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20 Medizinische Entomologie Werner Peters 20.1 Allgemeines "Die Medizinische Entomologie erörtert die Bezie- hung der Gliederfüßler (vor allem der Insekten) zur Gesundheit des Menschen" - so lautet die Defini- tion dieses Grenzgebietes zwischen Zoologie und Medizin, die Martini in seinem schon klassischen Lehrbuch gab. Es erschien erstmals 1923. Dieses vielfaltige Arbeitsgebiet sieht die Dinge vorwie- gend aus zoologischer und weniger unter medizini- schen Gesichtspunkten, während das übergeord- nete Arbeitsgebiet, die Parasitologie, stärker medi- zinisch ausgerichtet ist. Die Zeit der bedeutendsten Entdeckungen und der Auf- klärung epidemiologischer Zusammenhänge bei den ge- fährlichen, teilweise weltweit vorkommenden Seuchen lag um die Jahrundertwende: 1879entdeckte Manson die Übertragung von Mikrofilarien durch Stechmücken und 1881 Finlay die Übertragung des Gelbfiebers durch Stechmücken, die erst 1900 durch Reed et al. bestätigt und danach allgemein anerkannt wurde. 1895 klärte Bruce den Entwicklungsgang der Nagana auf , 1897 Ross den Malariazyklus, 1898 Simond und Ogata die Über- tragung der Pest durch Flöhe, 1902 Graham die Über- tragung des Denguefiebers durch Stechmücken , 1903 Bruce und Nabarro die Übertragung der Schlafkrankheit durch Tsetsefliegen, 1909 Chagas den Infektionsweg der nach ihm benannten Krankheit, 1916Werner und Banz- ler die Ausbreitung des Fünftagefiebers durch Läuse usw. Die Hilflosigkeit, mit der man in früheren Jahrhunderten den großen Seuchen gegenüberstand, wurde in erster Linie durch die Entdeckung und Anwendung von Che- motherapeutika und Insektiziden überwunden. P. Müller erhielt 1949 den Nobelpreis für die Entdeckung der in- sektiziden Wirkung des DDT. Seither hat es weiterhin viele bemerkenswerte Entdeckungen und die Befreiung großer Gebiete von ehedem verheerenden Seuchen gegeben, wie beispielsweise des Mittelmeergebiets von der Malaria. Reservoirkrankheiten (s.u.) wurden zurückge- drängt und vielfach aus dem Bewusstsein der Menschen als lauernde Gefahr verdrängt. Den- noch besteht kein Anlass, die Hände in den Schoß zu legen, wie das Beispiel der weltweit im Vor- dringen begriffenen Arzneimittel- und Insektizid- resistenz bei der Malaria zeigt. Malaria, Dengue- Fieber, Gelbfieber und Pest sind keineswegs be- siegte Krankheiten, sondern ebenso wie eine Reihe von Viruskrankheiten jederzeit zu einer erhebli- chen Steigerung ihrer Verbreitung in der Lage. So weit die Überlieferungen reichen, wird von Plagen berichtet, die von Insekten als Lästlingen und Krank- heitsüberträgern ausgehen. Daher wird in diesem Kapitel auch kursorisch die kulturhistorische, von den Histori- kern leider vielfach übergangene Bedeutung der Insekten erwähnt. Die Plagegeister im Wohnbereich des Menschen haben sich vermutlich einerseits aus der Fauna der Nester und Lager von Säugetieren und Vögeln und andererseits aus den Bewohnern des angespülten Materials an Fluß ufern entwickelt. Sie haben das "Lager" des Menschen zu nutzen verstanden und ihn im Laufe seiner kulturellen und zivilisatori- schen Entwicklung begleitet. Vermutlich hat sich diese Fauna im Laufe des Jahrtausende währen- den Zusammenlebens verändert, doch wissen wir darüber recht wenig. Unter den Insekten gibt es Ekto- und Endopa- rasiten, fakultative wie obligate. Bei den Ektopara- siten unterscheidet man temporäre, nur zeitweilig auf dem Wirt vorhandene, und permanente, stän- dig auf dem Wirt anwesende Parasiten. Selten gibt es unter den Insekten Endoparasiten, wie beispiels- weise das Weibchen des Sandflohs und die Larven einiger Dipteren, die eine Myiasis erzeugen. Parasiten können für einen Wirt spezifisch sein oder sich polyphag verhalten, d.h. geringe Wirts- spezifität aufweisen, wie beispielsweise die meisten Flöhe. Die Ursachen hierfür können überaus viel- faltig sein. Man unterscheidet bei den Blutsaugern "ca- pillary feeders" mit feinen Stechapparaten, deren Stich kaum Schmerzen verursacht (u.a. Stechmü- cken), und "pool feeders" mit klobigen Stechwerk- zeugen, deren Stich sehr schmerzhaft sein kann (u. a. Bremsen). Letztere verursachen kleinere oder größere Hämorrhagien ("pools"), aus denen das Blut aufgesogen wird. Die Reaktionen eines Wirtes können sehr ver- schieden sein. Bisher sind unter medizinischen Aspekten praktisch immer nur die Auswirkungen eines Parasiten auf den Wirbeltier-, im wesentli- chen den Säugetierorganismus untersucht worden. Erst neuerdings werden in stärkerem Maße auch die Wirkungen auf den Insektenwirt analysiert. Die unmittelbaren Wirkungen von Blutsaugern betreffen nicht so sehr den Blutverlust oder die mechanische Verletzung der Haut, sondern sind in erster Linie auf die im Speichel enthaltenen Kom-

Lehrbuch der Entomologie || Medizinische Entomologie

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Page 1: Lehrbuch der Entomologie || Medizinische Entomologie

20 Medizinische Entomologie

Werner Peters

20.1 Allgemeines

"Die Medizinische Entomologie erörtert die Bezie­hung der Gliederfüßler (vor allem der Insekten) zurGesundheit des Menschen" - so lautet die Defini­tion dieses Grenzgebietes zwischen Zoologie undMedizin, die Martini in seinem schon klassischenLehrbuch gab. Es erschien erstmals 1923. Diesesvielfaltige Arbeitsgebiet sieht die Dinge vorwie­gend aus zoologischer und weniger unter medizini­schen Gesichtspunkten, während das übergeord­nete Arbeitsgebiet, die Parasitologie, stärker medi­zinisch ausgerichtet ist.

Die Zeit der bedeutendsten Entdeckungen und der Auf­klärung epidemiologischer Zusammenhänge bei den ge­fährlichen, teilweise weltweit vorkommenden Seuchenlag um die Jahrundertwende: 1879entdeckte Manson dieÜbertragung von Mikrofilarien durch Stechmücken und1881 Finlay die Übertragung des Gelbfiebers durchStechmücken, die erst 1900 durch Reed et al. bestätigtund danach allgemein anerkannt wurde. 1895 klärteBruce den Entwicklungsgang der Nagana auf, 1897 Rossden Malariazyklus, 1898 Simond und Ogata die Über­tragung der Pest durch Flöhe, 1902 Graham die Über­tragung des Denguefiebers durch Stechmücken, 1903Bruce und Nabarro die Übertragung der Schlafkrankheitdurch Tsetsefliegen, 1909 Chagas den Infektionsweg dernach ihm benannten Krankheit, 1916 Werner und Banz­ler die Ausbreitung des Fünftagefiebers durch Läuse usw.Die Hilflosigkeit, mit der man in früheren Jahrhundertenden großen Seuchen gegenüberstand, wurde in ersterLinie durch die Entdeckung und Anwendung von Che­motherapeutika und Insektiziden überwunden. P. Müllererhielt 1949 den Nobelpreis für die Entdeckung der in­sektiziden Wirkung des DDT. Seither hat es weiterhin vielebemerkenswerte Entdeckungen und die Befreiung großerGebiete von ehedem verheerenden Seuchen gegeben, wiebeispielsweisedes Mittelmeergebiets von der Malaria.

Reservoirkrankheiten (s.u.) wurden zurückge­drängt und vielfach aus dem Bewusstsein derMenschen als lauernde Gefahr verdrängt. Den­noch besteht kein Anlass, die Hände in den Schoßzu legen, wie das Beispiel der weltweit im Vor­dringen begriffenen Arzneimittel- und Insektizid­resistenz bei der Malaria zeigt. Malaria, Dengue­Fieber, Gelbfieber und Pest sind keineswegs be­siegte Krankheiten, sondern ebenso wie eine Reihevon Viruskrankheiten jederzeit zu einer erhebli­chen Steigerung ihrer Verbreitung in der Lage.

So weit die Überlieferungen reichen, wird von Plagenberichtet, die von Insekten als Lästlingen und Krank­heitsüberträgern ausgehen. Daher wird in diesem Kapitelauch kursorisch die kulturhistorische, von den Histori­kern leider vielfach übergangene Bedeutung der Insektenerwähnt.

Die Plagegeister im Wohnbereich des Menschenhaben sich vermutlich einerseits aus der Fauna derNester und Lager von Säugetieren und Vögeln undandererseits aus den Bewohnern des angespültenMaterials an Flußufern entwickelt. Sie haben das"Lager" des Menschen zu nutzen verstanden undihn im Laufe seiner kulturellen und zivilisatori­schen Entwicklung begleitet. Vermutlich hat sichdiese Fauna im Laufe des Jahrtausende währen­den Zusammenlebens verändert, doch wissen wirdarüber recht wenig.

Unter den Insekten gibt es Ekto- und Endopa­rasiten, fakultative wie obligate. Bei den Ektopara­siten unterscheidet man temporäre, nur zeitweiligauf dem Wirt vorhandene, und permanente, stän­dig auf dem Wirt anwesende Parasiten. Selten gibtes unter den Insekten Endoparasiten, wie beispiels­weise das Weibchen des Sandflohs und die Larveneiniger Dipteren, die eine Myiasis erzeugen.

Parasiten können für einen Wirt spezifisch seinoder sich polyphag verhalten, d.h. geringe Wirts­spezifität aufweisen, wie beispielsweise die meistenFlöhe. Die Ursachen hierfür können überaus viel­faltig sein.

Man unterscheidet bei den Blutsaugern "ca­pillary feeders" mit feinen Stechapparaten, derenStich kaum Schmerzen verursacht (u.a. Stechmü­cken), und "pool feeders" mit klobigen Stechwerk­zeugen, deren Stich sehr schmerzhaft sein kann(u.a. Bremsen). Letztere verursachen kleinere odergrößere Hämorrhagien ("pools"), aus denen dasBlut aufgesogen wird.

Die Reaktionen eines Wirtes können sehr ver­schieden sein. Bisher sind unter medizinischenAspekten praktisch immer nur die Auswirkungeneines Parasiten auf den Wirbeltier-, im wesentli­chen den Säugetierorganismus untersucht worden.Erst neuerdings werden in stärkerem Maße auchdie Wirkungen auf den Insektenwirt analysiert.

Die unmittelbaren Wirkungen von Blutsaugernbetreffen nicht so sehr den Blutverlust oder diemechanische Verletzung der Haut, sondern sind inerster Linie auf die im Speichel enthaltenen Kom-

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ponenten zurückzuführen und bisher noch sehrunzureichend bekannt. Vorwiegend dürften daranProteine beteiligt sein . Diese haben mehrere Auf­gaben. Sie sollen vor allem in der Umgebung desEinstichs eine betäubende Wirkung ausüben, dieHautkapillaren entspannen und so die Blutungaufrechterhalten. Manche Komponenten des Spei­chels führen zu immunologischen Reaktionen, eskann zur Sensibilisierung oder nach einiger Zeitauch zur Gewöhnung kommen; heftige allergischeReaktionen können bis zum anaphylaktischenSchock gehen. Die Beteiligung des Immunsystemszeigt sich daran, dass man eine passive Sensibili­sierung und eine Immunisierung gegen Insekten­stiche durchführen kann. Bei massenhaften Sti­chen kann es zu Krankheitserscheinungen wieKopfschmerz, Lymphadenitis usw. bis zur Arbeits­unfähigkeit kommen.

Die Stichwirkungen können verschieden seinund vielfach eine bestimmte Reihenfolge aufwei­sen . Innerhalb weniger Minuten nach dem Stichentsteht meistens in der Umgebung der Stichstelleein verschieden ausgedehntes, rötliches Erythem(Hautrötung), das eine zentrale, runde oder un­regelmäßig geformte Quaddel aufweisen kann undmehr oder weniger stark juckt.

Ein eigenartiges Phänomen tritt bei Flohstichenauf, dasHase als "Repetieren" bezeichnet hat; bei erneutem Ein­stich reagieren die früheren Stichstellen mit heftigemJuckreiz. Nach etwa 12-24 h kann aus der Quaddel einePapel entstehen, die zunächst noch verschieden starkjuckt und über Tage bis Wochen bestehen kann. Eshandelt sich um eine rotgefärbte, verhärtete, kegelför­mige, unter Umständen ebenfalls juckende Hautan­schwellung. Bei stärkerer Unverträglichkeit der Hautgegenüber Speichelproteinen des Blutsaugers kann eszurBildung verschieden großer Vesikel kommen. Sekundär­schäden können auftreten, wenn durch Kratzen an ju­ckenden StellenHautläsionen und damit Eintrittspfortenfür Eitererreger geschaffen werden.

Vielfach wird das Fehlen von Hautreaktionen mitmangelhafter Attraktivität für bestimmte Blutsaugergleichgesetzt. Bei einer Untersuchung zur Überprüfungder Wirkung von Flohstichen stellte sich heraus, dass38% von 269 Personen überhaupt keine Reaktion zeig­ten, und dass bei den Reagierenden bei4,8 % Sofort- undbei 63,5 % lediglichSpätreaktionen beobachtet wurden.

Bei der Beschreibung der Wirt-Parasit-Verhält­nisse werden eine Reihe von Begriffen verwendet,die leider immer wieder falsch angewendet werden.Daher sollen an dieser Stelle die wichtigsten Defi­nitionen folgen:• Im Endwirt wird der Parasit geschlechtsreif. Im

Zwischenwirt findet zumindest ein Teil seinerEntwicklung statt; ferner kann in diesem auchungeschlechtliche Fortpflanzung erfolgen. Zwi­schen- und Endwirt gehören in diesem Falle ineinem Entwicklungsgang zusammen. Findetkeine geschlechtliche Fortpflanzung des Parasi-

ten statt, so kann man nur von Überträger oderVektor sprechen.

• Der Hauptwirt ist der haupsächliche Wirt, indem der Parasit regelmäßig oder besonders häu­fig und unter besonders günstigen Bedingungenlebt. Die adjektivische Bezeichnung erleichtertdie Unterscheidung von Haupt- und Endwirt,die fälschlich leider immer wieder gleichgesetztwerden. Der Nebenwirt oder nebensächlicheWirt wird vom Parasiten nur gelegentlich be­fallen und bietet keine günstigen Lebensbedin­gungen für ihn.

• Ein Transportwirt verfrachtet Parasiten, ohnedass diese in ihm eine ungeschlechtliche Ent­wicklung oder Fortpflanzung durchlaufen, voneinem Wirt zum anderen.

• Ein Fehlwirt kann zwar von Parasiten befallenwerden, bedeutet aber für deren Entwicklungs­ablauf eine Sackgasse.

Die Übertragung von Krankheitserregern durch In­sekten kann in sehr verschiedener Weise erfolgen.Diese Vielfalt in übersichtlicher Form und auchunter phylogenetischen Aspekten darzustellen istimmer wieder versucht worden. Die Übertragungkann beim Stich oder durch infektiösen Kot oderdurch Fressen des infizierten Überträgers (phagär)erfolgen.

Mechanische Übertragung von Krankheitserre­gern mit kontaminierten Mundwerkzeugen oderTarsen der Beine oder nach Aufnahme der Erregerin den Vorderdarm oder Übertragung mit demKot nach einer Darmpassage ist wohl die einfachs­te Form der Übertragung (Abb. 20-13) . Sie kommtu. a. bei Schaben und etlichen Fliegenarten vor.

Auf diese Weise können vielerlei Bakterienarten über­tragen werden, u.a. die Ägyptische Augenkrankheit(Trachom), Salmonellen (Typhus), Brucellose (seuchen­hafte Fehlgeburten bei Rindern), Dysenteriebazillen(Sh ige/la). In Bremsen der Gattung Tabanus halten sichTrypanosoma evansi und T. equinum nur im Rüssel aufund können bei einer weiteren Blutmahlzeit übertragenwerden. Es findet keine Gestaltveränderung oder Ver­mehrung in der Tsetsefliege statt. Ebenso können dieCysten der Ruhramoebe Entamoeba histolytica durehFliegen von Fäkalien auf Nahrungsmittel und Speisentransportiert werden (Abb. 20-13). Die Trypanosomenlieferneine Vielzahl von Beispielen für zunehmendkom­plizierter werdende Übertragungsweisen. Unklar ist, obTrypanosoma equiperdum, der Erregerder Beschälseucheder Pferde, der beim Deckakt übertragen wird, nochkeinen oder nicht mehr einen Überträger benötigt, d.h.ob diese Art an den Anfang der Entwicklungsreihe ge­hört oder an deren Ende.

Im Anschluss an eine Infektion folgt eine Phase,die Inkubations- oder Latenzzeit, in der vom Para­siten noch keine erkennbaren Wirkungen oderKrankheitserscheinungen ausgehen. Hiervon wirddie Präpatentperiode unterschieden, der Zeitraum

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Kein ReservoirBeispiel: klassisches Fleckfieber

Kleiderlaus - MenschRickettsia prowazeki

20.1 Allgemeines 637

r>.Anopheles Mensch

~IYU

Kein Reservoir, obwohl die Über­träger polyphag sind und auch ananderen Wirbeltieren saugenBeispiel: Malar ia des Menschen

R,~c-\f\Haustiereu./o. polyphaqer Mensch

<:«:Mit ReservoirBeispiele: Pest: Wildlebende Nagetiere als Reservoir - polyphage Flöhe als

ÜberträgerSchlafkrankheit: Haus- und Wildtiere als Reservoir - polyphageTsetsefliegenChagaskrankheit: Haus- und Wildtiere als Reservoir - polyphageWanzen

Affen

versch.Culicidae

Mensch

Aedesaegypti

Abb. 20-1: Schematische Darstel­lung der Übertragung von Krank­heiten mit und ohne Reservoir.

M it ReservoirBeispiel: Gelbfieber: In Urwäldern lebende Affen sind das Reservoir des

Buschgelbfiebers; verschiedene Culicidae fungieren alsÜberträger. Im allgeme inen ist davon unabhängig dasUrbane Gelbfieber, das ausschließlich von einer alsKulturfolger zu bezeichnenden Stechmückenart, derGelbf iebermücke Aedes aegypti, übertragen wird.

zwischen Infektion und dem Erscheinen des Para­siten oder seiner Fortpflanzungsprodukte.

Bisweilen können in Insekten Parasiten oderSymbionten durch transovariale Übertragung , d.h.durch Befall der Eizellen im Ovar an die Nach­kommenschaft weitergegeben werden. Bei Säuge­tieren können unter Umständen sehr kleine Para­siten die Blut-Uterussschranke passieren und dannden sich entwickelnden Embryo befallen; dies be­zeichnet man als intrauterine oder diaplacentareInfektion .

Ein Wirtswecbsel kann in verschiedener Weiseerfolgen und mit einem Gewebswecbsel gekoppeltsem:

• Bei hoher Wirtsspezifität von Erreger und Über­träger und Fehlen eines außerhalb des Wirteslebensfähigen Dauerstadiums in Form einerCyste kann der Zyklus folgendermaßen aus­sehen: Beispiel Schaf - Lausfliege (Melophagusovinus) - Trypanosoma melophagium.

• Der Überträger zeigt geringe Wirtsspezifität , ersaugt auch an anderen Wirten als dem Men­schen, doch der Parasit entwickelt sich nur imMenschen, d. h. er hat kein Reservoir. Beispielesind Klassisches Fleckfieber (Abb. 20-1) undMalaria (Abb. 20-1) .

• Häufiger sind die Beispiele für Reservoirkrank­beiten: Der Überträger ist polyphag, saugt auch

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638 20 Medizinische Entomologie

Abb. 20-2: Stechapparate von Hymenopteren. A Habitusder Stachelameise Myrmica rugiventris. B Schematisierte Dar­stellung der Drüsen und des Darmes imHinterleib einer Stachel­ameise der Gattung Onychomyrmex (Ponerinae), C Stachel­apparat und Giftdrüsen von Myrmica rubra. D Giftdrüse undStachelapparat der Honigbiene: Der Stachel besteht aus derStachelrinne als Führung und den beiden durch Muskeln beweg­ten Stechborsten. E Stachelspitze einer Wespe. AAfter, BSSBasis der Stachelscheide, DDr Dufoursche Drüse, ED Enddarm,GDr Giftdrüse, MD Mitte/darm, MG Malpighische Gefäße, PDrPygidialdrüse, qP quadratische Platte, RReservoir, SB Stechbors­ten, SR Stachelrinne, SS Stachelscheide, St Stachel, StDr Sternal­drüse. (A-Cnach Hölldobler und Wilson 1992, D·E nach Weber1933)

20.2 Gifttiere

20.2.1 Allgemeines

Als Gifte oder Toxine bezeichnet man Substanzen,die, wenn sie an oder in einen Organismus ge­langen, in diesem Krankheitserscheinungen verur­sachen. Die Wirkungsweise kann außerordentlichverschieden sein. Es kann bei der Haut zu Rötung,Entzündung, Ätzwirkung und sogar Nekrosenkommen. Die Giftwirkung kann den Kreislaufebenso wie die Nerven- und Nierenfunktionenbetreffen. Von besonderer Bedeutung kann derOrt des Eindringens sein. Viele Gifte können beioraler Aufnahme völlig unwirksam sein, aber ver­heerend, wenn nicht gar letal wirken, wenn sie indie Blutbahn gelangen. Die Wirkung kann in­dividuell aus verschiedenen Gründen sehr unter­schiedlich sein. Wesentlich ist die Dosis des ein­wirkenden Giftes in Relation zum Körpergewicht.Im allgemeinen wird angegeben, wie hoch dieDosis pro kg Körpergewicht ist, die bei 50% derVersuchstiere zum Tode führt (LD50); sie ist beiden einzelnen Tierarten sehr verschieden.

Tierische Gifte sind im Allgemeinen keine che­misch reinen Substanzen, sondern Gemische vonchemisch sehr heterogenen Verbindungen: Pro­teine, Peptide, Glykoside, biogene Amine u. a.Substanzen, die auf das Immunsystem wirken,werden als Antigene bezeichnet. Gelangen siemehrfach in den Körper, so kann eine Immunitätoder eine Sensibilisierung in Form einer Allergieoder gar Anaphylaxie zustande kommen.

