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Landschaftswandel im Linthgebiet als Folge der Kanalisierung Projektarbeit Basisjahr D-BAUG SS 2006 AutorInnen: Thema: „Kulturlandschaftswandel“ Manuel Krähenbühl Institut für Kartografie, ETH Zürich Rahel Künzle Juli 2006 Evelyn Mächler Leitung: Prof. Dr. Lorenz Hurni Lena Mutzner Betreuung: Dr. Christian Häberling

Landschaftswandel im Linthgebiet - ETH Z

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Landschaftswandel im Linthgebiet

als Folge der Kanalisierung

Projektarbeit Basisjahr D-BAUG SS 2006 AutorInnen: Thema: „Kulturlandschaftswandel“ Manuel Krähenbühl Institut für Kartografie, ETH Zürich Rahel Künzle Juli 2006 Evelyn Mächler Leitung: Prof. Dr. Lorenz Hurni Lena Mutzner Betreuung: Dr. Christian Häberling

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Inhalt

INHALT 2 ABBILDUNGSVERZEICHNIS 3 1 EINLEITUNG 4 2 DIE LINTHEBENE IM 18. JAHRHUNDERT 5

2.1 DIE SITUATION VOR DER LINTHKANALISIERUNG 5 2.2 DER BAU 7

3 SÜMPFE UND LANDSCHAFT 9 3.1 SUMPF- UND RIEDGEBIETE VOR DER KORREKTION 9 3.2 RÜCKGANG DER SUMPFGEBIETE NACH DER KORREKTION 9 3.3 KALTBRUNNER RIET 11

4 VERKEHRSWEGE 12 4.1 VERKEHRSNETZE VOR DER LINTHKORREKTION 12 4.2 AUSBAU DER VERKEHRSNETZE NACH DER LINTHKORREKTION 12

5 DAS LEBEN IN DEN DÖRFERN 17 5.1 WEESEN 19

6 AUSBLICK: REVITALISIERUNG DES LINTHKANALS 22 6.1 ARGUMENTE FÜR EINE REVITALISIERUNG 22 6.2 ARGUMENTE GEGEN EINE REVITALISIERUNG 23

7 INTERVIEW ZUM THEMA „LINTHGEBIET“ 23 8 ZUSAMMENFASSUNG 26 9 FAZIT 26 ANHANG 27

BESUCH DES AUDITORIUMS AM LINTH-ESCHER-KANAL 27 QUELLENVERZEICHNIS 31 ABBILDUNGSQUELLEN 32

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Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Karte der Linthebene mit Dörfern und altem Linthlauf sowie neuem

Linthlauf. 5 Abbildung 2: Einige der einfachen Geräte, die beim Kanalbau verwendet wurden. 8 Abbildung 3: Rückgang der Sumpf- und Riedgebiete. 9 Abbildung 4: Typischer Landwirtschaftsbetrieb im Linthgebiet. 10 Abbildung 5: Kaltbrunner Riet. 11 Abbildung 6: Kupferstich eines Ledischiffs. 12 Abbildung 7: Ziegelbrücke im Jahre 1850. 13 Abbildung 8: Bahnhof Ziegelbrücke im Jahre 2006. 13 Abbildung 9: Linthebene, 1811 14 Abbildung 10: Auf der Doufurkarte von 1850 sind bereits befahrbare Strassen

vorhanden. 14 Abbildung 11: Auf der Landeskarte von 2003 sieht man die Autobahnen und das

Bahnnetz. 15 Abbildung 12: Bunker am Linthkanal, 2006. 16 Abbildung 13: In der Skizze von 1807, sieht man ein kleines Dorf umgeben von

Sumpf. 17 Abbildung 14: Kurz nach dem Kanalbau. Gut erkennbar sind Kanal und alte Linth.

Der Walensee geht bis weit ins Land und um Weesen ist alles versumpft. 19 Abbildung 15: 1850 hat sich der Walensee schon weit zurück gezogen und die

Ebene ist entsumpft. 20 Abbildung 16: Die Landeskarte von 2003 zeigt den Zustand um Weesen heute. 20 Abbildung 17: Radierung des überschwemmten Weesens von 1809 mit

ursprünglichem Strassenniveau 21 Abbildung 18: Weesen heute mit erhöhten Strassen 21 Abbildung 19: Ideenskizze einer Revitalisierung 22 Abbildung 20: Der umgebaute Bunker des Linth-Escher Auditoriums von aussen. 27 Abbildung 21: Werkzeuge aus der Zeit der Linthkorrektion. 28 Abbildung 22: Überblick über das Erdgeschoss des Auditoriums. 28 Abbildung 23: Dokumentensammlung. 29 Abbildung 24: Heimfahrt am Linthkanal nach dem Museumbesuch. 29 Abbildung 25: Manuel bei der näheren Betrachtung des Kanals. 30

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1 Einleitung Landschaften, die durch den Menschen genutzt und bebaut werden, werden allgemein als Kulturlandschaften bezeichnet. Durch die Nutzung und Bebauung verändern sie sich laufend, was bei einem Vergleich von Karten aus unterschiedlichen Zeitabschnitten deutlich wird. In dieser Arbeit wollen wir nicht nur den Wandel, sondern auch dessen Ursache beschreiben. Schnell war unserer Gruppe klar, dass eine Flusskanalisierung oder ein Stausee und dessen Auswirkungen auf die Umwelt das Thema unserer Projektarbeit sein sollte. Weil die Gegend allen bekannt war, entschieden wir uns für den Linthkanal und somit für die ganze Linthebene zwischen dem Walensee und dem Zürichsee. Wir wollten vor allem die Veränderungen der Dörfer, der Sumpf- und Riedgebiete und des Verkehrs betrachten. Als Grundlage dienten uns verschiedene Karten aus unterschiedlichen Zeiten (vor dem Bau des Kanals bis in die Gegenwart). Weitere Informationen fanden wir in Büchern, Internetseiten, Statistiken und Fotos. Ausserdem unternahmen wir einen Ausflug ins Museum der Linth Escher Gesellschaft in Mollis und führten ein Interview mit Dr. Daniel Speich, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für technische Geschichte der ETHZ, durch.

