1
Kriegspolitik im Namen Gottes TV Hinter «heiligen Kriegen» stehen oft ganz andere Motive. Eine spektakuläre Dok-Reihe im ZDF zeigt die Zusammen- hänge auf. Dabei geht es nicht nur um die muslimische Seite. INTERVIEW ARNO RENGGLI [email protected] Guido Knopp, Sie haben als ZDF-Histori- ker die Reihe «Der heilige Krieg» mit produziert. Geht es um den Dschihad? Guido Knopp: Ja, auch. Dschihad meint allerdings nicht nur die aggressi- ve Verbreitung des Islams, sondern auch Glaubensanstrengung oder Ver- mittlung von Wissen über den Islam. Und es gab Epochen, in denen der Islam sich sehr schnell verbreitete. Dies aber oft mit dem Mittel des heiligen Krieges. Man denke an die Eroberungen im 8. Jahrhundert in Spanien oder im 15. Jahrhundert bis nach Konstantinopel. Knopp: Diesen beiden Phasen sind Teile unserer Reihe gewidmet. Das krie- gerische Element von Erobern und Beutemachen gehört zur Tradition etwa der arabischen Stämme. Und auch der Koran entstand in einer Zeit, wo der Krieg als politisches Mittel fast alltäg- lich war, übrigens auch in Europa. Sie erwähnen Eroberung und Beute. Ging es denn in diesen «heiligen Krie- gen» überhaupt um Religion? Knopp: Tatsächlich zieht sich der Missbrauch des Slogans «Gott will es» für machtpolitische Zwecke wie ein roter Faden durch die Geschichte. Nicht nur bei den Muslimen. Sie sprechen die christlichen Kreuzzüge an, die ja auch ein Kapitel Ihrer Dok-Rei- he bilden. Ging es den Beteiligten wirk- lich nur um Machtpolitik? Knopp: Im Ersten Kreuzzug Ende des 11. Jahrhunderts, der zu einem grausa- men Gemetzel an der Bevölkerung Jerusalems führte, ging es um Erobe- rung und Macht. Natürlich waren dann auch Ritter dabei, die vor allem religiö- se Motive hatten, die Befreiung der heiligen Stätten von «Ungläubigen». Belasten die Kreuzzüge bis heute das Verhältnis von Christen und Muslimen? Knopp: Ja, die Folgen sind bis heute spürbar. Noch heute werden in der islamischen Welt die Kreuzritter als Gemeinplatz für westliche Expansion verwendet. Und Ghadhafi nannte ja die Flugzeuge der Nato «Kreuzritter». «Heiliger Krieg» will einen Krieg legiti- mieren, genauso wie «gerechter Krieg». Wie stehen die zwei Begriffe zueinander? Knopp: Es ist nicht dasselbe. Es kann «gerechte Kriege» geben, etwa den Krieg gegen Hitler. Religiöse Motive aber kön- nen nie einen Krieg rechtfertigen. Kein Krieg ist heilig! Auch George W. Bush hat diesen Begriff mal gebraucht, sich dann aber davon distanziert. Was wäre passiert, wenn die Mauren 732 in Frankreich oder die Türken 1529 vor Wien nicht gestoppt worden wären? Wäre Europa heute muslimisch? Knopp: «Was wäre, wenn»-Fragen sind natürlich immer spannend. Wären dann statt spätgotischer Kirchen Mo- scheen gebaut worden? Ich würde aber eher vermuten, dass auch in diesen Fällen die muslimischen Eroberungen früher oder später gestoppt worden wären. Europa war einfach zu gross. Hatten diese Eroberungszüge für Europa auch positive Auswirkungen? Knopp: Der Kontakt mit der islami- schen Kultur war grundsätzlich ein Segen. Spanien etwa machte einen regelrechten Sprung nach vorne. Diese Kultur war in vielen Bereichen weiter als die abendländische, verband das antike Gedankengut mit neuem medi- zinischem, mathematischem oder phy- sikalischem Wissen. In der Zeit von 1200 bis 1250 etwa machte Europa auch dank dem Islam enorme Fortschritte. Heute sind «heilige Kriege» leider immer noch eine Thema. Wie sehen Sie die Entwicklung der kommenden Jahre? Knopp: Es hängt davon ab, ob sich auf beiden Seiten die radikalen oder die vernunftorientierten Kräfte durchsetzen. Ich glaube nicht, dass der oft beschwo- rene «Kampf der Kulturen» unausweich- lich ist. Es gibt Zeichen der Hoffnung, etwa die Demokratiebewegungen. Ent- scheidend ist es, die Spirale