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Lernprozesse diagnostizieren – Lernwege aufzeigen 2. Mai 2012 Alfred Holzbrecher / Petra Maier
Gliederung
1. „Förderung“ als Grundbegriff der
Schulpädagogik
2. Förderdiagnostik / Förderkreislauf
3. Förderpläne
4. Didaktische Perspektiven
– Stärken- und Entwicklungsorientierung
– Begleiten – Beobachten – Beschreiben – Bewerten:
Leistungsbeurteilung
5. Gelingensbedingungen
Bereiche der Förderung
• Psychomotorische Entwicklung
• Kognitive Fähigkeiten
• Sprachliche Entwicklung
• Soziale Fähigkeiten
• Schulfachliche Fähigkeiten
• Motivation und Selbsterleben
• Lebenspraktische Fähigkeiten
• Schulische Übergänge (Schulfähigkeit, Klassen-,
Schulstufen- Schulformübergänge)
• Gruppenspezifische Förderung (Sch. mit
Zuwanderungsgeschichte, Mädchen/Jungen,
Hochbegabte…) (vgl. Arnold u.a. 2008)
„Förderung“ in international vergleichender
Perspektive
• Modell „Kompensation von Defiziten“ – Sprache, Aufmerksamkeit, Lernfähigkeit, Verhalten,
Entwicklung etc.
– (explizite oder implizite) Orientierung an einer Norm
• Modell „gezielte Förderung jedes Lernenden als Grundprinzip“ – Grundlage: Egalitätsprinzip & Wertschätzung von
Vielfalt / Heterogenität
– Verzicht auf Klassifizierung der Lernenden in „Förderschüler“ oder „Hochbegabte“ (skandinavische Länder)
Förderung: Grundbegriff
schulpädagogischen Handelns
1. Sicherung eines Mindeststandards für
alle
2. Jede/r Schüler/in wird soweit wie möglich
gefördert, d.h.
– durch „passende“ Aufgaben herausgefordert
– mit abgestimmten Maßnahmen /
systemischen Rahmenbedingungen
unterstützt
Förderung: Grundbegriff
schulpädagogischen Handelns
Förderung
Mindeststandards
für alle
Diagnose und Förderung:
Konzepte und Begriffsbestimmungen
Pädagogische Ausrichtung
„exakte“ differenzierte Diagnostik:
• standardisierte Testverfahren
• Einzeldiagnostik und Förderung
bei Störungen
„alltagstaugliche“ schulische
Diagnostik:
• aus dem Unterricht zu
entwickelnde förder-
diagnostische Aufgaben und
Instrumente
Aus-
tausch
Delegation an Fachleute
(intern und extern) Aufgabe jeder Lehrkraft
Psychologische Ausrichtung
Der zirkuläre Diagnose- und Förderkreislauf
2. Lern-/ Förderplanung
3. Lernprozess
4. Bewertung/ Evaluation
1. Bestandsaufnahme/Diagnose
Diagnose und Förderung – Prinzipien und Ziele
Wahrnehmung indiv. Lernvoraussetzungen durch Lehrkräfte und SchülerInnen
als G r u n d l a g e für
individuelle und gemeinsame Lernangebote
zur F ö r d e r u n g von
Sachkompetenz Methodenkompetenz Selbstkompetenz Sozialkompetenz
Wertschätzung Stärkenorientierung
Transparenz indiv. u. kriteriale
Bezugsnorm
Pädagogische Diagnostik – Arbeitsdefinition
Pädagogisch zu diagnostizieren heißt vor allem,
Informationen zu sammeln, um das Kind in seinem
Denken und Handeln beim Lernen zu verstehen.
Informationen zu 1. Lernvoraussetzungen Welche endogenen Ressourcen hat das Kind (z.B. Konzentration)? Welche Einflüsse bringt das Lernumfeld (Schule, Familie, …)?
2. Lernprozessen Wie arbeitet das Kind (Strategien, Methoden,…)? Welche Überlegungen/ mentalen Modelle macht sich das Kind?
