1
FAKTEN Lebensart Samstag I 12. Mai 2018 I www.kurier.at/lebensart 26 VON JULIA PFLIGL Esther Juma steckt mitten in der stressigsten Zeit des Jah- res. Um sechs Uhr morgens beginnt derzeit ihr Arbeitstag auf der Blumenfarm Bigot Flowers am Ufer des Naivas- ha Sees in Kenia. Je nach Jah- reszeit wachsen hier bis zu 500.000 Rosen – Esther ist dafür zuständig, dass diese gezählt und verpackt wer- den. „Vor dem Valentinstag und dem Muttertag ist bei uns immer am meisten los“, erzählt die 29-Jährige im Skype-Gespräch mit dem KU- RIER. In vielen Vasen – auch in Österreich – werden am Sonntag „ihre“ Rosen landen. Das Geschäft mit den Blu- menspieltindemostafrikani- schen Land eine immer wich- tigere Rolle: 100.000 Kenia- ner verdienen ihren Lohn in Eine Rose – viele glückliche Mütter Faire Blumen. Eine kenianische Blumenarbeiterin erzählt, wie sie und ihre Töchter von Fairtrade profitieren dieser Industrie, 90.000 sind, so wie Esther, auf Blumen- oder Pflanzenfarmen be- schäftigt, die Hälfte von ih- nen sind Frauen. Die meis- ten arbeiten unter prekären Bedingungen: Viele Firmen zahlen gerade einmal 47 US- Dollar pro Monat, zudem kommen die Arbeiterinnen auf dem Feld ständig unge- schütztmitgiftigenChemika- lien in Kontakt. Esther nicht. Frauenrechte stärken Die Bigot Flowerfarm, auf der sie seit sechs Jahren beschäf- tigt ist, ist eine von 43 kenia- nischen mit einer Fairtrade- Zertifizierung. Heißt: Hier gibt es fixe Arbeitsverträge, Mutterschutz, klare Arbeits- zeitregelungen, Schutzklei- dung und faire Löhne. „Ich habe so viele Freunde, die nicht in Fairtrade-Farmen arbeiten“, berichtet Juma. „Sie sind vielen gesundheitli- chen Risiken ausgesetzt und bekommen zum Beispiel kein Geld, wenn sie in Mutter- schutz sind. Hier ist das ganz anders. Unsere Gesundheit ist nicht so sehr gefährdet, weil bestimmte Chemikalien gar nicht verwendet werden dürfen. Wir Arbeiterinnen haben hier die Möglichkeit, unseren Lebensstandard zu verbessern.“ Dazu zählt insbesondere, Frauen und Mädchen zu stär- ken. Viele Arbeiterinnen ken- nen ihre Rechte nicht, schlit- tern in Abhängigkeiten und sind mit sexuellem Miss- brauch konfrontiert. „Bei uns haben Frauen und Män- ner die gleichen Rechte auf eine Anstellung. Frauen kön- nen sich wie Männer weiter- bilden und ihre Chancen für höhere Positionen auf der Farm verbessern“, erzählt Juma. Sie selbst ist das beste Beispiel: Vor sechs Jahren begann sie als Blumenpflü- ckerin auf dem Feld, weil sich ihre Eltern nicht leisten konnten, sie auf ein College zu schicken. Fairtrade er- möglichte ihr vor einigen Jah- ren, ein Diplom in Informa- tionstechnologie zu machen undineinehöherePositionzu wechseln. Auch einen Füh- rerscheinkurs konnte die jun- ge Kenianerin belegen. „Das ist wichtig, weil es mich in meiner Selbstständigkeit be- stärkt.