von Gewalt und Gegengewalt zu brechen und Ver- trauen aufzubauen. Ein «Dialog der Kulturen» braucht dreierlei: dass man sich gegenseitig kennt, als gleichwertig annimmt und gemeinsame Werte findet. HINWEIS «Der heilige Krieg». Dok-Reihe mit aufwendi- gen Spielszenen ab 16. bis 30. August dienstags (20.15 Uhr) und sonntags (19.30) im ZDF. Teil 1: Das Schwert des Propheten. Teil 2: Der heilige Krieg. Über die Kreuzritter. Teil 3: Die Türken vor Wien. Teil 4: Dschihad für den Kaiser. (Wilhelm II. plante im Ersten Weltkrieg einen Dschihad gegen die Alliierten). Teil 5: Terror für den Glauben. Über den 11. September 2001. Buch zur Dok-Reihe: Guido Knopp, Peter Arens, Stefan Brauburger: Der heilige Krieg. C. Bertels- mann, 384 Seiten, Fr. 38.90. Einer der Führer des 1. Kreuzzugs ist Gottfried von Bouillon. Vormarsch der Muslime in Andalusien ab dem Jahr 711. Alle Bilder Spielszenen aus der ZDF-Reihe Osama Bin Laden hört 2001 die Nachrichten vom Anschlag. Papst Urban II. ruft 1095 in Clermont zum 1. Kreuzzug auf. NACHRICHTEN Joseph Candolfi gestorben SOLOTHURN sda. Der ehemalige Weihbischof des Bistums Basel, Jo- seph Candolfi, ist gestorben. Der 89-Jährige wurde am Donnerstag in Solothurn beerdigt. Von 1983 bis 1996 war Joseph Candolfi Weihbi- schof des Bistums Basel. In der Öf- fentlichkeit wurde er bekannt, als er 1995, nach dem überraschenden Rücktritt von Bischof Hansjörg Vo- gel, das Bistum Basel vorüberge- hend verwaltete. 1989 wurde er für drei Jahre zum Präsidenten der Schweizer Bischofskonferenz er- nannt. Dollar-Scheck in der Klagemauer JERUSALEM sda. Ein 22-jähriger Israeli hat in der Klagemauer in Je- rusalem einen Scheck von über 100 000 Dollar gefunden. Gläubige Juden stecken traditionell Zettel mit Bitten an Gott in die Ritzen der Mauer. Einmal im Jahr werden alle Zettel eingesammelt und an einem heiligen Ort begraben. Er- wartet wird jetzt ein Rechtsstreit zwischen dem Scheckfinder und der Verwaltung der Klagemauer. Sinnsuche jenseits der Sicherheitszone RELIGIONSERSATZ Gewiss- heiten, wie sie die Religion bietet, suchen heute viele in Extremsportarten. Ein Soziolo- ge erklärt das mit der Säkula- risierung der Gesellschaft. Tödliche Unfälle beim Base-Jumping oder Fallschirmspringen haben wieder- holt für Schlagzeilen gesorgt. Was geht Ihnen als Extremsportexperte bei sol- chen Meldungen durch den Kopf? Karl-Heinrich Bette*: Die hohe Verlet- zungs- und Todesrate im Extremsport deutet nicht nur auf den Preis hin, den Menschen zu zahlen bereit sind, wenn sie die Sicherheitszonen der Gesell- schaft verlassen. Die Abgestürzten, Er- schlagenen, Erfrorenen und Verscholle- nen sagen auch etwas über die Dring- lichkeit aus, mit der Menschen Hand- lungsformen zurückzugewinnen trach- ten, die im modernen Alltag verloren gegangen sind. Weshalb setzen Menschen ihr Leben aufs Spiel? Bette: Die Motive für riskante Prakti- ken gehen auf «unzeitgemäss» gewor- dene Bedürfnisse zurück, die in der modernen Gesellschaft an den Rand gedrängt werden. In einer Gesellschaft, in der alles geregelt wird, kann man im Abenteuersport knappe Gefühle der Selbstermächtigung, Körperlichkeit und Gewissheit sammeln, die im Alltag so nicht mehr zur Verfügung stehen. Ausserdem wird das Extreme oft ge- nutzt, um sich als einzigartiger Mensch sichtbar zu machen. Was meinen Sie mit Gefühlen der Ge- wissheit? Bette: Vormoderne Gesellschaften waren durch ihre Fixierung auf Reli- gion, Herkunft und Tradition Gewiss- heitsgesellschaften. Moderne Gesell- schaften hingegen muss man infolge von Säkularisierung, Wertepluralisie- rung und fortschreitender Differenzie- rung als Ungewissheitsgesellschaften bezeichnen. Der Einzelne wird genö- tigt, sich seine Gewissheit selbst zu beschaffen. Im Abenteuersport entste- hen