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Macintosh HD:Users:fredferron:Documents:coursdoc:cours SAR:doc suppl:Kreislaufwirksame Medikamente.doc 1 Kreislaufwirksame Medikamente In diesem Kapitel sollen einige primär auf die Herzfunktion und das Gefäßsystem wirkende Medikamente besprochen werden. Um den Umfang in Grenzen zu halten, ist eine Auswahl unvermeidlich. Etwas ausführlicher werden folgende Medikamentengruppen behandelt: Katecholamine, Beta-Blocker, Nitrokörper. In kurzen Stichworten werden noch einige Vasodilatatoren beschrieben. Natürlich sind Einflüsse auf Herz und Gefäße auch als Nebenwirkung vieler anderer Medikamente bekannt. Darauf wird hier nicht eingegangen. Ebenso ist die antiarrhythmische Therapie nicht Thema dieses Kapitels. Rezeptortheorie Viele Medikamente und auch körpereigene Wirkstoffe (Hormone) entfalten ihre Wirkung über sogenannte Rezeptoren (lat. receptio = Aufnahme). Rezeptoren sind Bindungsstellen für Arzneimittel in den Zellwänden (Abb.1). Es hilft, die Wirkungen vieler Medikamente besser zu verstehen, wenn man sich mit einigen Grundbegriffen der Rezeptortheorie vertraut macht. Abbildung 1: Katecholamin- Rezeptoren Pharmakodynamik und Pharmakokinetik Die Rezeptorlehre gehört zum Bereich der Pharmakodynamik. Das heißt, sie hilft die Wirkungen der Stoffe auf den Körper zu verstehen. Wie die Stoffe zu den Rezeptoren gelangen (z. B. über die Blutbahn) und von dort wieder mehr oder weniger schnell verschwinden (chemischer Abbau, Umverteilung, Ausscheidung), ist etwas anderes und heißt Pharmakokinetik. Dazu gehört zum Beispiel, in welchem Maße ein Arzneimittel nach oraler Aufnahme ins Blut aufgenommen wird, in welchen Körperräumen es sich verteilt (Blut, Fettgewebe), wie schnell es wieder vom Organismus abgebaut (z. B. in der Leber) oder ausgeschieden (Niere) wird usw. Kurz kann man es auch so ausdrücken: Pharmakokinetik ist, was der Organismus mit dem Arzneimittel macht, Pharmakodynamik ist, was das Arzneimittel mit dem Organismus macht. Dies nur zur Begriffsklärung. Die Pharmakokinetik soll hier nicht weiter vertieft werden.

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Kreislaufwirksame Medikamente

In diesem Kapitel sollen einige primär auf die Herzfunktion und das Gefäßsystem wirkende Medikamente besprochen werden. Um den Umfang in Grenzen zu halten, ist eine Auswahl unvermeidlich. Etwas ausführlicher werden folgende Medikamentengruppen behandelt: Katecholamine, Beta-Blocker, Nitrokörper. In kurzen Stichworten werden noch einige Vasodilatatoren beschrieben. Natürlich sind Einflüsse auf Herz und Gefäße auch als Nebenwirkung vieler anderer Medikamente bekannt. Darauf wird hier nicht eingegangen. Ebenso ist die antiarrhythmische Therapie nicht Thema dieses Kapitels.

Rezeptortheorie

Viele Medikamente und auch körpereigene Wirkstoffe (Hormone) entfalten ihre Wirkung über sogenannte Rezeptoren (lat. receptio = Aufnahme). Rezeptoren sind Bindungsstellen für Arzneimittel in den Zellwänden (Abb.1). Es hilft, die Wirkungen vieler Medikamente besser zu verstehen, wenn man sich mit einigen Grundbegriffen der Rezeptortheorie vertraut macht.

Abbildung 1: Katecholamin-Rezeptoren

Pharmakodynamik und Pharmakokinetik

Die Rezeptorlehre gehört zum Bereich der Pharmakodynamik. Das heißt, sie hilft die Wirkungen der Stoffe auf den Körper zu verstehen. Wie die Stoffe zu den Rezeptoren gelangen (z. B. über die Blutbahn) und von dort wieder mehr oder weniger schnell verschwinden (chemischer Abbau, Umverteilung, Ausscheidung), ist etwas anderes und heißt Pharmakokinetik. Dazu gehört zum Beispiel, in welchem Maße ein Arzneimittel nach oraler Aufnahme ins Blut aufgenommen wird, in welchen Körperräumen es sich verteilt (Blut, Fettgewebe), wie schnell es wieder vom Organismus abgebaut (z. B. in der Leber) oder ausgeschieden (Niere) wird usw.

Kurz kann man es auch so ausdrücken:

Pharmakokinetik ist, was der Organismus mit dem Arzneimittel macht, Pharmakodynamik ist, was das Arzneimittel mit dem Organismus macht.

Dies nur zur Begriffsklärung. Die Pharmakokinetik soll hier nicht weiter vertieft werden.

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Zurück zu den Rezeptoren: Die jeweiligen Arznei-Substanzen passen genau zu ihren jeweiligen Rezeptoren "wie ein Schlüssel in ein Schloß". Die Abb.1 zeigt einige Beispiele.

