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Fakultät für Sozialwissenschaft – Ruhr-Universität Bochum Öffentlicher Wohnungsbau und residentielle Segregation: Räumliche Strukturen der Wohnortwahl am Beispiel Großbritannien und Deutschland Philipp Lersch Diskussionspapiere aus der Fakultät für Sozialwissenschaft – 09-1 Ruhr-Universität Bochum 2009 ISSN 0943 - 6790

Lersch Öffentlicher Wohnungsbau und Segregation · 3 Der Gedanke der Dualität des Raums ist zentral für Löws Raumvorstellung und beruht auf Anthony Giddens’ Konzept der Dualität

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Öffentlicher Wohnungsbau und residentielle Segregation: Räumliche Strukturen der Wohnortwahl am Beispiel Großbritannien und Deutschland

Philipp Lersch

Diskussionspapiere aus der

Fakultät für Sozialwissenschaft – 09-1

Ruhr-Universität Bochum

2009

ISSN 0943 - 6790

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DISKUSSIONSPAPIERE AUS DER FAKULTÄT FÜR SOZIALWISSENSCHAFT

RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM

ÖFFENTLICHER WOHNUNGSBAU UND RESIDENTIELLE SEGREGATION:

RÄUMLICHE STRUKTUREN DER WOHNORTWAHL

AM BEISPIEL GROßBRITANNIEN UND DEUTSCHLAND

von

Philipp Lersch

Diskussionspapier Nr. 09 – 1

September 2009

Korrespondenzanschrift: Philipp Lersch z.H. Frau Roskam Ruhr-Universität Bochum Fakultät für Sozialwissenschaft GC 04/47 D-44780 Bochum Telefon 0234 / 32-22967

Die Diskussionspapiere aus der Fakultät für Sozialwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum werden von der Fakultät für Sozialwissenschaft herausgegeben. Die inhaltliche Verantwortung für die Beiträge liegt bei den Autoren und nicht bei der Fakultät. Die Papiere können bei den jeweiligen Autoren angefordert werden. Die Liste aller Papiere finden Sie auf den Internet Seiten der Fakultät unter http://www.sowi.rub.de/ Rubrik „Forschung“ ISSN 0943 - 6790

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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung ........................................................................................................ 1

2. Raum und Segregation .................................................................................... 2

2.1 Martina Löws Raumsoziologie................................................................ 2

2.2 Residentielle Segregation ........................................................................ 3

2.2.1 Segregation als unintendiertes Ergebnis von Handlungen .................. 4

2.2.2 Folgen von Segregation ....................................................................... 5

3. Öffentlicher Wohnungsbau im Vergleich........................................................ 5

3.1 Council housing in GB ............................................................................ 6

3.2 Sozialer Wohnungsbau in der BRD......................................................... 9

3.3 Segregation und öffentlicher Wohnungsbau: Hypothesen .................... 11

4. Empirische Analyse....................................................................................... 13

4.1 Vorbemerkungen ................................................................................... 13

4.1.2 Fallauswahl und Untersuchungsebene............................................... 13

4.1.3 Indikatorenauswahl............................................................................ 14

4.2 Faktorialökologische Analyse ............................................................... 15

4.2.1 Sheffield ............................................................................................ 16

4.2.2 Essen.................................................................................................. 21

5. Vergleich und Hypothesenüberprüfung......................................................... 25

6. Fazit und Ausblick......................................................................................... 32

Anhang .................................................................................................................. 34

Literatur ................................................................................................................. 36

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 5.1: Boxplot soziale Segregation.................................................................. 26 Abbildung 5.2: Anteil kommunaler Wohnungen nach Clustern Sheffield .................... 27 Abbildung 5.3: Anteil Sozialbauwohnungen nach Clustern Essen ................................ 28 Abbildung 5.4: Boxplot Anteil unter 18-Jährige ............................................................ 30

Kartenverzeichnis

Karte 4.1: Clusterzugehörigkeit Sheffield ...................................................................... 20 Karte 4.2: Clusterzugehörigkeit Essen ........................................................................... 24

Tabellenverzeichnis

Tabelle 3.1: Entwicklung der Besitzverhältnisse bei Wohnungen in GB 1971-2001...... 7 Tabelle 3.2: Sozialer Wohnungsbestand in Westdeutschland 1968-2002...................... 10 Tabelle 4.1: Ausgewählte Strukturindikatoren Essen und Sheffield 2001..................... 14 Tabelle 4.2: Auswahl der Variablen ............................................................................... 15 Tabelle 4.3: Rotierte Komponentenmatrix für Sheffield................................................ 17 Tabelle 4.4: Clustermerkmale in Sheffield..................................................................... 18 Tabelle 4.5: Rotierte Komponentenmatrix für Essen ..................................................... 21 Tabelle 4.6: Clustermerkmale in Essen .......................................................................... 23 Tabelle 5.1: Korrelationsmatrix Wohnungsart und Komponenten ................................ 29 Tabelle A.1: Variablenübersicht Sheffield ..................................................................... 34 Tabelle A.2: Variablenübersicht Essen .......................................................................... 35

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Öffentlicher Wohnungsbau und residentielle Segregation 1

1. Einleitung

Die Wahl einer Wohnung ist eine der wichtigsten Konsumentscheidungen, die Menschen in modernen Dienstleistungsgesellschaften treffen können bzw. müssen, da in der Regel niemand ohne eine Wohnung auskommt. Die Wohnung ist zentral für zahlreiche menschliche Grundbedürfnisse und Tätigkeiten und somit haben Lage und Eigenschaften der Wohnung einen starken Einfluss auf das Leben ihrer Bewohner (vgl. Bison 1996: 103; Kemeny 1995: 174). In diesem Zusammenhang ist v.a. die Erforschung von Segregation zu einem zentralen Thema geworden (vgl. Friedrichs 2008: 380). Segregation meint hier die ungleiche Verteilung von Bevölkerungsgruppen im städtischen Raum. Diese Ungleichverteilung ist zunächst Ausdruck sozialer Ungleichheit. Die bisherige Forschung zeigt aber, dass räumliche Ungleichverteilung auch auf soziale Ungleichheit zurückwirkt und diese verstärken bzw. reproduzieren kann (vgl. z.B. Farwick 2001). Segregation kann für die Betroffenen eine Ressource darstellen, Segregation kann die Lebenschancen von Betroffenen aber auch stark einschränken (vgl. Häußermann/Siebel 2000b: 133; Friedrichs/Blasius 2000: 17ff, 179ff; Strohmeier et al. 2003: o.A.). Deshalb ist das Verständnis der Entstehung, Entwicklung und Beeinflussbarkeit von Segregation von großer Bedeutung.

Für die Chicago School war Segregation noch natürliches Ergebnis der Konkurrenzbeziehungen zwischen Menschen (vgl. Park/Burgess 1984 [1925]: 5). Raum wurde in dieser Argumentation als präexistenter Behälter behandelt. Die Stadt bestand aus mehreren dieser Container – Stadtteilen – und die Bewohner konkurrierten um ihre Plätze innerhalb der Container (vgl. Löw 2001: 50). Diesem Gedankengang ist entgegenzuhalten, dass Raum erst durch die Handlungen von Menschen geschaffen wird. Dies ist die zentrale theoretische Annahme des vorliegenden Diskussionspapiers. Raum entsteht, wo er von Menschen durch Handlungen konstituiert wird (vgl. ebd.: 160), oder anders formuliert: „(Social) space is a (social) product“ (Lefebvré 1991: 26, Hervorh. im Original).1 Diese Konstitution von Raum geschieht nicht bedingungslos, sondern ist an bestimmte Voraussetzungen, Regeln, Restriktionen und Ressourcen geknüpft. Durch die vorhergehende Konstitution von Raum werden die Bedingungen für nachfolgende Handlungen im Raum beeinflusst. Eben dies muss auch bei der Analyse von Segregation berücksichtigt werden. Segregation ist das Ergebnis vorhergehender Konstitution von Raum ebenso wie Bedingung von nachfolgenden Handlungen im Raum.

