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LÄNDERPORTRÄT Ohne jede Taktik ENGLAND Brexit. Kein Thema bestimmt Politik, Wirtschaft und Gesellschaft im Land so sehr wie das Referendum aus dem Sommer 2016, bei dem 52% der Beteiligten für einen Austritt aus der Europäischen Union gestimmt hatten. Nach dem Votum, das zwar legal nicht bindend, aber für die Politik richtungsweisend ist, trat Premierminister David Cameron zurück. Für seine Nachfolgerin Theresa May ist auch nach fast zwei Jahren noch keine Ruhe eingekehrt. Zu groß ist die Verunsicherung im Land, zu unklar ist, wie es nach dem Austritt aus der EU weiter gehen soll und zu zerstritten ist ihr konservatives Kabinett über den richtigen Weg aus der Misere. Dazu kommt, dass mit Schottland und Nordirland Teile des Vereinigten Königreichs gegen den Austritt gestimmt haben, auch die Metropole London war klar für den Verbleib in der EU. So spaltet sich am Brexit zur Zeit die britische Gesellschaft. Für viele Befürworter war der Austritt aus der EU gleichbedeutend mit weniger Migration und höheren Investitionen in das Sozialsystem und die Infrastruktur, doch das hat sich als Fehlkalkulation herausgestellt. Auch die Wirtschaft stagniert weiter, und noch ist unklar, ob und wie der Zugang zum europäischen Markt gestaltet wird. May und ihr Kabinett stehen planlos vor einem Scherbenhaufen, gleichzeitig drängen auch andere politische Aufgaben wie das dringend reformbedürftige Gesundheitssystem. Freie Wahlen Meinungsfreiheit Schutz der Bürgerrechte Soziale Inklusion Korruptionsbekämpfung Wahlen sind grundsätzlich frei und fair. Probleme gibt es nur bei der spendenbasierten Parteienfinanzierung, die schon öfter zu Missbrauch geführt hat, und bezüglich dem Zugang zu Medien, von dem hauptsächlich die größeren Parteien profitieren. Volksabstimmungen sind selten und für die Regierung nicht bindend. Die Presse- und Meinungsfreiheit ist gewährleistet und Medien agieren weitgehend unabhängig. Einige Skandale haben aber die Verbindungen zwischen Presse und Politikern offengelegt. Die Regierung hat aktiv versucht, die Berichterstattung über Fragen der Überwachung zu verhindern. Die Medienkonzentration ist signifikant. Traditionell gibt es große Einkommensunterschiede in England. Seit Jahren versuchen Regierungen, Armut und Ungleichheit einzudämmen. Die Bildungsmobilität ist viel besser geworden und Kinderarmut stark zurückgegangen. Das Stadt-Land-Gefälle, insbesondere zwischen London und dem Umland, ist sehr groß. Die Bürgerrechte sind im Allgemeinen angemessen geschützt, aber die Maßnahmen zur Terrorbekämpfung sind immer härter geworden und räumen dem Staat große Freiheiten zur Überwachung ein. Die unbefristete Inhaftierung von Ausländern wurde von Gerichten gekippt und dann von der Regierung erneut angeordnet. Das Land ist größtenteils frei von Korruption und es gibt kaum Hinweise darauf, dass Bestechung oder Ähnliches auf nationaler Ebene eine Rolle spielt. Inzwischen müssen Abgeordnete ihre Ausgaben und Einkünfte offen legen. Auf lokaler Ebene gibt es von Zeit zu Zeit Skandale um Immobilienentwicklung und die Vergabe von Aufträgen. guter Spielaufbau gute Fankultur mäßige Defensive guter Teamgeist gutes Fairplay www.sgi-network.org/2017/ United_Kingdom Den ausführlichen Länder- bericht der SGI 2017 (auf Englisch) gibt es hier:

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LÄNDERPORTRÄT

Ohne jede Taktik

ENGLAND

Brexit. Kein Thema bestimmt Politik, Wirtschaft und Gesellschaft im Land so sehr wie das Referendum aus dem Sommer 2016, bei dem 52% der Beteiligten für einen Austritt aus der Europäischen Union gestimmt hatten. Nach dem Votum, das zwar legal nicht bindend, aber für die Politik richtungsweisend ist, trat Premierminister David Cameron zurück. Für seine Nachfolgerin Theresa May ist auch nach fast zwei Jahren noch keine Ruhe eingekehrt. Zu groß ist die Verunsicherung im Land, zu unklar ist, wie es nach dem Austritt aus der EU weiter gehen soll und zu zerstritten ist ihr konservatives Kabinett über den richtigen Weg aus der Misere. Dazu kommt, dass mit Schottland und Nordirland Teile des Vereinigten Königreichs gegen den Austritt gestimmt haben, auch die Metropole London war klar für den Verbleib in der EU. So spaltet sich am Brexit zur Zeit die britische Gesellschaft. Für viele Befürworter war der Austritt aus der EU gleichbedeutend mit weniger Migration und höheren Investitionen in das Sozialsystem und die Infrastruktur, doch das hat sich als Fehlkalkulation herausgestellt. Auch die Wirtschaft stagniert weiter, und noch ist unklar, ob und wie der Zugang zum europäischen Markt gestaltet wird. May und ihr Kabinett stehen planlos vor einem Scherbenhaufen, gleichzeitig drängen auch andere politische Aufgaben wie das dringend reformbedürftige Gesundheitssystem.

Freie Wahlen Meinungsfreiheit

Schutz der Bürgerrechte Soziale Inklusion

Korruptionsbekämpfung

Wahlen sind grundsätzlich frei und fair. Probleme gibt es nur bei der spendenbasierten Parteienfinanzierung, die schon öfter zu Missbrauch geführt hat, und bezüglich dem Zugang zu Medien, von dem hauptsächlich die größeren Parteien profitieren. Volksabstimmungen sind selten und für die Regierung nicht bindend.

Die Presse- und Meinungsfreiheit ist gewährleistet und Medien agieren weitgehend unabhängig. Einige Skandale haben aber die Verbindungen zwischen Presse und Politikern offengelegt. Die Regierung hat aktiv versucht, die Berichterstattung über Fragen der Überwachung zu verhindern. Die Medienkonzentration ist signifikant.

Traditionell gibt es große Einkommensunterschiede in England. Seit Jahren versuchen Regierungen, Armut und Ungleichheit einzudämmen. Die Bildungsmobilität ist viel besser geworden und Kinderarmut stark zurückgegangen. Das Stadt-Land-Gefälle, insbesondere zwischen London und dem Umland, ist sehr groß.

Die Bürgerrechte sind im Allgemeinen angemessen geschützt, aber die Maßnahmen zur Terrorbekämpfung sind immer härter geworden und räumen dem Staat große Freiheiten zur Überwachung ein. Die unbefristete Inhaftierung von Ausländern wurde von Gerichten gekippt und dann von der Regierung erneut angeordnet.

Das Land ist größtenteils frei von Korruption und es gibt kaum Hinweise darauf, dass Bestechung oder Ähnliches auf nationaler Ebene eine Rolle spielt. Inzwischen müssen Abgeordnete ihre Ausgaben und Einkünfte offen legen. Auf lokaler Ebene gibt es von Zeit zu Zeit Skandale um Immobilienentwicklung und die Vergabe von Aufträgen.

guter Spielaufbau gute Fankultur

mäßige Defensive guter Teamgeist

gutes Fairplaywww.sgi-network.org/2017/United_Kingdom

Den ausführlichen Länder- bericht der SGI 2017 (auf Englisch) gibt es hier: