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Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 14 / 2111 14. Wahlperiode 10. 12. 2007 Große Anfrage der Fraktion der CDU und Antwort der Landesregierung Stärkung des ländlichen Raums in Baden-Württemberg Große Anfrage Wir fragen die Landesregierung: I. Infrastruktur 1. Wie soll das Landesstraßennetz und der Anschluss an die überregionalen Straßen- und Schienennetze weiterentwickelt werden? 2. Wie kann langfristig ein flächendeckender ÖPNV sichergestellt werden? 3. Wie kann die Grundversorgung mit privaten und öffentlichen Dienstleis- tungen (z. B. Post, Bank, Einkaufsmöglichkeiten) mittel- und langfristig gewährleistet und verbessert werden? 4. Was unternimmt die Landesregierung, um eine möglichst flächendeckende Breitbandinfrastruktur auch im ländlichen Raum zu implementieren? 5. Wie wird die weitere Entwicklung des ländlichen Raums und der Verdich- tungsräume einschließlich der jeweiligen Verdichtungs- bzw. Randzonen aufeinander abgestimmt, um in allen Teilräumen des Landes gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen? II.Land- und Forstwirtschaft 1. Wie stellt sich der gesamtwirtschaftliche Nutzen der Land- und Forstwirt- schaft, der bei der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung unberücksich- tigt bleibt (Schutz von Boden, Wasser, Luft, Flora und Fauna sowie die Erhaltung und Pflege der Landschaft einschließlich Erholungsfunktion des ländlichen Raums), dar? Eingegangen: 10. 12. 2007 / Ausgegeben: 17. 03. 2008 1 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente

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Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 14 / 2111

14. Wahlperiode 10. 12. 2007

Große Anfrage

der Fraktion der CDU

und

Antwort

der Landesregierung

Stärkung des ländlichen Raums in Baden-Württemberg

G r o ß e A n f r a g e

Wir fragen die Landesregierung:

I. I n f r a s t r u k t u r

1. Wie soll das Landesstraßennetz und der Anschluss an die überregionalenStraßen- und Schienennetze weiterentwickelt werden?

2. Wie kann langfristig ein flächendeckender ÖPNV sichergestellt werden?

3. Wie kann die Grundversorgung mit privaten und öffentlichen Dienstleis -tungen (z. B. Post, Bank, Einkaufsmöglichkeiten) mittel- und langfristiggewährleistet und verbessert werden?

4. Was unternimmt die Landesregierung, um eine möglichst flächendeckendeBreitbandinfrastruktur auch im ländlichen Raum zu implementieren?

5. Wie wird die weitere Entwicklung des ländlichen Raums und der Verdich-tungsräume einschließlich der jeweiligen Verdichtungs- bzw. Randzonenaufeinander abgestimmt, um in allen Teilräumen des Landes gleichwertigeLebensverhältnisse zu schaffen?

II. L a n d - u n d F o r s t w i r t s c h a f t

1. Wie stellt sich der gesamtwirtschaftliche Nutzen der Land- und Forstwirt-schaft, der bei der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung unberücksich-tigt bleibt (Schutz von Boden, Wasser, Luft, Flora und Fauna sowie dieErhaltung und Pflege der Landschaft einschließlich Erholungsfunktiondes ländlichen Raums), dar?

Eingegangen: 10. 12. 2007 / Ausgegeben: 17. 03. 2008 1

Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internetabrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente

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Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 14 / 2111

2. Wie können die Leistungen der Land- und Forstwirtschaft für die Gesell-schaft bei der Erhaltung der Kulturlandschaft in Form von Mehraufwen-dungen und Mindererträgen angemessen kompensiert werden?

3. Wie wirkt sich der landwirtschaftliche Strukturwandel im Land aus?

4. Wie kann die Wettbewerbsfähigkeit unserer entwicklungsfähigen Betriebeerhalten und weiter verbessert werden?

III. E r n e u e r b a r e E n e r g i e n

1. Wie können unsere Land- und Forstwirte an den Wertschöpfungspotenzialenauf dem Bioenergiesektor gerecht beteiligt werden?

2. Wie beurteilt sie das Nebeneinander des Ausbaus von Pflanzen zur Produktionvon Bioenergie bzw. zur Erzeugung von qualitativ hochwertigen Le bens -mitteln?

IV. B i l d u n g

1. Wie können im ländlichen Raum ein flächendeckendes Netz der Schulenunter dem Prinzip der Wohnortnähe erhalten und weiterentwickelt sowieeine gute Lehrerversorgung als Grundlage für ein begabungsgerechtes Bildungswesen sichergestellt werden?

2. Hält die Landesregierung an den dezentralen Fachhochschulen, Pädagogi-schen Hochschulen und Berufsakademien im ländlichen Raum fest undstärkt und weiterentwickelt sie diese?

V. S o z i a l e u n d g e s u n d h e i t l i c h e Ve r s o r g u n g

1. Was unternimmt die Landesregierung zur Sicherstellung einer flächen -deckenden ambulanten medizinischen Versorgung im ländlichen Raum,um eine zu starke Konzentration der Arztpraxen auf Mittel- und Oberzentrenzu vermeiden?

2. Wie stellt sie vor dem Hintergrund des zu erwartenden Bettenabbaus, dergeforderten Mindestfallzahlen und des medizinischen Fortschritts auchkünftig eine stationäre Grundversorgung in zumutbarer Entfernung imländlichen Raum sicher?

3. Wie können der Rettungsdienst und die Notfallversorgung unter Einhal-tung der bestehenden Hilfsfristen von 15 Minuten im ländlichen Raumdauerhaft aufrechterhalten werden?

4. Setzt sich die Landesregierung auf Bundes- und europäischer Ebene dafürein, dass das Fremd- und Mehrbesitzverbot beibehalten wird, um eine angemessene Versorgung mit Apotheken und Arzneimitteln im ländlichenRaum sicherzustellen?

VI. Wi r t s c h a f t

1. Wie können im ländlichen Raum Unternehmensneugründungen verstärktund Unternehmensnachfolgen gesichert werden?

2. Mit welchen Maßnahmen sollen kleine und mittelständische Unternehmenin Handel, Handwerk, Dienstleistungen und Industrie wegen ihrer beson-deren Bedeutung für den Arbeitsmarkt und die Lebensqualität zur verstärktenAnsiedlung im ländlichen Raum bewegt werden?

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Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 14 / 2111

VII. Z u k u n f t s f ä h i g e G e m e i n d e n

1. Erachtet die Landesregierung die Unterstützung einer intensiveren inter-kommunalen Zusammenarbeit zur Stärkung des ländlichen Raumes fürnotwendig?

2. Erachtet sie einen besseren finanziellen Ausgleich für Flächengemeindenmit mehreren Teilorten und geringer Einwohnerzahl für die überproportionalhohen Belastungen durch Infrastruktur- und Erschließungsaufwendungenim Finanzausgleich für notwendig?

3. Mit welchen Maßnahmen will sie die Vereinbarkeit von Familie und Berufinsbesondere für Frauen in ländlichen Gemeinden weiter verbessern?

4. Erachtet sie einen besseren finanziellen Ausgleich für Kommunen mit hohenFlächenanteilen in Natur- und Landschaftsschutzgebieten sowie FFH- undVogelschutzgebieten im Rahmen des Finanzausgleichs für notwendig?

28. 11. 2007

Mappus

und Fraktion

B e g r ü n d u n g

Das Land Baden-Württemberg wird vom ländlichen Raum geprägt, der überzwei Drittel der Landesfläche einnimmt. Mehr als ein Drittel der Bevölke-rung lebt in den Städten und Gemeinden des ländlichen Raums. Die attraktiveKulturlandschaft, gesellschaftliche Stabilität, kulturelle Vielfalt und wettbe-werbsfähige mittelständische Strukturen sind untrennbar mit den ländlichenRäumen verknüpft. Die Sicherung der Zukunftsfähigkeit des ländlichen Raumesstellt deshalb insbesondere vor dem Hintergrund des demografischen Wandelsund des Strukturwandels in der Landwirtschaft einen Schwerpunkt der Landes-politik dar. Ziel der Landespolitik ist es, gleichwertige Lebens- und Arbeits-verhältnisse im ländlichen Raum zu erhalten. Dies hat die Landesregierungauch mit der Einsetzung eines ressortübergreifenden Kabinettsausschuss„Ländlicher Raum“ nachdrücklich unterstrichen.

A n t w o r t

Schreiben des Staatsministeriums vom 26. Februar 2008 Nr. III–8400.:

In der Anlage übersende ich unter Bezugnahme auf § 63 der Geschäftsord-nung des Landtags von Baden-Württemberg die von der Landesregierung beschlossene Antwort auf die Große Anfrage.

Stächele

Minister für den Geschäftsbereich des Staatsministeriums und für europäische Angelegenheiten

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Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 14 / 2111

Anlage: Schreiben des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum

Mit Schreiben vom 18. Februar 2008 Nr. Z(42)–0141.5/158 F beantwortetdas Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum im Namen der Landes-regierung im Einvernehmen mit dem Innenministerium, dem Ministerium fürKultus, Jugend und Sport, dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung undKunst, dem Finanzministerium, dem Wirtschaftsministerium und dem Minis -terium für Arbeit und Soziales die Große Anfrage wie folgt:

I. I n f r a s t r u k t u r

1. Wie soll das Landesstraßennetz und der Anschluss an die überregionalenStraßen- und Schienennetze weiterentwickelt werden?

Die Landesregierung verfolgt das verkehrspolitische Ziel einer langfristigenSicherung der Mobilität der Menschen und des freien Austauschs von Gütern.Dies gilt für Verdichtungsräume und für die ländlichen Räume gleichermaßen.Eine gut ausgebaute Infrastruktur ist der Lebensnerv des WirtschaftsstandortsBaden-Württemberg. Wirtschaftliche Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeitsind eng mit der Qualität der Straßen- und Schieneninfrastruktur verbunden.

Das Landesstraßennetz dient zusammen mit den Bundes- und Kreisstraßender Erschließung der Fläche im ländlichen Raum. Sein bisheriger Ausbau hatdazu geführt, dass die wichtigsten Strecken den Anforderungen an einen zeit-gemäßen Ausbaustandard und an die Leistungsfähigkeit genügen und insge-samt in einem guten Zustand sind.

Investitionen in die Straßeninfrastruktur erfolgen bedarfsgerecht sowohl inVerdichtungsräumen als auch in ländlichen Räumen. Die Landesregierungorientiert sich bei ihren Entscheidungen am Bedarfsplan für Bundesstraßenund am Bedarfsplan für Landesstraßen. Der Bedarfsplan für Landesstraßenist wesentlicher Bestandteil des Generalverkehrsplans für Baden-Württem-berg, der nach der Koalitionsvereinbarung für die laufende Legislaturperiodedes Landtags fortzuschreiben ist. Die konzeptionellen Arbeiten hierzu laufen.Die Landesregierung wird dabei ein besonderes Augenmerk auf eine leis -tungsfähige Anbindung des ländlichen Raums an das überregionale Straßen-netz, den Bau von Ortsumgehungen, den verkehrsgerechten Ausbau einzelnerStreckenabschnitte zur Schaffung besserer Lebensbedingungen in den Orts -zentren und einer besseren Erreichbarkeit legen.

Im Rahmen des vom Ministerrat am 13. November 2007 beschlossenen „Impulsprogramms Baden-Württemberg“ wurden insgesamt 60 Mio. Eurozusätzlich für einzelne Projekte im Landesstraßenbau für die Jahre 2008 und2009 bereitgestellt. Der Schwerpunkt der Projekte soll im ländlichen Raumliegen.

Die Landesregierung setzt sich für eine Gewährleistung der Verknüpfung derRegionalnetze der Deutschen Bahn (DB) AG sowie der Strecken der nicht-bundeseigenen (NE)-Eisenbahnen mit dem Fern- und Ballungsnetz der DBAG ein. Ziel der Landesregierung ist es, einen effizienten Betrieb von Bahn-strecken in der Fläche dauerhaft zu sichern und zu stärken. Deswegen wirddas Land durch die Bestellung von Schienenpersonennahverkehr (SPNV-)Leis -tungen auch in Zukunft ganz maßgeblich zur Erhaltung und Einbindung vonNebenstrecken beitragen. Nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Mittelwird das Land gezielte Investitionsförderungen im Regionalnetz der DB undauf NE-Strecken fortsetzen.

Bei allen geplanten Neu- und Umbaumaßnahmen im Straßen- und Schienen-bau garantiert das Bodenordnungsinstrument Flurneuordnung eine zügige

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Umsetzung der geplanten Maßnahmen nach der Planfeststellung. Der jeweiligeUnternehmensträger wird in die benötigten Flächen eingewiesen und kannsofort mit dem Bau beginnen. Der Flächenbedarf wird sozialverträglich aufeinen größeren Kreis von Eigentümern verteilt. Darüber hinaus helfen dieFlurneuordnungsverfahren, die durch die Infrastrukturmaßnahmen erzeugtenZerschnittschäden und Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes zu vermei-den oder zumindest zu minimieren.

2. Wie kann langfristig ein flächendeckender ÖPNV sichergestellt werden?

Zur Beantwortung der Frage wird auf die Antwort der Landesregierung zuZiffer I. 3. der Großen Anfrage der Fraktion der FDP/DVP „ZukunftsgerechteGestaltung des öffentlichen Personennahverkehrs in Baden-Württemberg – unter veränderten Rahmenbedingungen“ (Drucksache 14/67) Bezug genommen. Die Landesregierung hat inzwischen die Pauschalierung der Aus-gleichsleistungen im Ausbildungsverkehr beschlossen. Damit wurde geradefür den im ländlichen Raum im Vordergrund stehenden Schülerverkehr Pla-nungs- und Rechtssicherheit für die nächsten fünf Jahre geschaffen. Vor demHintergrund des demografischen Wandels können angepasste Bedienungsformenwie Rufbusse, Sammeltaxis oder Bürgerbusse eine kostengünstigere Alterna-tive zu herkömmlichen Linienverkehren bieten und die notwendige Erschlie-ßung gewährleisten. Die langfristige Sicherstellung eines bedarfsgerechtenÖPNV-Angebots, insbesondere auch für den ländlichen Raum, ist integralerBestandteil der anstehenden Fortschreibung des Generalverkehrsplans fürBaden-Württemberg.

Bei den Diskussionen um die Privatisierung der DB AG wird sich die Landesre-gierung dafür einsetzen, dass diese nicht zu Lasten des ÖPNV-Angebots imländlichen Raum geht.

3. Wie kann die Grundversorgung mit privaten und öffentlichen Dienstleis -tungen (z. B. Post, Bank, Einkaufsmöglichkeiten) mittel- und langfristiggewährleis tet und verbessert werden?

Eine gute Grundversorgung mit privaten und öffentlichen Dienstleistungenbildet ein wichtiges Element der Lebensqualität. Eine Sicherung in allen Gemeinden des ländlichen Raums ist jedoch schwierig und wird nicht immermöglich sein. Durch die demografische Entwicklung verschärft sich die Si -tuation zusätzlich.