“ Noch wichtiger als ihre eigene Unabhängigkeit ist ihr, dass ihre beiden Töchter – Esther ist alleinerziehend – zur Schule gehen können. Bis zu 80 Prozent der Schul- gelder bezahlt Fairtrade für die Kinder der Angestellten. „Bildung ist der Schlüssel“, sagt die zweifache Mama. „Das ist sehr wichtig. Wenn man Mädchen und Frauen stärkt und ihnen Bildung zu- kommen lässt, stärkt man die ganze Gemeinschaft. Es ist wichtig, dass Frauen ihre Rechte kennen. “ Stipendien Mit den Prämiengeldern, die zertifizierte Blumenfarmen von Fairtrade erhalten, wer- den Gemeinschaftsprojekte im Dorf finanziert – so profi- tieren nicht nur die Mitarbei- ter der Farmen, sondern auch deren Familien und andere Dorfbewohner. „Bei uns wur- de in Klassenräume inves- tiert, außerdem wurden sani- täre Anlagen in öffentlichen Schulen errichtet“, erzählt Juma. Auch eine Geburtskli- nik wurde mithilfe der Prä- miengelder erbaut. Auf den morgigen Mutter- tag freut sich Esther Juma be- sonders – sie wird ihn mit ihren Eltern und ihren beiden Töchtern verbringen. Ihr Wunsch für die Zukunft? „Ich wünsche mir, dass noch mehr Menschen Fairtrade- Rosen kaufen, damit meine Kinder und die Kinder meiner Kolleginnen weiterhin zur Schule gehen können.“ Info: www.fairtrade.at Fairtrade- Blumen Import Mehr als 80 Prozent der hierzulande verkauften Rosen müssen impor- tiert werden. Aktuelles in Zahlen 36,6 Millionen Fairtrade- Rosen kauften die Österreicher im Jahr 2016. Der Marktan- teil beträgt 37 Prozent. 53 Prozent aller Fair- trade-Blumen kommen aus Kenia, 36 Prozent aus Äthiopien. 48.500 Mitarbeiter sind auf Fair- trade-zertifi- zierten Blu- menfarmen beschäftigt. · · ······························································································································· · · ······························································································································· Muttertag – ein Fest für den Handel Zahlen Nach Weihnachten und Ostern kommt der Muttertag: Der österreichische Handel rechnet morgen mit einem Umsatz von 185 Millionen Euro. Zwei Drittel der erwachsenen Österreicher beabsichtigen, ihre Mütter zu beschenken, im Schnitt um 40 bis 45 Euro pro Person. Beliebt sind Süßes, Gutscheine und Blumen: Für Letztere geben Österreicher am Muttertag etwa 3,5 Millionen Euro aus. Blumentrends Die Beliebtheitsskala führt nach wie vor die Rose in verschiedenen Farben an, heißt es aus der Berufsinnung der Gärtner und Floristen. Aber auch gemischte Sträuße, etwas aus Hortensien, Gerbera, Lilien, Pfingstrosen oder Maiglöckchen, stehen am Tag der Mütter hoch im Kurs. Bei den Topfpflanzen ist die Hortensie, nebst Fuchsien, Wandelröschen und Begonien, besonders gefragt. FAIRTRADE Esther Juma zweifache Mutter „Bildung ist der Schlüssel. Wer Mädchen stärkt, stärkt die ganze Gemeinschaft.“ FAIRTRADE/JOERG BOETHLING FAIRTRADE a/leben/34-a - # 34 # - 12.05.2018 gedruckt am 15.05.2018 10:00:05 GESUNDHEIT 25 Oft falsches Bild von Psoriasis Schuppenflechte kann den ganzen Körper betreffen. Flowerpower, Frauenpower: Esther Juma (29) arbeitet seit sechs Jahren auf der Fairtrade-Blumenfarm Bigot Flowers in Kenia – erst als Pflückerin auf dem Feld, jetzt in der Verpackungshalle Das Fairtrade-Siegel kennzeichnet Blumen aus fairer Produktion Die Blumenfarm Bigot Flowers Limited in Kenia hat 1200 Mitarbeiter

