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Fachbereich Soziale Arbeit - Bildung und Erziehung
Bachelorarbeit
Lernen im freiwilligen Engagement
Die Förderung des freiwilligen Engagements Jugendlicher als Aufgabe von
Jugendarbeit
Bachelor-Arbeit zur Erlangung des akademischen Grades
Bachelor of Arts (B.A.) Soziale Arbeit (FH)
Vorgelegt von
Marcel Meister
Neubrandenburg, den 07.08.2014
Erstprüfer: Prof. Dr. phil. Joachim Burmeister
Zweitprüfer: Prof. Dr. Johannes Boettner
urn: 519-thesis2014-0360-1
Eidesstattliche Erklärung Ich versichere, die Bachelorarbeit selbstständig und lediglich unter Benutzung der
angegebenen Quellen und Hilfsmittel verfasst zu haben.
Ich erkläre weiterhin, dass die vorliegende Arbeit noch nicht im Rahmen eines
anderen Prüfungsverfahrens eingereicht wurde.
Neubrandenburg,
DanksagungVorab möchte ich in kurzen Worten all jenen danken, die mir beim Schreiben
dieser Arbeit mit Rat und Tat zur Seite standen und mich unterstützten.
An erster Stelle gebührt mein Dank meiner Familie, insbesondere meinem Vater.
Mit milder Geduld sah er dabei zu, wie ich meine Abschlussarbeit verfasste, immer
in der Überzeugung, dass dabei etwas Wichtiges und sinnvolles entstehen würde.
Mein besonderer Dank gilt Thomas Hetzel. Er ist nicht nur für die Umsetzung der
beiden im letzten Teil beschriebenen Praxisprojekte zuständig, mit seinem Wissen
und seinen Ideen hat er mich dabei unterstützt, Wissensinhalte zu strukturieren
und mir ständig neue Anregungen gegeben.
Auch Herrn Professor Dr. phil. Burmeister, soll an dieser Stelle gedankt werden. Er
war ständiger Begleiter meines Schaffens und stand für Rückfragen zur
Verfügung. Dadurch regte er mich an, meinen Fokus auf bestimmte
Themenbereiche weiter zu vertiefen und neue Inhalte zu erschließen.
Auch allen anderen Unterstützerinnen und Unterstützern, ohne welche das
Schreiben dieser Arbeit nicht in diesem Umfang möglich gewesen wäre, möchte
ich hiermit „Danke“ sagen.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung ................................................................................................................ 1
1. Der Engagementbegriff heute ............................................................................. 4
1.2. Jugendengagement als öffentlicher Auftrag ................................................. 4
1.3. Defizit in der Praxis ...................................................................................... 5
1.4. Der Engagementbegriff im Wandel der Zeit .................................................. 5
1.4.1. Geschichte des Ehrenamts .................................................................... 6
1.4.2. Bürgerschaftliches Engagement ............................................................ 6
1.5. Möglichkeiten des freiwilligen Engagements ................................................ 8
1.6. Vereinswesen und freiwilliges Engagement ............................................... 10
1.7. Lebenswelt von Jugendlichen .................................................................... 11
1.7.1. Sinus-Milieustudie, Engagement und demokratisches Bewusstsein ... 12
2.Engagement aus demokratiepädagogischer Perspektive .................................. 14
2.1. John Dewey: Begründer der modernen Demokratiepädagogik .................. 14
2.2. G. Himmelmann: Weiterentwicklung von Deweys Vorstellungen ............... 15
2.3. Lernen als subjektgeleiteter Prozess des Erlebens .................................... 17
2.4. Demokratievermittlung................................................................................ 17
2.5. Demokratie-Lernen durch Erleben ............................................................. 18
2.6. Demokratische Werthaltungen und soziale Kompetenzen ......................... 19
2.7. Lebensweltnahe Lernprozesse ................................................................... 21
2.8. Erwerb von demokratischen Kompetenzen und Wertevermittlung ............. 22
2.9. Transzendierungserfahrungen .................................................................... 25
2.9.1. Agency und ideology ............................................................................ 26
2.10. Partizipation und Selbstwirksamkeit ......................................................... 27
2.11. Engagement und politische Partizipation .................................................. 29
3. Freiwilliges Engagement im Rahmen von Jugendarbeit ................................... 31
3.1. Rechtliche Einordnung ............................................................................... 31
3.2. Lernprozesse im freiwilligen Engagement .................................................. 37
3.2.1. Lernsettings im freiwilligen Engagement .............................................. 37
3.2.1.1. Learning by Doing ......................................................................... 37
3.2.1.2. Lernen im Team ............................................................................. 39
3.2.1.3. Lernen von erfahreneren Mitarbeitern ........................................... 40
3.2.2. Kompetenzerwerb im freiwilligen Engagement .................................... 41
3.2.2.1. Förderung sozialer und personaler Kompetenzen ......................... 41
3.2.2.2. Engagementspezifischer Kompetenzerwerb ................................. 42
3.3. Berufliche Orientierung im freiwilligen Engagement ................................... 44
3.4. Verantwortungsübernahme und Anerkennung ........................................... 45
3.5. Engagement und Benachteiligung .............................................................. 46
4. Best Practice/ Praxisbeispiele ........................................................................... 48
4.1. Engagement im Rahmen von Schule ......................................................... 48
4.1.1. Kooperation von Schule und Jugendarbeit .......................................... 49
4.1.2. Service-Learning/ Lernen durch Engagement ..................................... 50
4.2. Engagiert vor Ort! im Amt Röbel-Müritz (EvO!) ........................................... 51
4.3. Servicestelle Jugendengagement .............................................................. 53
5. Zusammenfassung/Abschluss .......................................................................... 53
6. Quellenverzeichnis ............................................................................................ 58
1
Einleitung In unserer heutigen Zeit, die sich immer rasanter zu wandeln scheint, wird in den
Medien immer wieder von den sozialen, gesellschaftlichen und politischen
Auswirkungen gesprochen, die dieser Wandel mit sich bringt. Oft fallen dabei
Worte wie „Entsolidarisierung“, „Orientierungslosigkeit“ oder „Politikverdruss“. Die
Jugendarbeit als Ort der außerschulischen Bildung ist schon lange auf der Suche
nach Mitteln und Wegen, um diesen Phänomenen zu begegnen. In Anbetracht der
gegenwärtigen Verhältnisse scheint es umso wichtiger, Jugendliche in ihrer
Entwicklung als gemeinwohlorientierte, solidarisch handelnde Wesen zu fördern
und das Demokratiebewusstsein zu stärken. Dennoch stellt sich Frage, wie solche
Lernziele in der Praxis umgesetzt werden können.
Ein Ansatz besteht in dem freiwilligen Engagement. Hier, so die allgemeine
Auffassung, findet sich der ideale Lernort, um soziale Erfahrungen zu machen und
ein gesellschaftliches wie politisches Bewusstsein zu entwickeln.
Auch die Politik hat die Zeichen der Zeit erkannt. Nicht ohne Grund wurde 2002
von Altkanzler Schröder eigens eine Enquete-Kommission ins Leben gerufen, um
sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Im bürgerschaftlichen Engagement, so
der Grundtenor, wird Solidarität geübt und der zivilgesellschaftliche Zusammenhalt
gestärkt.
Durch die Mitwirkungsmöglichkeiten, die sich im Vereins- und Verbandswesen
ermöglicht werden, sollen überdies demokratische Erfahrungen ermöglicht
werden, welche auch die eigenen Mitgestaltungsmöglichkeiten innerhalb der
Gesellschaft sichtbar machen. Aus der Perspektive demokratischer Bildung und
Erziehung bieten sich also auch große Entwicklungschancen, die durch freiwilliges
Engagement erschlossen werden können.
Auch das System Schule hat das dem freiwilligen Engagement innewohnende
Potenzial erkannt und versucht es für seine Zwecke nutzbar zu machen. Seit den
verheerenden Ergebnissen der PISA-Vergleichsstudien zu Beginn der 2000-er
Jahre, in welchen deutsche Schülerinnen und Schüler überwiegend schlecht
abschnitten, wird der Fokus verstärkt auf ein ganzheitliches Lernen gelegt. Durch
die Anwendung erworbener Wissensinhalte im Engagement sollen diese eine
Vertiefung erfahren und schulisches Lernen somit erfolgreicher werden.
2
Freiwilliges Engagement ist für Jugendarbeit also ein aus vielerlei Hinsicht
interessantes und spannendes Handlungsfeld. In ihm finden Lernerfahrungen
statt, die sich sowohl auf den solidarischen Zusammenhalt, als auch auf das
demokratische Bewusstsein sowie eine Verbesserung des schulischen Lernens
abzielen.
In der folgenden Arbeit sollen nun diese vom freiwilligen Engagement
ausgehenden Erfahrungszuwächse überprüft werden. Auch soll betrachtet
werden, welche Rolle und Aufgaben Jugendarbeit hierbei einnehmen kann oder
vielleicht sogar muss.
Für die Annäherung an das Thema soll zu Beginn der Engagementbegriff im
Allgemeinen betrachtet werden. Im Fokus stehen hier, neben der geschichtlichen
Entwicklung, vor allem die unterschiedlichen Intentionen, die mit dem Wort
Engagement verbunden worden sind. Außerdem soll betrachtet werden, in
welchen Kontexten junge Menschen sich heute engagieren können. Zum
Abschluss dieses ersten Abschnitts wird der Blick auf jugendliche Lebenswelten
gerichtet. Hier wird im speziellen darauf geschaut, in welchem Maße sich
bestimmte Jugendmilieus engagieren und sich in gesellschaftliche Belange
einbringen.
Im zweiten Abschnitt soll der zivilgesellschaftlich-demokratische Nutzen von
freiwilligem Engagement im Mittelpunkt stehen. Hier werden nach einer
Betrachtung verschiedener demokratiepädagogischer Konzepte vor allem die
dahinter stehenden Lernmodelle betrachtet. Einen besonderen Platz in diesem
Abschnitt finden die sogenannten Transzendenz-Erfahrungen sowie die Faktoren
agency und ideology, welche maßgeblichen Anteil an der Bildung eines
demokratischen Bewusstseins haben.
Im dritten Abschnitt soll Engagement schließlich aus der Sicht von Jugendarbeit
betrachtet werden. Nach einer rechtlichen Einordnung, sollen die hierin
vorkommenden Lernsettings und darin erworbenen personalen und sozialen
Kompetenzen veranschaulicht werden. Im Besonderen soll hier auf den Aspekt
der Verantwortungsübernahme eingegangen werden. Ebenso soll aber auch die
dadurch stattfindende Berufsfelderkundung sowie der Abbau von sozialen
Benachteiligungen im Fokus stehen.
Im vorletzten Teil der Arbeit soll noch ein kurzer Ausblick gewährt werden. Hierin
3
wird geschaut, welche Praxisformate die Jugendarbeit zu Förderung von
freiwilligem Engagement bereithält. Auch wird hier kurz geschaut, wie schulisches
Lernen mit freiwilligem Engagement verbunden werden kann.
Im letzten und abschließenden Teil werden die im Rahmen dieser Ausarbeitung
gewonnenen Erkenntnisse zusammengetragen und resümiert.
4
1. Der Engagementbegriff heute Zu Beginn der Arbeit soll der Status von freiwilligem Engagement in unserer
Gesellschaft beleuchtet werden. Es wird im ersten Abschnitt kurz auf den
öffentlichen Auftrag eingegangen. Darauffolgend findet eine geschichtliche
Auseinandersetzung statt. Dabei wird betrachtet, welchen Bedeutungswandel der
Engagementbegriff im Laufe der Jahrhunderte vollzogen hat. Im letzten Teil findet
eine kurze gesellschaftliche Betrachtung statt. Es wird geschaut, unter welchen
Umständen Jugendliche in der heutigen Zeit aufwachsen und welche Milieus
einen besonders schweren Zugang zum Engagement haben. Im gleichen
Atemzug geschieht auch eine Betrachtung ihrer politischen
Mitgestaltungsbereitschaft. Die hieraus hervorgehende Korrelation soll
Ausgangspunkt für weitere Untersuchungen sein.
1.2. Jugendengagement als öffentlicher Auftrag
Die Diskussion um freiwilliges Engagement erfährt gerade in den letzten Jahren
einen enormen Auftrieb. Seit ca. 15 Jahren setzen sich Politik und Wissenschaft
intensiver mit diesem Thema auseinander (Enquete-Kommission zur Zukunft des
freiwilligen Engagements 2002; fortlaufende Freiwilligensurveys seit 1999; Sinus-
Milieustudie 2012 mit besonderem Blick auf Engagement).
Gerade heutigen Zeiten wird der freiwilligen Betätigung von Bürgerinnen und
Bürgern eine besonders große Bedeutung zugemessen. Auch im Bereich der
Jugendbildung ist dieser Bedeutungsgewinn schon lange spürbar und das Thema
rückt zunehmend in den Fokus verschiedener Angebote der Jugendarbeit
(Onlinequelle 1).
Die rechtliche Grundlage hierfür liefert das Kinder und Jugendhilfegesetz im
achten Sozialgesetzbuch (SGB VIII KJHG). Hierin findet sich der Grundgedanke
einer freiwilligen Betätigung wieder. So heißt es bereits im ersten Satz, dass die
Förderung einer „gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit“ (§1 Abs.1 SGBVIII) das
Ziel von Erziehung sein soll. Auch der sich mit Jugendarbeit befassende
Paragraph 11 des desselben Gesetzbuches formuliert die Förderung freiwilligen
5
Engagements als Ziel (vgl. §11 Abs.1 SGB VIII)
Eine genaue Analyse der rechtlichen Rahmenbedingungen soll in einem späteren
Teil (siehe Kap. 3.1) erfolgen.
1.3. Defizit in der Praxis
Trotz der klaren gesetzlichen und politischen Auftragslage finden sich in der Praxis
nur wenige Beispiele, welche diese Zielformulierung in den Mittelpunkt ihres
Arbeitens rücken. Die Suche nach Projekten oder Initiativen der Jugendarbeit, die
sich schwerpunktmäßig hierauf beziehen, gestaltet sich schwierig. Ein Blick in das
Internet genügt schon, um der Überschaubarkeit dieses Themenbereiches gewahr
zu werden.
Hierzulande, in Mecklenburg-Vorpommern, existiert ein einziges Projekt, welches
sich explizit der Förderung von freiwilligem Engagement verschrieben hat, die
Servicestelle Jugendengagement der RAA M-V. Eine kurze Vorstellung ihrer
pädagogischen Zielsetzungen soll in einem späteren Teil dieser Arbeit stattfinden.
Leider handelt es sich dabei jedoch, wie eben schon beschrieben, um das einzige
Praxisformat im gesamten Bundesland. Auch im Rest der Bundesrepublik ist es
um die Engagementförderung nicht viel besser bestellt. Aus diesem Grund soll in
dieser Arbeit das freiwillige Engagement von Jugendlichen als pädagogisches
Arbeitsfeld neu erkundet werden.
1.4. Der Engagementbegriff im Wandel der Zeit
Obgleich die Begrifflichkeit des freiwilligen Engagements auf den ersten Blick
hinlänglich bekannt zu sein scheint, existieren vielerlei Vorstellungen davon, wie
dieses Engagement aussehen kann. In jüngerer Zeit wird der Engagementbegriff
häufig mit dem Aspekt der Bürgerschaftlichkeit in Verbindung gebracht.
Der Begriff „Bürgerschaftliches Engagement“ ist in seiner Entstehung und
Popularität stark durch die von Altkanzler Schröder ins Leben gerufene Enquete-
Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“ geprägt. Ihre
Mitglieder suchten bei der Begriffswahl die bewusste Verbindung zwischen
Engagement und Bürgersinn, um hiermit an ein republikanisches Verständnis von
6
Bürgertum anzuknüpfen, wonach sich Bürgerinnen und Bürger selbstorganisiert in
die Belange ihres Gemeinwesens einbringen sollen, um so die Zukunft von Staat
und Gesellschaft mitzugestalten. (vgl. Zimmer S.2ff)
1.4.1. Geschichte des Ehrenamts
Durch die Neuschaffung des Begriffs schufen sie zugleich eine deutliche
Abgrenzung von dem preußischen Begriff „Ehrenamt“. Da der preußische Staat
seinerzeit nach den napoleonischen Kriegen quasi zahlungsunfähig war, wurden
im Rahmen der Verwaltungsreform kostengünstige Wege gesucht, um die
öffentliche Verwaltungstätigkeit aufrecht zu erhalten. Von besonderer Bedeutung
waren hierfür die sogenannten „Ehrenmänner“. Sie übernahmen unentgeltlich
diverse Aufgaben der öffentlichen Verwaltung. Der Ehrbegriff, der sich in diesem
Kontext erschließt, bezieht sich ausschließlich auf die Übernahme von staatlichen
Aufgaben. Darüber hinaus waren Ehrenmänner verpflichtet, die ihnen
aufgetragenen Aufgaben zu übernehmen, von einer Freiwilligkeit in Bezug auf
Ehrenamt kann daher also keine Rede sein. Aufgrund seiner Geschichte ist das
Ehrenamt eine staatlich abgeleitete Tätigkeit. Es handelt sich im ursprünglichen
Sinne keineswegs um eine bürgerlichen Akt der Selbstorganisation, sondern um
eine von staatlicher Seite delegierte Aufgabe (vgl. Zimmer 2ff.).
1.4.2. Bürgerschaftliches Engagement
Aufgrund der geschichtlichen Prägung des Wortes „Ehrenamt“, welche an einen
obrigkeitsstaatlichen Gesellschaftsbegriff anknüpft, versuchten die Mitglieder der
Kommission bewusst eine Distinktion zu schaffen und wählten stattdessen den
Begriff „bürgerschaftliches Engagement“. Hierdurch soll vor allem die
Selbstorganisationsfähigkeit der Menschen angesprochen werden. Die davon
erhoffte, von der Basis ausgehende, Selbstaktivierung der Bürgerinnen und
Bürger schließt im gleichen Atemzug auch eine kritische Haltung gegenüber
bestehenden Verhältnissen ein. Im subjektiven Erkennen von Fehlentwicklungen
und gesellschaftlichen Bedarfen wird Position bezogen und durch eigenes
Handeln für Abhilfe gesorgt (vgl. Zimmer 2ff). Eine strukturelle Unzufriedenheit ist
7
somit die Wurzel bürgerschaftlichen Engagements.