Tragfähige Lösungen, die den spezifischen örtlichen Bedingungen und Mög-lichkeiten gerecht werden, können insbesondere im Bereich der Nahversor-gung mit Lebensmitteln und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs nur vorOrt entwickelt und realisiert werden. Den Kommunen kommt dabei einewichtige Rolle zu. Die Sicherung der Grundversorgung hängt dabei entschei-dend von den privaten Angeboten ab. Der Staat kann durch Förderung undModeration unterstützend wirken. Gefordert sind auch die Verbraucher, diedurch ihr Einkaufs- und Nachfrageverhalten letztlich darüber entscheiden, obsich ein Nahversorgungsbetrieb im Wettbewerb erfolgreich behaupten kann.

Im Rahmen des Entwicklungsprogramms Ländlicher Raum (ELR) werdenim Förderschwerpunkt Grundversorgung Maßnahmen zur Sicherung derGrundversorgung mit Waren und privaten Dienstleistungen mit bis zu 20 %der zuwendungsfähigen Ausgaben, maximal mit 200.000 Euro, gefördert.Vorhaben im Bereich der Grundversorgung, die nach Verordnung (EG) Nr. 1698/2005, Schwerpunkt 4 („LEADER“), durch die Europäische Unionund das Land gefördert werden, können mit 25 % der zuwendungsfähigenAusgaben bezuschusst werden.

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Auch die Städtebauförderung trägt zur Erhaltung und Verbesserung der Nah-versorgung bei. Wesentlicher Schwerpunkt der städtebaulichen Erneuerungist die funktionale und strukturelle Stärkung von Zentren der Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg. Ziel der Städtebauförderung ist die Beseitigung von städtebaulichen Missständen. Durch die Förderung von Ord-nungs-, Bau-, Erschließungs- und Gestaltungsmaßnahmen werden lokaleStrukturen in Kommunen gestärkt, was häufig mit einer Stabilisierung desHandels und der Nahversorgung einhergeht.

Grundsätzlich ist die Sicherung einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung eines der zentralen Themen des Landesentwicklungsplans(LEP) 2002. Gemäß Plansatz 1.2 LEP ist in allen Teilräumen des Landes unterBerücksichtigung der weiteren Bevölkerungsentwicklung auf gleichwertigeLebensverhältnisse und eine tragfähige Sozialstruktur hinzuwirken und dazueine bedarfsgerechte Ausstattung mit Infrastruktureinrichtungen und einewohnortnahe Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen anzustreben. Einenbesonders wichtigen Ansatz, dem Funktionsverlust der Stadt- und Ortskerneentgegenzuwirken, bildet die Steuerung des großflächigen Einzelhandelsdurch die Landes- und Regionalplanung, die durch Vorgaben im Landespla-nungsgesetz und im LEP gestützt wird.

Das Landesplanungsgesetz verpflichtet seit 2001 die Träger der Regionalpla-nung, in den Regionalplänen regionalbedeutsame Standorte für den großflä-chigen Einzelhandel festzulegen. Nach dem LEP 2002 soll dies auf derGrundlage regionaler Entwicklungskonzepte erfolgen mit dem Ziel, die Flächenfür großflächige Einzelhandelsbetriebe zu begrenzen, das Konkurrenzdenkenunter den Kommunen auszugleichen und zu einer zentrenverträglichen Fest-legung von Handelsstandorten beizutragen. Die raumordnerischen Vorgabenmessen dabei gerade auch der Sicherstellung einer ausreichenden Grundver-sorgung große Bedeutung bei. Während großflächige Einzelhandelsbetriebenach den landes- und regionalplanerischen Festlegungen grundsätzlich nur inOber-, Mittel- und Unterzentren zulässig sind, sind sie ausnahmsweise auchin kleineren Gemeinden, also in Kleinzentren und nichtzentralen Orten dannmöglich, wenn dies nach den strukturellen Gegebenheiten zur Sicherstellungder Grundversorgung geboten ist (Plansatz 3.3.7 LEP). Im Einvernehmen mitden berührten Kommunen wurden vielfach die Stadt- und Ortskerne alsStandorte für regionalbedeutsame großflächige Einzelhandelsbetriebe mitzentrenrelevanten Waren festgelegt. Dies hat in den betreffenden Kommunenzu einer erheblichen Reduzierung der Handelsflächen am Stadtrand geführtund so den Konkurrenzdruck auf den innerörtlichen Handel verringert.

Bezogen auf die Versorgung mit Bank-, Finanz- und Postdienstleistungen sowie Einkaufsmöglichkeiten stellt sich die Situation wie folgt dar:

In Deutschland ist der Zugang zu Bank- und Finanzdienstleistungen für alleBevölkerungsgruppen gewährleistet. Eine Bankstelle versorgt hier etwa1.500 Einwohner. Zum Vergleich steht in Großbritannien und Schweden nurfür jeweils mehr als doppelt so viele Einwohner eine Bankfiliale zur Verfü-gung. Allerdings hat sich in den vergangenen Jahren auch bei uns die Zahlder Bankfilialen rückläufig entwickelt. Hierfür waren der Konsolidierungs-prozess im Bankensektor und die Nutzung neuer Vertriebswege, wie Telefon-und Internetbanking, verantwortlich. Der Trend im Bankgewerbe geht dahin,bestimmte Filialen als Zentren auszubauen, in denen Fachleute eine qualifi-zierte Beratung anbieten. Die Verbände der Sparkassen und der Volks- undRaiffeisenbanken haben wiederholt erklärt, dass sie auch künftig als dezen-tral eigenständige Anbieter für eine ausreichende Versorgung mit Bank- undDienstleistungen in der Fläche sorgen werden. Insofern haben die Sparkassenund die Volks- und Raiffeisenbanken gerade im ländlichen Raum eine besonders hohe Bedeutung für die Kredit- und Liquiditätsversorgung der vielen

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klein- und mittelständischen Betriebe und der Bürger. Deshalb ist es Ziel derLandesregierung das mehrgliedrige Bankensystem zu erhalten.

Derzeit ist die postalische Grundversorgung der Bevölkerung nach Ansichtder Landesregierung ausreichend gewährleistet. Gemäß Artikel 87 f Grund-gesetz muss der Bund flächendeckend angemessene und ausreichende Post-dienstleistungen garantieren, deren Umfang durch die Post-Universaldienst-leistungsverordnung (PUDLV) festgelegt ist. Die regulatorischen Vorgabender PUDLV umfassen das Produktportfolio, Einheitstarife, die Zustellfre-quenz, die Qualität der Postdienstleistungen und den Zugang zu den Post-dienstleistungen. Die Einhaltung dieser Vorgaben wird von der Bundesnetzagen-tur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen über-wacht.

Ab 1. Januar 2008 ist das Postmonopol der Deutschen Post AG entfallen. Imliberalisierten Postmarkt ist kein bestimmtes Unternehmen zur Erbringungder Universaldienstleistungen verpflichtet. Bei nicht ausreichender Postver-sorgung greift die Bundesnetzagentur mit einem festgelegten Maßnahmenka-talog ein.

Die Landesregierung ist der Überzeugung, dass die postalische Grundversor-gung zum einen dadurch gesichert ist, dass ein konsequenter Wettbewerbzwischen den privatwirtschaftlichen Anbietern auch in der Fläche stimuliertwird und zum anderen selbst im Falle eines Marktversagens die gesetzlichenMechanismen greifen.

Nach den bisherigen Erfahrungen ist bei der Deregulierung von Dienstleis -tungsmärkten davon auszugehen, dass die Kosten für die Endkunden auch imBereich der Postdienstleistungen tendenziell sinken werden und das posta -lische Angebot um neue Dienstleistungen erweitert wird. Bei den in der Ver-gangenheit vorgenommenen Deregulierungen kam es bislang zu keinenPreisniveauunterschieden zwischen Verdichtungsräumen und ländlichenRäumen. Daher setzt die Landesregierung auf die Kräfte des freien Post-marktes bei der Verbesserung der postalischen Versorgung.

Für den innerörtlichen Handel bestehen nach vorliegenden UntersuchungenChancen durch Spezifizierung des Angebots, Transparenz bei der Herkunftder Waren, Bündelung von unterschiedlichen Dienstleistungen in räumlicherNähe oder unter einem Dach bis hin zu Bestellung und Anlieferung der Ein-käufe zu Hause. Serviceorientierte moderne Konzepte, wie Zubringerdienstzum Händler, Zustelldienst, Tiefkühl- und Heimservice oder fahrenderSupermarkt werden eine wichtigere Rolle bei der Versorgung mit nahversor-gungsrelevanten Sortimenten spielen, ebenso die Nachbarschaftshilfe und dieNutzung sozialer Netze. Ein weiterer erfolgversprechender Ansatz ist dieEinrichtung eines „virtuellen Dorfladens“, bei dem der Endkunde per Inter-net oder Fax seine Ware aus einem sehr breit gefächerten Produktkatalog bestellen kann. Der „virtuelle Dorfladen“ beschafft die bestellte Ware undliefert sie dem Endkunden entweder direkt aus oder stellt sie zur Abholungbereit.

4. Was unternimmt die Landesregierung, um eine möglichst flächendeckendeBreitbandinfrastruktur auch im ländlichen Raum zu implementieren?

Das Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum ist bereits in den zurückliegenden vier Jahren auf vielfältige Weise aktiv geworden, um denAusbau der Breitbandinfrastruktur im ländlichen Raum des Landes voranzu-treiben. Um das Ziel einer möglichst flächendeckenden Versorgung des länd-lichen Raums mit Breitbandinfrastruktur zu erreichen und eine digitale Kluftzwischen den Verdichtungsräumen und den ländlichen Räumen zu verhindern,

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hat die Landesregierung im Dezember 2007 die Breitbandinitiative Länd-licher Raum beschlossen. Die Breitbandinitiative Ländlicher Raum Baden-Württemberg beginnt unter Zusammenfassung aller bisherigen und neuenAktivitäten im Jahr 2008 und umfasst folgende Bestandteile:

a) Förderung von Modellprojekten und Breitbandinfrastruktur, Förder-schwerpunkt Breitbandtrassen

Das Gesamtfördervolumen beträgt in den Jahren 2008 und 2009 zusammenca. 22 Mio. Euro. Davon entfallen 20 Mio. Euro auf Landesmittel aus dem„Impulsprogramm Baden-Württemberg“ und ca. 2 Mio. Euro auf Bundes-mittel aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur unddes Küstenschutzes“ (GAK). Die vom Bund beabsichtigte Förderung derBreitbandversorgung aus der GAK muss noch bei der EU notifiziert werden.

Die Förderung muss so ausgerichtet sein, dass mit dem Mittelvolumen derhöchst mögliche Effekt erreicht wird. Gefördert werden:

Modellprojekte

Diese zeichnen sich insbesondere durch die Anpassungsfähigkeit der Infra-struktur an neue Entwicklungen aus.

Breitbandtrassen

Unter Breitbandtrassen wird primär die Verlegung von Leerrohren ein-schließlich der hierfür erforderlichen Tiefbauarbeiten verstanden.

Das Förderprogramm muss so ausgerichtet sein, dass eine Verfälschung desWettbewerbs zwischen den einzelnen Breitbandanbietern durch Bezuschus-sung einer Breitbandtechnik oder gar eines Anbieters nicht erfolgt, die Bezu-schussung den Wettbewerb zwischen den Breitbandanbietern fördert und derFördertatbestand so greift, dass das Ziel einer direkten Glasfaserversorgungder Gemeinden und ihrer Gemeindeteile (Fiber to the Village) optimal beför-dert wird.

Ein wesentlicher Faktor, der beim Breitbandausbau in der Fläche hohe Kos -ten verursacht, sind die Kosten zur Überwindung der Entfernungen zwischenden Orten. Dieser Kostenfaktor kann deutlich verringert werden, indem fürdie Verlegung der Leitungen keine Tiefbauarbeiten erforderlich sind, sonderndie Leitungen in schon bestehende Leerrohre eingelegt werden. Leerrohrebieten zudem die Möglichkeit, die Breitbandinfrastruktur künftigen Erforder-nissen anzupassen. Die Verlegung von Leerrohren ist wettbewerbs-, anbieter-und technikneutral, wie dies von der EU gefordert wird.

Die Anlage und Förderung der Breitbandtrassen kann optimal mit den vonder EU im Oktober 2007 auf Betreiben des Ministeriums für Ernährung undLändlichen Raum notifizierten „Eckpunkte zur Breitbandversorgung desländlichen Raums in Baden-Württemberg“ für Städte und Gemeinden (Staat-liche Beihilfe Nr. N 570/2007 – Deutschland) kombiniert werden. Bei einemVorgehen entsprechend dieser Eckpunkte sind gemeindewirtschaftsrechtlichund EU-rechtlich zulässige Beihilfen bis zu 75.000 Euro pro Einzelvorhabenmöglich. Die von den Breitbandanbietern geforderten finanziellen Leistun-gen beziehen sich häufig auch auf die Neuanlage von Breitbandtrassen (Tief-bauarbeiten und Verlegung von Leerrohren).

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Zuschüsse der Gemeinden und Gemeindeverbände

Förderfähig sind Zuschüsse im Rahmen der auf Antrag des Ministeriums fürErnährung und Ländlichen Raum von der EU notifizierten „Eckpunkte zurBreitbandversorgung des ländlichen Raums in Baden-Württemberg“ (Staat -liche Beihilfe Nr. N 570/2007 – Deutschland) an private oder kommunaleNetzbetreiber zur Schließung der Wirtschaftlichkeitslücke bei Investitionenin leitungsgebundene oder funkbasierte Breitbandinfrastrukturen.

b) Flankierendes Maßnahmenpaket

Rechtliche Regelungen zur Erleichterung des Auf- und Ausbaus der Breit-bandinfrastruktur

Für die flächendeckende Erschließung des ländlichen Raums mit Breitband -infrastruktur wurde neben der dargelegten Förderung von Leerrohren flankie-rend folgendes Maßnahmenpaket beschlossen und befindet sich in der Umsetzung:

• Schaffung von Voraussetzungen, dass im Rahmen einer Konzeption dieVerlegung von Leerrohren bei Bauvorhaben an Landes- und Bundesstra-ßen finanziert werden kann. Bei Kreis- und Gemeindestraßen soll auf eingleiches Vorgehen hingearbeitet werden.

• Prüfung von Möglichkeiten für die Städte und Gemeinden, die Kosten fürden Breitbandausbau bei der Neuerschließung von Wohn- und Gewerbege-bieten auf die Anlieger zu übertragen.

• Regelungen für Zweckverbände, damit diese, sofern sie über eigene Glas-faserstrecken verfügen, interessierten Breitbandanbietern die Leistungenzur Mitbenutzung öffnen können.

Intensivdialog, Aktionsbündnisse und innovative Projekte zur IT- und Medienentwicklung:

• Intensivdialog

Gespräche des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum mit denwichtigsten Anbietern von Dienstleistungen der neuen Medien im länd-lichen Raum Baden-Württembergs.