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2 Die Linthebene im 18. Jahrhundert

2.1 Die Situation vor der Linthkanalisierung Bis Anfang des achtzehnten Jahrhunderts hatte man in der Linthebene, dem Gebiet zwischen Walensee und Zürichsee, mit verschiedenen Problemen zu kämpfen, deren Ursprung alle in der Linth, der Glarner Linth und der Maag lagen.

Abbildung 1: Karte der Linthebene mit Dörfern und altem Linthlauf sowie neuem Linthlauf.

Grob gesagt konnte man die verschiedenen Problemezonen dieser Ebene regional in zwei Teile aufteilen: In das Gebiet vom Walensee bis Ziegelbrücke und der Ebene flussabwärts von Ziegelbrücke. In der Ebene floss die Linth, die den Walensee und den Zürichsee verbindet, ohne Rücksicht auf Siedlungsgebiete und kultivierte Landschaften zu nehmen. Da es sich bei der Linth um einen Fluss handelt, der sein Einzugsgebiet in den Glarner Alpen hat und durch die jahreszeitlichen Schwankungen jeweils unterschiedlich viel Wasser transportiert, suchte und grub sich dieser von Zeit zu Zeit auch wieder ein neues Flussbett. Dies erschwerte ein Leben in der Ebene. So wurde immer wieder bebautes Land aufgrund des Flussbettwechsels überflutet und es bildeten sich Sümpfe. Das Haushaltsabwasser, das zu dieser Zeit noch nicht geklärt und gereinigt werden konnte, gelangte in die Sümpfe und kontaminierte diese mit unzähligen, für den Menschen schädliche Bakterien. Diese Bakterien fanden in den Feuchtgebieten einen idealen Nährboden zur Vermehrung und hatten negative Auswirkungen auf die Gesundheit der dort ansässigen Bevölkerung. Ein ähnliches Schicksal erreichte auch die Gegend rund um den Walensee. Durch Geschiebemassen der Glarner Linth und durch Unwetter, die Murgänge auslösten, bildete sich bei Ziegelbrücke ein Zapfen in Form einer natürlichen

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Staumauer, die verhinderte, dass die alte Maag in die Linth und die Linth in den Zürichsee abfliessen konnte. Zeitweise war sogar das Gegenteil der Fall, dass nämlich die alte Linth die alte Maag wieder in den Walensee zurückdrängte. Durch diesen Zapfen stieg der Pegel des Walensees zunehmend an und überflutete und versumpfte die anliegenden Gebiete rund um den Walensee. Aufgrund der darauffolgenden Überflutungen und Versumpfungen entstanden für die Bevölkerung grosse Probleme. Einerseits konnten die überschwemmten und versumpften Gebiete nicht mehr als Siedlungs- oder Landwirtschaftsraum genutzt werden. Mit dem Verlust von grossen Flächen, die zuvor dem Gemüse- und Obstanbau dienten, konnte die Versorgung der Bevölkerung mit genügend Nahrungsmitteln nicht mehr gewährleistet werden. Andererseits war die Aufrechterhaltung der Hygiene in diesen Feuchtgebieten nicht mehr möglich. Wie auch in der restlichen Linthebene kam es zu tödlichen Fieberkrankeiten, deren Ursprung in den Sumpfgebieten lag. Da diese Situation nicht mehr tragbar war, entschloss man sich durch die Kanalisierung der Linth die Region zu sanieren. Verschiedene Vorschläge, die sich an bereits bestehenden Flusskorrekturen wie zum Beispiel der Kanderkorrektur im Kanton Bern orientierten und diese zum Vorbild nahmen, wurden begutachtet. Die grossen Kosten wirkten aber abschreckend und so wurde keine dieser Varianten realisiert, bis Hans Konrad Escher den Auftrag erhielt, eine Linthkorrektur durchzuführen. In einem Aufruf an die gesamte Schweizerische Nation wurde das Elend beschrieben und um finanzielle Unterstützung zur Realisierung des Rettungswerks „Linthkanal“ gebeten. Dazu wurde eine Aktiengesellschaft gegründet. „Doch wohl! Noch ist Hülfe da! In euern Herzen ist sie! Lasst uns ihnen zur Rettung eilen! Dass ihr versunkener Boden von diesen traurigen Morästen befreyt,- ihre verpestete Luft gereinigt, ihr Nachkommenschaft der Gefahr eines langsamen, aber unvermeidlichen Untergangs entrissen werde, - dies ist die Wohlthat, um welche sie bitten, welche ihr ihnen nicht versagen könnet!“1 Durch diese Aktiengesellschaft, übrigens die allererste der Schweiz, konnten genügend finanzielle Mittel für den Bau gesammelt werden. Das Aktienkapital von anfangs 1600 Aktien zu je 200.- Schweizerfranken konnte aufgrund des grossen Interesses sogar auf 2000 Aktien aufgestockt werden. Während der Bauzeit wurde die Aktienanzahl sogar auf gut 4000 Stück erhöht. Man vermutet, dass dieser Betrag nicht nur aus gutem Wille zur Unterstützung der notleidenden Bevölkerung zusammen kam, sondern das auch die Aussicht auf einen Kanal, der einen Gütertransport vereinfacht und verkürzt, ausschlaggebend zur Beteiligung war. Land, das durch Überflutung und Versumpfung beinahe unbrauchbar geworden war, wurde dem jeweiligen Besitzer abgekauft. Diese Parzellen wurden auf einen tiefen Wert geschätzt und konnten zu billigen Preisen durch die Linthkommission aufgekauft werden. Nach der Kanalisation, als das Land wieder bebaubar war,

1 „Aufruf an die Schweizerische Nation zur Rettung der […] Bewohner […] des Walensee und des unteren Linth-Thales“, Johann Jth und Hans Conrad Escher, 1807 “Das Linthwerk”, Hans Konrad Escher von der Linth-Gesellschaft, Seite 19

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verkaufte man dieses wiederum an den alten Besitzer, diesmal aber zu höheren Preisen aufgrund des Mehrwertes. Diese Gewinne erlaubten der Linthkommission die Aktien wieder zurück zu kaufen und zu entwerten und die Anleger bekamen ihr investiertes Geld eins zu eins oder mit einer kleinen Rendite wieder zurück. Die Gesamkosten entsprachen einem „Gegenwert von 15 bis 20 Tonnen Gold, was einem heutigen Wert von zirka 300 bis 400 Millionen Franken entsprach.“2