Die Konstitution von Raum ist stark durch die gesellschaftliche Struktur geprägt.2 Besonders einflussreich sind hierbei die politischen Strukturen. Zum Beispiel wird Raum durch den öffentlichen Wohnungsbau sehr unmittelbar konstituiert. Nach Strohmeier „wird Armutssegregation [im sozialen Wohnungsbau] gewissermaßen politisch erzeugt“ (2008: 491). Nur wenn man mehr über diese wichtige Einflussgröße bei der Konstitution von Raum und damit bei der Entstehung von Segregation weiß, kann man in bestimmten Situationen Segregation entgegensteuern (vgl. Rooij/Musterd 2002: 107). Zu dieser Thematik wurde bisher kaum systematisch geforscht (vgl. Arbaci 2007: 403). Diese Lücke soll im Folgenden verkleinert werden, indem untersucht wird, wie staatliche Politik in Form von öffentlichem Wohnungsbau als Teilaspekt der Konstitution von Raum Segregation in Städten beeinflusst. Konkret lautet die Forschungsfrage: Wie wirkt sich öffentlicher Wohnungsbau auf die Verteilung von Bevölkerungsgruppen im städtischen Raum aus?

Um den Einfluss des öffentlichen Wohnungsbaus zu untersuchen, soll Segregation in zwei Städten aus verschiedenen Nationalstaaten auf der Aggregatebene der Quartiere vergleichend

1 Vgl. kritisch zur gesellschaftlichen Bedeutung von Raum Saunders (1987: 17). 2 Hiergegen richten sich die Argumente derer, die von einer Konvergenz städtischer Entwicklung aufgrund von Globalisierungsprozessen ausgehen (vgl. u.a. Lehto 2000: 112).

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Öffentlicher Wohnungsbau und residentielle Segregation 2

untersucht werden. Dazu wurden Sheffield in Großbritannien (GB) und Essen in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) ausgewählt. Aus der Analyse des jeweiligen öffentlichen Wohnungsbaus in den beiden Staaten werden Thesen über die Auswirkungen auf die Konzentration der Bevölkerung in den Städten abgeleitet werden. Anhand einer faktorialökologischen Sozialraumanalyse werden die Städte dann untersucht und durch einen Vergleich der Ergebnisse die Hypothesen überprüft. Als Ergebnis wird spezifiziert, wie stark öffentlicher Wohnungsbau die Segregation in den betrachteten Städten beeinflusst und somit zur Reproduktion von sozialer Ungleichheit beitragen kann.

2. Raum und Segregation

Um die Entstehung von Segregation zu erklären, werden unterschiedliche Theorieansätze genutzt. In einem Überblick stellt Farwick (vgl. 2001: 28ff) verschiedene Ansätze vor, kommt aber zu dem Schluss, dass diese nicht ausreichen, um die Komplexität von Segregation befriedigend zu erfassen (vgl. ebd.: 53f). Farwicks Kritik kann hier insofern ergänzt werden, als dass keiner der von ihm genannten Ansätze direkten Bezug auf Raum als durch Handlungen strukturierte und gleichzeitig Segregationsprozesse strukturierende Dimension nimmt. In anderen Worten: Keiner der Ansätze stellt befriedigend die Verbindung zwischen dem handelnden Akteur und der aus der Handlung resultierenden Struktur, die wiederum auf den Akteur zurückwirkt, her. Somit greifen diese Ansätze zu kurz, v.a. um die Reproduktion von sozialer Ungleichheit durch die räumlichen Strukturen von Segregation zu erfassen. Um dieses Unzulänglichkeit zu umgehen, wird im Folgenden Martina Löws Ansatz der Raumsoziologie genutzt, um die Entstehung von Segregation zu erklären (vgl. Löw 2001).

2.1 Martina Löws Raumsoziologie

Martina Löws Ansatz ist der Versuch, Raum handlungstheoretisch zu konzeptualisieren. Das heißt, dass nach Löw Raum erst durch den handelnden Akteur konstituiert wird. Gleichzeitig werden die teilweise Präexistenz des Raums und dessen Auswirkungen auf die konkrete Situation der Handlung berücksichtigt.

Eine zentrale Aussage von Löws Ansatz lautet: „Raum [ist] eine relationale (An)Ordnung von Lebewesen und sozialen Gütern“ (ebd.: 160). Mit diesem Raumverständnis geht einher, dass Raum an sich nicht statisch sei. Raum ändere sich permanent durch die anordnenden Handlungen der Akteure, könne aber auch in institutionalisierten Räumen „gerinnen“. Allerdings könne Raum nicht nach Belieben der Akteure verändert werden. „Die Möglichkeiten, Räume zu konstituieren, sind demnach immer von den in einer Handlungssituation vorgefundenen symbolischen und materiellen Faktoren abhängig“ (ebd.: 191, Hervorh. im Original). Raum wird dabei durch die Prozesse des spacing und der Syntheseleistung konstituiert. Mit spacing bezeichnet Löw die Prozesse der Raumkonstitution, bei denen Lebewesen oder soziale Güter in bestimmten Relationen zueinander platziert werden (ebd.: 158). Bei der Syntheseleistung werden auf einer abstrakteren Ebene als beim spacing durch „Wahrnehmungs-, Vorstellungs- oder Erinnerungsprozesse […] Güter und Menschen zu Räumen zusammengefasst“ (ebd.: 159).

Mit der speziellen Schreibweise „(An)Ordnung“ weist Löw darauf hin, dass Raum zum einen durch Handlung erst angeordnet bzw. konstituiert werde. Zugleich sei Raum eine Ordnung, die bestimmte Handlungen wahrscheinlicher und andere Handlungen unwahrscheinlicher mache. Diese Dualität des Raums bewirke, dass „räumliche Strukturen eine Form von Handeln hervorbringen,

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welches in der Konstitution von Räumen jene räumlichen Strukturen reproduziert“ (ebd.: 170). Aus früheren Handlungen resultierende Raumstrukturen setzten Akteuren also bestimmt Grenzen. Indem der Akteur innerhalb dieser Grenzen handle, bestätige und reproduziere er diese Raumstruktur.3

Die Macht im Raum zu handeln ist dabei für verschiedene Akteure ungleich gegeben. Zum einen sind die räumlichen Strukturen, wie alle Strukturen, von den in die Körper der Akteure eingeschriebenen Strukturprinzipien Klasse, Ethnizität und Geschlecht durchzogen. Das heißt, dass die Möglichkeit innerhalb der räumlichen Strukturen in die Welt einzugreifen entscheidend von diesen Strukturprinzipien beeinflusst wird. Aber auch darüber hinaus sind die „Möglichkeiten, Raum zu gestalten oder zu verändern, ungleich verteilt“ (ebd.: 212). Zum Beispiel werden die „Zugangsmöglichkeiten zu sozialen Gütern […] primär über Reichtum organisiert“ (ebd.). Das Platzieren von sozialen Gütern ist somit für bestimmte Akteure leichter möglich als für andere. Nur mit den nötigen finanziellen Ressourcen kann z.B. eine bestimmte Wohnung gemietet und sich somit im Raum platziert werden. „Mit der Konstitution von Raum wird deshalb immer auch die Differenz von ‚Eingeschlossen’ und ‚Ausgegrenzt’ konstituiert“ (ebd.). Räumliche Strukturen sind eine zentrale Kategorie von sozialer Ungleichheit.

Der Ansatz kann somit genutzt werden, um den Einfluss von Wohnungspolitik auf Segregation zu untersuchen, denn durch Wohnungspolitik werden bestimmte räumliche Anordnungen bzw. Strukturen geschaffen, die das Handeln von Akteuren im Raum beeinflussen. Es gibt Akteure, die aufgrund ihrer Ressourcen eher in der Lage sind, sich innerhalb dieser Struktur in für sie attraktiven Räumen zu platzieren. Andere Akteure sind hingegen in ihrer Handlungsfreiheit stärker eingeschränkt und werden sich dementsprechend eher in bestimmten, für den Rest der Akteure unattraktiveren Räumen konzentrieren. Dieser Prozess soll nun ausgeführt werden.

2.2 Residentielle Segregation

Segregation meint die ungleiche räumliche Verteilung einer Untersuchungseinheit über bestimmte Teilgebiete der Stadt. Man unterscheidet funktionale Segregation, z.B. die Konzentration von Gewerbe in bestimmten Gebieten, und residentielle Segregation, d.h. die Konzentration von bestimmten Bevölkerungsgruppen in Teilgebieten der Stadt. In diesem Diskussionspapier wird ausschließlich residentielle Segregation behandelt.

Residentielle Segregation kann entlang der ökonomischen, demographischen und ethnischen Dimension unterschieden werden (vgl. Häußermann/Siebel 2004: 143). Es wird also die Konzentration von Bevölkerungsgruppen nach ihrem sozialen Status, z.B. über die Einbindung in den Arbeitsmarkt oder das Einkommen operationalisiert, ihrem Alter bzw. ihrem Familienstand und entsprechend ihrem Migrationshintergrund differenziert. Als untersuchungswürdig gilt dabei v.a. die Konzentration der „von der Normalität abweichenden“ Gruppen, wie z.B. Arme, Alte, Kinder und Migranten.