• Intensivseminare

Veranstaltungen mit den Verantwortlichen im kommunalen Bereich zurBreitbandversorgung im ländlichen Raum, organisiert durch die AkademieLändlicher Raum.

• Clearingstelle „Neue Medien im Ländlichen Raum“

Die Clearingstelle berät die Kommunen, in welche Richtung eine auf ihreSituation zugeschnittene Lösung gehen könnte, um sie in die Lage zu ver-setzen, mit den entsprechenden Anbietern verhandeln zu können.

• Aktionsgemeinschaft „Breitband im Ländlichen Raum“

Die Aktionsgemeinschaft führt die Politik und alle wirtschaftlichen Unter-nehmen, die im ländlichen Raum in Sachen Breitband aktiv sind, zusammen.Neben der Frage, wie die Politik günstige Rahmenbedingungen für einenschnelleren Ausbau des Breitbands im ländlichen Raum schaffen kann,werden auch gemeinsame Initiativen (Wirtschaft/Wirtschaft oder Land/Wirtschaft) besprochen.

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• Erstellung eines Glasfaseratlas Baden-Württemberg

Aktuell arbeitet die Landesanstalt für Kommunikation im Auftrag des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum an der Erstellung einesGlasfaseratlasses für Baden-Württemberg, in den alle Glaserfaserstreckeneingetragen werden sollen.

• Arbeitskreis „Mediendörfer“

Die beteiligten Mediendörfer dienen als Ideenpool sowie als Plattform zurErprobung von Innovationen.

• Modellprojekte

Die laufenden Modellprojekte werden weitergeführt, laufend evaluiert undauf ihre Übertragbarkeit auf andere Gemeinden ausgewertet. Neue Modell-projekte werden initiiert und begleitet.

• Stiftungsprofessur „Digitale Infrastruktur im Ländlichen Raum“

Das Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum hat gemeinsam mitder Clearingstelle „Neue Medien im Ländlichen Raum“, der Fachhoch-schule Furtwangen und dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung undKunst ein Modellprojekt entwickelt, welches vorsieht, über eine Stiftungs-professur an der Hochschule Furtwangen einen Ergänzungs- bzw. Aufbau-studiengang sowohl für ordentlich Studierende als auch berufsbegleitendeinzurichten.

Ziel ist es, die Beratungsqualität privater Unternehmen für Gemeinden zuverbessern und das Know-how über gemeindliche Belange bei den Breit-bandanbietern zu erhöhen.

5. Wie wird die weitere Entwicklung des ländlichen Raums und der Verdich-tungsräume einschließlich der jeweiligen Verdichtungs- bzw. Randzonenaufeinander abgestimmt, um in allen Teilräumen des Landes gleichwertigeLebensverhältnisse zu schaffen?

Die Landesplanung trägt der unterschiedlichen Siedlungsverdichtung undRaumbeanspruchung in den einzelnen Teilräumen durch die Ausweisung vonRaumkategorien im Landesentwicklungsplan (LEP) 2002 Rechnung, für diespezifische Zielsetzungen festgelegt werden. Diese Raumkategorien (Ver-dichtungsräume, Randzonen um die Verdichtungsräume, Verdichtungsbereicheim ländlichen Raum und ländlicher Raum im engeren Sinn) sind gemeinde-scharf abgegrenzte Teilräume ähnlicher siedlungsstruktureller Situation, diejeweils größere zusammenhängende Gebiete umfassen.

Im Vordergrund der räumlichen Entwicklung des Landes stehen weiterhin dieSicherung von Lebensqualität und Wohlstand. Angestrebt wird eine ausge-wogene räumliche Entwicklung, die alle Landesteile angemessen am wirt-schaftlichen, sozialen und kulturellen Fortschritt teilhaben lässt. Dabei ist denunterschiedlichen Bedürfnissen der verschiedenen sozialen und demografi-schen Gruppen der Bevölkerung Rechnung zu tragen. Die Sicherung einerwohnortnahen Versorgung, die Bewahrung wohnortnaher Erholungsräume,die Schaffung familienfreundlicher Wohn- und Wohnumfeldbedingungensind Beispiele für die Zielsetzungen des LEP für eine gleichwertige Entwick -lung im gesamten Land.

Die weitere Siedlungsentwicklung soll sich zur Vermeidung einer einseitigenBelastung der verdichteten Räume und zur Verbesserung der Entwicklungs-

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chancen ländlicher Gebiete noch stärker an der dezentralen Raumstruktur desLandes orientieren. Dabei soll die Siedlungstätigkeit zur Sicherstellung einerangemessenen und wohnortnahen Versorgung mit Waren, Dienstleistungenund Arbeitsmöglichkeiten, zur Sicherung der Tragfähigkeit infrastrukturellerEinrichtungen sowie zur Verhinderung einer ungeordneten Zersiedlung derfreien Landschaft am Netz der Zentralen Orte ausgerichtet und vorrangig inSiedlungsbereichen und Siedlungsschwerpunkten konzentriert werden.

Die Teilräume des Landes entwickeln sich nicht unabhängig voneinander. Siesind auf vielfältige Weise miteinander verflochten und aufeinander angewiesen.Eine zukunftsfähige Landesentwicklung kann daher nur in ihrem Miteinanderder Raumkategorien erfolgen. Der LEP 2002 hebt deshalb den gemeinsamenBeitrag der Raumkategorien zur Gesamtentwicklung des Landes hervor undzielt auf eine wirkungsvolle Zusammenarbeit und einen intensiven Leis -tungsaustausch zwischen den Raumkategorien. Für die Gesamtentwicklungdes Landes ist entscheidend, dass sich seine Teilräume in ihren spezifischenVorzügen und Funktionen gegenseitig ergänzen. Zur Sicherung einer ausge-wogenen räumlichen Entwicklung, einer dezentralen Siedlungsstruktur undzur Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen ist eine gleichwertigeTeilhabe aller Teilräume an der Entwicklung des Landes erforderlich.

Die Regionalstruktur Baden-Württembergs ist insgesamt, das heißt imbundesweiten und im europäischen Vergleich, durch eine relativ hohe regio-nale Ausgewogenheit und vergleichsweise schwache Disparitäten gekenn-zeichnet. Die Strukturverhältnisse entsprechen den raumordnerischen Leit-vorstellungen einer großräumig ausgewogenen Ordnung und gleichwertigerLebensverhältnisse. Neben der regionalen Vielfalt stellt die regionale Ausge-wogenheit einen wesentlichen Standortvorteil Baden-Württembergs dar.

Das im Grundgesetz verankerte Ziel der Schaffung gleichwertiger Lebens-verhältnisse bleibt dabei eine Daueraufgabe auf allen Ebenen der regionalenStrukturpolitik. Wichtig bleibt deshalb, dass die regionalen und kommunalenAkteure in den Teilräumen des Landes ihre Standortsituation gemeinsam analy-sieren und im Konsens miteinander bewerten. Auf dieser stimmigen Beurtei-lungsgrundlage können sie gemeinsam Strategien, Maßnahmen und Projekteentwickeln und verfolgen, um die jeweiligen Wirtschafts- und Lebensstand-orte attraktiv zu halten und zu verbessern.

II. L a n d - u n d F o r s t w i r t s c h a f t

1. Wie stellt sich der gesamtwirtschaftliche Nutzen der Land- und Forstwirt-schaft, der bei der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung unberücksichtigtbleibt (Schutz von Boden, Wasser, Luft, Flora und Fauna sowie die Erhal-tung und Pflege der Landschaft einschließlich Erholungsfunktion des länd-lichen Raums), dar?

Die Landwirtschaft erbringt vielfältige Leistungen für die Gesellschaft, diemonetär nicht zu bewerten sind. Neben der eigentlichen Erzeugung vonhochwertigen pflanzlichen und tierischen Produkten als Nahrungs- und Futter-mittel sowie als Energieträger werden Leistungen in den Bereichen Pflegeder Kulturlandschaft, Klimaschutz, Boden- und Grundwasserschutz sowieErhaltung der Biodiversität erbracht. Dies geschieht sowohl im Rahmen derBewirtschaftung der Flächen als auch durch darüber hinausgehende Dienst-leistungen im Bereich des Umwelt- und Naturschutzes. Die Landesregierungunterstützt diese Leistungen und motiviert dazu durch Förder- und Aus-gleichsprogramme, z. B. das MEKA-Programm und die Landschaftspflege-richtlinie.

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Baden-Württemberg zeichnet sich durch eine landschaftliche Vielfalt aus.Dieser natürliche Reichtum bietet die Grundvoraussetzungen für Erholungund Tourismus. Die Landschaft kann ihre Erholungsfunktion und Bedeutungfür den Tourismus nur erfüllen, wenn sie durch die Bewirtschaftung erhaltenwird. Die einzigartigen Landschaften wurden durch die Bewirtschaftung überdie Jahrhunderte als Kulturlandschaften geformt. Genannt seien der Schwarz-wald oder die Schwäbische Alb als charakteristische Kulturlandschaften. Diese Naturräume können nur dank der angepassten landwirtschaftlichen Nut-zung und Bewirtschaftung erhalten werden. Eine reine Landschaftspflege ohnelandwirtschaftliche Bewirtschaftung würde das Landschaftsbild verändern,ganz zu schweigen von einer großflächigen Sukzession und den Kosten einersolchen „Pflege nur um der Pflege willen“. Durch eine Aufgabe der landwirt-schaftlichen Bewirtschaftung der Kulturlandschaft würde der ländliche Raumerheblich an Attraktivität verlieren, mit der Folge, dass die Bevölkerung abwandert. Eine Abwanderung der Bevölkerung würde wiederum hohe Infra-strukturkosten auslösen.

Kulturlandschaft, die den Reiz der Regionen und Gebiete ausmacht, ist fürdie Tourismuswirtschaft unerlässlich und für jeden der im ländlichen RaumErholung sucht, vertraut und selbstverständlich. So sind beispielsweiseWachholderheiden oder Steillagenweinbau mit seinen Trockenmauern einProdukt der Landwirtschaft, welches nur auf diese Weise erhalten werdenkann.

Gesellschaftliche Leistungen erbringen die Landwirte auch durch umwelt-schonende Bewirtschaftung, die dem Schutz des Bodens und des Grundwassersdient. Landwirtschaftliche Bodennutzung ist auf den vorsorgeorientiertenErosionsschutz gerichtet. Maßnahmen, die dem Erosionsschutz dienen, haben gleichzeitig positive Wirkungen auf den Schutz von Grundwasser undOberflächengewässern und tragen zum Klimaschutz bei. Der Artenreichtumunserer Landschaften wurde und wird maßgeblich von der Bewirtschaftungbestimmt. Umweltverträgliche Landwirtschaft dient damit der Erhaltung derBiodiversität.

So ist zum Beispiel landwirtschaftlich genutztes Grünland wichtig für dieGrundwasserneubildung und wirkt als „Nitratfalle“, da durch die ganzjährigbestehende Vegetationsdecke Nährstoffe im Wurzelsystem gehalten und derAuswaschung entzogen werden. Landwirtschaftliches Grünland verhindert inenormem Maße Bodenabtrag und ist dadurch essentiell als Erosionsschutz-maßnahme an Hangflächen oder in Auenlandschaften. Das Ökosystem Grün-land verfügt über eine jährliche Netto-Sauerstoff-Produktion von rund 7,3 t/haund ein reichhaltiges Artenvorkommen. Dies sind Beispiele für Leistungen,welche seitens der Landwirtschaft erbracht werden, jedoch nicht in die volks-wirtschaftliche Betrachtung einfließen.

Die Leistungen des Waldes und der Forstwirtschaft sind vielfältiger Natur.Dazu zählen neben der Lieferung des Rohstoffes Holz beispielsweise derErosions-, Klima- und Wasserschutz und die Luftreinigung ebenso wie seineökologischen Funktionen als Lebensraum und seine Rolle für Freizeit undErholung. Eine wissenschaftlich abgesicherte monetäre Bewertung der Leis -tungen des Waldes ist derzeit nur ansatzweise möglich.

Als Anhaltspunkt können allerdings die Waldflächen, welche besondereSchutz- und Erholungsfunktion erfüllen, herangezogen werden. Die Wald-funktionenkartierung weist aktuell rund 116.000 ha Wasserschutzwald,180.000 ha Klimaschutzwald, 400.000 ha Erholungswald (davon sind über10.000 ha als gesetzlicher Erholungswald geschützt), 170.000 ha Sicht-schutzwald, Immissionsschutzwald und Wald zum Schutz vor sonstigen Umwelteinwirkungen, sowie über 210.000 ha Bodenschutzwald aus. Daneben

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sind nachfolgende besonders naturschutzrelevante Flächen erfasst: Rund80.000 ha Waldbiotope, 25.000 ha Waldschutzgebiete, ca. 267.000 ha FFH-Gebiete sowie ca. 232.000 ha Vogelschutzgebiete. Auf diesen Flächen werdenbesondere Funktionen im Bereich des Natur-, Biotop- und Landschaftsschut-zes erbracht.

Hinweise zur Bedeutung und Wertigkeit der Erholungsfunktion liefern einigeausgewählte Kennzahlen zur Erholungsinfrastruktur im Wald. So finden sichbeispielsweise über 27.000 km markierte Wanderwege, rund 1.600 ausgewie-sene Reitwege, über 3.000 Schutz- und Grillhütten sowie rund 180 Gehege inden Wäldern Baden-Württembergs.

Daneben können die Leistungen des aktiven Baumartenwechsels, wie in derVergangenheit im Staatswald aus Gründen der Umwelt- und Erholungsvor-sorge geschehen, bzw. der Verzicht auf den Anbau ertragsstärkerer Baumartenüber ein von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) weiter-entwickeltes Verfahren in Einzelfällen bewertet werden. Zusätzlich wird dieFVA im Laufe dieses Jahres auch ein internetbasiertes Expertensystem Waldund Wasser fertig stellen, dem dann wichtige Herstellungskosten, die mit derUmsetzung der Wasserrahmenrichtlinie verbunden sein werden, entnommenwerden können.

Zur Steigerung des gesamtwirtschaftlichen Nutzens der Land- und Forstwirt-schaft leisten die sieben Naturparke in Baden-Württemberg auf rund einemDrittel der Landesfläche einen herausragenden Beitrag. Von der integriertenEntwicklungskonzeption gehen zahlreiche Impulse auf die Urproduktion, dieTourismusbranche sowie die Gastronomie aus und führen so zur Steigerungder Lebensqualität und der Wirtschaftskraft im ländlichen Raum. Die Initiativender Naturparke zur Entwicklung des ländlichen Raums werden aus Erträgender Glücksspirale jährlich mit rund 750.000 Euro unterstützt.