2.2 Der Bau Im Jahre 1807 begann man unter Leitung von Hans Konrad Escher mit den Bauarbeiten. Geplant war, die alte Linth, die aus den Glarner Alpen kam und in Ziegelbrücke mit der alten Maag zusammenfloss, direkt in den Walensee zu leiten. Das Geschiebe, das die alte Linth mit sich führte, konnte so im Walensee abgelagert werden. Das Flussbett der alten Maag wollte man verbreitern. Es sollte als Ausfluss des Walensees dienen und das Wasser auf dem kürztesten Weg in den Zürichsee leiten. Beide Kanäle sollten in einer Doppeltrapezform angelegt werden. Bei einer kleinen Wassermenge konnte der Fluss so im kleinen inneren Trapez fliessen. Dadurch wurde garantiert, dass das Gewässer überhaupt fliessen kann, was bei einem zu breiten Flussbett nicht der Fall gewesen wäre. Durch dieses kleine Trapez erreichte man auch eine genügende Flusstiefe, so dass der Schiffsbetrieb gewährleistet werden konnte. Sollte die Linth mehr Wasser führen als normal, so wurde das zweite Trapez geflutet, ohne dass die Wassermassen den Kanal verliessen. Da der Wasserspiegel des Kanals oberhalb der Höhe der Ebene lag, war es nicht möglich die zahlreichen Nebenflüsse in den Kanal fliessen zu lassen. Aus diesem Grund wollte man sogenannte Hintergräben anlegen, die den Kanal rechts und links säumen und in die man die Nebenflüsse leiten kann. Gebaut wurde der Kanal vor allem in den kühlen Frühlings-, Herbst- und Wintermonaten. Während dieser Zeit führte die Linth nicht so viel Wasser, da dieses in Form Schnee und Eis in den umliegenden Bergen gespeichert war. Zudem waren durch die Kälte die Insektenplage und die bakterielle Gefahr eingedämmt. Ausserdem war der gefrorene Sumpf besser begehbar. Gebaut wurde von Hand und mit Ochsenkraft. Mit Stechschaufeln und anderen eher einfachen Geräten grub man sich in die Tiefe.

2 „Das Linthwerk“, Hans Konrad Escher von der Linth-Gesellschaft, Seite 51

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Abbildung 2: Einige der einfachen Geräte, die beim Kanalbau verwendet wurden.

Wo immer möglich nutzte man aber die Wasserkraft der Linth. So wurden sogenannte Faschinen im Fluss versenkt. Mit diesen Faschinen, eine Art geflochtene Barrikade, versuchte man den Lauf der Linth zu verengen. Wie vom Venturi-Effekt bekannt, fliesst ein Strom, wenn er eine verengte Passage passieren muss, schneller. Durch die höhere Geschwindigkeit riss nun die Linth viel Sand und Geschiebe mit sich und grub sich somit ihr zukünftiges Flussbett selbst. Der Strom mit dem Geschiebe wurde meistens so umgeleitet, dass das Geschiebe in den früheren und unerwünschten Flusslauf geriet und dort sedimentierte. Nach und nach wurde so der alte Flusslauf mit Geröll gefüllt und ein neues Flussbett wurde ausgehoben. Wo diese Methode nicht funktionierte, beispielsweise in kompakten lehmigen Böden, behalf man sich mit anderen Mitteln. So wurde mit starken Rudern eines verankerten Schiffs der lehmige Boden aufgewirbelt. Die aufgewirbelten und nun vom restlichen Boden getrennten Lehmteile wurden mit der Strömung mitgerissen und flussabwärts verfrachtet. Mancherorts musste der harte Untergrund auch weggesprengt werden, wenn man mit den vorher genannten Methoden nicht zum Ziel kam. Für die Bauarbeiten wurden Arbeiter aus der Region angestellt. Es handelte sich dabei nicht etwa um Zwangsarbeiten, die Arbeiter wurden entlöhnt. Arbeitstrupps, die sich bereits profiliert und gute Arbeit geleistet hatten, wurden anspruchsvollen Kanalabschnitten zugeteilt, wo es dementsprechend auch mehr Lohn gab. Durch diese Art von Leistungslohn wollte man die Arbeiter anspornen. In Jahre 1811 konnte der Kanal, welcher die alte Linth in den Walensee leitet, eingeweiht werden. Für die Verdienste und in grosser Dankbarkeit für den Einsatz von Hans Konrad Escher nannte man diesen Kanalabschnitt Escherkanal und unter diesem Namen findet man dieses Werk noch heute auf den Landkarten. 1822 wurde der Linthkanal eröffnet, der längere der zwei Kanäle, der Walensee und Zürichsee verbindet.

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3 Sümpfe und Landschaft

3.1 Sumpf- und Riedgebiete vor der Korrektion Vor dem Kanalbau bestand beinahe die gesamte Linthebene aus grossflächigen Sumpf- und Riedgebieten, wie etwa dem Benkenerriet, das fast das ganze Gebiet von Tuggen bis nach Kaltbrunn und Uznach umfasste. Vor allem Hochwasser und Überschwemmungen machten eine Nutzung in vielen Gegenden unmöglich. Die Versumpfung in der Umgebung von Ziegelbrücke und Weesen nahm wegen dem Rückstau der Maag bei Ziegelbrücke, welcher durch das Geschiebe der Glarner Linth verursacht wurde, sogar zu.

3.2 Rückgang der Sumpfgebiete nach der Korrektion

Abbildung 3: Rückgang der Sumpf- und Riedgebiete.