3 Der Gedanke der Dualität des Raums ist zentral für Löws Raumvorstellung und beruht auf Anthony Giddens’ Konzept der Dualität von Struktur (vgl. Giddens 1997: 67ff).

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2.2.1 Segregation als unintendiertes Ergebnis von Handlungen

Segregation entsteht aus der Kumulation bestimmter individueller Wohnortentscheidungen, die im Ergebnis bestimmte, unintendierte Muster von Konzentration für verschiedene Bevölkerungsgruppen ergeben. Diese kollektive Folge der Wohnortentscheidungen ist als solche ungeplant (vgl. Strohmeier 2006: 18; Giddens 1997: 61). Die Wohnortentscheidung kann als das sich Platzieren von Akteuren im Raum verstanden werden und ist damit in erster Linie ein Prozess des spacing. Wie jede Konstitution von Raum sind diese Handlungen von den Ressourcen der Akteure sowie den materiellen und symbolischen Faktoren der Entscheidungssituation abhängig (vgl. Löw 2001: 191, 214). Zu erklären ist, warum Akteure aus bestimmten Bevölkerungsgruppen so ähnliche Wohnstandortentscheidungen treffen, dass Segregation die Folge ist.

Segregation kann nur entstehen, wo die räumlichen Strukturen in Form des Wohnraums in einer Stadt differenziert genug sind, um unterschiedliche Entscheidungen der Wohnraumsuchenden hervorrufen zu können. Der Wohnraum kann dabei unter Einbeziehung des Wohnumfeldes nach „Größe, Lage, Ausstattung und Mietpreis der Wohnung“ (Friedrichs 2008: 395) unterschieden werden. Diese Variationsbreite des Angebots führen Häußermann und Siebel (vgl. 2004: 157) auf die ökonomische, symbolische, soziale und politische Differenzierung des Wohnraums zurück.

Hier ist v.a. die politische Differenzierung und dabei besonders die Wohnungspolitik von Interesse. Die Wohnungspolitik nimmt Einfluss auf die anderen Formen von Differenzierung und prägt somit die räumlichen Strukturen deutlich. Die ökonomische Differenzierung wird durch Wohnungspolitik insofern gemildert, als dass für Nachfrager eine finanzielle Unterstützung gewährt werden kann, oder für Anbieter günstiger Zugang zu Finanzmittel geschaffen wird. Wohnungspolitik kann auch in die für den Wohnraum wichtigen Märkte durch Regulierung eingreifen und so die Differenzierung des Angebotes mildern. Die symbolische Dimension der Differenzierung unterliegt ebenfalls dem Einfluss der Wohnungspolitik. So kann diese z.B. bei der Förderung von Wohnraum bestimmte Anforderungen an die bauliche Gestalt und Ausstattung stellen. Schließlich ist auch die Komposition der Nachbarschaft durch Wohnungspolitik beeinflusst. Zum Beispiel, wenn Wohnungspolitik bei der Vergabe von Wohnungen explizit bestimmte Belegungsquoten für spezifische Bevölkerungsgruppen vorgibt.

Die Wohnraumnachfrage der privaten Haushalte wird bestimmt durch ihre Präferenzen, die ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen und die, sie in ihrer Wahl beschränkenden, Restriktionen (vgl. ebd.: 157ff). Die Präferenzen bestimmen, welches Angebot der Wohnraumsuchende gerne nutzen möchte. Die gesellschaftlichen Strukturen in Form der zur Verfügung stehenden Ressourcen beeinflussen die Möglichkeit der Wahrnehmung eines bestimmten Angebots und bestimmen so, welche Angebote angenommen werden können bzw. von welchen Angeboten die Nachfrager durch Restriktionen ausgeschlossen werden. Wenn Haushalte bei ihrer Wohnstandortentscheidung v.a. durch ihre Präferenzen beeinflusst werden und so Segregation entsteht, kann von freiwilliger Segregation gesprochen werden. Wenn die Präferenzen der Akteure hingegen nur eine untergeordnete Rolle spielen und die Wohnortentscheidung v.a. aufgrund der zur Verfügung stehenden Ressourcen und der Restriktionen gefällt wird, so bezeichnet man dies als erzwungene Segregation (vgl. Löw et al. 2007: 39).

Die Differenzierung der Nachfrage besitzt bestimmte Regelmäßigkeiten, die mit spezifischen Gruppenzugehörigkeiten der Nachfrager verknüpft und über die verschiedenen Dimensionen sozialer Ungleichheit operationalisiert werden können. Das solchermaßen differenzierte Angebot und die, in sich nach bestimmten Regelmäßigkeiten gegliederte, Nachfrage treffen auf verschiedenen, segmentierten Wohnungsmärkten aufeinander. Aus individuellen Wohnortentscheidungen und damit einhergehenden Platzierungen im Raum resultiert ein kollektives Ergebnis, das mehr oder weniger starke Segregation zur Folge haben kann. Dieses kollektive Ergebnis oder, anders formuliert, die resultierenden räumlichen Strukturen wirken auf Angebot und Nachfrage von Wohnraum zurück. Durch Institutionalisierung dieses spacing und verbundener Syntheseleistungen und deren Absicherung mit entsprechenden Ressourcen, z.B. durch

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die Kodifizierung in Gesetzen zum öffentlichen Wohnungsbau, kann es zur Reproduktion der räumlichen Strukturen und damit auch von sozialer Ungleichheit kommen, wie im nächsten Abschnitt zu zeigen sein wird. Segregation kann somit in selbstverstärkende Mechanismen der sozialen Exklusion münden.

2.2.2 Folgen von Segregation

Auch wenn dies in der öffentlichen Diskussion oft so behauptet wird, ist Segregation nicht grundsätzlich negativ zu bewerten. Im Gegenteil, soziale Homogenität im Wohnquartier kann eine wichtige Ressource für Menschen in ihrem Wohnquartier darstellen. Andererseits kann sie die Lebenschancen der Betroffenen aber stark reduzieren, denn Lebenschancen sind ungleich im Raum verteilt (vgl. Lobao/Hooks 2007: 47). Bei der Bewertung von Segregation muss deshalb immer die Freiwilligkeit, Dauerhaftigkeit und Durchlässigkeit des Quartiers, d.h. die Möglichkeit des Ein- und Fortzugs, berücksichtigt werden. Vor allem bei dauerhafter, unfreiwilliger Segregation besteht die Gefahr, dass Betroffene durch ihre Wohnsituation zusätzlich benachteiligt werden. Man spricht dann von Kontexteffekten, die die Bewohner eines Quartiers aufgrund der Bedingungen im Wohngebiet benachteiligen. Kontexteffekte sind von Individualeffekten zu unterschieden, bei denen die Bewohner eines Quartiers aufgrund von individuellen Merkmalen benachteiligt werden (vgl. Friedrichs/Blasius 2000: 182). Kontexteffekte wirken in Quartieren besonders dann, wenn deren Räume institutionalisiert sind, d.h. für längere Zeit und über individuelle Handlungen hinaus, bestehen. Soziale Ungleichheit kann sich so reproduzieren, indem räumliche Strukturen die Lebenschancen von Menschen beeinflussen (vgl. Häußermann/Siebel 2004: 183). Segregation wird dann zu einem sozialen Problem, da sie nicht länger nur Ausdruck von Benachteiligung ist, sondern selbst zur Quelle von Benachteiligung wird.

3. Öffentlicher Wohnungsbau im Vergleich

Räumliche Strukturen sind durch andere, z.B. die politischen, Strukturen beeinflusst. Ein Teil der politischen Strukturen ist die Wohnungspolitik. Lampert und Althammer definieren Wohnungspolitik als die „Maßnahmen staatlicher Träger und Organe der Wirtschafts- und Sozialpolitik, mit denen das Ziel verfolgt wird, die Wohnungsversorgung der Bevölkerung zu beeinflussen“ (Lampert/Althammer 2004: 337). Das intentionelle Ziel von Wohnungspolitik ist die Verringerung von Ungleichgewichten am Wohnungsmarkt, die durch „Angebotsinelastizitäten […], geringe Markttransparenz, eine arbeitsplatzbedingte räumliche Unbeweglichkeit der Nachfrager nach Wohnungen und Grenzen der finanziellen Belastbarkeit breiter Bevölkerungskreise“ (ebd.: 338) entstehen. Aber auch nichtintendierte Folgen, wie z.B. die Konzentration bestimmter Bevölkerungsgruppen im öffentlichen Wohnungsbestand, können die Folge von Wohnungspolitik sein, wie im Folgenden zu zeigen sein wird.