Wesentliche Bedeutung – insbesondere im Hinblick auf die Stärkung undwirtschaftliche Weiterentwicklung der ländlichen Räume – kommt der Bereit-stellung des nachhaltig verfügbaren, umweltfreundlichen Rohstoffes Holz zu:Nach Untersuchungen der Bundesforschungsanstalt für Forst- und Holzwirt-schaft in Hamburg werden in der Forstwirtschaft i. e. S. des Landes Baden-Württemberg rund 12.500 Personen beschäftigt. Gemeinsam mit der holzbe-und -verarbeitenden Industrie werden im Cluster Forst und Holz insgesamtrund 210.000 Personen beschäftigt, mit einem jährlichen Umsatz von rund 30 Mrd. Euro. Diese Wirtschaftsleistung wird – bedingt durch den Bezug zurUrproduktion – im Wesentlichen im ländlichen Raum erbracht und trägt sozur Stabilisierung der ländlichen Räume bei.

2. Wie können die Leistungen der Land- und Forstwirtschaft für die Gesell-schaft bei der Erhaltung der Kulturlandschaft in Form von Mehraufwen-dungen und Mindererträgen angemessen kompensiert werden?

Die nachhaltige Sicherung und Entwicklung der ökologischen, ökonomi-schen und sozialen Funktionen des Waldes sind zentraler Bestandteil baden-württembergischer Forstpolitik. Daher werden private und körperschaftlicheForstbetriebe bei Leistungen mit hohem Wert für das Gemeinwohl finanziellunterstützt. Investitionen mit überwiegend öffentlichem Interesse, wie zumBeispiel der Aufbau standortgerechter Laub- und Mischwälder und deren Anpassung an die klimatischen Veränderungen oder die Bodenschutzkal-kung, werden im Rahmen des Förderprogramms „Nachhaltige Waldwirt-schaft“ jährlich mit rund sieben Mio. Euro (EU, Bund, Land) gefördert. Mitder neuen Umweltzulage Wald, die die dritte Programmgeneration der bis -herigen Ausgleichszulage Wald darstellt, werden gezielt Mindererträge oderMehraufwendungen privater Forstbetriebe im Erholungswald, Wasserschutz-

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wald, Bodenschutzwald und in FFH-Waldlebensräumen abgegolten. Mit derModifizierung des Programms im Jahr 2007 konnte ein modernes Waldum-weltprogramm geschaffen werden, welches die anspruchsvollen Vorausset-zungen für eine EU-Kofinanzierung erfüllt und so den Familienforstbetriebenin Baden-Württemberg einen finanziellen Ausgleich für ihre gesellschafts-und umweltrelevanten Leistungen sichert. Das Programmbudget (EU, Land)beträgt jährlich 5,7 Mio. Euro.

Im Agrarsektor wird die Leistung für die Gesellschaft im Rahmen von EU-,Bundes- und Landesförderungen und Ausgleichsleistungen kompensiert. Mitder neuen Ausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Gemeinschaft wurde die bisherige Kopplung an die Produktionsrichtungbzw. Erzeugung bestimmter landwirtschaftlicher Produkte aufgelöst. Gleich-zeitig wurden die bisherigen Direktzahlungen der 1. Säule der Agrarpolitikverstärkt an Umwelt- und Fachrechtsauflagen gebunden. Damit erhalten dieLandwirte Ausgleichsleistungen für die Einhaltung der im Vergleich zu Dritt-ländern höheren EU-Standards im Bereich der Erzeugung und Kulturland-schaftserhaltung.

Weiterhin werden die speziellen Agrarumweltleistungen, die die Landwirt-schaft gezielt über die gute fachliche Praxis und die gesetzlichen Vorgabenhinaus für die Gesellschaft erbringt, über die Fördertatbestände der 2. Säuleder Agrarpolitik, insbesondere den Marktentlastungs- und Kulturlandschafts-ausgleich und die Landschaftspflegerichtlinie honoriert. Baden-Württemberghat hierzu in der Vergangenheit jährlich bis zu 150 Mio. Euro für die Mehr-aufwendungen und Ertragsminderungen gegenüber der stärker nach Markt-gesichtspunkten ausgerichteten Erzeugung aufgewandt. Auch zukünftig wirdfür diese Bereiche eine Kofinanzierung der von der EU bereitgestelltenMittel durch das Land vorgenommen. Weiterhin werden die Mehraufwen-dungen und Mindererträge, die z. B. im Rahmen der umweltschonenden Bewirtschaftung von Wasserschutzgebieten auftreten, über die SchALVOausgeglichen.

Die Berechnung dieser Ausgleichszahlungen basiert auf den Mehraufwen-dungen und Mindererträgen, die durch die Einhaltung der jeweiligen Auflagenden Landwirten entstehen. Die Höhe der Ausgleichszahlungen wird von derEU-Kommission im Rahmen der Genehmigungsverfahren intensiv geprüft.Eine Anreizkomponente ist nicht mehr möglich. Angesichts der aktuellenEntwicklung der Marktpreise ist bei einzelnen Maßnahmen kaum mehr einvollständiger Ausgleich gesichert.

3. Wie wirkt sich der landwirtschaftliche Strukturwandel im Land aus?

Im Jahr 2007 wirtschafteten in Baden-Württemberg noch rund 57.000 Betriebeauf 1,44 Mio. ha landwirtschaftlich genutzter Fläche (LF). Über einen Zeit -raum von zwei Jahrzehnten hat sich die Zahl landwirtschaftlicher Betriebe imLand damit nahezu halbiert. Zeitgleich mit dem landwirtschaftlichen Struk-turwandel findet in vielen Betrieben auch eine Spezialisierung in der be -triebswirtschaftlichen Ausrichtung statt.

Während immer mehr Betriebe ihre Produktion aufgeben, geht die landwirt-schaftlich genutzte Fläche dagegen nur in vergleichsweise geringem Maßezurück, wodurch die durchschnittliche Flächenausstattung der verbleibendenBetriebe stetig ansteigt. Im Jahr 2007 lag die durchschnittliche Betriebsgrößein Baden-Württemberg bei 25,2 ha LF und damit nach wie vor deutlich unterdem Bundesdurchschnitt von über 40 ha LF. Die geringere Flächenausstat-tung ist jedoch auch im Zusammenhang mit dem hohen Anteil von Sonder-kulturen wie Wein, Obst und Gemüse in Baden-Württemberg zu sehen.

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Baden-Württemberg weist damit die kleinste durchschnittliche Betriebsgrößeim Bundesländervergleich auf.

Über 90 % der landwirtschaftlichen Betriebe in Baden-Württemberg werdenin der Rechtsform Einzelunternehmen, dem klassischen Familienbetrieb, geführt. Dabei spielt der landwirtschaftliche Nebenerwerb eine ausgeprägteRolle. Rund 33.600 Betriebe bzw. knapp 60 % werden im Nebenerwerb geführt. Gut jeder vierte Nebenerwerbsbetrieb hat seinen Produktionsschwer-punkt im Dauerkulturanbau (Obst, Wein). Mit einer durchschnittlichen Flächen-ausstattung von 44,5 ha LF bewirtschaften die 19.300 Betriebe, die imHaupterwerb betrieben werden, rund viermal so viel Fläche wie Betriebe, dieim Nebenerwerb bewirtschaftet werden.

Vor dem Hintergrund des anhaltenden agrarstrukturellen Wandels und demdamit verbundenen betrieblichen Konzentrationsprozess gewinnen Pacht undVerpachtung von landwirtschaftlichen Flächen in Baden-Württemberg weiteran Bedeutung. Der Pachtflächenanteil erreichte 2007 in Baden-Württemberggut 61 %, was einem Flächenumfang von rund 885.000 ha LF entspricht. Gerade die wachsenden Betriebe sind in ihrer Entwicklung, sowohl vom Angebot ausreichender Pachtflächen als auch von tragbaren Pachtpreisen abhängig.

Der Strukturwandel in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung in Baden-Württemberg ist über eine fortschreitende einzelbetriebliche Konzentrationder Tierbestände hinaus zunehmend auch durch eine räumliche Konzentra-tion gekennzeichnet. Ursache hierfür ist, dass neben den natürlichen Stand-ortvorteilen Spezialwissen und eingespielte Bezugs- und Absatzwege zurStärkung vorhandener Produktionsschwerpunkte beitragen. Nicht unwesent-lich ist die Einstellung der regional und örtlich verantwortlichen Behördenund Gremien sowie der Bevölkerung zu Tierhaltungsanlagen. Die RegionHohenlohe baut ihre Bedeutung in der Schweinehaltung weiter aus, währenddas Allgäu in der Milcherzeugung an Bedeutung gewinnt. In der Rinderhal-tung setzt sich der schon länger andauernde Rückgang der Bestände und Halter-zahlen fort.

Die Entwicklung in der Schweinehaltung ist ebenfalls durch anhaltende, aus-gesprochen starke Konzentrationstendenzen gekennzeichnet. Aufgrund desinsgesamt geringen Viehbesatzes in Baden-Württemberg kommt es jedoch inkeiner Region zu Problemen mit der Verwertung des Wirtschaftsdüngers.Trotz des anhaltenden Strukturwandels liegen die durchschnittlichen Be -standsgrößen bei allen Tierarten in Baden-Württemberg allerdings noch deut-lich unter dem Bundesdurchschnitt und erheblich niedriger als im Vergleich zuanderen EU-Mitgliedstaaten. Vor diesem Hintergrund stehen für die Ausrich-tung der Landesagrarpolitik die Fragen zur Verbesserung der Effizienz derProduktionsstrukturen, der betrieblichen Weiterentwicklung und Diversifizie-rung auch weiterhin im Vordergrund (vgl. Frage 4).

4. Wie kann die Wettbewerbsfähigkeit unserer entwicklungsfähigen Betriebe erhalten und weiter verbessert werden?

Baden-Württemberg verfolgt eine innovative und wachstumsorientierte Politikzur ländlichen Entwicklung, die sowohl den ökonomischen, ökologischen alsauch den sozialen Herausforderungen Rechnung trägt. Im Mittelpunkt stehtdabei die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, die insbesondere auf eineSteigerung der Wertschöpfung in den Bereichen Erzeugung, Verarbeitungund Vermarktung land- und forstwirtschaftlicher Produkte und damit auf eineVerbesserung des betrieblichen Einkommenspotenzials durch eine Erhöhungder Arbeitsproduktivität ausgerichtet ist. Ansatzpunkte zur Steigerung der

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Wertschöpfung und der Produktivität in der Land- und Forstwirtschaft siehtdie Landesregierung insbesondere in folgenden Bereichen:

Erster Ansatzpunkt ist die Qualifizierung der Menschen durch Wissenstransfer,der für die Zukunft der land- und forstwirtschaftlichen Haupterwerbsbetriebeeine hohe Bedeutung hat, um die fachlichen und unternehmerischen Kompe-tenzen der BetriebsleiterInnen zu stärken. Als thematische Schwerpunkte stehenhierbei u. a. die Nutzung innovativer Technologien, die Ausrichtung der Pro-duktion an den Marktgegebenheiten und an den Anforderungen des Umwelt-und Verbraucherschutzes, die Qualitätssicherung und -verbesserung sowiedie beschleunigte Umsetzung von anspruchsvollen Rechtsnormen, wie z. B.Cross Compliance, im Mittelpunkt.

Zweiter Ansatzpunkt zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Land- undForstwirtschaft ist die Förderung von Innovations-, Modernisierungs- undWachstumsinvestitionen in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben sowieim Garten- und Weinbau. Die Agrarinvestitionsförderung leistet hierbei, ins-besondere in den arbeits- und kapitalintensiven Produktionsbereichen, wie z. B. der Tierhaltung, durch die Verbesserung der betrieblichen Effizienz, Erhöhung der Wertschöpfung sowie Rationalisierung und Senkung der Produktionskosten einen wichtigen Beitrag zur Sicherung und Schaffung vonArbeitsplätzen.

Ausgehend von den strukturellen Defiziten der baden-württembergischenLandwirtschaft (vgl. Frage 3) liegt ein Schwerpunkt der Agrarinvestitionsför-derung in der Stärkung der tierischen Produktion. Sowohl in der Rinder- alsauch in der Schweinehaltung müssen Bestandsgrößen erreicht werden, die eine deutliche Senkung der Produktionskosten und eine Ausnutzung der Kos -tendegressionseffekte ermöglichen. Es muss zumindest gelingen, die durchden Strukturwandel wegfallenden Produktionskapazitäten zu erhalten. Insbe-sondere in entwicklungsfähigen Betrieben sind daher Erweiterungsinvestitio-nen notwendig, mit denen gleichzeitig auch Belange des Umwelt- und Tier-schutzes berücksichtigt werden können. Wegen der großen Bedeutung derMilchviehhaltung in Baden-Württemberg und den ausgeprägten Strukturdefi-ziten in diesem Bereich wird der Förderung der strukturellen Anpassung derMilchproduktion eine hohe Priorität eingeräumt.

Die Erhaltung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit ist auch für dieVerarbeitungs- und Vermarktungsunternehmen landwirtschaftlicher Erzeug-nisse von zentraler Bedeutung. Dazu ist im Hinblick auf eine Qualitäts-und/oder Kostenführerschaft eine effiziente Produktion sowie die Herstellungqualitativ hochwertiger Produkte unabdingbar. Die Erhöhung der Wertschöp-fung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse ist Grundvoraussetzung für die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe wieauch der Verarbeitungs- und Vermarktungsunternehmen. Die Förderung desin Baden-Württemberg überwiegend mittelständisch strukturierten Verarbei-tungs- und Vermarktungssektors für landwirtschaftliche Erzeugnisse konzen-triert sich daher vor allem auf die Schaffung leistungsfähiger Strukturen ins-besondere auch durch eine stärkere Bündelung des Angebots und die Erhö-hung des vertikalen Kooperationsgrads. Die Veränderungen im Lebensmittel-einzelhandel erfordern auch in Zukunft massive Anpassungsmaßnahmen inErfassung und Verarbeitung.

Bei der Flächennutzung führt der strategische Ansatz der Landesregierungzur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit nur über eine Senkung der Pro-duktionskosten. Dabei stehen die Kosten der Arbeitserledigung im Vorder-grund. Aufgrund der im Land vorherrschenden ungünstigen Betriebsstrukturenund der in vielen Landesteilen starken Zersplitterung der Flurstücke und teil-weise ungünstigen Wegeverhältnissen kann die Flurneuordnung durch den

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Ausbau und die Verbesserung der Infrastruktur im Zusammenhang mit derEntwicklung und Anpassung der Land- und Forstwirtschaft einen erheblichenBeitrag zur Kostensenkung bei der Flächenbewirtschaftung leisten.

Dritter Ansatzpunkt zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit bildet dieVerbesserung der Produkt- und Prozessqualität der landwirtschaftlichen Pro-duktion und Verarbeitungserzeugnisse, da hochwertige Agrar- und Verarbei-tungserzeugnisse ein hohes Nachfrage- und Absatzpotenzial bieten. Baden-Württemberg bietet mit dem Qualitätszeichen und dem Biozeichen Baden-Württemberg der Landwirtschaft und der Ernährungswirtschaft zwei von derEU notifizierte Konzepte für die Hervorhebung von Agrarprodukten aus Baden-Württemberg an, bei deren Herstellung jeweils mehrere über dem gesetzlichen Standard liegende Erfordernisse erfüllt werden.