Wirklichkeits- und Präsenzgefühle durch den Körperbezug des Handelns. Wenn man 1000 Meter über dem Ab- grund hängt, wird dies niemand als eine reine Erfindung des Geistes inter- pretieren. Sehen Sie den Drang nach dem Kick in persönlichen Dispositionen, oder wirken hier auch gesellschaftliche Einflüsse mit? Bette: Unsere Gesellschaft ist eine Welt, in der Organisationen den Men- schen nur noch in Ausschnitten wahr- nehmen, in der eine massive Körper- verdrängung zu verzeichnen ist und eigene Primärerfahrungen durch die Medienexpansion immer mehr ins Ab- seits gedrängt werden. Der Abenteuer- sport stellt eine Welt dar, in der Ver- drängtes bis zum Exzess gesteigert wer- den kann. Nicht alle Menschen sind von solchen Adrenalinabenteuern angetan. Wie «kompensieren» diese ihre fehlenden Abenteuer und Spannungszustände? Bette: Indem Extremsportler mit Hil- fe der Medien über ihre Erlebnisse berichten, lassen sie auch jene an ihren Erlebnissen teilhaben, die selbst risiko- arm leben. Ansonsten gibt es die übli- chen Strategien der Abenteuersuche am Wochenende oder in den Ferien: der erhöhte Alkoholkonsum, das sexu- elle Auswärtsspiel, der Spielcasinobe- such oder der Ausritt auf dem eigenen Motorrad, um das «wilde Leben» zu- mindest kurzfristig einmal zu erleben. Wie müsste eine Gesellschaft beschaffen sein, damit sich Menschen nicht mehr freiwillig in Todeszonen begeben? Bette: Paradoxerweise müsste das All- tagsleben selbst sehr gefährlich sein. Es gäbe dann keinen Grund mehr, Risiko- situationen bewusst aufsuchen zu wol- len. In Ländern, in denen Kriege statt- finden, gibt es keinen Abenteuersport. Insofern können wir froh sein, wenn Menschen Luxusrisiken im Extremsport eingehen. Dies spricht für einen befrie- deten und routinierten Alltag. INTERVIEW PIRMIN BOSSART HINWEIS * Karl-Heinrich Bette ist Professor für Sportwissenschaft an der Technischen Universität Darmstadt: Literaturempfehlung: «X-treme. Zur Soziologie des Abenteuer- und Risikosports», Transcript Verlag, Fr. 21.90. MEIN THEMA Wenn du wüsstest Charlotte Schen- ker über die Begegnung mit Jesus am Brunnen W er an einem heissen Tag auf der Wanderung auf einen reich sprudelnden Brunnen trifft, der schätzt es. Er weiss, was er gefunden hat. Davon erzählt die biblische Geschichte (Joh. 4, 1–10). Jesus war unterwegs und kam zum Jakobsbrunnen. Es war um die Mittagszeit. Müde setzte er sich an den Brunnen. Da kam eine Frau, um Wasser zu schöpfen. Jesus bat um einen Schluck Wasser. Die Frau war erstaunt, dass Jesus sie an- sprach. Es war nicht üblich, dass ein Jude um Wasser bittet. Er sagte zu ihr: «Wenn du wüsstest, wer zu dir sagt ‹Gib mir zu trinken!›, dann hättest du ihn gebeten, und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben.» Zwei Menschen mit unterschiedli- chen Vorstellungen also. Die Frau sehnt sich nach Wasser, um den Durst zu stillen. Jesus bietet «leben- diges Wasser» an. «Wenn du wüsstest …»: Diese Worte gehen auch mir nicht mehr aus dem Sinn. «Wer bist du?», frage ich ihn und lasse den Gedanken des Wasserschöpfens für einen Augen- blick los. Ich spüre eine Wärme, die von ihm ausgeht. Sie berührt mich. Ich ahne, wer mir gegenübersteht. Staunen und Schweigen. In dieses Schweigen reiht sich Frage um Fra- ge: Wer bist du, dass du mich um Wasser bittest? Wer bin ich in dei- nen Augen, dass du mich aus deiner Quelle trinken lässt? Dieses Betrof- fen-Sein kommt aus der Tiefe des Herzens. Es lässt mich das Göttliche in mir erahnen und durchscheinen. Mögen uns immer wieder «Brun- nen-Erfahrungen» geschenkt sein, die uns zur inneren Quelle führen. Erinnern wir uns: Das alles geschah an einem gewöhnlichen Brunnen. Sr. Charlotte Schenker, Dorothea-Schwester, Luzern Extremsportler erobern den Himmel. Bild Corinne Glanzmann

