44
Krebsrisiko im Feuerwehrdienst Dr. Dirk Taeger Sicherheits-Forum Feuerwehr, Gladbeck, 19.09.2018

Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

  • Upload
    others

  • View
    1

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Krebsrisiko im Feuerwehrdienst

Dr. Dirk Taeger

Sicherheits-Forum Feuerwehr, Gladbeck, 19.09.2018

Page 2: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Einstufung durch die IARC• Einstufung der Tätigkeit als Feuerwehreinsatzkraft durch die IARC

(International Agency for Research on Cancer) im Jahr (2007) als möglicherweise krebserregend für den Menschen (Klasse 2B)

• “Group 2B: The agent is possibly carcinogenic to humans. This category is used for agents for which there is limited evidence of carcinogenicity in humans and less than sufficient evidence of carcinogenicity in experimental animals. (…) “

2

Page 3: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Substanzen bei Verbrennungsprozessen Bei der Pyrolyse entstehen viele unter-

schiedliche chemische Verbindungen, abhängig vom Material das brennt

Darunter auch Noxen, die von derInternationalen Agentur für Krebsforschung(IARC) der WHO als krebserregend oder wahrscheinlichkrebserregend eingestuft wurden, wie z. B.

Arsen, Asbest, Quarz, Schwefelsäure, Ruß, Furan, Radioaktivität

Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK)

3

Page 4: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im

Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen Ergebnissen

Krebsrisiken nur allgemein für die Berufsgruppe (im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung) und nicht substanz-spezifisch

Expositionsschätzung meistens nur über Surrogate der Exposition wie Beschäftigungsdauer, Einsatzzeiten, Anzahl Einsätze usw.

Ein mögliches Krebsrisiko kann nicht auf einzelne Substanzenzurück geführt werden

4

Page 5: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Meta-Analyse von LeMasters● Eine Meta-Analyse ist eine „Studie von Studien“. Sie fasst die relevanten

und validen Studien quantitativ - mittels statistischer Verfahren -zusammen

● Die Meta-Analyse von LeMasters et al. (2006) fasst die bis dahin publizierten (validesten) 32 Studien zusammen

● Führt eine Klassifikation der Wahrscheinlichkeit des Krebsrisikos ein, abhängig vom● Muster des Meta-Analyse Risikos (>10% Erhöhung)● Studientyp (Abstufung bei weniger validen Studientypen)● Konsistenz der Ergebnisse

● Klassifikation in: „wahrscheinlich“, „möglich“, „unwahrscheinlich“

5

Page 6: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Meta-Analyse von LeMastersErgebnisse der LeMasters Meta-Analyse

● Wahrscheinliches Krebsrisiko

Multiples Myelom (53%), Non-Hogkin Lymphom (51%) undProstata (28%)

● Mögliches Krebsrisiko für

Hoden (102%), Haut (39%), Gehirn (32%), Enddarm (29%),Lippe, Mundhöhle und Rachen (23%), Magen (22%),Kolon (21%) und Leukämie (14%)

6

Page 7: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Evaluierung der IARC• Re-Analyse der Meta-Analyse von LeMasters et al. unter Einbeziehung

zweier seit 2006 erschienenen Studien (Ma et al. 2006 und Bates et al. 2007) unter Ausschluss von Studien zur proportionalen Mortalität

• Nur Prostatakrebs, Hodenkrebs, Non-Hodgkin Lymphom und Multiples Myelom wurden re-analysiert, da konsistente Ergebnisse über verschiedene Studiendesigns gefunden wurden• Hodenkrebs: mRR=1,47 (1,20-1,80)• Prostatakrebs: mRR=1,30 (1,12-1,51)• Non-Hodgkin Lymphom: mRR=1,21 (1,08 -1,36)• Multiples Myelom: n. s.

7

Page 8: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Epidemiologische Studien seit 2007● Seit der IARC Evaluation sind mehr als ein Dutzend weitere

epidemiologische Studien zu Krebsrisiken publiziert worden

● Studien aus den USA, Australien, Schweden, Dänemark, Frankreich und Korea

8

Page 9: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Die australische Studie von Glass et al.