3. Lernstand Welche Präkonzepte, Sachkenntnisse/ Vorerfahrungen und
Fähigkeiten sind vorhanden?
Pädagogische Diagnostik - Verfahren
Diagnosen
• stellen keine endgültige Wahrheit dar
• bilden die Basis für Prognosen und Hypothesen
• sind immer wieder neu zu überprüfen und zu hinterfragen
Mögliche Verfahren:
• Verfahren der Beobachtung
• Methode des lauten Denkens
• Arbeitsproben und Aufgaben
• Befragung
• Fehleranalysen
• Tests
(vgl. Paradies, Linser, Greving 2008,15)
Pädagogische Diagnostik - Methodenbeispiele
1. Beobachtung und Beschreibung
Fragebogen zum Lernverhalten in der Gruppe
(Fremd-/ Lehrerbeobachtung)
- kann sich in der Gruppe
sachlich einbringen
- kennt
Informationsquellen und
kann sie adäquat nutzen
- achtet auf Qualität bei
der Ausführung von
Aufgaben
- ist neugierig, stellt
Fragen, probiert Neues
aus
- …
Fragebogen zur Gruppenarbeit
(Selbsteinschätzung)
Bei der Gruppenarbeit mag ich:
Das fällt mir noch schwer:
Es ist mir wichtig, dass wir ein gutes Gruppenergebnis haben, weil …
…
2. Diagnostisch aussagekräftige Aufgaben
- Im Wald leben viele verschiedene Tiere und Pflanzen.
Welche kennst du schon? Male ein Bild dazu und beschrifte es.
- Der Wald ist für uns Menschen sehr wichtig. Wofür brauchen wir den Wald?
Du kannst deine Ideen zeichnen und/ oder beschreiben.
- Was müssen wir beachten, wenn wir den Wald in unserer Freizeit
nutzen? Diskutiert in eurer Tischgruppe.
3. Fehleranalysen/ misconceptions
„Die Tiere im Wald leben friedlich zusammen, weil sie miteinander
aufgewachsen sind.“
„Im Wald lebt der Bär.“
4. Lerntagebücher/ Forscherhefte/ Portfolios
Lerntagebuch:
Das hat mir bei unserem Projekt zum Thema Wald am besten gefallen:
Das ist mir bei unserer Projektarbeit schwer gefallen:
Das möchte ich beim nächsten Projekt anders machen:
Forscherheft:
Ich möchte wissen, welche kleinen Tiere im Waldboden leben.
So werde ich vorgehen:
Portfolio:
Arbeiten, die mir besonders gut gelungen sind/ die ich wichtig finde.
Bsp. Selbst gestaltetes Bild mit Waldtieren und ihren Wohnplätzen
5. Diagnostische Gespräche/ Befragungen
- Bei welcher Arbeit im Waldprojekt hast du dich am Wohlsten gefühlt?
Warum war das so?
- Welche Inhalte beim Waldprojekt waren für dich interessant und neu?
- Zu welchen Themen möchtest du bei unserem Waldprojekt arbeiten?
- Tiere und Pflanzen brauchen sich gegenseitig. Könnt ihr erklären warum?
6. Informelle und formelle lernzielorientierte Tests
- kompetenzorientierte Fragen
Bsp: Du machst an deinem Kindergeburtstag eine Schnitzeljagd durch den Wald.
Was musst du bei der Planung beachten, damit du und deine Freunde dem Wald und seinen Bewohnern dabei nicht schaden?