Intrinsic activity

Die Rezeptorbesetzung ist Voraussetzung für die Auslösung der pharmakologischen Wirkung. Die Art einer Wirkung und ihre Stärke heißt Intrinsische Aktivität (engl. intrinsic activity). Bei den Katecholaminen (näheres später) ist für Substanzen mit intrinsic activity die Ausdrucksweise Mimetika gebräuchlich. Beispiel: "Adrenalin ist ein Beta-1-Mimetikum" (Abb.1 und 2).

Es gibt auch Stoffe, die zwar den Rezeptor besetzen, aber keine intrinsic activity haben. Sie haben aber trotzdem eine Arzneiwirkung, indem sie Substanzen mit intrinsic activity an einer Rezeptorbesetzung hindern oder vom Rezeptor verdrängen. Für die Katecholaminrezeptoren nennt man solche Substanzen Blocker. Beispiel: Der Beta-Blocker Metoprolol kann das Adrenalin vom Beta-1-Rezeptor verdrängen (Abb.1, 2, 3).

Abbildung 2: Intrinsische Aktivität

Anmerkung: In der Schmerztherapie sind für analoge Vorgänge andere Ausdrucksweisen gebräuchlich. Stoffe mit intrinsic activity werden dort Agonisten genannt, Stoffe ohne intrinsic activity Antagonisten.

Konkurrenz am Rezeptor

Verschiedene Stoffe, egal ob mit oder ohne intrinsic activity, die denselben Rezeptor besetzen können, konkurrieren entsprechend ihrer Bindungskraft (Affinität) an den Rezeptor und ihrer Konzentration (Dosierung). In der Abb.3 ist das als Beispiel dargestellt. Praktisch ergibt sich daraus zweierlei:

1. Es ist unsinnig, zwei Substanzen, die am selben Rezeptor entgegengesetzt wirken, gleichzeitig zuzuführen: Die Wirkungen heben sich auf.

2. Eine unerwünscht starke Wirkung der einen Substanz kann durch eine ausreichend hohe Dosis der anderen aufgehoben werden.

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Abbildung 3: Konkurrenz am Rezeptor: Eine Erhöhung der Katecholamin-Konzentration kann den ß-Blocker vom Rezeptor verdrängen.

Katecholamine

Der Ausdruck Katecholamine bezeichnet eine ganze Gruppe von Substanzen. Einige sind körpereigene Hormone (Wirkstoffe, die in die Blutbahn ausgeschüttet werden; Beispiel: Adrenalin) oder sogenannte Neurotransmitter (Stoffe, welche die Reizübertragung an Nervenendigungen bewirken; Beispiele: Noradrenalin, Dopamin). Daneben gibt es eine ganze Reihe von chemisch verwandten Arzneimitteln.

Rezeptoren werden im allgemeinen mit griechischen Buchstaben bezeichnet. Um die verschiedenen Wirkungen der Katecholamine übersehen zu können, betrachtet man am besten die Abb.4. In der Mitte sind die wichtigsten Katecholamin-Rezeptoren zu finden: Alpha, Beta-1 (ß-1) und Beta-2 (ß-2). Rechts davon die Wirkungen (intrinsic activity) auf das Herz sowie auf die glatte Muskulatur. Etwas genauer handelt es sich hier bei den Alpha-Rezeptoren um Alpha-1-Rezeptoren.

Im Zentralen Nervensystem gibt es auch Alpha-2-Rezeptoren. Sie unterdrücken die Freisetzung von körpereigenem Noradrenalin aus Nervenendigungen. Medikamente, welche Alpha-2-Rezeptoren besetzen, wirken blutdrucksenkend, herzfrequenzsenkend, und beruhigend. Beispiele: Urapidil (EbrantilTM), Clonidin.

"Glatte Muskulatur" findet sich in den Wänden der Blutgefäße und Bronchien, in der Darmwand, und im Uterus. Die Bezeichnung kommt vom Aussehen unter dem Mikroskop. Im Gegensatz dazu wird die Muskulatur, die das Körperskelett bewegt und die wir in der Umgangssprache mit Muskulatur bezeichnen, "quergestreifte Muskulatur" genannt. Die Herzmuskulatur hat eine besondere Struktur.

Links finden wir in Abb.4 einige Vertreter der Stoffklasse der Katecholamine. Drei klassische Substanzen sind Noradrenalin, Adrenalin, und Orciprenalin. Diese Stoffe wirken jeweils am stärksten auf die rechts davon stehenden Rezeptoren, etwas schwächer - oder in höherer Dosierung - auch auf die "Nachbar-Rezeptoren". Es gibt noch weitere Wirkungen, die durch Katecholaminrezeptoren vermittelt werden, zum Beispiel auf den Stoffwechsel. Sie sollen hier nicht besprochen werden.

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Abbildung 4: Katecholamine, Rezeptoren, Wirkungen

Besehen wir nun die wichtigsten Substanzen im einzelnen:

Noradrenalin = Norepinephrin (ArterenolTM): Hauptwirkung ist die Kontraktion der Gefäßmuskeln und dadurch Anhebung des Blutdrucks. Gleichzeitig wird das Herz inotrop stimuliert. Letzteres ist in den meisten Fällen ein günstiger Nebeneffekt, da durch den erhöhten Blutdruck (afterload, peripherer Widerstand) die Herzarbeit steigt. Anwendung: Blutdruck zu niedrig bei normalem oder leicht erniedrigtem HZV.