Die Perspektive, aus welcher sie agieren, ist nicht auf das Staatswohl gerichtet,
sondern auf das Wohlergehen des eigenen Lebensumfeldes im Gemeinwesen.
Darin findet sich der entscheidende Unterschied zum traditionellen Ehrenamt.
Die in ihrer Arbeit bereits erwähnte Enquete-Kommission formuliert diesbezüglich
folgendes: „Alle Formen des Engagements haben im Alltag Bedeutung für den
Zusammenhalt im Gemeinwesen.“ (Enquete-Kommission 2002, S.24). Auch in
einem späteren Bericht zur Lage und zu Perspektiven des bürgerschaftlichen
Engagements heißt es: „Unter bürgerschaftlichem Engagement wird in der Regel
ein individuelles Handeln verstanden, das sich durch Freiwilligkeit, fehlende
materielle Gewinnabsicht und eine Ausrichtung auf das Gemeinwohl auszeichnet“
(Alscher et al 2009, S.10).
Durch die Betonung des Gemeinwohlgedankens versuchen die Autoren des
Enquete-Berichts eine Abgrenzung zu anderen Tätigkeitsfeldern zu schaffen,
welche nach ihren Worten die „bürgerschaftliche Verantwortung aus dem Blick
verlieren“ (Enquete-Kommision 2002, S.24). Die damit einhergehende Definition
bürgerschaftlichen Engagements ist sehr weit gefasst, denn hierunter fallen
jegliche Aktivitäten politischer, sozialer oder geselliger Natur (vgl. Enquete-
Kommission 2002, S.24). Die Weitläufigkeit der bürgerschaftlichen Verantwortung
reicht von der Vereinstätigkeit, über die Mitarbeit in Bürgerinitiativen, bis hin zur
freiwilligen Arbeit in karitativen und gemeinwohlorientierten Einrichtungen (vgl.
Zimmer 2005, S.3f). Selbst Unternehmen können als Akteure bürgerschaftlichen
Engagements tätig werden (vgl. Enquete-Kommision 2002, S.28).
Der Begriff des bürgerschaftlichen Engagements ist ebenso eng verwoben mit
dem Ideal einer Bürgergesellschaft, welche sich durch das Zusammenleben freier
wie gleicher Individuen auszeichnet. Demgemäß gehört es zur persönlichen
Freiheit jedes Einzelnen, sich zu engagieren, beziehungsweise kein Engagement
zu zeigen (vgl. Enquete-Kommission 2002, S.32). Auch hier findet sich ein
deutlicher Unterschied zum Begriff des Ehrenamts.
Doch auch kritische Stimmen äußern sich zu diesem gedanklichen Konstrukt des
bürgerschaftlichen Engagements. Embacher würdigt zwar die von Bürgerinnen
und Bürgern erbrachten Engagementleistungen mit dem Wort „Wärmestrom“
(Embacher 2012, S.142), trotzdem ist es ihm wichtig zu betonen, dass diese
8
immer einen komplementären, also ergänzenden, Charakter zur öffentlichen
Daseinsvorsorge haben sollten und keinen ersetzenden. Dies würde, so formuliert
er weiter, einen Rückzug des Staates aus vielen Bereichen der Wohlfahrtspflege
nach sich ziehen und liegt nicht im Interesse der Solidargemeinschaft (vgl.
Embacher 2012, S.141ff). Als Beispiele eines solchen Fehleinsatzes zur
Stellvertretung bei staatlichen Aufgaben führt er die Arbeit der Tafeln an. Auch ein
Verdrängen von regulären Beschäftigungsverhältnissen sowie die Schaffung eines
neuen Niedriglohnsektors durch Engagierte kann er ausmachen (vgl. Embacher
2012, S.108ff).
Da der Begriff des bürgerschaftliches Engagements in seiner Entstehung sehr
stark von liberalpolitischen Ansichten geprägt ist (vgl. Embacher 2012, S.115ff)
und seinen Blick vorrangig auf das Wirken von Erwachsenen richtet, soll für den
weiteren Verlauf der Arbeit stattdessen der Begriff „freiwilliges Engagement“
benutzt werden. Als freiwillig engagiert gelten nach den Grundideen des
Freiwilligensurveys all jene, „[…] die über eine teilnehmende öffentliche Aktivität
hinaus ein höheres Maß an Verantwortung übernehmen und sich freiwillig in Form
der Übernahme von Aufgaben, Ämtern und Arbeit binden.“ (2 .Freiwilligensurvey,
S.17).
Durch die Benutzung dieses Begriffs findet der Engagementgedanke stärkeren
Bezug zu Lebenswelten und Möglichkeiten von Jugendlichen. Auch eine
Abgrenzung zum preußischen Ehrenamt ist durch die Betonung der Freiwilligkeit
gegeben.
1.5. Möglichkeiten des freiwilligen Engagements
Der Bericht der Enquete-Kommission lässt vieles offen und eröffnet eine große
Vielfalt an möglichen Tätigkeiten.
Die einfachste Einteilung lässt sich anhand dessen vornehmen, mit welcher
Zielsetzung sich Menschen engagieren. Daraus hervorgehend lassen sich vier
Bereiche feststellen: soziales Engagement, ökologisches Engagement, kulturelles
Engagement und gesellschaftspolitisches Engagement.
Das soziale Engagement stellt den wohl traditionellsten Engagementbereich dar.
Gerade in Zeiten von Kriegen und anderer gesellschaftlichen Tragödien waren
9
Krankenhäuser, Lazarette und Pflegeeinrichtungen auf die freiwillige Mitarbeit von
Engagierten angewiesen. In heutigen Zeiten, da berufliche Belastung und
Pflegebedarf gleichermaßen zu steigen scheinen, erfährt dieser Bedarf nach
freiwilligen Helferinnen und Helfern neuen Aufschwung.
Gerade in den letzten beiden Jahrzehnten hat das ökologische Bewusstsein an
Bedeutung gewonnen. Deshalb ist es naheliegend, auch hier Möglichkeiten für
freiwilliges Engagement zu suchen. Nicht nur die Mitarbeit in Umweltinitiativen fällt
hierunter, auch der unmittelbare Einsatz für Ökologie z.B. beim Müllsammeln
gehört dazu. Aber auch freiwillige Arbeit im Tierheim kann als ökologisches
Engagement betrachtet werden.
Der Bereich des kulturellen Lebens ist ein bereits seit längerem etabliertes Feld für
freiwilliges Engagement. Hierzu zählt die Mitwirkung und Förderung von
kulturellen Vereinen aber auch Museen oder Ausstellungen bieten den Raum
hierfür.
Als letztes soll nun noch der gesellschaftspolitische Bereich genannt werden.
Hierzu gehört hauptsächlich das Wirken in Parteien, aber auch die Mitarbeit in
NGOs oder gesellschaftlich-politischen Bewegungen kann dazu gezählt werden.
Die Unterstützung der eben genannten Organisationen kann sich im Konkreten
ganz unterschiedlich gestalten. Sie reicht von finanziellen Spenden, über die
Übernahme eines Amtes bis hin zur praktischen Hilfe bei Infoständen oder
Verteilaktionen.
Eine weitere Art der Unterscheidung findet sich in der Fachliteratur des Netzwerks
„Lernen durch Engagement“ (vgl. Seifert, Zentner, Nagy 2012, S.17f.). Sie bezieht
sich thematisch auf Heranwachsende und unterscheidet verschiedene
Engagementformate anhand der Art des Kontakts, der hier stattfindet.
Mitwirkungsmöglichkeiten durch das Bekleiden von öffentlichen Positionen (z.B.
die Tätigkeit als Schöffe) oder andere für Jugendliche in der Regel nicht
zugängliche Engagementmöglichkeiten finden hierin keine Berücksichtigung. Auch
das Engagement durch Spenden ist nicht explizit aufgeführt. In ihrer
Kategorisierung unterscheiden die Autoren drei Arten des möglichen
Engagements: das direkte Engagement, das indirekte Engagement, sowie das
Engagement durch Anwaltschaft. Daneben eröffnet die Fachliteratur im
Schulkontext ein weiteres Engagementformat, das Engagement durch (Er-)
10
Forschung (vgl.Seifert et al, S.17ff.). Dazu gehört die Untersuchung eines
bestimmten Sachverhalts sowie die Erarbeitung von Lösungsvorschlägen.
Insbesondere bei der Verknüpfung mit Lehrinhalten hat dieses Engagementformat
eine besondere Bedeutung (vgl. Baltes, S.2).
1.6. Vereinswesen und freiwilliges Engagement
Das Vereinswesen scheint auf den ersten Blick wie geschaffen, um Jugendlichen
Raum zu bieten, sich freiwillig zu engagieren. Sie unterscheiden sich nach Hansen
durch folgende fünf Merkmale von anderen Organisationsformen: die Freiwilligkeit
der Mitgliedschaft, die Freiwilligkeit der Mitwirkung (Engagement), die Ausrichtung
der Organisationsinteresses nach den Wünschen seiner Mitglieder, eine
demokratische Entscheidungsstruktur und Autonomie gegenüber Dritten (vgl.
Hansen 2008, S.20ff).
Gerade in den letzten Jahrzehnten jedoch vollzieht sich ein Umbruch in den
Vereinen, welcher sie vor eine ernsthafte Herausforderung stellt. Zwar sind die
Mitgliederzahlen in gemeldeten Vereinen nach wie vor auf einem hohen Niveau.
Doch gerade beim zweiten der eben genannten Wesensmerkmale, dem
Engagement seiner Mitglieder, entstehen Schwierigkeiten. Es fällt ihnen nicht
mehr so leicht wie früher, unter ihren Mitgliedern Freiwillige für die Arbeit in ihren
Strukturen zu rekrutieren (vgl. Zimmer 2005, S.10).
Dies ist einerseits auf eine allgemeine Veränderung der Gesellschaft
zurückzuführen. Mit der voranschreitenden Flexibilisierung von
Arbeitsverhältnissen und der zunehmenden Individualisierung von Lebensläufen
(vgl. Beck 1986, S2.05ff) ist die Ausübung einer längerfristigen und regelmäßigen
Tätigkeit im Verein unwahrscheinlicher geworden. Aber auch das grundlegende
Problem der Kollektivierung von eigenen, unentgeltlich erbrachten Leistungen im
Verein stellt ein Problem bei der Mitgliederaktivierung dar (vgl. Hansen 2008,
S.20). All diese Entwicklungen machen auch vor den Jugendabteilungen von
Vereinen nicht Halt. Auch sie haben dem Rückgang von aktiven Mitgliedern zu
kämpfen.
11
1.7. Lebenswelt von Jugendlichen
Um das Engagementpotenzial von Jugendlichen zu erfassen, bedarf es zunächst
einer Betrachtung ihrer Lebenswelt. Es muss der Blick darauf gerichtet werden,
unter welchen Bedingungen Kinder und Jugendliche heutzutage aufwachsen und
in welchem Maße diese Bedingungen ihre Sozialisation beeinflussen.
Wie Beck schon 1986 feststellte leben wir in einer Risikogesellschaft (vgl. Beck
1986, S205ff). Die Bedingungen dieser Risikogesellschaft haben sich aber nicht
gewandelt, sondern genau das Gegenteil scheint der Fall. Ein Großteil der in
seinem Werk beschriebenen Entwicklungen hat sich nochmals verschärft und zu
einer stärkeren Ungleichverteilung von Entfaltungsmöglichkeiten geführt
(Onlinequelle 2).
Um das Maß dieser Arbeit nicht zu sprengen, sollen in der anschließenden
Betrachtung nur die wichtigsten Faktoren aufgezählt werden, die das Aufwachsen
von Kindern und Jugendlichen in der heutigen Zeit beeinflussen.
An erster Stelle soll die Veränderung des Arbeitsmarktes genannt werden. Der
Druck auf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist besonders stark gewachsen.
Ihnen wird eine höhere Flexibilität (vgl. Onlinequelle 3) und Mobilität (statistisches
Bundesamt 2012, S.82ff) abverlangt, um Karrierechancen wahrzunehmen und das
Risiko von Arbeitslosigkeit betroffen zu sein ist ungleich höher als zu früheren
Zeiten. Natürlich haben diese Entwicklungen, die sich in der Erwachsenenwelt
abspielen, auch Auswirkung auf Kinder und Jugendliche (vgl. Onlinequelle 4). Sie
spüren schon früh den Druck, „etwas aus ihrem Leben zu machen“ (vgl.
Onlinequelle 5). Gleichzeitig können die Arbeitslosigkeit der Eltern oder häufige
Ortswechsel auf der Suche nach Beschäftigung zu einer Unbeständigkeit in
sozialen Beziehungen und damit eventuell zu Individualisierungserscheinungen
führen.
Auch das Aufweichen von familiären Bindungen, die Wirkungslosigkeit von
traditionellen Orientierungshilfen wie Kirche und die gestiegene Pluralität an
Lebensentwürfen haben die Sozialisation verändert (vgl. Beck 1986, S205ff).
Unter den veränderten Bedingungen gewinnt die soziale Herkunft an Bedeutung.
Sie kann der Grundstein dafür sein, ob ein Kind im späteren Leben erfolgreich
sein wird oder nicht. Auch in Bezug auf die Bereitschaft, sich in gemeinschaftliche
Entscheidungsprozesse einzubringen lässt sich ein Zusammenhang zu sozialer
12
Herkunft feststellen (vgl. Calmbach et al 2013 S.51ff). Die berühmt berüchtigte
„Schere zwischen Arm und Reich“ öffnet sich schon im Jugendalter. Um dies zu
betrachten soll nachfolgend kurz auf die Sinus-Milieustudie eingegangen werden.
1.7.1. Sinus-Milieustudie, Engagement und demokratisches Bewusstsein
Der Begriff der sozialen Milieus hat in der Sozialwissenschaft eine lange Tradition
und hat auch mittlerweile den Weg in die Alltagssprache gefunden. Die
Schematisierung der Gesellschaft in soziale Schichten oder Klassen hat, ob der
hinzugewonnenen Vielfältigkeit an Lebensentwürfen, an Trennschärfe verloren
und erscheint veraltet. Die Aufgliederung in Milieus erscheint angebracht, da sie
Gruppen anhand ihrer Grundwerte und Prinzipien der Lebensführung betrachtet.
Hierbei wird die Wandelbarkeit von Lebensentwürfen nicht außer Acht gelassen
und es finden sich in der Darstellung oft fließende Übergänge zwischen sozialen
Milieus (Barth et al 2013, S.12ff). Im Folgenden soll nun betrachtet werden,
welche Milieus besonders affin für Engagementvorhaben sind. Im gleichen
Atemzug soll auch ihre Bereitschaft zur politischen Partizipation untersucht
werden.
In der Sinus-Milieustudie 2012 stellten ihre Autoren, Peter Martin Thomas und
Martin Calmbach, 8 verschiedene Milieus heraus. In ihrer Unterteilung werden sie
jeweils nach Bildungsgrad und Einkommenssituation in Elternhaus sowie
Grundorientierung (traditionell, modern, postmodern) unterschieden.
Bei allen Milieuzugehörigkeiten fällt ins Auge, dass Gemeinwohlorientierung und
Demokratiebewusstsein scheinbar zusammenhängen. Bei Jugendlichen, die eine
hohe Gemeinwohlorientierung aufweisen, lässt sich in der Regel auch ein gutes
Verständnis von Politik sowie ein ausgeprägtes demokratisches Bewusstsein
feststellen (sozialökologisches Milieu). Bei Jugendlichen, die sich hingegen vom
gesellschaftlichen Fortschritt ausgegrenzt fühlen (prekäres Milieu), ist kaum
Engagementbereitschaft zu erkennen. Auch ihr politisches Interesse ist sehr
gering. Es tritt lediglich dann zu Tage, wenn sie aus ihrer lebensweltlichen
Erfahrung heraus soziale Missstände benennen und anprangern. Eine ähnliche
Feststellung bezüglich Engagementbereitschaft und demokratischem Bewusstsein
lässt sich auch für Jugendliche aus dem materiell-hedonistischen Niveau treffen.
13
Auch sie zeigen wenig Bereitschaft, sich im Gemeinwesen zu engagieren und
politischen Themen begegnen sie ablehnend (vgl. Calmbach et al 2013 S.36ff).
In der Sinus Milieustudie wird deutlich, inwiefern Gemeinwohlorientierung,
demokratische Mitwirkungsbereitschaft und soziale Herkunft voneinander
abhängig sind. In Anbetracht dieser Korrelation kann angenommen werden, dass
Engagementerfahrungen ein Zugangsweg sein können, um Prozesse
demokratischen Lernens in Gang zu setzen. Insbesondere in der Arbeit mit
sogenannten „bildungsfernen“ oder „benachteiligten“ Jugendlichen aus dem
prekären und materialistisch-hedonistischen Milieu kann der Zugang durch
lebensweltnahe Engagementerfahrungen geeignet sein, um sie in der Entwicklung
ihres demokratischen Bewusstseins zu fördern.
14
2.Engagement aus demokratiepädagogischer Perspektive Aus demokratiepädagogischer Sicht finden sich im freiwilligen Engagement von
Jugendlichen gute Chancen, um hieran anzuknüpfen. Insbesondere die
Verknüpfung von demokratischen Werten und Grundhaltungen mit konkretem
Handeln (vgl. Himmelmann S.8ff) scheint im freiwilligen Engagement besonders
bedeutsam. Bevor jedoch voreilig Schlüsse hieraus gezogen werden, sollten die
theoretischen Grundlagen demokratischer Bildung und Erziehung näher betrachtet
werden.
Hierzu soll mit einem kurzen Einstieg die Grundlagen der Vermittlung von
demokratischen Normen und Werten begonnen werden. Im Mittelpunkt dieser
ersten Betrachtung stehen die Konzepte von John Dewey und Gerhard
Himmelmann. Danach werden hieraus die wichtigsten pädagogischen Ansätze
herausgearbeitet und zusammengetragen, um diese im Anschluss auf ihre
Realisierung in möglichen Engagementprojekten zu überprüfen
2.1. John Dewey: Begründer der modernen Demokratiepädagogik
John Dewey gilt gemeinhin als der Begründer der modernen
Demokratiepädagogik. Er lebte von 1859 bis ins Jahr 1952 und setzte sich für eine
Demokratisierung aller Lebensbereiche ein. Dieses weitreichende Verständnis von
Demokratie ist eng verknüpft mit Deweys pädagogischen Ansichten.