Die Wohnungspolitik kann in leistungspolitische, d.h. mit finanziellen Zuweisungen verbundene, und ordnungspolitische, d.h. die Rahmenbedingungen des Wohnungsmarktes beeinflussende, Instrumente unterteilt werden. In diesem Diskussionspapier soll die Analyse von Objektförderung im Vordergrund stehen. Dies ist in der Überlegung begründet, dass politische Strukturen und räumliche Strukturen in der Wohnungspolitik hier direkt zusammentreffen. Allerdings haben die anderen Bereiche der Wohnungspolitik, wie z.B. die Steuergesetzgebung, sowie auch andere Politikbereiche ebenfalls einen, wenn auch indirekteren, Einfluss auf räumliche Strukturen (vgl. Kirchner 2006: 2).

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Die Objektförderung erfolgt in der BRD größtenteils durch den sozialen Wohnungsbau.4 In GB gehört das council housing, das hier mit „kommunaler Wohnungsbau“ übersetzt wird, zur Objektförderung. Der direkte Vergleich dieser Kategorien ist allerdings problematisch, da sich die Leistungen der Staaten und die Art der Wohnungsformen in diesem Bereich stark unterscheiden. Angelehnt an Fitzpatrick und Pawson (vgl. 2007: 164), die als Definitionskriterium für öffentlichen Wohnungsbau die Auswahl der Mieter nach administrativen Kriterien und nicht alleine über den Preis vermittelt vorschlagen, kann aber in beiden Fällen von öffentlichem Wohnungsbau gesprochen werden (vgl. auch Stephens et al. 2003: 772).

Im Folgenden wird der öffentliche Wohnungsbau bis zum Jahr 2001, dem Basisjahr der dieser Arbeit für die Sozialraumanalyse zugrundeliegenden Daten, zunächst in GB und anschließend in der BRD vorgestellt.

3.1 Council housing in GB

Die Geburtsstunde der britischen Wohnungspolitik kann im Housing and Town Planning Act von 1909 gesehen werden (vgl. Kaufmann 2003: 155). 1915 standen dann bereits zentrale Instrumente der Wohnungspolitik, wie z.B. das Recht, Quartiere in besonders schlechtem Zustand zu erneuern und für das Allgemeinwohl Wohnungen zu bauen, bereit. Die Wohnungspolitik war dabei seit Anbeginn ein besonders umstrittenes Politikfeld (vgl. McGuire 1981: 115). Nach der massiven Zerstörung von Wohnraum im Zweiten Weltkrieg war die Schaffung von neuem Wohnraum ein zentrales politisches Thema der Nachkriegsjahre (vgl. Lowe 2005: 247). Die Bedeutung der Wohnungspolitik in dieser Zeit machte sie im Bewusstsein der Bürger zu einem wichtigen Teil des britischen Wohlfahrtstaates (vgl. Malpass 2004: 209). Trotz dieses Umstandes ist eine der Grundlagen der britischen Wohnungspolitik die Annahme, dass „the private market will provide for most people most of the time“ (ebd.: 210).

Britische Kommunen beziehen Finanzmittel von der Zentralregierung, um selbst Wohnungen bauen zu lassen und sie in Besitz zu nehmen (vgl. McGuire 1981: 118). Bis zu den späten 1960er Jahren wurde der Zugang zu diesen Wohnungen anhand von Wartelisten und Beurteilungen u.a. der Haushaltsführung der Nachfrager und nicht nach der Bedürftigkeit der Antragsteller geregelt. Kommunale Wohnungen sollten breiten Bevölkerungsschichten zur Verfügung stehen und somit war die Einkommenssituation keine ausschlaggebende Bedingung bei der Wohnungsvergabe. Dies führte zu Kritik aufgrund von vermeintlichen Fehlsubventionen. Ab den 1970er Jahren wurden deshalb Bedürftigkeitsprüfungen eingeführt. Im Jahr 2000 waren in 90 Prozent aller Gemeinden solche Kriterien der Bedürftigkeit, wie z.B. das Einkommen und die Dringlichkeit der Unterbringung, für die Vergabe kommunaler Wohnungen ausschlaggebend (vgl. Fitzpatrick/Pawson 2007: 167).

Die Einnahmen und Ausgaben aller Wohnungen der Kommune werden gepoolt und mit staatlichen Subventionen im Housing Revenue Account (HRA) zusammengeführt, das jährlich ausgeglichen werden muss (vgl. Mullins/Murie 2006: 160f). Somit können teurere Wohnungen im Bestand quer finanziert werden und deren Miete niedriger gehalten werden, als dies z.B. in der BRD mit dem Prinzip der Kostenmiete, das weiter unten erläutert wird, der Fall wäre. Die Mieten in kommunalen Wohnungen sind insgesamt vergleichsweise niedrig, weswegen der Sektor lange Zeit auch für einkommensstärkere Mittelstandshaushalte attraktiv war (vgl. McGuire 1981: 136f).

Zentrale Besonderheiten der britischen Wohnungspolitik von Ende des 2. Weltkriegs bis 1975 waren der Umstand, dass „only two of the three major types of housing tenure – council housing

4 „Wohnung“ bezieht sich im Folgenden sowohl in GB als auch in der BRD auf „Wohneinheiten“ und umfasst sowohl Einparteienhäuser als auch Wohnungen in Mehrparteienhäusern, wenn nicht explizit anderes geschrieben wird.

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and owner-occupancy – were subsidized“ (Lowe 2005: 248), dass Finanzmittel relativ zentral vergeben wurden und dass der Staat einen großen Teil des Wohnraums selbst besaß (vgl. ebd.). Die folgende Phase der Wohnungspolitik ist durch die umfassende Privatisierung des kommunalen Wohnraums geprägt und endete mit dem Abtritt der Regierung unter den Tories und der Wahl Tony Blairs zum Premierminister im Jahr 1997 (vgl. ebd.: 365ff).

Von 1976 bis 1996 sank der Anteil der kommunalen Wohnungen von 31,6 auf 19,6 Prozent aller Wohnungen (vgl. Tabelle 3.1). Gleichzeitig stieg der Anteil des privaten Wohneigentums von 53,8 auf 66,9 Prozent. Zwar war zu dieser Zeit europaweit ein Trend zu mehr Wohneigentum auszumachen, aber nirgendwo war das Ausmaß so groß wie in GB und Irland. Während zu Beginn des letzten Jahrhunderts Briten noch mehrheitlich zur Miete wohnten, so lebten gegen Ende des 20. Jahrhunderts die meisten in Eigentum (vgl. Mullins/Murie 2006: 87). Auf dem privaten Mietmarkt wurde im Jahr 2001 in GB nur noch knapp jede zehnte Wohnung angeboten.

Tabelle 3.1: Entwicklung der Besitzverhältnisse bei Wohnungen in GB 1971-2001

* Diese Zahlen sind unter privat vermieteten Wohnungen subsumiert.

Quelle: Mullins/Murie 2006: 49

Das Right to Buy als Teil des Housing Act von 1980 ist eines der wichtigsten Entwicklungen in der britischen Wohnungspolitik der Nachkriegszeit. Es hat zum Inhalt, dass Haushalte in kommunalen Wohnungen diese kaufen können und dabei abhängig von der bisherigen Wohndauer einen Nachlass erhalten. Im Laufe der Zeit wurden diese Nachlässe ausgeweitet, um die ehrgeizigen, politischen Ziele der Privatisierung erreichen zu können. Ende der 1980er Jahre wurde so mitunter bis zu 80 Prozent Nachlass gewährt. In dieser Dekade wurden jährlich etwa 100.000 Wohnungen verkauft (vgl. Lowe 2005: 366).

Trotz zum Teil positiver Effekte, kam es durch diese Regelung auch zu mitunter gravierenden negativen Folgen. Das Right to Buy trug vielfach zu einer Verstärkung von Ungleichheit bei. Erstens wurde die Ungleichheit zwischen Eigentümern und Mietern in kommunalen Wohnungen verschärft. Zweitens stieg die Ungleichheit zwischen den verschiedenen Mietern kommunaler Wohnungen, je nachdem ob sie in Quartieren mit beliebten Wohnungen lebten, die gekauft wurden, oder ob sie in Quartieren lebten, in denen niemand Wohnungen kaufen wollte. Zudem nahm durch den Rückgang kommunaler Wohnungen die Zahl Obdachloser zu und mehr Menschen mussten durch Subjektförderung bei der Unterkunft finanziell unterstützt werden (vgl. Lowe 2005: 367).

