentlich stattfindenden Erlebnis-AG Aktivitäten mit einem höheren finan-

ziellen Aufwand unternommen und finanziert werden können. Die Umsetzung einer weiteren Skireise im

Februar 2012 ist ebenfalls gesichert.

3.3 Projekte der Erlebnis-AG

Für die Schüler und Schülerinnen, die bereits 2 Schulhalbjahre die Erlebnis-AG besucht haben, besteht

die Möglichkeit, an einem klassenübergreifenden Projekt teilzunehmen. Die bisher stattgefundenen Rei-

sen in die Schweiz und in die Niederlanden werden im folgenden kurz dargestellt.

3.3.1 Skireise

Vom 8.–17.01.2010 machten sich 10 Schüler und Schülerinnen aus den Jahrgangsstufen 6-8 auf den

Weg nach Chandolin in der Schweiz, um die Berge zu genießen und das Skifahren zu lernen.

Eine besondere Reise machten 10 Schüler der Albert-Schweitzer-Schule vom 08. bis 17.01.2010. Dank

großzügiger Spenden vieler Firmen und Institutionen konnten die Schüler 10 Tage zum Skifahren nach

Chandolin in die Schweiz fahren. Nach 21-stündiger Busfahrt kamen die Schüler mit ihren Lehrerinnen

Frau Stumm und Frau Hochartz im Grand Hotel Chandolin am Fuße des Matterhorns an. Am nächsten

Tag ging es mit den dort geliehenen Skiern gleich auf die Piste, wo bereits ein Skilehrer auf die Gruppe

wartete. Alle Schüler lernten in den folgenden 10 Tagen mehr oder weniger gut Skifahren. Für einige

Schüler war dies der erste Urlaub überhaupt.

Es gab auch noch weitere Unternehmungen, z.B. eine Nachtwanderung mit Fackeln, eine Hüttengaudi,

ein Kickerturnier und zu guter letzt die Skitaufe.

Für diese unvergleichliche Fahrt bedanken sich Mario, Philipp, Marcel, Nico, Sophie, Nadin, Jan-Philipp,

Steve, Jana und Marcus ganz herzlich bei den Sponsoren dieser Fahrt: Halephagen-Stiftung, NSB, Bä-

ckerei Dammann, Lions Club, Rotary- Club, Unilever, Stiftung der Sparkasse Harburg-Buxtehude zur

Förderung der Jugend.

Hier ein kleiner Einblick in die Erlebnisse unserer Skifahrer :

„Gott sei Dank hat meine Mutter „Ja“ zur Skireise gesagt. So etwas Schönes habe ich noch nie ge-

sehen!“

SCHMERZGEFÜHLE…

„Da beiß ich mich jetzt durch!“

“Hier möchte ich für immer bleiben!“

Heute war ich richtig mutig!„ “

„Es ist sooooo schön hier!“

3.3.2 Segelreise

Vom 05.06.-10.06.2011 sind 10 Schüler und Schülerinnen der Klassen 4 bis 9 in den Niederlanden auf

dem Segelschiff „Goudem Bodem“ gesegelt. Im Folgenden beschreibt eine teilnehmende Schülerin die

Segelroute:

Die Erlebnis AG war für 7 Tage in Holland auf einem Segelschiff.

Die Schüler sind am Sonntag Vormittag los gefahren und am Sams-

tag wieder angekommen. Die Gruppe war auf dem Ijsselmeer. Die

Fahrt ist in Harlingen losgegangen. Wir sind von Harlingen nach Den

Oever gefahren (Montag). Am nächsten Tag sind wir von Den Oever

nach Terschelling gefahren (Dienstag). In der Mitte von der Reise

sind wir von Terschelling nach Makkum (Mittwoch) gesegelt. Am vor-

letzten Tag auf dem Wasser sind wir von Makkum nach Franeker

(Donnerstag). Am letzten Tag auf dem Wasser ging es von Franeker nach Harlingen (Freitag). Die Men-

schen mussten von Holland nach Hause noch Stunden lang Bus fahren.

Quellenangaben:

FISCHER, T./ZIEGENSPECK, J. (2000): Handbuch der Erlebnispädagogik. Bad Heilbrunn/Obb. Klinkahrdt.

REINERS, A. (2004): Praktische Erlebnispädagogik. Neue Sammlung motivierender

Interaktionsspiele. Augsburg. ZIEL-Verlag.

http://www.schulerlebnispaedagogik.de/

http://www.abenteuerschule.it/pdf/abenteuerschule.pdf

http://www.giraffenohren.com/wp-content/uploads/2011/06/lernzonenmodell.jpg

Büchertipps zur Erlebnispädagogik: LE FEVRE, D.N. (2002): Best of new games. Faire Spiele für viele. Mühlheim. Verlag an der

Ruhr.

REINERS, A. (2004): Praktische Erlebnispädagogik. Neue Sammlung motivierender

Interaktionsspiele. Augsburg. ZIEL-Verlag.

DEWALD, W./HÄUSSLER, CH. (2007): On-Line. Spiele und Abenteuer mit dem Seil.

Augsburg. ZIEL-Verlag.

Aktualisiert im Oktober 2011 (Svenja Hochartz)