Nach Deweys Überzeugung umfasst der Begriff Demokratie weit mehr als die
bloße Form der gemeinschaftlichen Entscheidungsfindung. Für ihn ist sie in allen
Ebenen des menschlichen Miteinanders sichtbar und findet sich auch in den
kleinsten Nieschen des Alltäglichen wieder. Am deutlichsten wird diese Auffassung
in einem der wichtigsten Sätze seines Hauptwerkes „Democracy and Education“
(zu deutsch: „Demokratie und Erziehung“) sichtbar: „Die Demokratie ist mehr als
eine Regierungsform; sie ist in erster Linie eine Form der gemeinsamen und
miteinander geteilten Erfahrung“ (Dewey 1993, S.121).
Demokratie als Regierungsform etabliert sich dieser Auffassung zufolge vorrangig
durch den demokratischen Umgang der an ihr Beteiligten Individuen. In den
Formen des Umgangs untereinander werden die ihr zugrunde liegenden Werte
15
von Freiheit und Gleichheit sichtbar. Durch die Schaffung von demokratischen
Grundlagen im zwischenmenschlichen Handeln werden Voraussetzungen für ihre
demokratische Mitgestaltung der Gesellschaft geschaffen. Die tägliche
Auseinandersetzung mit demokratischen Wertvorstellungen führt zu einer
Verinnerlichung dieser. Das Entwickeln dieser demokratischen
Handlungsmaximen ermöglicht letztlich auch ihre Anwendung im
gesellschaftlichen Rahmen.
Eng verknüpft ist diese staatsphilosophische Auffassung auch mit Deweys
Grundgedanken zur Entstehung der Verfassung der Vereinigten Staaten von
Amerika. Hierzu sagt er folgendes: „Das klare Bewusstsein eines
gemeinschaftlichen Lebens, mit allem, was sich damit verbindet, konstituiert die
Idee der Demokratie. “ (Dewey 1996, S.129). Der demokratische Umgang ist
demnach nicht Folge eines formal demokratischen Rechtssystems, sondern
konstituiert dessen Grundvoraussetzung. In der Geschichte finden sich zahlreiche
Negativbeispiele gescheiterter Demokratien, welche diesen Zusammenhang auf
traurige Weise dokumentieren. (z.B. Weimarer Republik, Afghanistan, Irak)
Aus den demokratischen Grundüberlegungen Deweys lässt sich folgendes
festhalten: Demokratie auf staatlicher Ebene bedarf der demokratischen Routine
ihrer Bürgerinnen und Bürger. Diese demokratische Routine kann jedoch nicht erst
nicht erst mit Vollendung des 18. Lebensjahres und dem Erreichen des Wahlalters
erschlossen werden. In Anknüpfung an Deweys pädagogische Überlegungen
muss die Etablierung demokratischer Werte und Normen bereits weitaus früher
beginnen, am besten im Kindesalter. Hierzu müssen nach seiner Überzeugung
staatliche Bildungsinstitutionen, aber auch Erziehung im Allgemeinen von einem
demokratischen Geiste durchdrungen sein (vgl. Reich 2005, S.52ff). Die tägliche
Beteiligung Heranwachsender an sie betreffenden Entscheidungen kann hierfür
ein wichtiger Schritt sein. Durch das Schaffen von alltäglichen Situationen, in
denen ein demokratisches Miteinander geübt werden kann, wird die Entwicklung
eines demokratischen Bewusstseins vorangebracht.
2.2. G. Himmelmann: Weiterentwicklung von Deweys Vorstellungen
Gerhard Himmelmann schließt sich den grundsätzlichen Überlegungen Deweys
16
von „Demokratie als Lebensform“ (Himmelmann 2004, S.10) an. In seinen
Ausarbeitungen versucht er die von Dewey verfassten Grundsätze von
Demokratie und Pädagogik auf die Verhältnisse in Deutschland zu übertragen und
weiterzuentwickeln. In besonderer Weise fällt der lebensweltliche Bezug auf, um
welchen diese in Himmelmanns Arbeit bereichert werden. (vgl. Himmelmann 2004,
S.2f.).
Das Hauptaugenmerk von Himmelmanns Kritik an bisheriger Praxis politischer
Bildung liegt darin, dass diese vor allem ein „Politik-Lernen“ (Himmelmann, 2004,
S.2) zum Ziel hat, ohne dabei ein wirkliches Erleben von Demokratie möglich zu
machen. Deshalb fordert er eine thematische Erweiterung des Begriffs von
politischer Bildung zu einer „Erziehung zur Demokratie“ (Himmelmann 2004, S.2).
Demokratische Entfaltungsmöglichkeiten sollen im unmittelbaren Lebensumfeld
sichtbar werden. Durch diesen niedrigschwelligen und praktischen Zugang werden
konkrete Lebens- und Orientierungshilfen für Jugendliche geschaffen und
Prozesse des sozialen Lernens in Gang gesetzt, in denen letztlich auch eine
politische Dimension des gemeinsamen Handelns erkennbar wird (vgl.
Himmelmann 2004, S.2ff).
Einhergehend damit plädiert Himmelmann für eine Ausweitung von politischer
Bildung. Die Vermittlung des demokratischen Miteinanders darf nicht mehr allein in
der gymnasialen Oberstufe geschehen, sondern muss bereits im Grundschulalter
beginnen, um so die Basis für spätere Lernprozesse zu schaffen. Zu diesem
Zwecke schlägt er ein Stufenmodell vor, welches, je nach Alter bzw. Klassenstufe,
unterschiedliche Schwerpunktsetzungen beinhaltet (vgl. Himmelmann 2004, S.18).
„Die Selbstwirksamkeit und das soziale Selbstbewusstsein der Kinder und
Jugendlichen sollen möglichst im praktischen Lernen gestärkt werden und damit
zugleich das soziale Bewusstsein und die politische Sensibilität für Geschehnisse
im nahen und fernen Umfeld der Schüler gefördert werden.“ (Himmelmann 2004,
S.2). Hierin wird deutlich, dass nach Himmelmanns Ansicht eine Stärkung der Ich-
Kompetenz immer mit der Stärkung einer „Wir-Kompetenz“ einhergeht. Die
Wahrnehmung und Umsetzung eigener Bedürfnisse stärkt Kinder und Jugendliche
letztlich in ihrer Kompetenz, Interessen anderer wahrzunehmen und
anzuerkennen. Auf dieser Basis lernen sie ihre Umwelt kennen und treten mit ihr
in Interaktion.
17
2.3. Lernen als subjektgeleiteter Prozess des Erlebens
In den Überlegungen Deweys und Himmelmanns wird deutlich, dass beide ein
subjektorientiertes Verständnis von Bildung haben. Lernen wird demnach nicht als
pädagogisch steuerbarer Prozess der Wissensvermittlung verstanden, sondern
vielmehr als ein ganzheitlicher im lernenden Subjekt stattfindender
Erkenntnisgewinn betrachtet (vgl. Ludwig 2005 S.1ff).
Da sich Lernprozesse immer in der Lebens- und Erfahrungswelt ihrer
Adressatinnen und Adressaten abspielen, müssen Bildung und Erziehung den
Bezug hierzu finden. Vor dem Hintergrund der eigenen Lebensführung werden
Erlebnisse individuell verarbeitet und Erfahrungen hieraus gezogen. Lernen ist
damit letztlich ein vom Subjekt gestalteter Prozess der Selbstentfaltung, in
welchem sich sein Selbst- und Weltbild, in Abhängigkeit vom eigenen Erleben,
immer wieder neu entwickelt (vgl. Schneider 2009, S.4f).
Durch diese Herangehensweise erhält der Bildungsbegriff einen ganzheitlichen
Charakter, denn auch außerhalb von Bildungseinrichtungen finden sich zahlreiche
Erlebnisse, die zu einem Erkenntnisgewinn führen. Durch solch eine
Betrachtungsweise werden Schulen entlastet, denn sie tragen nicht mehr die
Hauptverantwortung für den Bildungs- und Erziehungsprozess von Kindern und
Jugendlichen. Vielmehr werden auch Familien und außerschulische Angebote der
Jugendarbeit hierdurch in die Pflicht genommen. Ausgehend von diesem
Lernverständnis müssen sich Erkenntnisgewinne jeglicher Art an den
Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen orientieren, um Lernerfolg zu
ermöglichen.
2.4. Demokratievermittlung
Auf Basis dieser Erkenntnisse lässt sich für die pädagogische Vermittlung von
demokratischen Normen und Werten folgendes festhalten:
Ein demokratisches Gesellschaftssystem braucht für seinen Fortbestand ein
demokratisches Bewusstsein, das in seinen konstituierenden Individuen tief
verwurzelt ist. Dieses Bewusstsein kann nicht nur auf rein kognitiver Ebene
18
vermittelt werden, sondern muss Bezug nehmen zu den Lebenswelten seiner
Adressatinnen und Adressaten und sich vor dem Hintergrund ihrer eigenen
Erfahrungen herausbilden. Dieser Prozess ist nur bedingt steuerbar. Da er sich im
Subjekt selbst vollzieht und sich vor dem Horizont seiner eigenen Wahrnehmungs-
und Verarbeitungsmuster abspielt, kann er pädagogisch zwar angestoßen und
begleitet werden, aber nur vom Subjekt selbst durch eigenen Erkenntnisgewinn
abgeschlossen werden. Durch das regelmäßige Erleben von demokratischen
Werten des zwischenmenschlichen Handelns, welche sich im Wesentlichen durch
den Freiheits- und Gleichheitsgrundsatz auszeichnen, wird das demokratische
Bewusstsein immer wieder aufs Neue herausgebildet und geschärft. Dieser
Prozess des Erlebens und Erfahrens führt zu einer Verinnerlichung durch das
lernende Subjekt.
Dadurch werden demokratische Handlungsweisen zu selbstverständlichen
Automatismen und konstruieren ein eigenes Bild von subjektiver Normalität.
Hierdurch wird das das Gerüst der formal-demokratischen Verfasstheit unserer
Gesellschaft mit Lebendigkeit erfüllt. Die bereits von Klein auf gelernten und
verinnerlichten Werte demokratischen Handelns finden dann nicht nur im
zwischenmenschlichen Handeln des unmittelbaren Lebensumfeldes Anwendung,
sondern auch im gesamtgesellschaftlichen Rahmen.
2.5. Demokratie-Lernen durch Erleben
Folgernd aus dem subjektiven Verständnis von Lernprozessen, liegt auf der Hand,
dass auch die Vermittlung von Demokratie einen subjektiven Zugang zu seinen
Adressatinnen und Adressaten finden muss. Es reicht nicht, allein auf die rein
kognitive Vermittlung eines demokratischen Miteinanders einzugehen. Demokratie
muss mit all ihren Facetten, Wirkmechanismen und Verhaltensnormen für
Heranwachsende ganzheitlich erfahrbar werden. Nur das eigene Erleben
ermöglicht eine tiefgehende Auseinandersetzung mit den Vorstellungen eines
demokratischen Zusammenlebens.
Exemplarisch für diese praxisnahen Zugang zu Lernprozessen, soll folgender Satz
von Dewey stehen: „Ein Gramm Erfahrung ist besser als eine Tonne Theorie, weil
jede Theorie nur in der Erfahrung lebendige und der Nachprüfung zugängliche
19
Bedeutung hat.“ (Dewey 2000, S.193).
Durch möglichst frühe und zahlreiche Selbstwirksamkeitserfahrungen in einem
demokratischen Miteinander können Kinder und Jugendliche hierin bestärkt
werden. Die tägliche Routine der Demokratie, das ständige Neu-Erleben und Neu-
Kennenlernen von demokratischen Prinzipien führt schließlich zu einer
Verinnerlichung. Die Übertragung dieser im Kleinen gewonnenen Erkenntnisse auf
den größeren Rahmen der Gesellschaft zeichnet letztlich das demokratische
Zusammenleben innerhalb der Gesellschaft aus (Himmelmann 2004, S.8f).
2.6. Demokratische Werthaltungen und soziale Kompetenzen
„Die Demokratie ist mehr als eine Regierungsform; sie ist in erster Linie eine Form
der gemeinsamen und miteinander geteilten Erfahrung“ (Dewey 1993, S.121). In
diesem Satz findet sich die Essenz von Deweys Grundauffassung von Demokratie
wieder. Ohnehin misst er dem Begriff Erfahrung eine große Bedeutung bei. Sie ist
seiner Meinung nach der Ursprung jeglicher Lernerfahrung und überwiegt in ihrer
Wirksamkeit allen kognitiven Lernprozessen (vgl. Dewey 2000, S.193). Hieraus
entwächst eine starke Handlungsorientierung. Die eben bereits erwähnten
Erfahrungen können nämlich nur im Kontext von anderen, ebenfalls lernenden
Subjekten stattfinden, welche ihrerseits auch Erfahrungsgewinne aus gemeinsam
erlebten Situationen schöpfen. Hieraus wird ersichtlich, dass die Gemeinschaft
(Peergroup) ein bedeutsamer Faktor für das Erlernen demokratischer
Umgangsformen ist. In ihrer gemeinsamen Zusammenleben entwickeln sich
innerhalb der Gemeinschaft (Peergroup) Normen und Werte (z.B. Gleichheit,
Autonomie, Solidarität etc.), die das zwischenmenschliche Handeln bestimmen.
Auf diese Weise konstituieren sich nicht nur kleine Gemeinschaften, sondern
ganze Demokratien ziehen ihren Ursprung aus dieser Überlegung. Sofern das
alltägliche Handeln der Individuen von diesen demokratischen Grundhaltungen
nicht nur abgeleitet, sondern bestimmt ist, werden diese verinnerlicht und ins
alltägliche Verhalten integriert.
Besonders bedeutsam für diese Lernprozesse ist der Gruppenkontext, in welchem
sie geschehen. Als Konsequenz der erfolgreichen Berücksichtigung gegebener
Werte und Prinzipien des Zusammenlebens erfährt das in ihr lernende Subjekt
20
Anerkennung und Wertschätzung. Im Sinne einer hierdurch erfahrenen Belohnung
entfaltet dies einen verstärkenden Effekt und soziales Verhalten innerhalb der
Gemeinschaft wird in gewisser Weise konditioniert (vgl. Bandura 1974, S. 206ff).
Handeln nach demokratisch-gemeinschaftlichen Prinzipien wird in Anlehnung an
dieses Lernverständnis nicht mehr als aktives Handeln wahrgenommen, sondern
erscheint mehr oder weniger als „normal“. Das, was hierdurch geschieht kann
auch als Herausbildung selbstverständlicher demokratischer Werte und
Handlungsmaximen bezeichnet werden. Bildung und Erziehung können diese
Bewusstseinsentwicklung begünstigen, indem sie in Gestalt ihrer Akteure nach
denselben Maßstäben agieren. Durch die Beobachtung anderer (hier Eltern,
Lehrer, Erzieher oder andere im Bildungs- und Erziehungskontext mit
Heranwachsenden interagierenden Personen) bilden sich im Individuum eigene
Vorstellungen davon, wie bestimmtes (in diesem Falle demokratisches) Verhalten
aussehen sollte (vgl. Bandura 1974, S. 215f.).
Auch in diesen Überlegungen wird die enge Verknüpfung von Demokratie und
Erziehung sichtbar. Ausgehend von diesem gedanklichen Fundament könnte man
gleichermaßen den Begriff Abhängigkeit hierfür verwenden. Ohne die Verknüpfung
von Erziehung und demokratischer Wertevermittlung, ist das
gesamtgesellschaftliche Konstrukt von Demokratie nicht realisierbar. Erziehung
hat im Sinne der Gesellschaft daher den Auftrag demokratische Wertvorstellungen
vorzuleben und in ihrer Entwicklung im lernenden Subjekt zu begünstigen.
Himmelmann fordert in seinem Werk die Öffnung von Schule und politischer
Bildung gegenüber sozialem Lernen (vgl. Himmelmann 2004, S.2f). Das Konzept
des Sozialen Lernens beruht auf den lernpsychologischen Überlegungen
Banduras. Hiernach finden Lernprozesse vor allem im Gruppenzusammenhang
statt. Im Kontext der Gemeinschaft werden durch das Mittel der Konditionierung
(vgl. Bandura 1974, S. 206ff) sowie das beobachtende Lernen am Modell Anderer
(vgl. Bandura 1974, S. 215f.) Erfahrungszuwächse geschaffen.
Im pädagogischen Bereich hat sich ein erweitertes Verständnis von sozialem
Lernen etabliert. Neben der Vermittlung demokratischer Normen des
Zusammenlebens steht vor allem die Vermittlung sozialer Verhaltensweisen und
Kompetenzen im Mittelpunkt des Lernprozesses (vgl. Wellhöfer 2001, S.99f).
Vor allem auf den zuletzt genannten Punkt nimmt Himmelmann oft Bezug. Der in
21
ihrer alltäglichen Interaktion stattfindende Lernprozess junger Menschen bezieht
sich nicht allein auf das Erleben und Erfahren von demokratischen Werten und
Handlungsmaximen. In ihrer alltäglichen Anwendung in einem solchen Lernumfeld
werden zugleich interaktionelle Kompetenzen des zwischenmenschlichen
Handelns erlernt und geübt, welche ebenso in der demokratischen Mitgestaltung
von Gesellschaft Anwendung erfahren können. Sowohl innerhalb von kleinen
Gruppen als auch im großen Gemeinschaftskontext des gesellschaftlichen
Zusammenlebens können diese Kompetenzen die Atmosphäre und damit letztlich
auch das subjektive Wohlempfinden aller Beteiligten verbessern.
Um eine Verwechslung mit dem Ursprungsbegriff des sozialen Lernens zu
vermeiden und zugleich die demokratische Bedeutung des Kompetenzgewinns zu
unterstreichen, soll im Rahmen dieser Arbeit stattdessen der Begriff
demokratische Kompetenzen gebraucht werden.
2.7. Lebensweltnahe Lernprozesse
Wie bereits im oberen Teil dieser Arbeit beschrieben wurde, können Lernprozesse
nicht allein auf kognitiver Ebene geschehen. Für ein tiefergehendes Verständnis
im Sinne eines Begreifens und Verinnerlichens müssen Lernerfahrungen
ganzheitlich wirken und sich an der Lebens- und Erfahrungswelt des lernenden
Subjekts orientieren. Deshalb muss es das vorrangige Ziel von Bildung sein,
praxisnahe Zugänge zu Lernerfahrungen zu schaffen und Kinder und Jugendliche
in ihrem eigenständigen Ergründen von Sinnzusammenhängen zu unterstützen.