In der Hämolymphe von Insekten und in Drü­sensekreten können zahlreiche, beim Menschenoder anderen Tieren giftig wirkende Substanzenvorkommen . Im Folgenden sollen nur diejenigenGifte erwähnt werden, die immer wieder beimMenschen zu Vergiftungserscheinungen geführthaben: Stachelgifte von Hautflüglern, Gifthaarevon Schmetterlingsraupen und Cantharidin ent­haltende Käfer.

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an anderen Wirten als dem Menschen, und derParasit entwickelt sich in diesen Wirten, die ihmals Reservoir dienen (Abb.20-l). Beispiele:Gelbfieber, Pest, Leishmaniasen, Nagana,Schlafkrankheit, Chagaskrankheit. Teilweise isthier der Mensch für den Parasiten eine Sack­gasse, weil von ihm kein Weg zurück zu denReservoirtieren führt. Beispiele hierfür sindGelbfieber und Pest (Abb. 20-14, 20-15).

20.2.2 Stachelgifte vonHymenoptera

Diese Angriffsgifte sind bisher in erster Linie beider Honigbiene Apis mellifera untersucht worden.In wesentlich geringerem Maße wurden sie beiihren nächsten Verwandten (A. cerana, A. dorsata,A. florea) sowie einigen Wespenarten und fast garnicht bei Hummeln, den großen Xylocopa-Artenoder Megachilidae erforscht. Die Stichwirkungensind außerordentlich verschieden. Sie hängen

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20.2 Gifttiere 639

Abb. 20-3: Auf dem Sarcophag des ägypt ischen Pharao Menes ist dargestellt, wie dieser Herrscher etwa 2800 v. Chr. voneiner Wespe gestochen wurde und an einer heftigen allergischen Reaktion starb. (Aus Müller 1988)Nuraufmerksame Beobachter erkennen, dass es sich um eine rezente Darstellung handeln dürfte.

ebenso von der Hymenopterenart wie von denImmunreaktionen der gestochenen Person ab. Ander Stichstelle können Schwellung und Schmerzsehr verschieden sein. In besonderen Fällen kannes, nicht zuletzt auch abhängig von der Zahl derStiche zu Hautreizungen, Übelkeit, Angstgefüh­len, einem sta rken Abfall des Blutdrucks und Be­nommenheit bis zu Bewusstlosigkeit und Todkommen (Nä heres s. Müller 1988).

Die Giftdrüse der Ho nigbiene ist etwa I cm lang, lang­gestreckt und am Ende zweigeteilt. Auch im Anfangsteilder Giftblase sind noch Drüsenzellen vorhanden(Abb. 20-2 D) . Die G iftblase kann bei Sammelbienen 1-3ml Gift enthalten. Für analytische Zwecke gewinnt manda s Gift in einer einfachen App aratur durch Elektro­stirnulation. Es enthält ein Gemi sch pharmakologischwirksamer Substanzen, und zwar bezogen auf das Tro­ckengewicht:• 20-25% niedermolekulare Substanzen: Aminosäuren,

biogene Amine, Zucker u.a.• 50-60% Peptide (Molekulargewicht 2- 6 kD a, sta rk

basisch).• Melitt in: Ant eil etwa 50%, Molekulargewicht 2840

Da; Amin osäuresequenz bekannt; schädigt Zellmem ­branen und membran ständ ige Enzyme und bewirkt dieFreisetzung von Stoffen aus Lysosomen; ist auch giftigfür Insekten .

• Apamin : Anteil etwa 2%; Molekul argewicht : 2027 Da;Aminosäuresequenz bekannt; neurotoxisch.

• MCD-Peptid (Mas tzellen-degranulierendes Pept id):etwa I %; Molekulargewicht 2588 Da ; es führt zurFreisetzung von Hista min aus Mast zellen.

• Kinine u.a.

15- 30% höherm olekulare Proteine in Form von etwa58 Enzymen (u.a. Hyaluronidasen, dienen als Ausbrei­tun gsfakt or, Pho spholipasen, Phosphatasen, Estera­sen, Gluc osaminidase).

Hummeln stechen nur, wenn man sie in ihrer Bewe­gungsfreiheit einengt. In ihrem Gift scheint Melittinnicht vorzukommen.

Wespen der Gattungen Vespa, Vespula und Dolicho­vespula können recht aggressiv sein. Während des Stech­vorgangs setzen sie Pheromone frei, durch die Stammes­genossen stechlustig werden . Die Giftblase der HornisseVespa crahro enthält 1-2 ml Gift, dessen Proteinanteilerheblich über dem des Honigbienengiftes liegt. Nachge­wiesen wurden eine Reihe pharmakologisch aktiver Sub­sta nzen mit Acetylcholin-artiger, Histamin-artiger, 5-Hy­drox ytryptamin- artiger Aktivität. Fern er sind Dopamin ,Noradrenalin , ein Mastzellen degranulierende s Peptid(Mas to pa rane, Molekulargewicht 1500 Da), das die Aus­schütt ung von Histamin verursacht, sowie ein Ne uro­toxin und Bradykin ine im Gift der Horni ssen enthalten.Letztere sind von besonderem Int eresse, da sie bei Säuge­tieren Schmerzen verursachen. Bradykinin e sind auch beider Gattung Vespula, nicht aber bei Dolichovespula nach­gewiesen. Die Gifte der genannten Wespenar ten wirkenauch gegenüb er Insekten giftig; sie könn en daher zurLähmung von Beutet ieren wie zur Verteidigung verwen­det werden.

Ameisen haben paar ige Giftdrüsen und ein unpaaresReservoi r (Abb. 20-2A, B, C). Die ursprüngliche Funk­tion ist wohl die noch bei den Formicinae vorhandeneenzymatische Bildung der zur Verteidigung verwendetenAmeisensä ure. Serin au s der Haemolymphe dient als C­I-Donor und wird in der Giftdrüse zu Ameisensäureumgesetzt , die anschließend in das Drüsenlumen abge-

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geben wird und zur Verteidigung ausgespritzt werdenkann . Bei anderen Ameisen, wie den Ponerinae, Myr­meciinae, Pseudomyrmecinae, Dorylinae und Ecitoni­nae, wird in dieser Drüse Gift in Form neurotoxisch undhistolytisch wirksamer Proteine gebildet. Es kann zurLähmung der Beute oder zur Verteidigung verwendetwerden. Ponerinae (Stachelameisen) und Myrmicinae ha­ben einen Stachel, mit dem sie das Gift applizierenkönnen (Abb. 20-2 A-C). Der Stich von Harpegnathussaltator (Ponerinae) immobilisiert die als Beute dienen­den Schaben für mindestens 14 Tage; es findet keineErholung statt . Das Gift von Myrmica-Arten verursachtbeim Menschen die Bildung großer Quaddeln . Feuer­ameisen (Solenopsis sp., Myrmicinae) synthetisieren einGift, das überwiegend aus Alkaloiden, und zwar Dial­kylpiperidinen besteht, die zytolytisch wirken. DurchFreisetzung von Histaminen kommt es nach dem Stich inder Haut des Menschen zur Quaddelbildung, zu demnamengebenden furchtbaren "Brennen" und anschlie­ßend unter Umständen lokal auch zu Nekrosen.

20.2.3 Gifthaare vonSchmetterlingsraupen

Bei Schmetterlingsraupen aus den Familien Arcti­idae, Lymantriidae, Lasiocampidae, Saturniidae,Thaumetopoeidae, Hemerocampidae, Megalopy­gidae und Limacodidae sind nicht die auffallendlangen, sondern die in Feldern stehenden, sprödenkleinen "Spiegelhaare" oft mit Widerhaken undeinem Giftreservoir versehen (s. 17.2.2.3). Sie kön­nen erhebliche Hautreizungen, die sog. Raupen­dermatitis (Erucismus), verursachen. Besondersgefürchtet sind die leicht abbrechenden, wenigerals 0,1-0,2 mm langen, bis zu 600000 "Gift-" oder" Brennhaare" der gesellig in Gespinsten lebendenRaupen des Kiefern-Prozessionsspinners Thaume­topoea pinivora, die schwere Allergien hervorrufenkönnen. Im Gift vieler Raupenhaare konnten En­zyme, biogene Amine, phenolische Substanzen so­wie weitere niedermolekulare Stoffe nachgewiesenwerden .

20.2.4 Gift enthaltende Tiere

Es gibt viele Gift enthaltende Tiere, die aber nurunter besonderen Umständen Vergiftungen beimMenschen auslösen (s. 17.2.2.3). Hierzu gehört dasfrüher als Aphrodisiakum, als Bestandteil von"Liebestränken", eingenommene Cantharidin, vondem bereits 30 mg beim Menschen tödlich wirken .Eine ganze Reihe von Käferarten ist in der Lage,Cantharidin zu produzieren. In erster Linie wurdein Europa die metallisch grüne Spanische FliegeLytta vesicatoria (in anderen Gebieten dort ein­heimische Meloidae) in getrocknetem Zustand als

Aphrodisiacum, aber auch für Giftmorde verwen­det. Cantharidin verursacht schwerste Entzündun­gen in der Niere und im gesamten Urogenital­system.

Mindestens 19 Arten Staphylinidae der Gattung Paede­rus, die in verschiedenen Erdteilen vorkommen, sondernein giftiges Amid, das Pederin, ab, das Hautentzün­dungen beim Menschen verursachen kann .

20.3 Lästlinge undKrankheitserreger

20.3.1 Allergien, Ungezieferwahnund Lästlinge

Allergien können von Sekreten wie von Teilen vonInsekten, auch getrockneten, verursacht werden(s. 20.2.3 u. 4). Besonders häufig können Allergienauf längerfristige Einwirkung von Haaren undHäutungsprodukten (Exuvien) auf die Haut desMenschen zurückgeführt werden . Ein bekanntesBeispiel sind die Pfeilhaare am Hinterende derLarven von Museumskäfern (Anthrenus-Arten)(Abb. 1-17). Erst kürzlich hat sich herausgestellt,dass die als Kotballenhülle vorhandenen peritro­phischen Membranen (s. 4.5.2) bei Personen, diemit Massenzuchten von Insekten arbeiten, Aller­gien verursachen können.

Ungezieferwahn kommt vorwiegend bei älterenMenschen beiderlei Geschlechts im Alter von60-70 Jahren vor. Es handelt sich um ein psychi­sches Leiden, dessen Ursachen bisher noch voll­kommen unbekannt sind . Zur Beratung suchendie Betroffenen nicht einen Psychotherapeuten,sondern Gesundheitsämter, parasitologische undzoologische Institute usw. auf. Sie haben das Ge­fühl, trotz peinlicher Sauberkeit, ständig von klei­nen , krabbelnden Tierchen belästigt zu werden .Bei der Untersuchung stellt sich heraus, dass garkeine Lästlinge nachzuweisen sind. Bittet mandiese Patienten, die behaupteten Parasiten zu sam­meln und mitzubringen, so werden alle möglichenArthropoden abgeliefert , die als Ektoparasitenmeist gar nicht infrage kommen. Leider kann mandiesen armen Menschen bisher nicht helfen .

Als Lästlinge bezeichnet man Insekten, diekeine Krankheiten verursachen oder übertragen,aber beispielsweise durch Auftreten in Massen,durch ihre Stichwirkung, durch die Verunreini­gung von Lebensmitteln und Wohnungen durchExkremente oder durch die von ihnen verursach­ten sonstigen Schäden eine Plage darstellen. Diesgilt in erster Linie für Schaben, Pharaoameisenund Bettwanzen (s. 20.3.3).

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Die Deutsche Schabe Blatella germanica kommt vor al­lem in dichtbesiedelten Industriegebieten vor und befälltin erster Linie gewerbliche Küchenbetriebe, Kranken­häuser und Heime, wenn ihr dort Nahrungsmittel und-reste zur Verfügung stehen. Sie vermag sich rascher zuvermehren als die Orientalische Schabe Blatta orientalis,die vor allem in Süddeutschland in entsprechenden Be­reichen angetroffen wird und sie benötigt ebenso wie dieAmerikanische Schabe Periplaneta americana für ihreEntwicklung höhere Temperaturen . Beide Arten bevor­zugen Bäckereien, Krankenhäuser und Gebäude, dieständig eine ausreichende Temperatur aufweisen. Scha­ben gehen nur nachts auf Nahrungssuche und lebentagsüber in dunklen, feuchten Verstecken.Sie sind Alles­fresser, die auch faulende Lebensmittel fressen. In Kran­kenhäusern können sie zur Verbreitung von Krankheits­erregern beitragen. Schaben legen die Eier in Gruppenvon 16-40 in Kokons verpackt ab (Abb. 25-15).

Schaben sind vor allem in den Tropen eine Plage inWohnungen und Lebensmittelbetrieben, wo nicht einfachInsektizide versprüht werden dürfen und die engen Ta­gesverstecke kaum ausreichend erreicht werden können.Schaben sind nachts aktiv. Man stellt u.a. Schachteln mitEinschlupföffnungen, versehen mit einem insektizidhaIti­gen Gel als Frasslockstoff auf. Verwendete man in Ver­suchsreihen Imidacloprid als Insektizid, so waren nach4 Monaten 95% der Schaben vernichtet. Angesichts derenormen Vermehrungsfähigkeit der Schaben bedeutetaber eine nicht 100%ige Todesrate, dass die Bek ärnp­fungsmassnahmen in bestimmten Abständen ständigwiederholt werden müssen. Besonders wirksam ist auchein entwicklungshemmendes Insektizid, das "Starycid"genannte Triflumuron. Wurde Gel, das mit einem dieserbeiden Insektizide versehen war, in noch so enge Ver­stecke gespritzt, mit Hilfe von einfachen Geräten wie siein der Bauindustrie zum Einspritzen von Fugendichternverwendet werden, so waren bereits nach 2 Monaten95% der Schaben vernichtet.

Pharaoameisen (Monomorium pharaonis) sind nuretwa 2 mm lange, blassgelbe, am Hinterende dunkelge­färbte Ameisen, die aus den Tropen nach ganz Europaeingeschleppt wurden und zu den Myrmicinae gehören.Sie können nur in Räumen mit ständig hohen Tem­peraturen leben. In ihrer sozialen Organisation sind diePharaoameisen auf einer relativ niederen Stufe stehenge­blieben. Ein Hochzeitsflug findet nicht statt. In einerKolonie können mehrere tausend Königinnen vorkom­men. Die Ausbreitung scheint in erster Linie durch dieGründung von Tochterkolonien , ausgehend von poly­gynen Nestern, zu erfolgen. Ebenso wie die Schabenfressen sie alle möglichen Lebensmittel und Abfälle undkönnen auch Krankheitskeime verbreiten. Die Kolonienkönnen in relativ großer Entfernung von Nahrungsquel­len vorhanden sein. Intakte Kolonien können einige Wo­chen hungern . Die Bekämpfung der Pharaoameisen istaußerordentlich schwierig, weil sie sich in kleinste, beiBekämpfungsmaßnahmen nicht erreichbare Versteckezurückziehen können, und weil Insektizide zwar die Ar­beiterinnen, nicht aber das Endglied der Nahrungskette,die Königinnen, erreichen. Gute Erfolge hat man mitKödergiften erreicht, die eine Sterilisation der Königin­nen zur Folge haben.

20.3 Lästlinge und Krankheitserreger 641

20.3.2 läuse

In der medizinischen Entomologie spielen vor al­lem zwei Arten von Läusen eine Rolle, die weltweitverbreitet sind: Die Kleiderlaus Pediculus humanuscorporis und die Kopflaus P. humanus capitis sindökologische Rassen einer Art, die sich zwar frucht­bar miteinander kreuzen lassen, aber dennochnicht ineinander übergehen. Die Filz- oder Scham­laus Phthirus pubis ist eine weitere Art. Alle Läusesind Ektoparasiten.

Der Kopf der Läuse ist verhältnismäßig klein. Auffallendsind die relativ kurzen, fünfgliedrigen, mit Sinneshaarenversehenen Antennen . Ocellen fehlen und die Augen sindnur in reduzierter Form als zwei relativ große Ommati­dien vorhanden. Bei den Tierläusen fehlen letztere. DieMundwerkzeuge sind äußerlich nicht zu sehen, denn siesind in das Innere des Kopfes verlagert (Abb. 25-22).Äußerlich ist nur ein runder, schnauzenartiger Mund­kegel erkennbar, der durch die Verschmelzung von Un­terlippe und Kopfrand zustande kommt.

Charakteristisch für Läuse sind die großen Klauenan den gedrungenen Beinen (Abb. 25-20 B), mitdenen sich die Tiere an Haaren und Textilienfesthalten können. Ein daumenartiger Vorsprungpasst, zusammen mit dem klauenartigen Tarsus,genau zum Durchmesser des Wirtshaares. DieseKlaue kann über eine lange Sehne durch den imnachfolgenden Beinglied befindlichen Muskel be­wegt werden. Die Beine sind nur zum Klammerngeeignet. Da die Läuse keine Flügel und währendder Entwicklung auch keinerlei Flügelanlagen be­sitzen, können sie einen neuen Wirt nur durchÜberwandern bei engem Kontakt erreichen oderindirekt durch gemeinsam benutzte Gegenständewie Kämme, Bürsten, Kopfbedeckungen, Leib­oder Bettwäsche usw. Insgesamt ist der Körperdieser Tiere abgeplattet und mit einer lederartigen,derben Cuticula versehen, sodass Läuse allenfallszwischen den Nägeln zerquetscht werden können.Die Elastizität der Cuticula erlaubt die Aufnahmeeines beträchtlichen Nahrungsvorrats. Kleider-,Kopf- und Filzläuse saugen nur am MenschenBlut, nicht an Tieren.

Die Kleiderlaus

Die Kleiderlaus ist für einen Aufenthalt im Bereich zwi­schen Haut und Kleidung des Menschen besonders ge­eignet. Sie hält sich mit ihren Klammerbeinen an denKörperhaaren oder der Kleidung fest und bevorzugt beider Kleidung raue gegenüber glatten Stoffen. In diesemLebensraum findet sie ihre Vorzugstemperatur, die inengen Grenzen von 31-33 °C liegt, sowie ihre Vorzugs­feuchte. Läuse verlassen einen Menschen, wenn er hohesFieber hat oder wenn er gestorben ist.

Hierzu gibt es einen interessanten Bericht von derBeerdigung Thomas Beckets, der am Abend des 29.Dezember 1170 in der Kathedrale von Canterbury er-

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Abb. 20-4: Nissen (Eier) von A Filz-, B Kopf- und C Kleider­laus unterscheiden sich in der Artder Ankittung an Wirtshaarenund der Anordnung der Aeropylen auf dem Eideckei; der Embryoliegt bei der Filzlaus seitlich, bei Kopf- und Kleiderlaus ventralzum Haar. (Nach Martini 1952)

mordet und dort am folgenden Tage aufgebahrt wurde.Man trug zu jener Zeit sehr viel Kleidung übereinander,die selten gewechselt wurde. Insgesamt war der Leich­nam Beckets in 8 Kleidungsstücke gehüllt, darunter dreiwollenen. Als der Leichnam zunehmend abkühlte, verlie­ßen die Läuse ihn und erschienen in solchen Massen aufden Kleidungsstücken, als ob Wasser in einem Kesselüberkoche. Dies sah so eigenartig aus, dass die Trau­ergäste abwechselnd weinen und lachen mussten.

Im Sommer können sich die Kleiderläuse auch aufder Außenseite der Kleidung aufhalten. In Gebieten mitgemäßigtem und kühlen Klima spielen Läuse eine grö­ßere Rolle als in den Tropen. In tropischen Gebieten istdie Verlausung in der Regenzeit stärker als in der Tro­ckenzeit. Gegen höhere Temperaturen sind Läuse rechtempfindlich. Auf dieser Tatsache beruhen Massenbe­kämpfungen, wie sie in den beiden Weltkriegen ange­wandt wurden. Temperaturen über 50°C töten Läuse undNissen (Eier) in weniger als einer halben Stunde; bei90-100 °C werden sämtliche Stadien innerhalb einer Mi­nute abgetötet. Hunger wird bei höheren Temperaturennur kurzfristig ertragen . Leichten Frost und Überflutungmit kaltem Wasser vertragen Läuse wie Nissen. Bei nied­rigeren Temperaturen können sie länger hungern als beihöheren.

Läuse sind deshalb sehr lästig, weil sie häufig stechen,um Nahrung aufzunehmen und bei jedem Stich Juckreizverursachen. Sie saugen etwa alle 2-3 Stunden Blut,mindestens täglich einmal. Nach dem Blutsaugen schim­mert das aufgenommene Blut durch die Cuticula . Weit­gehend abgebaute Blutreste ergeben eine Braun- bisSchwarzfärbung des Darmes. Hungrige Läuse weiseneine schmutzig-gelbliche Körperfärbung auf. Frisch ge­schlüpfte Läuse sehen weiß aus. Schwarze Läuse gibt esbei den Eskimos und dunkelhäutigen Menschen. DieFärbung ist genetisch bedingt.

Die typischen Stichwirkungen werden durch das Sek­ret der bohnenförmigen Speicheldrüsen verursacht. DieStichstellen von Läusen sind zunächst von einem hellro-

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A c

ten, später bläulich verfärbten, etwa I mm Durchmessererreichenden Hof umgeben. Der Juckreiz ist von Menschzu Mensch verschieden stark und kann durch Gewöh­nung geringer werden. Häufig entstehen an der Stich­stelle in der Folge keine Quaddeln. Werden stark ju­ckende Stichstellen wund gekratzt , so können Ekzemeoder sogar eiternde Geschwüre entstehen . Bei starkerVerlausung kann es stellenweise zu brauner Verfärbungder Haut kommen.

Bei der Kleiderlaus ist das Männchen etwas kleinerals das Weibchen und an dem stilettförmigen , vorragen­den Penis am Hinterende leicht zu erkennen. Beim Weib­chen liegt die Geschlechtsöffnung am eingekerbten Hin­terende des Körpers, ein besonderer Legeapparat istnicht ausgebildet. Die Weibchen werden durchschnittlich30--40 Tage alt und legen in dieser Zeit bis zu 300 Eier,etwa 5-14 Eier pro Tag. Die Eier werden vom Weibchenan Textilien und andere raue Unterlagen, vor allem inden Nähten mit einem rasch erhärtenden, sehr wider­standsfähigen Sekret festgeklebt (Abb. 20-4). Nach etwaeiner Woche schlüpfen die Larven. Die Generations­dauer vom Ei bis zum Ei der nächsten Generation (über3 Häutungen) beträgt etwa 15 Tage.

