3
Mosambik-Rundbrief Nr. 81 • Dezember 2010 46 Kultur ieber Michael Kegler, mit großem Vergnügen lese ich immer wieder Ihre Buchbesprechungen im Rundbrief des KKM und war begeistert über Ihren Artikel „Weltli- teratur aus Mosambik?“ im Encontro, das dem letzten Rundbrief beilag. Und dann kommt immer wieder der Frust: Seit 2007 wohne ich mitten in Mosambik, erst in Chimoio und jetzt in Beira, immerhin die zweit- oder drittgrößte Stadt Mosambiks. Nach Maputo komme ich alle drei Jahre mal. Mein Dunstkreis erstreckt sich auf die Provinzhaupt- und Univer- sitätsstädte Beira, Chimoio, Quelimane, Pemba und die Vila Ilha de Moçambique. In Beira gibt es als Annex der Papelaria Gu- lamo immerhin ca. drei Regalmeter „Literatur“ (nicht aufrecht nebeneinander gestellte Bücher wie frau sie aus unseren Buchhandlungen kennt, sondern schön nebeneinander gelegte, damit sie wie mehr wirken). Mit hartnäckigem Nachfra- gen und regelmäßigen Besuchen bekommt frau im Lauf der Zeit immerhin alle auf Portugiesisch lieferbaren Ausgaben von Paulina Chiziane, Mia Couto oder Ungulani Ba Ka Khosa zusammen. Mit anderen Autoren sieht es eher mau aus. In Chimoio gibt es eine sich Livraria nennende Schreibwarenhandlung, die neben Schulbüchern auch einige Gesetzestexte anbietet, immerhin. In Quelimane desgleichen. In Pemba gibt es ca. einen halben Regalmeter aufrecht stehende Bücher in der Drogerie-Zeitschriftenhandlung im Pemba Beach Hotel, das von Einheimischen so gut wie gar nicht besucht wird und deshalb lieber englischsprachige Romane von Danielle Steel oder so anbietet. Die beste Auswahl hat seit ca. drei Jahren die Ilha die Moçambique mit einem Laden „Books and Bottles“, der neben vielen nicht-portugiesischsprachigen Second- Hand-Krimis und – Schmökern auch einige sehr schöne Ausstellungskataloge zu einheimischer Kunst, Monografien über die Ilha, wissenschaft- liche Werke und auch den einen oder anderen literarischen Titel bereit hält. Und dann der andere Frust: Seit ca vier Mona- ten lese ich immer wieder in der Zeitung über das neueste Buch von Mia Couto, Kurzgeschichten über mosambikanische Orte und Landstriche, die er bereits in der Zeitschrift der Fluglinie LAM veröffentlicht hat. (Für mich in der Vergangen- heit ein Grund, diese Hefte irgendwie zu ergat- tern und eifersüchtig zu bewachen). In Portugal können interessierte Leser dieses Buch selbver- ständlich käuflich erwerben, in Mosambik, dem Heimatland Mia Coutos, ist es noch nicht auf dem Markt, auch nicht der Hauptstadt. Bei meinem kürzlichen ersten Maputo-Besuch seit drei Jahren fahndete ich vergeblich und nicht zum ersten Mal nach Pedro Muiambos „A enfer- mera da Bata Negra“ und dem Band „Moçam- bique – Alemanha, ida e volta“. Immerhin sind dort mit Besuchen in mehreren Buchhandlungen alle Werke der oben genannten Mia Couto, Pau- lina Chiziane und Ungulani Ba Ka Khosa, sowie fast alles von Borges Coelho oder Luís Carlos Patraquim zu bekommen. Und damit komme ich zu meinen beiden letzten Frustpunkten: Es gibt eigentlich nur in der Hauptstadt gelegentlich kompetente Ver- käufer, die mich beraten können, sowohl was die Erhältlichkeit der nachgefragten Bücher als auch den Inhalt unbekannter angeht. Die mo- sambikanischen Klappentexte ergehen sich in biografischen Details über die Autoren, bieten aber keinen Anreiz, sich den Stil oder Inhalt der Werke vorstellen zu können. Und die Preise der Literatur erscheinen selbst mir als gutbezahlter „Cooperante“ sehr hoch. Für einen meiner Wächter, der gern liest, sind 250 Meticais für einen 80-seitigen Gedichtband zu viel. Das entsprich nämlich einem Zehntel seines Monatseinkommens. Und viele dickere oder besser gemachte Bücher kosten dann 400, 800 oder 1200 Meticais und da überlege selbst ich, ob ich das Wagnis eingehe, einen mir unbe- kannten Autor zu lesen. Also greife ich auf das Sichere zurück und laß mir aus Deutschland von Amazon (einem Konzern, dem ich an und für sich wegen seiner Marktstellung eher mißtraue) ein Buchpaket liefern, bei dem ich für jedes Buch eine Besprechung bekomme und das nur mit 14 Euro Versandkosten zu Buche schlägt, egal wie schwer es ist. Und beneide Michael Kegler um seinen Job, der es ihm ermöglicht in dem Zentrum zu sitzen, wo die Infos über das mosambikanische Litera- turgeschehen zusammenlaufen – in Frankfurt auf der Buchmesse … Claudia-Maria Kukla, Regionaldirektorin von HORIZONT3000, dem einzigen österrei- chischen Personalentsendedienst zur Entwick- lungszusammenarbeit. Claudia-Maria Kukla studierte u.a. Lusofonie in Frankfurt a. M. und beschäftigt sich seit mehr als 25 Jahren mit portugiesischsprachiger Literatur aus Afrika. Seit 2004 lebt sie in Mosambik, zunächst als Friedensfachkraft in Maputo, seit 2007 in als Programme Officer und jetzt Regionaldirektorin in der Mitte des Landes. Offener Brief aus der Peripherie der Peripherie Von Claudia-Maria Kukla L