Auch die demokratiepädagogischen Überlegungen Deweys und Himmelmanns
knüpfen hieran an. Demokratievermittlung umfasst mehr als die rein kognitive
Wissensweitergabe im schulischen Rahmen. Sie muss im Kontext von eigenen
Lebenswelten erlebbar werden. Hierdurch bieten sich Kindern und Jugendlichen
tägliche Übungsgelegenheiten, um ein demokratische Kompetenzen und Werte zu
entwickeln. Aus der alltäglichen Anwendungspraxis heraus, werden demokratische
Werthaltungen schließlich verinnerlicht und Fähigkeiten des demokratischen
Miteinanders ständig weiterentwickelt. Diese finden letztlich nicht nur im Kontext
der Gemeinschaft (Schulklasse, Projektgruppe) ihren Gebrauch, sondern werden
ebenso im späteren Alltagsleben einer demokratischen Gesellschaft wichtig sein.
22
Die enge Verknüpfung von Wissens- bzw. Fähigkeitsaneigenung und ihrer
Anwendung stellt einen grundlegenden Wesenszug von sozialem Lernen dar
(Wellhöfer 2001, S.98). Auch in der Ausgestaltung neuerer Bildungskonzepte
(z.B. Service-Learning) findet sich diese unmittelbare Verbindung von Theorie
(Wissensaneignung) und Praxis (Anwendung) wieder (vgl. Seifert et al 2012,
S.78f) und sorgt für den allseits bekannten „Aha-Effekt“.
Im Folgenden sollen nun die im freiwilligen Engagement stattfindenden
Lernprozesse genauer untersucht werden. Dabei wird überprüft, ob sich
Anknüpfungsmöglichkeiten für demokratische Lernerfahrungen finden. Letztlich
wird auf dieser Basis ausgewertet, inwieweit sich freiwilliges Engagement als
Praxismodell für demokratische Bildung eignet.
2.8. Erwerb von demokratischen Kompetenzen und Wertevermittlung
In den pädagogischen wie gesellschaftspolitischen Überzeugungen Deweys und
Himmelmanns finden sich bereits auf den ersten Blick zahlreiche
Anknüpfungspunkte, an welchen freiwilliges Engagement seine Wirkung entfalten
kann. Einige Autoren stützen ihre Überlegungen zur Einbindung von freiwilligem
Engagement in schulische Bildungsprozesse bereits hierauf und formulieren die
Stärkung von Demokratie und Zivilgesellschaft als eines der wichtigsten Ziele.
(vgl. Seifert/Zentner 2010, S.31ff.).
Im freiwilligen Engagement übernehmen Jugendliche Verantwortung für Andere
(vgl. 2 .Freiwilligensurvey, S.17). Sie werden aktiv für andere Menschen und
zeigen soziales Verhalten. Vor allem im Kontext sozialen Engagements für Andere
können Heranwachsende, aufgrund des intensiven und unmittelbaren Kontakts,
ein besonderes Maß an Anerkennung durch Adressatinnen und Adressaten
erhalten. Die sich hieran anschließenden Überlegungen zum sozialen Lernen
durch Konditionierung (vgl. Bandura 1974, S. 206ff) finden ihren Bezugspunkt
sowohl in ihrem eigenen als auch im gesellschaftlichen Kontext. Engagierte
erfahren nicht nur Anerkennung seitens ihrer Adressatinnen und Adressaten,
sondern auch Anerkennung durch das Umfeld. Der eintretende Effekt der positiven
Verstärkung durch Belohnung (vgl. Wellhöfer 2000, S.95f) in Form von
Anerkennung wirkt somit auf zwei verschiedenen Ebenen: Einerseits auf der face-
23
to-face Ebene der Interaktion im Engagement; andererseits durch die Erfahrung
gesellschaftlicher Nützlichkeit (vgl. Düx et al 2008, S.265).
Gerade dann, wenn die Engagementtätigkeit darin besteht, die Vertretung von
Interessen wahrzunehmen, lassen sich Veränderungseffekte beobachten und
bezüglich der Toleranz gegenüber anderen Meinungen beschreiben. Hierin finden
Lernprozesse statt, an deren Ende Jugendliche besser dazu in der Lage sind,
Wünsche und Erwartungen Anderer wahrzunehmen, anzuerkennen und trotz des
Umstandes, dass diese vielleicht den eigenen Ansichten widersprechen, zu
repräsentieren. Im Rahmen dieser Engagementaktivitäten lässt sich überdies ein
verstärktes Interesse sowie eine Wissensvertiefung bezüglich
Organisationsstrukturen und Entscheidungsabläufen feststellen. Auch dies lässt
sich als demokratische Kompetenz bezeichnen, da einhergehend damit auch das
Wissen über Rechte und Pflichten innerhalb der Gemeinschaft steigt, sowie
formale Kenntnisse demokratischer Willensbildung erworben werden. Überdies
kann auch eine Weiterentwicklung sozial-kommunikativer Kompetenzen im
Rahmen einer solchen Betätigung beobachtet werden (vgl. Düx et al 2008,
S.169f). Auch im Rahmen der schulischen Einbindung von freiwilligem
Engagement konnte wahrgenommen werden, dass Teilnehmende hierdurch in
ihrem Selbstbewusstsein gestärkt werden, ihre Kommunikationsfähigkeiten
weiterentwickeln und Kooperationserfahrungen sammeln (vgl. Furco 2002, S.23ff).
Es ist anzunehmen, dass diese Kompetenzentwicklung nicht nur im späteren
Berufsleben nützlich sein kann. Auch für die Teilnahme und das Verständnis von
demokratischen Prozessen können sie von Belang sein. Durch das Mittel der
Mitbestimmungs- und Mitgestaltungsmöglichkeiten, die sich im freiwilligen
Engagement bieten, werden konkrete Alltagserfahrungen gelebter Demokratie
möglich gemacht und demokratische Spielregeln eingeübt (Düx et al 2008 S.170).
Die Konfrontation mit Missständen und Notlagen regt Engagierte zusätzlich dazu
an, über diese nachzudenken( vgl. Reinders 2006, S.602). Auf der Basis ihres
eigenen Erfahrungshorizonts können sie sich ihre eigene Vorstellung einer
„besseren Welt“ bilden (vgl. Youniss et al 1997 S.243ff). Hierdurch wird die
Schaffung ethisch-moralischer Grundsätze begünstigt, an welchen sich auch ihr
Sozialverhalten orientiert.
Einhergehend mit dem Interesse an sozialen Problemen, durchläuft auch das
24
demokratische Bewusstsein im freiwilligen Engagement einen
Entwicklungsprozess. Ausgehend von ihren ethischen und moralischen
Vorstellungen werden Jugendliche angeregt, eigene politische Standpunkte zu
entwickeln. Im Engagement für Andere oder aber auch für ein bestimmtes
Anliegen setzen sich Jugendliche mit Inhalten und Ansichten auseinander und
entwickeln auf dieser Basis ihre eigene politische Identität (vgl. Youniss et al 1997
S.243ff).
Ein weiterer Zugewinn, den freiwilliges Engagement bieten kann, findet sich auf
der Ebene des Gemeinwesens. Durch die Erfahrung eigener
Handlungswirksamkeit, das Gefühl „etwas bewegen zu können“ wird die
Identifikation mit dem eigenen Lebensraum gestärkt. Diese Veränderungen wirken
sich nicht nur positiv auf das Gesamtbild aus, auch die Verbundenheit zum
Heimatort wird gestärkt (Seifert et al 2010, S.31). Engagementvorhaben von
Jugendlichen können somit also auch einen entscheidenden Anteil daran tragen,
die Abwanderung aus ländlichen Regionen zu bekämpfen.
Die erfolgreiche Aktivierung von Jugendlichen für freiwilliges Engagement ist in
ihrer Wirksamkeit langanhaltend und nachhaltig. Ein Großteil von ihnen lernt
hierdurch Verantwortungsbewusstsein und findet im Rahmen schulischer
Projekttätigkeiten Motivation für weiteres Engagement (vgl. Schmidt 2011, S.26ff).
Von ähnlichen Auswirkungen kann sicherlich auch im außerschulischen Rahmen
ausgegangen werden. Durch die frühe Auseinandersetzung mit freiwilligem
Engagement können Jugendliche im geschützten Rahmen an
zivilgesellschaftliches Handeln herangeführt und für weitere Betätigung motiviert
werden. Dadurch werden Hemmschwellen und Zugangshindernisse abgebaut und
ein aktives Einbringen in Verein, Gemeinwesen sowie gesellschaftliche Belange
erscheint wahrscheinlicher.
Zusammenfassend für demokratischen Kompetenzgewinn, Werteentwicklung,
sowie die Teilnahme an Entscheidungsfindungsprozessen durch freiwilliges
Engagement, soll ein Satz stehen, welchen Seifert und ihre Kolleginnen eigentlich
für das schulische Konzept „Lernen durch Engagement“ (LDE) formuliert hatten,
der sich aber auch gut auf außerschulische Engagementfelder übertragen lässt:
„[...] Die Gesellschaft profitiert dabei nicht nur vom ganz konkreten Engagement
der Kinder und Jugendlichen, […] sondern sie gewinnt auch eine engagierte
25
Generation, die gelernt hat, dass ihr Handeln einen Unterschied machen kann.“
(Seifert et al 2010, S.13)
2.9. Transzendierungserfahrungen
Auch auf den im freiwilligen Engagement stattfindenden Transzendierungsprozess
soll an dieser Stelle eingegangen werden. In Anlehnung an Eriksons Konzept von
Transzendenz (vgl. Erikson 1968) erarbeiteten Youniss und Yates ein dreistufiges
Modell, nach welchem sich Heranwachsende im freiwilligen Engagement analog
zu Ersiksons Beobachtungen zunehmend als aktiv handelnder Teil ihrer Umwelt
wahrnehmen.
Der Beginn des Transzendierungsprozesses im Engagementkontext ist
hauptsächlich geprägt vom eigenen Reflektieren und Hinterfragen. Durch den
Kontakt zu Bedürftigen werden Jugendliche angeregt, ihre Vorurteile gegenüber
diesen auf den Prüfstand zu stellen. Stereotype Vorstellungen von sozialen
Gruppen werden durch den Kontakt brüchig und weichen einer individualisierten
Betrachtung. Darauf folgend schließt die zweite Stufe der Transzendenzerfahrung
an. Hier beginnen engagierte Jugendlichen die soziale Situation von anderen mit
der eigenen zu vergleichen. Häufig nehmen sie dabei ihre eigene privilegierte
Stellung wahr. Als Reaktion darauf zeigen sie verstärkt prosoziales Verhalten
gegenüber Bedürftigen und setzen sich für ihre Interessen ein. Auch das
Einfühlungsvermögen für die Lebenslagen anderer Menschen steigt dabei. Die
dritte Stufe des Transzendierungsprozesses führt schließlich auf die
gesellschaftliche Ebene. Die konkreten Erfahrungen mit Bedürftigen im Kontext
des eigenen Engagements werden in die gesamtgesellschaftlichen Verhältnisse
eingeordnet. Dadurch erschließen sich den Heranwachsenden soziale
Zusammenhänge und Wirkungen politisch-gesellschaftlichen Handelns. Außerdem
entdecken sie ihre eigenen Handlungsoptionen, um Einfluss hierauf zu
nehmen.(vgl. Youniss/Yates 1997,S.20).
In einer in Deutschland durchgeführten qualitativen Studie konnte ebenfalls
bewiesen werden, dass freiwillig engagierte Jugendliche sich intensiver mit
gesellschaftlichen Verhältnissen auseinandersetzen und eine höhere
Transzendenz-Stufe erreichen, als solche, die sich nicht engagieren (vgl. Hofer
26
1999, S.114ff).
2.9.1. Agency und ideology
Ausgehend von den oben genannten Überlegungen erarbeiteten Youniss und
Yates zwei Wirkmechanismen, welche beim freiwilligen Engagement den
Transzendierungsprozessen zusätzlich beeinflussen. Zum Einen handelt es sich
dabei um die Erfahrung eigener Handlungswirksamkeit in der sozialen Interaktion
(agency). Dies ist nicht nur aus jugendpsychologischer Sicht von Bedeutung für
die Entwicklung von Jugendlichen (vgl. Noack 1990), sondern auch für die
Verinnerlichung gesellschaftlicher wie sozialer Werte und Normen. Reinders
schreibt hierzu: „Durch Aktivitäten im sozialen Kontext erhalten Heranwachsende
Rückmeldungen über adäquates Verhalten und integrieren die Fremd- in die
Selbstsicht.“ (Reinders, S.602).
Aufbauend auf den Aspekt der Handlungswirksamkeit (agency), geschieht im
freiwilligen Engagement auch die Auseinandersetzung mit vorgefertigten
Weltsichten (ideologies) und die Entwicklung eines eigenen politischen
Bewusstseins. Dazu äußert sich Reinders wie folgt: „Diese Weltsichten werden
von Jugendlichen als Resultat der Erfahrungen der eigenen
Handlungswirksamkeit […] und der von der gemeinnützigen Organisation
transportierten ideologies in die eigene Vorstellung integriert. […] Organisationen
wie Greenpeace, attac, oder kirchliche Einrichtungen liefern durch die Begründung
für eigenes Engagement, Weltsichten mit denen sich Jugendliche durch ihr
eigenes Engagement kritisch auseinander setzen. […] Auf dieser Basis erarbeiten
sich Jugendliche eine eigene Vorstellung über soziale Ordnungen und
gesellschaftliche Themen […].“ (Reinders 2006, S.603). Das freiwillige
Engagement liefert demnach Anregungen für Heranwachsende, sich mit
verschiedenen Weltsichten zu beschäftigen und hieraus ihre eigenen
gesellschaftlichen Vorstellungen zu entwickeln. Darin wird besonders deutlich,
dass Reinders es nicht als die primäre Aufgabe von Trägern freiwilligen
Engagements sieht, Jugendlichen ihre eigene gesellschaftspolitische Anschauung
zu vermitteln. Vielmehr liegt ihr Nutzen in der Anregung, welche Jugendliche
hierdurch erfahren.
27
2.10. Partizipation und Selbstwirksamkeit
Einen besonders hohen Stellenwert nehmen in der Fachliteratur die während
Engagementprozessen erfahrenen Selbstwirksamkeits- und
Partizipationserfahrungen ein. Sie sollen nachfolgend betrachtet werden.
Im freiwilligen Engagement werden Heranwachsende immer wieder vor neue
unbekannte Herausforderungen gestellt. Egal ob im sozialen Engagement, im
kulturellen Bereich, oder auch bei der Arbeit in Gremien, immer wieder stellen sich
den Engagierten neue unbekannte Aufgabenfelder oder eröffnen sich neue
Themengebiete, die es zu ergründen gilt (vgl. Düx et al 2008, S.121ff). Hierdurch
bietet sich ihnen die Gelegenheit, jeden Tag aufs Neue bis dahin verborgene und
unbekannte Kompetenzen zu entdecken und weiterzuentwickeln. Diese ständige
Neuerforschung von eigenen Stärken mündet schließlich in einer allmählichen
Aufwertung des Selbstbildes und führt zu einem stärkeren Selbstbewusstsein, mit
welchem Engagierte Aufgaben entgegentreten (vgl. BMFSFJ 2005, S.151). Eine
wie eben beschriebene Stärkung des Selbstbewusstseins hat sicherlich nicht nur
Auswirkungen auf die Wahrnehmung neuer Aufgaben, sondern schlägt sich
ebenso im Kontakt mit Gleichaltrigen wieder. Ein selbstbewusstes Auftreten kann
auch Auswirkungen darauf haben eigene Interessen einzubringen und
durchzusetzen. In der positiven Erfahrung eigener Wirksamkeit sehen auch
Autoren, die sich mit dem Programm „Demokratie und Lernen“ auseinander
gesetzt haben, einen wichtigen Beitrag zur Rechtsextremismusprävention
(Edelstein/Fauser 2001, S.58f.)
Zu dem hier beschriebenen Erwerb von demokratischen Handlungskompetenzen
schreiben Edelstein und Fauser in ihrem Gutachten Folgendes: „Ziel ist der
Aufbau handlungsbezogener und praxistauglicher Kompetenzen, mit denen
Jugendliche auf der Ebene elementarer politischer Gemeinschaften – Gruppe der
Gleichaltrigen, Schule, Gemeinde – mit Transferwert für das spätere Leben und für
größere politische Systeme etwas ‚anfangen’, die sie also mit Sinnerfahrung
verbinden können.“(Edelstein/Fauser 2001, S.30f.). Auch wenn das eben
beschriebene Gutachten seinen Bezugspunkt in der Schule findet, so kann seine
Gültigkeit dennoch auch auf das außerschulische Gemeinschaftsleben übertragen
28
werden. Nicht nur im Klassenzimmer finden sich Gemeinschaften, in denen sich
soziale Lernprozesse vollziehen können, auch im außerschulischen Lebensumfeld
stoßen Jugendliche auf Gruppenkonstellationen (z.B. Peergroup, Verein,
Jugendarbeit) die Raum hierfür bieten.
Eine große fachliche Diskussion eröffnete das eben erwähnte BLK-Programm
(Edelstein/Fauser 2001) vor allem hinsichtlich des Transfers. Zwar werden alle
Bausteine des Programms weithin als sinnvolle Elemente für soziale Lernprozesse
anerkannt, doch gleichzeitig wird oft und eindringlich vor der sogenannten
„Parallelisierungsfalle“ gewarnt (vgl. Petrik 2010 S.246). Gemeint ist hiermit, dass
schulische Erfahrungsräume in einer anderen Weise funktionieren als reale.
Demokratieerfahrungen, die im Rahmen von Schule gemacht werden benötigen
daher einer zusätzlichen Reflexionsleistung, um die politisch-demokratische
Systemebene mit Verallgemeinerungen des Denkens und Handelns zu erreichen
(vgl. Reinhardt 2010, S.125f.). Diese Schwierigkeit lässt sich allerdings nicht nur
am demokratischen Lernen im Schulkontext festmachen. Auch
Gruppenkonstellationen der freien Jugendhilfe oder im Vereinswesen können
kleine Parallelwelten sein.