Bei manchen Volksgruppen gelten Läuse nicht alsPlage, sondern als Zeichen von Gesundheit und großerPotenz, weil man der Ansicht ist, dass sie schädlicheSäfte absaugen. 20000 Läuse pro Mensch scheinen dieHöchstgrenze des Befalls zu sein.

Die Kopflaus

Die Kopflaus ist in beiden Geschlechtern kleiner als dieKleiderlaus. Das Männchen ist 2,4--2,6 mm lang undschlanker als das 2,6-3,1 mm lange Weibchen. Die Seg­mentierung des Hinterleibs ist ausgeprägter als bei derKleiderlaus und bei den Weibchen fehlt im 4. Hinter­leibssegment die Längsmuskulatur vollständig . Kopf­läuse bevorzugen das Haupthaar und kommen nur seltenan Augenbrauen und Bart sowie an anderer Körper­behaarung in nennenswerter Zahl vor. Andererseits kom­men Kleiderläuse nur selten bei starker Verlausung auchan Kopfhaaren vor. Bastarde beider Rassen sind aberhäufig. Kopfläuse haben eine Vorzugstemperatur von28-29 °C, die somit erheblich niedriger als die der Klei­derlaus ist. In den Tropen können Kopfläuse besser lebenals Kleiderläuse. Außerdem können Kopfläuse niedrigeTemperaturen besser ertragen als höhere (40--45 0C). BeiTemperaturen unter 12°C legen Kopfläuse keine Eiermehr ab.

Die länglichen Eier der Kopflaus werden wesentlichsorgfältiger als die der Kleiderlaus mit einem in großerMenge von besonderen Drüsen des Weibchens abge­gebenen Sekret mit einer langen, bis auf das Ei rei­chenden Manschette fest an das Haar angekittet(Abb. 20-4). Ein derart angeklebtes Ei nennt man eineNisse.Das Ei besitzt am Vorderende Luftlöcher (Aeropy­len), über die der sich entwickelnde Embryo mit Sauer­stoff versorgt wird. Ganz ähnlich sehen auch die Nissender Filzlaus aus, die sich nur anhand der Porenanord­nung auf dem Eideekel von denen der Kopflaus unter­scheiden lassen (Abb. 20-4). Die Eier der Kopflaus wer­den im Allgemeinen am Kopfhaar, gelegentlich auch anBart- und Achselhaaren und nur im Falle sehr starkerVerlausung auch an Kleidungsstücke angeheftet . Ein

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Weibchen kann täglich etwa 4 und in ihrem etwa 3Wochen dauernden Leben etwa 90 Eier ablegen.

Geschichte: Läuse haben den Menschen wahrschein­lich während seiner gesamten Evolution begleitet . Nissenfand man bereits an den Kopfhaaren von Mumien ausÄgypten wie aus präkolumbianischer Zeit sowie vonIndianern aus prähistorischer Zeit im Südwesten derVereinigten Staaten. Bei vielen Volksstämmen wurdendie erbeuteten Läuse verspeist. Aufgrund der mangel­haften hygienischen Verhältnisse war im Mittelalter einemehr oder weniger starke Verlausung normal. Eine nach­haltige und zunehmende Besserung dürfte erst im ver­gangenen Jahrhundert eingetreten sein. Bei selten auf­tretendem sehr starken Befall kann ein "Weichselzopf"dadurch entstehen, dass bei der Nissenbildung zahlreicheHaare miteinander verkleben und dies durch Ekzemeund Einwuchern "wilden Fleisches" noch verstärktwird.

Die Embryonalentwicklung der Kopflaus dauert etwa8 Tage, die Entwicklung von Ei zu Ei etwa 3 Wochen,wobei die Entwicklungsdauer von der Temperatur undLuftfeuchtigkeit abhängt. Aus dem Ei schlüpft dieschwer im Haar zu findende nur I mm lange Larve. Überzwei weitere Entwicklungstadien entstehen schließlichdie geschlechtsreifen Tiere. Die Stichwirkungen entspre­chen denen bei Befall durch Kleiderläuse.

Die Epidemiologie der Kopflaus ist in den letztenJahrzehnten intensiver als früher und weltweit verfolgtworden. Dabei hat sich gezeigt, dass die Zunahme desKopflausbefalls in den letzten 20 Jahren kein nationales,sondern ein weltweites Phänomen ist. Das Auftreten vonKopfläusen hat zumindest in Deutschland nichts miteinem Mangel an geeigneten Bekämpfungsmitteln oderder Entstehung resistenter Läusestämme oder der Ein­schleppung durch Gastarbeiter und Flüchtlinge zu tun,sondern mit Schwierigkeiten bei der Eindämmung derEinschleppung aus Problemfamilien, die sich jeder Be­kämpfungsaktion widersetzen , weil sie keinen Sinn darinsehen oder sich nur gegen jegliche Obrigkeit auflehnen.Aus diesem Grunde können immer wieder Kopfläuse inKindergärten und Schulen eingeschleppt werden. EineUntersuchung durch das Bundesgesundheitsamt Endeder 70er Jahre ergab, dass die Zunahme des Kopflausbe­falls nicht auf die Großstädte beschränkt war, sonderngleichermaßen in Kleinstädten und ländlichen Gebietenbeobachtet wurde. Unter 27600 von Kopfläusen be­fallenen Personen waren 17% 0-5 Jahre alt, 44% 5-10Jahre alt, 24% 10-15 Jahre alt und nur 4% 15-20 Jahrealt. Am stärksten befallen war demnach die Altersgruppeder 5-IO-jährigen Kinder, wobei Mädchen und Jungenetwa gleichstark infiziert waren . In der Gruppe der20-40-jährigen waren Frauen 3-5-mal stärker als Män­ner befallen. Ganz im Gegensatz zu einem weit ver­breiteten Vorurteil waren Schüler wie Erwachsene, dieaus dem Mittelmeergebiet stammten, erheblich wenigerinfiziert als deutschstämmige Kinder und Erwachsene.Ebenso wie man dies bereits in anderen europäischenLändern und den USA beobachtet hatte, kam es nachder Einschleppung von Kopfläusen in Kindergärten,Schulheimen und Sommerlagern zu einer weiträumigenAusbreitung der Läuse. Die Verlausung war generellnach den Sommerferien und im Herbst erhöht.

Kopflausbefall fällt unter das Bundes-Seuchengesetz !Wenn in Kindergärten, Schulen, Jugendwohnheimen, Fe-

20.3 Lästlinge und Krankheitserreger 643

rienlagern und ähnlichen Einrichtungen Läusebefall auf­tritt oder zu vermuten ist, so muss dies nach § 48 Abs. 2vom Leiter der betreffenden Einrichtung sofort demzuständigen Gesundheitsamt gemeldet werden. Nach§ 45 Abs. I dürfen Schüler, Lehrer und andere an einerSchule tätige Personen, wenn sie Läusebefall aufweisen,so lange nicht mehr am Unterricht und anderen Ver­anstaltungen der Schule teilnehmen, bis nach dem Urteildes behandelnden Arztes oder des Gesundheitsamteseine Weiterverbreitung der Verlausung durch die be­treffenden Personen nicht mehr zu befürchten ist.

Bekämpfung: Kopfläuse und ihrer Eier (Nissen) kön­nen heute sehr einfach mithilfe von insektizidhaitigenShampoos bekämpft werden. Während der Schwanger­schaft und der Stillzeit sollten diese Mittel nicht ange­wandt werden.

Die Filzlaus

Die Filz- oder Schamlaus Phthirus pubis ist weltweitverbreitet. Sie lebt, wie der Name Schamlaus schonandeutet, im Allgemeinen an den Schamhaaren, kannaber auch an den Achselhaaren, Wimpern, Augenbrauenauftreten.

Die Filzlaus ist wegen ihrer charakteristischen Kör­perform leicht von Kopf und Kleiderlaus zu unterschei­den. Die an Haare angeklebten Eier (Nissen) ähnelndenen der Kopflaus (Abb. 20-4). Die Weibchen könnenbis zu 26 Tage alt werden und legen insgesamt etwa 30Eier ab. Nach einer 5-8 Tage dauernden Embryonalent­wicklung schlüpfen die Larven aus den Eiern. Filzläusedurchlaufen die gesamte Entwicklung in etwa 25 Tagen.

Filzläuse saugen immer an der gleichen KörpersteIleihres Wirtes. Sie vertragen weder Hunger noch das Ent­fernen vom Körper des Wirtes. Man nimmt an, dass dieAusbreitung der Filzlaus von einer Person zur anderenvorwiegend beim Geschlechtsverkehr erfolgt. Die Sticheverursachen bei den meisten Menschen einen geringerenJuckreiz als die der Kopf und Kleiderläuse. Der Speicheldieser Laus verändert das Hämoglobin so, dass es bläu­lich erscheint. Auf diese Weise entstehen an den Stich­stellen bläuliche Flecken, franz. taches bleux genannt.

Die Bekämpfung der Filzlaus erfolgt nicht mehr mitder berühmten quecksilberhaItigen "grauen Salbe" frü­herer Zeiten, sondern mit Insektiziden.

20.3.3 Wanzen

Die Bettwanze

Die Bettwanze Cimex lectularius ist weltweit verbreitet.Da sie eine Vorzugstemperatur von 27 "C hat und Kältenur kurzfristig verträgt, nimmt man an, dass sie auswärmeren Gegenden bei uns eingewandert ist. Ihr Vor­kommen ist auf den Wohnbereich des Menschen und aufHühnerställe beschränkt. Die Bettwanze saugt nicht nurbeim Menschen Blut, sondern auch bei Haustieren, vorallem beim Geflügel sowie bei Sperlingen, Staren,Schwalben und Fledermäusen. Da der Körper der Bett­wanze dorsoventral abgeplattet ist (Abb. 20-5), hat mansie im Volksmund .Tapetenflunder" genannt. Der Kopfhat zwei vorstehende Komplexaugen und viergliedrige

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Abb.20-5: Bettwanze. A Habitus. B Nach Wanzenstichenentstandene Quaddeln aufeiner Hand. (A nach Smith 1973, Bnach Martini 1952)

Fühler. Der gerade Rüssel liegt in Ruhe ventral demKopf und Prothorax an. Vordem Stich wird er nach vomgeklappt. Die als Stechborsten dienenden Mandibelnund Maxillen sind jeweils mit zwei Längsrinnen ver­sehen, liegen eng aneinander und bilden gemeinsam einDoppelrohr. In einem Rohr wird der Speichel mithilfeeiner besonderen Speichelpumpe in den Stichkanal ge­pumpt , während im anderen die Blutnahrung in denMitteldarm befördert wird (Abb. 4-3). Die Stechborstenwerden vom 3-gliedrigen Labium umgeben; dieses istnach vorn offen. Sinneshaare an der Spitze des Labiumsdienen der Nahorientierung auf dem Wirt. Beim Stech­akt dringt das Labium nicht in die Haut des Wirtes ein,sondern dient als Führung für die Stechborsten . DerKopf sitzt breit dem seitlich etwas vorgezogenen Pro­thorax an (Abb, 20-5). Der Mesothorax hat sehr kleineFlügelrudimente, während am Metathorax weder Flügelnoch Flügelrudimente vorhanden sind. Die Männchensind etwas schlanker als die Weibchen und haben amHinterende einen kleinen, dolchartigen Kopulat ionsap­parat. Das Sekret der an den Hüften der Hinterbeinemündenden Stinkdrüsen wird bei Beunruhigung abge­geben und hat einen charakteristischen, unangenehmenGeruch, der von Aldehyden und Ketonen verursachtwird.

Ein Weibchen legt täglich etwa zwei bis drei I mmlange Eier, insgesamt 200, die zusammen mit Kot in denVerstecken abgesetzt und mit einem wasserlöslichen Sek­ret angeklebt werden. Die Bettwanze entwickelt sichhemimetabol, d.h. die kleinen Wanzen ähneln den Er­wachsenen. Das erwachsene Stadium wird über 5 Häu-

tungen erreicht. Zwischen den Häutungen ist jeweilsmindestens eine Blutmahlzeit erforderlich. Die gesamteEntwicklung dauert bei 25°C etwa 4-6 Wochen; Ima­gines können in Gefangenschaft über ein Jahr alt wer­den.

Die Bettwanze ist nachts aktiv und versteckt sichwährend des Tages in Ritzen alIer Art, hinter losenTapeten, hinter Bildern, unter BettgestelIen, Büchernusw.; sie meidet nasse und kalte StelIen. Kälte verträgt sieohne weiteres, Feuchte und Hitze dagegen nicht. Hungererträgt die Bettwanze bei niedrigen Temperaturen etwaein halbes Jahr. Bei Hunger können die Wanzen erstaun­lich weite Wanderungen unternehmen.

Die Bettwanze ist ein ausgesprochener Lästling durchdas Blutsaugen. Wegen der Feinheit der Stechborstenspürt man beim Einstich keinen Schmerz. Die Stichwir­kung ist individuelI recht verschieden und kann volI­ständig fehlen. Im alIgemeinen reagiert die Haut auf dieim Speichel enthaltenen Proteine mit der Bildung einerstark juckenden Quaddel (Abb. 20-5). Bei häufigen Sti­chen kann es entweder zu alIergischen Reaktionen kom­men oder es kann eine Gewöhnung einsetzen.

Krankheitsüberträger ist die Bettwanze anscheinendnicht.

Die Bekämpfung der Bettwanze ist mit den heutigenInsektiziden kein Problem mehr. Wichtig ist dabei dasEinsprühen alIer Verstecke und Wanderwege.

Weitere Wanzenarten

In subtropischen und tropischen Gebieten sind Cimex he­mipterus und C. rotundatus verbreitet. Sie saugen anMenschen, Hühnern und Fledermäusen Blut. DieSchwalbenwanze Oeciacus hirundinis kommt in Europain den Nestern der Mehlschwalbe vor. Sie überwintert inden Schwalbennestern und hungert bis zur Rückkehr derSchwalben vom Vogelzug. Bisweilen kann es vorkom­men, dass diese Arten in benachbarte Wohnungen wan­dern und zu einer Plage werden.

Immer wieder wird berichtet, dass Menschen gele­gentlich von räuberisch oder als Saftsauger lebendenWanzen gestochen werden, wenn sie diese unvorsichtiganfassen. Die Stiche von Rückenschwimmern der GattungNotonecta können die Wirkung eines Bienenstichs haben;daher nennen Fischer diese Wanze auch "Wasserbiene".

Große Raubwanzen (Reduviidae, Triatominae) kom­men in Süd- und Mittelamerika vor und sind Überträgerder Chagaskrankheit (Abb.20-19) . Die erwachsenenTriatominae sind bis zu 4,5 cm lang und im Gegensatz zuden Bettwanzen flugfähig . Die lange Vorderkopfpartiewird Rostrum genannt. Der Rüssel liegt in der Ruhe­stelIung an der Unterseite des Rostrums. Von den über100Arten leben die meisten im Wald. Nur etwa 40 Artenkommen im Wohnbereich des Menschen vor. Sie bevor­zugen Lehmhütten und GeflügelstälIe und kommen bis­weilen in enormer Zahl vor. Beim Abbruch einer Hüttewurden annähernd 8000 Wanzen gefunden. Tagsüberleben sie in ähnlichen Versteckenwie die Bettwanzen undsind nachts aktiv. Das Weibchen legt in Mauerritzen undandere Verstecke insgesamt etwa 200 Eier. Die hemime­taboie Entwicklung von Ei zu Ei benötigt etwa ein Jahr.Zwischen den Häutungen muss mindestens einmal Blutaufgenommen werden. Eine Larve ist in der Lage, aufeinmal das 6-12fache des eigenen Körpergewichts an

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cAbb. 20-6: Nicht blutsaugendeMücken. A Kopf des Männchens einerZuckmücke (Chironomidae) mit sehrstark entwickelten Antennen. BWeib­chen einer Zuckmücke mit kürzeren,nicht sostark behaarten Antennen. Die­se Mücken sind sehr klein. Viel auffal­lender sind die großen, langbeinigenSchnaken (0). Ihre Mundwerkzeuge sindnur zumAuflecken von Säften, nichtaber zum Stechen geeignet. DieVent­ralansicht (C) lässt dies deutlich erken-nen. Antennen und Maxillarpalpen sindder Übersichtlichkeit halber gekappt. (Aund B nach Smith 1973, Cnach Broh-mer 1988, D nach Weber 1933)

Blut aufzunehmen. Größere Tiere können 6- 12 Monatehungern. Da diese Wanzen den während des Schlafenszugedeckten Menschen vor allem ins Gesicht stechenund der Einstich kaum spürbar ist, werden sie .Jcissingbug" genannt. Sie stechen außerdem an Händen undFüßen. Die Hautreaktionen können sehr verschiedensein. Diese Triatomen saugen auch an Getlügel, Hundenund Schweinen sowie wildlebenden Säugetieren, wie bei­spielsweise Gür teltieren.

20.3.4 Diptera

Mücken sind als Blutsauger bekannt und gefürch­tet. Daher wird immer wieder angenommen, a lleMücken seien Blutsauger. Doch der überwiegendeTeil der Mückenarten saugt kein Blut. D ie großen,langbeinigen Schnaken (Tipulidae), die vomHerbst bis zum Frühjahr an sonnigen Tagenschwä rmenden Wintermücken (Trichoceridae) unddie von H aus- und St raßenbeleuchtung in derN ähe von Gewässern in Unmassen angelocktenkleinen Zuckmücken (C hiro nom idae) sind bei ­spielsweise keine Blutsauger (Abb. 20-6). Unterden blutsaugenden Arten ben ötigen nur die Weib­chen in Zusammenhang m it der Eibildung Blut­nahrung, während die M ännchen lediglich Blü­tensäfte sa ugen. M ännchen und Weibchen lassensich bei den einheimischen Stechmücken leichtunterscheiden. Sind die Fühler m it auffallend lan­gen, in Wirteln stehenden H aaren versehen, sohandelt es sich um ein M än nch en; wenn die F üh­ler abe r nur mit relativ kurzen H aaren besetzt sind ,liegt ein Weibchen vor (A bb. 20-8).

Stechmücken

Stechmücken, Culicidae, sind an ihrem langen, nachvorne gerichteten Rüssel leicht erkennbar. Stechmückensind nicht nur Plagegeister, die man mithilfe von Repel-

20.3 Lästlinge und Krankheitserreger 645

lents (s. 20.2.2) vertreiben kann, sondern darüber hinausvor allem in tropischen und subtropischen GebietenÜberträger zahlreicher gefürchteter Krankheitserreger(s. u.). Die meisten Arten haben bestimmte Aktivität s­perioden. Manche Arten stechen nachts, andere tagsüber(s. a. Auftreten von Mikrofilarien im peripheren Blut,Abb. 20-21C). Darübe r hinaus haben manche Arten ei­genartige Stechgewohnheiten. Eretmapodites chrysoga­ster, eine in Ostafrika vorkommende Art , bevorzugt zumStechen eine auffallend enge vertikale Zone in einerHöhe von 20-60 cm über dem Boden. Wer im Verbrei­tungsgebiet dieser Art aufrecht steht, wird unterhalb desKnies, aber nicht am Fuß gestochen. Legt man sich aufden Bauch oder den Rücken, so wird man nicht gesto­chen; legt man sich aber auf die Seite, so wird manoberhalb etwa 30 cm heftig gestochen.

Der Rüssel der Stechmückenweibchen besteht aus ei­nem Bündel von Stechborsten (Abb. 20-8),zu dem das un­paareLabrum,diepaarigen Mandibelnund Maxillensowieder unpaare Hypopharynx gehören. Alle Stechborstenwerden vom unpaaren , nach vorn offenen Labium umge­ben. Mandibeln und Maxillen besitzen distal feine Zähn­chen und können durch Muskelbewegungen in die Hautdes Wirtes dringen. Die Ränder des Labrums sind nachinnen umgebogen und und bilden somit ein relativ weit­lumiges Rohr (Abb. 4-2E ), durch das mithilfe vonPumpeinrichtungen am Vorderdarm Blut in den Mittel­darm befördert wird. Der Hypopharynx enthält ein fei­nes, den Speichel in die Stichwunde leitendes Rohr.

Arten der Gattung Anopheles, die nicht nur in denTropen, sondern auch in Deutschland vorkommen, legenihre Eier, die mit seitlichen Schwimmkammern versehensind (Abb.20-7), einzeln auf die Wasserobertläche desBrutgewässers. Bei einer Eiablage können bis über 400Eier abgegeben werden. Ein Weibchen kann währendseines Lebens bis zu 2500 Eier in etwa 10 Gelegenabsetzen. Die ausschlüpfenden Larven benötigen je nachTemperatur 2- 3 Wochen für die Entwicklung; die Pup­penzeit dauert weitere 3-5 Tage. Als Brutgewässer dienenmeistens die verkrauteten Ränder von stehenden Ge­wässern und Grä ben, bisweilenauch Wasseransammlun­gen von Baumhöhlen. Manche Arten bevorzugen für dieEntwicklung brackiges bis salzhaltiges Wasser. Einige

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646 20 Medizinische Entomologie

Anopheles Aedes Culex

Eier

Abb. 20-7: Unterschiede zwischenden Stadien der drei wichtigstenGattungender Stechmücken (Culi·cidae). (Nach Marshall 1938)

_____~I

~Larven

~1~

Weibchen

Arten sind in der Lage, mehrere Kilometer weit zuwandern . Die meisten Anopheles-Arten sind vorwiegendabends und frühmorgens akt iv. A. plumbeus sticht jedochtags und nachts. Einige Arten bevorzugen Großvieh undhalten sich auch zur Überwinterung in Stallungen auf. A.maculipennis und A. messeae saugen auch im Winternoch Blut.

