Kunst- und Plansprachen - Phonologie, Morphologie und …abuch/16ss/05.pdf · Klingonisch, Esperanto) ... Funktionen gleichzeitig ausdrücken (Latein; Quenya) polysynthetischMehrere

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  • Armin Buch

    Phonologie

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    Kunst- und PlansprachenPhonologie, Morphologie und Lexikon

    Armin Buch

    2. Juni 2016

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    Lautinventar

    I Lautinventare sind nicht beliebig, es gibt Symmetrien undHierarchien.

    I Symmetrie: Unterscheidungen, die an einem Ort gemachtwerden, werden auch an anderen gemacht.

    I Hierarchie:I Nicht jeder Ort ist gleichermaen geeignetI Markiertheit: Manche Laute existieren typischerweise nur

    als Kontrast zu einem einfacheren Gegenpart.

    I Frei kombinierbare Merkmale, z.B. Nasalitt und Lngevon Vokalen

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    Detailtiefe

    I Ein Inventar kennzeichnet nur die phonemischenUnterschiede.

    I Interne Systematik der Sprache vs. universelle Systematikvon IPA:

    I 3 vs. 4 VokalhhenI Labial oder bilabial vs. labiodental?I [w] (labiovelarer Approximant)

    I Unterspezifizierung, z.B. Aspiration stimmloser Plosive

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    Allophonien

    I Zustzlich zur exakten Beschreibung eines Phonemes istdie Aussprache eines jeden Lautes aber kontextabhngig.

    I Das kann mikro-phonetische Variation sein, oder aber einpotentiell / in anderen Sprachen phonemischerUnterschied.

    I Dann sprechen wir von Allophonen: komplementrdistribuiert und herleitbar aus dem selbenzugrundeliegenden Laut.

    I Komplementre Distribution gengt nicht: /h/ vs. /N/I Gut konstruierte Sprachen spezifizieren auch Variation

    und Allophonien.

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    Phonotaktik und Silbeninventar

    I Ein Inventar ist noch keine Sprache, denn Wrter sindnicht beliebige Kombinationen aus Lauten.

    I Welche Laute (und Cluster) sind als Onset, Nukleus oderCoda erlaubt? (s. Sonorittshierarchie!)

    I Daraus ergibt sich ein Silbeninventar.I Wrter sind nicht beliebige Kombinationen aus Silben; es

    ist nur natrlich, in betonten Silben mehr zu unterscheidenals in unbetonten, im Onset mehr als in der Coda etc.

    I Beispiel: Auslautverhrtung neutralisiert einenStimmhaftigkeitsunterschied.

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    isolierend Grammatische Funktionen werden durch freieMorpheme (Wrter) ausgedrckt (Chinesisch;Toki Pona)

    agglutinierend je exakt ein gebundenes Morphem proFunktion, 1-zu-1-Abbildung (Finnisch;Klingonisch, Esperanto)

    flektierend Stmme und Affixe sind phonetisch vernderlichund haben Allomorphe; Affixe knnen mehrereFunktionen gleichzeitig ausdrcken (Latein;Quenya)

    polysynthetisch Mehrere Stmme pro Wort (Nahuatl; keinbekanntes Beispiel)

    https://en.wikipedia.org/wiki/Polysynthetic_language

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    Flexion und DerivationI Flexionsmorphologie realisiert morphosyntaktische

    Merkmale und erhlt die Wortart. Suppletivformen sindselten.

    I Dabei nutzt keine Sprache nur einen Typ, und das wandeltsich diachron:

    I Deutsch zeigt nur Anstze von Polysynthese (radfahren,bausparen)

    I Typisch: EinigeTempus-Modus-Aspekt-(TAM-)Kombinationenflektierend, andere flektierend-isolierend (Hilfsverben)

    I Prteritumsschwund; paraphrasierter KonjunktivI Lexikalisierte flektierende Kausative: trinken trnken

    I Derivationsmorphologie ndert potentiell die Wortart undkonkurriert mit eigenstndigen Wortstmmen: Nicht alleWrter, deren Bedeutung abgeleitet werden knnte, sindauch deriviert.

