22
Konzertierte Reaktionen 1. Elektrocyclische Reaktionen 2. Sigmatrope Umlagerungen 3. Cycloadditionen Definition: Konzertierte Reaktionen laufen in einem Schritt ab, so dass nur ein Übergangszustand und keine Zwischenstufen an dem Prozess beteiligt sind. Im Übergangszustand wird gleichzeitig die neue Bindung gebildet und die alte gebrochen.

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Konzertierte Reaktionen

1. Elektrocyclische Reaktionen

2. Sigmatrope Umlagerungen

3. Cycloadditionen

Definition:

Konzertierte Reaktionen laufen in einem Schritt ab, so dass nur einÜbergangszustand und keine Zwischenstufen an dem Prozess beteiligt sind. Im Übergangszustand wird gleichzeitig die neue Bindung gebildet und die alte gebrochen.

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Elektrocyclische Reaktionen≡ Bildung einer Einfachbindung zwischen den Enden eines linearen

Systems von π-Elektronen bzw. der umgekehrte Prozess (elektrocycl. Ringschluss bzw. Ringöffnung).

Bsp. Ringöffnung von 3,4-Dimethylcyclobuten

H

MeH

MeMe

H

Me

H MeH

Me

H

175°Ccis E,Z

H

HMe

MeMe

H

H

Me HH

Me

Me

175°Ctrans E,E

gleichsinnige Drehung der Substituenten → konrotatorisch

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Elektrocyclische Reaktionen

Bsp. Cyclisierung von Octatrien

entgegengerichtete Drehung der Substituenten → disrotatorisch

MeH

Me

H

HH

Me

Me

178°CtransE,Z,Z

132°C

HH

Me

Me

MeHMe

H

cisE,Z,E

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Elektrocyclische Reaktionen

Ψ1keine Knotenebene

Ψ2 (HOMO) eine Knotenebene

Cyclobuten/Butadiensysteme: 4π-Elektronen im ÜZ

konrotatorischerRingschluss

Cyclohexadien/Hexatriensysteme: 6π-Elektronen im ÜZ

Ψ1keine Knotenebene

Ψ2eine Knotenebene

Ψ3 (HOMO) zwei Knotenebenen

disrotatorischerRingschluss

Betrachtung der Grenzorbitale

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Elektrocyclische Reaktionen

Verallgemeinerung für stereochemischen Verlauf bei Betrachtung der Symmetrieeigenschaften der Molekülorbitale:

Stereochemischer Verlauf Anzahl π-Elektronen thermisch (Δ) photochemisch (h⋅ν)

4n konrotatorisch disrotatorisch

4n+2 disrotatorisch konrotatorisch

Merkhilfe: vier Elektronen – thermisch – konrotatorisch

Vietkon(g)

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Elektrocyclische ReaktionenAlternative Betrachtungsweise:Einteilung der Übergangszustände in aromatische und antiaromatische.

→ Aromatischer ÜZ: Aktivierungsbarriere niedrig, Reaktion erlaubt.→ Antiaromatischer ÜZ: Aktivierungsbarriere hoch, Reaktion verboten.

2. Anzahl der im ÜZ beteiligten ElektronenMöbius-Aromat: 4n π-ElektronenHückel-Aromat: (4n+2) π-Elektronen

1. Topologie des ÜZ (Anzahl d. Phasenumkehrungen).

Konrotatorisch1 Phasenumkehrung⇒ Möbius-System

Disrotatorisch0 Phasenumkehrungen⇒ Hückel-System

Folgerung für Butadien/Cyclobutensystem:4π-Elektronen ⇒ Möbius-Aromat (n=1) ⇒ konrotatorischer ÜZ ist aromatisch

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Elektrocyclische Reaktionen

Verallgemeinerung für stereochemischen Verlauf bei Betrachtung der Aromatizität des Übergangszustandes

Anzahl π-Elektronen Hückel (disrotatorisch)

Möbius (konrotatorisch)