9

Studientyp Kohorte

Studienpopulation 193.216 männliche und 39.655 weibliche Feuerwehrleute aus Australien

Zeitraum <1970-2011 (Mortalität) und <1970-2010 (Inzidenz)

Outcome Mortalität (‚National Death Index‘ ab 1980)Inzidenz (‚Australian Cancer Database‘ ab 1982)

Definition FF Feuerwehrleute (Vollzeit, Teilzeit, Freiwillig)

Auswertung • Inzidenz- und Mortalitätsvergleich mit der Allgemeinbevölkerung (auch nach Beschäftigungsdauer)

• Interne Analysen (Anzahl Gebäude-/Wald und Busch-/Fahrzeugbrände)

Page 10: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Glass et al. 2016/17 – Studienergebnisse

10

Männer Frauen

Vollzeit Freiwillig Freiwillig

Krebsentität SIR (95% KI) SIR (95% KI) SMR (95% KI)

Krebs gesamt 1,08 (1,02-1,14) 0,86 (0,84-0,88) 0,97 (0,91-1,03)

Magen 0,98 (0,63-1,46) 0,69 (0,57-0,83) 0,34 (0,09-0,88)

Enddarm 1,18 (0,89-1,54) 0,90 (0,80-1,01) 1,35 (0,95-1,85)

Kolon 1,13 (0,91-1,38) 0,87 (0,80-0,95) 1,09 (0,87-1,36)

Haut (Melanom) 1,45 (1,26-1,66) 1,00 (0,93-1,06) 1,25 (1,05-1,46)

Prostata 1,23 (1,10-1,37) 1,12 (1,08-1,16) –

Hoden 1,44 (0,98-2,05) 0,92 (0,75-1,13) –

Gehirn 0,76 (0,44-1,24) 0,88 (0,73-1,06) 0,92 (0,49-1,57)

Non-Hodgkin 0,98 (0,72-1,30) 0,83 (0,73-0,94) 1,00 (0,71-1,38)

Multiples Myelom 1,14 (0,64-1,89) 0,75 (0,59-0,94) 1,27 (0,68-2,17)

Sonstige Auffälligkeiten

• BrustkrebsMänner: SIR=2,49 (0,81-5,82)

(N=5, Vollzeit)

• MesotheliomMänner: SIR=1,33 (0,66-2,37)Frauen: SIR=1,47 (0,30-4,29)

• NierenkrebsMänner: SIR=1,33 (0,66-2,37)Frauen: SIR=1,47 (0,30-4,29)

Page 11: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Glass et al. 2016/2017- Diskussion

11

Stärken• Große Kohorte mit langem Follow-up• Berufs-/Teilzeit- und Freiwillige Feuerwehrleute• Frauen und Männer

Schwächen• Großteil der Kohorte noch im Beruf• Keine individuellen Expositionsschätzungen (aber Art des Brandes:

Gebäude-, Busch- und Fahrzeugbrände)• Keine Lebensstilfaktoren

Page 12: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

US-Studie (SF, C, Ph) von Daniels et al.

12

Studientyp KohorteStudienpopulation 29.993 Berufsfeuerwehrleute aus drei großen Städten den USA

(Chicago, Philadelphia, San Francisco); N=991 (3.3%) FrauenZeitraum 1950-2009Outcome Inzidenz aus 11 Krebsregistern (ab Mitte der 1980er)

Mortalität (hauptsächlich) aus dem ‚National Death Index‘Definition FF Berufsfeuerwehrleute mind. 1 Tag (beschäftigt ab dem 1.1.1950)Auswertung • Inzidenz- und Mortalitätsvergleich mit der US Allgemeinbevölkerung

(auch nach Beschäftigungsdauer)• Interner Vergleich (nur Männer; N=19.309); Anwendung einer JEM

Page 13: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Daniels et al. 2014 – Studienergebnisse

13

Sonstige Auffälligkeiten

• MesotheliomSMR=2,00 (1,03-3,49)SIR=2,29 (1,60-3,19)

• ÖsophagusSMR=1,39 (1,31-2,00)SIR=1,62 (1,31-2,00)

• LungeSMR=1,10 (1,04-1,17)SIR=1,12 (1,04-1,21)

• NiereSMR=1,29 (1,05-1,58)SIR=1,27 (1,09-1,48)

• Lippe, Mundhöhle und PharynxSMR=1,40 (1,13-1,72)SIR=1,39 (1,19-1,62)