Die Hausmücken der Gattungen Culex und Culiseta.Culex-Arten sind kleine, unscheinbare Mücken, mit hei­len Bändern quer über dem Hinterleib , dunklen Beinensowie einfarbig grauen Flügeln; ihr Flugton hat gleicheHöhe. Culiseta (Theobaldia) annulata ist dagegen einegroße Mücke von schwarzgrauer Farbe mit weißen Quer­binden , mit weiß geringelten Beinen und dunklen Farb­tupfen auf den Flügeln; ihr Flug ist durch rasche Wen­dungen und eine damit zusammenhängende ungleicheHöhe des Flugtons gekennzeichnet. In der Lebensweisestimmen beide Arten überein. Sie sind eng an mensch­liche Siedlungen gebunden und wandern nicht ; Brut­stätten, Überwinterungsmöglichkeiten und Blutspenderliegen dicht nebeneinander. Beide Arten bevorzugen ver­unreinigtes Wasser zum Brüten und kommen mit klein­sten Wasseransammlungen als Brutgewässer aus. Sie brü­ten daher sowohl in Regentonnen, Kanistern, Büchsen,Dachrinnen, Wassertrögen , Gräben , Tümpeln, Teichenund Jauchegruben als auch in der Kanalisation, in Kel­lerschächten , Brunnen , usw.. Die Weibchen dieser Stech­mücken überwintern in nicht zu trockenen Kellern,Schuppen, Scheunen, Lauben , Schächten , Brennholz­stapein, Reisighaufen usw.. Nimmt im Herbst die Kühlezu, so fliegen diese Mücken auch in Wohnungen, wo sievielfach noch eine letzte Blutmahlzeit vor der Winterruhezu ergattern suchen. Die Männchen sterben im Herbst

nach der Begattung der Weibchen. Im Frühjahr verlassendie Weibchen wieder das Winterquartier und beginnenmit der Eiablage. Die etwa 150-300 Eier eines Gelegeswerden zu einem gewölbten , schiffchenartigen Gebildeverklebt, das auf der Wasseroberfläche schwimmt (Abb.20-7); die Deckel der einzelnen Eier befinden sich auf derdem Wasser zugekehrten Unterseite , sodass die schlüp­fenden Larven sofort ins Wasser gelangen . Die Larven­stadien werden in 2-3 Wochen durchlaufen; das Puppen­stadium dauert wenige Tage. Da während des Sommersgenügend Brutgewässer vorhanden sind, können bis zumHerbst zahlreiche Generationen zustandekommen. We­gen der geringen Tendenz zum Wandern muss man beiden Hausrnücken die Ursache einer Plage in unmittel­barer Nähe suchen und kann dann versuchen, dieseauszuschalten. Nur bei diesen Stechmücken ist eine Ver­nichtung der Überwinterungsstadien möglich.

Die von Culex pipiens verursachten Belästigungensind bei weitem nicht mit den Plagen durch Aedes-Artenzu vergleichen. Dies hängt u. a. auch damit zusammen,dass C. pipiens Vogelblut gegenüber Menschenblut be­vorzugt. Autogene Stämme benötigen bei hinreichenderErnährung während des Larvenstadiums kein Blut mehrfür die Bildung entwicklungsfähiger Eier, legen aber we­niger Eier als Weibchen nach einer Blutmahlzeit.

Neben den bisher genannten beiden Arten gibt es inbeiden Gattungen noch eine Reihe weiterer Arten, dieaußerhalb menschlicher Siedlungen leben. C. quinquefas­ciatus hat eine enorme Verbreitung in den ausuferndenSiumgebieten tropischer Großstädte erreicht und ist inden Tropen, mit Ausnahme der pazifischen Regionen,der wichtigste Überträger von Filarien der Gattung Wu­chereria (Abb. 20-21).

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20.3 lästlinge und Krankheitserreger 647

Hyper­Pharynx

A

Fronto­c1ypeus

Palpusmaxillaris

H- ----,H1'-- Stechborsten ­bündel

Labellummit Sinneshaaren

Abb. 20·8: ADer Stechrüssel derStechmücken besteht aus Stechbors­ten und dem in der Ruhe als Hülle undbeim Stechen als Führung fungierendenlabium. B Bei den Gattungen Aedes(links Weibchen) und Anopheles (rechtsWeibchen und Männchen) sind dieMaxillartaster unterschiedlich gebaut.(Nach Peus 1950)

B

Die Wald- und Wiesenmüeken überwintern im Ei­stadium. Die Eier (Abb. 20-7) werden nicht auf der Ober­fläche von Gewässern, sondern verstreut an Stellen abge­legt, die im Frühjahr zeitweise überflutet werden. Nachder Ablage von etwa 100 Eiern sterben die Weibchen. DieEier bleiben im Herbst und Winter in einer Diapause. Siesind in dieser Zeit widerstandsfähig gegen Trockenheit,Hitze und Kälte. Für das Schlüpfen der Larven imFrühjahr sind ausschlaggebend eine Überschwemmung,eine Temperaturerhöhung und das Absinken des Sauer­stoffgehalts im Brutgewässer. Aus vielen Eiern schlüpfendie Larven nicht sogleich, sondern verharren weiter inDiapause; dies bezeichnet man als "überliegen". Aufdiese Weise bleibt für den Fall einer vollständigen oderteilweisen Vernichtung der zuerst geschlüpften Popula­tion eine Reserve erhalten. Die Entwicklung der Stech­mücken erfolgt über vier Larvenstadien und ein Puppen­stadium zu den Adulten. Im Herbst sterben die Adultenund nur die Eier überdauern den Winter.

Die so genannten "Waldmüeken", wie Aedes cantans,A. punctor und A. communis, legen ihre Eier einzeln auffeuchtem Boden in sumpfigen Waldgebieten, vor allemErlenbruchwäldern ab. Sobald während der Schnee­schmelze im zeitigen Frühjahr der Wasserspiegel steigt ,

können die Larven schon bei Wassertemperaturen von2-5 "C aus den Eiern schlüpfen und anschließend ihreLarvenzeit bis Ende April durchlaufen. Bekämpfungs­maßnahmen sind während dieser Zeit am sinnvollsten.Anfang Mai bis Juli können die stechlustigen Weibcheneine Plage in den feuchten Wäldern sein. Im Gegensatzzu den "Wiesenmücken" neigen die "Waldmücken" nichtzu Wanderungen. Bleiben Überschwemmungen aus, sokönnen die Eier bis zu mehreren Jahren "überliegen",ohne ihre Schlüpffähigkeit einzubüßen.

Die Überschwemmungswiesen bewohnenden "Wie­senmüeken" sind ebenfalls Aedes-Arten. In Deutschlandist A. vexans der schlimmste Plageerreger. Auch dieseMücken überwintern auf dem Eistadium und entwickelnsich nach der Uberflutung bei geeigneten Temperaturenim Frühjahr. Die ersten Mückenplagen beginnen imFrühjahr. In regenreichen Sommern kann bei erneutsteigendem Wasserstand eine zweite Mückenplage ab Juliauftreten. Die Bewässerung von Wiesen fördert die Ent­wicklung von A. vexans in besonderem Maße. Für diegesamte Entwicklung sind im Sommer nur 8-12 Tageerforderlich. In trockenen Sommern überdauern die Eierbis zum folgenden Frühjahr. Sie können sogar mehr alsdrei Jahre "überliegen". In Auwäldern kommt vor allem

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Aedes sticticus, auf feuchten Wiesen herrscht A. vexansvor. Diese Arten führen im Sommer ausgedehnte Wande­rungen bis zu 10-20 km Entfernung durch und können inbenachbarten Dörfern und Städten zu einer Plage wer­den .

Mücken abschreckende Mittel (Repellents) : In denvergangenen Jahren ist immer wieder empfohlen worden ,Vitamin BI zum Schutz gegen Mückenstiche einzuneh­men. Kontrollversuche haben gezeigt, dass dieses Mittelvöllig unbrauchbar ist. Als Repellent hat sich am bestenDimethylphthalat bewährt. Es wurde gegen Ende des2. Weltkriegs in den USA aus über 10000 chemischenVerbindungen als besonders geeignet ausgewählt. Hatman die Haut damit eingerieben, so gewährt es je nachMückenart bis zu 6 Stunden Schutz vor den Stichversu­chen der verschiedensten Mücken . Sobald die Mücke mitihren chemosensorischen Haaren dieses Mittel wahr­nimmt, erfolgt eine heftige Fluchtreaktion. Dimethyl­phthalat wird in großen Mengen als Lösungsmittel inder Kunststoffindustrie verwendet und ist daher sehrbillig. Es darf nicht auf kunststoffhaltige Kleidung, Uhr­gläser usw. geraten . Dimethylphthalat ist nicht giftig,reizt aber die Schleimhäute, wenn es beispielsweise an dieAugen gerät. In geringem Maße wird auch Diäthyl­toluamid, in Isopropylalkohol gelöst , als Repellent be­nutzt.

Seit einiger Zeit wird in .Autan", einem beliebtenRepellent , Hydroxyethyl-isobutyl-piperidin-carboxylatals wirksame Verbindung verwendet.

Neuerdings sucht man nach möglichst einfach anzu­wendenden und preiswerten Verfahren . So hängt man inden Tropen mit einem Insektizid imprägnierte Mos­kitonetze vor Türen und Fenster, um den nächtlichenEinflug von Stechmücken in die Wohnräume zu unter­binden . Diese Netze müssen nach etwa 6 Monaten er­neut imprägniert werden .

Mansoniarichiardii. Der früher verwendete Gattungs­name Taeniorhynchus ist nicht mehr gültig . Die Weibchenvon M. richiardii legen im August/September zu einemSchiffchen vereinigte Eier auf der Wasseroberfläche vege­tationsreicher, nicht austrocknender Brutgewässer ab.Larven und Puppen dieser Art kommen im Gegensatz zuden übrigen einheimischen Stechmückenlarven zur Sau­erstoffbeschaffung nicht an die Wasseroberfläche, son­dern bohren mithilfe von Sägezähnen am Atemrohr oderan den Atemhörnchen Wasserpflanzen an und entneh­men diesen Sauerstoff. Man sonia hat nur eine Generationpro Jahr. Die Mücken schlüpfen im Juni/Juli . Die Weib­chen sind bei Tag und Nacht sehr zudringlich und kön­nen in den Brutgebieten bei massenhaftem Vorkommeneine Plage sein.

Simuliidae (Kriebelmücken)

Die Kriebelmücken sind klein, nur etwa 4--5mm lang,dunkelgefärbt und erinnern durch ihren gedrungenen,durch das aufgewölbte Scutum bucklig erscheinendenHabitus, die kurzen Beine und die breiten, schuppen­losen Flügel mehr an eine Fliege als an eine Mücke(Abb, 20-9C). Die Augen sind auffallend groß . Die horn­förmigen Antennen haben 9-12 Glieder, bei den meistenArten II Glieder. Bei den Blut saugenden Weibchenweisen die Spitzen der Maxillen und Mandibeln Zähn­chen auf, die bei den nicht Blut saugenden Männchen

fehlen. Ebenso wie bei den Stechmücken gibt es auch beiKriebelmücken autogene Formen, deren Weibchen, ohneBlut aufgenommen zu haben, entweder nur den erstenSatz Eier oder sämtliche Eier bilden können . Unter denblutsaugenden Arten sind manche nicht wählerisch, wäh­rend andere Vögel oder Säugetiere bevorzugen . DerMensch wird von keiner Art sonderlich bevorzugt. Krie­belmücken sind gute Flieger und wurden in manchenFällen kilometerweit von ihren Brutgewässern entferntangetroffen. Da Kriebelmücken in Höhen von 1500 mgefangen wurden, nimmt man an, dass weite Wanderun­gen wohl auch durch Verdriften unterstützt werdenkönnten. In Europa und Nordamerika schlüpft die alsLarve überwinternde Generation im Frühjahr massen­haft, sobald im Brutgewässer ein Temperaturanstieg er­folgt und werden so zu einer Plage für Mensch und Vieh.Odagmia ornata kann auch in verschmutzten, verkraute­ten Gewässern zur Massenvermehrung kommen . Hierfürkönnte sowohl das erhöhte Nahrungsangebot als auchdas Verschwinden von Räubern verantwortlich sein.

Kriebelmücken stechen wohl wegen ihrer vorwiegendoptischen Orientierung fast stets am Tage. Manche Artenbevorzugen bestimmte Körperstellen ihrer Wirte, bei­spielsweise nur die Ohren oder nur die Bauchregion. DieBlutaufnahme dauert relativ lange, im Allgemeinen 4--6Minuten, bisweilen bis zu einer Stunde. Sie erfolgt imAbstand von wenigen Tagen; bisweilen saugen auch dieWeibchen Blütennektar.

Die Stichwirkung kann sehr verschieden sein undhängt in starkem Maße von der Gewöhnung ab. Daherleidet Rindvieh, vor allem Jungvieh, das zum ersten Malauf die Weide kommt, im Frühjahr besonders stark untermassenhaften Stichen. Neben Stichwirkungen undSchorfbildungen besonders in der Bauchregion, bei Kü­hen in der Euterregion, bei Bullen in der Skrotumregion,können vorwiegend bei Jungtieren sogar Todesfalledurch heftige allergische Reaktionen vorkommen. Inmanchen Gebieten kann wegen des massenhaften Vor­kommens von Kriebelmücken Viehzucht unmöglich sein.Beim Menschen führt der Stich von Kriebelmücken häu­fig zur Bildung ungewöhnlich großer, stark juckenderQuaddeln und schmerzhafter Schwellungen in der Um­gebung der Stichstelle, in Extremfällen auch zu Schwä­cheanfallen und Schüttelfrost.

Die Entwicklung der Kriebelmücken findet im Was­ser schnell fließender Bäche oder FIüsse statt; einigeafrikanische Arten entwickeln sich auch in stehendenGewässern. Die Eier werden an Wasserpflanzen undSteinen in Gruppen zu 150-600 Stück abgelegt. Dielanggestreckten, flaschenförmigen Larven sondern aufPflanzen, Steinen und anderen Substraten überaus kleb­fähigen Schleim ab und halten sich daran mithilfe zahl­reicher kleiner Cuticulahäkchen am Hinterende fest(Abb.20-9D). Am Kopf sind neben den Mundwerk­zeugen ein Paar charakteristische, auffallende Fächervorhanden, die keine Wasserströmung erzeugen, sondernpassiv aus dem vorbeiströmenden Wasser Nahrungs­partikel herausfiItrieren und diese von Zeit zu Zeit mit­hilfe der Mandibeln zur Mundöffnung transportieren.Am Thorax ist ein Fußstummel vorhanden, sodass sichdie Larven egelartig fortbewegen können. Die Larvendurchlaufen 6--8 Stadien. Ihre Entwicklungsdauer hängtvon der Temperatur des Brutgewässers ab. In den Tropendauert sie nur 1-2 Wochen. In Deutschland sind 2-3

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20.3 Lästlinge und Krankheitserreger 649

co - Flügelanlage' ''-'''7' --fI

E

Fächer

oB

Abb. 20-9: Gnitzen und Kriebel­mücken. Gnitzen (Ceratopogoni­dae) sind außerordentlich kleine, nur'-4 mm lange, mit charakteristisch ge­fleckten Flügeln versehene, vor allem insubarktischen Gebieten massenhaft auf­tretende Blutsauger. A Weibchen vonCu/icoides obso/etus. BBeinlose Gnit­zen larve. Die Kriebelmücken (Simu­liidae) sehen aufden ersten Blick we­gen ihrer gedrungenen Gestalt fliegen­artig aus und sind ebenfalls klein, nur4-5mm lang. CWeibchen von Simu/iumdamnosum in Seitenansicht. D Dorsa­lansicht einer Larve. Die Larven leben inFließgewässern, wo sie mit ihren fächer­förmigen Kopfanhängen Algen und De­tritus aus dem Wasser filtern und sichmit einem Hakenkranz am Hinterende(hier nicht sichtbar) und klebrigemSchleim an Pflanzen und Steinen fest­heften. E Die Puppen sind durch einenvon der Larve gesponnenen Köcher anPflanzen verankert und mitauffallendenKiemenfäden sowie Augen- und Flügel­anlagen versehen. (A, B nach Guze­witsch 1956, Cnach Crosskey 1973,Dnach Martini 1946)

Generationen während des Sommers möglich. Die Über­winterung erfolgt auf dem Larvenstadium. Zur Verpup­pung spinnt die Larve einen tütenförmigen Kokon, mitdem sie sich nahe der Wasseroberfläche an Wasserpflan­zen oder Steinen festheftet. Die Puppe hat charakte­ristische, fadenförmige Kiemen (Abb. 20-9E).

Psychodidae und Phlebotomidae

Seit 1964 unterscheidet man statt der früheren Gesamt­gruppe Psychodidae zwei Familien, Psychodidae(Schmetterlingsmücken) und Phlebotomidae (Sandrnü­cken). Beide wurden wegen ihrer auffallenden Behaarungan Körper und Flügeln als Schmetterlingsmücken be­zeichnet (Abb. 20-17). Die Psychodidae (moth-flies) sindkeine Blutsauger, da ihr kurzer Rüssel nicht als Stech­organ dienen kann . In Ruhe halten sie die Flügel dach­förmig angeordnet. Psychoda-Arten kommen bei uns vorallem auf Aborten und massenhaft in Kläranlagen vor;in letzteren finden die Larven an den von Bakterienbewachsenen Schlacken gute Entwicklungsbedingun­gen.

Die Phlebotomidae haben kräftige, stechende Mund­werkzeuge mit 5-gliedrigen Tastern , die länger sind alsder Stechapparat. Die Flügel werden von diesen sehrkleinen Mücken nicht dachförmig, sondern erhoben"wie bei Engelchen" getragen (Abb. 20-17). Die Phlebo­tomidae haben, im Gegensatz zu den Psychodidae, keineoder nur eine reduzierte Analader und eine geringereBehaarung der Flügel. Zu den Phlebotomidae, die vor­wiegend in den Tropen und Subtropen vorkommen, ge­hören inzwischen mehr als 530 Arten , von denen die

Hälfte in Amerika vorkommt. Von medizinischer Bedeu­tung sind die Gattungen Phlebotomus und Sergentomyiain der Alten Welt und Lutzomyia in Amerika.

Als Brutplätze dienen dunkle und feuchte, aber nichtnasse Höhlen , Erdspalten, Schutthaufen sowie Bautenvon Nagern . Neuerdings hat sich herausgestellt , dassauch Vieh- und vor allem Hühnerställe den Phlebotomenwährend der Blutverdauung als Ruheplatz und manchenArten auch als Brutstätten dienen. Hühnerdung dienthierbei nicht als Larvennahrung. Die Larven der Phlebo­tomen fressen organische Substanzen , einschließlich In­sektenresten und Abfällen. Daher finden manche Artenin menschlichen Siedlungen der Tropen und Subtropensehr günstige Entwicklungsbedingungen und können alsImagines zu einer Plage werden. Die Entwicklung vonder Eiablage bis zum Schlüpfen der Mücke kann etwasmehr als 4 Wochen dauern.

Ebenso wie bei den Stechmücken saugen auch bei denSandrnücken nur die Weibchen Blut. Tagsüber ruhen dieTiere, nachts sind sie aktiv, vor allem an warmen , wind­stillen und feuchten Abenden. Phlebotomen bleiben imallgemeinen in unmittelbarer Nähe ihrer Brutplätze. Siestechen vorwiegend an Stellen mit dünner Haut im Ge­sicht und Nacken , an Händen , Füßen und Knöcheln .Die Stichstellen jucken stark und längere Zeit. Nur we­nige Arten saugen am Menschen . Bevorzugt werdenHühner und andere Vögel sowie Reptilien. Die Wirts­spezifität ist bei einigen Arten gering. Phlebotomus papa­tasi hat in Südeuropa zwei Flugzeiten, im Juni und imAugust bis September. Die Sandrnücken wurden im Mit­telmeergebiet nach dem 2. Weltkrieg durch die lang­fristige und großräumige Bekämpfung der Malaria über-

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tragenen Mücken gleichfalls vernichtet. Die nachlassen­den Bekämpfungsaktionen und die zunehmende Insekti­zidresistenz haben auch bei den Phlebotomen wieder zueiner Zunahme dieser Mücken geführt.

Ceratopogonidae (Gnitzen)

Die Gnitzen sind kleine bis sehr kleine Mücken von1-4 mm Länge (Abb.20-9A). Wegen dieser geringenGröße benötigt man vor allem in Tundragebieten imhohen Norden Europas, Asiens und Nordamerikas, wosie massenhaft auftreten können, Mückennetze mit be­sonders engen Maschen. Von den etwa 50 Gattungensind nur 4 Gattungen medizinisch als Blutsauger undÜberträger von Krankheitserregern beim Menschen undbei Säugetieren von Interesse : Culicoides ist mit etwa 800Arten weltweit verbreitet.

Die Larven (Abb. 20-9 B) entwickeln sich in feuchtemBoden oder am Rande von Gewässern , auch in bracki­gem Wasser und in Meerwasser sowie in den Tropenauch in Blattachselwasser von Pflanzen. Auch in dieserGruppe saugen nur die Weibchen mit ihrem kurzenStechrüssel Blut. Die meisten Arten stechen in denAbend- und Nachtstunden. Die Stiche verursachen eil)unangenehmes Brennen .

Tabanidae (Bremsen)

Bremsen sind schnelle und geschickte Flieger mit auf­fallend gefärbten Augen und hornähnlichen Fühlern.Auch in dieser Gruppe sind nur die Weibchen Blutsauger.Ihre recht klobigen Mundwerkzeuge verursachenschmerzhafte Stiche. Weltweit gibt es über 3000 Arten .Als Plagegeister des Menschen kommen nur drei Gattun­gen in Frage : Tabanus, die eigentlichen Bremsen, eng!.horse-flies, mit glasklaren Flügeln und einheitlich gefärb­ten oder mit Querbanden versehenen Augen; Haemato­pota (Abb. 20-IOA) , Regenbremsen oder blinde Fliegenmit gefleckten Flügeln und einer zickzackförmigen Au­genfärbung; Chrysops, deren Flügel ein breites, getöntesBand und deren Augen eine fleckenhaft verteilte Färbungaufweisen . Blutdürstige Weibchen von Bremsen könnenrasant und hartnäckig angreifen und zu einer Plage fürMensch und Vieh werden. Sie sind sogar in der Lage,Reiter, Radfahrer usw. zu verfolgen . Die Larven ent­wickeln sich im schlammigen Uferbereich von Gräben,Teichen, Seen und Flüssen . Tabanidae können mecha­nisch, mit an den Mundwerkzeugen haftenden BlutrestenAnthrax- und Anaplasmose-Erreger übertragen. In Eu­ropa, Nordasien und Nordamerika verbreiten sie ge­meinsam mit Zecken die Tularaemie, eine Krankheit, diedurch das Bakterium Francisella (Pasteurella) tularenisverursacht wird. In Afrika sind Chrysops-Arten Vektoreneiner Filarie (Loa loa).