Von besonderer Bedeutung für den eben beschriebenen Transfer scheint der
Aspekt der Partizipation zu sein. Ziel demokratischer Bildung und Erziehung ist es,
durch den Erwerb demokratischer Normen, Werte und Kompetenzen, die sich im
zwischenmenschlichen Handeln wiederfinden, junge Menschen zu einem
demokratischen Miteinander und politischer Partizipation zu führen. Nach den
Lernmodellentwürfen Deweys und Himmelmanns bilden sich Lernzuwächse aus
dem eigenen lebensweltlichen Erfahrungen junger Menschen (vgl. Himmelmann
2004, S.9f). Folglich müssen junge Menschen möglichst oft in die Lage gebracht
werden, aktiv in der Gruppe Partizipation zu üben, um auch in der Gesellschaft zu
partizipieren. Roger Hart hat 1997 die Leiter der Partizipation entwickelt. Die hierin
aufgeführten Grade der Partizipation reichen von der niedrigsten Stufe, der
Fremdbestimmung und Manipulation bis hin zur vollständigen Selbstverwaltung
auf der höchsten. (vgl. Hörmann 2013, S.5ff). Unter Hinzunahme der Erkenntnisse
Banduras zum Lernen am Modell (vgl. Bandura 1974, S. 215f.) sowie unter
Berücksichtigung der von Himmelmann geforderten Erfahrungsorientierung von
Lernprozessen muss es also demokratischer Erziehung gelingen, Jugendliche
29
aktiv und lebensweltnah an sie betreffenden Entscheidungen zu beteiligen, um in
der Übertragung der erzielten Lerneffekte, einen Anteil zu leisten, damit sich mehr
Menschen politisch beteiligen.
Ein hohes Maß an Partizipation ist für die Praxis von Kinder-und Jugendarbeit
nicht nur im Sinne einer Erziehung zu Demokratie (vgl. Himmelmann 2004, S.2)
sinnvoll, sondern kann darüber hinaus auch als rechtliche Verpflichtung betrachtet
werden (Vgl. §11 Abs.1SGB VIII).
Im freiwilligen Engagement geschieht Partizipation nicht nur im Mikrokosmos der
Gruppe, auch in gesellschaftliche Verhältnisse mischen sich Engagierte aktiv ein
und nehmen hierdurch ihre Möglichkeit wahr, etwas zu bewirken und zu
verändern.
2.11. Engagement und politische Partizipation
Menschen, die sich in ihrer Jugend freiwillig engagieren, beteiligen sich auch
später mit einer höheren Wahrscheinlichkeit an politischen Prozessen der
Entscheidungsfindung, als solche, die sich nicht engagieren. Diverse nationale
und internationale Forschungsergebnisse belegen diesen Zusammenhang (vgl.
Reinders 2006, S.2ff.; vgl. Hofer 1999, S.114 ff.; vgl. Preis S.531 ff.).
An erster Stelle als Erklärung hierfür sollen zuvor bereits aufgeführten agency-
und ideology-Erfahrungen sowie die Übung von prosozialem Verhalten im
Freiwilligen Engagement genannt werden. In einer Studie zu diesem Thema, fand
Reinders heraus, dass der Einfluss von prosozialem Verhalten im Kontext von
freiwilligem Engagement die stärkste Wirksamkeit auf spätere Bereitschaft zur
politischen Mitwirkung hat, dicht gefolgt von der Erfahrung eigener
Handlungswirksamkeit (agency) (vgl. Reinders 2006 S.604 ff.).
Der Einfluss von prosozialem Verhalten auf spätere demokratische Beteiligung
findet seine Begründung darin, dass durch freiwilliges Engagement soziale
Handlungsweisen und Kompetenzen in stetiger Wiederholung Anwendung
erfahren und geübt werden.
Die Erfahrung eigener Handlungswirksamkeit (agency) fällt, Reinders'
Betrachtungen zufolge, umso stärker aus, je deutlicher sich das Engagement an
sozial schwache oder Benachteiligte richtet (vgl. Reinders 2006, S. 611). Dieser
30
Effekt lässt sich vor allem durch die Unmittelbarkeit der darin stattfindenden
Wirkungszusammenhänge erklären. In dem Engagement für soziale benachteiligte
Menschen werden Auswirkungen des eigenen Handelns sehr schnell und sehr
deutlich sichtbar. Durch den direkten Kontakt mit der Zielgruppe erhalten
Jugendliche in diesem Engagement ein direktes Feedback. Dadurch erfährt die
Handlungswirksamkeit einen besonderen Auftrieb.
In seiner Untersuchung fand Reinders außerdem heraus, dass die im Engagement
stattfindende Auseinandersetzung mit Weltanschauungen (ideologies) den
geringsten Mediationseffekt auf spätere politische Beteiligungsprozesse hat (vgl.
Reinders 2006, S.611f). Auch dies lässt sich mit Deweys Überlegungen zum
erfahrungsorientierten Lernen begründen. Da die ideologische
Auseinandersetzung nicht im thematischen Mittelpunkt der Engagementtätigkeit
steht, geschieht sie zeitversetzt. Freiwilliges Engagement kann für diesen
Selbstfindungsprozess dennoch eine wichtige Funktion übernehmen, da in ihm
implizit Werte des demokratischen Zusammenlebens transportiert werden.
Im Rahmen des Transzendierungsprozesses setzen sich Jugendliche mit ihrer
Umwelt auseinander und nehmen sich selbst als wirkender Bestandteil dieser
wahr. Laut Reinders' Untersuchung läuft er in mehreren Stufen ab, in deren
Verlauf Vorurteile abgebaut und gesellschaftliche Verhältnisse hinterfragt werden.
Dies befördert die Herausbildung einer von Humanität und Solidarität geprägten
politischen Identität.
Der hohe Grad an Partizipationsmöglichkeiten, der sich Jugendlichen im
freiwilligen Engagement bietet, erfüllt nicht nur einen gesetzlichen Auftrag,
sondern schafft ebenso wichtige Erfahrungen von Handlungswirksamkeit. Sie
können bedeutsam sein für die spätere Beteiligung an demokratischen
Entscheidungsprozessen. Die Bewusstwerdung von Auswirkungen des eigenen
Handelns stärkt die Zuversicht, auch innerhalb der Gesellschaft Veränderungen
bewirken zu können.
31
3. Freiwilliges Engagement im Rahmen von Jugendarbeit Bisher konnte gezeigt werden, dass freiwilliges Engagement Jugendliche in ihrer
demokratischen Bewusstseinsbildung nachhaltig unterstützen kann. Im Rahmen
der Lernprozesse, die hierin stattfinden, begeben sich Heranwachsende in
Austausch mit ihrer lebensweltlichen Umgebung und erkunden eigenständig
gesellschaftliche Zusammenhänge. Hierdurch werden soziale und interaktionelle
Kompetenzen geschult, die für das gemeinschaftliche Leben wichtig sind. Die
Konfrontation mit unterschiedlichen Lebenslagen regt zur Entwicklung eigener
ethischer und moralischer Wertvorstellungen an. Durch die Auseinandersetzung
mit gesellschaftlichen Verhältnissen wird überdies die Entfaltung einer eigenen
politischen Identität gefördert. Auch im Rahmen von Jugendarbeit werden die
eben beschriebenen Inhalte thematisiert und bearbeitet.
Zuständig für alle außerhalb von Familie und Schule stattfindende Förderung von
Jugendlichen ist das Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG). Es befindet sich im
achten Sozialgesetzbuch (SGB VIII). Im Sinne KJHG zählen alle
außerschulischen, nichtkommerziellen Bildungsangebote für Heranwachsende zur
Jugendarbeit. Auch die Arbeit von Vereinen und Verbänden (vgl. § 75 SGB VIII)
fällt hierunter.
3.1. Rechtliche Einordnung
Das SGB VIII ist die Arbeitsgrundlage für alle Angebote von Jugendarbeit. Bereits
im ersten Paragraphen, welcher die programmatischen Ziele definiert, wird der
Gedanke einer ganzheitlichen Bildung und Erziehung im demokratischen Sinne
sichtbar, wenn es heißt: „Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner
Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und
gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit.“ (§1 Abs.1 SGB VIII).
Das hierin transportierte Erziehungsziel verweist nicht nur auf die Entwicklung von
Selbstständigkeit und soziale Reife (eigenständige Persönlichkeit), auch der
Aspekt der Gemeinschaftsfähigkeit erhält angesichts zunehmender
Individualisierung und Entsolidarisierung eine ebenso wichtige Bedeutung (vgl.
Wiesner 2011, S.20).
32
Als Förderziel gilt demnach nicht nur Bildung im formellen Sinne, das heißt die
Vorbereitung auf den Berufseinstieg. Auch die interaktionellen Kompetenzen in
sozialen Zusammenhängen werden als Entwicklungsaufgabe betrachtet. Die
Einbindung von Heranwachsenden in Zivilgesellschaft sowie das Erlebbarmachen
von demokratischen Prozessen gehört genauso zu ganzheitlichen Bildungsbegriff.
Vermittelt durch das Erziehungsziel einer eigenständigen und gesellschaftsfähigen
Persönlichkeitsentwicklung, wird gleichermaßen das Bild einer ursprünglichen
individualisierten und nicht gesellschaftsfähigen kindlichen Persönlichkeit
gezeichnet. Erklärtes Ziel der Kinder- und Jugendhilfe ist es demnach
Heranwachsende in ihrem notwendigen Prozess des Erwachsenwerdens und der
Reifung zur Gesellschaftsfähigkeit durch erzieherische Tätigkeit zu unterstützen.
(vgl. Möller/ Nix 2006, S.25).
Diesen Erziehungsauftrag teilen sich Eltern, staatliche Einrichtungen (Schulen)
und Träger der freien (vgl. §75 SGB VIII) wie öffentlichen Jugendhilfe (vgl. §69
SGB VIII) gleichermaßen. Nur wenn sie als Instanzen von Bildung und Erziehung
gemeinsam, planvoll und einander ergänzend agieren, kann der
Erziehungsauftrag in seiner Gänze wahrgenommen werden. Die demokratische
Erziehung von Kindern und Jugendlichen kann also nicht allein die Aufgabe von
Jugendarbeit sein. Um erfolgreich zu handeln, ist sie maßgeblich auf
Unterstützung durch Familie, Schule und Träger der öffentlichen Jugendhilfe
angewiesen.
Überdies wird durch die Formulierung „Jeder junge Mensch hat ein Recht auf
Förderung [...]“ (§1 Abs.1 SGB VIII ) nicht nur das allgemeingültige Erziehungsziel
definiert, sondern es wird hieraus auch ein subjektiver Rechtsanspruch hergeleitet.
Dieser ist zwar nicht einklagbar (weil dies mit Art.6 GG kollidieren würde), dennoch
wird durch die Wahl der Formulierung deutlich, dass Heranwachsende keineswegs
nur als Objekte von Bildungsangeboten im Fokus stehen. Es gilt, ihre Subjektivität
im Kontext von Bildungs- und Erziehungsmaßnahmen zu beachten und
anzuerkennen. Hieran knüpft auch der Grundsatz der Wahlfreiheit sowie der
generellen Freiheit der Inanspruchnahme (vgl. §5 SGB VIII) an. Auch der
Leitgedanke einer partizipativen Jugendarbeit, die sich an den Interessen ihrer
Adressatinnen und Adressaten orientiert (vgl. §11 Abs.1 Satz 2 SGB VIII), ist hier
bereits verwurzelt (vgl. Schellhorn 2007, S.29).
33
Im selben Paragraphen wird auch die Forderung aufgestellt, dass Jugendhilfe
einen Beitrag dazu leisten soll „positive Lebensbedingungen für junge Menschen
und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten
oder zu schaffen“ (§1 Abs.3 (4) SGB VIII). Hierdurch wird das gesellschaftliche
Globalziel einer vom Sozialstaatsgebot geleiteten demokratischen Gesellschaft
erkennbar (Möller/ Nix 2006, S.25). Ziel öffentlicher und freier Jugendhilfe ist es
demnach nicht nur, für Kinder und Jugendliche pädagogisch wichtige
außerschulische Bildungsangebote bereitzustellen. Durch ihre Arbeit soll
gleichzeitig ein für die Persönlichkeitsentwicklung förderliches solidarisch
geprägtes Umfeld geschaffen werden.
Gerade in der Initiierung von sozialen Engagementaktivitäten im Rahmen von
Jugendarbeit lassen sich die pädagogische Herangehensweise und die von
gesetzlicher Seite geforderte Wirkung kombinieren. Es wird einerseits der
gesellschaftliche Bildungsauftrag (§1 Abs.1 SGB VIII) wahrgenommen, gleichzeitig
aber auch aktiv an der Schaffung eines besseren Umfeldes, das diese
Lernerfahrungen begünstigt (§1 Abs.3 (4) SGB VIII) gearbeitet. Auch der
lebensweltliche Bezug von Angeboten der Jugendarbeit lässt sich hierauf
begründen. In ihrer Ausrichtung orientieren sie sich nicht allein an den Interessen
der Jugendlichen, sondern versuchen auch Bezug zu lebensweltlichen
Bedingungen herzustellen. Das Lebensumfeld ist im freiwilligen Engagement der
Ort, an dem Bildungsprozesse sich vollziehen und zugleich auch der Ort, an sie
ihre Wirkung entfalten. Der sich hierin wiederfindende Grundgedanke einer
intakten solidarischen Zivilgesellschaft ist eine weitere Schnittstelle zwischen
Zielvorstellungen der Jugendhilfe und freiwilligem Engagement. Die freiwillige
Betätigung im Einsatz für Andere trägt zu dem Gesellschaftsentwurf bei und
entfaltet gleichzeitig pädagogische Wirksamkeit.
Durch den aktiven Eingriff in gesellschaftliche Rahmenbedingungen werden
Jugendliche darüber hinaus animiert, sich mit diesen auseinanderzusetzen (vgl.
Youniss et al 1997 S.243ff). Die darin stattfindende Herausbildung eigener Werte
und gesellschaftlicher Ansichten, erfüllt ebenfalls den Anspruch einer
ganzheitlichen Bildung (vgl. §1, §11 SGB VIII). Die hierin erfahrene
Handlungswirksamkeit stärkt das Selbstbewusstsein und fördert Kinder und
Jugendliche in ihrer Entwicklung zur eigenständigen (eigenverantwortlichen)
34
Persönlichkeit (vgl. §1 Abs.1 SGB VIII).
Auch in Paragraph 9 wird auf die Grundrichtung der Erziehung durch Träger der
Jugendhilfe hingewiesen. Hierin steht: „Bei der Ausgestaltung der Leistungen und
der Erfüllung der Aufgaben sind […] die wachsende Fähigkeit und das wachsende
Bedürfnis des Kindes oder des Jugendlichen zu selbständigem,
verantwortungsbewusstem Handeln […] zu berücksichtigen“ (§9 SGB VIII).
Dies knüpft thematisch an den ersten Paragraphen an. Sowohl die wachsende
Selbstständigkeit als auch die sozialen und kulturellen Bedürfnisse
Heranwachsender werden aufgegriffen (vgl. Schellhorn, S.77). Einhergehend
damit wird auch das Bedürfnis Heranwachsender nach verantwortungsbewusstem
Handeln postuliert. Verantwortungsbewusstsein und Verantwortungsübernahme
sind demnach nicht nur wichtige Entwicklungsschritte in der Erziehung, sondern
vielmehr auch ein Grundbedürfnis der Persönlichkeitsentfaltung junger Menschen,
welches es in der täglichen Arbeit gemäß §9 Abs. 2 zu berücksichtigen gilt. Die
Aufnahme eines freiwilligen Engagements kann diesem „Bedürfnis nach
Verantwortungsübernahme“ Rechnung tragen. In ihm üben engagierte tagtäglich
Verantwortungsübernahme. In einem späteren Teil der Arbeit soll auf den Aspekt
des Verantwortungsgefühls noch im Speziellen eingegangen werden.
In diesem Rechtsabschnitt wird überdies auch die Subjektstellung von Kindern
und Jugendlichen in Bezug auf das Gesetz nochmals hervorhoben und ihrem
Autonomiebedürfnis bei der Persönlichkeitsentwicklung Rechnung getragen. (vgl.
Meysen 2013 S.164). Durch die Betonung der Freiwilligkeit in
Engagementkontexten wird dieser Selbstbestimmungswunsch integriert. Die
hieraus entstehende Mischung knüpft an das intrinsische Bedürfnis nach
Verantwortungsübernahme (vgl. §9 SGB VIII) an und fördert die Entwicklung
selbsttätigen Handelns. Nicht nur Fähigkeiten, die ein eigenständiges Leben
ermöglichen werden vorangebracht, auch Fähigkeiten, die ein Leben in
Gesellschaft ausmachen (Kommunikationsfähigkeit, Kooperationsbereitschaft etc.)
werden aufgegriffen und gefördert.
Die Paragraphen 11 bis 15 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes beschäftigen sich
explizit mit dem Bereich von Jugendarbeit, aber nur der erste von ihnen liefert
tatsächlichen Bezug zu der pädagogischen Arbeit mit freiwillig Engagierten. Er
lautet wie folgt: „[…] Jungen Menschen sind die zur Förderung ihrer Entwicklung
35
erforderlichen Angebote der Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen. Sie sollen an
den Interessen junger Menschen anknüpfen und von ihnen mitbestimmt und
mitgestaltet werden, sie zur Selbstbestimmung befähigen und zu gesellschaftlicher
Mitverantwortung und zu sozialem Engagement anregen und hinführen.“ (§11
Abs.1SGB VIII )
Hierin wird nicht nur der lebensweltliche Bezug deutlich, den
Jugendarbeitsangebote gemäß dem gesetzgeberischen Willen herstellen sollen,
auch der Aspekt der partizipativen Mitgestaltung durch Kinder und Jugendliche
wird besonders hervorgehoben. Darüber hinaus findet im letzten Teil der Vorschrift
ein klares Bekenntnis zum freiwilligen Engagement statt. An dieser Stelle taucht
das Wort „Engagement“ zum ersten und einzigen Male im Kinder- und
Jugendhilfegesetz auf. Partizipation und Mitgestaltung haben in dieser Vorschrift
einen eher gemeingültigen Charakter und gelten für alle potenziellen
Tätigkeitsfelder von Jugendarbeit.
Es kann davon ausgegangen werden, dass der Begriff „soziales Engagement“ in
diesem Kontext bewusst benutzt worden ist, um Missverständnisse zu vermeiden.