Die Privatisierung wurde auch durch den Housing Act von 1988 vorangetrieben. In diesem Gesetz wurde die kommunale Ebene von der Aufgabe der Wohnraumschaffung enthoben. Stattdessen sollte sie als „Aktiverer“ agieren und „oversee the building, management and allocation

Bewohner KommuneWohnungs-gesellschaft

privatem Vermieter

1971 19.426 50,4 30,7 * 18,9

1976 20.608 53,8 31,6 * 14,8

1981 21.586 56,4 30,4 2,2 11,0

1986 22.600 61,5 26,1 2,5 9,9

1991 23.710 66,0 21,4 3,1 9,5

1996 24.250 66,9 19,6 4,0 9,6

2001 25.456 69,4 14,5 6,5 9,7

Wohnung im Besitz von (in %)Anzahl

Wohnungen in 1.000

Jahr

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of housing in its own area“ (ebd.: 388). Wohnraum sollte von den Kommunen nur noch für Obdachlose bereitgestellt werden. Allerdings hatte dieses Gesetz weniger Wirkung als von der konservativen Regierung erhofft (vgl. ebd.: 368). Die Wohnungspolitik in dieser Phase sorgte dennoch dafür, dass die kommunalen Wohnungen zu einem „ghetto for the disadvantaged“ (ebd.: 369) wurden.

Mit dem Verkauf von kommunalen Wohnungen ging gleichzeitig ein Rückgang der Fertigstellungen neuer kommunaler Wohnungen einher. 1975 wurden noch 145.600 neue Wohnungen von den Kommunen gebaut. 1995 lag diese Zahl bei nur noch 1.900. Allerdings nahm zur gleichen Zeit die Zahl der von Wohnungsgesellschaften gebauten Wohnungen zu (vgl. ebd.: 367). Auch dies konnte aber den anteilsmäßigen Rückgang von Mietwohnungen aller Art am Wohnungsmarkt nicht stoppen. Auch die Bestandsförderung wurde sträflich vernachlässigt. Es wurde nicht genug in den Wohnungsbestand investiert, um dessen Zustand zu erhalten oder gar zu verbessern. Dies hängt u.a. mit der Finanzierung durch die HRA zusammen. Durch die Verpflichtung, dass Konto jedes Jahr auszugleichen, sind langfristige Investitionen oder das Ansparen von Geld für Investitionen kaum realisierbar. Durch die Zustandsverschlechterung der kommunalen Wohnungen verlieren diese weiter an Attraktivität und werden dauerhaft stigmatisiert (vgl. Hills 2001: 1893).

Mit der Machtübernahme durch New Labour 1997 waren große Hoffnungen an einen Umschwung in der Wohnungspolitik verbunden. „Housing, together with social security, was the area of welfare of greatest potential importance to New Labour’s concept of joined-up government” (Lowe 2005: 428). Tatsächlich unternahm die neue Regierung aber erstaunlich wenig in diesem Politikfeld (vgl. Mullins/Murie 2006: 74f).

In GB können zusammenfassend mehrere wichtige Trends im Zusammenhang mit der hier behandelten Fragestellung ausgemacht werden. Kommunale Wohnungen machen einen zunehmend kleineren Teil des Wohnraums aus. Ginsburg (vgl. 2005: 115) geht davon aus, dass der kommunale Wohnungssektor bis etwa 2020 komplett abgebaut sein wird. Kommunale Wohnungen sind verstärkt zum Auffangnetz für v.a. ökonomisch benachteiligte Bevölkerungsgruppen geworden (vgl. Mullins/Murie 2006: 258). Gründe dafür sind u.a. der schrumpfende private Mietsektor, der die Auswahl für arme Haushalte einschränkt, die wachsende Ungleichheit seit Ende der 1970er Jahre und insbesondere das Right to buy, das die Konzentration armer Haushalte im kommunalen Wohnungssektor verstärkt und die Investitionen in die restlichen kommunalen Wohnungen reduziert hat (vgl. Fitzpatrick/Pawson 2007: 171). Mit dieser Marginalisierung der kommunalen Wohnungen geht eine symbolische Abwertung einher (vgl. Lee/Murie 1999: 627). Kommunale Wohnungen werden von Haushalten, die es sich leisten können, gemieden. Zur räumlichen Konzentration von Armut hat auch die Zuweisung von Wohnraum nach Bedürftigkeit ohne ausreichende Berücksichtigung der Wohnwünsche beigetragen (vgl. Fitzpatrick/Pawson 2007: 172). Diese Tendenzen werden verstärkt, wenn Kommunen Sanktionen, wie z.B. Sperrzeiten, für Haushalte verhängen, die Wohnangebote ablehnen. Nur Haushalte, die in der Lage sind, längere Wartezeit zu überbrücken, können sich so erlauben, Wohnangebote in unbeliebten Wohnquartieren abzulehnen (vgl. ebd.: 172). Das Angebot an bezahlbarem Wohnraum zur Miete ist sowohl von kommunaler Seite, aber auch von privater Seite heute selbst für die in den Arbeitsmarkt integrierten Haushalte niedrig. Ein großer Teil von Haushalten muss finanzielle Hilfe des Staates in Anspruch nehmen, um die Miete zu zahlen (vgl. Lowe 2005: 431). Wohneigentum ist weit verbreitet und mehr als zwei Drittel der britischen Haushalte leben in den eigenen vier Wänden (vgl. Tabelle 3.1).

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3.2 Sozialer Wohnungsbau in der BRD5

Zur Zeit der Weimarer Republik wurde in Deutschland zum ersten Mal ein gemeinnütziger Wohnungssektor eingerichtet. „Von Anfang an ging es dabei um die Verbesserung der Wohnungsversorgung der ‚breiten Schichten der Bevölkerung’“ (Häußermann/Siebel 2000a: 150). Die vorrangige Aufgabe der Wohnungspolitik in der jungen BRD lag dann zunächst in der Schaffung von neuem Wohnraum, um die kriegsbedingte Knappheit abzubauen. Innerhalb weniger Jahre gelang es, den Wohnraum so auszubauen, dass Mitte der 1970er Jahre statistisch gesehen für jeden Haushalt auch eine Wohnung zur Verfügung stand (vgl. Lampert/Althammer 2004: 339ff).

Der soziale Wohnungsbau umfasst in der BRD Wohnungen, die beim Bau durch den Staat finanziell gefördert wurden und deshalb bei der Vermietung bestimmten Beschränkungen unterliegen (vgl. Kirchner 2007: 88). Die Förderung ist an die Bedingungen geknüpft, dass in den geförderten Wohnungen die Miethöhe stärker beschränkt ist als auf dem restlichen Mietmarkt, und dass nur Mieter, die bestimmte Bedingungen erfüllen, die Wohnungen beziehen dürfen (vgl. Dorn 1997: o.A.). Die Miete darf dabei die Höhe einer sogenannten Kostenmiete, in der die „Kapitalkosten […], Bewirtschaftungskosten, Abschreibungen, Verwaltungskosten, Betriebskosten, Instandhaltungskosten […] [und das] Mietausfallwagnis“ (Mayer 1998: 63) Berücksichtigung finden, nicht übersteigen. Die Förderung besteht in der Gewährung niedrig verzinster Kredite, Zuschüsse und der Übernahme von Sicherheiten. Die Förderung kann dabei prinzipiell von jedem Bauherrn in Anspruch genommen werden und ist nicht auf öffentliche Bauträger beschränkt. Dadurch ist auch nur ein sehr geringer Anteil von Wohnungen direkt im staatlichen Besitz. Allerdings gehören in der BRD viele Wohnungen kommunalen Wohnungsbaugesellschaften, die zwar der Kontrolle lokaler Politik unterstehen können, aber deren Wohnungen somit nicht im direkten staatlichem Besitz sind (vgl. Stephens et al. 2003: 771). Sozialer Wohnungsbau hat nicht nur die Aufgabe, günstigen Wohnraum zu schaffen, sondern soll v.a. auch Wohnraum für Menschen bereitstellen, die wegen nichtökonomischer Gründe keinen Zugang zum Wohnungsmarkt finden. Dazu können z.B. Menschen mit Migrationshintergrund oder körperlichen Beeinträchtigungen gehören (vgl. Sautter 2005: 3).