Hippoboscidae (Lausfliegen)

Die Lausfliegen erhielten ihren Namen, weil sie vongedrungener Gestalt sind und wie die Läuse sich ge­schickt mit ihren stämmigen, mit mächtigen Krallenversehenen Klammerbeinen im Haar- oder Federkleidihrer Wirte bewegen (Abb. 25-71 F) . Ihre Flügel könnenverschieden stark reduziert sein. Die Mundwerkzeuge

sind stechend-saugend. Die Lausfliegen legen keine Eier,sondern geben verpuppungsreife Larven ab.

Hippobosca equina die Pferdelausfliege ist geflügelt.Die Hirschlausfliege Lipoptena cervi bleibt im männ­lichen Geschlecht geflügelt, während die Weibchen nachErreichen eines Wirtes die Flügel abwerfen . Sie kommenbei verschiedenen Cervidae vor. Pseudolynchia maura istdurch Haustauben weltweit verbreitet. Die Schafslaus­fliege Melophagus ovinus, eng!. fälschlich sheep tick ge­nannt, hat keine Flügel, wird durch Kontakt übertragenund lebt während der gesamten Entwicklung auf demWirt ; die Puparien haften durch ein klebriges Sekret ander Schafwolle. Alle genannten Arten greifen bisweilenauch den Menschen an . So können Hirschlausfliegennach dem Abschuss eines Hirsches diesen verlassen undwomöglich massenhaft auf dem Jäger landen. Der Stichder Lausfliege ist schmerzhaft; unangenehm ist auch dasFestklammern an Haut und Haaren.

Glossinidae (Tsetsefliegen)

Die Tsetsefliegen werden meistens als Unterfamilie derMuscidae oder als Gattung der Stomoxyinae (Stech­fliegen) geführt. Die einzige Gattung, Glossina, kommtausschließlich in den subtropischen und tropi schen Ge­bieten Afrikas zwischen 5° nördlicher und 20° südlicherBreite vor. Tsetsefliegen halten die Flügel in Ruhestel­lung flach über dem Abdomen angeordnet (Abb. 25-74).Der Rüssel ist nach vorn gerichtet. Anders als bei an­deren Museiden hat die Arista auf der Antenne nur aufder Oberseite gefiederte Haare. Die Tsetsefliegen legenkeine Eier ab, sondern verpuppungsreife Larven, die im"Uterus" durch Drüsensekrete ernährt werden (Abb.1-36). Trotz ihres guten Flugvermögens führen die Tse­tsefliegen keine Wanderungen aus. Die Tsetsefliegenübertragen mehrere Trypanosoma-Arten, u. a. die Erre­ger der Schlafkrankheit und der Nagana (Abb. 20-18).

Muscidae und andere

Adulte Muscidae besitzen leckende, mit typischen Label­Ien versehene, oder stechende Mundwerkzeuge.

Die Stubenfliege Musca domestica legt etwa 2000 Eiervor allem in Dung ab. Aus den Eiern schlüpfen beinloseLarven , sog. Maden von 6-12 mm Länge, die sich nachzwei Häutungen in der Cuticula des 3. Larvenstadiumsverpuppen. Aus der tönnchenförrnigen Puppe schlüpftdie Imago durch einen kreisförrnigen Spalt in der Pup­penhülle (cyclorraph). Die Gesamtdauer der Entwick­lung ist temperaturabhängig und liegt zwischen 8 und 50Tagen. Zur Verschleppung von Krankheitserregern s.20.4.1.

Beim Wadenstecher Stomoxys calcitrans (Abb. 20-10)beträgt die gesamte Entwicklungszeit 27-37 Tage, nach­dem 60-100 Eier von den etwa 70 Tage lang lebens­fähigen Weibchen in Dung abgelegt wurden. Bei dieserArt saugen Männchen wie Weibchen Blut und habenneben ihrer Lästigkeit besondere Bedeutung als mechani­sche Überträger der Erreger des Milzbrandes, der in­fektiösen Anämie und anderer Krankheiten.

Die graue Fleischfliege Sarcophaga carnaria wird etwa10-16 mm lang . Die Weibchen setzen an Tierkadavernim Freien kleine, lebende Larven ab. Dies erfolgt auch anMenschen bei entsprechenden unhygienischen Umstän-

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Abb. 20·10: Drei Beispiele für Flie­gen mit medizinischer Bedeutung.ARegenbremsen Haematopota pluvialishaben auffallend große Augen undmehrgliedrige, hornartige Fühler. B DieStubenfliege Musca domestica undCder Wadenstecher Stomoxys calcitranshaben kurze, dreigliedrige Antennen.Beim Wadenstecher erkennt man deut­lich den nach vorn ragenden Stechrüssel(s. Abb. 25-73 E). (Anach Martini 1952,B, C nach Cloudsley-Thompson 1969)

A B c

den. Diese Larven kriechen dann in Körperöffnungen(Nase, After) und führen zum Krankheitsbild der Myia­sis. Im weiteren haben diese Fliegen als mechanischeÜberträger von verschiedenen Krankheitserregern großeBedeutung.

Die blaue SchmeißfliegeCalliphora erythrocephala die10-14 mm groß wird und ihre etwa 1000 Eier im all­gemeinen an Aas ablegt, kann ebenso wie Fliegen derGattung Sarcophaga zum Myiasis-Erreger werden.

In warmen Gebieten legen verschiedene Lucilia-Ar­ten, die sog. Goldfliegen, die als Adulte gold- bis blau­grün erscheinen, ihre Eier in Geschwüre, in den Gehör­gang und in die Nase von im Freien schlafenden Perso­nen. Die ausschlüpfenden Larven können schwere Schä­den verursachen; infolge Sepsis kann es sogar zuTodesfallen kommen.

20.3.5 Flöhe

Die Flöhe sind in beiden Geschlechtern Blut­sauger an Warmblütern, und zwar zu etwa 6% anVögeln und zu etwa 94% an Säugetieren. Sie sindwenig wirtsspezifisch, wohl aber bis zu einem ge­wissen Grade nesttypspezifisch . Flöhe sind seitlichabgeplattet und ohne deutliche Gliederung in diedrei Körperregionen. Sie können sich hervorra­gend, vor allem aufgrund ihrer schneepflugartigenForm und durch Staken mit ihren langen Beinen,zwischen den Haaren oder Federn ihrer Wirtebewegen. Ein Zurückrutschen wird durch dieschräg nach hinten gerichtete Beborstung, vor al­lem durch die aus Reihen dicker Borsten gebilde­ten "Kämme" verhindert. Die kurzen, keulenför­migen Antennen sind bei der Fortbewegung nichthinderlich , denn sie können in seitlich am Kopfvorhandene Gruben gelegt werden. Die langenMittel- und Hinterbeine dienen als Sprungbeine.Das Sprungvermögen ist beträchtlich (s. Kap. 9).Vogelflöhe erreichen Weiten bis zu 25 cm; vomMenschenfloh Pu/ex irritans wurden Sprungwei­ten bis zu 35 cm und Sprunghöhen bis zu 20 cmbeobachtet. Die fünfgliedrigen Tarsen sind mitstark gebogenen Krallen versehen, die hervorra­gend zum Festhalten an Haaren oder Federn eines

Wirtes geeignet sind. Da am Prätarsus keine Haft­einrichtungen vorhanden sind, bewegen sich dieFlöhe auf glatter Unterlage recht hilflos. AlleFlöhe sind flügellos (Abb, 20-11). Von den welt­weit etwa 1600-2000 beschriebenen Arten kom­men in Mitteleuropa etwa 80 Arten vor. Von die­sen sind aber nur 5-10 Arten von medizinischerund hygienischer Bedeutung .

Die Flöhe sind gelb- bis schwarzbraun gefärbt.Die Beborstung der Kopfregion ist für die Taxo­nomie von besonderer Bedeutung (Abb. 20-11).Augen fehlen entweder ganz oder sind nur in Formvon einem Paar Einzelaugen vorhanden, die dichtvor den Antennen liegen (Abb. 20-11). Die Pygi­dialplatte am Hinterende des Abdomens ist mitzahlreichen Trichobothrien versehen, die derWahrnehmung von Luftströmungen und damitder Wirtsfindung dienen dürften (Abb. 25-67).

Die stechend-saugenden Mundwerkzeuge sindrelativ klein. Beim Stich vollführen Flöhe fasteinen Kopfstand (Abb. 20-11). Es dringen nur Epi­pharynx und Lacinien (maxillare Stechborsten) indie Haut ein. Im Gegensatz zu anderen Blut­saugern wird der Floh beim Blutsaugen leichtgestört, sticht aber rasch wieder an anderer Stelle.Dadurch sind Flohstiche meist reihen- oder grup­penweise angeordnet. Beijedem erneuten Einstichjucken auch die früheren Stichstellen. Hase be­zeichnete dies als "Repetieren". So kommt es, dassbereits ein einzelner Floh den Eindruck erweckenkann, es seien zahlreiche Flöhe am Werke. DasKrabbeln der Flöhe auf der Haut, das Jucken, das"Repetieren" früherer Stichstellen und die ver­gebliche Suche nach den Urhebern können in be­trächtlichem Maße die Nachtruhe stören .

Die geradezu "chevalereske" Gestalt des Flohs und dasunruhige nächtliche Saugen im Bett haben dem Floh alseinzigem Blutsauger eine unerwartete literarische Bedeu­tung eingebracht. Bezeichnungen wie der "HauptmannHabhintenacht" sind charakteristisch. In der Literaturist immer wieder die unsinnige Aufassung zu finden, derFloh besuche fast ausschließlich Frauen und Mädchen.In ihrer Phantasie verwandelten sich Poeten in Flöhe undnäherten sich so unauffällig der Angebeteten im Bett.

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652 20 Medizinische Entomologie

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F

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G H

Abb. 20-11: Flöhe. Köpfe von:A Menschenfloh Pu/ex irritans, B Pest­floh Xenopsylla cheopis, C HundeflohCtenocephalides canis, 0 Katzenfloh C.felis, E Floh in Saugstellung. F-H Sand­floh Tunga penetrans. F NüchternesWeibchen, G, H zwei Entwicklungssta­dien desWeibchens in der Haut desWirtes. (A-Enach Peus 1938, F-H nachGeigyund Herbig 1955)

Ein gutes Beispiel liefert Wilhelm Busch in "TobiasKnopp : "Julchen": ,,0 wenn dein Busen sanft sich hebt ,o denk , dass dich mein Geist umschwebt , und kommtvielleicht ein kleiner Floh und krabbelt so, sei ruhigLiebchen, das bin ich, dein Dieterich, dein Dieterich."Daß man den Floh als unliebsamen Hausgenos sen zurGenüge kannte, zeigen auch viele Spr ichwörter: "In ei­nem feinen Hemd gibt es auch Flöhe." "Zum Flöhe­fangen und Studieren braucht man keine Gesellschaft. ""Magere Flöhe beißen scha rf." "Je fetter der Floh, destomagerer der Hund."

1823 behauptete Köchy, er habe in der Pari ser Nati o­nalbibliothek Goethes Dissertation "Juristische Abhand­lung über die Flöhe" gefunden. Er versuchte, dem al­ternd en Goethe diese "Jugendsünde" unterzuschieben.In Wirklichkeit handelte es sich um einen bereits 1635 inMarburg erschienenen Stud entenulk , die .D isputatio ju­ridica de pulicibu s". Da rin wurden Themen erörtert wie:Gehören die in einem Bett vorhandenen Flöhe zu denbeweglichen oder - ebenso wie das Bett - zu den unbe­weglichen Sachen? Darf man einen Floh in der Kirchetöt en, wenn man ihn dort fasst? Nach der HeiligenSchrift sei der Mann Herr seines Weibes und habe daherdas uneingeschränkte Recht zur Jagd nach Flöh en aufihrem Körper, da zu den Früchten eines Grundstück s dieJagd und der Vogelfang gehören. Wenn der Floh von derEhefrau auf deren Mann übergehe und diesen steche, sokönne der Mann auf widerrechtliches Viehweiden kla­gen.

In Unkenntnis der Biologie der Flöh e versuchte man ,

die Flöhe mit besonders konstru ierten, mit Honig be­köderten und in der Kleidung unte rgebrachten Fallen zufangen.

Flohstiche sind gekennzeichnet durch einen klei­nen, dunklen, unter Umständen mehrere Tagesichtbaren Punkt inmitten eines rötlichen, starkjuckenden Hofes. Die Rötung geht im Allgemei­nen rasch zurück, während das Jucken tagelanganhalten kann . Im einzelnen sind die Reaktionenauf Flohstiche wie bei aIlen Insektenstichen undaIlergischen Erscheinungen individuell sehr ver­schieden. Da Flöhe, wie bereits erwähnt, ihrenDarm mit Wirtsblut regelrecht durchspülen, tretenin Unterwäsche und Bettzeug kleine Blutfleckenauf.

Flöhe haben eine holometabole Entwicklung. Die etwaslän glichen, weißen Eier werden schubweise abgelegt; einWeibchen von Pu/ex irritans kann bis zu 450 Eier legen,ein Weibchen des Katzenflohs in Gruppen von 8- 10 proTag etwa 25 und insgesamt bis zu 1000 Eier. Die Larvenähneln manchen beinlosen Dipterenlarven (Abb. 25­68 A ). Die Larvenentwi cklung dauert bei Pu/ex irritansbei 18- 27 "C und 70-90% relativer Feuchte etwa 14Tage. Die Lar ven entwickeln sich bei den meisten Artenim Nest oder Lager des Wirtes oder in dessen Nähe. EineAusnahme bildet der Kaninchenfloh Spilopsyllus cuniculider permanent auf seinem Wirt lebt.

Erste Versuche zur Ernä hrung von Flohlarven führten

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schon Leeuwenhoek (1693) und Roesel von Rosenhof(1749) durch . Seither ist immer wieder behauptet wor­den, Flohlarven seien Allesfresser, die sich von Detritusund sogar kleineren Gliedertieren ernähren. So wurdebehauptet, um die Mitte des vorigen Jahrhunderts wärenin London die langen Röcke der Damen das Transport­mittel, um feinen, getrockneten Pferdemist als Nahrungder Flohlarven von den Straßen in die Wohnungen zubefördern . Erst neuerdings konnte nachgewiesen werden,dass der Detritus zwar als Substrat für die thigmotakti­sehen Flohlarven wichtig ist, aber als Nährsubstrat allen­falls in Notzeiten und mit schlechten Ergebnissen ver­wertet wird. In Wirklichkeit leben diese Larven in ersterLinie von eingetrockneten Blutresten. Die erwachsenenFlöhe saugen wesentlich mehr Blut als zur Darmfüllungnötig ist. Sie spülen ihren Darm regelrecht mit Blut unddas im Übermaß gesaugte Blut gelangt in das Nest derWirte. Nach dem Eintrocknen handelt es sich um geriefteStränge, die rasch zerbröseln und in Wasser leicht löslichsind. Sie werden durch das Sekret der Speicheldrüsen derLarven aufgelöst und anschließend verdaut. Das über­mäßige Blutsaugen der Imagines ist demnach keine Ver­schwendung, sondern eine besondere Art der Brut­pflege.

Verpuppungsreife Larven spinnen mithilfe eines inden ungewöhnlich großen Speicheldrüsen gebildeten Fa­dens einen Kokon. Dieser ist durch anhaftenden Detritusaus der Umgebung hervorragend getarnt. Die Puppen­ruhe dauert beim Menschenfloh etwa 7-10 Tage. InDeutschland benötigt diese Art für die gesamte Entwick­lung im Sommer 4 Wochen, im Winter etwa 6 Wochen.Eine bemerkenswerte Besonderheit ist die sog. Kokon­ruhe der Flöhe. Der Floh kann nach dem Schlüpfen ausder Puppenhülle noch im Kokon bleiben. Unklar ist,welche Faktoren für die Dauer und die Beendigung derKokonruhe verantwortlich sind. Erschütterungsreizescheinen dabei eine besondere Rolle zu spielen. Die Ko­konruhe kann kurz sein, kann aber auch über ein Jahrdauern . In lange Zeit nicht bewohnten und zuvor starkbefallenen Gebäuden kann es schlagartig zu massen­haftem Auftreten von Flöhen kommen, wenn diesegleichzeitig die Kokonruhe beenden.

Flöhe werden auch bei längerem Nahrungsmangelnicht zu Wanderungen veranlasst. Sie bleiben im Nest,Nistkasten oder Lager ihres Wirtes, auch wenn dieserlängere Zeit ausbleibt. Im Gegensatz dazu verlassenFlöhe, die das Haarkleid des Wirtes bewohnen, den Wirtrasch nach dessen Tod und suchen nach einem neuenWirt. Ein altes Sprichwort zeigt, dass dies auch für denMenschen gilt: "Wenn die Flöhe einen Menschen ver­lassen, ist er schwer krank. " Das rasche Abwandern derFlöhe von einem toten Wirt spielt auch in der Epidemio­logie der Pest eine besondere Rolle (s. 20.4.3).

Menschenfloh

Der Menschenfloh (Pu/ex irritans) ist an der extremdürftigen Beborstung der Kopfpartien (Glatze) und demFehlen von Borstenkämmen zu erkennen (Abb.20-11) .Er ist heute weltweit verbreitet außer in den tropischenGebieten Asiens. Ursprünglich war er nicht in Mittel­europa beheimatet. Der Menschenfloh befällt nicht nurden Menschen, sondern auch Haustiere und verschie­dene wildlebende Säugetiere sowie alle möglichen Gele-

20.3 Lästlinge und Krankheitserreger 653

genheitswirte. In Mitteleuropa spielt er heute im Wohn­bereich des Menschen keine Rolle mehr. Seit den sech­ziger Jahren dieses Jahrhunderts hat sich in den zahlen­mäßigen Relationen der drei häufigsten Floharten imBereich des Menschen ein beträchtlicher Wandel voll­zogen (Abb. 20-12). Bei Flohplagen sind Katzen doppeltso häufig wie Hunde beteiligt, und das Verhältni s vonKatzenfloh zu Menschenfloh betrug in den vergangenenJahren bereits 18 : I. Dieser Wandel dürfte verschiedeneUrsachen haben. Die Trockenheit in heutigen Wohnun­gen, die in den letzten Jahrzehnten eingetretenen Verän­derungen im Wohnbereich in Form von fehlenden Die­lenritzen, Verwendung von Staubsaugern und vor allemdie drastische Zunahme von Haustieren , besonders vonKatzen, in Wohnungen gelten als Ursache für das auf­fallende Schwinden des Menschenflohs und die beherr­schende Rolle des Katzenflohs im hygienischen Bereichin Mitteleuropa.

Katzenfloh

Der Katzenfloh Ctenocephalides felis (Abb. 20-11D)kommt ebenfalls weltweit vor. Er ist in Mitteleurop anicht autochthon, sondern stammt aus Nordafrika undVorderasien. Katzenimporte durch die Römer nach Mit­teleuropa sind zwar schon im 3. Jh. erfolgt, doch ist dieKatze als Haustier erst seit dem 14. Jh. stärker verbreitet.Hauptwirt für diese Flohart ist die Hauskatze, dochbefällt dieser Floh auch Hunde, Ratten und andere Na­ger und sogar Vögel sowie vor allem den Menschen.Entsprechend seiner Herkunft aus wärmeren Ländernentwickelt sich der Katzenfloh offenbar besser inmenschlichen Wohnungen als im Freien. Massenvermeh­rungen von Katzenflöhen können durch unhygienischeHaltung von Katzen und Hunden zustande kommen undunter Umständen die ganze Nachbarschaft in Mitleiden­schaft ziehen, wenn nichts dagegen unternommen wird.Verflohte Lager von streunenden Katzen in Schuppen,Gartenlauben, Kellern und anderen Schlupfwinkeln kön­nen zum Ausgangspunkt von Plagen werden, die sichbisweilen schon über ganze Siedlungen erstreckt haben.

Hundefloh

Der Hundefloh (Ctenocephalides canis, Abb. 20-11C) istheute ebenfalls weltweit verbreitet. Er ist in Mitteleuropaautochthon und befällt neben dem Haushund auchFuchs, Wolf, Hauskatze, Kaninchen, Ratten , Wiesel, Il­tis, Steinmarder, Haussperling, Mäusebussard usw..Hundeflöhe gehen sehr leicht auf den Menschen über;daher rührt das alte Sprichwort: "Wer sich mit Hundenniederlegt, steht mit Flöhen auf' .

Eine grobe Unterscheidung von Hunde- und Katzen­floh ist aufgrund folgender Merkmale möglich: Der ersteZahn des Kopfkammes ist beim Hundefloh halb so langwie der zweite, während sie beim Katzenfloh beide gleichlang sind; die Kopfpartie vor dem Auge ist beim Katzen­floh ausgedehnter als beim Hundefloh.

Rattenfloh

Der Rattenfloh (Nosopsyllu s fasciatus ) ist weltweit ver­breitet. Hauptwirt ist die Wanderratte. Daneben kommtdiese Art aber auch bei zahlreichen anderen Nagetieren

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654 20 Medizinische Entomologie

.~ Pu/ex irritans

~

-- - - - - - - ---

Clenocepha/idesconis

CI. feHs

'"'"/

1800

A

1850 1900 1950 1980

Ceratoonvtlu: spp.

Pulexirritans

CI. canis

Cerataphyflus spp.

Pulex itntons

Clenocepha/idesfelis

D Pu/ex imtons

Clenocephalides canis

Ctenocepha/ides felis

• Ceralophyflul spp.

B 1961/62 1981/8 2

Abb. 20·12: Häufigkeit der Floharten in Wohnungen. (Nach Vater und Vater 1984).

sowie auf Raubtieren vor, denen Nager als Beute dienen;merkwürdig ist in dieser Hinsicht, dass der Rattenflohebensowenig wie der Hausrnausfloh, Leptopsylla (Cte­nopsyllus) segnis bei der Katze auftritt. Der Rattenflohwechselt leicht auf den Menschen über.

Pestfloh

Der tropische Rattenfloh oder Pestfloh Xenopsylla cheo­pis (Abb. 20-11B) kommt in den wärmeren Gebieten derAlten Welt vor. Er wurde immer wieder in ÜberseehäfenMitteleuropas eingeschleppt, kann sich bei uns aber ausklimatischen Gründen nicht dauerhaft ansiedeln.