Da sich der nächste Paragraph thematisch auf die Arbeit von Vereinen und
Jugendverbänden bezieht, wird für diese Betätigung stattdessen das Wort
„Ehrenamt“ benutzt. Hierdurch versucht der Gesetzgeber offensichtlich eine
Trennlinie zu ziehen: Soziales Engagement, das seine gesellschaftliche Wirkung
im Lebensumfeld entfaltet auf der einen, Ehrenamt, welches seine Wirkung
vorrangig auf kleinerer Ebene im sozialen Verbund des Vereines oder Verbandes
entfaltet, auf der anderen Seite. Diese Trennlinie ist wichtig, denn beide
Engagementfelder sind in ihrer Zielausrichtung grundverschieden. Während das
soziale Engagement sich zumeist auf Gesellschaft bezieht und damit eine gewisse
Anonymität ihrer Nutznießer einhergeht, werden jene die im Vereinskontext von
Engagement profitieren deutlicher erkennbar. Hierdurch kann vermutet werden,
dass die Hemmschwelle, sich für einen selbst gewählten Verein oder Verband zu
engagieren niedriger ist, wenngleich hierdurch die Strahlkraft der eigenen
Betätigung im gesellschaftlichen Kontext geringer ausfallen mag.
Der Eingriff in gesellschaftliche Lebensrealitäten, sowie der unmittelbare
lebensweltliche Rahmen, in dem sich freiwilliges Engagement bewegt, begründet
auch seine Wirksamkeit als Praxisformat demokratischer Erziehung. Die
36
Forderung nach demokratischer Erziehung findet sich ebenfalls im KJHG wieder
(§11 Abs.3 (1) SGB VIII). Als Praxisformat hierfür wird die pädagogische Arbeit mit
freiwilligem Engagement auch diesem gesetzgeberischen Anspruch gerecht.
Doch auch aus einem anderen Grunde findet sich die Engagementförderung im
KJHG wieder. Der Bereich der Kinder- und Jugendarbeit, insbesondere im
Vereins- und Verbandswesen, lebt von der Beteiligung Jugendlicher. Auf diesen
Kontext wird im zwölften Paragraphen des KJHG eingegangen. Die Zahl der
Jugendlichen, die sich im Vereins- und Verbandswesen freiwillig engagieren liegt
bei ca. 36%. Dennoch ist durch Veränderungen im Freizeitverhalten sowie
zunehmende zeitliche Beanspruchung durch Schule die Zahl derer, die sich hier
einbringen, rückläufig (vgl. Schäfer 2013, S.188). Insbesondere die Zahl derer, die
sich über die einfache Mitgliedschaft hinausgehend aktiv ins Vereinsleben
einbringen und hier Aufgaben übernehmen, ist drastisch gesunken und stellt
Vereine sowie Verbände vor große Herausforderungen (vgl. Zimmer 2005, S.10).
Deshalb ist es im Eigeninteresse von Jugendverbänden, das Engagement von
Jugendlichen zu fördern. Aber auch andere Institutionen der Jugendhilfe und
Erziehung müssen sich in der Pflicht sehen, dieser Entwicklung aktiv
entgegenzutreten.
Die Förderung von freiwilligem Engagement im Rahmen von Jugendarbeit leistet
überdies einen wichtigen Beitrag dazu, Jugendliche zur selbstbestimmten
Wahrnehmung gesellschaftlicher Mitverantwortung anzuregen. (vgl. Fischer 2007,
S.90). Die Erfüllung gesellschaftlich relevanter Aufgaben durch freiwilliges
Engagement öffnet Zugänge für demokratisch-politische Erfahrungen. Hierdurch
wird das Leitbild einer lebendigen Demokratie bereits in jungen Jahren eingeübt
und langfristig die Legitimität von politischen Entscheidungen erhöht.
Zusammenfassend konnte in der rechtlichen Annäherung gezeigt werden, dass
freiwilliges Engagement von Jugendlichen aus der Perspektive des KJHG nicht
nur wünschenswert, sondern ebenso intendiert ist. Aufgrund der rechtlichen
Maßstäbe, die durch das KJHG gesetzt werden, handelt es sich hierbei um einen
der wichtigsten und pädagogisch wertvollsten Arbeitsbereiche von Jugendarbeit.
Auch der Gesetzgeber hat die politisch-demokratische Dimension
engagementorientierter Lernerfahrungen erkannt und versucht deswegen, sie zu
befördern. Die langfristigen und nachhaltigen Auswirkungen (erhöhte politische
37
Partizipationsbereitschaft, gesellschaftliches Interesse, sozialer Kompetenzgewinn
etc.) sind nicht von der Hand zu weisen und sicherlich im Bewusstsein politisch
Handelnder angekommen. Deshalb kann auch in diesem Sinne von einem klaren
Willen ausgegangen werden, der sich im Bekenntnis zu freiwilligem Engagement
niederschlägt.
3.2. Lernprozesse im freiwilligen Engagement
Nachdem im vorangegangen Teil bereits die rechtlichen Grundlagen untersucht
worden sind, aus denen freiwilliges Engagement als Teilbereich der Jugendarbeit
seine Daseinsberechtigung zieht, soll nachfolgend der hieraus hervorgehende
Kompetenzgewinn für Heranwachsende betrachtet werden. Es sollen vor allem
personale Lernprozesse im Fokus stehen, wenngleich sich hieraus auch vereinzelt
ein Bezug zu demokratischen Lernerfahrungen herstellen lässt.
Zuerst sollen zu diesem Zwecke die im freiwilligen Engagement vorkommenden
Lernsettings veranschaulicht werden, um anschließend die hieraus hervorgehen
personalen Kompetenzgewinne hervorgehenden zu betrachten. Auch die
Bedeutung von freiwilligem Engagement für die berufliche Orientierung von
Jugendlichen wird betrachtet. Ebenso wird in einem gesonderten Punkt betrachtet,
welche speziellen Auswirkungen sich auf sozial benachteiligte Jugendliche
ergeben.
3.2.1. Lernsettings im freiwilligen Engagement
In dem folgenden Abschnitt wird der Blick auf die im freiwilligen Engagement
vorkommenden Lernsettings gerichtet In ihrer empirischen Studie zum
Kompetenzerwerb in freiwilligem Engagement konnten Wiebke Düx und ihre
Kollegen drei Lernformate sichtbar machen. Dabei handelt es sich um das Prinzip
„Learning by Doing“, Lernen im Team sowie das Lernen durch erfahrenere
Mitarbeiter (vgl. Düx et al S.121).
3.2.1.1. Learning by Doing
Bei dem Prinzip „Learning by Doing“ handelt es sich um eine weit verbreitete
Lernform, bei der Lernende ihren Erfahrungsgewinn vor allem aus eigenem
38
Handeln beziehen. Das Prinzip des Erlernens demokratischer Werte und
Kompetenzen, durch Erleben und Erfahren, wie Dewey es einst in seinen
Überlegungen beschrieb (vgl. Dewey 2000, S.193), findet hierin seine
Verwirklichung. Nicht umsonst nannte Himmelmann in seinen Ausführungen zur
demokratischen Erziehung jenen Abschnitt, der sich hiermit befasst
treffenderweise „Learning by Dewey“ (Himmelmann et al 2004, S.10).
Mit der Übernahme neuer, bis dahin nicht geübter Aufgabenbereiche wird ein
besonders hohes Lernpotenzial freigesetzt. Durch das Erkunden und
Kennenlernen neuer Aktivitäten erlernen Engagierte neue Fähigkeiten und
Kompetenzen, von denen sie vorher noch nichts wussten. Ängste und
Unsicherheiten, mit welchen sie neuen Herausforderungen anfänglich noch
gegenübertreten, werden in Mut und neues Selbstbewusstsein umgewandelt. (vgl.
Düx et al 2008, S.122). Das eben beschriebene Entwicklungsszenario stellt freilich
einen optimalen Verlauf solcher handlungsorientierter Lernprozesse dar. Um ihn
zu gewährleisten, erscheint es daher besonders wichtig, Engagierte durch
pädagogische Begleitung zur Reflexion anzuregen und zu unterstützen.
Maßgeblich für die Motivation, sich im Engagement neue Kenntnisse und
Fähigkeiten anzueignen, ist neben der Freiwilligkeit und Selbstbestimmtheit des
Handelns auch der Faktor, dass neu Erlerntes in der konkreten Handlungspraxis
Anwendung findet. Unter Berücksichtigung neuerer amerikanischer
Untersuchungsergebnisse zu Entwicklung und Lernmotivation von
Heranwachsenden (vgl. Larson 2000, S.170ff), ist die im freiwilligen Engagement
stattfindende Kombination von Lernherausforderungen und intrinsischer Motivation
(internes Selbstverständnis) besonders entwicklungsfördernd. Im Vergleich zu
schulischen Lernkontexten sind Lernen (Übung von Inhalten) und Handeln
(Anwendung von Inhalten) zeitlich enger miteinander verknüpft, wodurch das
Wissen zusätzlich vertieft wird. Lernprozesse, im Sinne der kognitiven Aneignung
von neuen Kenntnissen, geschehen im freiwilligen Engagement nicht um des
Lernens willen, sondern um neuen Aufgaben und Herausforderungen gewachsen
zu sein. (vgl. Düx et al 2008, S.122ff).
39
3.2.1.2. Lernen im Team
In nahezu allen im Rahmen ihrer Studie untersuchten Organisationsformen
freiwilligen Engagements nahmen Düx und ihre Kollegen die Arbeit im Team als
wichtige Lern- und Arbeitsform wahr. Sowohl die Arbeit an der Basis von
Organisationen (z.B. Planung und Durchführung einer Ferienfreizeit), als auch
Tätigkeiten an ihrer Spitze (z.B. in Gremien) geschehen in der Regel im Team (vgl.
Düx et al. S.86ff). Durch einen solchen organisatorischen Rahmen können bei der
gemeinsamen Entscheidungsfindung möglichst viele Einzelinteressen
berücksichtigt werden. Der darin stattfindende demokratische
Willensbildungsprozess ist ein probates Mittel, um die Vereins- oder
Verbandsausrichtung den Interessen der Mitglieder anzugleichen (vgl. Hansen
2008, S.21). Doch auch in Organisationsformen der Jugendarbeit sind
Teamzusammenhänge üblich.
Durch andere Mitglieder erhalten Engagierte regelmäßig Feedback über ihre
geleistete Arbeit. Äußerungen von Lob und Kritik führen zu einer ständigen
Weiterentwicklung von Ideen. Die allgegenwärtige Begleitung des eigenen
Engagements durch Andere regt nicht nur zu neuen Überlegungen an. Durch das
gemeinsame Ausprobieren und reflektieren neuer Ansätze wird auch ein Gefühl
von Sicherheit vermittelt. Hierdurch fällt es leichter, neuen anspruchsvolleren
Aufgaben selbstbewusst zu begegnen. Gerade wenn es wichtig ist, komplexe
Sachverhalte zu recherchieren, erweist sich die Arbeit im Team als effektive
Methode: So werden Teilaspekte zunächst in Einzelarbeit recherchiert, um das
hierin entstandene Wissen anschließend zusammenzutragen und allen Mitgliedern
zugänglich zu machen. Aus ursprünglich individualisierten Lernprozessen werden
auf diese Weise kollektive, allen Mitgliedern gleichermaßen verfügbare
Wissensbestände generiert (vgl. Düx et al 2008, S.124 f). In dieser Form der
Wissensverbreiterung lassen sich auch gemeinschaftsorientierte Wesenszüge
wiedererkennen. Der Wissenserwerb geschieht nicht aus dem Ziel der
persönlichen Weiterentwicklung heraus, sondern erwächst aus der Ambition die
Gemeinschaft (mit diesem Wissen) zu bereichern.
Auch im Kontext von „Civic Education“ (zu deutsch: Erziehung für die
Zivilgesellschaft) wird kooperativen Lernformen eine große Bedeutung
beigemessen (Edelstein/ Fauser 2001, S.66). Durch die gemeinsame
40
Unternehmung des Lernens kann kognitiver Wissenserwerb mit sozialem Lernen
verbunden werden. In der Schulung des zwischenmenschlichen Umgangs besteht
in Anlehnung an Dewey (vgl. Dewey 1993, S.121) ein Lernbaustein
demokratischer Erziehung.
In ihrer Untersuchung zum Kompetenzerwerb stellten Düx und ihre Kollegen fest,
dass soziale Lernerfahrungen im freiwilligen Engagement sowohl durch die
Vermittlung ihrer Inhalte (z.B. Verantwortungsübernahme, Hilfsbereitschaft,
Wertoreintierung) als auch ihren Kontext (gemeinsames lernen, kooperieren,
kommunizieren) geschehen. Das Lernen in der Peergroup trägt überdies dazu bei,
dass sich eine hohe intrinsische Motivation (interne Prozessmotivation) bei den
Jugendlichen entwickelt. Das gemeinsame Erleben von Lernprozessen im
Gruppenbezug zu Gleichaltrigen wirkt sich in vielen Fällen außerdem positiv auf
die Lernmotivation und die Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme aus (Düx
et al 2008, S.125).
Auch aus der Sichtweise demokratischer Erziehung wirkt sich dieses Setting
positiv auf die Entwicklung der Heranwachsenden aus. Durch den
Gruppenzusammenhang entstehen zwischen den Beteiligten vertrauensvolle
Bindungen. Einhergehend damit steigt sowohl das Interesse an den Meinungen
anderer Beteiligter, als auch die Bereitschaft eigene Standpunkte zu äußern und
zu vertreten. Hierdurch wird nicht nur die Kommunikations- und Konfliktfähigkeit
als demokratische Kompetenz geschult, auch führt die Konfrontation mit anderen
Ansichten letztlich zu der Etablierung einer zivilen humanen Streitkultur und zur
Erweiterung des Repertoires an Konfliktbewältigungsstrategien (vgl. Krafeld 2001,
S.35).
3.2.1.3. Lernen von erfahreneren Mitarbeitern
Jugendliche, die sich in bestehenden Strukturen freiwillig engagieren möchten,
werden von erfahreneren Mitarbeitern an ihre Aufgaben herangeführt. Die
Jugendlichen werden dadurch in eine Situation gebracht, in der sie am Modell
Anderer lernen. Die Erklärungsansätze für den Lernerfolg in solchen Settings
finden sich sowohl in der behavioristischen als auch in der psychoanalytischen
Sichtweise wieder. Nach behavioristischer Erklärung stellt das gelernte
41
Modellverhalten eine Nachahmung dar, die psychoanalytische Herangehensweise
sieht hierin Identifikation mit einer vom Subjekt anerkannten Person (vgl. Kron
1994, S.264).
Durch diese Form der Integration werden Erfahrenere als Bezugspersonen und
Vorbilder schnell anerkannt und es wird der Aufbau einer symmetrischen Peer-
Beziehung angeregt, was nach Erkenntnissen der Lernforschung starke
Auswirkungen auf die Motivation hat (vgl. Larson 2000, S.170ff).
Durch die Weitergabe von Erfahrungen und Kompetenzen findet der von Düx und
ihren Kollegen beschriebenen Studie zufolge auch eine Weitergabe formeller und
informeller Ziele sowie von Normen, Werten und Standards der Organisation statt.
Dies kann sowohl explizit als auch implizit von statten gehen. (vgl. Düx et al 2008,
S.126). Analog dazu lässt sich auch ein solches Lernszenario im Kontext von
Jugendarbeit entwerfen, nur dass es sich hier nicht um erfahrenere Mitarbeiter
handelt, sondern um bereits länger in der Gruppe aktive Jugendliche, durch
welche die Weitergabe geschieht. Der Vorteil einer solchen Lernbeziehung liegt
auf der Hand: Das von institutionellen Bildungseinrichtungen oft geprägte Lehrer-
Schüler-Prinzip wird abgeschafft und es entsteht eine Begegnung auf Augenhöhe.
Das Tätigkeitsfeld des Engagements wird dadurch nicht übermäßig pädagogisiert
und die Selbstbestimmtheit der in ihm Handelnden wird verstärkt (vgl. Buhl et al
2005, S.217ff).
3.2.2. Kompetenzerwerb im freiwilligen Engagement
Im Folgenden werden die personalen Kompetenzgewinne betrachtet, die sich für
freiwillig engagierte Jugendliche ergeben. Darüber hinaus wird die Relevanz der
von Düx und ihren Kollegen gewonnenen Erkenntnisse hervorgehoben, da sie
dem Mainstream der etablierten Engagementforschung widersprechen.
3.2.2.1. Förderung sozialer und personaler Kompetenzen
Jugendliche, die sich freiwillig engagieren, lernen vor allem soziale und personale
Kompetenzen. Diese Kompetenzen sind freilich nicht quantifizierbar, weshalb Düx
und ihre Kollegen auf das Mittel der Selbsteinschätzung zurückgreifen mussten.
42
Unter dem Begriff „Soziale Kompetenzen“ lassen sich alle Fähigkeiten
zusammenfassen, die den Menschen in seinem Sozialverhalten und der
Interaktion mit seiner Umwelt fördern (z.B. Selbstbewusstsein), unter personalen
Kompetenzen werden alle Fähigkeiten verstanden, die ihn in seiner
Persönlichkeitsentwicklung voranbringen (Mut, Zuverlässigkeit etc.). Nach eigener
Selbstauskunft haben Engagierte in ihrer Tätigkeit vor allem gelernt, auf andere
Menschen zuzugehen und selbstbewusst aufzutreten. Aber auch ihre Toleranz,
Konfliktfähigkeit, Kompromissbereitschaft und Empathie steigt nach eigener
Aussage im freiwilligen Engagement. Eine ganze Reihe personaler Kompetenzen
kann im freiwilligen Engagement ebenso erworben werden: Mut, Selbstständigkeit,
Belastbarkeit, Zuverlässigkeit und Offenheit. Die Entwicklung von eigenen Werten
und Gerechtigkeitsvorstellungen fällt auch hierunter. Vor allem die Bewältigung
neuer vielfältiger, abwechslungsreicher sowie ungewohnter Aufgaben fördert ihre
Entwicklung. (Düx et al 2008, S.155ff) Die eben aufgezählten personalen wie
sozialen Kompetenzen tragen allesamt zu einer besseren Atmosphäre im
zwischenmenschlichen Umgang bei. Hierdurch leisten sie einen indirekten Beitrag
zum demokratischen Miteinander und damit zur Manifestierung der Demokratie
„von unten“.