Lebensart Oft falsches Bild von Psoriasis · Flowerpower, Frauenpower: Esther Juma (29) arbeitet seit sechs Jahren auf der Fairtrade-Blumenfarm Bigot Flowers in Kenia – erst als

  • Upload
    others

  • View
    3

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

FAKTEN

LebensartSamstag I 12. Mai 2018 I www.kurier.at/lebensart

26

VON JULIA PFLIGL

Esther Juma steckt mitten inder stressigsten Zeit des Jah-res. Um sechs Uhr morgensbeginntderzeit ihrArbeitstagauf der Blumenfarm BigotFlowers am Ufer des Naivas-ha Sees in Kenia. Je nach Jah-reszeit wachsen hier bis zu500.000 Rosen – Esther istdafür zuständig, dass diesegezählt und verpackt wer-den. „Vor dem ValentinstagunddemMuttertagistbeiunsimmer am meisten los“,erzählt die 29-Jährige imSkype-GesprächmitdemKU-RIER. In vielen Vasen – auchin Österreich – werden amSonntag„ihre“Rosenlanden.

Das Geschäft mit den Blu-menspieltindemostafrikani-schen Land eine immer wich-tigere Rolle: 100.000 Kenia-ner verdienen ihren Lohn in

Eine Rose – viele glückliche MütterFaire Blumen. Eine kenianische Blumenarbeiterin erzählt, wie sie und ihre Töchter von Fairtrade profitieren

dieserIndustrie,90.000sind,so wie Esther, auf Blumen-oder Pflanzenfarmen be-schäftigt, die Hälfte von ih-nen sind Frauen. Die meis-ten arbeiten unter prekärenBedingungen: Viele Firmenzahlen gerade einmal 47 US-Dollar pro Monat, zudemkommen die Arbeiterinnenauf dem Feld ständig unge-schütztmitgiftigenChemika-lien in Kontakt.

Esther nicht.

Frauenrechte stärkenDieBigotFlowerfarm,aufdersie seit sechs Jahren beschäf-tigt ist, ist eine von 43 kenia-nischen mit einer Fairtrade-Zertifizierung. Heißt: Hiergibt es fixe Arbeitsverträge,Mutterschutz, klare Arbeits-zeitregelungen, Schutzklei-dung und faire Löhne. „Ichhabe so viele Freunde, die

nicht in Fairtrade-Farmenarbeiten“, berichtet Juma.„Sie sind vielen gesundheitli-chen Risiken ausgesetzt undbekommen zum BeispielkeinGeld,wennsieinMutter-schutz sind. Hier ist das ganzanders. Unsere Gesundheitist nicht so sehr gefährdet,weil bestimmte Chemikaliengar nicht verwendet werdendürfen. Wir Arbeiterinnenhaben hier die Möglichkeit,unseren Lebensstandard zuverbessern.“

Dazu zählt insbesondere,Frauen und Mädchen zu stär-ken. Viele Arbeiterinnen ken-nen ihre Rechte nicht, schlit-tern in Abhängigkeiten undsind mit sexuellem Miss-brauch konfrontiert. „Beiuns haben Frauen und Män-ner die gleichen Rechte aufeine Anstellung. Frauen kön-nen sich wie Männer weiter-

bilden und ihre Chancen fürhöhere Positionen auf derFarm verbessern“, erzähltJuma. Sie selbst ist das besteBeispiel: Vor sechs Jahrenbegann sie als Blumenpflü-ckerin auf dem Feld, weilsich ihre Eltern nicht leistenkonnten, sie auf ein Collegezu schicken. Fairtrade er-möglichteihrvoreinigenJah-ren, ein Diplom in Informa-tionstechnologie zu machenundineinehöherePositionzuwechseln. Auch einen Füh-rerscheinkurskonntediejun-

ge Kenianerin belegen. „Dasist wichtig, weil es mich inmeiner Selbstständigkeit be-stärkt.“