Krebsentität SMR (95% KI) SIR (95% KI)

Krebs gesamt 1,14 (1,10-1,18) 1,09 (1,06-1,12)

Magen 1,10 (0,91-1,33) 1,15 (0,93-1,40)

Enddarm 1,45 (1.16-1.78) 1,11 (0,95-1,30)

Kolon 1,31 (1,16-1,48) 1,21 (1,09-1,34)

Haut (Melanom) – 0.87 (0.73-1.03)

Prostata 1,09 (0,96-1,22) 1,03 (0,98-1,09)

Hoden 0,73 (0,15-2,14) 0,75 (0,42-1,24)

Gehirn 1,01 (0,79-1,27) 1,02 (0,76-1,34)

Non-Hodgkin 1,17 (0,97-1,40) 0,99 (0,85-1,15)

Multiples Myelom 0,89 (0,64-1,20) 0,72 (0,50-0,99)

Page 14: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Daniels et al. 2014 - Studienergebnisse

14

Ergebnisse für Frauen

• Krebs gesamtSMR=0,74 (0,27-1,61); N=6SIR=1,24 (0,89-1,69); N=40

• BrustSMR=1,46 (0,30-4,26); N<6SIR=1,45 (0,86-2,29); N=18

• BlaseSMR=33,51 (4,06-121,05); N<5SIR=12,53 (3,41-32.08); N<5

Page 15: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Dahm al. 2015 – Job-Exposure Matrix Versuch die Exposition über Surrogatmarker zu erfassen• Harmonisierte und standardisierte ‚Job Titles‘ aus Personalstammblättern,

Rentenkassen (tlw. elektronisch), Berücksichtigung von Zeiten ohne Exposition

• Einsätze (nur Chicago und Philadelphia): Alarm, der den Einsatz eines Geräte notwendig machte (Löschfahrzeug, Gerätewagen, Hubrettungsfahrzeug etc.) unabhängig, ob falscher Alarm oder nicht

• Einsatzzeiten (nur Chicago): Einsatzzeit des Gerätes

• 22% der Daten (meistens vor 1955) fehlen und wurden durch 5-Jahres Trends ersetzt

15

Page 16: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Dahm al. 2015 – Job-Exposure MatrixErgebnisse• Anzahl Einsätze und Einsatzzeiten sind vergleichbare Surrogte (der

Exposition)

• Beschäftigungsdauer ist schlechtes Korrelat zu Anzahl der Einsätze und Einsatzzeiten

16

Page 17: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Daniels et al. 2015 - Studienergebnisse

17

Relatives Risiko für Lungenkrebsmortalität

• Bestes Modell ist loglinear

• Breites Konfidenzintervall

• MortalitätsrisikoExpositionstage: 0.93 (0.86-1.03)Einsätze: 1.11 (0.95-1.29)Einsatzzeiten: 1.39 (1.12-1.73)

• InzidenzrisikoExpositionstage: 1.05 (0.84-1.33)Einsätze: 1.10 (0.94-1.28)Einsatzzeiten: 1.39 (1.10-1.74)

Page 18: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Daniels et al. 2015 - Studienergebnisse

18

Relatives Risiko für Leukämiesterblichkeit

• Bestes Modell ist ein Power-Modell

• Breites Konfidenzintervall

• MortalitätsrisikoExpositionstage: 1.38 (0.75-2.64)Einsätze: 1.45 (1.00-2.35)Einsatzzeiten: 1.32 (0.87-2.36)

• InzidenzrisikoExpositionstage: 0.99 (0.56-1.89)Einsätze: 1.08 (0.75-1.84)Einsatzzeiten: 0.90 (0.68-1.30)

Page 19: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Daniels et al. 2014 - Diskussion

19

Stärken• Große Studie• Langes Follow-Up• Interne Analyse mit Job-Exposure-Matrix

Schwächen• Feuerwehreinsatzkräfte aus drei Großstädten• Exposition beginnt in den 1950er; Inzidenz erst ab Mitte der 1980er• Keine individuellen Expositionsschätzungen• Keine Lebensstilfakoren

Page 20: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Eigene Meta-Analyse des IPA

20

Sonstige Auffälligkeiten

• VerdauungsorganeSIR=1,08 (1,04-1,13)