Kultur Offener Brief aus der Peripherie der Peripherie Lkkmosambik.de/content/wp-content/uploads/2014/10/KKM_RB...lieber englischsprachige Romane von Danielle Steel oder so anbietet

  • Upload
    others

  • View
    5

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

  • Mosambik-Rundbrief Nr. 81 • Dezember 201046

    Kultur

    ieber Michael Kegler,

    mit großem Vergnügen lese ich immer wieder Ihre Buchbesprechungen im Rundbrief des KKM und war begeistert über Ihren Artikel „Weltli-teratur aus Mosambik?“ im Encontro, das dem letzten Rundbrief beilag.

    Und dann kommt immer wieder der Frust: Seit 2007 wohne ich mitten in Mosambik, erst in Chimoio und jetzt in Beira, immerhin die zweit- oder drittgrößte Stadt Mosambiks. Nach Maputo komme ich alle drei Jahre mal. Mein Dunstkreis erstreckt sich auf die Provinzhaupt- und Univer-sitätsstädte Beira, Chimoio, Quelimane, Pemba und die Vila Ilha de Moçambique.

    In Beira gibt es als Annex der Papelaria Gu-lamo immerhin ca. drei Regalmeter „Literatur“ (nicht aufrecht nebeneinander gestellte Bücher wie frau sie aus unseren Buchhandlungen kennt, sondern schön nebeneinander gelegte, damit sie wie mehr wirken). Mit hartnäckigem Nachfra-gen und regelmäßigen Besuchen bekommt frau im Lauf der Zeit immerhin alle auf Portugiesisch lieferbaren Ausgaben von Paulina Chiziane, Mia Couto oder Ungulani Ba Ka Khosa zusammen. Mit anderen Autoren sieht es eher mau aus.

    In Chimoio gibt es eine sich Livraria nennende Schreibwarenhandlung, die neben Schulbüchern auch einige Gesetzestexte anbietet, immerhin. In Quelimane desgleichen. In Pemba gibt es ca. einen halben Regalmeter aufrecht stehende Bücher in der Drogerie-Zeitschriftenhandlung im Pemba Beach Hotel, das von Einheimischen so gut wie gar nicht besucht wird und deshalb lieber englischsprachige Romane von Danielle Steel oder so anbietet. Die beste Auswahl hat seit ca. drei Jahren die Ilha die Moçambique mit einem Laden „Books and Bottles“, der neben vielen nicht-portugiesischsprachigen Second-Hand-Krimis und – Schmökern auch einige sehr schöne Ausstellungskataloge zu einheimischer Kunst, Monografien über die Ilha, wissenschaft-liche Werke und auch den einen oder anderen literarischen Titel bereit hält.