Adrenalin = Epinephrin (SuprareninTM): Hauptwirkung ist die inotrope Stimulation des Herzens, das heißt Zunahme des Schlagvolumens bzw. des HZV. Im allgemeinen steigt dadurch (!) auch der Blutdruck. Eine weitere Wirkung, wenn auch weniger ausgeprägt, ist die Zunahme der Herzfrequenz. In höherer Dosierung erregt Adrenalin auch die Alpha-Rezeptoren und führt durch Vasokonstriktion zu weiterem Blutdruckanstieg. Unter bestimmten Bedingungen kann selten auch eine Vasodilatation mit Blutdruckabfall durch Erregung der Beta-2-Rezeptoren eintreten. Anwendung: HZV zu niedrig bei niedrigem oder normalem Blutdruck. Adrenalin ist das am stärksten positiv inotrop wirksame Katecholamin.

Katecholamine bei der Reanimation: Die Anwendung von Adrenalin in der kardiopulmonalen Reanimation während Thoraxdruckmassage (engl. cardio pulmonary resuscitation = CPR) fußt auf seiner in hoher Dosierung ausgeprägten vasokonstriktorischen Wirkung und der Verteilung der Rezeptoren in verschiedenen Körpergebieten. Es soll dadurch die Blutverteilung hin zu den überlebenswichtigen Organen (Herz, Gehirn) günstig

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beeinflußt werden.

Die vasokonstriktorische Substanz Arginin-Vasopressin, ein im Hypophysenhinterlappen gebildetes Hormon, wird gleichberechtigt, alternativ zu Adrenalin, zur Anwendung während CPR empfohlen. Arginin-Vasopressin ist identisch mit dem Antidiuretischem Hormon (ADH).

Orciprenalin (AlupentTM): Dieses Medikament ist heute nur noch wegen seiner positiv chronotropen Wirkung (Beschleunigung der Herzfrequenz und Verbesserung der AV-Überleitung) gebräuchlich. Anwendung: Bei extremer Bradykardie und/oder AV-Block II° oder III°. Orciprenalin kann zum Beispiel helfen, die Zeit bis zur Anlage eines vorläufigen Schrittmachers zu überbrücken.

Dopamin (Dopamin): Dopamin hat, je nach Dosierung, verschiedene Wirkungen. In niedriger Dosis (2 - – 3 µg x kg/min = ca. 8 - – 12 mg/h beim Erwachsenen) erweitert es die Arterien einiger innerer Organgebiete (Darm, Nieren). Daher seine weitverbreitete Anwendung zur Steigerung der Diurese über eine Erhöhung des Nierenblutflusses. In diesem Dosisbereich sind keine praktisch bedeutsamen Herz-/Kreislaufwirkungen zu erwarten. In mittlerer Dosis (etwa das Doppelte der oben angegebenen "Nierendosis") ist Dopamin ein positiv inotropes Medikament mit vasokonstriktorischer Begleitwirkung. Es wirkt also ähnlich wie Adrenalin, hat allerdings eine geringere intrinsische Aktivität. Anwendung: Zur Steigerung von HZV und Blutdruck bei normaler oder niedriger Ausgangs-Herzfrequenz in unkomplizierten Fällen. In noch höherer Dosierung tritt, wieder ähnlich wie bei Adrenalin, die Gefäßverengung in den Vordergrund. Je höher die Dosierung, desto häufiger tritt eine - – im allgemeinen unerwünschte - – Herzfrequenzsteigerung auf. Wenn man mit Dopamin in mittlerer Dosierung keinen ausreichenden Effekt erzielt, ist es im allgemeinen günstig, auf Adrenalin "umzusteigen".

Dobutamin (DobutrexTM): Diese Substanz ist vom Wirkungsspektrum her zwischen Adrenalin und Orciprenalin einzuordnen. Sie wirkt über die Beta-1-Rezeptoren positiv inotrop und über die Beta-2-Rezeptoren vasodilatatorisch. So gesehen ist sie ein ideales Medikament zur Behandlung der Herzinsuffizienz: Steigerung der Inotropie und Senkung des afterload. Relativ häufig tritt dabei eine Tachykardie auf.

Dopexamin (DopacardTM) hat ein ähnliches Wirkungsspektrum wie Dopamin und Dobutamin. Es steigert Herzindex und Sauerstoffangebot sowie die Durchblutung von Darm und Leber. Es wird vorwiegend mit dem Ziel der besseren Sauerstoffversorgung der Bauchorgane eingesetzt, obwohl die Überlegenheit gegenüber Dopamin und Dobutamin keineswegs bewiesen ist.

Phenylephrin (NeosynephrineTM): Phenylephrin ist ein Vasokonstriktor (Alpha-Mimetikum), praktisch ohne direkte Wirkung auf die Beta-Rezeptoren, also auf das Herz selbst. In der Abb.4 ist es deshalb noch über dem Noradrenalin eingeordnet. Anwendung: Zur Blutdruckanhebung bei normalem oder erhöhtem HZV. Durch entsprechendes Monitoring sollte allerdings gewährleistet sein, daß das Herz mit der reinen Nachlasterhöhung (also vermehrte Herzarbeit ohne inotrope Stimulation) auch "fertig wird". Ist das nicht der Fall, ist dem Noradrenalin der Vorzug zu geben oder zusätzlich ein positiv inotropes Medikament zu verabreichen. Die Herzfrequenz fällt im allgemeinen reflektorisch etwas ab.