- praktische Prüfungen
Bsp.: Holzarten, Früchte, Blätter im Original zuordnen
7. Erhebung von Präkonzepten und Vorwissen
Schüler 1 Klasse 4 Schüler 2 Klasse 4
Individuelle Förderung - Anspruch
„doppelte Heterogenität“ zur Individualisierung nutzen (vgl. Hempel 2007)
1. vielfältige Lernzugänge und –voraussetzungen
2. vielperspektivische Sachkontexte
Ziel:
Aufbereitung des Lerngegenstandes im Spannungsfeld von
fachwissenschaftlich-curricularen Anforderungen und
individuellen Erfahrungen, Interessen und Lernvoraussetzungen
der SchülerInnen (vgl. Hempel 2007)
Entzifferung der Welt und Stärkung der individuellen Kräfte
(vgl. Dunker 1994)
Individuelle Förderung – Lernformen und Prinzipien
Lern- und Kooperationsformen in heterogenen Gruppen folgen den allgemeinen Prinzipien „guten“, weil entwicklungsorientierten
Unterrichts: (vgl. Wocken 1998)
1. Kommunikative Lernsituationen
2. Kooperative Lernsituationen
3. Koexistente Lernsituationen
4. Subsidiäre Lernsituationen
differenzierte und sachliche
Bewertung/ Evaluation
Was hat das Kind Neues gelernt?
Welche indiv. Fortschritte sind gemacht?
Wo steht das Kind bzgl. der Sachkenntniss?
Mit welchen Mitteln und welcher Intensität
kann das Kind arbeiten?
Prinzipien:
Exemplarität
Prozessorientierung
subjektorientiertes Lernen/
Lebensweltbezug
Handlungsorientierung/
entdeckendes Lernen
Individuelle Förderung – methodische Möglichkeiten
außerschulische Lernorte
ergebnisoffene
Aufgaben/ angebotsoffene
Themen Peerteaching
Tutoring
Lernkarteien/ -straßen/
-programme
Kompetenz- raster/
Lernlandkarten
Wochenplan Stationenlernen
Werkstatt- Unterricht/ Lernateliers
projekt- orientiertes
Lernen
Begleitung Dokumentation
Reflexion
Individuelle Förderung – Klassenlernplan
Thema/ Teilprojekt Schüler/innen
1. Pflanzenfressende Tiere
- Tiere zeichnen
- Nahrung darstellen
- Wohnplätze
- …
Timo, Lili
Fabian, Samir
Luci, Marcel
2. Fleischfressende Tiere
….
…
3. Nadelbäume …
4. Laubbäume
5. Regeln für Waldbenutzung
6. Der Waldboden
7. Der Wald und seine Aufgaben
8. Unser Besuch beim Förster
9. Kunstwerke aus Holz
…
Projekt Wald
Individuelle Förderung – individueller Lernplan
Das möchte ich gerne bearbeiten/ wissen:
_______________________________
So möchte ich vorgehen: (Methoden, Materialien, Sozialform, …)
_______________________________
Meine Ergebnisse dokumentiere ich als: (Vortrag, Plakat, Infokartei, …)
_______________________________
Anregungen von deiner Lehrer/in:
_______________________________
Das habe ich bearbeitet:
_______________________________
So habe ich gearbeitet:
_______________________________
Das ist mir gut gelungen/ hat mir am besten gefallen:
_______________________________
Das ist mir schwer gefallen/ hat nicht geklappt:
_______________________________
Anmerkungen von deiner Lehrer/in:
_______________________________
Lernplan von:_______________ zum Thema: _________________________
Individuelle Förderung – Förderplanbeispiel
Der zirkuläre Diagnose- und Förderkreislauf
1. Bestandsaufnahme/ Diagnose
- Lernvoraussetzungen
- Lernprozesse
- Lernstand
2. Lern-/ Förderplanung
- Unterrichtsgestaltung
- Lernumgebung
- indiv. u. koop. Lernmethoden
3. Lernprozess
- Begleitung
- Dokumentation
4. Bewertung/ Evaluation
- indiv. u. sachl.-kriterial
- begleitend
- weiterführend
Man kann einen Menschen nichts
lehren,
man kann ihm nur helfen,
es in sich selbst zu entdecken.