Vierter Ansatzpunkt ist die verbesserte Nutzung des nachhaltig hohen Holz-potenzials. Baden-Württemberg verfügt – nach Bayern – über die höchstenHolzvorräte Deutschlands. Hierauf aufbauend existiert in Baden-Württem-berg eine leistungsfähige holzverarbeitende Industrie, die überwiegend imländlichen Raum ansässig ist. Insbesondere hinsichtlich der Arbeitsplatzwir-kungen im ländlichen Raum ist die Forst- und Holzwirtschaft daher ein wich-tiger Wirtschaftszweig Baden-Württembergs. Die zukünftige Wettbewerbs -fähigkeit dieses Wirtschaftszweigs wird angesichts zunehmender internationalerVerflechtungen der Warenströme und zu beobachtender Konzentrationspro-zesse wesentlich von der Innovationsfähigkeit und -tätigkeit der holzverar-beitenden Industrien abhängen. Um diese zu fördern, bereitet die Landesre-gierung derzeit eine Richtlinie zur Förderung des Clusters Forst und Holz imRahmen des Ziels „Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung – Bereich EFRE“ vor.

III. E r n e u e r b a r e E n e r g i e n

1. Wie können unsere Land- und Forstwirte an den Wertschöpfungspotenzialenauf dem Bioenergiesektor gerecht beteiligt werden?

Eine Partizipation der baden-württembergischen Land- und Forstwirtschaftan den Wertschöpfungspotenzialen im Bioenergiesektor wird derzeit insbe-sondere durch die Entwicklung der Preise für fossile Energien, den steuer-und ordnungspolitischen Rahmenbedingungen im Energiesektor in Deutsch-land, von der Wettbewerbskraft alternativer Nutzungsformen der zur Verfü-gung stehenden land- und forstwirtschaftlichen Produktionsfaktoren undauch dem jeweiligen unternehmerischen Können bestimmt.

Die aktuellen Entwicklungen auf den globalen Futter- und Nahrungsmittel-märkten und die entsprechenden Auswirkungen auf die jeweiligen Märkte inBaden-Württemberg zeigen, dass eine erfolgreiche, mittel- bis langfristig angelegte Nutzung der Wertschöpfungspotenziale im Bioenergiesektor nurauf der Basis entsprechender Konzepte, ggf. in Kooperation mit anderenUnternehmen, möglich ist. Insbesondere im Bereich des Erneuerbare-Ener-gien-Gesetzes (EEG) wird die Regelung der Einspeisung von Biomethan aufder Basis fermentativer und zukünftig auch thermochemischer Verfahren einewichtige Rolle dafür spielen, in welchem Umfang die Land- und Forstwirt-schaft an den Wertschöpfungsmöglichkeiten im Bioenergiesektor weiter partizi-pieren kann.

Auch im Bioenergiesektor wird es, analog dem Nahrungsmittelsektor, kleine,begrenzte Nischen der „Direktvermarktung von Bioenergie“, z. B. insbeson-dere in der Abhängigkeit nutzbarer Wärmesenken, geben. Angesichts der Erfordernis des weiteren Ausbaus der Bioenergienutzung wird es aber für dieLand- und Forstwirtschaft erforderlich sein, Kooperationen mit z. B. Wärme-

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Contracting-Unternehmen, Stadtwerken und auch Industrieunternehmen ein-zugehen, um Wertschöpfungspotenziale für sich nutzen zu können.

Weitere Möglichkeiten der Partizipation an den Wertschöpfungspotenzialenbestehen als

• Biomasselieferant für Biomasseanlagen (Wärme, Strom, Kraftstoff),

• Produzent und Lieferant von Strom und Wärme an Endverbraucher oderEnergieversorgungsunternehmen,

• Einsatz als Dienstleister bei der Betreuung von Biomasseanlagen,

• Kooperationsformen von Biomasseproduzenten, Vermarktern und Energie-versorgungsunternehmen

sowie über die dezentrale Kraftstoffproduktion und Bereitstellung.

2. Wie beurteilt sie das Nebeneinander des Ausbaus von Pflanzen zur Pro-duktion von Bioenergie bzw. zur Erzeugung von qualitativ hochwertigen Lebensmitteln?

Landwirtschaftliche Unternehmen werden dann in die Produktion qualitativhochwertiger Lebensmittel und/oder im Bioenergiesektor einsteigen und investieren, wenn aus ihrer jeweiligen mikroökonomischen Situation und Beurteilung dies die ökonomisch sinnvollste Verwertung der jeweils zur Verfü-gung stehenden Produktionsfaktoren für einen bestimmten Zeitraum darstellt.

Wie im Biomasseaktionsplan der Landesregierung vom März 2006 ausge-führt, geht die Landesregierung mittel- bis langfristig von einem Energiepo-tenzial von ca. 4 bis 5 % des Primärenergieverbrauchs (Basis 2005) auf derBasis landwirtschaftlicher Biomasse aus. Dies bedeutet auch, dass nach jetzigerEinschätzung der weiteren Entwicklungen, die Produktion hochwertiger Lebensmittel in Baden-Württemberg auch künftig eindeutig dominierenwird.

Im Zusammenhang mit den Nutzungskonkurrenzen wird auch auf die Stel-lungnahme der Landesregierung vom 21. Mai 2007 zum Antrag des Abge-ordneten Ulrich Müller und andere CDU „Grenzen der Biomassenutzungs-frage?“ (Drucksache 14/1060) verwiesen.

Auf der Grundlage einer Erhebung des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg im Jahr 2007 können zu dieser Stellungnahme ergänzend folgendeaktuelleren Aussagen z. B. zur Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flächenin Baden-Württemberg durch die Bioenergieproduktion gemacht werden:

Im Jahr 2007 wurden für die Bereitstellung von pflanzlicher Biomasse zurHerstellung von Biomethan in den baden-württembergischen Biogasanlagenca. 41.000 ha landwirtschaftlich genutzte Fläche (Acker- und Grünland) beansprucht. Ca. 2.700 landwirtschaftliche Betriebe produzierten 2007 in Baden-Württemberg Biomasse für den Bioenergiesektor. Die Erhebung ergabauch, dass jeder zehnte Landwirt in Baden-Württemberg Einkünfte aus derErzeugung erneuerbarer Energien bezieht. Dies betrifft nicht nur die Gewin-nung von Biogas, sondern auch die Nutzung von Wind, Solarenergie oder dieErzeugung von Brennholz oder Holzhackschnitzeln und Raps für den Kraft-stoffsektor. Innerhalb von nur vier Jahren hat sich diese Quote vervierfacht.

Neben der Nutzung bestimmter landwirtschaftlicher Flächen zur Biogaspro-duktion wurde auf den Stilllegungsflächen in Baden-Württemberg ca. 16.500 ha

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Winterraps – überwiegend für den Biokraftstoffsektor – produziert. Es ist davon auszugehen, dass in einem gewissen Umfang auch 2007 zusätzlichRapssaaten, die auf Nichtstilllegungsflächen in Baden-Württemberg produ-ziert wurden, für die Biokraftstoffherstellung verarbeitet wurden.

IV. B i l d u n g

1. Wie können im ländlichen Raum ein flächendeckendes Netz der Schulenunter dem Prinzip der Wohnortnähe erhalten und weiterentwickelt sowieeine gute Lehrerversorgung als Grundlage für ein begabungsgerechtesBildungswesen sichergestellt werden?

Um für die jüngsten unter den Schülerinnen und Schülern ein wohnortnahesAngebot beibehalten zu können, ist zu prüfen, inwieweit Grundschulstandorte,unter denen sich eine größere Zahl einzügiger Schulen befindet, unter denAspekten eines effektiven und effizienten Ressourceneinsatzes, der Bildungs-chancengleichheit im Land und den strukturpolitischen Belangen im länd-lichen Raum erhalten werden können. Erforderliche Anpassungen könnenauch durch organisatorische Maßnahmen umgesetzt werden. So kann beiUnterschreitung der Mindestschülerzahlen für Jahrgangsklassen der Unter-richt in der Grundschule auch in kombinierten Klassen erfolgen, wobei dieKlassenstufen 1 und 2 bzw. 3 und 4 gemeinsam unterrichtet werden. Derjahrgangsübergreifende Unterricht oder das Arbeiten in Kleingruppen ist imBereich der Grundschule ohnehin gängige Praxis. Zudem wird geprüft, obkleine Schulen künftig als Außenstelle einer größeren Schule geführt werdenkönnen.

Zur Frage der Weiterentwicklung der Hauptschulstrukturen hat das Kultusmi-nisterium gemeinsam mit Vertretern der kommunalen Landesverbände Hand-lungsempfehlungen erarbeitet, die im März 2007 bekanntgegeben wurden.Ziel ist es, die Hauptschule als eigenständige Schulart trotz sinkender Schüler-zahlen in allen Teilen des Landes zu erhalten. Diese Empfehlungen zeigenden Schulträgergemeinden Möglichkeiten auf, wie eine effektive und zukunfts-fähige Struktur gerade auch im ländlichen Raum erreicht werden kann. DieEmpfehlungen beinhalten beispielsweise die Möglichkeit der Kooperationzwischen zwei benachbarten Hauptschulen, jahrgangsübergreifenden Unter-richt oder die Zusammenlegung zu leistungsfähigeren Schulen.

Durch den vorhandenen Bewerberüberhang bei den Grund-, Haupt- und Realschulen im ländlichen Raum ist derzeit in diesen Schularten eine günstigeSituation für die Lehrerversorgung gegeben. Das Kultusministerium hat 2007erstmalig ein spezifisches Ausschreibungsverfahren für alle Schulen im länd-lichen Raum eingerichtet. Diese Schulen konnten ihre Stellen ohne Konkur-renz von vermeintlich attraktiveren Standorten ausschreiben. In der Erstaus-schreibung im ländlichen Raum konnten so 90 % der Stellen besetzt werden.

Probleme bestehen allerdings zum Teil an den Gymnasien und den Berufs-schulen. Insgesamt kann der Pflichtstundenbereich an den allgemein bilden-den Gymnasien im Land weitgehend abgedeckt werden, wenngleich vor allemin einigen Teilen Oberschwabens und der Ostalb Lücken bestehen, da dortkein Bewerberüberhang gegeben ist. Dies kann im Einzelfall vor allem denPflichtunterricht in den naturwissenschaftlichen Fächern betreffen.

Die bei den Bewerbern weniger bevorzugten ländlichen Standorte bei denGymnasien haben im Allgemeinen größere Schwierigkeiten bei der Bewer-bergewinnung. Ursache hierfür ist die zu geringe Zahl an Studienanfängernim Lehramt für Gymnasien, aber auch ein Mangel an räumlich mobilen Lehr-kräften mit den gewünschten Fächerkombinationen.

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Auch der vom Ministerrat in der Sitzung am 29. August 2006 eingesetzte Kabinettsausschuss „Ländlicher Raum“ beschäftigt sich u. a. mit der Frageder Schul- und Lehrerversorgung im ländlichen Raum.

2. Hält die Landesregierung an den dezentralen Fachhochschulen, Pädago-gischen Hochschulen und Berufsakademien im ländlichen Raum fest undstärkt und weiterentwickelt sie diese?

In Baden-Württemberg gibt es derzeit 19 staatliche Fachhochschulen1), dieüber insgesamt 24 räumlich selbstständige Standorte verteilt sind. „Außen-stellen“ in diesem Sinne unterhalten die Hochschulen Esslingen (in Göppingen)und Heilbronn (in Künzelsau). Als „Doppelstandorte“ zählen die HochschulenAlbstadt-Sigmaringen, Nürtingen-Geislingen und Furtwangen (mit Villingen-Schwenningen). Hinzu kommen sechs Pädagogische Hochschulen mit sechsStandorten in Freiburg, Heidelberg, Karlsruhe, Ludwigsburg mit der FakultätSonderpädagogik mit Sitz in Reutlingen, Schwäbisch Gmünd und Weingartensowie die Berufsakademie Baden-Württemberg mit acht Standorten in Heiden-heim, Karlsruhe, Lörrach, Mannheim, Mosbach, Ravensburg, Stuttgart undVillingen-Schwenningen. Die BA-Standorte Mosbach, Stuttgart und Ravens-burg verfügen über je eine Außenstelle in Bad Mergentheim, Horb und Fried -richshafen.

Von insgesamt 99 staatlichen Fachhochschulen bundesweit hat nahezu jedeFünfte ihren Sitz in Baden-Württemberg. Mit diesen zahlreichen, in der Region verteilten Standorten hat Baden-Württemberg bewusst in Kauf genommen, dass die Studierendenzahlen hier im Durchschnitt mit 3.257 Studie-renden pro Fachhochschule deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von4.769 Studierenden pro Fachhochschule liegen (Stand: Wintersemester2006/07).

Vor diesem Hintergrund wurde die Zusammenführung von Fachhochschulenzur Konzentration und Optimierung des Ressourceneinsatzes und zur Erzeu-gung von Synergien in den vergangenen Jahren aus unterschiedlichen Ansätzenheraus immer wieder thematisiert. Kritik an kleinen Hochschulstandortenkam dabei vor allem vom Wissenschaftsrat in seinen „Empfehlungen zur Ent-wicklung der Fachhochschulen“ aus den Jahren 1991 und zuletzt 2002. Auchder Landesrechnungshof hat in seiner Denkschrift 1994 unter anderem dieEmpfehlung ausgesprochen, zur Effektivierung des Ressourceneinsatzes dieDesign-Studiengänge der FH Schwäbisch Gmünd an die (ehemalige) FHDruck nach Stuttgart zu verlagern und den Standort Schwäbisch Gmünd auf-zugeben.

Die Landesregierung hat diese Kritik stets sehr ernst genommen. Bereits imJahr 1992 wurden die beiden Pforzheimer Fachhochschulen zusammen- geführt. Im Jahr 1999 erfolgte die Fusion der Fachhochschule für öffentlicheVerwaltung und der Fachhochschule für Finanzen in Ludwigsburg und imJahr 2001 wurden die Stuttgarter Fachhochschulen für Druck und für Biblio-thekswesen zur Fachhochschule der Medien zusammengeführt. Schließlichfand im Jahr 2006 auch der Zusammenschluss der Fachhochschule Esslingen– Hochschule für Technik und der Fachhochschule Esslingen – Hochschulefür Sozialwesen sowie die Fachhochschule Mannheim – Hochschule fürTechnik und Gestaltung und der Fachhochschule Mannheim – Hochschulefür Sozialwesen zu jeweils einer Fachhochschule in Esslingen und Mann-heim statt. Auch dabei ging es freilich weniger um die Erzielung von Einspa-rungen. Eindeutig im Vordergrund standen vielmehr hochschulpolitischeGründe.