Die mit der Förderung verbundenen Bedingungen sind zeitlich beschränkt. Das heißt, dass der soziale Wohnungsbau in der BRD von Anfang an als endlich konzipiert wurde (vgl. Häußermann/Siebel 2000a: 153). Nach Ablauf der Frist können die geförderten Wohnungen, wie andere Wohnungen auch, frei vermietet werden. Die zeitliche Begrenzung der Bindungen trägt zum quantitativen Rückgang der Sozialbauwohnungen bei. Prognosen gehen davon aus, dass bis 2020 nur noch etwa vier Prozent des Wohnungsbestandes aus dem Jahr 2002 Sozialbauwohnungen sein werden (vgl. Kirchner 2007: 88). Die zeitliche Begrenzung der Bindungen hat außerdem zur Folge, dass sich die Lage, Kosten und Ausstattung der Sozialbauwohnungen im Laufe der Jahre geändert haben. Während Wohnungen der älteren Jahrgänge meist billiger waren und in Innenstadtnähe lagen, waren die meisten Sozialbauwohnungen Anfang der 1990er Jahre „vor allem am Rande der Stadt, […] in größeren Einheiten – z.T. in Großsiedlungen – konzentriert“ (Schuler-Wallner 1992: 191). Diese Wohnungen sind auch meist teurer als die Wohnungen älterer Jahrgänge.

Die Zugangsbeschränkungen zu den geförderten Wohnungen waren zunächst recht großzügig. So lag die Einkommensgrenze für ein Ehepaar mit zwei Kindern im Jahr 1950 bei 600 DM und der monatliche Durchschnittsverdienst einer solchen Familie lag bei 343 DM (vgl. Mayer 1998: 178ff).

5 Hier wird der Schwerpunkt auf Westdeutschland gelegt. Die Situation im Gebiet der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik unterscheidet sich insofern, als dass hier wesentlich weniger geförderte Wohnungen vorhanden sind. Erst nach 1989 wurde hier mit der Förderung begonnen. Allerdings besteht für etwa die Hälfte der Wohnungen eine Belegungsbindung, da sie sich im Besitz von kommunalen Wohnungsunternehmen und Genossenschaften befinden, die die Altschuldenhilfe genutzt haben. Diese Bindungen laufen 2013 aus und beinhalten keine Mietpreisbindung (vgl. Kirchner 2006: 93). Kirchner urteilt für die neuen Bundesländer, dass „die Versorgung benachteiligter Haushalte in den neuen Bundesländern auf absehbare Zeit kein Problem sein“ (ebd.: 119) werde.

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Im Laufe der Zeit wurden die Zugangsgrenzen verschärft und damit die Wohnberechtigung zunehmend auf einkommensschwächere Haushalte beschränkt. Während in den 1950er Jahren noch etwa drei Viertel der Haushalte zugangsberechtigt waren, sank dieser Anteil in den alten Bundesländern in den 1990er Jahren auf maximal 40 Prozent (vgl. Kirchner 2006: 20ff).

Der Bestand an Sozialbauwohnungen betrug 1968 3,7 Millionen Wohnungen, was einem Anteil von 19,4 Prozent an allen Wohnungen entsprach (vgl. Tabelle 3.2). Im Jahr 2001 waren 1,8 Millionen Wohnungen aufgrund staatlicher Subventionen mietgebunden. Im betrachteten Zeitraum wuchs sowohl der Anteil der frei vermieteten Wohnungen als auch die Eigentumsrate (vgl. Kirchner 2007: 86, 90; Busch-Geertsema 2004: 312). Der Anteil der frei vermieteten Wohnungen ist in der BRD im europäischen Vergleich sehr hoch. Allerdings sind diese Wohnungen z.T. ehemalige Sozialwohnungen, bei denen die Mietbindungen abgelaufen sind (vgl. Kirchner 2006: 12). Zum größten Teil (1993 galt dies für 97 Prozent der öffentlich geförderten Wohnungen) wurden Sozialbauwohnungen in Mehrfamilienhäusern errichtet (vgl. ebd.: 139).

Tabelle 3.2: Sozialer Wohnungsbestand in Westdeutschland 1968-2002

Quelle: Kirchner 2007: 86

Die breite Ausrichtung des sozialen Wohnungsbaus bis 2001 hatte zur Folge, dass einkommensschwache Haushalte nicht stärker von den Mietvorteilen in diesem Bereich profitierten als andere Bevölkerungsgruppen. Im Gegenteil, das Fünftel der Bevölkerung mit dem geringsten Einkommen nahm Anfang der 1990er Jahre, aufgrund der billigeren Mieten in bestimmten frei vermieteten Wohnungen, den sozialen Wohnungsbestand eher selten in Anspruch (vgl. Häußermann/Siebel 2000a: 161). Zwar sind die untersten Einkommensgruppen seltener vertreten, insgesamt leben aber dennoch eher einkommensschwache Menschen in Sozialbauwohnungen. Sautter hat die Zusammensetzung der Mieter im sozialen Wohnungsbestand für das Jahr 1993 näher untersucht (vgl. 2005: 15, Tabelle 3). Ein knappes Drittel der Bewohner (ein Viertel bei den freifinanzierten Mietwohnungen) hatte ein Einkommen, das mindestens 20 Prozent unter der Wohnberechtigungsgrenze lag. Lediglich 18,5 Prozent der Mieter in Sozialbauwohnungen hatte ein um mindestens 40 Prozent über der Bedarfsgrenze liegendes Einkommen, aber ein knappes Drittel der Mieter in freifinanzierten Wohnungen. In Sozialbauwohnungen waren junge Einpersonen- und Familienhaushalte unterrepräsentiert. Haushalte, die Arbeitslosen- oder Sozialhilfe bezogen, waren dagegen überrepräsentiert (acht Prozent der Mieter in Sozialbauwohnungen). Auch Alleinerziehende und ausländische Familien mit Kindern waren in Sozialbauwohnungen häufiger anzutreffen als in frei finanzierten Wohnungen.

Neben der schon angesprochenen zeitlichen Befristung von Bindungen im sozialen Wohnungsbau haben andere Faktoren ebenfalls dazu beigetragen, dass sich die Bedeutung dieses Teilmarktes in den letzten Jahrzehnten stark verändert hat. So wurde z.B. im Jahr 1990 die

vom Eigentümer genutzt

Sozialer Wohnungs-bestand

privat vermietet

1968 19.200 36,4 19,4 44,1

1978 22.800 37,4 18,3 44,3

1993 26.700 41,6 10,9 47,5

1998 27.900 43,0 8,9 48,1

2002 28.900 44,4 7,1 48,4

JahrAnzahl

Wohnungen in 1.000

Art von Wohnung (in %)

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Wohngemeinnützigkeit, u.a. als Reaktion auf den Skandal um die im gewerkschaftlichen Besitz befindliche „Neue Heimat“ (vgl. Mayer 1998: 206), abgeschafft (vgl. Tomann 1996: 54).

Häußermann und Siebel resümieren (vgl. 2000a: 165), dass die Wohnungspolitik in der BRD seit den 1950er Jahren durch zwei Trends charakterisiert werden könne. Zum einen sei die Förderung von Wohneigentum, zunächst als Eigenheim für die Familie, dann als Vermögenswert, vorrangig gewesen. Zum Zweiten sei die direkte Förderung von sozialem Wohnungsbau kontinuierlich gedrosselt worden und stattdessen der Bau von Wohnungen mittels einer indirekte Förderung durch Steuerersparnisse subventioniert worden. Die Wohnungspolitik steuere auf einen dreigeteilten Wohnungsmarkt mit einem Segment für Eigentum, einem Segment für freie Mietwohnungen, bei dem Nachfrager durch Wohngeld unterstützt werden könnten, und schließlich einem Segment des sozialen Wohnungsangebots für Nachfrager, die auf dem freien Markt keine Chance hätten, zu. Der soziale Wohnungsbestand werde somit zum Auffangnetz für Akteure, die im freien Wohnungsmarkt nicht nur wegen ökonomischer Restriktionen keine Chance auf eine Wohnung haben, sondern die aufgrund von Diskriminierung nur eingeschränkte Wahlmöglichkeiten besitzen.

3.3 Segregation und öffentlicher Wohnungsbau: Hypothesen

Wie gezeigt wurde, ist der öffentliche Wohnungsbau sowohl in GB als auch in der BRD durch Privatisierung und Reduzierung des Bestandes geprägt. Der öffentliche Wohnungsbau trägt so zu räumlichen Strukturen bei, in denen die Handlungsmöglichkeiten bestimmter Akteure beschränkt werden. In beiden Ländern wird öffentlicher Wohnungsbau zunehmend zu einer Wohnform für Menschen, die aufgrund mangelnder Ressourcen oder Restriktionen durch Diskriminierung, keine Möglichkeit haben, sich anders im Raum zu platzieren. Wie nun gezeigt werden soll, können aber Unterschiede in der Wirkung der räumlichen Strukturen erwartet werden, da öffentlicher Wohnungsbau in GB und der BRD in verschiedenen Kontexten stattfindet. Während in GB Eigentumswohnungen einen hohen Stellenwert haben und das Angebot von Mietwohnungen sehr klein ist, stehen in der BRD außerhalb des Sozialwohnungsbaus viele Mietwohnungen in verschiedenen Mietpreiskategorien zur Verfügung. Aufgrund der zur Verfügung stehenden Daten werden hier Hypothesen zu ökologischen Zusammenhängen, also zu Zusammenhängen auf der Aggregatebene der Quartiere getroffen (vgl. Saunders 1987: 70).