Vogelflöhe

Vogelflöhe befallen auch den Menschen. Vor allem sinddies die an Hühnern und anderen Vögeln lebenden ArtenCeratophyllus gallinae und Echidnophaga gallinacea bzw.die auf der Taube vorkommende Art Ceratophyllus co­lumbae. In Hühnerställen haben die Hühnerflöhe denVorteil, dass ganzjährig der Wirt und optimale Entwick­lungsbedingungen in den Nestern zur Verfügung stehen.Entsprechend stark ist die Vermehrung der Flöhe, wenn

nichts dagegen unternommen wird. In Nistkästen fürMeisen hat man im Durchschnitt 100, maximal sogar5754 Flöhe pro Nistkasten gefunden. Beim Reinigensolcher Nistkästen können ganze Scharen von Flöhenüber den Menschen herfallen. Von Vogelflöhen wirdbehauptet, sie könnten unter Umständen, wenn auchsehr selten, aus Nestern von Tauben oder Spatzen inbenachbarte Wohnungen gelangen.

Sandfloh

Der Sandfloh Tunga (Sarcopsy lla) penetrans ist im tropi­schen Afrika heimisch und vermutlich bei Sklaventrans­porten von Westafrika nach Mittel- und Südamerika mitdem als Ballast in Segelschiffen verwendeten Sand ver­schleppt worden. Er wird in diesen Gebieten sand-flea,jigger oder chigoe genannt. Dieser sehr kleine Floh kannvor allem als vollgesogenes Weibchen nicht mit anderenFlöhen verwechselt werden (Abb. 20-11F-H) . Er kommtauch bei Schweinen vor. Die Larven entwickeln sich imSandboden. Die Entwicklung vom Ei bis zur Imago wirdje nach Umgebungstemperatur in etwa 3 Wochen durch­laufen. Nach dem Schlüpfen suchen die Flöhe nacheinem geeigneten Wirt. Die Weibchen befallen vor allem

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20.4 Insekten als Zwischenträger oder Überträger von Krankheitserregern 655

die Füße von Mensch und Schwein, und zwar besondersdie weiche Haut zwischen den Zehen und unter denNägeln; es können aber auch andere Körperpartien wieHände, Ellenbeuge und Genitalregion zur Ansiedlungdieser Flöhe dienen. Das Abdomen des Weibchens, indem mehrere tausend Eier heranreifen, wächst in etwa8-10 Tagen zu Erbsengröße heran und wird zunehmendvon der Haut des Wirtes überwallt. Es bleibt schließlichnur eine kleine Öffnungfür die Atmung und die Abgabevon Eiern und Kot (Abb. 20-11 G u. H). In der Hauteingenistete Sandflöhe müssen sehr sorgsam entferntwerden, damit nicht Sekundärinfektionen durch Eiter­erreger entstehen.

Die Bekämpfung der Flöhe erfolgt mit Insektiziden.Bei Haustieren ist eine Behandlung auch der Lagerstattunerlässlich, damit die Brut vernichtet wird.

Als Bekämpfungsmittel hat sich Imidacloprid in denletzten Jahren hervorragend bewährt. Es gehört zu einerneuen Klassevon Insektiziden, den Neonicotinoidenundwirkt als Nervengift.

20.4 Insekten alsZwischenträger oderÜberträger vonKrankheitserregern

20.4.1 Insekten als Zwischenträger,Verschleppung vonKrankheitserregern

Die Ruhr (Dysenterie) kann entweder durch Bak­terien (Shigella-Arten) oder durch die RuhramöbeEntamoeba histolytica verursacht werden. Bei derBakterienruhr beginnen die Krankheitserschei­nungen sofort nach der Infektion, während bei derAmöbenruhr erst 3 Wochen bis 3 Monate nach derInfektion Krankheitserscheinungen auftreten. Inbeiden Fällen verursachen die blutigen, schleimi­gen Durchfälle einen erheblichen Verlust an Kör­perflüssigkeit. Bisher ist noch nicht ausreichendgeklärt, wie es zur Bildung der bösartigen Formder Amöbenruhr kommt, bei der die Amöben inder Lage sind, das Darmepithel zu durchbrechen.Geraten die Amöben in die Blutbahn, so könnensie zu verschiedenen Organen, in erster Linie in dieLeber gelangen, und richten dort verheerende Zer­störungen an.

Die Cysten der Ruhramöbe werden einerseitsdurch Schmutz- und Schmierinfektion und an­dererseits durch Fliegen verbreitet, wenn diese,von infiziertem Kot kommend, Lebensmittel undSpeisen besuchen (Abb. 20-13) .

Der Mensch vergräbt nicht von Natur aus seinen Kot,wiedies die Katze tut. Der Mensch ist offensichtlich auf

der gleichen Stufe wie der Hund stehengeblieben undmuss erst durch Erziehung lernen, wie man mit diesenDingen umgeht. Daher steht schon in der Bibel, im 23.Kapitel des 5. Buchs Mose, Vers 12 und 13: "Und Dusollstdraußen vor dem Lager einen Ort haben, dahin Duzur Not hinausgehst. Und sollst eine Schaufel haben,und wenn Du Dich draußen setzen willst, sollst Dudamit graben; und wenn Du gesessen hast, sollst Duzuscharren, was von Dir gegangen ist." Die Berück­sichtigung dieser uralten Regel half im 2. Weltkrieg, alsim Deutschen Afrikakorps eine Ruhrepidemie begann.

Adulte Stubenfliegen besuchen nicht nur häufigFäkalien, sondern auch gelegentlich eiterndeWunden und können dadurch mechanisch zahl­reiche weitere Krankheitserreger wie die Erregerdes Typhus, der Cholera, der Kinderlähmung so­wie von Salmonellosen übertragen.

Von besonderer Bedeutung ist die Möglichkeitder Übertragung der Ägyptischen Augenkrankheit(Trachom), die von einem bakterienähnlichenMikroorganismus, Chlamydia trachomatis, verur­sacht wird. Die Krankheit ist in den südlichen undöstlichen Ländern am Mittelmeer, in Afrika, inweiten Teilen Asiens sowie in Südamerika ver­breitet. Man nimmt an , dass etwa 400 Mil1. Men­schen vom Trachom befallen sind, und dass dieseKrankheit die häufigste Ursache der Blindheit ist.Sie grassiert vor allem unter mangelhaften hygieni­schen Bedingungen. Zur Diagnose fertigt manAusstriche des an den Augen der Patienten vor­handenen Eiters an, behandelt sie mit markiertenAntikörpern und untersucht sie fluoreszenzmikro­skopisch. Zur Behandlung dienen Antibiotika.Der Erreger kann durch Stubenfliegen, aber auchdurch direkten und indirekten Kontakt, beispiels­weise durch gemeinsam benutzte Handtücher, ver­breitet werden.

20.4.2 Übertragung von Viren

Viren sind eigenständige infektiöse Einheiten, dieaus Proteinen und einer Nucleinsäure, DNA oderRNA, aufgebaut sind. Ein reifes Viruspartikel (Vi­rion) enthält die Nucleinsäure, das Capsid undunter Umständen noch eine besondere Hülle. DasCapsid besteht aus einer für die einzelnen Artencharakteristischen Zahl von Capsorneren, ausmehreren Proteinen zusammengesetzten kugel­oder zylinderförmigen Untereinheiten. Die bisherals Krankheitserreger bekannt gewordenen Virenhaben eine kubische Symmetrie der Capsomeren.Die 32-252 Capsomeren sind in Form eines Iko­saeders angeordnet. Viren besitzen weder Zell­strukturen noch einen eigenen Stoffwechsel, kön­nen aber einige Enzyme enthalten und können sichnur in lebenden Zellen vermehren. Daher könnenzur Chemotherapie Enzymhemmer und lnterfe-

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656 20 Medizinische Entomologie

A

B

ePlasmaleilung J

r<>a;..,-.-"',,. ~ Schlüpfen •

(fEjJ @ . I,~~.

Cyste

Kern­teilung

Abb.20-13: Verschleppung von Krankheitserregern. A Cysten der Ruhramöbe, Entamoeba histo!ytica, können vonStubenfliegen Musca domestica verbreitet werden, da diese sowohl Fäkalien wie Nahrungsmittel des Menschen aufnehmen. B Inden Cysten der Ruhramöbe erfolgen bereits Kernteilungen. Gelangen die Amöben in den Darm des Menschen, so verlassen sie dieCyste und teilen sich. Sie verursachen blutig-schleimige Durchfälle. Die Magna-Form (Gewebe-Form) istinder Lage, das Darmepithelzu durchbrechen und aufdem Blutwege andere Organe wie Leber, Lunge und Gehirn zu erreichen.

ron, nicht aber Antibiotika eingesetzt werden. Da­neben sind Schutzimpfungen möglich.

Insekten können eine Vielzahl von Virusartenübertragen, die bis vor einigen Jahren als "Arbo­viren" (arthropod-borne viruses) zusammengefasstwurden, bis sich herausstellte, dass es sich um einekünstliche Gruppe handelt. Von diesen Virenkommen beim Menschen mindestens 40 Artenvor; 15 Arten sind von besonderer human- oderveterinärmedizinischer Bedeutung. Insgesamtkennt man annähernd 250 .A rboviren" aus Stech-

mücken. Die meisten .Arboviren" gehören zu ei­ner Gruppe von RNA- Viren, den Togaviren, undwerden Alpha- (etwa 37 Arten) und Flaviviren(etwa 70 Arten) genannt. Eine weitere wichtigeGruppe, die früher zu den Arboviren gestelltwurde, sind die Bunyaviren (etwa 250 Arten).

Als Überträger kommen insgesamt etwa 150Arten Stechmücken, u. a. aus den Gattungen Ae­des, Anopheles, Culex, Mansonia und Culiseta inFrage; die größte Bedeutung als Überträger habendie Gattungen Culex und Aedes. Die Viruskrank-

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20.4 Insekten alsZwischenträger oder Überträger von Krankheitserregern 657

Tab. 20-1: Übersicht über die wichtigsten Togaviren. (Nach Kayser et a!. 1989)

Virusart Überträger Verbreitung Krankheitserscheinungen

1. AlphavirenChikungunya Aedes Afrika, SO-Asien Dengue-Syndrom; hämorrhag. FieberO'nyong-nyong Anophe/es 0-, W-Afrika Dengue-Syndrom; hämorrhag. FieberSindbis Cu/ex Öst!. Mittelmeer, Afrika, Australien, Dengue-Syndrom

5-, SO-AsienÖstl, West!. Encephalitis Aedes, Cu/ex Amerika Encephalilis

2. FlavivirenDengue Aedes 5-, SO-Asien, Pazifik, W-Afrika, Dengue-Syndrom; hämorrhag. Fieber

Karibik, nörd!. S-AmerikaGelbfieber Aedes M-, S-Amerika; W-, Zentral-Afrika hämorrhag. FieberJap. B·Encephalilis Cu/ex 0-, 50-, S-Asien EncephalilisMurray-Valley-Encephalilis Cu/ex Australien, Neuguinea EncephalilisSt-louis-Encephalitis Cu/ex Amerika Encephalitis

heiten sind in ihrem Vorkommen auf das Verbrei­tungsgebiet der für die betreffenden Viren geeig­neten Überträger beschränkt.

Die als Überträger oder Vektoren fungierenden Stech­mücken nehmen die Viren bei einer Blutmahlzeit auf,wenn sie an einem Wirt während der relativ kurzen Zeitsaugen, in der die Viren im Blut vorkommen (Virämie).Im Überträger machen die Viren eine Entwicklung undWanderung durch, die im Allgemeinen 1- 2 Wochen inAnspruch nimmt. Nach dieser Präpatentperiode sind dieMücken für den Rest ihres Lebens infektiös. Unbekanntist bisher die Bedeutung der peritrophischen Membranen(s. 4.5.2) als Barriere gegen einen Befall des MitteIdarm­epithels. Für das Eindringen in die Mitteldarmzellenscheint entscheidend zu sein, dass an deren Oberflächespezifische Virusrezeptoren vorhanden sind. Auf Seitender Viren sind die Eigenschaften der Komponen ten inder Hülle von besonderer Bedeutung für das Eindring­vermögen. Die Aufnahme der Viren erfolgt meistens aufdem Wege der Endocytose. Virale Fusionsproteine undEndosommembran fusionieren, das Nucleocapsid ge­langt ins Cytoplasma und gibt die RNA frei. Stechmü­cken können anscheinend die Vermehrungsrate der Vi­rus-RNA kontrollieren , u.a. indem sie die Menge derSubstrate für die RNA -Synthese oder die RNA -Poly­merase regulieren. Die nachfolgende Reifung der Virenerfolgt, anders als in Säugetierzellen, vor allem ohnepathologi sche Erscheinungen . Togaviren reifen in Vesik­eIn und werden anschließend nach Fusion dieser Vesikelmit der Plasmamembran im basalen Teil der MitteIdarm­zeIlen ausgeschleust. Vor dem Übergang in die Haemo­lymphe ist die Basallamina des Mitteldarmepithels einHindernis für die Viren. Über die zellulären und humo­ralen Abwehrmechanismen gegen Viren in der Haemo ­lymphe ist erst wenig bekannt. Alle .A rboviren" befallenrasch und intensiv den Fettkörper der Über träger. An­ders als die Alphaviren befallen Flavi- und Bunyaviren instarkem Maße das Nervensystem, während Muskelzellenallenfalls von Alphaviren befallen werden. Für die Auf­nahme der Viren durch Speicheldrüsenzellen sind an­scheinend wiederum spezifische Rezeptoren erforderlich.Außerdem scheinen auch in den Speicheldr üsenzellenMechanismen zur Regulation des Virenbefalls vorhan -

den zu sein. Der Infektionsweg des Virus durch eine alsÜberträger dienende Mücke kann somit an verschie­denen Stellen blockiert oder reguliert werden. Auf die­sem interessanten Gebiet gibt es noch viele wesentlicheFragen zu klären .

Bei vielen Bunyaviren ist eine Übertragung auf dieNachkommenschaft durch transovariale Übertragungnachgewiesen (s. Papatacifieber). Diese Art der Ausbrei­tung kann über viele Generationen erfolgen, ohne dasseine orale Neuinfektion erfolgen muss.

Togaviren weisen ein ikosaedrisches Capsid mit 25-50nm Durchmesser und eine enganliegende, aus der Plas­mamembran der Wirtszelle stammende Hülle sowie eineeinzelsträngige RNA mit einem Moleku largewicht vonetwa 3 x 106 Da auf. Die von Togaviren beim Menschenhervorgerufenen Krankheiten verlaufen sehr verschiedenund meistens in zwei Phasen. In einer ersten, keineswegscharakteristischen Phase kommt es zu Fieber, Kopf- undMuskelschmerzen sowie bisweilen zur Bildung von Ex­anthemen und die Viren befinden sich im Blut. Vielfachfolgt nach 1-3 Tagen eine zweite Phase, in der zumindestdrei verschiedene Syndrome auftreten können (Tab.20-1):

Ein gutartig verlaufendes dengueartiges Syndrom;• Encephal itis und Meningoencephalitis mit hoher Le-

talität;• Hämorrhagisches Fieber mit hoher Letalit ät.

Die Diagnose von Viruskra nkheiten erfolgt imallgemeinen serologisch, da die Viren nur kurzeZeit nach der Infektion im Blut vorhanden sind.

Das Gelbfieber ist eine sehr gefährliche, von Flavivirenhervorgerufene Tropenkrankheit (Abb.20-14). Das Vi­rus ist 20-30 nm groß und wird von Mücken übertragen .Das Gelbfieber ist nicht ausrottbar, denn es hat in denendemischen Gebieten ein Reservoir in Affen, in dentropischen Gebieten Südamerikas sind es Brüllaffen(A/ouatta sp.), Klammeraffen (Ale/e s sp.), Totenkopf­äffchen (Saimiri sp.) und Nachtaffen (Aotus sp.) sowie imtropischen Afrika Meerkatzen und Stummelaffen. DieReservoirform des Gelbfiebers bezeichnet man alsDschungel-Gelbfieber, die in menschlichen Siedlungenauftretende Form als urbanes Gelbfieber. Im tropischenSüdamerika wird die Dschungelform von Haemagogus-

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658 20 Medizinische Entomologie

D

Affen

Busch­Gelbfieber

Versch.Cul icidae

Mensch

UrbanesGelbfieber

Mdesoegypli

c

Abb.20-14: Das Gelbfieber gehört zu den nicht ausrottbaren Reservoirkrankheiten. A Überträger ist die Gelb­fiebermücke Aedes aegypti die eine charakteristische weiße, Iyraförmige Zeichnung aufweist. B Das als Reservoir fungierendeBuschgelbfieber kann in menschliche Siedlungen verschleppt werden und sich dort als Urbanes Gelbfieber ausbreiten. CSchematische Darstellung der Vermehrung von Togaviren in einer Wirtszelle. D Verbreitung des Gelbfiebers.

Arten übertragen , die in Baumhöhlen brüten. In Afrikakommen bei dieser Form als Überträger eine ganze Reihevon Aedes-Arten in Frage. Die urbane Form wird vonAedes aegypti, der Gelbfiebermücke, übertragen . Trans­ovariale Übertragung des Virus ist bei Mücken der Gat­tung Haemagogus nachgewiesen. Dies ist sehr wichtig imHinblick auf die Aufrechterhaltung der Durchseuchungin Trockenzeiten. Während in Amerika die urbane Form,wohl infolge der intensiven Mückenbekämpfung in denletzten 30 Jahren keine Rolle mehr gespielt hat, sind inAfrika in diesem Zeitraum mehrere schwere Epidemienzu verzeichnen; am schlimmsten war die I960-1962 inAethiopien aufgetretene, die etwa 100000 Menschen be­traf und etwa 30000 Todesopfer forderte.

Wahrscheinlich ist das Gelbfieber in den tropischenGebieten Afrikas sowie Mittel- und Südamer ikas schonimmer vorhanden gewesen und nicht erst durch denSklavenhandel verschleppt worden. Unklar ist, warumdas Gelbfieber in den tropischen Gebieten Asiens undAustraliens nicht vorkommt , obwohl dort alle Voraus­setzungen vorhanden sind. Nachgewiesen ist eine geringeVektorkompetenz der asiatischen Stämme von Aedesaegypti.

Nach der Infektion bleibt das Virus etwa 3 Tage imBlut des Kranken. Nur während dieser Zeit können sichweitere Mücken an dem Infizierten anstecken. Vom 3.Tage p. i. beginnt die Erkrankung mit unspezifischenErscheinungen wie hohem Fieber sowie Schlaflosigkeitinfolge starker Kopf- und Rückenschmerzen. Charak-

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20.4 Insekten als Zwischenträger oder Überträger von Krankheitserregern 659

teristisch sind eine Gelbsucht und Gelbfärbung desHarns. Nach weiteren 2-4 Tagen sinkt das Fieber, unddie Erkrankung kann einen gutartigen Verlauf nehmen .Meistens folgt aber rasch erneut hohes Fieber. Die Leberkann innerhalb kurzer Zeit stark nekrotisch werden .Infolgedessen wird die Gelbsucht stärker, und blutig­schwarze Massen werden erbrochen. In der Niere werdendie Gefäße im Tubulusbereich schwer geschädigt, was zuBlutungen (Hämorrhagien) führt ; die Harnmenge kannbis zum völligen Versiegen abnehmen. Bei vollem Be­wusstsein und schweren Angst- und Erregungszuständenkann vielfach ein qualvoller Tod bereits zwischen dem6.-10. Krankheitstag eintreten. Die Mortalität srate vari­iert außerordentlich; sie erreichte während einer Epi­demie in Rio de Janeiro 1928-1929 fast 60%.

Die ersten Berichte über das Gelbfieber erschienenum 1500 im Zusammenhang mit Eroberungszügen derSpanier in der Karibik. In den nachfolgenden Kämpfenzwischen Spaniern, Franzosen und Engländern in diesemBereich spielte immer wieder das Gelbfieber eine außer­ordentliche Rolle. Um 1800 verkaufte Frankreich nachschwersten Verlusten unter den Truppen durch Gelb­fieber mehr als die westliche Hälfte des Mississippitals andie Vereinigten Staaten und begründete damit die spätereVormachtstellung der USA im karibischen Raum. Im 18.und 19. Jahrhundert wurden die USA von insgesamt 95Gelbfieberepidemien heimgesucht, die zahllose Opferforderten und die Wirtschaft schwer schädigten. Immerwieder wurde das Gelbfieber durch infizierte Mücken anBord von Schiffen in spanische, französische und eng­lische Häfen sowie zu den Kanarischen Inseln ver­schleppt, die als Zwischenhalt für die den Atlantik kreu­zenden Schiffe dienten. Schiffe mussten in Quarantäneeine gelbe Flagge setzen ; daher wurde das Gelbfieberauch als .Yellow Jack" bezeichnet. Ein sehr bekanntesBeispiel für die verheerende Wirkung des Gelbfiebersund der Malaria in den Tropen ist der Bau des Panama­kanals. In der ersten Bauphase heuerte Ferdinand vonLesseps, der Erb auer des Suezkanals, 500 Ingenieure an ;keiner von ihnen erlebte die Auszahlung des ersten Mo­natsgehalts. 20000 Menschen - ein Drittel der am Baubeteiligten Europäer - starben an Malaria und Gelb­fieber. Erst als die USA den Bau übernahmen und zu­nächst einmal eine gründliche Mückenbekämpfungdurchführten, konnte der Kanal fertiggestellt werden.

Gegen Gelbfieber hilft nur eine prophylaktischeSchutzimpfung mit Lebendvakzine. die wahrscheinlicheinen lebenslänglichen Schutz gewährleistet. Bei Län­dern , in denen Gelbfieber vorkommt, ist diese Impfungdie Voraussetzung für die Einreisegenehmigung. Einewesentl iche Schutzmaßnahme gegen eine erneute Aus­breitung der Krankheit ist ferner nach wie vor eineweiträumige Mückenbekämpfung in gefährdeten Gebie­ten .