Noch wichtiger als ihreeigene Unabhängigkeit istihr,dassihrebeidenTöchter–Esther ist alleinerziehend –zur Schule gehen können.Bis zu 80 Prozent der Schul-gelder bezahlt Fairtrade fürdie Kinder der Angestellten.„Bildung ist der Schlüssel“,sagt die zweifache Mama.„Das ist sehr wichtig. Wennman Mädchen und Frauenstärkt und ihnen Bildung zu-kommen lässt, stärkt mandie ganze Gemeinschaft. Esist wichtig, dass Frauen ihreRechte kennen. “

StipendienMit den Prämiengeldern, diezertifizierte Blumenfarmenvon Fairtrade erhalten, wer-

den Gemeinschaftsprojekteim Dorf finanziert – so profi-tieren nicht nur die Mitarbei-terderFarmen,sondernauchderen Familien und andereDorfbewohner. „Bei uns wur-de in Klassenräume inves-tiert,außerdemwurdensani-täre Anlagen in öffentlichenSchulen errichtet“, erzähltJuma. Auch eine Geburtskli-nik wurde mithilfe der Prä-miengelder erbaut.

AufdenmorgigenMutter-tag freut sich Esther Juma be-sonders – sie wird ihn mitihrenElternundihrenbeidenTöchtern verbringen. IhrWunsch für die Zukunft?„Ich wünsche mir, dass nochmehr Menschen Fairtrade-Rosen kaufen, damit meineKinderunddieKindermeinerKolleginnen weiterhin zurSchule gehen können.“Info: www.fairtrade.at

Fairtrade-BlumenImportMehr als 80Prozent derhierzulandeverkauftenRosenmüssen impor-tiert werden.Aktuellesin Zahlen

36,6MillionenFairtrade-Rosenkauften dieÖsterreicherim Jahr 2016.Der Marktan-teil beträgt37 Prozent.

53Prozentaller Fair-trade-Blumenkommen ausKenia, 36Prozent ausÄthiopien.

48.500Mitarbeitersind auf Fair-trade-zertifi-zierten Blu-menfarmenbeschäftigt.

·· ·······························································································································

· ································································································································

Muttertag – ein Fest für den HandelZahlenNach Weihnachten und Osternkommt der Muttertag: Derösterreichische Handel rechnetmorgen mit einem Umsatz von185 Millionen Euro. Zwei Drittelder erwachsenen Österreicherbeabsichtigen, ihre Mütter zubeschenken, im Schnitt um 40bis 45 Euro pro Person. Beliebtsind Süßes, Gutscheine undBlumen: Für Letztere gebenÖsterreicher am Muttertag etwa3,5 Millionen Euro aus.

BlumentrendsDie Beliebtheitsskala führt nachwie vor die Rose inverschiedenen Farben an, heißtes aus der Berufsinnung derGärtner und Floristen. Aber auchgemischte Sträuße, etwas ausHortensien, Gerbera, Lilien,Pfingstrosen oder Maiglöckchen,stehen am Tag der Mütter hochim Kurs. Bei den Topfpflanzen istdie Hortensie, nebst Fuchsien,Wandelröschen und Begonien,besonders gefragt.

FAIR

TRA

DE

Esther Jumazweifache Mutter

„Bildung ist derSchlüssel. Wer

Mädchen stärkt,stärkt die ganzeGemeinschaft.“

FAIR

TRA

DE/

JOER

GB

OET

HLI

NG

FAIR

TRA

DE

a/leben/34-a - # 34 # - 12.05.2018 gedruckt am 15.05.2018 10:00:05

GESUNDHEIT 25➞

Oft falsches Bild von PsoriasisSchuppenflechte kann denganzen Körper betreffen.

Flowerpower, Frauenpower: Esther Juma (29) arbeitet seit sechs Jahren auf der Fairtrade-Blumenfarm Bigot Flowers in Kenia – erst als Pflückerin auf dem Feld, jetzt in der Verpackungshalle

Das Fairtrade-Siegel kennzeichnet Blumen aus fairer Produktion Die Blumenfarm Bigot Flowers Limited in Kenia hat 1200 Mitarbeiter