Kriegspolitik im Namen Gottes Wenn du wüsstest

  • Upload
    others

  • View
    0

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Kriegspolitik im Namen Gottes Wenn du wüsstest

Kriegspolitik im Namen GottesTV Hinter «heiligen Kriegen»stehen oft ganz andere Motive.Eine spektakuläre Dok-Reiheim ZDF zeigt die Zusammen-hänge auf. Dabei geht es nichtnur um die muslimische Seite.

INTERVIEW ARNO [email protected]

Guido Knopp, Sie haben als ZDF-Histori-ker die Reihe «Der heilige Krieg» mitproduziert. Geht es um den Dschihad?

Guido Knopp: Ja, auch. Dschihadmeint allerdings nicht nur die aggressi-ve Verbreitung des Islams, sondernauch Glaubensanstrengung oder Ver-mittlung von Wissen über den Islam.Und es gab Epochen, in denen derIslam sich sehr schnell verbreitete.

Dies aber oft mit dem Mittel des heiligenKrieges. Man denke an die Eroberungenim 8. Jahrhundert in Spanien oder im15. Jahrhundert bis nach Konstantinopel.

Knopp: Diesen beiden Phasen sindTeile unserer Reihe gewidmet. Das krie-gerische Element von Erobern undBeutemachen gehört zur Tradition etwader arabischen Stämme. Und auch derKoran entstand in einer Zeit, wo derKrieg als politisches Mittel fast alltäg-lich war, übrigens auch in Europa.

Sie erwähnen Eroberung und Beute.Ging es denn in diesen «heiligen Krie-gen» überhaupt um Religion?

Knopp: Tatsächlich zieht sich derMissbrauch des Slogans «Gott will es»für machtpolitische Zwecke wie einroter Faden durch die Geschichte. Nichtnur bei den Muslimen.

Sie sprechen die christlichen Kreuzzügean, die ja auch ein Kapitel Ihrer Dok-Rei-he bilden. Ging es den Beteiligten wirk-lich nur um Machtpolitik?

Knopp: Im Ersten Kreuzzug Ende des11. Jahrhunderts, der zu einem grausa-men Gemetzel an der BevölkerungJerusalems führte, ging es um Erobe-rung und Macht. Natürlich waren dannauch Ritter dabei, die vor allem religiö-se Motive hatten, die Befreiung derheiligen Stätten von «Ungläubigen».