Denguefieber galt bis vor wenigen Jahrzehnten alseine gutartig verlaufende Viruskrankheit. Seither ist es zueiner sehr gefährlichen, in schneller Ausbreitung be­griffenen Viruskrankheit geworden, die in Asien , demWestpazifik sowie in Mittel- und Südamerika etwa 1,5Milliarden Menschen bedroht. Der Name Dengue be­zieht sich auf die schmerzbedingte Körperhaltung derErkrankten und leitet sich entweder vom spanischendengue =Ziererei , Mätzchen oder nach anderer Auffas­sung vom Suaheli-Ausdruck la dingo pepo =plötzlicher,

krampfartiger Anfall ab. Ursprünglich war diese Krank­heit vermutlich eine Zoonose, die von Anopheles albo­pictus übertragen wurde. Diese Rolle übernahm nachdem 2. Weltkrieg die in den immer größer werdendenSlumgebieten heutiger Großstädte in den Tropen sichausbreitende Gelbfiebermücke Aedes aegypt i. Gleichzei­tig breitete sich eine Variante des Denguefiebers, dasHämorrhagische Denguefieber (dengue haemorrhagic fe­ver, DHF), von den Philippinen und Indonesien ausge­hend , in ganz Asien aus. Von 1956-1989 wurden 2,5Millionen Erkrankungen gemeldet, davon 70% im letz­ten Jahrzehnt, vorwiegend in Asien und neuerdings auehin Amerika. 20000 Menschen starben an dieser Krank­heit. Am meisten gefährdet sind bei dieser Variante desDenguefiebers Kinder von 1-5 Jahren. Nach einer In­kubationszeit von 5-8 Tagen folgt eine erste , 2-3 Tagewährende Phase mit hohem Fieber, Kopf- , Muskel- , Ge­lenk- und Leibschmerzen sowie Erbrechen. An den fol­genden Tagen schwillt das Gesicht an und die Extre ­mitäten werden feucht und kalt . Anschließend beginnendie Hämorrhagien an Haut und Schleimh äuten, Na sen­bluten und es kann Blut im Erbrochenen wie im Stuhlauftreten.

Die übrigen in Tab. 20-1 erwähnten, meist gutartigverlaufenden Viruserkrankungen mit Dengue-Syndromund hämorrhagischem Fieber sollen hier nicht näherbehandelt werden. Die Encephalitis verurs achenden, vonStechmücken übertragenen Arten hab en ein Reservoir inVögeln .

Der Erreger des Papataci- oder Dreitage-Fiebers ge­hört zu den Bunyaviren. Er kommt vorwiegend in Niede­rungen und Flußtälern des Mittelmeergebiets, des Mitt­leren Ostens und Indiens vor. Dieses Virus wird vonSandm ücken , vor allem Phlebotomus papatasi, übertra­gen. Anders als die vorgenannten Arten kann diesesVirus wahrscheinlich vom Mü ckenweibchen auf die Eierund weiter auf die Larven übergehen (s.o.). Die Krank­heit wurde auch Hundsfieber genannt, weil man sichdabei hundeelend fühlt. Die Inkubationszeit beträgt 3-4Tage. Die Viren haben einen Durchmesser von 20-25 nmund sind nach Ausbruch der Krankheit nur 24 Stundenim Blut des Patienten vorhanden. Papatacifieber tritt aufdem Balkan und im Mittelmeergebiet ab Juni bis in denHerbst auf, mit besonderer Heftigkeit im Hochsommer,und ist an das Vorkommen der Sandm ücken gebunden.Der Stich einer einzigen infizierten Mücke genügt zurInfektion. Es kommt rasch zu hohem Fieber, Schwäche­und Schwind elgefühl bis zur Ohnmacht, fehlendem Ap­petit und Übelkeit. Nach drei Tagen geht das Fieberwieder zurück. Schwächeanfalle und Durchfall könnenaber noch länger anhalten. Rückfalle treten nach zweiMonaten nicht mehr auf, denn die Krankheit hinterl ässteine unvollst ändige Immunität.

20.4.3 Übertragung von Bakterien

Die Pest wird von dem Bakterium Yersinia pestis(altes Synonym: Pasteurella pestis) verursacht undvon Flöhen übertragen. Sie gehört zu den unaus­rottbaren Reservoirkrankheiten und kommt bisheute in unzugänglichen Gebieten praktisch aller

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660 20 Medizinische Entomologie

A

Abb. 20-15:Übertragung der Pestdurch Flöhe. A Der Floh nimmt beim Blutsaugen diePesterreger auf. sie vermehren sich imDarm und können bei einem weiteren Saugakt in einen Menschen gelangen. B Heute noch vorhandene Pestherde. (A nach Geigyund Herbig 1955, B nach Ackerknecht 1965)

Erdteile vor (Abb. 20-15). Die Erreger sind unbe­geißelte, mit Kapsel versehene, gramnegative, stäb­chenförmige Bakterien, deren Kapselproteine an­tigen und phagocytosehemmend wirken. Flöhesaugen bei Pestkranken die Erreger mit der Blut­nahrung auf. In ihrem vorderen Darmabschnittvermehren sich diese Bakterien massenhaft , so­dass sie den Proventrikel blockieren können. DieLebensdauer eines solchen Flohs beträgt etwa 3--4Wochen, während ein Floh ohne blockierten Pro­ventrikel bis zu einem halben Jahr alt werdenkann . Bei einer erneuten Blutmahlzeit kann eininfizierter Floh durch Regurgitation Pestbakterienin den Blutkreislauf eines Menschen befördern .Auf dem Blutwege gelangt der Erreger in Lymph­knoten, die 2-5 Tage nach der Infektion starkanschwellen, hämorrhagisch verfärbt sind und Bu­bonen oder Beulen genannt werden. Über 90%der Pestfalle gehören zu dieser als Bubonen- oderBeulenpest bezeichneten Form. Gelangen die Pest­erreger anschließend in die Blutbahn und in dieLunge, so kommt es zur Bildung eines hochin­fektiösen Sputums, das weitere, direkte Infektio­nen verursachen kann . Diese als Lungenpest be­zeichnete Form ist hochgradig letal. Die Pest istursprünglich eine Zoonose, die bis heute in Nager­populationen fast aller Erdteile vorkommt und

offenbar eine Bevölkerungsregulation bei den Na­gern bewirkt. Unter bestimmten Umständen kanndie Pest aus diesen Reservoiren ausbrechen undüber Ratten als Zwischenglied sowie durch Flöheals Vektoren den Menschen befallen. Dieser epi­demiologische Zusammenhang konnte, obwohldie Pest zumindest seit dem Klassischen Altertumeine der schlimmen Geißeln der Menschheit ist,erst anlässlich einer Pestepidemie in Bombay 1905als gesichert gelten. Man nahm lange Zeit an, dassdie Rattenflöhe Nosopsyllus fasciatus und Xenop­sylla cheopis die Pest von den Ratten auf denMenschen übertragen. Neuerdings hat man aberGrund zu der Annahme, dass stattdessen früher, inMitteleuropa zumindest, der Menschenfloh Pu/exirritans an der Übertragung der Beulenpest be­teiligt war. Dies wurde bei der Untersuchung einerPestepidemie in Nepal 1967/68 bestätigt, mit dereine Massenvermehrung des Menschenflohs P. ir­ritans einherging.

China und Indien waren jahrtausendelang endemischeHerde der Pest. Allerdings ist zu bedenken, dass ältereÜberlieferungen, wenn sie von Pestilenzen berichten ,keineswegs nur die Pest meinen. Zumindest drei Pande­mien gelten heute als gesichert. Im Altertum war es dieGroße Pest im Zeitalter Justinians, die 60 Jahre wütete,im Mittelalter der Schwarze Tod und in der Neuzeit eine

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20.4 Insekten als Zwischenträger oder Überträger von Krankheitserregern 661

Pandemie, die 1855 in China begann und bis 1922 überIndien, Japan und die Philippinen nach Australien, Ame­rika und Südafrika gelangte. Im 14. Jh. wurden in man­chen Gebieten Europas zwei Drittel bis drei Viertel derBevölkerung durch den "Schwarzen Tod" dahingerafft.Man nimmt an, dass insgesamt etwa 25 Mill. Menschenwährend dieser furchtbarsten Pandemie starben. Arbeitund Handel wurden beeinträchtigt und Feldzüge muss­ten aufgegeben werden. 400 Jahre lang folgten weitereEpidemien in verschiedenen Gebieten Europas,1666-1670 im Rheinland, in Holland und in Belgien,1680-1682 in Sachsen. Während der letzten Pandemiestarben allein in Indien in den Jahren 1896--1917 10Mill.Menschen an der Pest. Seit 1720 blieben Mittel- undWesteuropa von der Seuche verschont. Dies könnte zutun haben mit der während der letzten 200 Jahre zu­nehmenden Verdrängung der Hausratte (Rattus rattus)durch die Wanderratte (R. norvegicus) in Europa und mitder Verbesserung des Lebensstandards und der hygieni­schen Verhältnisse in den letzten hundert Jahren. Welt­weit wurden der WHO im vergangenen Jahrzehnt nurnoch 15000 Fälle von Pest beim Menschen gemeldet, inerster Linie aus dem Grenzgebiet zwischen Peru undEcuador sowie aus Südindien und Vietnam.

20.4.4 Übertragung von Rickettsien

Rickettsien sind Bakterien von runder bis ovalerForm mit einem Durchmesser von 0,3-0,5 mm,die sich bei der Gramfärbung schwach, mit derGierusafärbung aber gut färben lassen. Sie lebenund vermehren sich, mit Ausnahme von Rochali­maea (Rickettsia) quintana, obligat intrazellulärund können im Gegensatz zu den Viren mit Anti­biotika bekämpft werden . Rickettsien ohne medi­zinische Bedeutung können im Darm, Fettkörper(Abb. 4-27, D, E), Malpighischen Gefäßen, Kie­men usw. einer großen Zahl von Arthropoden­arten vorkommen. Man nimmt daher an , dass sieursprünglich Parasiten von Arthropoden warenund erst sekundär durch Blutsauger in Säugetieregelangten. Bei den Rickettsiosen des Menschenkann man vier Varianten unterscheiden, die über­tragen werden von:• Läusen: Klassisches Fleckfieber, Fünftagefieber

und Endemisches Rückfallfieber,• Flöhen: Murines Fleckfieber,• Milben: Japanisches Flussfieber (Tsutsuga-

mushi-Krankheit),• Zecken: Fleckfieber der Rocky Mountains u. a .

Das klassische Fleckfieber, auch Flecktyphus undim Englischen typhus fever genannt, wird vonRickettsia prowazeki verursacht. Es kommt nichtnur, wie immer wieder angegeben wird, in Europaund Asien vor. Vermutlich ist es hier aber ur­sprünglich beheimatet. Das Fleckfieber hatte frü­her vor allem in Osteuropa und Russland großeBedeutung und wurde von hier aus immer wieder

zu einer Bedrohung Westeuropas (s. u.). Die Über­tragung erfolgt in erster Linie durch die Kleider­laus. Die Rickettsien befallen das Mitteldarmepi­thel der Laus, vermehren sich massenhaft in denZellen und zerstören sie. Die Infektion des Men­schen erfolgt nicht beim Stich der Kleiderlaus,sondern durch den trockenen, staubfeinen Kot ,der bei infizierten Läusen massenhaft Rickettsienenthält (Abb. 20-16) . Beim Kratzen der stark ju­ckenden Läusestiche können kleine Wunden ent­stehen, über die Rickettsien in den Körper desMenschen gelangen können. Rickettsien könnenaußerdem mit Hausstaub, der infizierten Läusekotenthält, eingeatmet werden.

Die in den Körper des Menschen gelangten Rickettsiensiedeln sich in den Endothelzellen der Kapillaren undkleineren Blutgefäße an und vermehren sich darin . Auszerstörten Endothelzellen werden die Rickettsien frei,gelangen in die Blutbahn und können weitere Endo­thelzellen befallen. Nach einer Inkubationszeit von etwa8-12 Tagen beginnt schlagartig ein mindestens 10 Tageanhaltendes, sehr hohes Fieber. Es kommt zur Aus­bildung von Fleckenauf der Haut, die der Krankheit denNamen gegeben haben, und 2-4 cm im Durchmessererreichen können. Sie sehen zunächst wie Flohstiche aus,dunkeln rasch und können sich in schweren Fällen immerstärker ausdehnen. Weitere Krankheitserscheinungensind starke Benommenheit bis hin zum Delirium, starkeKopf- und Gliederschmerzen, Frösteln sowie Husten.Zur Behandlung verwendet man, wie bei allen Rickett­sien-Erkrankungen, Breitband-Antibiotika , Vor Einfüh­rung der Antibiotika betrug die Letalität bei Fleckfieber­Patienten 10-20%. Ein spezifischerNachweisder Krank­heitserreger ist möglich durch Blutausstriche, die mitfluoreszenzmarkierten Antikörpern behandelt werden.Als Schutz vor dieser epidemisch auftretenden Krank­heit, die stets mit Verlausungverbunden ist, hilft nur einerigorose Läusebekämpfung mithilfe von Insektiziden.Bei besonders exponierten Personen kann eine Schutz­impfung angebracht sein.

Das Fleckfieberhat in der Geschichte ebenso wie Pestund Malaria eine außerordentliche, von den Historikernvöllig unterschätzte Rolle gespielt. Stets trat es im Vereinmit Kriegshandlungen, Flüchtlingselend, Hungersnöten,Skorbut, Ruhr und Pest in Erscheinung. Anhand alterQuellen ist meistens nicht eindeutig festzustellen, umwelche Krankheit es sich bei einer Epidemie wirklichgehandelt haben könnte. Erst seit etwa 1500 sind dieKrankheitsbeschreibungen genau genug, um die Ursa­chen der einzelnen Epidemien auseinanderhalten zu kön­nen. So kann man annehmen, dass der großen Pestepide­mie in London (1664), wie auch der Pest in Holland(1636), Marseille (1720), Aleppo (1760) und Moskau(1771), eine Fleckfieberepidemie vorausging oder folgte.In den vielen Kriegen zwischen Frankreich und Spanienwährend des Mittelalters war das Fleckfieber immerwieder von besonderer Bedeutung. Bei den Kämpfenzwischen Karl V. und Franz I. in Italien (1527-1529)spielte eine Fleckfieberepidemiebei der BelagerungNea­pels durch die französischen Truppen eine entscheidendeRolle. Innerhalb von 3 Wochenstarben 21 000von 58000Mann an dieser Krankheit. Die berühmte Spanische

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.. t:' . .

Arm ada wurde während des Krieges gegen England1588 nicht allein durch Kampfhandlungen, sondernmehr noch durch Krankheiten kampfunfähig und zurFlucht gezwungen . Durch die endlosen Verzögerungenbei den Vorbereitungen zu dieser Expedition verdarbendie riesigen Nahrungs- und Wasservorräte. So kam es zuRuhrepidemien. Die drangvolle Enge und die für unsheute unvorstellbaren hygienischen Bedingungen auf denSchiffen führten während des Mittelalters zu starkerVerlausung der Besatzungen und in der Folge zu Fleck­fieberepidemien . Ähnlich wie der spanischen Armadaerging es auch der englischen Flotte. Immer wieder wa­ren die Verluste durch Krankheiten, insbesondere Fleck­fieber, größer als durch Kampfhandlungen . Dies galtauch bei Belagerungen von befestigten Städten durchLandtruppen. Das Fleckfieber griff auf die Bevölkerungder belagerten Städte über und wurde von Soldatenebenso wie von Flüchtlingen im Lande verbreitet. Vorund während des Dreißigj ährigen Krieges wurde Europavon Seuchenzügen heimgesucht, die im Verein mit Hun ­ger und Kriegsfolgen bekanntlich furchtbare Verwüstun­gen anrichteten. Typhus war anscheinend in der erstenHälfte dieses Krieges, Pest in der zweiten Hälfte vorherr­schend . 1632 fand eine Schlacht zwischen den ArmeenGustav Adolfs von Schweden und Wallensteins vorNürnberg nicht statt, weil schon vor der Schlacht 18000Soldaten an Typhus und Skorbut gestorben waren unddie Überlebenden lieber das Weite suchten . Besser be­kannt ist, dass die Armeen Napoleons in Russland nichtnur durch Winter, Hunger und russische Angriffe dezi­miert wurden, sondern mehr noch durch Fleckfieber.105000 Soldaten fielen, während 219000 Opfer vonKrankheiten, allen voran Fleckfieber, wurden . In Russ­land und Italien kam es im 19. lahrhundert zu zahl­reichen Fleckfieberepidemien. In den l ahren 1921 und1922 wurden in der UdSSR 2 Mil!. Todesfalle durchFleckfieber gemeldet. Auch auß erhalb Europas gab esEpidemien, vor allem in Mexiko, Südamerika, Nord­afrika, Persien und China sowie in der ersten Hälftedieses lahrhunderts auch in Nordamerika. Während desI. wie des 2. Weltkriegs unterblieben Fleckfieberepide­mien auf deutscher Seite an der besonders gefährdetenOstfront dank einer in großem Maßstab durchgeführtenLäusebekämpfung. Eine kritische Situation entstand1943, als in Neapel eine Fleckfieberepidemie ausbrach;sie wurde durch einen bis dahin noch nicht erprobten

Abb. 20-16: Übertragung von Fleck­fieber durch die Kleiderlaus. Die Er­reger gelangen mit einer Blutmahlzeit inden Darm der Laus, befallen die MitteI­darmzeIlen, vermehren sich darin undgelangen mit dem sehr trockenen Kotins Freie. Der Mensch infiziert sich durchInhalieren der Rickettsien. (Nach Geigyund Herbig 1955)

Masseneinsatz von DDT zur Läusebek ämpfung ge­stoppt. Vielleicht blieb dadurch das immunologisch ge­gen Fleckfieber nicht vorbereitete Mittel- und West­europa vor einer vernichtenden Epidemie bewahrt.

Das Fünftagefieber oder Wolhynische Fieber wird vonRochalimaea (Ricke ttsia) quintana hervorgerufen. Es tratlediglich während der beiden Weltkriege beim Menschenin epidemischer Form auf. Im I. Weltkrieg verbreitete essich an der Westfront gleichermaßen bei den deutschen,fran zösischen und englischen Truppen und erhielt da­mals den Namen Schützengraben-Fieber. In der alsÜberträger fungierenden Kleiderlaus dringen die Ri­ckettsien nicht wie beim Klassischen Fleckfieber in dasDarmepithel der Laus ein, sondern besiedeln lediglichdie Oberfläche der Darmzellen sowie das Lumen desDarmes. Hier vermehren sie sich extrazellul är. Martininahm an , dass diese Krankheit vor dem 2. Weltkriegnicht beachtet wurde, weil sie nur unter verlausten Perso­nen weit verbreitet gewesen sein könnte.

20.4.5 Übertragung vonSpirochaeten

Das europäische oder endemische Rückfallfieberoder Läuserückfallfieber kommt weltweit vor. Eswird von Spirochaeten der Art Borrelia recurrentis(syn. B. obermeieri) verursacht und sowohl vonKleider- wie auch Kopfläusen übertragen . Es wirdaber weder beim Stich noch durch Läusekot über­tragen, sondern kann nur nach dem Zerbeißen vonLäusen in den Körper des Menschen gelangen.Diese Art Rückfallfieber wurde am Beginn diesesJahrhunderts immer wieder aus Polen und denBalkanländern nach Mittel- und Westeuropa ein­geschleppt. Zur Zeit ist es lediglich in Nordafrikavon Bedeutung.

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Abb. 20-17: Übertragung von Leishmania-Arten durch Phlebotomidae. A Sandfliege mit starker Behaarung und charak­teristisch aufgestellten Flügeln . B Sandfliegen (Phlebotomlls, lutzomyis) nehmen beim Blutsaugen an einem infizierten Menschenamastigote Formen auf, die bis in den hinteren Mitteldarm gelangen und sich während dieser Wanderung in Promastigoteumwandeln. Im hinteren Mitteldarm wird die Blutmasse samt Flagellaten von zahlreichen, vom Darmepithel sezerniertenperitrophischen Membranen umgeben. Die Flagellaten vermehren sich lebhaft durch Teilung . Als infektionsfähige Promastigotegelangen sie wieder in den Ösophagus und können bei einer weiteren Blutmahlzeit der Mücke in einen neuen Wirt gelangen. Indessen Blut befallen sie Makrophagen, wandeln sich in Amastigote um und vermehren sich durch Teilung. An der Wand desVorderdarms haften Paramastigote, an der des vorderen Mitteldarms Haptomonden. C Hautläsionen bei Befall mit Leishmaniatropks. (A nach Lewis 1973. B nach Schlein 1993 und Geigy und Herbig 1952, C nach Piekarski 1954)

20.4.6 Übertragung von Flagellaten

Die medizinisch wichtigsten Arten unter den Fla­gellaten gehören zu den Gattungen Leishmaniaund Trypanosoma und diese zur Gruppe der Ki­netoplastida.

Die Erreger der Hautleishmaniasis sind u.a. Leishmaniatropica und L. aethiopica sowie der L. braziliense- undder L. mexicana-Komplex. Bei der Bezeichnung Haut­leishmaniasis handelt es sich um einen Sammelbegriff fürverschiedenartige Erkrankungen wie Orientbeule, Alep­pobeule und Varianten der amerikanischen Haut- und

Schleimhautleishmaniasis, die in Südeuropa, Vorder­asien, Indien, China, Innerasien, Nordafrika und Süd­amerika vorkommen. Überträger sind die nachts blut­saugenden Sandmücken der Gattungen Phlebotomus undin Südamerika Lutzomyia (Abb. 20-17). Die Erreger blei­ben in der Nähe der Stichstelle in Zellen der Haut, umsich hier zu vermehren . Nach einer Inkubationszeit vonmindestens einigen Wochen entstehen zunehmend größerwerdende Läsionen und unansehnliche Geschwüre. BeiL. tropica heilen diese schließlich ab, und es bleibt einelebenslange Immunität.

Die Erreger der Eingeweideleishmaniase (Kala-Azar)sind Leishmania donovani, L. chagasi und L. in/anturn.Als Überträger fungieren ebenfalls Sandmücken . Die

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664 20 Medizinische Entomologie

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Erreger gelangen mit dem Blutstrom in verschiedeneOrgane und vermehren sich dort. CharakteristischeKrankheitserscheinungen sind Fieber sowie starkeSchwellungen von Leber, Milz und Lymphknoten. Unbe­handelt verläuft diese Krankheit oft tödlich.