Soziale Dimension: Aufgrund der starken Marginalisierung des öffentlichen Wohnungsbaus in GB und der damit einhergehenden Konzentration bestimmter Bevölkerungsgruppen in diesem Wohnungssektor, der sich nicht gleichmäßig über die Stadt verteilt, sondern ebenfalls an bestimmten Orten konzentriert ist, ist davon auszugehen, dass die soziale Segregation in Quartieren mit einem hohem Anteil kommunaler Wohnungen in GB höher ist als die soziale Segregation in vergleichbaren Quartieren in der BRD (vgl. Arbaci 2007: 416). „People with any kind of choice will not live in council housing” (Hills 2001: 1893). Dies wird durch den Umstand verstärkt, dass die Auswahlmöglichkeiten bei der Wohnortentscheidung für Haushalte mit geringem Einkommen in GB generell eingeschränkter sind als in der BRD, da große Teile des kommunalen Wohnungsbestandes in selbst zu nutzende Eigentumswohnungen umgewandelt wurden und auf dem privaten Mietsektor für einkommensschwache Gruppen nur wenige Alternativen zur Verfügung stehen (vgl. Lee/Murie 1997: 9). Wohneigentum hat stärkere Ausschlusswirkungen als die anderen Wohnformen (vgl. Sommerville 1998: 773) und ist in GB besonders verbreitet. Während das Durchschnittseinkommen von Bewohnern von Eigentumswohnungen in GB und der BRD relativ zum Durchschnittseinkommen der Gesamtbevölkerung Ende der 1990er Jahre ähnlich hoch war, war das Einkommen von Mietern in privaten und kommunalen Wohnungen in GB im Vergleich bedeutend geringer als in der BRD (vgl. Hills 2007: 88). Ein größerer Bestand an öffentlichen Wohnungen, wie er in GB insgesamt besteht, ermöglicht zwar eher eine Mischung der Einwohner, als bei geringerem Bestand. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass durch die aufgezeigten

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räumlichen Strukturen, die sich z.B. im spezifischen Wohnungsangebot äußern, in GB insgesamt eine schärfere soziale Segregation vorherrscht (vgl. Rooij/Musterd 2002: 113). Eine schärfere oder höhere Segregation meint hier, dass die betroffenen Bevölkerungsgruppen ungleicher über den Raum verteilt sind und sich damit stärker in bestimmten Teilräumen konzentrieren. Zwar gilt auch für die BRD, dass die Privatisierung die Versorgung mit Sozialbauwohnungen stark vermindert hat. Hier steht aber zumindest ein größeres Angebot von mehr oder weniger bezahlbaren, privaten Mietwohnungen zur Verfügung.

Hypothese 1.1: Aufgrund der eingeschränkten Wahlmöglichkeiten von einkommensschwachen

Haushalten auf dem Wohnungsmarkt ist in Sheffield die soziale Segregation ausgeprägter als in Essen.

Hypothese 1.2: Aufgrund der Marginalisierung des öffentlichen Wohnungsbaus in Sheffield ist

die soziale Segregation in Quartieren mit einem hohen Anteil an kommunalen Wohnungen in Sheffield höher als in Essen in Stadtteilen mit einem hohen Anteil an Sozialbauwohnungen.

Demographische Dimension: Kommunale Wohnungen in GB umfassen zu einem großen

Anteil auch Einfamilienhäuser. Dies ist in Deutschland kaum der Fall, auch wenn der politische Wille ein anderer war. Hinzu kommt in GB die starke Verbreitung von Wohneigentum in den Städten durch das Right to buy.6 Eigentümer haben in der Regel ein anderes Interesse an ihrem Quartier und ihrer Immobilie als Mieter. Sie sind z.B. eher bereit, sich in ihrem Quartier zu engagieren und Verbesserungen voranzutreiben, da sie sich dem Quartier längerfristig verbunden fühlen. Außerdem pflegen sie ihre Immobilie auch unabhängig von striktem Renditedenken (vgl. Häußermann/Kapphan 2008: 41). Somit sind Städte in GB attraktiver für Familien mit Kindern, die als Gruppe besonders sensibel auf ihr Wohnumfeld reagieren und größere Wohneinheiten benötigen. Man kann also vermuten, dass Städte in GB generell einen höheren Anteil von Kindern beherbergen, aber diese Kinder v.a. auch aus unterschiedlicheren sozialen Milieus stammen als in deutschen Städten. Es kann somit die These aufgestellt werden, dass die demographische Segregation von Familien mit Kindern in GB nicht so stark ist wie in der BRD. Dies führt auch dazu, dass soziale und demographische Segregation geringer korrelieren.

Hypothese 2.1: Aufgrund der stärkeren Verbreitung von Wohneigentum ist die demographische

Segregation mit Bezug auf Kinder in Sheffield geringer als in Essen. Hypothese 2.2: Demographische und soziale Segregation hängen in Sheffield weniger stark

zusammen als in Essen, da eine größere soziale Varianz bei den Familien in Sheffield besteht. Ethnische Dimension: Die ethnische Gruppe, die sich selbst als Nichtweiß und Nichtbritisch

einordnet, hat in GB – zumindest in bestimmten Städten – eine geringere Wahrscheinlichkeit in kommunalen Wohnungen zu leben als die Gruppe der „White“ (vgl. Lee/Murie 1997: 48, Tabelle 22). Saunders führt dies auf frühere, diskriminierende Praktiken bei der Vergabe kommunaler Wohnungen zurück (vgl. Saunders 1987: 115). Ein diskriminierender Ausschluss aus den anderen Wohnformen ist nicht direkt festzustellen, obgleich Migranten, vermutlich aufgrund ihrer ökonomischen Situation, weniger häufig in Eigentum leben. Die Unterkunft in privaten Mietwohnungen ist so für britische Migranten besonders wichtig. Es wurde gezeigt, dass Migranten in der BRD relativ häufig in Sozialbauwohnungen leben (vgl. Abschnitt 3.2). Basten und Lötscher (vgl. 2002: 239) gehen davon aus, dass sich die Wohnungen, die nach der Privatisierung großer Teile der Sozialbauwohnungen im Ruhrgebiet noch der Mietbindung unterliegen, verstärkt in 6 Es muss aber berücksichtigt werden, dass typisches Wohneigentum in GB und der BRD, was Größe und Ausstattung betrifft, Unterschiede aufweist.

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Randlagen befinden und zu teureren Förderjahrgängen gehören. Aufgrund der Eigenschaften des Bestandes kann davon ausgegangen werden, dass hier vermehrt Migranten leben, die auf dem freien Markt aufgrund von Restriktionen durch Diskriminierung weniger Wahlmöglichkeiten bei der Wohnungssuche haben. Somit kann die These aufgestellt werden, dass die ethnische Segregation in Sheffield in Quartieren mit hohen Anteilen an kommunalen Wohnungen weniger stark ist als in vergleichbaren Stadtteilen in Essen. Aufgrund des früheren Ausschlusses der Migranten vom öffentlichen Wohnungsmarkt und deren Verdrängung auf den privaten Mietmarkt bei gleichzeitiger Konzentration von armen Menschen im kommunalen Wohnungsbau, kann zudem davon ausgegangen werden, dass ethnische und soziale Segregation in GB weniger stark zusammenhängen.

Hypothese 3.1: In Quartieren mit vielen öffentlichen Wohnungen konzentrieren sich in

Sheffield weniger Migranten als in Essen, da Migranten im kommunalen Wohnungssektor diskriminiert wurden und eher in privaten Wohnungen unterkommen können.

Hypothese 3.2: In Sheffield hängen ethnische und soziale Segregation weniger stark zusammen

als in Essen, da Migranten und Einkommensschwache in Sheffield stärker unterschiedlichen Restriktion unterworfen sind als in Essen.

4. Empirische Analyse

Im Folgenden sollen die erarbeiteten Hypothesen anhand einer empirischen Analyse überprüft werden. Dazu werden zunächst Analysen der innerstädtischen Teilgebiete durchgeführt. Diese Ergebnisse werden anschließend verglichen und zur Bewertung der Hypothesen genutzt (vgl. Simon 1988: 383ff). Zur Analyse der innerstädtischen Teilgebiete bietet sich die Methode der faktorialökologischen Sozialraumanalyse an. Mit dem Begriff der Sozialraumanalyse können verschiedene Vorgehensweisen verbunden werden. Hier meint Sozialraumanalyse die „Klassifikation […] von städtischen Teilgebieten“ (Urban/Weiser 2006: 32).