• Knochen (8 Fälle)SIR=1,35 (0,58-2,65) (N=8)

• NiereSIR=1,20 (1,01-1,40)

Krebsentität SMR (95% KI) SIR (95% KI)

Krebs gesamt 1,01 (0,99-1,04) 1,04 (1,02-1,06)

Magen 0,95 (0,83-1,07) 1,02 (0,92-1,13)

Enddarm 1,33 (1,00-1,74) 1,08 (0,96-1,21)

Kolon 1,05 (0,90-1,20) 1,11 (1,01-1,23)

Haut (Melanom) 0,68 (0,18-1,75) 1,35 (1,21-1,50)

Prostata 1,03 (0,93-1,13) 1,09 (1,05-1,13)

Hoden 1,08 (0,39-2,36) 1,25 (1,02-1,51)

Gehirn 1,00 (0,70-1,39) 0,71 (0,50-0,99)

Non-Hodgkin 1,31 (0,90-1,84) 1,11 (0,89-1,36)

Multiples Myelom 0,92 (0,66-1,25) 1,13 (0,86-1,47)

Page 21: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Eigene Meta-Analyse des IPA

21

Krebsentität Anzahl der

Studien

Obs Exp SIR (95% KI)

Krebs gesamt 9 9.860 9.437 1,04 (1,02-1,06)

Magen 8 388 376 1,02 (0,92-1,13)

Enddarm 3 290 269 1,08 (0,96-1,21)

Kolon 6 406 364 1,11 (1,01-1,23)

Haut (Melanom) 6 357 264 1,35 (1,21-1,50)

Prostata 9 2.480 2.274 1,09 (1,05-1,13)

Hoden 5 107 82 1,25 (1,02-1,51)

Gehirn 3 35 49 0,71 (0,50-0,99)

Non-Hodgkin 5 91 82 1,11 (0,89-1,36)

Multiples Myelom 2 56 50 1,13 (0,86-1,47)

Page 22: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Schlussfolgerungen• Die neuen epidemiologischen Studien seit 2007 schließen mehr als

300.000 zusätzliche Feuerwehreinsatzkräfte ein

• Erhöhte Krebsrisiken (im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung) werden weiterhin beobachtet, allerdings (weiterhin) nicht konsistent über die verschiedenen Studien hinweg

• Für einige Tumoren sind verursachende Kanzerogene bekannt• Hautkrebs – z.B. UV-Strahlung, Benzo(a)pyrene, Arsen, Kohlenteer• Malignes Melanom – UV-Strahlung• Mesotheliom, Lungenkrebs – Asbest• Non-Hodgkin Lymphom – 1,3-Butadien

für andere nicht • Prostatakrebs

22

Page 23: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Schlussfolgerungen• Die Expositionssituation einer Feuerwehreinsatzkraft ist anders als die

eines exponierten Arbeitnehmers in der Industrie

• Es ist unklar, ob die Surrogatmarker• Feuerwehreinsatzkraft• Beschäftigungsdauer• Zahl der Einsätze• Einsatzzeitendie relevanten Expositionen präzise erfassenbzw. was bestimmt wird

23

Page 24: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Beispiel für Heterogenität

24

Dänische Studie (Petersen et al. 2018) Schwedische Studie (Kullberg et al. 2018)4.243 männliche Berufsfeuerwehreinsatzkräfte 1.080 männliche Stockholmer

BerufsfeuerwehreinsatzkräfteGeboren nach 1928, beschäftigt vor dem 60. Lebensjahr und bis maximal Ende 2004Krebs Follow-Up von 1968-2014

Min. 1 Jahr beschäftigt (1981-1983)Krebs Follow-Up von 1958-2012

Magenkrebs (N=27)SIR=1,09 (0,75-1,59)

Magenkrebs (N=27)SIR=1,89 (1,25-2,75)

Prostatakrebs (N=202)SIR=1,10 (0,95-1,26)

Prostatakrebs (N=60)SIR=0,68 (0,52-0,87)

Hodenkrebs (N=47)SIR=1,30 (0,97-1,73)

Hodenkrebs (N=0)1,5 erwartete Fälle

Page 25: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Schwierigkeiten der KlassifizierungInternationale statistische Klassifikation der Krankheiten (WHO)Bösartige Neubildungen der Harnorgane (C64-C68)