Ein spezielles Anwendungsgebiet ist eine notwendige Blutdruckanhebung bei Patienten mit hypertropher obstruktiver Kardiomyopathie (HOCM). Bei dieser Krankheit muß eine inotrope Stimulation des Herzens unbedingt vermieden werden.

Ein paar Bemerkungen zum differenzierten Einsatz derKatecholamine

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Oft wird in der Beurteilung eines Therapiekonzepts eine Steigerung des HZV ohne weiteres als positiver Effekt angesehen. Für Patienten mit vorher zu niedrigem HZV oder bei erhöhtem Sauerstoffbedarf des Organismus (SIRS, Sepsis) ist das auch gerechtfertigt.

In der Behandlung des koronarkranken Patienten (und es gibt viel mehr Patienten mit KHK als mit Sepsis) kann eine unkritische Steigerung des HZV das Gleichgewicht zwischen Sauerstoffangebot und -bedarf des Herzens selbst verschlechtern und unter Umständen zur Myokardischämie führen. Man darf nicht vergessen, daß mit jeder Steigerung der Herzarbeit auch der Sauerstoffbedarf des Herzens steigt. Deshalb sollte man in der Behandlung des Koronarkranken unnötige Steigerungen des HZV vermeiden. Das gilt natürlich auch für "nicht ausdrücklich Koronarkranke". Wenn keine Hinweise auf ein zu niedriges HZV vorliegen (warme und rosige Peripherie, Diurese ausreichend, gemischt-venöse Sauerstoffsättigung über 60 %), braucht es auch nicht gesteigert zu werden.

Ist trotz schlechter Sauerstoffversorgung des Herzens eine Anhebung der Pumpleistung unbedingt erforderlich, zum Beispiel beim low-cardiac-output-Syndrom, sollte versucht werden, dieses Ziel soweit als möglich über afterload-Senkung und optimale Vorlasteinstellung zu erreichen. Grenze für dieses Vorgehen ist ein ausreichender Perfusionsdruck für die Organe einschließlich des Herzens selbst. Ein MAP von 60 mmHg sollte möglichst nicht unterschritten werden.

Eine Tachykardie immer ungünstig für die Sauerstoffversorgung des Myokards.

Sinnvolle Kombinationen für die Praxis: Adrenalin und Noradrenalin haben eine deutlich stärkere Wirkung (intrinsic activity) als Dobutamin und Dopamin. Es ist deshalb im allgemeinen nicht günstig, eines der "starken" Katecholamine mit einem "schwachen" zu kombinieren. Dobutamin kann gut mit Dopamin kombiniert gegeben werden. Je nach Blutdruck wird man das Dosisverhältnis wählen und dabei die positiv inotropen Wirkungen beider Substanzen nutzen: Bei eher niedrigem Blutdruck wird Dopamin höher dosiert, bei eher hohem Blutdruck wird Dobutamin höher dosiert. Reicht die Wirkung nicht aus, kann statt dessen die Kombination Adrenalin/Noradrenalin gegeben werden. Phenylephrin dient - – mit oder ohne gleichzeitige Inotropie-steigernde Medikation - – zur Einregulierung des Blutdrucks auf den gewünschten Wert. Da es eine relativ geringe intrinsic activity hat, kann bei nicht ausreichender Wirkung auf Noradrenalin "umgestiegen" werden.

Wenn gleichzeitig die Vorlast oder Nachlast gesenkt werden soll, kann jedes positiv inotrope Medikament mit einem Vasodilatator, zum Beispiel Nitroglyzerin, - kombiniert werden.

Als Ausnahme von diesen Empfehlungen wird bei Patienten mit SIRS oder Sepsis Noradrenalin zur Blutdruckstabilisierung in Kombination mit Dobutamin zur HZV-Steigerung empfohlen. Nicht selten muß man aber auch bei diesen Patienten von Dobutamin auf Adrenalin "umsteigen".

Wirkungen von Katecholaminen an anderen Organen

Über die ß-2-Rezeptoren vermindern Katecholamine den Tonus der glatten Muskulatur des Bronchialsystems und des Uterus. ß-2-Mimetika sind deshalb wirksame Medikamente gegen Bronchospastik (Broncholytika). Beispiel: Fenoterol = BerotecTM. Auf demselben Wirkmechanismus beruht die Anwendung als wehenhemmende Mittel (Tokolytika) in der Geburtshilfe. Beispiel: Fenoterol = PartusistenTM.

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Phospho-Diesterase-Hemmer (PDEH)

Diese Substanzgruppe greift nicht am Katecholaminrezeptor selbst an, sondern im Stoffwechsel einer Überträgersubstanz "hinter dem Rezeptor" (Abb.5). Gebräuchliche Vertreter sind Amrinon (WincoramTM), Milrinon (CorotropTM) und Enoximon (PerfanTM). Die Wirkungen auf Herzkraft und Gefäße entsprechen etwa dem Dobutamin (Inotropie-Steigerung und Vasodilatation). Die Steigerung der Herzfrequenz ist im allgemeinen weniger ausgeprägt als bei Katecholaminen. Eine weitere wichtige Wirkung ist die Minderung einer Relaxationsstörung des Myokards.