    I Kompositionsmorphologie verbindet freie Morpheme. DerKopf des Kompositums bestimmt diemorphosyntaktischen Eigenschaften.

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    Paradigmen

    I Die in einer Sprache morphologisch realisiertenmorphosyntaktischen Merkmale ergeben in ihrerKombinatorik die bekannten (Flexions-)Paradigmen.

    I Dabei sind meistens morphophonologische Prozesse zubeachten: lautliche Vernderungen beim Zusammentreffenvon Stamm und Endung.

    I Typisch fr flektierende Sprachen sind Flexionsklassen:lexiko-morphologische Merkmale, die einen Satz vonAffixen aus mehreren (semantisch identischen) auswhlen.

    I Fr manche Conlangs ist das Erstellen dieser Tabellen derKern, Beispiel Valyrisch.

    https://wiki.dothraki.org/High_Valyrian_Noun_Declensions

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    Steckbrief: Quenya

    Erfinder: J.R.R. Tolkien

    Jahr: 1910-1970

    Ziel: sthetik, Linguistik (s. Morph. und Lexikon)

    Schrift: eigene (Tengwar), romanisiert

    Phonologie: Standard + Palatale + labialisierte Laute

    Morphologie: agglutinierend geplant, etwas flektierendergeraten

    Syntax: wenig festgelegt; oft frei, weil in Lyrik verwendet

    Lexikon: Diachron hergeleitet, mit (P)IE-Einflssen(alternative Geschichte)

    Quellen:

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    SynkretismusI Synkretismus ist das Zusammenfallen von verschiedenen

    Zellen eines Paradigmas. Typisch fr Flexion, untypischfr Agglutination.

    I Beispiel Deutsch: Im Plural wird Genus nichtunterschieden. SG.FEM und SG.NEU unterscheiden nichtzwischen NOM und ACC.

    I Extremfall: Eine Kategorie wird gar nicht ausgedrckt.I So wird etwa der Dual in vielen Sprachen durch den Plural

    ausgedrckt, oder es wird nicht zwischen 1PL.INCL und1PL.EXCL unterschieden.

    I Quenya hat sowohl SG/DU/PL als auch INCL/EXCL, undist damit (unbeabsichtigt!) eine typologische Raritt:1

    Subjekt EXCL INCLDU -mm/-nw -ngwPL -lm -lw/-lv

    1 Quelle fr die Pronomen, Datenbank zu Pronominalsystemen

    https://en.wikipedia.org/wiki/Quenya_grammar#Pronounshttp://pdb.simon.net.nz/

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    Das Lexikon

    I Fr viele (v.a. historisch ltere, aber auch linguistischunbedarftere) conlangs ist das Lexikon der zentrale Teil.

    I Im Extremfall ist eine conlang nur eine Relexifizierungeiner bestehenden Sprache, weil die Grammatikunhinterfragt bernommen wird.

    I Philosopische Sprachen und Welthilfssprachen habentypischerweise ein kleines, weil logisches oder leicht zuerlernendes Grundvokabular.

    I Dazu kommt eine sehr produktive, regelhafte2

    Derivationsmorphologie.I Die entstehenden Wrter mssen aber lexikalisiert

    werden, denn sie sind nicht zwingend eindeutig.I Arbeitsteilung zwischen Lexikalisierung und

    Komposition: Bis zu einem bestimmten Punkt ist eseinfacher, ein neues Wort zu lernen.

    2vgl. die arbitrre deutsche Adjektivderivation auf -ig, -lich, -il, -s u.v.m.

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    A priori / a posteriori

    I Das Lexikon von IALs ist typischerweise a posteriori, d.h.bernommen aus bestehenden (bekannten) Sprachen.

    I Kunstsprachen bedienen sich entweder aus einer Vorlage(altlangs, aber auch erfundene Sprachfamilien), oder sieerfinden das Vokabular neu.

    I Dennoch ist der Prozess, Form-Bedeutungs-Paare zuerschaffen nicht vllig beliebig.3

    I Neben der sthetik spielen auch andere Erwgungen eineRolle, siehe z.B. klingonisch GotI' (ghotI)

    3Eine Zufallsgenerierung kann benutzt werden. Angewendet inlinguistischen Sprachsimulationen.