Als Folge des Kanalbaus Anfang des 19. Jahrhunderts sank der Wasserspiegel des Walensees um etwa 5 bis 6 Meter. Aus diesem Grund gingen die Sümpfe bei Weesen, Nieder- und Oberurnen stark zurück, wodurch das Land landwirtschaftlich nutzbar gemacht wurde. Auch die Sümpfe um Ziegelbrücke verschwanden mit der Umleitung der Glarner Linth in den Walensee. Alle anderen Sumpfgebiete der Linthebene wurden durch die Linthkanalisierung nicht verändert. Obwohl es keine Überschwemmungen mehr gab, wurde der Boden nicht

Rückgang der Sumpf- und Riedgebiete: Blau: 1960 und auch 2003 noch vorhanden

Rot: Rückgang von 1920 bis ca. 1965

Grün: Rückgang von 1880 bis 1920

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fruchtbar. Um das Land wenigstens zur Streugewinnung nutzen zu können, wurde es daraufhin künstlich überschwemmt und verwandelte sich in Riedland. Zu dieser Zeit wurde zunehmend auf Milchwirtschaft umgestellt, was die Stallhaltung der Kühe und eine damit verbundenen Nachfrage nach Einstreu zur Folge hatte. Das in der Linthebene gewonnene Riedgras war als Einstreu sehr gefragt und verhalf den Landwirten zu einem zusätzlichen Einkommen. Auf den Karten von 1880 und 1920 ist eine starke Zunahme von Gräben, die zur Entwässerung angelegt wurden, zu beobachten. Auf Grund dieser Massnahmen wurden der Schäniser Sumpf, das Obere Benkner Riet und die Sümpfe bei Kaltbrunn und Uznach stark reduziert. Die Entwässerung mittels Gräben braucht sehr viel Zeit, so sind auf einigen Kartenausschnitten um 1900 zwar Gräben zu sehen, aber die Umgebung besteht noch immer aus Sumpf oder Ried. Zudem zerstückeln die Gräben das nutzbare Land, was eine ziemlich umständliche Bewirtschaftung mit sich bringt.

Abbildung 4: Typischer Landwirtschaftsbetrieb im Linthgebiet.

Die endgültige Entwässerung der nördlichen Linthebene wurde erst durch eine staatlich subventionierte Entsumpfung von 1937 bis 1964, welche eine Art Arbeitsbeschaffungsmassnahme darstellte, erreicht. Durch Drainage(unterirdische Entwässerungsrinnen) und einem speziellen Pumpwerk bei Grinau konnten etwa 2000 Hektaren Land- das ganze untere Benkner Riet und Reste des Schäniser Riet- urbar gemacht werden. Das durch die Entwässerung gewonnene Land eignet sich aber nicht für den Ackerbau und wird deshalb bis heute zur Beweidung, zur Grasgewinnung oder zum Anbau von Futtergetreide genutzt. Von der einst riesigen Sumpflandschaft blieben nur kleine Teile wie zum Beispiel das Mündungsgebiet des Zürichsees und das Kaltbrunner Riet bestehen. Eine Folge der Entsumpfung ist die Senkung des Grundwasserspiegels und eine damit verbundene Bodenverdichtung. Der Boden hat sich so weit gesenkt (bis zu 2 Meter), so dass der Ebene eine erneute Versumpfung droht, da sich der Boden nun beinahe auf dem Niveau des Grundwasserspiegels befindet.

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3.3 Kaltbrunner Riet Das Kaltbrunner Riet ist ein Naturschutzgebiet von Pro Natura, welches etwa 50 Hektaren Ried- und Sumpflandschaft und auch drei Teiche umfasst. Ein Teil des heutigen Gebiets wurde 1939 vor allem wegen seiner Bedeutung für die Sumpf- und Wasservögel gekauft. Das Gebiet entwickelte sich zunehmend zu einem wichtigen Rückzugsgebiet für gefährdete Pflanzen- und Tierarten und ist seit 1990 Teil des weltweiten Netzwerks von Feuchtgebieten mit internationaler Bedeutung (Ramsar Liste).¨

Wegen der starken Entwässerung der umliegenden Gebiete besteht trotz einer künstlichen Bewässerung die Gefahr, dass auch das Kaltbrunner Riet austrocknet.

Abbildung 5: Kaltbrunner Riet.

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4 Verkehrswege Die Verkehrswege im Linthgebiet haben sich im Wandel der Zeit stark verändert. Ausschlaggebend für diese Entwicklung waren die Entsumpfung des Linthgebiets und die Kanalisierung der Linth.

4.1 Verkehrsnetze vor der Linthkorrektion Vor der Kanalisierung der Linth hatte die Schifffahrt einen grossen Stellenwert für die Bewohner der Linthebene. Der Verkehr per Schiff war die einzige Möglichkeit, Ware effizient vom Glarnerland nach Zürich zu schaffen, denn ein Strassennetz war wegen des Sumpfes nicht vorhanden. Einzig einige Riedwege, die aber nur mühsam zu befahren waren. Die bis zu 30m langen Ledischiffe nannte man „Glarner- oder Bauerntannen“, welche dank der ausgeprägten Strömung ohne zusätzliche Massnahmen stromabwärts treiben konnten.

Abbildung 6: Kupferstich eines Ledischiffs.

4.2 Ausbau der Verkehrsnetze nach der Linthkorrektion Durch die Entsumpfung der Linthebene wurde die Grundlage für eine vernetzte Verkehrsinfrastruktur gelegt. Neben der weiterhin regen Schifffahrt konnten nun auch Strassen und Brücken erbaut werden, die die ehemals versumpften Gebiete miteinander verbanden. In Abbildung 7 sieht man die Gemeinde Ziegelbrücke im Jahr 1850. Ziegelbrücke war ein wichtiger Umschlagsplatz für Güter, die per Schiff transportiert wurden. Ausserdem erkennt man auf dem Stahlstich eine Brücke, welche Ziegelbrücke mit den übrigen Dörfern verbindet. Natürlich nahm durch den Brückenbau auch die Attraktivität der Dörfer zu, weil diese jetzt ohne Umwege zu erreichen waren.

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Abbildung 7: Ziegelbrücke im Jahre 1850.

Erst mit der Eröffnung der Eisenbahnlinie Schmerikon – Uznach – Benken – Schänis – Ziegelbrücke – Weesen im Jahre 1858, wurde die Schifffahrt auf dem Linthkanal weitgehend verdrängt. Die Gemeinde Ziegelbrücke erweist sich auch heute noch als wichtiger Knotenpunkt. So verbindet der Bahnhof Ziegelbrücke die Schienenwege Zürich-Chur und Rapperswil-Linthal und bildet die Endstation der Linie S2 der S-Bahn Zürich. Erwähnenswert ist zudem, dass Ziegelbrücke durch den Linthkanal in zwei Hälften geteilt wurde. Der nördliche Teil mit dem SBB-Bahnhof liegt auf dem Gemeindegebiet von Schänis im Kanton St. Gallen und der südliche Teil auf der anderen Seite der Linth liegt im Kanton Glarus in der Gemeinde Niederurnen.