→ Bösartige Neubildung der Niere, ausgenommen Nierenbecken (C64)

→ Bösartige Neubildung des Nierenbeckens (C65)

→ Bösartige Neubildung des Ureters (C66)

Meta-Analyse

• C64: 4 Studien; 57 Fälle: SIR=0,97 (0,73-1,26)

• C64+C65: 2 Studien; 111 Fälle: SIR=0,90 (0,74-1,08)

• C64+C65+C66: 2 Studien; 154 Fälle: SIR=1,20 (1,01-1,40) 25

Page 26: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Gründe für heterogene Ergebnisse Unterschiedliche Einsatzsituationen

Komplexe Expositionssituation

Länder-spezifische Unterschiede

Periodeneffekte

„Healthy-worker“ oder „Healthy worker survivor“Effekte

Verwendung unterschiedlicher Expositionsmetriken

Einbeziehung außerberuflicher Faktoren

26

Page 27: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Neuere ForschungsansätzeZukünftige Studien sollen die

individuelle Expositionssituation

mit berücksichtigen sowie

molekular-epidemiologische Ansätze

verfolgen, um die weiterhin offenen ätiologischen Fragestellungen

beantworten zu können

27

Page 28: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

ALLE Expositionspfade sind wichtig• inhalativ & dermal (während des Einsatzes)

• dermal & oral (nach dem Einsatz)

28

Page 29: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Expositionswege

29

inhalativ

oral

dermal ?

Page 30: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Humanbiomonitoring – Mittel der Wahl zur ExpositionsüberwachungNachweis von Gefahrstoffen oder deren Stoffwechselprodukten in Körperflüssigkeiten (Blut/Urin) von Beschäftigten bei...

• Hautkontakt mit Gefahrstoffen bzw. Arbeitsbedingungen, die die Hautresorption fördern

• Expositionen gegen Gefahrstoffen mit langen biologischen Halbwertszeiten

• Expositionen gegenüber KMR-Stoffen

• denen die Gefahrstoffbelastung durch körperliche Arbeit modifiziert ist (erhöhtes Atem-Minutenvolumen)

• alternativen Arbeitszeitmodellen

30

Page 31: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Substanzen bei Verbrennungsprozessen Bei der Pyrolyse entstehen viele unter-

schiedliche chemische Verbindungen, abhängig vom Material das brennt

31

anorganisch

NH3 HCl

COSN2O

HCN

CaCO3SO2

CO

organisch

festH2O

Ruß

PAK BTX

Page 32: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK)

Entstehen durch unvollständige Verbrennung

Entstehen beim Rauchen

Entstehen beim Grillen, Räuchern und Braten

Kommen auch in Konsumgütern (auf Mineralölbasis) vor

Können beim Menschen Krebs auslösen

32

Page 33: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Nachweis einer inneren PAK Exposition

Ausscheidung von Pyren im Urin:

Urin ist leicht zu gewinnen (nicht-invasiv)

Messparameter für innere PAK-Belastung

33

OH1-Hydroxypyren

Page 34: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Exposition von Feuerwehrleuten – Was ist bekannt?

• PAK wurden in Wischproben von Nacken und Gesicht bei US-Feuerwehrleuten nach einem Brandeinsatz gefunden

• Erhöhte Schadstoffkonzentration wurden auch in Aufenthaltsräumen gefunden (Ausdünstungen der Schutzkleidung)

• Mit zunehmender Einsatzzahl steigt die Belastung der Arbeitskleidung durch Schadstoffe

• Die Hautdurchlässigkeit erhöht sich durch die hitzebedingte Anpassungsreaktionen des Körpers

• Die inhalative Aufnahme erhöht sich durch die erhöhte Atemfrequenz unter körperlicher Anstrengung

34

Page 35: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Kanadische Biomonitoring-StudieKeir et al., 2017

• Vor- und Nacheinsatzurine von 16 männlichen Feuerwehreinsatzkräften in Ottawa bei 19 Brandeinsätzen

• Alle Brandeinsätze waren Gebäudebrände

• Nachbrandurine als Sammelurine über 18 Stunden

• Signifikant höhere PAK-Werte in den Nachbrandurinen

• 1-Hydroxypyren im Mittel: 0,10 → 0,27 µg/g Kreatinin

35

Page 36: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Norwegische StudieMoen und Ovrebo, 1997

• 13 Teilnehmer einer Brandschutzübung.