Belasten die Kreuzzüge bis heute dasVerhältnis von Christen und Muslimen?

Knopp: Ja, die Folgen sind bis heutespürbar. Noch heute werden in derislamischen Welt die Kreuzritter alsGemeinplatz für westliche Expansionverwendet. Und Ghadhafi nannte ja dieFlugzeuge der Nato «Kreuzritter».

«Heiliger Krieg» will einen Krieg legiti-mieren, genauso wie «gerechter Krieg».Wie stehen die zwei Begriffe zueinander?

Knopp: Es ist nicht dasselbe. Es kann«gerechte Kriege» geben, etwa den Krieggegen Hitler. Religiöse Motive aber kön-nen nie einen Krieg rechtfertigen. KeinKrieg ist heilig! Auch George W. Bush hatdiesen Begriff mal gebraucht, sich dannaber davon distanziert.

Was wäre passiert, wenn die Mauren732 in Frankreich oder die Türken 1529vor Wien nicht gestoppt worden wären?Wäre Europa heute muslimisch?

Knopp: «Was wäre, wenn»-Fragensind natürlich immer spannend. Wärendann statt spätgotischer Kirchen Mo-scheen gebaut worden? Ich würde abereher vermuten, dass auch in diesenFällen die muslimischen Eroberungenfrüher oder später gestoppt wordenwären. Europa war einfach zu gross.

Hatten diese Eroberungszüge für Europaauch positive Auswirkungen?

Knopp: Der Kontakt mit der islami-schen Kultur war grundsätzlich einSegen. Spanien etwa machte einenregelrechten Sprung nach vorne. DieseKultur war in vielen Bereichen weiterals die abendländische, verband dasantike Gedankengut mit neuem medi-zinischem, mathematischem oder phy-sikalischem Wissen. In der Zeit von1200 bis 1250 etwa machte Europa auchdank dem Islam enorme Fortschritte.

Heute sind «heilige Kriege» leider immernoch eine Thema. Wie sehen Sie dieEntwicklung der kommenden Jahre?

Knopp: Es hängt davon ab, ob sich aufbeiden Seiten die radikalen oder dievernunftorientierten Kräfte durchsetzen.Ich glaube nicht, dass der oft beschwo-rene «Kampf der Kulturen» unausweich-lich ist. Es gibt Zeichen der Hoffnung,etwa die Demokratiebewegungen. Ent-scheidend ist es, die Spirale von Gewaltund Gegengewalt zu brechen und Ver-trauen aufzubauen. Ein «Dialog derKulturen» braucht dreierlei: dass mansich gegenseitig kennt, als gleichwertigannimmt und gemeinsame Werte findet.

HINWEIS

� «Der heilige Krieg». Dok-Reihe mit aufwendi-gen Spielszenen ab 16. bis 30. August dienstags(20.15 Uhr) und sonntags (19.30) im ZDF.Teil 1: Das Schwert des Propheten. Teil 2: Der heilige Krieg. Über die Kreuzritter.Teil 3: Die Türken vor Wien. Teil 4: Dschihad für den Kaiser. (Wilhelm II. planteim Ersten Weltkrieg einen Dschihad gegen dieAlliierten).Teil 5: Terror für den Glauben. Über den 11.September 2001.Buch zur Dok-Reihe: Guido Knopp, Peter Arens,Stefan Brauburger: Der heilige Krieg. C. Bertels-mann, 384 Seiten, Fr. 38.90. �

Einer der Führer des 1. Kreuzzugs ist Gottfried von Bouillon.

Vormarsch der Muslime in Andalusien ab dem Jahr 711.Alle Bilder Spielszenen aus der ZDF-Reihe

Osama Bin Laden hört 2001 dieNachrichten vom Anschlag.

Papst Urban II. ruft 1095 inClermont zum 1. Kreuzzug auf.