Abbildung 8: Bahnhof Ziegelbrücke im Jahre 2006.

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Die folgenden drei Karten (Stand 1811,1850 und 2003) sollen nun den Erbau der Verkehrsinfrastruktur im Linthgebiet nochmals im Detail ersichtlich machen.

Abbildung 9: Linthebene, 1811

Diese Karte ist während dem Bau des Linthkanals entstanden. Darum sind der alte Linthlauf und der korrigierte Linthkanal zu erkennen. Die Linthebene wies vor dem Fertigstellen des Linthkanals kein Strassennetz auf. Es waren lediglich vereinzelte Riedstrassen vorhanden. Der Grund dafür war das Sumpfgebiet, das sich über die ganze Linthebene ausbreitete. Dieser Sumpf ermöglichte keinen Strassenbau und so blieb die Schiffahrt die einzige Transportmöglichkeit.

Abbildung 10: Auf der Doufurkarte von 1850 sind bereits befahrbare Strassen vorhanden.

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In diesem Dufour-Kartenausschnitt aus dem Jahre 1850, sieht man bereits ein Strassennetz, welches die Dörfer miteinander verbindet. Jedoch war ein Teilstück der „alten Linth“ im Gebiet Tuggen noch nicht trockengelegt und verhinderte so den Erbau von Strassen durch diese Region. Ausserdem hatte die bereits erwähnte Eisenbahnlinie von Schmerikon nach Weesen noch nicht Bestand.

Abbildung 11: Auf der Landeskarte von 2003 sieht man die Autobahnen und das Bahnnetz.

Der Abbildung 11 kann man unter anderem das heutige Bahnnetz durch die Linthebene entnehmen. Sehr schön sieht man den Knotenpunkt Ziegelbrücke, der die Bahnstrecken in Richtung Zürich und Rapperswil weiterleitet. Auffällig sind natürlich auch die Autobahnabschnitte, welche sich durch das Linthgebiet erstrecken. Mit der Eröffnung des Autobahnteilstücks der A3 Niederurnen-Reichenburg-Pfäffikon SZ im Jahre 1972, erhielt Reichenburg einen eigenen Autobahnanschluss. Der Zubringer Reichenburg-Tuggen-Schmerikon folgte am 30.11.1973. Interessant zu wissen ist zudem, dass Reichenburg das einzige „Kleeblatt“ der Schweizer Autobahnen aufweist. Ausserdem befindet sich beim Dorf Schänis ein Flugplatz, der jedoch nicht dem Personentransport dient, sondern für Flugshows und von der Segelflugschule benützt wird. Jedem, der einmal entlang des Linthkanals unterwegs war, sind bestimmt die zahlreichen Bunker aufgefallen. Diese wurden 1939 erbaut und sind Zeugen der Schweizer Verteidigungsmassnahmen aus dem Zweiten Weltkrieg. Es war Oberbefehlshaber Henri Guisan, der zu Beginn des Zweiten Weltkriegs beschloss, bei einem Angriff von Norden her die Linie Sargans-Walensee-Linth-Zürichsee-Limmat-Hauenstein-Gempenplateau zu verteidigen. Die Grynau (Tuggen) mit ihrer

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markanten Brücke über die Linth war dabei ein Schlüsselpunkt. Sollte der Feind nämlich näher rücken, wollte Guisan die Linthebene überfluten und damit ein Hindernis von 15 Kilometern Breite schaffen.3 Dazu wurden im Linthgebiet 84 Fluss-Staustellen und Strassensperren gebaut.

Abbildung 12: Bunker am Linthkanal, 2006.

3 Mündliche Mitteilung von Dr. Daniel Speich anlässlich des Interviews am 06.06.2006

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5 Das Leben in den Dörfern Ab dem 18. Jahrhundert veränderte sich die Topografie im Linthgebiet, aufgrund des sich ändernden Gleichgewichts des Gewässersystems grundlegend. Die Landschaft versumpfte immer mehr und in Hochwasserjahren wie zum Beispiel 1762 oder 1764 kam es zu Überschwemmungen der umliegenden Ortschaften durch die Linth und den Walensee. Vor allem Weesen und Walenstadt waren unmittelbar bedroht durch das Hochwasser, denn das Wasser stand in den Dörfern bis zu 4m hoch. Dies hatte äusserst ungünstige Folgen auf die Lebensbedingungen in der Region. Die Sterblichkeit war stark erhöht aufgrund von epidemischen Krankheiten wie Malaria oder Tuberkulose. Malaria auch Sumpf- oder Wechselfieber genannt, trat im 18 Jahrhundert noch sehr häufig in Sumpf und Seengebieten, wie zum Beispiel der Linthebene auf. Nebst den Menschen im gesamten Linthgebiet, war aber auch die Region Zürich von der Malariaepidemie betroffen. Doch auch die Tuberkulose trug zur erhöhten Sterblichkeit bei, denn gerade sehr arme Menschen mit einem geschwächten Immunsytem sind stark davon betroffen. Des Weiteren lebten die Menschen beim Walensee von der Schifffahrt. Diese war jedoch durch die Überschwemmungen erschwert, da die Schiffe nicht unter den Brücken durchfahren konnten. So mussten die Menschen damals nicht nur um ihre Häuser und Gesundheit fürchten, auch ihre Arbeitsplätze waren bedroht.

Abbildung 13: In der Skizze von 1807, sieht man ein kleines Dorf umgeben von Sumpf.