Aber nicht nur im Umgang miteinander sind diese Kompetenzen wichtig. In der
beruflichen Aus- und Weiterbildung gelten viele von ihnen auch als sogenannte
„Schlüsselqualifikationen“ oder „soft skills“. (Düx et al 2008, S.158f.). Auf den
Bereich der beruflichen Orientierung soll an späterer Stelle noch kurz
eingegangen werden.
3.2.2.2. Engagementspezifischer Kompetenzerwerb
Vor allem im Bereich der Organisations- und Leitungsfähigkeiten scheinen
freiwillig Engagierte einen besonders großen Zuwachs zu erhalten. Der hiermit
umschriebene Tätigkeitsbereich umfasst sowohl die Mitarbeit in Gremien und
Interessenvertretungen, als auch die pädagogische Begleitung von Freizeiten als
Jugendleitung. Hierdurch sammeln Jugendliche wichtige Vorerfahrungen, die sie
auch im Rahmen ihrer Aus- und Weiterbildung gebrauchen können. Neben der
beruflichen Ausbildung ist freiwilliges Engagement damit einer der entscheidenden
43
Orte, an welchem sich diese kulturellen Fertigkeiten erwerben lassen. Aufgrund
der langen Schulphase heutzutage kann sogar davon ausgegangen werden, dass
freiwilliges Engagement die einzige Gelegenheit ist, um bereits im Jugendalter
solche Erfahrungen zu sammeln (vgl. Düx et al 2008, S.162).
Doch auch im Bereich der Pflege sowie der praktischen Arbeit in Hilfs- und
Rettungsdiensten lassen sich engagementspezifische Kompetenzgewinne
ausmachen. Sie beziehen sich eher weniger auf organisierende Tätigkeiten,
Interessenvertretung oder pädagogische Anleitung, sondern auf praktische
Anwendungen im Umgang mit Pflegebedürftigen oder Verletzten. Insbesondere
Jugendliche mit niedriger Schulbildung engagieren sich häufig in diesen Bereichen
und können von den außerschulischen Qualifikationen in besonderem Maße
profitieren (vgl. Düx et al 2008, s.165).
Beim kulturellen Engagement (Engagement z.B. in Musik- oder Theaterprojekten)
lassen sich ebenso spezielle Kompetenzgewinne feststellen, wenngleich die
Entwicklung von musischen Fertigkeiten nur sehr selten seine Ursachen im
Engagement selbst findet (Düx et al 2008 S.162). Dieser vergleichsweise geringe
Kompetenzgewinn lässt darauf schließen, dass ein Großteil der im kulturell-
künstlerischen Bereich Tätigen bereits vorher über gute Fertigkeiten verfügte.
Dennoch lässt sich daneben auch hier ein Kompetenzgewinn feststellen, welcher
sich vor allem auf die Organisations- und Leitungsfähigkeit bezieht. Im Rahmen
von kulturellen Engagementtätigkeiten haben es Jugendliche oft damit zu tun
Kinder oder andere Teilnehmende, z.B. im Rahmen von Workshop-Angeboten in
der Entwicklung ihrer künstlerischen Fähigkeiten zu unterstützen (vgl Düx et al
2008. S.164f). Ein Zuwachs der Organisationskompetenzen lässt sich vor allem in
der eigenständigen Planung und Durchführung von Veranstaltungen (z.B.
Workshops, Konzerte, Aufführungen) fördern.
Mit den differenzierten Erkenntnissen ihrer Untersuchung sehen sich Düx und ihre
Kollegen im Widerspruch zum Mainstream der Engagement- und
Bildungsforschung. Während hier von einem eher allgemeinen Nutzen von
Engagement für die Kompetenz- und Persönlichkeitsentwicklung ausgegangen
wird, sprechen die Befunde der Studie eine deutlich andere Sprache. Hierin ergibt
sich eine deutliche Korrelation der erzielten Lernerfahrungen von ihren
Anwendungsfeldern (Düx et al 2008, S. 266f). Es werden also nicht nur allgemeine
44
Kompetenzen im freiwilligen Engagement erworben. Vielmehr steht die Art und die
Intensität des Erfahrungsgewinns in deutlicher Abhängigkeit zu dem Tätigkeitsfeld,
in welchem er erworben wird. Hieraus lässt sich weiterhin schlussfolgern, dass,
einhergehend mit dem fachspezifischen Kompetenzerwerb, auch Berufsfelder
erkundet und erste Vorerfahrungen gesammelt werden können.
3.3. Berufliche Orientierung im freiwilligen Engagement
Die eben aufgezeigte Abhängigkeit von der Art der Engagementtätigkeit und den
hieraus gewonnenen Erfahrungszuwächsen lässt vermuten, dass jedes
Engagementfeld sein eigenes Profil besitzt, durch welches bestimmte
Kompetenzfelder in besonderer Weise gefördert werden. Da die hierin gemachten
Lerngewinne hauptsächlich aus der Tätigkeit selbst heraus entstehen, lässt sich
vermuten, dass hierdurch bereits berufsspezifische Kompetenzen erworben
werden können. Jugendliche erwerben somit in dem Engagement die
grundlegenden Qualifikationen, die ihnen einen späteren Berufseinstieg auf
diesem Gebiet erleichtern. Auch die sich entwickelnden personellen Beziehungen
zwischen Engagierten und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kann den
Berufseinstieg erleichtern. Einhergehend mit der vorher bereits beschriebenen
Steigerung des Selbstbewusstseins (vgl. BMFSFJ 2005, S.151; vgl. Furco 2002,
S.23ff) und der positiven Verstärkung, die sie in Ausübung dieser Tätigkeiten
erfahren (vgl. Wellhöfer 2000, S.95f), kann auch geschlussfolgert werden, dass
Jugendliche im freiwilligen Engagement eigene Stärken und Kompetenzen
entdecken und weiterentwickeln.
Seit einigen Jahren schon klagen soziale und karitative Einrichtungen darüber,
dass immer weniger junge Menschen dazu bereit sind eine bei ihnen Ausbildung
anzutreten. Dies kann einerseits mit der gestiegenen beruflichen Belastung
zusammenhängen, auf der anderen seine spricht auch die Lohnentwicklung der
vergangenen Jahre dagegen, einen solchen Beruf zu ergreifen. Gerade im letzten
Jahrzehnt ist eine große Lücke entstanden zwischen der Zahl derer, die
Pflegebedürftig sind und der Zahl derer, die hier arbeiten.
Freiwilliges Engagement kann folglich dabei helfen, diese Lücke zu schließen.
Wenn Jugendliche bei ihrer Engagementtätigkeit pädagogisch begleitet werden,
45
kann ihnen geholfen werden, dort stattfindende Erlebnisse besser zu verarbeiten
und einen Reflexionsgewinn hieraus zu zeihen. Im geschützten Rahmen der
pädagogischen Begleitung kann das Berufsfeld behutsam erkundet und das
Interesse der Jugendlichen hieran bestärkt werden (vgl. Seifert et al 2012, S.16).
Eine besondere Perspektive eröffnet das Freiwillige Engagement auch für
jugendliche mit niedriger Schulbildung. Insbesondere in Hilfs- oder
Rettungsdiensten engagieren sich verhältnismäßig viele Jugendliche, die Haupt-
oder Realschulen besuchen (Düx et al 2008, S.165). Gerade in der öffentlichen
Diskussion um abgehängte Jugendliche, welche ihrer eigenen Zukunft eher
skeptisch gegenüberstehen (vgl. Calmbach et al 2013, S.52f), kann sich eine
Betätigung im freiwilligen Engagement als nützlich erweisen, da sie nicht nur
gesellschaftliche Anerkennung durch andere erfahren, sondern ebenso eigene
Stärken entdecken können und zugleich in ein mögliches Berufsfeld eintauchen.
Auch weitere Kommentare und Äußerungen, welche im Rahmen der von Düx und
ihren Kollegen durchgeführten Untersuchung auftauchen, lassen einen solchen
Rückschluss zu (Düx et al 2008, S. 167 f., S.173).
3.4. Verantwortungsübernahme und Anerkennung
Als eines der wichtigsten Motive für längerfristiges Engagement taucht in der von
Düx und ihren Kollegen durchgeführten Auswertung immer wieder das Wort
„Verantwortung“ auf. Die Verantwortungsübernahme ermöglicht Erfahrungen auf
unterschiedlichen Ebenen (vgl.Düx et al 2008, S.265). Zum einen gibt sie dem
täglichen Handeln im Kontext freiwilliger Engagementbetätigungen einen Sinn,
gerade dann, wenn es darum geht anderen Menschen in ihrem Umfeld etwas
Gutes zu tun, aber auch im Einsatz für ein bestimmtes Anliegen oder eine Idee
wird Sinn gestiftet. Gleichzeitig werden Jugendliche, die freiwillig Verantwortung
für andere übernehmen, stärker sozial eingebunden und vergrößern darüber
hinaus ihren Freundes- und Bekanntenkreis (Düx et al 2008, S.72f). Durch die
Betonung der Freiwilligkeit erfährt dieses Handeln eine zusätzliche Ebene der
Autonomie und Selbstbestimmung, was eines der Grundbedürfnisse von
Heranwachsenden ist.
Ein Faktor, der bei der Erfahrung von Verantwortungsbewusstsein, eine wichtige
46
Rolle spielt, ist der Aspekt der Anerkennung. Auch Düx und ihre Kollegen messen
ihm einen bedeutenden Stellenwert zu. Ihren Überlegungen zufolge bewirkt die
lange Schulphase, dass Heranwachsende weitestgehend von gesellschaftlicher
Verantwortungsübernahme ferngehalten werden. Als Gegenmaßnahme erfahren
Kinder und Jugendliche im freiwilligen Engagement das Gefühl von
gesellschaftlicher Nützlichkeit durch die Übernahme von Verantwortung für
andere. (vgl. Düx et al 2008, S.265). Gerade wenn es um Jugendliche, die sich
selbst als überflüssig oder von der Gesellschaft abgehängt wahrnehmen (vgl.
Krafeld 2008, S.2) kann die Einbindung in freiwilliges Engagement dabei helfen,
ihnen einen neuen Zugang zu gesellschaftlicher Teilhabe zu ermöglichen und
eigene Perspektiven und Chancen aufzeigen, indem das Gefühl von
gesellschaftlicher Nützlichkeit vermittelt wird.
Schlussfolgernd aus diesen Überlegungen kann festgehalten werden, dass es von
besonderer Wichtigkeit ist, nicht nur die Aktivierung von Jugendlichen für
freiwilliges Engagement voranzutreiben, sondern gleichermaßen auch eine
gesellschaftliche Anerkennungskultur etabliert werden muss, in welcher sie für
ihren Einsatz Wertschätzung für ihre Leistungen erfahren können. Hierdurch kann
eine Spirale von positiven Verstärkungseffekten in Gang gesetzt werden, welche
die Jugendlichen in ihrem Selbstbewusstsein nachhaltig stärkt und damit neue
Perspektiven und Teilhabechancen innerhalb der Gesellschaft eröffnet.
3.5. Engagement und Benachteiligung
In der Sinus-Milieustudie wird deutlich, dass es eine breite Schicht von
Jugendlichen gibt, die in ihren und Entfaltungsmöglichkeiten benachteiligt sind
(Prekäre und materialistische Hedonisten). Vorwiegend stammen sie aus
einkommensschwachen Elternhäusern, ihre Eltern besitzen meist nur eine geringe
Schulbildung. Ihnen werden wenig positive Berufsaussichten und gesellschaftliche
Teilhabemöglichkeiten vorausgesagt. Insbesondere die Milieuzugehörigkeit, die
mit dem Wort „Prekär“ beschrieben wird, zeigt demnach deutliche
Rückzugstendenzen und stellt eigene Zukunftsaussichten regelmäßig in Frage.
(vgl. Calmbach et al 2013, S.51ff). Insofern trifft auch Marx' Aussage, dass sich
Klassenzugehörigkeiten im kapitalistischen Wirtschaftssystem immer wieder aufs
47
neue reproduzieren (vgl. Marx 1962, S.591ff) auch für die heutige Zeit zu. Auch
wenn der Klassenbegriff heutzutage veraltet scheint und mittlerweile von Milieus
gesprochen wird, so lassen sich die von Marx beschriebenen
Reproduktionsentwicklungen gesellschaftlicher Verhältnisse auch in der
Bundesrepublik wiederfinden.
Im Rahmen ihrer Untersuchung fanden Düx und ihre Kollegen heraus, dass es
zwar überwiegend Jugendliche mit guter Schulbildung sind, die sich betätigen,
aber ebenso auch Jugendliche mit niedriger Schulbildung vom freiwilligen
Engagement profitieren. Für sie kann das Engagement sogar zu einer wichtigen
Alternativerfahrung zur Schule werden (vgl. Düx et al 2008,S.172). Die
Entdeckung eigener Stärken und Kompetenzen bringt sie zu einem Gefühl
gesellschaftlicher Nützlichkeit. Einhergehend mit der beruflichen Orientierung, die
durch freiwilliges Engagement geschehen kann, kann somit ein wichtiger Beitrag
geleistet werden um Angehörige dieser Milieus näher an einen potenziellen
Ausbildungsplatz heranzubringen. Dadurch wird nicht nur ein Beitrag geleistet um
ihr subjektives Wohlempfinden zu steigern, sondern auch ein weiterer gesetzlicher
Auftrag erfüllt.
Dieser richtet sich zwar eigentlich an die Angebote von Jugendsozialhilfe. In
Anbetracht der hier aufgeworfenen Erkenntnisse kann das Aufgreifen von
freiwilligem Engagement im Rahmen von Jugendarbeit als Praxisformat genutzt
werden, um soziale Benachteiligungen abzubauen, indem sie die sich
reproduzierenden Vermögens- und Teilhabeperspektiven von benachteiligten
Milieus durchbricht (vgl. §13 SGB VIII).
48
4. Best Practice/ Praxisbeispiele Im oberen Abschnitt wurde gezeigt, dass Freiwilliges Engagement Jugendliche in
ihrer demokratischen und sozialen Entwicklung voranbringen kann. Auch konnte
veranschaulicht werden, dass schulische Bildungsinhalte durch freiwilliges
Engagement vertieft werden können. Dies kann sich auch in besseren schulischen
Leistungen und einer erhöhten Motivation niederschlagen. Außerhalb der
traditionellen Tätigkeiten von Vereinen und Verbänden stellt die Jugendarbeit
einen guten Ort dar, um freiwilliges Engagement zu initiieren und pädagogisch zu
begleiten. Nun sollen ein paar Praxisbeispiele und Konzepte kurz vorgestellt
werden, wie Jugendarbeit das Thema Engagement aufgreifen kann.
4.1. Engagement im Rahmen von Schule
Auch wenn Schulen und Jugendarbeit auf den ersten Blick zwei voneinander
verschiedene Welten sind, so steigt dennoch die Relevanz von außerschulischen
Bildungsinhalten an staatlichen Bildungseinrichtungen. Auch im Schulgesetz
finden sich Forderungen, die den Engagementgedanken aufgreifen. So heißt es
im Schulgesetz M-V (SchulG-MV) im zweiten Paragraphen, der die Bildungs- und
Erziehungsziele definiert, wie folgt: „(1)[...] Ziel der schulischen Bildung und
Erziehung ist die Entwicklung zur mündigen, vielseitig entwickelten Persönlichkeit,
die im Geiste der Geschlechtergerechtigkeit und Toleranz bereit ist, Verantwortung
für die Gemeinschaft mit anderen Menschen und Völkern sowie gegenüber
künftigen Generationen zu tragen.“ (SchulG M-V §2 Abs.1). In der thematischen
Verknüpfung von Bildung und Erziehung wird deutlich, dass der Gesetzgeber von
einem erweiterten Bildungsbegriff ausgeht (vgl. Schneider 2009, S.4). Nicht nur
der Gedanke von Bildung wird als Ziel pädagogischer Arbeit an Schulen
festgehalten, auch das Erziehungsmotiv hält dadurch Einzug. Für die praktische
Umsetzung bedeutet dies, dass schulisches Lernen nicht allein die reine
Wissensvermittlung zum Ziel haben kann, auch eine die soziale Entwicklung sowie
die Entfaltung von Normen und Werten des Zusammenlebens gehören damit zum
Aufgabenbereich. Die Entwicklung einer aufs Gemeinwohl gerichteten
Persönlichkeit sowie die Förderung der Engagementbereitschaft von
49
Heranwachsenden werden darin besonders hervorgehoben. Im zweiten Abschnitt
desselben Paragraphen wird der Gesetzgeber noch deutlicher, indem er ausführt,
wie ein solches Engagement aussehen kann. Demnach ist es Auftrag von Bildung
und Erziehung, Schülerinnen und Schüler dazu zu befähigen „aktiv und
verantwortungsvoll am sozialen, […], kulturellen und politischen Leben
teilzuhaben.“ (SchulG M-V §2 Abs.2). Die darin beschriebenen
Engagementbereiche sind ein Abbild der von der Enquete beschriebenen
Engagementmöglichkeiten (vgl. Enquete-Kommission 2002, S.26ff).
4.1.1. Kooperation von Schule und Jugendarbeit
Nun aber stellt sich die Frage, wie die Einbindung von freiwilligem Engagement
am Lern- und Erfahrungsraum Schule aussehen soll. Klar ist, dass durch die
Verbindung des Engagementgedankens mit schulischem Lernen, Wissensinhalte
durch ihre praktische Anwendung eine Vertiefung erfahren können und damit ein
besserer Lernerfolg möglich wird. Klar ist aber auch, dass Schulen dies unmöglich
alleine leisten können. Jugendarbeit kann hierfür ein adäquater Partner sein. Eine
recht unkomplizierte Form der Einbindung bieten offene Ganztagsangebote.
Rechtliche Grundlage hierfür ist §39 des Schulgesetzes (vgl. §39 Abs.4 SchulG-
MV). Die Teilnahme ist im Unterschied zu anderen Konzepten (gebundene
Ganztagsschule) freiwillig. Hierbei muss darauf geachtet werden, dass dadurch
nicht die Auslagerung von pädagogischer Verantwortung geschieht, sondern eine
wirklich gleichberechtigte Kooperation, anknüpfend an den Interessen von
Schülerinnen und Schülern geschieht (vgl. Sandermann 2006, S.3ff). Auch
Engagementvorhaben lassen sich auf diese Weise initiieren und realisieren.
Hierdurch kann der Lebens- und Erfahrungsraum Schule erschlossen werden.