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1) Hier und im Folgenden jeweils ohne Verwaltungsfachhochschulen.

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Weitere Fusionen im Fachhochschulbereich werden derzeit nicht angestrebt.Die Vorteile, die sich daraus vor allem in wirtschaftlicher Sicht erzielen ließen,stünden in keinem Verhältnis zu den Nachteilen, die von einer Schließungvon Hochschulstandorten für die jeweilige Region zu erwarten wären. Denngerade Fachhochschulen kommt dort eine herausragende Rolle als Motor derWirtschaft zu.

Ein regionalisiert gefächertes Hochschulangebot erleichtert für die Bevölke-rung in dezentral gelegenen Landesteilen den Zugang zur Bildung. So gewinnengerade die Fachhochschulen und Berufsakademien einen erheblichen Teil ihrer Studierenden aus ihrem unmittelbaren regionalen Umfeld. Auch ihreAbsolventen suchen und finden im Vergleich zu den Absolventen andererHochschularten mit überdurchschnittlicher Häufigkeit ihren Arbeitsplatz ineinem Unternehmen der Region. Denn enge und deshalb oft auch dauerhafteKontakte zu den Unternehmen werden bereits während der Praxisphasen desFachhochschulstudiums und durch die externen, d. h. in den Betrieben ange-fertigten Abschlussarbeiten, begründet. Bei den Berufsakademien ergibt sichdieser Kontakt bereits durch die ausbildungsvertraglichen Beziehungen zwischenden Ausbildungsstätten und den BA-Studierenden. Deshalb sind vor allemUnternehmen außerhalb der Ballungsräume mit ihrem zunehmenden Bedarfan hochqualifizierten Arbeitskräften oft auf die Aus- und Weiterbildungsleis -tungen der in ihrem unmittelbaren Umfeld ansässigen Fachhochschulen undBerufsakademien angewiesen.

Fachhochschulen leisten darüber hinaus einen für die regionale Wirtschaftwichtigen Technik- und Wissenstransfer. Einen nicht zu unterschätzendenBeitrag zur Stärkung der regionalen Wirtschaft liefern zudem die Unterneh-mensgründungen aus der Hochschule heraus, sog. „Spin-offs“. Wie eineUntersuchung aus Rheinland-Pfalz belegt hat, nehmen auch hier die Fach-hochschulen eine Spitzenstellung ein. Sie erzeugen Innovationsimpulse undbilden damit die Brücke zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Deshalb beruht der besondere Erfolg der auf Ausgleich und Herstellung gleicher Lebensbedingungen orientierten Regionalpolitik des Landes Baden-Würt-temberg zu einem erheblichen Teil auch darauf, dass Baden-Württembergschon seit der Gründung der Fachhochschulen und zunehmend in den 1990-erJahren auf die regionale Strukturierung der Fachhochschulen gesetzt hat.

Andererseits wird kein besonderer Bedarf an einer weiteren Auffächerungdes dichten Netzes an Hochschulen in Baden-Württemberg gesehen. Das giltim Grundsatz auch vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden demografi-schen Entwicklung, die in den Jahren bis 2020 die Notwendigkeit zur Schaf-fung zusätzlicher Studienplätze begründet. Da die Studienbewerberzahlennach der Spitze im Jahr 2012 wieder zurückgehen werden, könnten neueHochschulstandorte nur vorübergehend Bestand haben. Deshalb setzt dasAusbauprogramm „Hochschule 2012“ auf die Stärkung vorhandener Stand-orte; es enthält keine Mittel für die Einrichtung neuer Hochschulstandorte.

Nur in besonders begründeten Ausnahmefällen kann von diesem Grundsatzabgewichen werden. Voraussetzung dafür ist hiernach, dass davon auf Dauereine Bereicherung der Hochschullandschaft in Baden-Württemberg erwartetwerden kann und die standortbedingten Kosten nicht aus Landesmitteln, sondernvon privaten und kommunalen Initiatoren aus eigener Kraft getragen werden.Initiatorenkreise in Backnang und Tuttlingen sehen sich grundsätzlich in derLage, diese Rahmenbedingungen zu erfüllen. So soll in Backnang ein „Vorle-sungsstandort“ der Berufsakademie Stuttgart gegründet werden. Ziel an demneuen Hochschulstandort der Hochschule Furtwangen in Tuttlingen ist es,mit einem neuen Ausbildungskonzept Ingenieure auszubilden, um die medi-zintechnischen und metallverarbeitenden Unternehmen in der Raumschaft zuversorgen.

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Auch eine von der Stadt Schwäbisch Hall angeführte Initiative, eine „Hoch-schule für Vertrieb“ als Außenstelle der Hochschule Heilbronn einzurichten,hat Aussicht auf Erfolg. Denn nach einer Erhebung der IHK Heilbronn-Frankenbesteht in der Region ein dringender Bedarf an betriebswirtschaftlichen Studienangeboten im Bereich Vertrieb.

Die Pädagogischen Hochschulen weisen hinsichtlich ihrer Dominanz in derLehrerausbildung ein Alleinstellungsmerkmal in der ganzen Bundesrepublikauf, da es in den anderen Bundesländern diese Hochschulart nicht mehr gibt.Baden-Württemberg hat sich 1994 für die Selbstständigkeit dieser Hoch-schulart mit den bestehenden dezentralen Standorten entschieden; daran wirdfestgehalten. Vor dem Hintergrund der künftigen demografischen Entwick -lung sowie der zu erwartenden Studienanfänger im nächsten Jahrzehnt sindderzeit allerdings keine Aussagen möglich, die über die gegenwärtige Regie-rungsperiode hinausgehen.

Im Hinblick auf den Anstieg der Studierendenzahlen infolge des doppeltenAbiturjahrganges 2012 müssen auch die Pädagogischen Hochschulen ihrenBeitrag leisten. Dies geschieht dergestalt, dass zur Kompensation geringerwerdender Ausbildungskapazitäten für die Lehrämter neue Bachelorstudien-gänge für Bildungsbereiche außerhalb der originären Berufsfelder für Lehr-amtsabsolventen eingerichtet wurden. Mit diesen Studiengängen werden zu-gleich Fachhochschulen und Universitäten entlastet. Der Stärkung der Stand-orte dient auch die Beteiligung von vier Pädagogischen Hochschulen an derkooperativen Gewerbelehrerausbildung zusammen mit vier Fachhochschulen.

Darüber hinaus werden die Standorte gestärkt und insofern weiterentwickelt,als die Pädagogischen Hochschulen sich künftig standortbezogen auch an dergestuften universitären Ausbildung der Gymnasiallehrer maßgeblich in denErziehungswissenschaften und der Fachdidaktik beteiligen. Soweit die ört-lichen Verhältnisse hierfür geeignet sind, können die Pädagogischen Hoch-schulen auch eine fachwissenschaftliche Beteiligung an der gymnasialenLehrerausbildung mit den Universitäten vertraglich vereinbaren.

V. S o z i a l e u n d g e s u n d h e i t l i c h e Ve r s o r g u n g

1. Was unternimmt die Landesregierung zur Sicherstellung einer flächen -deckenden ambulanten medizinischen Versorgung im ländlichen Raum, umeine zu starke Konzentration der Arztpraxen auf Mittel- und Oberzentrenzu vermeiden?

Die Sicherstellung, Planung und Steuerung der vertragsärztlichen Versorgungobliegt der ärztlichen Selbstverwaltung. Die Kassenärztlichen Vereinigungenhaben durch entsprechende Verträge mit den Verbänden der Krankenkassenfür eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Ver-sicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse zu sorgen (§ 75 SGB V). Des Weiteren haben dieKassenärztlichen Vereinigungen eine angemessene Vergütung der ärztlichenund psychotherapeutischen Leistungen zu gewährleisten.

Der kürzlich vorgelegte Versorgungsbericht der Kassenärztlichen Vereini-gung Baden-Württemberg bescheinigt, bezogen auf die Planungsbereiche, eine insgesamt gute Versorgungslage im Land. Danach entspricht die medizi-nische Versorgung in Baden-Württemberg den gesetzlichen Vorgaben desSGB V. Trotz dieser positiven Bestandsaufnahme ist es notwendig, dass alleVerantwortlichen sich ständig mit den dynamischen Entwicklungsprozessenim Gesundheitswesen auseinandersetzen. Dabei muss die demografische Situation der praktizierenden Ärzte und Patienten im Land besonders berück -sichtigt werden.

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Trotz der oben beschriebenen Zuständigkeit für die Sicherstellung der ärzt-lichen Versorgung beschäftigt sich die Landesregierung in zunehmendemMaße mit der ärztlichen Versorgungssituation, insbesondere im ländlichenRaum. So hat erst kürzlich eine Interministerielle Arbeitsgruppe gemeinsammit der Selbstverwaltung innovative Lösungsansätze für eine weiterhin guteärztliche Versorgung im ländlichen Raum entwickelt.

Ungeachtet der genannten Initiative auf Landesebene hat auch der Bundesge-setzgeber Maßnahmen gegen ärztliche Versorgungsengpässe ergriffen. Mitdem Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG) wurden Steuerungsinstru-mente geschaffen, um einer Unterversorgung entgegenzuwirken. Das Gesetzerleichtert die vertragsärztliche Leistungserbringung, indem es insbesondereörtliche und überörtliche Berufsausübungsgemeinschaften zulässt, die ver-tragsärztliche Tätigkeit an weiteren Orten erlaubt. Zudem wird die Anstel-lung von Ärzten ohne numerische Begrenzung zugelassen und die Alters-grenze für den Zugang zur vertragsärztlichen Tätigkeit und für das Ende dervertragsärztlichen Tätigkeit in unterversorgten Gebieten aufgehoben. Darüberhinaus besteht die Möglichkeit, dass im Zuge der Reform der ärztlichen Ver-gütung, die ab 2009 in Kraft treten soll, Zuschläge oder Abschläge vereinbartwerden, um regionale Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstrukturzu berücksichtigen. Bei der Festlegung des Zu- und Abschlags ist zu gewähr-leisten, dass die medizinisch notwendige Versorgung der Versicherten sicher-gestellt ist. Ziel ist eine regionale Euro-Gebührenordnung, die sowohl Preisefür den Regelfall als auch Preise bei Vorliegen einer Unter- oder Überversor-gung enthält. Falls solche Regelungen, für die die Selbstverwaltung der Ärzteund Krankenkassen zuständig sind, zustande kämen, könnten auch diese einenwichtigen Beitrag leisten, um einer drohenden Unterversorgung entgegenzu-wirken.

Diese neuen gesetzlichen Möglichkeiten werden eine wichtige Hilfe für eineflächendeckende ärztliche Versorgung gerade im ländlichen Raum bieten.Hier muss die Selbstverwaltung vor Ort, gegebenenfalls mit Unterstützungder Kommunen, auf den jeweiligen Einzelfall bezogene Lösungen entwick eln.

2. Wie stellt sie vor dem Hintergrund des zu erwartenden Bettenabbaus, dergeforderten Mindestfallzahlen und des medizinischen Fortschritts auchkünftig eine stationäre Grundversorgung in zumutbarer Entfernung imländlichen Raum sicher?

Trotz der – im Interesse der Erhaltung oder möglichst der Verbesserung derMedizin-Qualität und in Verbindung mit der erforderlichen Wirtschaftlichkeit– notwendigen Konzentration im Krankenhausbereich auf dauerhaft leis -tungsfähige Einheiten wird und muss auch die Patientenversorgung des länd-lichen Raums insgesamt qualitativ hochwertig und zuverlässig bleiben. DieErreichbarkeit des nächsten, zur Behandlung geeigneten Krankenhauses inzeitlich zumutbarer Entfernung, muss auch in Zukunft gewährleistet sein.Dabei ist allerdings der medizinischen Versorgungsqualität dem Grunde nachVorrang vor Patientennähe einzuräumen. Bei der Vielzahl der vorhandenenKrankenhäuser (derzeit 267 in 44 Stadt- und Landkreisen) ist selbst bei Weg-fall einzelner Standorte eine in jeder Hinsicht flächendeckende Versorgungder Bevölkerung in Baden-Württemberg ohne Qualitätseinbuße sicherge-stellt. Dies gilt auch für den ländlichen Raum. Es bleibt Aufgabe der staat-lichen Krankenhausplanung, sicherzustellen, dass kein Landesteil unzumut-bare Versorgungsnachteile hinnehmen muss. In diesem Zusammenhang mussauch geprüft werden, inwieweit sog. Portalkrankenhäuser eine wirtschaftlicheund leistungsfähige Alternative zu konventionell organisierten Krankenhäu-sern darstellen können.

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Im Rahmen der Fortschreibung des Krankenhausplans für Baden-Württem-berg durch das Ministerium für Arbeit und Soziales in enger Zusammenarbeitmit dem Landeskrankenhausausschuss werden die dazu erforderlichen Ziel-setzungen präzisiert. Die Fortschreibung soll im Jahr 2008 erfolgen.

Der sich aus dem Fallpauschalensystem ergebende und gesundheitspolitischgeforderte Leistungs- und Qualitätswettbewerb wird, verstärkt durch die Folgender demografischen Entwicklung, die dem Bürger zur Verfügung stehendenAngebotsstrukturen und die internen Ablaufstrukturen der Krankenhäuserdeutlich verändern. Dies erfordert auch von den Krankenhäusern im länd-lichen Raum Optimierungsmöglichkeiten zu nutzen und erforderliche Anpas-sungen vorzunehmen um zukunftsfähige Strukturen zu schaffen.

3. Wie können der Rettungsdienst und die Notfallversorgung unter Einhal-tung der bestehenden Hilfsfristen von 15 Minuten im ländlichen Raumdauerhaft aufrechterhalten werden?

Die Vorhaltungen in der nicht notärztlich begleiteten Notfallrettung und imNotarztdienst haben sich nach den Vorgaben der Hilfsfrist zu richten. Diesbedeutet, dass die jeweiligen Standorte von Vorhaltungen der Notfallrettung(z. B. Rettungswachen, Notarztstandorte) unabhängig von der zu versorgendenBevölkerungszahl eine bestimmte Netzdichte einhalten müssen.

Spezialisierungs- und Konzentrationstendenzen der Krankenhäuser ange-sichts des neuen Abrechnungssystems (DRG) verändern die Rahmenbedin-gungen der Notfallrettung. Krankenhausschließungen im ländlichen Raumsowie die räumliche Konzentration von Schwerpunkten bzw. Kompetenzzentrenverlängern insbesondere die Wege für Transporte von Notfallpatienten zumgeeigneten Krankenhaus.

Das Sicherheitsniveau der Versorgung darf sich nach Auffassung der Landes-regierung gerade in Fällen nicht verschlechtern, in denen die präklinischeStabilisierung des Patienten für einen längeren Transportweg erforderlich ist.Dies wäre insbesondere für den ländlichen Raum, der von Strukturverände-rungen der Krankenhäuser am meisten betroffen sein wird, nicht darstellbar.