Wenn Rezeptoren längere Zeit mit hohen Dosen ihres jeweiligen Mimetikums stimuliert werden, kann ihre Empfindlichkeit nachlassen. Zur Auslösung derselben Wirkung sind dann immer höhere Dosen erforderlich. Dieses Phänomen wird down-Regulation genannt; (engl. down = hinunter). Die Stimulation kann sowohl durch körpereigene Hormone als auch durch Medikamente erfolgt sein. Die PDE-Hemmer "umgehen" den Rezeptor und können in solchen Fällen hilfreich sein. Anwendung: Situationen kritischer Verminderung der Herzpumpkraft und/oder beeinträchtigter diastolischer Ventrikelfüllung durch gestörte Relaxation. Beispiele: Separation von der Herz-Lungen-Maschine während Herzoperationen, kardiogener Schock, low-cardiac-output-Syndrom.

Biochemie der PDEH-Wirkung: Das Katecholamin erregt den Rezeptor (ß-1 und/oder ß-2). Dadurch wird in der Zelle das Enzym Adenyl-Zyklase aktiviert (Abb.5). (Enzyme sind Stoffe, die bestimmte chemische Reaktionen fördern oder ermöglichen.) Dieses Enzym fördert die Umwandlung von Adenosin-Tri-Phosphat (= ATP) in Zyklisches Adenosin-Mono-Phosphat (= cAMP). Dieses cAMP ist ein "intrazellulärer Botenstoff" (sozusagen ein Hormon in der Zelle), der die eigentliche Wirkung (zum Beispiel Steigerung der Inotropie) bewirkt. Man bezeichnet die Substanz, die den Rezeptor stimuliert (hier Katecholamin) auch als "ersten Botenstoff" (engl. first messenger), das cAMP entsprechend als "zweiten Botenstoff" (second messenger). cAMP wird durch ein anderes Enzym, die Phospho-Diesterase III, zu Adenosin-Mono-Phosphat (= AMP) abgebaut. Dieses Enzym wird durch Phospho-Diesterase-Hemmer blockiert, und somit wird die Konzentration von cAMP in der Zelle erhöht.

Abbildung 5: Phospho-Diesterase-Hemmer

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Beta-Blocker

Wie man sich aus dem bisher gelesenen bereits herleiten kann, sind ß-Blocker Substanzen, die ß-Rezeptoren besetzen, ohne selbst intrinsic activity zu entfalten. Die Effekte von körpereigenen oder als Medikament zugeführten Katecholaminen werden dadurch abgeschwächt oder aufgehoben. Für die Anwendung ist es günstig, zwischen "unspezifischen" und "kardioselektiven" ß-Blockern zu unterscheiden.

Unspezifische ß-Blocker

Diese blockieren sowohl ß-1- als auch ß-2-Rezeptoren. Sie bewirken am Herzen also eine Abschwächung der Myokard-Kontraktilität und Frequenz (Abb.6). Durch die Blockierung der ß-2-Rezeptoren wird die Erschlaffung glatter Muskeln abgeschwächt. Dieser Effekt ist vor allem an den Bronchien von praktischer Bedeutung: Unspezifische Beta-Blocker können bei gefährdeten Personen eine Bronchospastik auslösen und dürfen deshalb bei Patienten mit Asthma bronchiale nicht gegeben werden. Wegen der entsprechenden Wirkung an der glatten Muskulatur der Arterien sollen sie auch bei schwerer arterieller Verschlußkrankheit möglichst nicht angewandt werden.

Beispiele: Propanolol (DocitonTM), Pindolol (Visken TM).

Abbildung 6: unspezifische Beta-Blocker

Kardioselektive ß-Blocker

Sie blockieren im Idealfall nur die ß-1-Rezeptoren, sind also nur (selektiv) am Herzen wirksam. Eine eventuelle geringe Restwirkung am ß-2-Rezeptor ist im allgemeinen unbedeutend (Abb.7).

Beispiele: Metoprolol (BelocTM), Esmolol (Brevibloc TM), Bisoprolol (ConcorTM).

Esmolol hat nur eine sehr kurze Wirkzeit. Dies ist von Vorteil in "unübersichtlichen" Situationen. Auch ein unerwünscht starker Effekt klingt rasch wieder ab. Bei "vorsichtiger" Dosierung (5 bis 10 mg als Einzeldosis) sollte dies aber kaum vorkommen. Ist eine anhaltende Wirkung erwünscht, muß die Gabe häufig wiederholt oder eine Dauerinfusion zugeführt werden.

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Abbildung 7: kardioselektive Beta-Blocker

Klinische Wirkungen

Beta-Blocker senken Herzfrequenz, AV-Überleitung und Kontraktilität (Inotropie). Der Blutdruck sinkt dadurch ab. Über die Senkung von Blutdruck (afterload), Frequenz, und Inotropie wird der Sauerstoffverbrauch des Herzens gesenkt und die Sauerstoffversorgung begünstigt.Kurz: Das myokardiale Sauerstoffgleichgewicht wird verbessert.

Anwendung

Myokardischämie: Beta-Blocker sind ausgezeichnete Medikamente zur Stabilisierung des Sauerstoffgleichgewichts des Myokards. Dies gilt sowohl für die Behandlung des akuten Koronarsyndroms, wie auch für die Langzeitbehandlung der Koronaren Herzkrankheit;

Bluthochdrucktherapie;

Langzeittherapie der Herzinsuffizienz;

Symptomatische Behandlung einer unerwünschten Tachykardie.