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In Eschers Aufruf an die Schweizerische Nation beschrieb er die Lage der Bevölkerung folgendermassen, wobei jedoch erwähnt werden muss, dass der Beschreib Eschers übertrieben war, da er die die Schweizer Bevölkerung aufzurütteln wollte4:

„Um aber dieses Unglück in seiner ganzen furchtbaren Grösse zu überblicken, muss man sich in die Lage der beklagenswürdigen Einwohner hineindenken. [...] Die Strassen von Walenstadt und Weesen sind im Sommer nur noch für Schiffe brauchbar; die Überschwemmung flutet in die Erdgeschosse der Häuser und ersteigt schon da und dort die ersten Stockwerke; da im zurückgelassenen Schlamm die Sommerhitze verpestende Dünste entwickelt und ekelhafte Insekten erzeugt. Man kann wohl denken, wie das auf die Gesundheit wirkt! Die Bevölkerung ist schon seit langem unter ihrem ehemaligen Verhältnis; in den schwächlichen, blassen, kraft- und geistlosen Gestalten glaubt man wandelnde Schatten zu sehen, abgehärmt durch das Gefühl ihrer eigenen Abnahme, noch mehr aber durch den Anblick ihrer Kinder, in welchen die überhandnehmende Degradation an Geist und Körper noch sichtbarer ist, so dass man am Ende mit dem Boden zugleich auch das gänzliche Versinken der Menschheit befürchten muss.

Nicht nur dies, sondern ein in dem trägen Moraste und faulendem Wasser bereiteter Krankheitsstoff teilt sich endlich dieser ganzen, zwischen hohen Gebirgen gefangenen Luftmasse mit. Daher die stets gefährlicher werdende Wechsel- und tödlichen Faulfieber, welche nicht mehr bloss in den Städten Walenstadt und Weesen, sondern in den grossen Dörfern Mühlehorn, Mollis, Näfels, Urnen, Bilten, Schänis und in den weiter das Tal hinab gegen den Zürich-See liegenden Dorfschaften periodisch herrschen, und ihre Verwüstungen anrichten. Diese schädlichen Einflüsse eines verdorbenen Dunstkreises erreichen sogar schon die höheren Berg-Gemeinden, wovon die Gemeinde Kerenzeren ein trauriges Beispiel ist. Von Jahr zu Jahr schreitet die Seuche weiter vorwärts; sie geht über den ganzen Zürich-See weg, und erzeugt fern von ihrem Ursprung vorhin unbekannte Faulfieber, die man aus keiner andern Quelle herzuleiten weiss."5

Durch den Bau des Linthkanals wurden die Zustände enorm verbessert. Es traten kaum mehr Überschwemmungen in der Linthebene auf und mit der Zeit wurde die Landschaft entsumpft, was zu einer weiteren Verbesserung der Lebensumstände führte. Jedoch profitierten nicht alle Bewohner des Linthgebietes von der Kanalisierung. Die Menschen der Region nahe beim Zürichsee mussten noch bis zum 1937 warten bis die Gegend entsumpft wurde. Auch lebten die Menschen bei Tuggen und Benken vom Verkauf von Riedgras ins Zürcher Oberland. Riedgras wächst aber nur im Sumpf und daher wehrten sich die Anwohner gegen den Bau des Linthkanals.

4 Mündliche Mitteilung von Dr.Daniel Speich anlässlich des Interviews am 06.06.2006 5 http://linth.net/regional/geschichte/linth.htm

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5.1 Weesen Am Beispiel des Dorfes Weesen lässt sich die Veränderung im Leben der Menschen durch den Bau des Linthkanals gut aufzeigen. Denn gerade die Menschen in Weesen waren immer wieder von den auftretenden Hochwassern betroffen und aufgrund der Epidemien starben viele Einwohner Weesens. Die Karten von 1811, 1850 und 2003 zeigen die Veränderung der Umgebung Weesens auf. Der Walensee zog sich immer weiter zurück und gab Land frei, dies ist bereits 1850 deutlich sichtbar. Auch die Sumpflandschaft von 1811 ist 1850 völlig verschwunden und bis ins Jahr 2003 lässt sich eine Ausbreitung der Häuser Weesens bis fast an den Kanal beobachten.

Abbildung 14: Kurz nach dem Kanalbau. Gut erkennbar sind Kanal und alte Linth. Der Walensee geht bis weit ins Land und um Weesen ist alles versumpft.

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Abbildung 15: 1850 hat sich der Walensee schon weit zurück gezogen und die Ebene ist entsumpft.

Abbildung 16: Die Landeskarte von 2003 zeigt den Zustand um Weesen heute.

Auf den folgenden Bildern erkennt man, dass die Menschen den Überschwemmungen auswichen, indem sie die Strassen anhoben und tiefere Geschosse der Häuser aufgaben. Auf der Abbildung 17 ist ein um eineinhalb Meter erhöhtes Strassenniveau zu erkennen. So sieht man auf den Bildern am linken Bildrand den Eingang zum Frauenkloster Maria Zuflucht. Auf der Radierung von 1809 befindet sich eine Treppe, während das Foto von heute einen ebenerdigen Eingang

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zeigt. Bei mehreren Häusern liegen heute die Hauseingänge unter der Strassenhöhe, und die untersten Fenster teilweise auf Strassenhöhe.

Abbildung 17: Radierung des überschwemmten Weesens von 1809 mit ursprünglichem Strassenniveau

Abbildung 18: Weesen heute mit erhöhten Strassen

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6 Ausblick: Revitalisierung des Linthkanals Durch die Linthkorrektion wurde das Sumpfland zu landwirtschaftlich nutzbarer Fläche und die Bevölkerung wurde vor Hochwasser geschützt. Aus heutiger Sicht sind die Korrekturen aber auch ein massiver Verlust: Fische, Tiere (z.B. Biber und Feldhase) und Vögel verloren riesige Lebensräume. Gleichzeitig darf man aber den historischen Wert des Linthwerks nicht aus den Augen verlieren. Die Linth-Renaturierung ist ein heftiger Streitpunkt, bei dem sich zwei grundsätzlich unterschiedliche Meinungen gegenübertreten.

Abbildung 19: Ideenskizze einer Revitalisierung

6.1 Argumente für eine Revitalisierung Das Linthwerk genügt den heutigen Sicherheits-Ansprüchen nicht mehr, es muss saniert werden. Dies wäre eine einmalige Chance, um… …den Hochwasser-Schutz zu erhöhen, ….die ökologische Situation durch mäandrierende Teilstücke aufzuwerten

Durch eine ökologische Aufwertung des Linthkanals könnten wieder natürliche Laichplätze für Fische errichtet werden. Ebenso würden seltene Vogelarten ein reichhaltiges Nahrungsgebiet vorfinden und es gäbe für Vögel, Säugetiere und Amphibien wieder genügend Lebensraum. Grob gesehen würde die Artenvielfalt des Linthgebiets stark zunehmen und der Kanal bekäme einen lebendigeren Charakter.