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    Enlehnungen

    I Entlehnungen mssen (weitgehend!) der Phonotaktik derZielsprache folgen.

    I Dabei erlauben manche Sprachen im Lehnwortbereichmehr als im nativen Wortschatz.

    I Beispiele aus dem Deutschen?I Beispiel aus dem Klingonischen: qIrq qIrq, ein

    Eigenname mit finalem ClusterI Entlehnungen knnen aber auch semantisch

    re-interpretiert sein:I Taino (Arawakan, Karibik) hamaka > sp. hamaca >

    en. hammock & dt. (1529) Hamach > Hngematte

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    Steckbrief: Toki Pona

    Erfinder: Sonja Lang (Sonja Elen Kisa)

    Jahr: 2001

    Ziel: minimalistisch (Taoismus)

    Schrift: romanisiert

    Phonologie: 14 Phoneme

    Morphologie: keine

    Syntax: fix; Partikeln, die strukturelle Ambiguittenauflsen

    Lexikon: abgeschlossen mit 120 Wrtern (entlehnt ausvielen verschiedenen Sprachen), erweitert nurdurch Komposita

    Quellen: Homepage

    http://tokipona.org/

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    Beispiel: Toki Pona

    I Toki Pona unterscheidet Wortarten nicht wirklich;Komposita verhalten sich wie phrasale (NP)Lexikoneintrge.

    I Diese mssen konventionalisiert sein:

    Beispiel

    sikerund

    mamaMutter

    wasoVogel

    Vogelmutterkugel (= Ei)

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    Beispiel: Toki Pona

    I Komposita sind strukturell ambig:

    Beispiel

    tomoHaus

    teloWasser

    nasaanders/komisch

    komisches Wasserhaus (= k. Toilette) / Komisches-Wasser-Haus(=Kneipe)

    Beispiel

    tomoHaus

    pivon

    teloWasser

    nasakomisch

    Kneipe

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    Beispiel: EsperantoI Esperanto nutzt seine Derivationssuffixe, auch ohne

    Stamm.I Dabei stehen Entlehnungen (sprachabhngig, aber

    natrlicher) im Kontrast zu Eigenbildungen:

    Beispiel

    kamarad-oKamerad-N

    //

    kun-ul-omit-NMLZ-N

    Beispiel

    KvankamObwohl

    HitlerHitler

    kajund

    StalinStalin

    estissind

    malamikoj,Feinde,

    ilisie

    estissind

    sam-far-ant-o-jgleich-mach-NMLZ-N-PL

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    Beispiel: IthkuilI Als philosophische Sprache hat Ithkuil eine semantische

    Theorie: Eine geschlossene Menge von primitivenBedeutungen und semantisch definierte Derivationssuffixe.

    I Aus jeder Wurzel werden semi-transparent verschiedeneStmme abgeleitet, von denen dann transparent(er)deriviert wird

    I Beispiele siehe hier.

    Beispiel

    e-M1, S2

    l-lautliche uerung

    al-?

    -Typ 2, Grad 7

    ptWahrheit

    lgen

    I Dabei bezeichnet der zweite Stamm des ersten Mustersden Akt des Redens, und der siebte Wahrheitswert istvorgetuscht.

    http://www.ithkuil.net/10_lexico-semantics.html

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    Hausaufgabe

    I Schlagen Sie in Ihrer Sprache bersetzungen nach fr vollsein (von), Boot

    I Erfinden Sie ein phonetisch in die Sprache passendes Wortfr Aal (wenn es schon eins gibt, nehmen Sie einenanderen Fisch).

    I Entlehnen Sie ein Wort fr Luftkissenboot (egal auswelcher Sprache), und erfinden Sie ein nativesKompositum (aber bitte keineStamm-fr-Stamm-bersetzung von Luft-Kissen-Boot!)fr dasselbe Konzept.

    I Bringen Sie Beispiele aus Ihrer Sprache fr flektierende,isolierende, agglutinative und polysynthetischeMorphologie, und zeigen Sie, dass der jeweilige Typtatschlich vorliegt. (Manche kommen ggf. gar nicht vor.)

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