Galileo Galilei
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Stärken- und Entwicklungsorientierung
• Leistungsbegriff
1. Bezugsgröße: Bildungsplan / Sachnorm
2. Bezugsgröße: Lern- und
Entwicklungspotenziale der Lernenden
Stärken- und Entwicklungsorientierung
• Leistungsbegriff
1. Bezugsgröße: Bildungsplan / Sachnorm
2. Bezugsgröße: Lern- und
Entwicklungspotenziale der Lernenden
• Sprachliche Intelligenz
• Logisch-mathematische Intelligenz
• Musikalische Intelligenz
• Räumliche Intelligenz
• Körperlich-kinästhetische Intelligenz
• Interpersonale Intelligenz
• Intrapersonale Intelligenz
Bezugsnormen schulischer Leistungsbeurteilung
• Kriteriale Norm /Sachnorm
– Fachbezogene Standards / gesellschaftlich erwartete
Kompetenzen
• Soziale Norm
– Lerngruppe / Klasse als Referenzgröße für die
Beurteilung des einzelnen Schülers
• Individuelle Norm
– Individueller Lernfortschritt, Entwicklungspotenziale
Begleiten – Beobachten – Beschreiben –
Bewerten im Kontext der Bezugsnormen der
Lernstandsdiagnose / Leistungsbeurteilung
Kriteriale bzw. Sachnorm
Individuelle Soziale
Bezugsnorm Bezugsnorm
Förderung / Individualisiertes Lernen als
(Schul)Entwicklungsaufgabe
Förderung / Individualisiertes Lernen als
(Schul)Entwicklungsaufgabe
Förderung / Individualisiertes Lernen als
(Schul)Entwicklungsaufgabe
Förderung / Individualisiertes Lernen als
(Schul)Entwicklungsaufgabe
Förderung / Individualisiertes Lernen als
(Schul)Entwicklungsaufgabe
MSW NRW, Die Initiative „Gütesiegel Individuelle Förderung,
Düsseldorf. Ein Leitfaden für Schulen
Gelingensbedingungen
• wertschätzende Lernkultur / kooperatives, konkurrenzarmes Klassenklima
• Orientierung an Ressourcen & Entwicklungspotenzialen (statt an Defiziten)
• differenzsensible (subjektorientierte) Lernstandsdiagnosen, Leistungsbeurteilungen / Feedback-Kultur
• Diagnostik mit dem Ziel einer besseren Förderung & Rückmeldung an Sch. und Eltern
• Entwicklung einer neuen Aufgabenkultur • räumliche & zeitliche Voraussetzungen
– Blockstunden / Abbau des 45-Minuten-Takts – Projektphasen / -tage – Raum-Gestaltung / „Wände einreißen“ (?)
Literatur
Arnold, K.-H.u.a.(Hrsg.)(2008): Handbuch Förderung, Weinheim und Basel
Bönsch, M.(2000): Intelligente Unterrichtsstrukturen, Baltmannsweiler
Buholzer, Alois (2006): Förderdiagnostisches Sehen, Denken und Handeln. Grundlagen. Erfassungsmodell und Hilfsmittel. Auer. Donauwörth.
Duncker, L./ Popp, W. (Hrsg.) (1994): Kind und Sache. Juventa. Weinheim und München.
Hempel, Marlies: Diagnostik der kindlichen Lebenswelt als Voraussetzung zur Förderung des Kompetenzerwerbs der Lernenden. In: Lauterbach, Roland u.a. (2007): Kompetenzerwerb im Sachunterricht fördern und erfassen. Klinkhardt. Bad Heilbrunn.
Hempel, M.(2002): Lernwege der Kin der. Subjektorientiertes Lernen und Lehren in der Grundschule, Baltmannsweiler
Hempel, Marlies/ Lüpkes, Julia (2009): Lernen im Sachunterricht. Lernplanung – Lernaufgaben – Lernwege. Schneider. Hohengehren.
MSW NRW, (o.J.): Die Initiative „Gütesiegel Individuelle Förderung, Düsseldorf. Ein Leitfaden für Schulen
Paradies, Liane u.a. (2007): Diagnostizieren, Fordern und Fördern. Cornelsen Scriptor. Berlin.
Wocken, Hans (1998): Gemeinsame Lernsituationen. In: Hildeschmidt, A./ Schnell, I.
(Hrsg.): Integrationspädagogik. Weinheim, S. 37-52.