    Und dann der andere Frust: Seit ca vier Mona-ten lese ich immer wieder in der Zeitung über das neueste Buch von Mia Couto, Kurzgeschichten über mosambikanische Orte und Landstriche, die er bereits in der Zeitschrift der Fluglinie LAM veröffentlicht hat. (Für mich in der Vergangen-heit ein Grund, diese Hefte irgendwie zu ergat-tern und eifersüchtig zu bewachen). In Portugal

    können interessierte Leser dieses Buch selbver-ständlich käuflich erwerben, in Mosambik, dem Heimatland Mia Coutos, ist es noch nicht auf dem Markt, auch nicht der Hauptstadt.

    Bei meinem kürzlichen ersten Maputo-Besuch seit drei Jahren fahndete ich vergeblich und nicht zum ersten Mal nach Pedro Muiambos „A enfer-mera da Bata Negra“ und dem Band „Moçam-bique – Alemanha, ida e volta“. Immerhin sind dort mit Besuchen in mehreren Buchhandlungen alle Werke der oben genannten Mia Couto, Pau-lina Chiziane und Ungulani Ba Ka Khosa, sowie fast alles von Borges Coelho oder Luís Carlos Patraquim zu bekommen.

    Und damit komme ich zu meinen beiden letzten Frustpunkten: Es gibt eigentlich nur in der Hauptstadt gelegentlich kompetente Ver-käufer, die mich beraten können, sowohl was die Erhältlichkeit der nachgefragten Bücher als auch den Inhalt unbekannter angeht. Die mo-sambikanischen Klappentexte ergehen sich in biografischen Details über die Autoren, bieten aber keinen Anreiz, sich den Stil oder Inhalt der Werke vorstellen zu können.

    Und die Preise der Literatur erscheinen selbst mir als gutbezahlter „Cooperante“ sehr hoch. Für einen meiner Wächter, der gern liest, sind 250 Meticais für einen 80-seitigen Gedichtband zu viel. Das entsprich nämlich einem Zehntel seines Monatseinkommens. Und viele dickere oder besser gemachte Bücher kosten dann 400, 800 oder 1200 Meticais und da überlege selbst ich, ob ich das Wagnis eingehe, einen mir unbe-kannten Autor zu lesen. Also greife ich auf das Sichere zurück und laß mir aus Deutschland von Amazon (einem Konzern, dem ich an und für sich wegen seiner Marktstellung eher mißtraue) ein Buchpaket liefern, bei dem ich für jedes Buch eine Besprechung bekomme und das nur mit 14 Euro Versandkosten zu Buche schlägt, egal wie schwer es ist.

    Und beneide Michael Kegler um seinen Job, der es ihm ermöglicht in dem Zentrum zu sitzen, wo die Infos über das mosambikanische Litera-turgeschehen zusammenlaufen – in Frankfurt auf der Buchmesse …

    Claudia-Maria Kukla, Regionaldirektorin von HORIZONT3000, dem einzigen österrei-chischen Personalentsendedienst zur Entwick-lungszusammenarbeit. Claudia-Maria Kukla studierte u.a. Lusofonie in Frankfurt a. M. und beschäftigt sich seit mehr als 25 Jahren mit

    portugiesischsprachiger Literatur aus Afrika. Seit 2004 lebt sie in Mosambik, zunächst als Friedensfachkraft in Maputo, seit 2007 in als Programme Officer und jetzt Regionaldirektorin in der Mitte des Landes.

    Offener Brief aus der Peripherie der PeripherieVon Claudia-Maria Kukla

    L

  • Mosambik-Rundbrief Nr. 81 • Dezember 2010 47

    „Holz“Foto: Lina Walker, Anne-Frank-Schule Lennestadt

    Foto: Katharina Pape, Europaschule Dortmund

  • Mosambik-Rundbrief Nr. 81 • Dezember 201048

    Thema

    „Folgen der Baumrodung: Erosion“Foto: Milagre Ferro Massambe, Escola Secundária Moatize

    „Schon vorbereitetes Holz“Foto: Elias António, Jacinta Francisco, Yona Alberto, Escola Secundária Moatize