Diese Chance einer Revitalisierung will der Linthrat nutzen. Er bündelt alle Kräfte, die sich für die naturnahe Sanierung des Linthkanals und der Linthebene interessieren. Der WWF Glarus ist dabei die treibende Kraft.

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6.2 Argumente gegen eine Revitalisierung Gegen eine Revitalisierung spricht sich die Linth-Escher-Gesellschaft aus. Ihrer Meinung nach soll auch saniert werden, aber ohne eine Veränderung des Flusslaufs. Ohne jeden Zweifel war die Linthkorrektion vor rund 200 Jahren eine Pionierleistung und zugleich ein Rettungswerk für die Bevölkerung. Das Linthwerk soll auch weiterhin Bestand haben- ohne eine ökologische Umgestaltung. Der historische Wert des Linthkanals ist nicht zu bezweifeln und durch eine Veränderung des Kanals würde ein Teil seiner beeindruckenden Geschichte verloren gehen. Durch das obige Aufführen der Pro-und Kontra-Argumente wird bewusst, wie heikel das Thema ist und dass ohne jeden Zweifel ein Kompromiss gefunden werden muss.

7 Interview zum Thema „Linthgebiet“ Mit Dr. phil. Daniel Speich, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Technikgeschiche, Eidgenössische Technische Hochschule Zürich ETHZ Autor mehrerer Werke über die Kanalisierung der Linth

1. Woher stammt Ihr Interesse zum Thema „Linthgebiet“?

Eigentlich ist es ein Zufall. Nach meiner Arbeit über die Geschichte der Karthografie am Ende meines Studiums, war ich auf der Suche nach einem Thema für meine Dissertation. Als die Linthgesellschaft unser Institut anfragte, ob jemand ihr Archiv ordnen könnte, nahm ich diesen Auftrag an und kam so auf die Idee dieses Thema für meine Dissertation („Helvetische Meliorationen“) zu wählen. Aufgrund des grossen öffentlichen Interesses schrieb ich dann auch noch ein weiteres Buch („Die Linthkorrektion“).

Vor Kanalisierung

2. Welchen Einfluss hatte das Sumpfgebiet auf das Leben der Menschen? (In Bezug auf die Landwirtschaft, Gesundheit, etc.)

Die Hygiene war nicht viel schlechter als anderswo, denn Krankheiten waren vielerorts stark verbreitet. Es bleibt aber ungewiss, welche Krankheiten wirklich verbreitet waren, da der Wissensstand in Sachen Krankheiten im 18.Jahrhundert zu gering war. Auf Grund der Beschreibungen kann man aber annehmen, dass es sich um Malaria handelte. Natürlich sind zahlreiche dramatische Aufrufe für eine Linthkorrektion archiviert, die auf eine miserable Hygiene hindeuten. Diese sind aber

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eher übertrieben geschildert, da man Sponsoren für eine Korrektion finden wollte.

3. Welche Folgen hatten die zahlreichen Überschwemmungen für die Schifffahrt und die allgemeinen Verkehrswege?

Eine wichtige Transportroute dieser Zeit von Zürich nach Chur führte durch die Linthebene. Vor allem die Bevölkerung von Weesen lebte von der Schifffahrt. Darum war auch das wirtschaftliche Interesse an der Linthkorrektion ziemlich hoch und viele Aktien wurden aus dieser Motivation heraus gekauft. Die Schifffahrt wurde durch die Hochwasser behindert. Während Überschwemmungen blieb die Schifffahrt ganz aus. Dies war ein grosses Problem, da es keine richtigen Strassenwege gab, um Ware zu transportieren. Die Schifffahrt auf der Linth bildete den einzigen Transportweg durch das Linthgebiet.

Nach Kanalisierung und zur Revitalisierung

4. Welche Auswirkungen hatte der Kanalbau auf die einheimische Flora und Fauna?

Die Uferprofile haben sicherlich einen negativen Einfluss auf die Fauna. So bietet der ausgebaute Kanallauf keine Laichplätze für Fische mehr.

5. Welche Verbesserungen oder evtl. auch negative Folgen hatte die

Kanalisierung für die anliegenden Dörfer?

Für Weesen und seine nahe Umgebung war das ewige Problem des Hochwassers gelöst und die Qualität ihrer Landwirtschaftsgebiete hat sich durch den Wasserrückgang verbessert. Für die Gebiete im Raum Benken-Tuggen-Reichenburg hatte die Kanalisierung aber keinen Einfluss.

6. Welche Bedeutung hatte der Linthkanal im 2.Weltkrieg?

Der Linthkanal war ein Teil der Verteidigungsstrategie. Bei einem drohenden Angriff sollte die Ebene durch das Zerstören des Kanals geflutet werden.

7. Veränderte der 2.Weltkrieg das Linthgebiet? (Bunker- und Brückenbau, Entsumpfung)

Nach dem 2. Weltkrieg, währendem die Nahrung knapp war, beschloss man die Sümpfe und Riete in der Umgebung von Grynau, Benken, Schänis... zu entwässern, was von 1941 bis 1963 mit Subventionen des Bundes durchgeführt wurde. Der Zusammenhang mit dem 2. Weltkrieg besteht einfach darin, dass man so Versorgungsengpässe und Arbeitslosigkeit verhindern wollte.

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8. Wie ist Ihre Meinung bezüglich der Revitalisierungsvorschläge? Der Denkmalschutz sollte dem Wandel der Zeit und der Ökologie nicht im Wege stehen. Eine Renaturierung wäre sicherlich sinnvoll. Natürlich sollte der historische Wert des Kanals nicht in Vergessenheit geraten. So könnte man einen kleinen Abschnitt des Kanals so belassen und nicht aufwerten. Aber das Linthwerk wird so oder so nicht in Vergessenheit geraten - dazu ist es viel zu gut dokumentiert.