2 aromatisch antiaromatisch

4 antiaromatisch aromatisch

6 aromatisch antiaromatisch

8 antiaromatisch aromatisch

Merkhilfe: Möbius-Aromat – thermisch – konrotatorisch

MTK(für Nicht-Hessen: Kfz.-Kennz. vom Main-Taunus-Kreis)

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Elektrocyclische Reaktionen

CO2R

Ph

PhCO2R

Ph CO2R

HH CO2R

Ph

8π-Elektronen (Möbius-System)

KonrotatorischeCyclisierung

DisrotatorischeCyclisierung

6π-Elektronen (Hückel-System)

Endiandric Acid F

K. C. Nicolaou et al., J. Am. Chem. Soc. 1982, 104, 5555 ff.

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Sigmatrope Umlagerungen≡ Reorganisation von Elektronen, in deren Verlauf ein σ-gebundener

Substituent zum weiter entfernt liegenden Ende eines angrenzenden π-Systems wandert.

Begriffe:Ordnung [i,j] i = Anzahl der Atome im wandernden Fragment

j = Anzahl der Atome im angrenzenden π-System, die direkt an der Elektronenverschiebung beteiligt sind.

Suprafaciale U. Wandernde Gruppe bleibt während der Umlagerung auf derselben Seite des π-Systems.

Antarafaciale U. Wandernde Gruppe wechselt während der Umlagerung auf die andere Seite des π-Systems.

12

3H1

1

23

H1

π-System(j=3)

wandernder Rest (i=1) antarafacial suprafacial

Bsp. [1,3]-Wasserstoffverschiebung

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Sigmatrope UmlagerungenBetrachtung der Grenzorbitale

R1

R3

R4R2H

R1

R2

R3

HR4

Ψ1keine Knotenebene

Ψ2 (HOMO) eine Knotenebene

⇒ Wechselwirkung vom Ψ2 –Orbital (HOMO) des Allylsystems mit 1s-Orbital des Wasserstoffatoms:

Bindende Wechselwirkung muss während des Prozesses erhalten bleiben.

⇒ nur antarafacialer Verlauf erlaubt:antarafacial suprafacial

4π-Elektronen im ÜZ(Allylsystem)

H H

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Sigmatrope UmlagerungenBetrachtung der Aromatizität des ÜZ

1,3-suprafacialHückel-System4π-Elektronenantiaromatisch

verboten

1,3-antarafacialMöbius-System4π-Elektronen

aromatischerlaubt

1,3-antarafaciale Wasserstoff-Verschiebung theoretisch erlaubt, aber stark verdrillte Molekül-geometrie im ÜZ liegt energetisch sehr hoch!

⇒ Kommt schrittweisem Prozess mit Bindungsbruch gleich!

Sigmatrope Verschiebung von Alkylgruppenzusätzlicher Aspekt: Stereochemie (Inversion oder Retention?) R R

1,3-suprafacialRetention

Hückel-System4π-Elektronenantiaromatisch

verboten

1,3-suprafacialInversion

Möbius-System4π-Elektronen

aromatischerlaubt

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Sigmatrope Umlagerungen

[3,3]-Umlagerung

Sessel- (oder Boot-) förmiger ÜZ

suprafacialHückel-System6π-Elektronen

aromatischerlaubt

π-e− suprafacial (Retention)

suprafacial (Inversion)

antarafacial (Inversion)

antarafacial (Retention)

4n verboten erlaubt verboten erlaubt

4n+2 erlaubt verboten erlaubt verboten

Verallgemeinerung Auswahlregeln für [1,j]-Umlagerungen.

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Sigmatrope UmlagerungenWittig-Umlagerung: [2,3]-Umlagerung

Suprafaciale „Verschiebung“ einer Hydroxymethyleneneinheit.→ Triebkraft: Bildung des stabileren Anions.Stereochemie ist über den 5-gliedrigen ÜZ gegeben.