Die beiden Erreger der Schlafkrankheit, Trypanosomabrucei gambien se und T. b. rhodesiense kommen nur inAfrika in Bereichen vor, in denen die übertragendenTsetsefliegen der Gattung Glossina leben (Abb. 20-18).Erst 2-4 Wochen nach der Infektion können die Para si­ten im Blutausstrich nachgewiesen werden. Bei derschubweisen Vernichtung der durch Antikörper angreif­bar gemachten Trypanosomenpopulation werden Stoff­wechselprodukte frei, die hohes Fieber verursachen. Ob­wohl hierbei über 98% der Trypanosomen vernichtetwerden, erfolgt rasch die Vermehrung eines neuen Anti ­gentyps. Gelangen die Erreger in die Lymphe und nach­folgend während des Spätstadiums in das Zentralnerven­system, so setzt schwerer körperlicher Verfall ein. DieSchlafkrankheit hat ein großes Reservoir in Haus- und

Abb. 20-18: Übertragung derSchlafkrankheit. A Heutige Auffas­sung vom Wanderweg der Trypanoso­men in der Tsetsefliege. B Entwicklungder Trypanosomen in der Tsetsefl iegeund im Menschen. Stadien mit surfacecoat sindpunktiert. C Zur Bekämpfungder Tsetsefliegen haben sich massenhafteingesetzte. leicht zu bauende Fliegen­fallen aus Stoff bewährt, die mit Lock­stoffund Insektizid versehen werdenkönnen. Bei der Anordnung der Schlupf­löcher (schwarz) wurde das Anflugver­halten der Tsetsefliegen berücksichtigt.D Die Überträger der drei Unterartenvon Trypanosoma brucei kommen nurinAfrika vor, und zwar in geeigneten Bio­topen in dem grau gezeichneten Be-reich. (C nach Busvine 1993)

Wildtieren. Nimmt die Tsetsefliege die Erreger beimBlutsaugen auf, so ist es für diese von Vorteil, wenn siezunächst in den umfangreichen Kropf gelangen und hierdie Umstellung vom glykolytischen Stoffwechsel, der imSäugetierblut möglich ist, zum oxidativen Stoffwechsel,der im Überträger erforderlich ist, durchführen können.Gelangen sie anschließend in den Mitteldarm, so sind dieTrypanosomen in der Lage, die einschichtige peritrophi­sehe Membran am Beginn des Mitteldarms und nachfol­gend das Mitteldarmepithel zu penetr ieren, um über dieHämolymphe in die Speicheldrüsen zu gelangen. In denSpeicheldrüsen erfolgen die Umwandlung der trypomas­tigoten in die epimastigote Form, eine Vermehrung sowieeine Umwandlung in die für Mensch und Tier infektions ­fähige sog. metazyklische trypomastigote Form . Diesekann bei einer erneuten Blutmahlzeit mit dem Speichel inein Säugetier geraten . Die Dauer der nicht infektiösenPhase oder Präpatentperiode ist temperaturabhängigund kann 15-35 Tage dauern.

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20.4 Insekten alsZwischenträger oder Überträger von Krankheitserregern 665

A

B

Abb. 20-19: Die Chagaskrankheit inSüdamerika. A Übertragung von Try­panosoma cruzi. B Hemimetabole Ent­wicklung der übertragenden Raubwan­zen der Gattung Triatoma. CVerbrei­tung der Chagaskrankheit in Süd- undMittelamerika. (A, B nach GeigyundHerbig 1955)

Geschichte: Die Schlafkrankheit dezimierte in frü­heren Zeiten die Bevölkerung großer Gebi ete. Beispiels ­weise fiel im ersten Jahrzehnt un seres Jahrhunderts dieBevölkerung am Viktori asee zu 30% und in ganzUganda zu 10% der Schlafkrankheit zum Opfer. DieNagana behinderte den Güterverkehr, für den früherPferde und Ochsen als Zugtiere unerlässlich waren, undstoppte Eroberungszüge durch Man gel an Nachschub,wie beispie lsweise bei der Ero beru ng des nördlichen Süd ­afrika durch die Buren .

Die Chagaskrankheit wird von Trypan osoma cruziveru rsacht. Sie kommt nur in Lateinamerika vor undwird durch Raubwanzen (Reduviidae ) der GattungenTriatoma und Rhodnius übertragen (Abb. 20-19). Manschätzt, dass mindestens 20 Mill . Men schen infiziertsind. Die beim Blut saugen in den Darm der Wanzengelangten trypom astigoten Formen wandeln sich in a­und epimas tigo te Formen um, vermehren sich und sie­deln sich ma ssenhaft an der Cut icula des Enddarms an .Wenn nach einem erne uten Sau gakt das im aufgeno m­menen Blut entha ltene Wasser über den Enddarm abge­geben wird , so induziert dies eine Umwa ndlung derepimas tigoten in infekt ion sfähi ge trypom astigote For­men . Die Infektion mit T. cruzi erfolgt nicht beim Stich ,sondern durch Trypan osom en, die mit diesen Ausschei­dungen der Wanzen auf die Schleimh äute eines Menchengeraten oder in die Haut eingekratzt werden . Sie infizie­ren zun äch st auch Makrophagen , werd en von diesennicht vern ichtet, sondern vermehren sich in ihnen alsam astigote Formen. Die se können sich in epi- und na ch­folgend tr ypomastigote Formen umwandeln, in die Blut-

c

bahn gelan gen und Herz-, Darm-, Mu skel- sowie Ner­venzellen befallen . Da hun grige Wanzen vollgesogeneArtgenossen an stech en und aussa ugen sowie zur Auf­nahm e von darmbewohnenden Symbi onten Kot auf­saugen, kann durch diese Koprophagie eine Ausbre itungder Trypanosomen innerhalb einer Raubwanzenp opula­tion erfolgen. Im Men schen verläuft die Infekt ion zu­nächst, wom öglich über 10-20 Jahre, symptomlos ineiner chronischen Form und kann dann plöt zlich zumTod e führen. Der sicherste Nachweis der Parasiten er­folgt dadurch , dass Blut von Patienten an nicht infizierteRaubwanzen verfütte rt wird . Ist das Blut eines Pat ienteninfiziert , so vermehren sich die Par asiten innerha lb vonetwa 3 Wochen im Darm der Wan ze so reichlich, da ss einmikroskop ischer Nachweis ohne weiteres möglich ist.

20.4.7 Übertragung von Malaria

Die Malaria gehört nach wie vor zu den gefähr ­lichsten Tropenk rankheiten. Die WeItgesundh eits­organisation schätzt, dass pro Jahr 100 Mill. neueMalariafälle auftreten und dass die Zahl der jähr­lich durch Malari a verursachten Todesfälle imBereich von 1,5-2,5 Millionen Menschen liegendürfte. Die Todesfälle stellen nur einen Teil desSchadens dar, den die Malaria hervorruft. Vongrößter wirtschaftlicher Bedeutung ist, dass die

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666 20 Medizinische Entomologie

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36 Anfangsfieber

3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13.

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B

Abb. 20·20: Malaria. A Es ist nur der Teil des Malariazyklus dargestellt, der in der Mücke abläuft. B Der dunkel gezeichnete Teildes Gesamtzyklus findet in der Mücke statt. CUnregelmäßigesAnfangsfieber und beginnende Fieberrhythmik bei Malaria tertiana,verursacht durch Plasmodium ovale. (A nach Geigy und Herbig 1955, Caus Piekarski 1954, verändert)

Kranken über längere Zeit nicht arbeitsfähig sind.Die Malaria des Menschen wird von 4 Arten derGattung Plasmodium verursacht, die sich morpho­logisch und aufgrund des Fieberverlaufs unter­scheiden lassen (Abb. 20-20):• Plasmodium vivax und P ovale: Malaria ter­

tiana , jeden 3. Tag Fieberanfälle;• Plasmodium malariae: Malaria quartana, alle 4

Tage Fieberanfälle;• Plasmodium falciparum: Malaria tropica, unre-

gelmäßige Fieberanfälle .

Als Überträger der Malariaerreger kommen nurdie Weibchen von etwa 60 Arten der Stechmü­ckengattung Anopheles in Frage. Der Entwick­lungsgang der Malariaerreger ist durch einen Ge­nerations-, Wirts- und Gewebswechsel kompli­ziert:Beim Stich einer infizierten Mücke werden Sporozoitenin die Blutbahn des Menschen übertragen, die zunächstin das Leberparenchym gelangen. Dort finden eine Reihevon Schizogonien statt . Die entstehenden Merozoitenwandern schließlich in die Blutbahn und befallen Ery­throcyten. Einige bleiben aber als winzige Hypnozoiten

unter Umständen jahrelang in den Leberzellen und sind,außer bei Plasmodium fal ciparum, für Rückfälle (Rezi­dive)verantwortlich . Die ins Blut ausgewanderten und inErythrocyten eingedrungenen Merozoiten sind von einerMembran, der parasitophoren Vakuole, umgeben, die sieebenso wie die Plasmamembran des Erythrocyten ihrenBedürfnissen entsprechend verändern. Dadurch kannder Parasit das Hämoglobin, so weit er es abbauen kann ,zu seiner Ernährung verwenden und weitere Substanzenaus dem Serum über die genannten Membranen im­portieren . In vielen Schizogoniezyklen entstehen überSchizonten immer neue Merozoiten, die weitere Ery­throcyten befallen. Beim Zerfall der Erythrocyten wer­den Stoffwechselprodukte der Parasiten frei, die beimMenschen zu einer unspezifischen Reaktion in Formeiner Temperaturerhöhung (Fieber) führen. Aus unbe­kannten Gründen werden schließlich Gamonten gebil­det, die beim Blutsaugen in eine Mücke gelangen müs­sen, um in deren Mitteldarm die Gamogonie zu be­ginnen. Nach der Verschmelzung von Makro- und Mik­rogamet entsteht eine runde Zygote, die zunächst eineeinfache Plasmamembran besitzt. An einer Ausstülpungentsteht sodann die charakteristische dreischichtige Pelli­cula der Sporozoen und umgibt schließlich den schlan­ken Ookineten . Nach der Blutaufnahme sondert das

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20.4 Insekten als Zwischenträger oder Überträger von Krankheitserregern 667

Mitteldarmepithel der Mücke eine Vielzahl peritrophi­scher Membranen ab, die insgesamt eine die Blutmahl­zeit umgebende peritrophe Hülle ergeben (s. 4.5.2). Erstetwa 48 Stunden nach der Blutaufnahme sezerniert dasMitteldamepithel Proteasen zur Verdauung der Blut­nahrung. Plasmodien können eine Stechmückenart nurdann als Überträger nutzen, wenn sie in der Lage sind,ihre Gamogonie bis zur Bildung eines Ookineten indieser Zeit zu durchlaufen. Die einfache Plasmamem­bran der Zygote wird von Proteasen abgebaut, währenddie Pellicula einige Zeit standhält. In dieser Zeit muss derParasit die peritrophe Hülle durchbrechen und durch dasDarmepithel bis in den Bereich zwischen basaler Zell­membran und Basallamina zu wandern . Während derWanderung beginnt bereits eine Mehrfachteilung desKernes, die nach der Bildung der Oocyste fortgesetztwird und zur Entstehung von Tausenden von Sporozoi­ten führt. Diese wandern durch die Hämolymphe in dieSpeicheldrüsen und können bei einer erneuten Blutmahl­zeit der Mücke auf einen Menschen übertragen werden.Die Entwicklung in der Mücke dauert je nach Umge­bungstemperatur 8-16 Tage.

Bei der gefährlichsten Malariaform, der nur in denTropen verbreiteten Malaria tropica, kommt esplötzlich zu hohem Fieber und nachfolgend zuunregelmäßig auftretenden Fieberanfällen. Eskönnen Mortalitätsraten von 20-50% erreichtwerden. Durch eine primäre Schädigung von Ge­faßwänden kommt eine ganze Kaskade vonKrankheitserscheinungen in Gang . Besonders ge­fährlich sind bei der schwersten Form, demSchwarzwasserfieber, die Verstopfung von Kapil­laren im Gehirn, die zum gefürchteten Koma füh­ren kann sowie Schäden an Herz, Leber und Nie­ren. Letztere führen zur Ausscheidung eines dun­kelroten bis schwarzbraunen Harns, der derKrankheitsform den Namen gegeben hat .

Geschichte: Die Malaria ist wahrscheinlich seit mehr als2500 Jahren eine Geißel der Menschheit. Hippokratesbeschrieb schon 500 v. ehr. die verschiedenen, in Grie­chenland vorkommenden Malariaformen. Bereits imklassischen Altertum spielte die Malaria eine große Rolleim Mittelmeerraum. Sie hat auch in den folgenden Jahr­hunderten in Europa historisch und wirtschaftlich, vorallem in Kriegszeiten, eine erhebliche Bedeutung gehabt .In erster Linie war hierfür in Europa das immer wiederauftretende und jegliche Aktivitäten lähmende Fieberund nicht allein die Zahl der Todesfälle verantwortlich.Entscheidend war dies u.a. während der Völkerwande­rungszeit, während des Mittelalters bei den Pilger- undKreuzzügen sowie der Feldzüge deutscher Kaiser undfranzösischer Könige nach Italien . Die Zahl der Todes­fälle durch Seuchen übertraf stets die durch Kampf­handlungen, und dies galt sogar noch während des I.Weltkiegs auf dem Balkan . Die Malaria spielte früherauch in Deutschland eine Rolle und kam noch nach dem2. Weltkrieg in bestimmten Gebieten des Emslands vor.Fälschlich wird immer wieder angenommen, sie sei hier­zulande deshalb nicht vorhanden, weil es keine Anophe­les-Mücken gebe. Eine wesentliche Erkenntnis epidemio­logischer Forschung ist, dass diese Krankheit sich nur

halten und ausbreiten kann, wenn eine kritische Dichtevon Kranken und übertragungsfähigen Anopheles-Mü­cken überschritten wird. Das ist in Deutschland nichtmehr der Fall.

Die drei o.g. Malariaerreger kommen nur beim Men­schen vor. Daher wäre es prinzipiell möglich, die Malariaauszurotten. Die Ausrottung der Malaria im früher starkverseuchten Mittelmeergebiet durch den Einsatz vonDDT war eine bedeutende Leistung der Weltgesund­heitsorganisation nach dem 2. Weltkrieg. Sie war eine derwichtigsten Voraussetzungen für den Massentourismusin diesem Bereich. Der Erfolg des weltweit angelegtenAusrottungsprogramms wird in vielen Gebieten zuneh­mend in Frage gestellt durch das Auftreten von Resisten­zen bei den Malariaerregern gegenüber Medikamentenund bei den als Vektoren dienenden Mücken gegenüberInsektiziden . Diese Resistenzen richten sich nicht gegeneinzelne Verbindungen, sondern gegen ganze Verbin­dungsklassen .

Neuerdings sucht man nach möglichst einfach anzu­wendenden und preiswerten Verfahren. So hängt man inden Tropen mit einem Insektizid imprägnierte Mos­kitonetze vor Türen und Fenster, um den nächtlichenEinflug von Stechmücken in die Wohnräume zu unter­binden . Diese Netze müssen nach etwa 6 Monaten erneutimprägniert werden.

20.4.8 Übertragung von Filarien

Filarien legen keine eigentlichen Eier. Entwederlegen die Weibchen Mikrofilarien, die noch län­gere Zeit in der Eihülle leben (bescheidete Larven)oder es wird bereits im Uterus die Eihülle aufge­löst (unbescheidete Larven).

Im folgenden sollen nur Wuchereria bancrofti, Brugiamalayi und Onchocerca volvulus behandelt werden, weilsie die größte medizinische Bedeutung unter den Filarienhaben. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisationaus dem Jahre 1984 waren 81,6 Mill. Menschen von W.bancrofti und 8,6 Mill. von Arten der Gattung Brugiabefallen sowie über 900 Millionen gefährdet. Da dieadulten Formen im Lymphsystem leben, bezeichnet mandie Erkrankung als lymphatische Filariose. Die Oncho­cercose kommt nach Schätzungen der WHO bei 20--40Mill. Menschen in Zentral-Afrika und bei etwa 1 Mill. inMittelamerika vor. Die Adulten leben im Bindegewebedes Menschen.

Wuchereria bancrofti: Die aufgeknäuelt im Lymph­system des Menschen lebenden Weibchen sind50-100 mm lang, haben aber nur einen Durchmesser von0,3 mm, während die Männchen 40 x 0,I mm messen.Die nach 7-8 Monaten, nach anderen Angaben nach 1-2Jahren geschlechtsreifen Weibchen geben weitere 6-7Jahre gescheidete Mikrofilarien ab, die 250-300 mm langsind und einen Durchmesser von 6-8 mm haben. DieEihülle (Scheide) ist außerordentlich dehnbar und wirdvon der darin entstandenen Mikrofilarie zunehmend ge­streckt (Abb.20-21). Die Mikrofilarien wechseln ihrenAufenthalt im peripheren Teil des Blutgefäßsystems undin der Lunge in einem circadianen Rhythmus, der hervor­ragend zur Aktivitätsperiodik der als Überträger fungie-

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Abb. 20-21: Von Wuchereria bancrofti und Brugia malayiverursachte lymphatische Filariose. A Stechmücken, 'vor allemCu/ex quinquefasciatus, nehmen die Mikrofilarien MF bei einer Blutmahlzeit auf. Diese durchbrechen die Darmwand und siedeln sichinder Flugmuskulatur an, wachsen heran und werden bei einer weiteren Blutmahlzeit als Infektionslarven IF wieder abgegeben. Siedurchbrechen dabei die Rüsselscheide. B Die Mikrofilarie befindet sich in der überaus dehnbaren, vorn und hinten überstehendenEihülle, der sog. Scheide. C Ein Beispiel für das circadiane Auftreten von Mikrofilarien im peripheren Blut. D Verbreitung vonWuchereria bancrofti und Brugia ma/ayi. E Massen von Mikrofilarien können nach langjährigem Befall und ständigem Neubefalllymphkanäle verstopfen und zu unmäßigen Auftreibungen führen . (A nach Bain und Philippon 1970, B nach Maclaren, 1972,verändert, Cnach Hawking 1962, Dnach Angaben der WHO 1996, Enach Martini 1952)

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renden Mücken aus den Ga ttungen Cu/ex . Aedes undAnophe/es passt. Der circadiane Rhythmu s des Parasitenorientiert sich anscheinend an der circadianen Periodikder Körpertemp eratur des Menschen. Die Mikrofilarienerscheinen nachts im peripheren Blut und werden vonden nachtakti ven Mücken mit einer Blutmahlzeit aufge­nommen. Erst im Mückendarm verlassen sie die Eihülle.Sie bohren sich durch die Darm wand der Mücke undgelangen in deren Flugmuskulatu r. Über zwei Häutun­gen entwickeln sie sich bei 28 °C innerhalb von etwa 12Tagen darin zu infektionsfähigen Larven. Die Larven­hüllen werden bei den Häutungen nicht verlassen, son­dern erst beim Auswandern aus der Muskulatur abge­streift. Die infektionsfähigen Larven wandern in dieRüsselscheide der Mücke und verlassen während derBlutaufn ahme den Rüssel, um sich in die Haut desMenschen einzubohren.

Die als Elephantiasis bezeichnete Spätform des Mi­krofilarienbefalls ist heute allenfalls in entlegensten Ge­bieten noch vorhanden. Sie kommt nach langfristigem ,starkem Befall dadurch zustande, dass Massen von Mi­krofilar ien Lymphstaus verursachen und so das allmäh­lich immer stärkere Anschwellen von Beinen, Armen undGenitalien verursachen (Abb. 20-21E).

Filarien der Gattung Wuchereria sind in den feucht­warmen Gebieten Afrikas , Asiens, Mittel- und Südame­rikas weit verbreitet. Sie werden vor allem von dermenschliche Siedlungen bevorzugenden Art Cu/ex quin­quef asciatu s (C. pipiens fat igans) übertragen, die sich inbesonderem Ma ße in den ausufernden Siumgebietenheutiger tropischer Großstädt e ausgebreitet hat. Manspricht von "man made filar iasis" , weil der Mensch dieBrutmöglichkeiten für diesen Überträger schafft. Inmanchen Gebieten sind die Mikrofilar ien tagsüber undnacht s im Blut vorhanden. Im pazifischen Raum werdensie durch tagakt ive Stechmücken wie Aedes (S tegomy ia)po/yn esiensis übert ragen.

Filarien der Gattung Brugia kommen in den feucht­warmen Gebieten Süd- und Südostasiens vor. Adulteund Mikrofilarien sind etwas kleiner als die vorgenannteArt. Das Weibchen kann bereits im Alter von 3 Monatenmit der Abgabe von Mikrofilarien beginnen . Die Mikro­filarien werden vorwiegend von Stechmückenar ten ausden Gattungen Man sonia und An opheles übertragen. Beidieser sehr seltenen Elephantiasis sind praktisch nur dieBeine betroffen, nicht aber der Genitalbereich.

Die Onchocercose oder Flussblindheit wird von On­chocerca volvulus verursacht und spielt in Äquato rial­Afrika, im Süden der arabischen Halb insel und in Mittel­amerika eine Rolle. Sie wird offenbar nur du rch be­stimmte Kriebelmücken von Mensch zu Mensch über­tragen; ein Reservoir in Wildtieren scheint dabei keineRolle zu spielen. Die Krankheit wurde vermutlich imZusammenhang mit dem Sklavenhand el nach Mitt el­amerika verschleppt. Die erwachsenen Würmer lebenbeim Menschen zu mehreren im subkutanen Bindege­webe in kart offelgroßen Knoten und können dar in bis zu15 Jahre alt werden. Die Knoten können an Beinen,Rumpf und auch am Kopf entstehen. Die Männchenerreichen nur eine Länge von 2-3 cm, die Weibchenwerden bis zu 50 cm lang. Die Weibchen geben unbe­scheidete 220-3 50 mm lange Mikrofilar ien ab, die in derLage sind, die bindegewebige Kapsel zu penetrieren. Siewandern im Körper umher und können dabei auch in die

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Augen gelangen, wo sie Hornh autt rübun gen, eine zu­nehmende Keratit is und Schäden an den Sehnerven ver­ursachen können, die schließlich zur Blindheit führen. Sokönnen in endemischen Gebieten 5-25% der Erwach­senen schließlich blind werden. Die Mikrofilarien sollen6-30 Monate alt werden könn en. Sie halten sich nicht imBlut auf, sondern in Gewebslücken. Daher könn en sienicht von Stechmücken aufgenommen werden, die Ka­pillarsauger sind, sondern nur von Überträgern, die grö­ßere Wunden verursachen und als Poolsauger bezeichnetwerden; hierzu gehören Kriebelmücken und Bremsen.Werden die Mikrofilarien von einer Kriebelmücke aufge­nommen, so penetrieren sie den Darm, wandern in dieFlugmuskulatur und entwickeln sich darin über zweiHäutungen innerh alb von 6-12 Tagen zu einem infek­tionsfähigen Stadium, wandern in den Rüssel, verlassendiesen bei einem erneuten Saugakt der Mücke, und errei­chen über den Stichkanal die Haut des Menschen. Beider Bekämpfung dieser Filarie erwies sich besondersIvermectin als sehr wirksam (s. 20.2.1.2).

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