• Vor und nach der Übung bzw. den Übungstagen wurde 1-Hydroxypyren im Urin gemessen

• 1-Hydroxypyren im Mittel: 0,06 → 0,14 µg/g Kreatinin

• Anstieg bei Nicht-Rauchern höher

36

Page 37: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Projekt des SG FwH und des FB FHB der DGUVKrebsrisiko für Einsatzkräfte der Feuerwehr: Biomonitoring-Studie von Einsatzkräften bei Realbränden

Ziel: Wie können Feuerwehrleute im Einsatz optimal gegen den Kontakt mit Gefahrstoffen geschützt werden

Es soll geklärt werden, ob und wenn ja, wie viel der schädlichen Substanzen im Einsatz über die Haut aufgenommen werden

37

Page 38: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Biomonitoring von Einsatzkräften bei Realbränden• Biomonitoring von 250 Einsatzkräften

der Feuerwehren Berlin und Hamburg

• Bestimmung der akuten Exposition gegenüber einem Stoffwechselprodukt des PAK Pyren im Urin

• Erfassung der Kontamination der Haut durchBaumwollwäsche unter der Einsatzkleidung bei einem Teilkollektiv

• Brandeinsätze werden in sieben Standardszenarien unterteilt

• Grundlage einer möglichen Anpassung der ZED für den Feuerwehrdienst

38IPA-143 HBM Feuerwehr

Page 39: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Biomonitoring – Was wird untersucht? Innere PAK-Belastung (1-Hydroxypyren) im Urin

Cotinin (Stoffwechselprodukt von Nikotin) im Urin

Dermale PAK-Belastung durch das Tragen von Baumwollwäsche (nur bei einem Teil der Teilnehmer)

• Blutprobe (einmalig) zum Nachweis von Dioxinen (Analyse ggf. später)

39

Page 40: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Erfassung der Exposition

Innere Exposition (PAK) über 1-Hydroxypyren im Urin

Eine (unbelastete) Kontrollprobe vor dem Einsatz (auch Tage/Wochen vorher möglich)

Urinproben nach dem Einsatz

Äußere dermale Exposition über Baumwollunterwäsche

Wird unter der Schutzkleidung getragen

Auf PAK-freiheit getestet

40

Page 41: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Erfassung der Exposition - Baumwollwäsche

41

© Fotos: IPA

Page 42: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

Zusammenfassung» Feuerwehreinsatzkräfte sollen sich so schützen bzw. sich so verhalten

können, dass eine schädigende Einwirkung ausgeschlossen ist

» Hautkontakt könnte eine mögliche Quelle für eine Exposition durch krebserregende Gefahrstoffe im Einsatz sein

» Das Projekt hilft dabei mögliche Gefahren zu erkennen und die Prävention zu verbessern und zu optimieren

42

Page 43: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

KooperationspartnerIPA in Kooperation mit• Fachbereich Feuerwehren, Hilfeleistungen,

Brandschutz (FB FHB) der DGUV

• Unfallkasse Baden-Württemberg

• Unfallkasse Nordrhein-Westfalen

• Unfallkasse Berlin

• Hanseatische Feuerwehr-Unfallkasse Nord

• Feuerwehr-Unfallkasse Mitte

• Feuerwehrunfallkasse Niedersachsen

• Berufsgenossenschaft RCI

• Berufsgenossenschaft BAU

• Abteilung Sicherheit und Gesundheit (SiGe)der DGUV

43

• Feuerwehr Hamburg• Berliner Feuerwehr• Feuerwehr Bremen• Feuerwehr Bochum• Deutscher Feuerwehrverband e. V.

(DFV)• Arbeitsgemeinschaft der Leiter der

Berufsfeuerwehren (AGBF)• Berufsverband Feuerwehr e.V.• Ver.di• FeuerKrebs gUG• Institut für Arbeitsschutz der DGUV

(IFA)

Page 44: Krebsrisiko im Feuerwehrdienst · 2018-11-08 · Epidemiologische Studien Seit den 1950er Jahren epidemiologische Studien zu Krebsrisiken im Feuerwehrdienst mit teilweise unterschiedlichen

44