Perioperative Myokardprotektion: Komplikationen durch eine vorbestehende Koronare Herzkrankheit gehören zu den wesentlichen perioperativen Risiken. Zur Vorbeugung wird empfohlen, eine ß-Blocker-Dauertherapie auf jeden Fall über die perioperative Phase weiterzuführen. Nicht vorbehandelte Patienten mit KHK oder Risikofaktoren für eine solche sollen am OP-Tag und in den Tagen danach eine ß-Blocker-Medikation erhalten.

Nebenwirkungen und Gefahren

Bronchospastik: siehe oben.

Akutes Pumpversagen: Das Herz muß eine Abnahme der Inotropie vertragen können. Liegt eine kritische Verminderung der Pumpkraft vor (zum Beispiel beginnendes Lungenödem), wird sich diese unter Umständen (!) weiter verschlechtern. Im Einzelfall ist der Effekt auf die Pumpleistung nicht vorhersehbar. Die Reduktion einer deutlich erhöhten Herzfrequenz kann Koronardurchblutung und Ventrikelfüllung, und darüber das Herzminutenvolumen bessern. Natürlich ist es unsinnig, ß-Blocker in Kombination mit

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Katecholaminen zu geben.

In der Therapie der chronischen Herzinsuffizienz sind Betablocker fester Bestandteil des Therapiekonzepts. Auf die zugrundeliegenden Wirkmechanismen wird hier nicht eingegangen.

Bradykarde Rhythmusstörungen oder AV-Blockierungen können verstärkt werden. Das geht aus dem Wirkungsmechanismus hervor.

Wegen der negativ inotropen und negativ chronotropen (frequenzsenkenden) Wirkungen sollen ß-Blocker nur nach strenger Abwägung in Kombination mit anderen frequenzsenkenden oder negativ inotropen Medikamenten (Diltiazem, Verapamil, Amiodaron) gegeben werden.

Vasodilatatoren

Nitro-Substanzen

Es gibt einen sehr kurzlebigen körpereigenen Stoff, der die glatte Muskulatur in den Wänden der Blutgefäße erschlafft und dabei gleichzeitig selbst abgebaut wird. Dieser Stoff heißt Stickstoff-Monoxid (NO). Man geht heute davon aus, daß die sogenannten Nitro-Medikamente (Nitroglyzerin, Natrium-Nitroprussid, Molsidomin) ihre Wirkungen über die Freisetzung von NO entfalten. Man nennt sie deshalb auch NO-Donatoren (lat. donare: geben).

Nitroglyzerin = Glycerol-Trinitrat (NitrolingualTM)

Wirkungen: Nitroglyzerin ist ein kombinierter Vor- und Nachlastsenker. Es wirkt, wie alle Nitro-Medikamente, direkt erschlaffend auf die glatte Gefäßmuskulatur.

Anwendung: In niedriger Dosierung (2 bis 5 mg/h) zur Vorlastsenkung bei linksventrikulärer Insuffizienz (PCWP hoch) oder pulmonaler Hypertonie (mPAP hoch). In höherer Dosierung (ungefähr 8 bis 12 mg/h) wird auch der "systemische Blutdruck" (MAP) gesenkt. In der häufig vorkommenden Situation von hohem Blutdruck und dadurch ausgelöster linksventrikulärer Pumpschwäche ist die Kombination dieser Effekte sinnvoll. Nitroglyzerin wird in der Intensivmedizin im allgemeinen als Dauerinfusion verabreicht. In Akutsituationen ist es auch als Mundspray oder Beißkapsel gut wirksam.

Wirkungen auf die Koronararterien: Nitroglyzerin wird häufig, und erfolgreich, zur Behandlung von Myokardischämien angewendet. Zum Teil wird für den Effekt die direkte Erweiterung der Koronararterien angeführt. Dieser Wirkmechanismus ist aber umstritten: Ein Sauerstoffmangel des Herzmuskels führt bereits als solcher zu einer maximalen Weitstellung der versorgenden Koronararterien. Durch Medikamente ist im allgemeinen kein zusätzlicher Effekt zu erwarten. Zudem sind gerade bei Patienten mit Koronarer Herzkrankheit die Koronararterien häufig verkalkt und können sich deshalb nur wenig oder gar nicht mehr erweitern. Die Wirkung von Nitroglyzerin ist besser durch die Verminderung des myokardialen Sauerstoffverbrauchs (Vor- und Nachlastsenkung) zu erklären. Bei manchen Patienten sollen allerdings auch Myokardischämien durch krampfartiges Zusammenziehen von Koronararterien ("Koronarspasmen") ausgelöst werden. In solchen Fällen wäre durchaus ein positiver direkter Effekt auf die Koronararterien zu erwarten.

Beispiele für die hämodynamischen Effekte von Nitroglyzerin und einigen anderen Therapie-Maßnahmen

Im folgenden ist an einem Beispiel gezeigt, wie durch sinnvollen Einsatz von

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Vasodilatatoren, Volumentherapie, und Katecholaminen eine Verbesserung der Pumpleistung erreicht werden kann (Abb.8). Der Punkt A auf der unteren Herz-Funktions-Kurve entspricht einer Insuffizienz des linken Ventrikels: Der PCWP ist hoch und das Schlagvolumen trotzdem niedrig. Klinisch bestehen ein Blutrückstau in die Lungengefäße (interstitielles Ödem) und Zeichen des verminderten HZV. Eine weitere Volumengabe würde die Situation verschlimmern (Kurve fällt nach rechts ab).