1

O12

H

32 R2

R1H

O

R2

R1H

O12

21

R1

3R2

Base

12

3

R

O1

2 TMS 12

3

R

2 OH1

O

R3

R2 R1

H

OR3H

R1R2

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Sigmatrope Umlagerungen

1

12

3

32

3

32

1

12

ΔToderKat.

Reversible Reaktion.→ thermodynamische Produktkontrolle.

Cope-Umlagerung: [3,3]-Umlagerung

Reaktion verläuft über 6-gliedrigen sesselförmigen ÜZ.⇒ hohe Stereospezifität der Reaktion (synthetischer Nutzen).

Ph R

E≡

PhH

E S

H

Ph

H

Ph

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Sigmatrope UmlagerungenCope-Varianten

HO HO OBase

Oxy-Cope Umlagerung

Aza-Cope Umlagerung: Bsp. Fischer Indol-Synthese

Triebkraft: Bildung der Carbonylfunktion.

HNHN

HNH2N

HNH2NH2N

NH3

HNH NH4

H~

Indol[3,3]-

Umlagerung

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Sigmatrope Umlagerungen

O ΔT O

(Formal: Oxy-Cope Umlagerung)Claisen-Umlagerung: [3,3]-Umlagerung

Thermische Umlagerung eines Allyl-Vinyl- (bzw. Allyl-Aryl-) Ethers zu einem Ω−ungesättigten Aldehyd.

Triebkraft: Bildung der Carbonylfunktion.

Reaktion verläuft über 6-gliedrigen sesselförmigen ÜZ.⇒ hohe Stereospezifität der Reaktion (synthetischer Nutzen).

Nachteil: drastische Reaktionsbedingungen (hohe Temperaturen >100°C).

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Sigmatrope UmlagerungenClaisen-VariantenIreland-Claisen Umlagerung

O

Johnson-Orthoester Umlagerung

O

OTMS

O

OHO1. LDA2. TMS-Cl

- 78°C -78°C→RT

γ,δ-ungesättigte Säure

Allylester TMS-Ketenacetal

Vorteil beider Varianten:Reaktionsverlauf über reaktive Zwischenstufen (Ketenacetale generiert aus Ester bzw. Orthoester) schon bei tiefen Temperaturen möglich.

OHO O O

OEt

CH3C(OEt)3

EtO OEt OEt

EtOH EtOHEssigsäure-Orthoester

Ketenacetal γ,δ-ungesättigte Säure

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Cycloadditionen

Thermische CycloadditionenDiels-Alder Reaktion1,3-Dipolare Cycloaddition[2+2]-Cycloaddition

Photochemische Cycloadditionen[2+2]-PhotocycloadditionPaternò-Büchi Reaktion

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CycloadditionenDiels-Alder: [4+2]-Cycloaddition

+

Dienophil Dien

Normaler Elektronenbedarf Inverser Elektronenbedarf

LUMO

HOMO

HOMO

LUMO

Dienophil(e−-arm)

Dien(e−-reich)

Dienophil(e−-reich)

Dien(e−-arm)

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Cycloadditionen

Diels-Alder: Regiochemie

Substituenten an Dien und Dienophil bestimmen die jeweiligen Orbital-koeffizienten und damit die Regioselektivität.

D = ElektronendonorA = Elektronenakzeptor

HOMO LUMO

HOMO LUMO

Normaler Elektronenbedarf

Donorsubstituent hebt HOMO desDiens an.

Akzeptorsubstituent senkt LUMO des Dienophils ab.

DA

+

DA

+A

D A

D

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CycloadditionenDiels-Alder: Regiochemie

O

O

O

HH

O

O

O

+ O

O

O

H

H

O

O

O

H

Hendo exo

endo-ÜZ:

Bevorzugter ÜZ wegen stabilisierender sekundärer

Orbitalwechselwirkungen

exo-ÜZ:

HO

O

OH

Tritt auf, wenn endo-ÜZ aus sterischen Gründen nicht möglich ist.

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Literatur

• Ian Fleming in Grenzorbitale und Reaktionen organischer Verbindungen (VCH-Verlag Weinheim 1990)