NACHRICHTENJoseph CandolfigestorbenSOLOTHURN sda. Der ehemaligeWeihbischof des Bistums Basel, Jo-seph Candolfi, ist gestorben. Der89-Jährige wurde am Donnerstagin Solothurn beerdigt. Von 1983 bis1996 war Joseph Candolfi Weihbi-schof des Bistums Basel. In der Öf-fentlichkeit wurde er bekannt, alser 1995, nach dem überraschendenRücktritt von Bischof Hansjörg Vo-gel, das Bistum Basel vorüberge-hend verwaltete. 1989 wurde er fürdrei Jahre zum Präsidenten derSchweizer Bischofskonferenz er-nannt.

Dollar-Scheck inder Klagemauer JERUSALEM sda. Ein 22-jährigerIsraeli hat in der Klagemauer in Je-rusalem einen Scheck von über100 000 Dollar gefunden. GläubigeJuden stecken traditionell Zettelmit Bitten an Gott in die Ritzender Mauer. Einmal im Jahr werdenalle Zettel eingesammelt und aneinem heiligen Ort begraben. Er-wartet wird jetzt ein Rechtsstreitzwischen dem Scheckfinder undder Verwaltung der Klagemauer.

Sinnsuche jenseits der SicherheitszoneRELIGIONSERSATZ Gewiss-heiten, wie sie die Religionbietet, suchen heute viele inExtremsportarten. Ein Soziolo-ge erklärt das mit der Säkula-risierung der Gesellschaft.

Tödliche Unfälle beim Base-Jumpingoder Fallschirmspringen haben wieder-holt für Schlagzeilen gesorgt. Was gehtIhnen als Extremsportexperte bei sol-chen Meldungen durch den Kopf?

Karl-Heinrich Bette*: Die hohe Verlet-zungs- und Todesrate im Extremsportdeutet nicht nur auf den Preis hin, denMenschen zu zahlen bereit sind, wennsie die Sicherheitszonen der Gesell-schaft verlassen. Die Abgestürzten, Er-schlagenen, Erfrorenen und Verscholle-nen sagen auch etwas über die Dring-lichkeit aus, mit der Menschen Hand-lungsformen zurückzugewinnen trach-ten, die im modernen Alltag verlorengegangen sind.

Weshalb setzen Menschen ihr Lebenaufs Spiel?

Bette: Die Motive für riskante Prakti-ken gehen auf «unzeitgemäss» gewor-dene Bedürfnisse zurück, die in dermodernen Gesellschaft an den Rand

gedrängt werden. In einer Gesellschaft,in der alles geregelt wird, kann man imAbenteuersport knappe Gefühle derSelbstermächtigung, Körperlichkeitund Gewissheit sammeln, die im Alltagso nicht mehr zur Verfügung stehen.Ausserdem wird das Extreme oft ge-nutzt, um sich als einzigartiger Menschsichtbar zu machen.

Was meinen Sie mit Gefühlen der Ge-wissheit?

Bette: Vormoderne Gesellschaftenwaren durch ihre Fixierung auf Reli-gion, Herkunft und Tradition Gewiss-heitsgesellschaften. Moderne Gesell-schaften hingegen muss man infolgevon Säkularisierung, Wertepluralisie-rung und fortschreitender Differenzie-rung als Ungewissheitsgesellschaftenbezeichnen. Der Einzelne wird genö-tigt, sich seine Gewissheit selbst zubeschaffen. Im Abenteuersport entste-hen Wirklichkeits- und Präsenzgefühledurch den Körperbezug des Handelns.Wenn man 1000 Meter über dem Ab-grund hängt, wird dies niemand alseine reine Erfindung des Geistes inter-pretieren.

Sehen Sie den Drang nach dem Kick inpersönlichen Dispositionen, oder wirkenhier auch gesellschaftliche Einflüsse mit?

Bette: Unsere Gesellschaft ist eineWelt, in der Organisationen den Men-schen nur noch in Ausschnitten wahr-

nehmen, in der eine massive Körper-verdrängung zu verzeichnen ist undeigene Primärerfahrungen durch dieMedienexpansion immer mehr ins Ab-seits gedrängt werden. Der Abenteuer-sport stellt eine Welt dar, in der Ver-drängtes bis zum Exzess gesteigert wer-den kann.