Abbildung 8: Therapiemaßnahmen und Pumpfunktion

Wird nun nur die Vorlast gesenkt durch Verminderung des Blutvolumens (Diuretika oder Aderlaß), wandert der Kurvenpunkt von A nach B. Die Lungenstauung geht zurück, der myokardiale Sauerstoffbedarf fällt. Das Schlagvolumen wird aber ebenfalls sinken. Durch Nitroglyzerin wird, vermutlich aufgrund der kombinierten Effekte auf Vorlast und Nachlast, die Kurve in einen günstigeren Bereich angehoben: A nach C. Der PCWP fällt, das Schlagvolumen ist etwa gleich geblieben. Durch eine vorsichtige zusätzliche Volumengabe kann es jetzt sogar gebessert werden: C nach D. (Vasodilatation bedeutet auch, daß "mehr Platz" im Gefäßsystem ist, der zur Nutzung des FRANK-STARLING-Gesetzes ausgefüllt werden muß.)

Eine medikamentöse Inotropie-Steigerung, zum Beispiel durch Dobutamin, kann die Funktionskurve weiter anheben: D nach E.

Nitroprussid-Natrium = NPN (NiprussTM )

Wirkung: Dilatator der Gefäßmuskulatur, vorwiegend am arteriellen System. Nachlastsenker.

Eigenschaften: Sehr starke, aber auch sehr kurze Wirkung. Daher sehr gut "steuerbar". Aus der starken Wirkung ergeben sich folgende Forderungen für die Anwendung:

"eigener" (möglichst zentraler) Venenzugang,

"blutige Druckmessung".

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Anwendung:

"Kontrollierte Blutdrucksenkung" in manchen operativen Bereichen.

Afterload-Senkung bei linksventrikulärer Insuffizienz, dekompensierter Mitralinsuffizienz, Herzchirurgie.

Symptomatische Behandlung einer extremen arteriellen Hypertension.

Gefahren:

"Unkontrollierte" Blutdrucksenkung; durch entsprechende Vorsichtsmaßnahmen (siehe oben) vermeidbar.

Zyanid-Vergiftung: Zyanid-Ionen werden bei längerer Anwendung von NPN freigesetzt. Als Antidot (Gegengift) muß deshalb bei längerer Anwendung gleichzeitig Na-Thiosulfat zugeführt werden. (Dosierungsanleitung steht auf dem Beipackzettel von NPN.)

Unerwünschte Nebenwirkungen von NO-Donatoren

Die Weitstellung der Lungengefäße kann zu einer Störung der Blutverteilung in der Lunge mit Zunahme des intrapulmonalen Rechts-Links-Shunts führen. Die Anpassung der regionalen Lungendurchblutung an die regionale Belüftung ist gestört. Der arterielle PO2 sinkt.

Als Kompensation des Organismus auf die (erwünschte) Blutdruckabsenkung kann eine Tachykardie auftreten. Diese ist besonders für Koronarpatienten ungünstig. Gegebenenfalls muß sie durch eine entsprechende Begleitmedikation gebremst werden (ß-Blocker).

NO-Inhalation bei ARDS: NO kann auch als Gas inhaliert werden. Häufig ist bei sehr schweren Störungen der Lungenfunktion (zum Beispiel ARDS) der Gefäßwiderstand in der Lungenstrombahn erhöht und/oder die Sauerstoffaufnahme grenzwertig. Der hohe PAP führt zu einer Überlastung des rechten Ventrikels (hohes afterload). Ursache für die Widerstandserhöhung ist - neben evtl. vorhandenen Zerstörungen der Lungenstruktur - die sogenannte pulmonale hypoxische Vasokonstriktion (EULER–-LILLJESTRAND-Mechanismus). Der Organismus versucht, das Blut aus der Pulmonalarterie bevorzugt in die am besten belüfteten Lungenabschnitte zu leiten: Das Verhältnis von Belüftung und Durchblutung soll möglichst optimal sein. Durch intravenöse Zufuhr von Nitroglyzerin kann der Pulmonalarterien-Druck gesenkt werden. Leider wird dabei auch die genannte Blutverteilung gestört. Der "geshuntete", das heißt nicht am Gasaustausch teilnehmende, Blutanteil nimmt zu und der arterielle PO2 fällt. Wird NO als Vasodilatator mit den Beatmungsgasen inhaliert, erreicht es bevorzugt die besser belüfteten Lungenanteile und stellt nur dort die Gefäße weit: Der mPAP fällt und das Belüftungs-/Durchblutungs-Verhältnis wird nicht verschlechtert, sondern meistens gebessert.

Ähnlich wirken inhalierte Prostaglandine.

Urapidil (EbrantilTM)

Diese Substanz wirkt durch Blockade von Alpha-Rezeptoren blutdrucksenkend. Daneben werden die Venen erweitert, was eine zusätzliche Vorlastsenkung bewirkt. Eine kompensatorische Tachykardie tritt nicht auf. Sie wird durch zusätzliche Wirkungen des

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Medikaments im Zentralnervensystem (Besetzung von Alpha-2-Rezeptoren) verhindert.

Kalzium-Antagonisten

Diese Stoffe wirken über die Beeinflussung von Vorgängen an den Zellmembranen. Es gibt Medikamente mit zum Teil sehr verschiedenen klinischen Wirkungen. Hier sollen nur zwei häufig angewendete Vertreter erwähnt werden.