Baden-Württemberg verfügt in der notärztlichen Versorgung über ein weitüberdurchschnittliches Niveau. In keinem anderen Bundesland gilt die 15-minü-tige Hilfsfrist, die in 95 % aller Fälle einzuhalten ist, auch für Notarzteinsätze.Damit liegt Baden-Württemberg gegenüber der durchschnittlichen notärzt-lichen Eintreffzeit im Bundesgebiet, die laut einer Studie der Bundesanstaltfür Straßenwesen für 2004/2005 23,9 Minuten beträgt, weit besser.

Im Interesse der nachhaltigen Sicherung des Niveaus der notärztlichen Ver-sorgung hat das Ministerium für Arbeit und Soziales gemeinsam mit demLandesausschuss Rettungsdienst am 25. Juli 2007 folgendes 4-Punkte-Pro-gramm verabschiedet:

1. Schaffung eines attraktiven Vergütungssystems durch die Selbstverwaltung(BWKG, KVBW, LÄK und Krankenkassen), das einen ausreichenden finanziellen Anreiz für die Krankenhäuser und die Ärzte setzt.

2. Vermehrte Einbeziehung freiberuflich tätiger Ärzte.

3. Verstärkte Kooperation zwischen Arztpraxen und Krankenhäusern im Bereich der Notarztversorgung (Notfallpraxen, überörtliche Praxisgemein-schaften) und

4. verstärkte Einbeziehung der Luftrettung.

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Flankierend dazu hat der Landesausschuss für den Rettungsdienst am 30. No-vember 2007 seine Empfehlung „Notärztliche Versorgung“ entsprechendfortgeschrieben und sich hierbei weiterhin von folgenden Grundaussagen zurnotärztlichen Versorgung leiten lassen:

• Bei der notärztlichen Versorgung muss die Hilfsfrist auch vom Notarzt ein-gehalten werden.

• Die Bevölkerung hat Anspruch auf eine notärztliche Versorgung mit denaktuellen notfallmedizinischen Verfahren und Maßnahmen.

• Die Wirksamkeit von notfallmedizinischen Maßnahmen ist umso größer, jeschneller die Versorgung nach dem schädigenden Ereignis erfolgt.

• Die notfallmedizinischen Maßnahmen müssen im Interesse der Wirtschaft-lichkeit bedarfsgerecht und medizinisch notwendig sein.

Für die planerische Sicherstellung der Notfallrettung und damit auch der Ein-haltung der Hilfsfrist sind die Bereichsausschüsse gesetzlich verantwortlich.Sie sind als Selbstverwaltungsgremien paritätisch mit Vertretern der Kosten-und Leistungsträger besetzt und unterliegen der Rechtsaufsicht.

4. Setzt sich die Landesregierung auf Bundes- und europäischer Ebene dafürein, dass das Fremd- und Mehrbesitzverbot beibehalten wird, um eine angemessene Versorgung mit Apotheken und Arzneimitteln im ländlichenRaum sicherzustellen?

Die Ansiedlung von Apotheken erfolgt nach marktwirtschaftlichen Kriterien.Bisher ist dadurch eine ausgewogene Versorgung der Bevölkerung sicherge-stellt worden.

Inwieweit die derzeitigen Strukturen in den ländlichen Regionen Bestand haben werden, lässt sich schwer voraussagen und hängt sicher auch mit künf-tigen Entwicklungen im Apothekenwesen zusammen. Derzeit wird diskutiert,ob die in Deutschland geltenden Regelungen, nach denen der Betrieb vonApotheken ausschließlich Apothekern in der Form von Einzelunternehmenoder offenen Handelsgesellschaften erlaubt werden darf (sogenanntes Fremd-und Mehrbesitzverbot), europarechtskonform sind. Entsprechende Gerichts-verfahren sind im Saarland anhängig. Es ist nicht auszuschließen, dass auseventuell zukünftig notwendigen Gesetzesänderungen Strukturveränderungenin der Versorgung resultieren, die auch Auswirkungen auf den ländlichenRaum haben könnten.

Die Landesregierung vertritt die Auffassung, dass vor möglichen Änderungen derapothekenrechtlichen Rahmenbedingungen das Urteil des Europäischen Gerichts-hofs in den laufenden Vorabentscheidungsverfahren abgewartet werden sollte.

In diesem Zusammenhang ist es von großer Bedeutung, dass Apotheken auchkünftig den ihnen übertragenen Gemeinwohlauftrag erfüllen. Für den Fall,dass durch die EU-Rechtsprechung das Fremd- und Mehrbesitzverbot aufge-hoben wird, ist zu prüfen, welche Maßnahmen geeignet sind, die flächendek-kende Arzneimittelversorgung auf dem bisherigen hohen Qualitätsniveaulangfristig sicherzustellen.

VI. Wi r t s c h a f t

1. Wie können im ländlichen Raum Unternehmensgründungen verstärkt undUnternehmensnachfolgen gesichert werden?

Baden-Württemberg nimmt mit seiner Initiative für Existenzgründungen undUnternehmensnachfolge (ifex) einen Spitzenplatz im europaweiten Vergleich

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der Initiativen zur Förderung von Existenzgründungen und der Sicherungvon Unternehmensnachfolgen ein. Dies wurde u. a. im Dezember 2006 deut-lich, als die EU ifex unter 400 regionalen Gründungsinitiativen in Europa mitdem European Entreprise Awards auszeichnete. Das von ifex koordinierte 12-Punkte-Programm zur Sicherung der Unternehmensnachfolge gilt alsüberregionales Markenzeichen. Seit mehr als 10 Jahren führt die ifex branchen-und themenbezogene Maßnahmen durch, die auch Zielgruppen im ländlichenRaum ansprechen. Zur Sicherung der Unternehmensnachfolge wird das erfolgreich erprobte Konzept der Nachfolge-Moderatoren im Rahmen derneuen ESF-Periode weiter ausgebaut.

Das Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum widmet sich im Rahmenverschiedener Programme den Themen Existenzgründung und Unterneh-mensnachfolge. Mit dem Ziel, die einzelnen Maßnahmen noch besser abzu-stimmen und gemeinschaftlich zu adressieren, wurde auf der Sitzung des Kabinettsausschusses „Ländlicher Raum“ am 29. Januar 2007 die Interminis -terielle Arbeitsgruppe (IMA) „Existenzgründung und Unternehmensnachfolge“aus Wirtschaftsministerium (Federführung) und dem Ministerium für Ernäh-rung und Ländlichen Raum eingesetzt. Aufgabe der IMA ist es, Konzepteund Maßnahmen zu entwickeln, die gezielt Existenzgründer/innen und Betriebsübergeber/innen im ländlichen Raum ansprechen. Die IMA hat fürdas Jahr 2008 insgesamt 14 gemeinsame Veranstaltungen zu den Themen„Erfolgreiche Gründungsförderung im ländlichen Raum“, „Existenzgrün-dung von Frauen im ländlichen Raum“ und „Unternehmensnachfolge imländlichen Raum“ konzipiert.

Die Veranstaltungen richten sich an örtliche Wirtschaftsorganisationen, anWirtschaftsfördereinrichtungen, Bürgermeister/innen u. a. und sollen Gründer/-innen, Unternehmensnachfolger/-innen und Übergeber/-innen ansprechen.Veranstalter sind das Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum, dasWirtschaftsministerium (Ifex), die Industrie- und Handelskammern sowie dieAkademie Ländlicher Raum.

Zu den wichtigsten Fördermöglichkeiten von Arbeitsplätze schaffenden Inve-s titionen im ländlichen Raum zählt seit 1995 das EntwicklungsprogrammLändlicher Raum (ELR). Mit dem ELR unterstützt das Land die integrierteStrukturentwicklung ländlich geprägter Orte durch Verbesserung der Lebens-und Arbeitsbedingungen. Im Rahmen dieser Strukturentwicklung wurden seitBeginn des ELR über 340 Mio. € Fördermittel allein für Maßnahmen derExistenzgründung und Unternehmenssicherung vergeben. Über 21.000 Ar-beitsplätze wurden dabei geschaffen, ein Mehrfaches davon gesichert.

Unternehmensneugründungen von Frauen werden vom Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum über das EU-kofinanzierte Programm „Innovative Maßnahmen für Frauen im Ländlichen Raum (IMF)“ gefördert.Gefördert werden Frauen, die durch ihre Existenzgründung zur Steigerungder Lebensqualität und Wertschöpfung der ländlichen Wirtschaft beitragen.Über das Programm IMF werden ebenfalls Qualifizierungs- und Coaching-maßnahmen im Bereich Einkommenskombinationen und -alternativen (z. B.Tourismus, Vermarktung, Telearbeit, Dienstleistungen) unterstützt, mit demZiel, den Unternehmerinnengeist zu stärken.

2. Mit welchen Maßnahmen sollen kleine und mittelständische Unternehmenin Handel, Handwerk, Dienstleistungen und Industrie wegen ihrer beson-deren Bedeutung für den Arbeitsmarkt und die Lebensqualität zur ver-stärkten Ansiedlung im ländlichen Raum bewegt werden?

Die unternehmerische Entscheidung über die Wahl des Unternehmensstand-ortes hängt von mehreren Standortfaktoren ab. Die Anforderungen an die ein-

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zelnen Standortfaktoren sind bei Unternehmen im Handel, im Handwerk undin der Industrie sowie bei weiteren Dienstleistungsanbietern unterschiedlich.Das erreichbare Kundenspektrum, die Verkehrsanbindung, die flächenmäßigenExpansionsmöglichkeiten wie auch die vorhandenen Zulieferstrukturen undInfrastrukturangebote sind für die Unternehmen wichtige Faktoren.

Unabhängig davon ist es für die Unternehmen im ländlichen Raum von großerBedeutung, dass die Entwicklungspotenziale des ländlichen Raums bekanntund bewusst gemacht werden. Dazu zählen insbesondere die vergleichsweisegünstigen Baulandpreise und damit auch die ausgeprägten Möglichkeiten derEigentumsbildung für die Beschäftigten mit ihren Familien, die gegenüberden früheren Jahren deutlich verbesserten Verkehrsanbindungen und die hohenFreizeit- und Umweltqualitäten.

Diese Potenziale sind spürbare langfristige Standortvorteile, die auch für dieGewinnung von qualifizierten Beschäftigten von entscheidender Bedeutungsein können. Daneben ist die Anbindung an eine leistungsfähige Breitbandin-frastruktur zu einem entscheidenden Impulsgeber für Wirtschaftswachstumund Beschäftigung auch im ländlichen Raum geworden.

Das Wirtschaftsministerium unterstützt landesweit – und damit auch im länd-lichen Raum – über die L-Bank Wirtschaftsförderprogramme Investitionenvon kleinen und mittleren Unternehmen. Das Programm Gründungs- undWachstumsfinanzierung (GuW) ist dabei das zentrale Förderinstrument fürdie mittel- bis langfristige Investitionsfinanzierung in Baden-Württemberg.

Über das Programm „Innovative Maßnahmen für Frauen im LändlichenRaum (IMF)“ (vgl. Ziffer VI. 1.) werden auch Neugründungen von wirt-schaftlichen Vereinigungen und Netzwerkorganisationen im Bereich Er -schließung und Koordinierung neuer Beschäftigungsmöglichkeiten für Frau-en mit dem Ziel „Schaffung von Arbeitsplätzen“ und „Steigerung der Le -bensqualität“ im ländlichen Raum gefördert. Unter Netzwerkorganisationenwerden Vereinigungen verstanden, die regelmäßig einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen (z. B. Zusammenschlüsse von privaten Personen [Frauen],privaten Organisationen [z. B. Bildungs- und Sozialwerke der Landfrauen-verbände, Tourismusvereine, Wirtschaftsfördergesellschaften der Landkreise,Sozialstationen]).

VII. Z u k u n f t s f ä h i g e G e m e i n d e n

1. Erachtet die Landesregierung die Unterstützung einer intensiveren inter-kommunalen Zusammenarbeit zur Stärkung des ländlichen Raumes fürnotwendig?

Die interkommunale Zusammenarbeit ist ein wichtiges kommunales Thema,insbesondere auch für den ländlichen Raum. Dies hat sich in den vergangenenJahren aufgrund der finanziellen Rahmenbedingungen noch verstärkt. Dieangespannte Situation der öffentlichen Haushalte und die zunehmend kom-plexen Aufgaben erfordern in vielen Gemeinden eine Bündelung der Kräfte,eine Zusammenarbeit und Vernetzung. Aufgrund dieser Rahmenbedingungensind sinnvolle und mögliche Kooperationen auf kommunaler Ebene geboten.Die Bereitschaft von Kommunen, sich gemeinsam in interkommunalen Gewerbe- und Industriegebieten zu engagieren, hat sich in diesem Zu -sammenhang bereits mehrfach bewährt. Hingewiesen wird auch auf mo -dellhafte Initiativen zur Einrichtung regionaler Gewerbeflächenpools, wiebei spielsweise in der Region Neckar-Alb, die ebenfalls einen Beitrag zur Attraktivitätssteigerung und zur Flächeneinsparung liefern können.

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Die Entscheidungen für eine Zusammenarbeit müssen dabei von den beteiligtenKommunen eigenverantwortlich getroffen werden; seitens des Landes ist derRechtsrahmen für eine Zusammenarbeit zur Verfügung zu stellen. Darüberhinaus kann das Land Anreize geben, indem die interkommunale Zusammen-arbeit als Komponente in Förderprogramme des Landes aufgenommen wird.Derzeit wird geprüft, inwieweit der vorhandene Rechtsrahmen ausreicht, damit die Kommunen eine pragmatisch sinnvolle und auf rechtssicheremGrund basierende Zusammenarbeit eingehen können. Im Rahmen dieserÜberprüfung des vorhandenen Rechtsrahmens soll ermittelt werden, ob eineNovellierung des Gesetzes über kommunale Zusammenarbeit erforderlich ist.Diese Prüfung ist noch nicht abgeschlossen.

Mit der seit 1. Januar 2008 geltenden neuen Richtlinie zum Entwicklungspro-gramm Ländlicher Raum wird die interkommunale Zusammenarbeit besonders gefördert. So setzt beispielsweise die Förderung eines kommunalenBauhofes die Trägerschaft von zwei oder mehr Gemeinden voraus. Auch dieErschließung von Gewerbegebieten steht unter anderem unter der Vorausset-zung einer interkommunalen Trägerschaft dieser Maßnahme. Weitere Förder-möglichkeiten insbesondere für interkommunale Vorhaben im ländlichenRaum ergeben sich auch im Rahmen der Strukturförderung der EuropäischenUnion im Ziel „Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung“.

Der Schwerpunkt „Nachhaltige Stadt- und Kommunalentwicklung“ unter-stützt die innovative Kommunalentwicklung in bis zu zehn Kommunalver-bünden oder Kommunen. Dazu wurde ein Modellvorhaben „EU-Leuchtturm-projekt“ (EULE) entwickelt, das die Zusammenarbeit der Kommunen bei derEntwicklung innovativer Lösungsansätze für eine zukunftsfähige und wettbe-werbsfähige Entwicklung und nachahmenswerte Beispiele fördern soll.