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8 Zusammenfassung Im 18. Jahrhundert bildete beinahe die gesamte Linthebene eine grosse Sumpflandschaft und drohte immer mehr zu versumpfen. Die Lebensbedingungen in der Region waren selbst für damalige Verhältnisse ziemlich schlecht, da die Bevölkerung unter Hochwasser, Überschwemmungen und epidemischen Krankheiten zu leiden hatte. Transporte über Land und auch Schifftransporte waren wegen den Sümpfen und den wechselnden Hauptläufen der Linth nur beschränkt möglich. Mit der Kanalisierung der Linth verbesserte sich die Situation für die Bevölkerung wesentlich und dank der Entsumpfung Anfang des 20. Jahrhunderts konnte die Ebene auch für den Verkehr erschlossen werden. Da der Damm baufällig geworden ist und bei einem starken Hochwasser zu brechen droht, wird nun im Zusammenhang mit einer Sanierung auch über eine Renaturierung der Linth diskutiert.

9 Fazit Bei unseren Recherchen haben wir festgestellt, dass die Situation des Linthgebietes vor der Kanalisierung in einigen Texten übertrieben dargestellt wurde. Im „Aufruf der Schweizerischen Nation zu Rettung der durch Versumpfungen ins Elend gestürzten Bewohner der Gestade Wallen- Sees und des unteren Linth- Thales“, welcher dazu diente möglichst viele Aktionäre zu gewinnen, wird über mehrere Seiten das Elend der betroffenen Menschen beschrieben um das Mitleid der Schweizer Bevölkerung zu wecken.

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Anhang

Besuch des Auditoriums am Linth-Escher-Kanal Um einen Gesamtüberblick über das Linthwerk zu bekommen, besuchten wir am 12. Mai 2006 das Auditorium der Linth-Escher-Gesellschaft. Dies befindet sich am Escher-Kanal in Mollis in einem ausgebauten Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg. René Brandenberger von der Linth-Escher-Gesellschaft hielt einen Vortrag über die Linthkorrektion und führte uns anschliessend durch den Bunker. Die Sammlung an Dokumenten und Werkzeugen aus der Zeit der Kanalisierung war enorm. Auf jeden Fall konnten wir uns durch diesen Museumsbesuch wichtige Informationen beschaffen. Die folgenden Bilder stammen von unserem Besuch des Auditoriums.

Abbildung 20: Der umgebaute Bunker des Linth-Escher Auditoriums von aussen.

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Abbildung 21: Werkzeuge aus der Zeit der Linthkorrektion.

Abbildung 22: Überblick über das Erdgeschoss des Auditoriums.

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Abbildung 23: Dokumentensammlung.

Abbildung 24: Heimfahrt am Linthkanal nach dem Museumbesuch.

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Abbildung 25: Manuel bei der näheren Betrachtung des Kanals.

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Quellenverzeichnis Linth Escher Gesellschaft. Das Linthwerk. Glarus: gsd ag, 1993. http://www.linth-escher.ch/de/cont_news.htm (05.05.2006) http://de.wikipedia.org/wiki/Linth (15.05.2006) http://www.koordinaten.de/cgi-ko/wikikexikon.cgi?begriff=Linthwerk (15.05.2006) http://www.hls-dhs-dss.ch (18.05.2006) http://de.wikipedia.org/wiki/Ziegelbr%C3%BCcke (27.05.2006) http://www.linthrat.ch/Aktuell/Berichte/2004-Tagsatzungsbeschluss1804.pdf (28.05.06) http://www.wwf.ch/de/derwwf/themen/wasser/schweiz/revitalisierungaktiv/linth.cfm (01.06.2006) http://www.linthrat.ch/ (16.06.2006) http://www.linthnet.ch/regional/geschichte/linth.htm (21.06.2006) http://www.pronatura.ch/sg/ (21.06.2006) http://de.wikipedia.org/wiki/Linthebene (21.06.2006) 1:25'000 Landeskarten(1956, 2002) 1:50'000 Siegfriedkarten(1882, 1920) Interview mit Dr. Daniel Speich, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Technikgeschiche, Eidgenössische Technische Hochschule Zürich ETHZ. (06.06.2006)

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Abbildungsquellen Titelbild: Eigenes Foto vom 12.05.2006

Abbildung 1: http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Karte_Linthebene.gif (

20.06.2006)

Abbildung 2: Eigenes Foto vom 12.05.2006

Abbildung 3: Selbst bearbeitete Dufourkarte

Abbildung 4: Eigenes Foto vom 12.05.2006

Abbildung 5: http://www.pronatura.ch/sg/ (21.06.2006)

Abbildung 6: Kupferstich von Martin Esslinger, 1823 aus Das Linthwerk.

Glarus: gsd ag, 1993. S.86

Abbildung 7: Stahlstich von K.U. Huber, 1850 aus Das Linthwerk. Glarus: gsd

ag, 1993.S.74

Abbildung 8: Eigenes Foto vom 12.05.2006

Abbildung 9: http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Stich_Linthebene_1811.jpg

Abbildung 10: Dufourkartenausschnitt, 1850

Abbildung 11: Landeskartenausschnitt, 2003

Abbildung 12: Eigenes Foto vom 12.05.2006

Abbildung 13: Skizze von H.C. Escher aus Das Linthwerk. Glarus: gsd ag,

1993. S.61

Abbildung 14: Trigonometrischer Plan aus Das Linthwerk. Glarus: gsd ag,

1993. Umschlag

Abbildung 15: Doufourkartenausschnitt, 1850

Abbildung 16: Landeskartenausschnitt, 2003

Abbildung 17: Zeichnung von H.C: Escher aus Das Linthwerk. Glarus: gsd ag,

1993. S.66

Abbildung 18: Weesen heute aus Das Linthwerk. Glarus: gsd ag, 1993. S.67

Abbildung 19: ttp://www.linthrat.ch/ (16.06.2006)

Abbildung 20: Eigenes Foto vom 12.05.2006

Abbildung 21: Eigenes Foto vom 12.05.2006

Abbildung 22: Eigenes Foto vom 12.05.2006

Abbildung 23: Eigenes Foto vom 12.05.2006

Abbildung 24: Eigenes Foto vom 12.05.2006

Abbildung 25: Eigenes Foto vom 12.05.2006