Nifedipin (AdalatTM)

Wirkungen: Blutdrucksenkung durch Vasodilatation, Senkung eines erhöhten Pulmonalarteriendrucks. Keine Wirkung auf die Herzfrequenz. Anwendung: Hoher systemischer Blutdruck. Nebenwirkungen und Gefahren: Die Infusionslösung enthält eine erhebliche Menge Äthylalkohol. Darüberhinaus erfordert selbst eine "mittlere" Dosierung eine relativ hohe Zufuhr an Lösung (5 bis 15 ml/h). Bei längerer Anwendung muß das bedacht werden.

Diltiazem (DilzemTM)

Wirkungen: Senkung von MAP und Herzfrequenz. Koronararterien-Dilatation. Anwendung: Hoher systemischer Blutdruck, besonders bei gleichzeitiger Tachykardie. Behandlung oder Vorbeugung von Spasmen der Koronararterien, besonders im Zusammenhang mit invasiven Maßnahmen (Koronarangiographie, interventionelle Kardiologie) und postoperativ nach Koronaroperationen.

Nebenwirkungen und Gefahren: Unerwünscht starke Absenkung der Herzfrequenz (Bradykardie), AV-Überleitungsstörungen, Verminderung des Schlagvolumens durch negativ inotrope Wirkung. Insgesamt verhält sich Diltiazem - – trotz des chemisch anderen Wirkmechanismus - – klinisch ähnlich wie ein kardioselektiver ß-Blocker. Diltiazem soll deshalb auch nicht mit ß-Blockern kombiniert gegeben werden.

Ebenfalls frequenzsenkend und negativ inotrop wirkt Verapamil (IsoptinTM), das meist bei supraventrikulären tachykarden Rhythmusstörungen angewendet wird.

Abbildung 9: Übersicht

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Fragen zur Selbstkontrolle

Welche Vorteile haben "kardioselektive" Beta-Blocker gegenüber "unspezifischen"?

Mit welchem Medikament könnte man diese Situation behandeln: RR 140/90, HF 65/Min., Herzindex 1,8?

Was ist ein "Rezeptor"?

Ist die Besetzung eines Rezeptors durch ein Medikament ausreichend für die Wirkungsauslösung? Begründung?

Wenn es von einem Medikament heißt, es ist ein "Beta-2-Mimetikum". Was bedeutet das?

Wie könnte man eine Überdosierung mit einem ß-Blocker und dadurch ausgelöstem totalem AV-Block mit Kammerersatzrhythmus behandeln?

Situation: RR 90/45, HF 90/Min., Herzindex 2,0. Welches Medikament könnte man hier geben?

Wie Vorfrage. Was spricht gegen Phenylephrin (NeosynephrineTM)?

Kombination von Diltiazem und ß-Blocker?

Damit es nicht zu einseitig wird: Patient mit frischer Oberschenkelfraktur. RR 95/45, HF 140/Min.; Maßnahmen?

Ein Patient auf der Intensivstation mit Mehrfach-Organversagen (Hämofiltration, beatmet, FiO2 0,6, Temp. 38,5°C) erhält Dopamin 8 mg/h. Die HZV-Messung ergibt einen Herzindex von 2,4 l/min/m2. So lassen? Weitere Diagnostik? Warum?

Schwierige Frage (das heißt, es gibt keine eindeutig richtige Antwort): Blutdruck 150/90; Herzfrequenz 130/Min.; klinisch Zeichen von Minderdurchblutung des Organismus: Kaltschweißige Extremitäten. Gleichzeitig Zeichen der Lungenstauung (Dyspnoe, schlechte Sättigung am Pulsoxymeter). Gleichzeitig deutliche Zeichen der Myokardischämie (Angina pectoris-Schmerz, ST-Senkungen im EKG). Was könnte man tun? Welche Medikamente kämen in Frage? Wo liegen die Vor- und Nachteile?

Ein Patient mit Myokardischämie wird unter Behandlung mit Nitroglyzerin beschwerdefrei. Er hat jetzt ein HZV von 4 l/Min.; die Berechnung ergibt einen Herzindex von 2,2 l/min x m2. Blutdruck 105/55; Urinfluß ca. 60 ml/h. Was halten Sie davon, jetzt noch etwas Dobutamin (DobutrexTM) zu geben?

Patient mit linksventrikulärer Insuffizienz. PCWP 25 mmHg, Pulsoxymetrie unter

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Luftatmung "schlecht", Dyspnoe.

a) Welcher Wert am Pulsoxymeter würde zur Situation passen?

b) Maßnahmen?

Nach Behandlung fühlt sich der Patient aus der Vorfrage jetzt viel besser. Was hätten Sie getan, und was haben Ihre Maßnahmen bewirkt?

Polytrauma, RR 75/40, HF 150/Min., nach chirurgischer Blutstillung, Diagnostik, Operation und insgesamt 8000 ml "Volumen" ist der Blutdruck 140/80, Herzfrequenz 120/Min., Hb 10,0 g/dl, ZVD 15 mmHg, PEEP 8, FiO2 0,5, Diurese ca. 40 ml/h, Rektaltemp. 38°C, Hände etwas kühl. Volumen? Bluttransfusion? Weitergehendes Monitoring? Medikamente?

Eine 40-jährige Schwangere, die viele Jahre ihres Lebens geraucht hat, übergewichtig ist, und 15 Jahre die "Pille" genommen hat, hat jetzt vorzeitige Wehen. Was hat denn das mit unserem Thema zu tun?