Die interkommunale Zusammenarbeit wird schließlich auch im Rahmen desEU-Programmes LEADER in besonderer Weise gefördert. Hier handelt essich um ein Programm der Europäischen Union, das im Rahmen des „Euro-päischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums(ELER)“ durchgeführt wird. LEADER wird in Baden-Württemberg weitest-gehend im ländlichen Raum im Rahmen sogenannter LEADER-Aktionsgrup-pen umgesetzt. Bei der Umsetzung sollen kommunale LEADER-Projekte vor-nehmlich gemeindeübergreifend angelegt sein.

2. Erachtet sie einen besseren finanziellen Ausgleich für Flächengemeindenmit mehreren Teilorten und geringer Einwohnerzahl für die überproportio-nal hohen Belastungen durch Infrastruktur- und Erschließungsaufwendun-gen im Finanzausgleich für notwendig?

Der kommunale Finanzausgleich enthält eine Reihe von Ausgleichsmecha-nismen – Steuerkraftausgleiche und Sonderlastenausgleiche –, mit denen dieunterschiedlichen Verhältnisse der Gemeinden hinsichtlich des Finanzbedarfsund der Finanzkraft sachgerecht ausgeglichen werden. So werden z. B. imVerkehrsbereich und bei der Wasserwirtschaft besondere Belastungen derFlächengemeinden abgefedert. Gleichwohl ist vorgesehen, bei den laufendenUntersuchungen über die Ausgleichswirkung des kommunalen Finanzaus-gleichs zu prüfen, ob über die bestehenden Ausgleichssysteme hinaus ein Infrastrukturansatz im Finanzausgleich für die Erschwernisse von Flächenge-meinden mit geringer Einwohnerzahl sachgerecht wäre. Die Landesregierungerwartet hierzu Vorschläge der Gemeinsamen Finanzkommission (§ 34 Finanz-ausgleichsgesetz).

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3. Mit welchen Maßnahmen will sie die Vereinbarkeit von Familie und Berufinsbesondere für Frauen in ländlichen Gemeinden weiter verbessern?

Die Erwerbsquote von Männern liegt mit knapp 83 % weiterhin deutlich überder der Frauen mit 68 %. Der Anteil der von Frauen im Rahmen der Erwerbs-arbeit geleisteten Arbeitsstunden beträgt allerdings nur etwa 37 %. Seit Anfang der 1980-er Jahre hat sich der Frauenanteil an allen Erwerbstätigenvon annähernd 40 % auf nunmehr knapp 45 % erhöht. Zu berücksichtigen ist,dass der starke Zuwachs vor allem bei den Teilzeitstellen zu verzeichnen ist.Die ganz überwiegende Zahl der Teilzeitbeschäftigung – rund 82 % – wirdvon Frauen wahrgenommen. Der niedrige Frauenanteil von 18 % bei denFührungspositionen ist unter anderem auch auf eine wesentlich höhere Teil-zeitbeschäftigung und den familiär begründeten Auszeiten zurückzuführen.

Die Bandbreite der regionalen Unterschiede in der Erwerbsbeteiligung vonMüttern ist vergleichsweise moderat. Nach Angaben des Statistischen Lan-desamtes Baden-Württemberg reicht sie in den 44 Stadt- und LandkreisenBaden-Württembergs von 72 % bis 80 %. Die höchsten Quoten weisen dabeidie eher ländlich strukturierten Regionen Schwarzwald-Baar (80 %), Neckar-Alb (78 %) auf – gefolgt von den Regionen Südlicher Oberrhein und Heil-bronn-Franken (jeweils 76 %) und Bodensee-Oberschwaben (74 %). Dieseräumliche Verteilung einer hohen Frauenerwerbsbeteiligung erklärt sich nichtallein aus der gegenwärtigen Wirtschafts- und Sozialstruktur, sondern istauch durch die historische Entwicklung der Lebens- und Wirtschaftsräumegeprägt. Die hohe Erwerbsbeteiligung von Müttern in Baden-Württembergbeschränkt sich nicht auf stark verdichtete Räume und Großstadtregionen,sondern ist auch in weniger verdichteten und eher ländlich geprägten Räumen(Südschwarzwald, Schwäbische Alb, Franken) besonders ausgeprägt.

Die Erwerbsbeteiligung der Mütter ist vom Alter der Kinder abhängig. Ist dasjüngste Kind noch unter drei Jahren, liegt die Erwerbsquote der Mütter imLandesdurchschnitt bei 58 %, wovon etwa die Hälfte aktiv beschäftigt, dieandere Hälfte in Elternzeit ist. Die Erwerbsquote steigt auf 77 %, wenn dasjüngste Kind die Grundschule besucht.

Für eine Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf wurden fol-gende Maßnahmen ergriffen:

Betreuungsplätze für Kleinkinder

Zu einer Verbesserung der Rahmenbedingungen zur Vereinbarkeit von Berufund Familie ist ein zielgerichteter und bedarfsgerechter Ausbau der Betreu-ungsplätze für Kleinkinder erforderlich. Die Kinderbetreuung ist eine kom-munale Aufgabe, bei der das Land die Kommunen unterstützt.

Die kommunalen Spitzenverbände und die Landesregierung haben sich nachintensiven Beratungen am 21. Dezember 2007 hinsichtlich der Finanzierungdes Ausbaus der Betreuungsangebote für Kinder bis zu drei Jahren u. a. daraufgeeinigt, dass das Land Bundesmittel des Investitionsprogramms „Kinderbe-treuungsfinanzierung“ 2008 bis 2013 an die Einrichtungsträger weiterleitet.Finanzschwache Gemeinden können ergänzend Zuschüsse aus dem Aus-gleichstock erhalten. An den Betriebskosten beteiligt sich das Land ab 2014mit insgesamt 165 Mio. Euro jährlich. In den Jahren 2009 bis 2014 steigt dieFörderung des Landes sukzessive auf diese Summe an.

An den Betriebskosten beteiligt sich das Land ab 2014 mit insgesamt 165 Mio.Euro jährlich. In den Jahren 2009 bis 2014 steigt die Förderung des Landessukzessive auf diese Summe an.

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Landesregierung und kommunale Landesverbände haben am 21. Dezember2007 festgestellt, dass sie davon ausgehen, dass auf dieser Grundlage dervorgesehene Ausbau der Versorgungsquote von landesweit 34 % erreichtwerden kann. Damit können Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahrenim Jahr 2013 bedarfsgerecht ausgebaut sein.

Innovative Maßnahmen für Frauen im ländlichen Raum

Das Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum hat über Modellpro-jekte, die über das Programm „Innovative Maßnahmen für Frauen im Länd-lichen Raum“ gefördert wurden, privatwirtschaftliche Ansätze für die Betreuungvon Kindern und älteren Menschen im ländlichen Raum entwickelt, diezwischenzeitlich erfolgreich übertragen werden. Diese Initiativen sichern eine individuelle, hochwertige Betreuung und tragen zur Beschäftigungs- undEinkommensverbesserung von Frauen im ländlichen Raum sowie zur besserenVereinbarkeit von Familie und Beruf bei.

Kontaktstellen „Frau und Beruf“

Das Wirtschaftsministerium fördert landesweit neun Kontaktstellen „Frauund Beruf“, davon drei im ländlichen Raum (Konstanz mit Außenstelle inVillingen-Schwenningen, Ostwürttemberg [Standort Aalen und Heidenheim]und Ravensburg).

Zentrale Aufgabe der Kontaktstellen „Frau und Beruf“ ist es, Frauen vor Ortindividuell zu beraten. Eine enge Zusammenarbeit der Kontaktstellen mit Betrieben, Wirtschaftsorganisationen, Weiterbildungsträgern, Behörden undKommunen soll die berufliche Integration der Frauen und die Vereinbarkeitvon Beruf und Familie erleichtern.

Landeswettbewerb 2008 „Gleiche Chancen für Frauen und Männer im Betrieb“

Das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg veranstaltet im Jahr 2008zum neunten Mal den Landeswettbewerb „Gleiche Chancen für Frauen undMänner im Betrieb“. Gesucht werden Unternehmen, die vorbildliche Lösungenbei ihrem Engagement für Familienfreundlichkeit sowie bei der Gleichstel-lung von Frauen und Männern im Unternehmen gefunden haben.

ESF-Programme

Im Rahmen der neuen Förderperiode des Europäischen Sozialfonds möchtedas Wirtschaftsministerium die Einführung von Maßnahmen zur Verbesse-rung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und der Chancengleichheit inBetrieben in Form von Beratung, Seminaren und Auditierungen fördern.

Es ist geplant die Durchführung von Beratungs-, Coaching- und Vernetzungs-projekten für Betriebe zur Unterstützung bei der Entwicklung und Umset-zung von Maßnahmen für eine familienbewusste Arbeitswelt und Gleichstel-lung von Frauen und Männern im Betrieb als Modellprojekt zu unterstützen.Die Anzahl der Betriebe, die familienbewusste Maßnahmen entwickeln undeinsetzen, soll erheblich erhöht werden. Des Weiteren ist im Rahmen desESF die Auditierung von kleinen und mittleren Unternehmen mit dem Zieleiner familienbewussten Personalpolitik geplant.

Nachhaltigkeitsstrategie „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“

Im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie des Landes hat das Ministerium fürArbeit und Soziales das Startprojekt „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“im Themenfeld 2 „Produzieren und Arbeiten“ durchgeführt. Gemeinsam mit

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Vertreterinnen und Vertretern von über 30 gesellschaftlichen Gruppen wurdeninsgesamt 24 konkrete Handlungsempfehlungen für die Verbesserung derVereinbarkeit von Beruf und Familie erarbeitet. Die Projektarbeit wird mit einem Schlussbericht mit Umsetzungsempfehlungen im Februar 2008 abge-schlossen.

4. Erachtet sie einen besseren finanziellen Ausgleich für Kommunen mit hohen Flächenanteilen in Natur- und Landschaftsschutzgebieten sowieFFH- und Vogelschutzgebieten im Rahmen des Finanzausgleichs für not-wendig?

Die Gemeinden erhalten vom Land gegenwärtig einzelfallbezogene Zuwei-sungen für landschaftspflegerische Maßnahmen und zum Ausgleich von Nut-zungsbeschränkungen aus Gründen des Naturschutzes. Die Landesregierunghält diese Förderung für sachgerecht und ausreichend. Ein finanzieller Aus-gleich im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs ist nicht sinnvoll, weilmit pauschalen Zuweisungen die besonderen Bedürfnisse der betreffendenGemeinden nicht sachgerecht berücksichtigt werden können.

Nach Art. 3 c Abs. 2 der Landesverfassung sind Schutz und Pflege der Land-schaft nicht nur Aufgabe des Landes, sondern auch der Gemeinden. Insoweitsind auch Belastungen durch Naturschutzgebiete (NSG) und Landschafts-schutzgebiete (LSG) von ihnen zu tragen. Diese Belastungen sind durchwegkeine finanziellen Belastungen, weil die Pflege der NSG und LSG im Regel-fall durch Maßnahmen des Landes erfolgt bzw. Zuschüsse nach der Land-schaftspflegerichtlinie für Pflegemaßnahmen gegeben werden. Soweit Gemein-den ökokontofähige Aufwertungsmaßnahmen durchführen, können diesekünftig in das Ökokonto eingebucht und ggf. gehandelt werden, sodass ein finanzieller Ausgleich hierfür realisierbar wird.

Sind sehr hohe Flächenanteile in den Gemeinden als NSG oder LSG ausge-wiesen, kann es zu Beschränkungen in der Ausweisung neuer Bauflächenkommen. Regelmäßig sind damit aber keine so hohen finanziellen Belastungenverbunden, dass ein finanzieller Ausgleich erforderlich wäre.

Eine besondere Betroffenheit von Gemeinden durch Natura 2000-Gebieteführt nicht dazu, dass die Entwicklungsmöglichkeiten der Kommunen imHinblick auf Wohn- und Gewerbegebiete generell unterbunden werden. Zwarwird die Inanspruchnahme eines FFH- oder Vogelschutzgebiets häufig zu erheblichen Beeinträchtigungen dieser Gebiete und zu einer generellen Unzulässigkeit der Planung führen. Die Bauleitplanung einer Gemeinde kannin diesem Fall jedoch im Rahmen einer Ausnahmeentscheidung zulässig sein,wenn zwingend überwiegend öffentliche Interessen für die Planung sprechenund keine zumutbare Alternative vorliegt. Der Verfassungsgerichtshof Rhein-land-Pfalz hat in der Entscheidung von 11. Juli 2005 dargelegt, dass unter öffentliche Interessen auch die Planungsanliegen einer Gemeinde fallen,wenn sie von hinreichendem Gewicht sind. Hierunter falle z. B. das Interesseeiner Gemeinde, in einem Natura 2000-Gebiet für ihre Bürgerinnen und BürgerBauland auszuweisen.

Die Kosten für Planungen in Natura 2000-Gebieten erhöhen sich dadurch,dass hierfür häufig naturschutzfachliche Verträglichkeitsprüfungen durchzu-führen sind, Ausnahmeentscheidungen getroffen werden müssen und Kohä-renzmaßnahmen (Ausgleich des Verlusts im europäischen Naturschutznetz)erforderlich sind. Hierfür ist aber kein finanzieller Ausgleich notwendig.

Bei Bauleitplanungen müssen u. a. komplexe umweltrechtliche Vorgaben berücksichtigen werden, die standortabhängig sind. Die hierfür notwendigenUntersuchungs- und Ausgleichsmaßnahmen können im Einzelfall den durch

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Natura 2000-Gebiete verursachten Kosten entsprechen oder diese übertreffen.Kohärenzmaßnahmen für Beeinträchtigungen in Natura 2000-Gebieten könnenim Übrigen so ausgestaltet werden, dass sie mit den ohnehin erforderlichenAusgleichsmaßnahmen deckungsgleich sind und somit keine zusätzlichenKosten verursachen.

Vor diesem Hintergrund können Planungskosten für Kommunen mit beson-derer Natura 2000-Betroffenheit kaum spezifiziert und in ein zutreffendesVerhältnis mit anderen Planungskosten gesetzt werden, zumal sie häufig nureinen geringen Anteil der Gesamtplanungskosten ausmachen dürften.

Ferner ist darauf hinzuweisen, dass Natura 2000-Gebiete für Kommunenauch positive (finanzielle) Impulse bringen. Intakte Natur und Landschaftsind sog. „weiche“ Standortfaktoren, die die Wohnattraktivität erhöhen, dieGewerbeansiedlung begünstigen und den Tourismus fördern. Schließlichbringen Naturschutzförderinstrumente wie LIFE+ Gelder in die Kommunen,die auch der örtlichen Wirtschaft und somit letztlich auch der Finanzkraft derStädte und Gemeinden zu Gute kommen.

Hauk

Minister für Ernährung und Ländlichen Raum

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