Heranwachsende können sich an ihrer Schule für andere einsetzen, indem sie
z.B. Verschönerungsaktionen auf dem Schulhof durchführen, kulturelle
Veranstaltungen planen oder Nachhilfeunterricht geben. Aber auch
außerschulische Lernorte können auf diese Weise erschlossen werden. Hierdurch
kann es der Institution Schule gelingen, sich besser in den Sozialraum zu öffnen
und eine Anbindung an jugendliche Lebenswelten zu finden (vgl. Rausch, Berndt
2012, S.59).
50
4.1.2. Service-Learning/ Lernen durch Engagement
Etwas komplizierter sieht es beim Konzept von Service-Learning aus. Im
deutschsprachigen Raum findet auch die Bezeichnung Lernen durch Engagement
(LdE) Verwendung. Wie der Name schon erahnen lässt, verbirgt sich hinter
Service-Learning die methodische Verbindung von Engagementbetätigungen
(Service) und schulischen Inhalten (Learning). Dieses Engagement wird in den
Unterrichtsstunden gemeinsam geplant aufgearbeitet. Hierin findet es seine feste
Anbindung ans alltägliche Schulgeschehen und fachliche Inhalte erfahren eine
Vertiefung. In der Fachliteratur finden sich 6 Charakteristika, durch welche
Service-Learning sich auszeichnet: Realer Bedarf, Curriculare Anbindung,
Reflexion, Schülerpartizipation, Engagement außerhalb der Schule sowie
Anerkennung und Abschluss. Als feste Zielformulierung werden auch eine
Stärkung der Zivilgesellschaft sowie eine stärkere gesellschaftliche
Mitwirkungsbereitschaft genannt (vgl. Zentner et al 2012, S.12ff.). Die Realisierung
von Service-Learning-Konzepten an Schulen kann theoretisch auch in Eigenregie
von Schulen erfolgen, doch auch eine Zusammenarbeit mit Trägern der freien
Jugendhilfe ist offenbar möglich.
Hier stellt sich die Herausforderung, wie Jugendarbeit sich in schulische Kontexte
einbringen kann, ohne dabei, wie es der Kommunalverband für Jugend und
Soziales in Baden-Württemberg (KVJS) formuliert „das Originäre ihres
sozialpädagogischen Auftrags zu verlieren“ (KVJS 2010, S.79). Diese Äußerung
bezieht sich auf die unterschiedlichen Funktionsweisen, nach welchen
pädagogisches Handeln in beiden Lernarrangements geschieht. Das System
Schule hat einen verpflichtenden Charakter (vgl. § 40ff SchulG M-V). Die
Leistungen, die Heranwachsende hier erbringen, werden mithilfe von Zensuren
bewertet. Dies dient nicht nur dem Zwecke der Einschätzung, sondern bei der
Zeugnisvergabe auch als Zertifizierung der angeeigneten Wissensstände.
Jugendarbeit hingegen agiert komplett verschieden, denn die Freiwilligkeit der
Teilnahme ist eines ihrer wesentlichen Merkmale. Sandermann schlägt aus
diesem Grund die Einrichtung von alternativen Unterrichtsangeboten vor, damit
Schülerinnen und Schüler eine Wahlmöglichkeit haben und hierdurch eine
51
Teilnahme aus freiem Willen heraus gewährleistet werden kann (vgl. Sandermann
2006, S.11). Dennoch bleibt auch bei der von ihm vorgeschlagenen
Wahlmöglichkeit der grundsätzliche Zwangskontext schulischer Lernarrangements
erhalten. Erschwerend kommt hinzu, dass, wie Sandermann eingangs seiner
Ausarbeitung schon erwähnt hat, die personellen Voraussetzungen beider Akteure
begrenzt sind (vgl. Sandermann 2006, S.1). Insofern scheint es fraglich, ob
parallel zum Service-Learning, noch weitere Alternativangebote bereitgestellt
werden können.
Auch das Thema der Leistungsbewertung spielt eine entscheidende Rolle:
Während schulisches Lernen auf die Notengebung angewiesen ist, um die von
Schülerinnen und Schülern erbrachten Leistungen zu bewerten und zu
zertifizieren, sprechen sich Akteure der Jugendarbeit überwiegend dagegen aus,
um den Raum der persönlichen Entfaltung nicht einzuengen.
Eine Möglichkeit, um zumindest teilweise Abhilfe zu schaffen, könnte es sein, den
objektiven Zwangskontext in eine subjektive Freiwilligkeit zu verwandeln. Dies
kann vor allem dann geschehen, wenn sich die umgesetzten Projektvorhaben an
den Interessen der Teilnehmenden orientieren. Dies führt zu einer hohen
Motivation, welche den Zwangskontext durch Freude und Spaß am gemeinsamen
Arbeiten, für die Jugendlichen zu einer erlebten Freiwilligkeit umwandelt.
4.2. Engagiert vor Ort! im Amt Röbel-Müritz (EvO!)
Bei „EvO!“ Handelt es sich um ein Modellprojekt des Programms „Wege finden-
gestärkt erwachsen werden.“ Der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (DKJS),
welches durch ihren regionalen Partner, die Regionale Arbeitsstelle für Bildung,
Integration und Demokratie M-V e. V. (RAA M-V e. V.) in Kooperation mit dem
Landesjugendamt M-V, dem Landkreis Mecklenburgische Seenplatte und dem
Amt Röbel-Müritz im Zeitraum von 2009 bis 2012 durchgeführt wurde. Maßgeblich
an der Ermöglichung des Projekts beteiligt war die auch Heinz-Nixdorf-Stiftung.
Ziel war es
Modellwissen zur Engagementförderung im ländlichen Raum zu generieren und
dieses überregional zur Verfügung zu stellen. Hierzu sollten verschiedene Ideen
entwickelt werden, um Jugendlichen Engagementerfahrungen sowohl in
52
traditionellen Egagementsettings (in Vereinen oder Verbänden) als auch in
sogenannten neueren Formaten (kurzfristige Engagements, Aktionen, Kooperation
mit Schulen) zu ermöglichen. Hierfür sollte durch Öffentlichkeitsarbeit, die
Etablierung anerkennender Umweltbedingungen sowie die Schulung und
Qualifizierung Jugendlicher und erwachsener Unterstützender auch auf die
Rahmenbedingungen eingewirkt werden. Dazu wurde am Anfang des
Projektzeitraumes eine aktivierende Befragung durchgeführt, in welcher nicht nur
bisherige Engagementtätigkeiten von Jugendlichen im Fokus standen, sondern
ebenso die Bereitschaft nach weitergehendem Engagement erfragt worden ist.
Auch zu Hemmnissen und Zugangsmöglichkeiten wurden sie befragt. Auf Basis
dieser Ergebnisse wurden verschiedene Engagementvorhaben gemeinsam mit
Jugendlichen in Kooperation mit anderen Trägern der freien Jugendhilfe initiiert
und umgesetzt. Im Jahr 2011 konnten hierdurch 174 Jugendliche und 118
Erwachsene erreicht werden (vgl. Hetzel 2012, S.7). Im Jahr darauf waren es 158
Jugendliche und 62 Erwachsene (vgl. Hetzel 2013, S.7).
Nachfolgend sollen nun einige Beispiele der Projektumsetzung veranschaulicht
werden. Durch die Initiierung des Ganztagsangebots „evo@school“ im Jahr 2010
konnte ein Zugang zu schulischen Bildungsorten gefunden werden. Jede Woche
donnerstags in der Zeit von der 7. und 8. Unterrichtsstunde trafen sich
Schülerinnen und Schüler einer Regionalen Schule und engagierten sich auf
vielfältige Weise an der Schule aber auch im lokalen Umfeld. Zusammen mit einer
örtlichen Förderschule konnte im Jahr 2011 das Projekt „animal4life“ umgesetzt
werden. Hier trafen sich engagierte Schülerinnen in ihrer Freizeit und bauten neue
Behausungen für die Tiere. Hierdurch konnte ein Beitrag zum ökologischen
Engagement geleistet werden, durch das Angebot speziell an Jugendliche mit
Beeinträchtigungen des Lernverhaltens konnte ein sinnvoller Beitrag geleistet
werden, um engagementferne Jugendliche anzusprechen. Durch den kurzfristigen
Charakter dieser Tätigkeit waren schnelle Erfolge sichtbar, was für einen
spürbaren Auftrieb der Motivation führte. Aus dieser Kooperation mit dem
Tierschutzverein Waren e. V. ging darauffolgenden Schuljahr der „Tierheimbus“
hervor. Zusammen mit dem Verein Land und Leute e. V., der sich materiell und
personell hieran beteiligte, konnte dadurch den Mobilitätsanforderungen des
ländlichen Raumes begegnet werden. Immer mittwochs nach der 6. Stunde
53
wurden Schülerinnen und Schüler aller örtlichen Schulen, abgeholt und zum ca.
20 Kilometer entfernten Tierheim in Malchow gebracht, wo sie sich um die Tiere
kümmerten und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern helfend zur Seite standen.
Anschließend wurden sie nach Hause in die umliegenden Dörfer gebracht. Auf
besonders reges Interesse stieß am örtlichen Gymnasium das im Schuljahr
2011/2012 gestartete Projekt „JuniorPaten“. Hier engagierten sich insgesamt 16
Jugendliche. Ihre wöchentlichen Besuche im Diakoniepflegeheim, gehörten zu den
Höhepunkten der dort lebenden Seniorinnen und Senioren. Um ihr gezeigte
Engagement zu würden lud „EvO!“ im Frühjahr zu Jugendbildungsfahrten nach
Berlin und Magdeburg ein. Neben dem touristischen Wert Reisen wurden hier
auch Fortbildungen veranstaltet, bei welchen die Jugendlichen ihre Kompetenzen
weiterentwickeln konnten. Um auch für die Schulen als Unterstützerinnen von
freiwilligem Engagement zu unterstützen, wurde zu Beginn des Schuljahres
2011/2012 eine kostenlose Lehrerfortbildung zu den Sinus-Milieustudien
angeboten. Hier stellte einer ihrer Verfasser, Peter Martin Thomas, die darin
gewonnenen Erkenntnisse vor und stand für Rückfragen zur Verfügung. Eine
besondere Leistung war der Jugendengagementpreis. Hier wurden sowohl
Jugendliche als auch erwachsene Unterstützer und Unterstützerinnen nominiert
und öffentlichkeitswirksam ausgezeichnet. Dadurch wurde ein wichtiger Beitrag
geleistet, um eine anerkennende Öffentlichkeit zu schaffen und den
Engagementgedanken im lokalen Umfeld zu verankern.
4.3. Servicestelle Jugendengagement
Aus dem Projekt „EvO!“ ist nach Auslaufen des Projektzeitraumes die
Servicestelle Jugendengagement hervorgegangen. Hierbei handelt es sich um ein
Projekt, an welchem neben der RAA M-V e.V. der Landkreis Mecklenburgische
Seenplatte und das Netzwerk „Wege finden“ der DKJS beteiligt sind. Sie hat mit
Beginn des Jahres
2013 ihre Arbeit aufgenommen und knüpft an das von „EvO!“ geschaffene
Modellwissen an. Sie versucht es in praktisches Handeln umzusetzen und
weiterzuentwickeln. Auch hier sollen Jugendliche in ihrer Motivation gefördert
werden, sich in ihrer Gemeinde einzubringen, allerdings ist ihr Handlungsraum
54
nicht mehr allein auf einen Amtskreis begrenzt sondern auf den gesamten
Landkreis Mecklenburgische Seenplatte ausgeweitet worden. Insbesondere mit
dem Thema Service-Learning setzt sich die Servicestelle in jüngerer Zeit
besonders intensiv auseinander.
55
5. Zusammenfassung/Abschluss In der vorliegenden Arbeit wurde betrachtet, inwieweit die Förderung von
freiwilligem Engagement in den Arbeitsbereich von Jugendarbeit hereinfällt.
Dazu geschah im ersten Abschnitt eine Annäherung an den Engagementbegriff. In
ihr wurden verschiedene geschichtlich-gesellschaftliche Prägungen betrachtet,
welche mit dem Engagementbegriff einhergingen. Außerdem wurde die Situation
von Engagement in unserer heutigen Gesellschaft betrachtet. Hier zeigte sich,
dass Vereine und Verbände zwar nach wie vor über hohe Mitgliederzahlen
verfügen, die Aktivierung zu freiwilligem Engagement angesichts des
gesellschaftlichen Wandels sich aber immer schwieriger gestaltet. Dazu wurde
auch die Lebenswelt von Jugendlichen unter die Lupe genommen. Hier wurde im
Speziellen auf die veränderten Bedingungen ihres Erwachsenwerdens
eingegangen. Insbesondere das prekäre und das materialistisch-hedonistische
Milieu zeigen verhältnismäßig wenig soziale Einbindung und Bereitschaft, sich
freiwillig zu engagieren. Einhergehend damit zeigen beide Gruppen auch wenig
Bereitschaft, sich in gesellschaftlich-politische Mitgestaltungsprozesse
einzubringen. Aufgrund der milieubedingten Herkunft sowie der wenig
aussichtsreichen Zukunftsperspektiven lässt sich feststellen, dass es sich hierbei
um eine soziale Benachteiligung handelt, da diese sich über Generationen hinweg
weiter aufrecht zu erhalten scheint.
Im zweiten Abschnitt wurde aufgezeigt, welches Potenzial freiwilliges Engagement
aus demokratiepädagogischer Sicht bietet. Hierzu wurden als erstes die Konzepte
von John Dewey und Gerhard Himmelmann betrachtet. Ausgehend davon ließen
sich bestimmte Grundprinzipen der demokratischen Wertevermittlung sowie des
sozialen Kompetenzgewinns feststellen, die nach ihrer Ansicht die Basis für ein
demokratisches Zusammenleben im gesamtgesellschaftlichen Rahmen
ausmachen. Ausgehend davon konnte festgehalten, dass demokratische Bildung
und Erziehung sich grundsätzlich an der Lebens-und Erfahrungswelt des
lernenden Subjekts orientieren sollte, um hierin demokratische ganzheitlich
wirkende Lernerlebnisse zu initiieren. In besonderer Weise wurde auch auf den im
freiwilligen Engagement stattfindenden Transzendenzprozess eingegangen, im
Rahmen dessen sich Heranwachsende zunehmend als aktiv Handelnde in ihrer
56
lebensweltlichen Umgebung wahrnehmen. Hier spielen zwei Faktoren eine
besondere Rolle. Zum einen handelt es sich um die agency-Erfahrung, wodurch
Jugendliche auf Basis ihrer eigenen Handlungswirksamkeit in Kontakt mit ihrer
Umwelt treten und im Zeigen positiver, prosoziaaler Verhaltensweisen bestärkt
werden. Die darauf aufbauende ideology-Erfahrung führt zu einer intensiven
Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Verhältnissen und der Herausbildung
einer eigenen politisch-moralischen Identität. Der Abschluss dieses Abschnitts
bezieht sich auf eine von Reinders durchgeführte Studie, in welcher er den
Einfluss von prosozialem Verhalten, agency-Erfahrungen und ideology-
Erfahrungen auf spätere politische Partizipationsbereitschaft untersuchte. Hierbei
fand er heraus, dass der Einfluss von prosozialen Verhaltensweisen die stärkste
Wirksamkeit auf spätere politische Beteiligung hat. Insofern wird hierin Deweys
und Himmelmanns These, dass Entwicklung und Fortbestand eines politisch-
demokratischen Regierungssystems vor allem vom zwischenmenschlich-
demokratischen Handeln seiner Bürgerinnen und Bürger abhängt, bestätigt. Auch
kann hierdurch der Zusammenhang zu freiwilligem Engagement hergestellt
werden, denn viele dieser Verhaltensweisen können in ihm geübt werden.
Im dritten Abschnitt wurde schließlich auf die Bedeutung von freiwilligem
Engagement für die Praxis von Jugendarbeit eingegangen. Es zeigte sich, dass
freiwilliges Engagement keineswegs nur eine wünschenswerte Leistung von
Bürgerinnen und Bürgern ist, sondern vielmehr seine rechtliche Verankerung in
den Grundlagen des SGB VIII findet. Insofern handelt es sich bei seiner Förderung
nicht nur um einen gesetzgeberischen Wunsch, sondern vielmehr um eine Pflicht,
deren Erfüllung durch Jugendarbeit sicherzustellen ist. Im weiteren Verlauf dieses
Abschnitts wurden außerdem die personalen Kompetenzgewinne betrachtet, die
sich im freiwilligen Engagement für Jugendliche bieten. Dazu wurden sowohl die
Lernsettings als auch die daraus hervorgehenden Fähigkeiten betrachtet. Die
Erkenntnisse, die dabei zu Tage traten widersprechen dem Mainstream der
Engagementforschung, denn mit jedem Engagement werden ganz spezielle
Kompetenzen geschult, die auch im späteren Erwerbsleben von Belang sein
können. Insofern bietet sich für Jugendliche hier auch eine berufliche Orientierung
und Qualifizierung. Insbesondere für sozial benachteiligte Jugendliche kann dies
von Belang sein, da sich ihnen hier die Gelegenheit bietet auch außerhalb des
57
Lernortes Schule wichtige Lernprozesse und Kompetenzgewinne zu vollziehen.
Im vorletzten Teil wurden schließlich noch Beispiele vorgestellt, in welchen sowohl
die inhaltliche Verknüpfung von schulischem Lernen und Engagementerfahrungen,
als auch die Thematisierung im Kontext von Jugendarbeitsangeboten betrachtet
wurden.
In Anbetracht dieser Erkenntnisse lässt sich sagen, dass freiwilliges Engagement
ein elementarer Bestandteil des gesellschaftlichen Zusammenlebens ist. Durch die
Praxis des sozialen Handelns und den Bezug zur Lebenswelt lassen sich
basisnah demokratische Verhaltensweisen, Kompetenzen und Normen bei
Jugendlichen fördern. Überdies wird hierdurch, insbesondere für sozial
Benachteiligte, ein wichtiger Beitrag zur Berufsorientierung und -Qualifikation
geleistet. Insofern handelt es sich bei der Förderung von freiwilligem Engagement
bei Jugendlichen nicht nur um einen rechtlichen Auftrag, sondern gerade wenn es
darum geht, soziale Benachteiligungen abzubauen, ebenso um einen wichtigen
Beitrag, um Lebensverwirklichungschancen zu ermöglichen und sozialer
Gerechtigkeit sowohl durch konkretes Handeln als auch durch den darin
stattfindenden Kompetenzerwerb ein Stück näher zu kommen.
58
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