Nicht alle Menschen sind von solchenAdrenalinabenteuern angetan. Wie

«kompensieren» diese ihre fehlendenAbenteuer und Spannungszustände?

Bette: Indem Extremsportler mit Hil-fe der Medien über ihre Erlebnisseberichten, lassen sie auch jene an ihrenErlebnissen teilhaben, die selbst risiko-arm leben. Ansonsten gibt es die übli-chen Strategien der Abenteuersucheam Wochenende oder in den Ferien:der erhöhte Alkoholkonsum, das sexu-elle Auswärtsspiel, der Spielcasinobe-such oder der Ausritt auf dem eigenenMotorrad, um das «wilde Leben» zu-mindest kurzfristig einmal zu erleben.

Wie müsste eine Gesellschaft beschaffensein, damit sich Menschen nicht mehrfreiwillig in Todeszonen begeben?

Bette: Paradoxerweise müsste das All-tagsleben selbst sehr gefährlich sein. Esgäbe dann keinen Grund mehr, Risiko-situationen bewusst aufsuchen zu wol-len. In Ländern, in denen Kriege statt-finden, gibt es keinen Abenteuersport.Insofern können wir froh sein, wennMenschen Luxusrisiken im Extremsporteingehen. Dies spricht für einen befrie-deten und routinierten Alltag.

INTERVIEW PIRMIN BOSSART

HINWEIS

� * Karl-Heinrich Bette ist Professor fürSportwissenschaft an der Technischen UniversitätDarmstadt: Literaturempfehlung: «X-treme. ZurSoziologie des Abenteuer- und Risikosports»,Transcript Verlag, Fr. 21.90. �

MEIN THEMA

Wenn du wüsstest

Charlotte Schen-ker über die Begegnung mit Jesus am Brunnen

Wer an einem heissen Tag aufder Wanderung auf einen

reich sprudelnden Brunnen trifft,der schätzt es. Er weiss, was ergefunden hat. Davon erzählt diebiblische Geschichte (Joh. 4, 1–10).

Jesus war unterwegs und kamzum Jakobsbrunnen. Es war um dieMittagszeit. Müde setzte er sich anden Brunnen. Da kam eine Frau,um Wasser zu schöpfen. Jesus batum einen Schluck Wasser. Die Frauwar erstaunt, dass Jesus sie an-sprach. Es war nicht üblich, dass einJude um Wasser bittet. Er sagte zu

ihr: «Wenn du wüsstest, wer zu dirsagt ‹Gib mir zu trinken!›, dannhättest du ihn gebeten, und er hättedir lebendiges Wasser gegeben.»Zwei Menschen mit unterschiedli-chen Vorstellungen also. Die Frausehnt sich nach Wasser, um denDurst zu stillen. Jesus bietet «leben-diges Wasser» an.

«Wenn du wüsstest …»: DieseWorte gehen auch mir nicht mehraus dem Sinn. «Wer bist du?», frageich ihn und lasse den Gedanken desWasserschöpfens für einen Augen-blick los. Ich spüre eine Wärme, dievon ihm ausgeht. Sie berührt mich.Ich ahne, wer mir gegenübersteht.Staunen und Schweigen. In diesesSchweigen reiht sich Frage um Fra-ge: Wer bist du, dass du mich umWasser bittest? Wer bin ich in dei-nen Augen, dass du mich aus deinerQuelle trinken lässt? Dieses Betrof-fen-Sein kommt aus der Tiefe desHerzens. Es lässt mich das Göttlichein mir erahnen und durchscheinen.

Mögen uns immer wieder «Brun-nen-Erfahrungen» geschenkt sein,die uns zur inneren Quelle führen.Erinnern wir uns: Das alles geschahan einem gewöhnlichen Brunnen.Sr. Charlotte Schenker, Dorothea-Schwester,Luzern

Extremsportlererobern den Himmel.

Bild Corinne Glanzmann