4.1 Vorbemerkungen

In neueren Sozialraumanalysen werden meist Verfahren gewählt, bei denen aus einer theoretisch begründeten Auswahl an Variablen durch das explorative Verfahren der Faktoranalyse latente Variabeln bestimmt werden, die die vorhandenen Daten zusammenfassend beschreiben. Die so gewonnenen, latenten Variablen dienen dann einer weitergehenden Analyse der städtischen Teilräume durch eine Clusteranalyse (vgl. Riege/Schubert 2005: 53; Urban/Weiser 2006: 61ff).

4.1.1 Fallauswahl und Untersuchungsebene

Die Auswahl der Fallbeispiele erfolgte hierarchisch. Zunächst wurden mit der BRD und GB zwei europäische Staaten ausgewählt, die aufgrund theoretischer Überlegungen eine große Variation bei der Sozial- und damit auch bei der Wohnungspolitik erwarten lassen (Esping-Andersen et al. 2002: 15f; Kaufmann 2003: 155; Arbaci 2007: 411, Tabelle 1). Die Auswahl wurde dabei auf Europa begrenzt, da europäische Städte – zumindest bis vor kurzem – bestimmte

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Gemeinsamkeiten hatten, die sie von Städten anderer Regionen deutlich unterscheiden (vgl. Weber 2005 [1922]: 941ff; Le Galès 2002: 31ff; Häußermann 2007). In einem zweiten Schritt wurden in den beiden Staaten mit Essen und Sheffield zwei Altindustriestädte mit etwa einer halben Million Einwohner ausgewählt (vgl. zur Definition von Altindustriestädten Butzin 1993: 5). Hintergrund der Wahl dieser beiden Städte sind die Überlegungen, dass erstens in Altindustriestädten durch Des-Industrialisierungsprozesse (vgl. ebd.: 9) und Schrumpfungsprozesse (vgl. Strohmeier et al. 2003: o.A.) eine soziale Polarisierung stattgefunden hat, die zu deutlichen Segregationsmustern führt, zweitens Städte mit einer ähnlichen strukturellen Ausgangslage für den Vergleich herangezogen und drittens ähnliche große Städte verglichen werden sollten. Tabelle 4.1 bietet einen Überblick zu zentralen Strukturindikatoren beider Städte.

Tabelle 4.1: Ausgewählte Strukturindikatoren Essen und Sheffield 2001

* für Essen nur erster Förderweg

Datenquelle für Bevölkerungszahlen 1981: LDB NRW (2008) und Sheffield City Council (2007) Datenquelle für Sozialwohnungen Essen: Stadt Essen (2007)

Als räumliche Untersuchungsebene innerhalb der Städte wurde für Essen die Stadtteilebene und für Sheffield die Ebene der middle layer super output area (MLSOA) gewählt. Als Vergleichszeitpunkt wurde das Jahr 2001 festgelegt um auf die englischen Zensusdaten aus diesem Jahr zurückgreifen zu können. Die Daten für Essen wurden über das Statistische Amt der Stadt bezogen. Die Zensusdaten für England und Wales sind im Internet über das Office for National Statistics (ONS) frei zugänglich.

4.1.2 Indikatorenauswahl

Die Variablen für die Faktoranalyse wurden anhand von theoretischen Kriterien ausgewählt. Dabei war ausschlaggebend, dass die in Abschnitt 2.2 beschriebene und in den Hypothesen aufgegriffene soziale, ethnische und demographische Dimension von Segregation durch die Variablen abgebildet werden kann. Nur so sind Aussagen über die spezifischen Segregationsmuster in Essen und Sheffield und die Überprüfung der formulierten Hypothesen möglich. Damit wird auch Bezug auf Shevky und Bells (vgl. 2005 [1961]: 80, Tabelle 1) drei grundlegende Faktoren der Sozialraumanalyse genommen. Tabelle 4.2 kann die Übersicht über die ausgewählten Variablen

Sheffield Essen

Bevölkerung 513.234 594.494

Bevölkerungsentwicklung 1981-2001 in % - 6,3 - 7,6

Jugendquotient 31,7 26,2

Altenquotient 25,8 32,1

Unterstützungsquotient 57,5 58,3

Anteil Nichtdeutscher/Ethnische Zuordnung: Nichtbritisch in %

10,8 9,4

Arbeitslosenrate in % 4,8 8,4

Anteil Sozialwohnungen* in % 30,3 13,2

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entnommen werden. Die direkte Vergleichbarkeit ist für die meisten Variablen zwischen Essen und Sheffield nicht gegeben. Wo dies aber zumindest annähernd der Fall ist, sind die Variablen in der Tabelle in einer Zeile angeordnet. Nicht direkt vergleichbare Variablen müssen als Indikator für die jeweilige Dimension verstanden und auf diesem Umweg vergleichend interpretiert werden.

Tabelle 4.2: Auswahl der Variablen

4.2 Faktorialökologische Analyse

Bei der faktorialökologischen Methode werden durch eine Faktoranalyse aus einer größeren Anzahl von Variablen latente Variablen berechnet. Zur Extraktion der Faktoren aus den Ausgangsdaten wird hier das Verfahren der Hauptkomponentenanalyse bzw. principal components analysis (PCA) gewählt. Die zunächst extrahierten Faktorlösungen werden zur besseren Interpretierbarkeit dem Varimax-Rotationsverfahren unterzogen.

Im Anschluss an die PCA werden durch die Faktoren einheitlich charakterisierbare Gruppen mittels einer Clusteranalyse identifiziert. Hierbei soll zunächst eine hierarchische Clusteranalyse zur Anwendung kommen, um die Zahl der Cluster zu identifizieren. Dazu wird als Berechnungsalgorithmus zunächst das single linkage-Verfahren genutzt, da so Ausreißer unter den Fällen identifiziert werden können (vgl. Backhaus et al. 2006: 530). Als Distanzmaß dient die quadrierte euklidische Distanz. Nach Ausschluss der Ausreißer wird eine erneute hierarchische Clusteranalyse, diesmal mit dem average linkage between groups-Algorithmus durchgeführt. Die so gewonnenen Erkenntnisse zu den möglichen Clustern werden abschließend als Startpartition für eine Clusterzentrenanalyse genutzt.

Dimension

von Segregation Sheffield Essen

sozial Arbeitslosenrate ArbeitslosenrateAnteil Langzeitarbeitslose

WahlbeteiligungAnteil ohne Qualifikation

Anteil mit höchster Qualifikation

Anteil SelbstständigerAnteil mit höchstem Status

demographisch Anteil unter 18-Jährige Anteil unter 18-JährigeAnteil 18- bis unter 25-Jährige Anteil 18- bis unter 25-Jährige

Anteil über 64-Jährige Anteil über 64-JährigeAnteil Paare mit Kind(-ern)

Anteil EinpersonenhaushalteAnteil Alleinerziehende

ethnischAnteil ethnische Zuordnung

NichtbritischAnteil Nichtdeutsche

Anteil DoppelstaatlerAnteil in GB geboren

Variablen

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4.2.1 Sheffield

Für Sheffield wurden durch die PCA aus den Daten vier Komponenten extrahiert. Die Komponenten können statistisch etwa 93 Prozent der Varianz der Variablen erklären. Die rotierte Komponentenmatrix ist in Tabelle 4.3 dargestellt. Es sind nur Ladungen größer 0,5 ausgewiesen, um die Übersichtlichkeit zu erhöhen. Trotz Rotation konnte keine Einfachstruktur der Matrix erreicht werden.

Komponente 1: Auf diese Komponente laden positiv der Anteil ohne Qualifikation, der Anteil Alleinerziehender, der Anteil Arbeitsloser und der Anteil der unter 18-Jährigen. Negative Ladungen weisen die Variablen Anteil höchster Status, Anteil höchste Qualifikation und Anteil Selbstständige auf. Dieser Faktor beschreibt also zusammenfassend niedrig qualifizierte Bevölkerung, mit einem niedrigen beruflichen Status, mit hohen Anteilen Arbeitsloser, Alleinerziehender und überdurchschnittlich vielen unter 18-Jährigen. Diese Komponente wird deshalb mit der Bezeichnung „Sozialer Status“ beschrieben. Ein solcher Faktor wurde wiederholt bei faktorialökologischen Analysen extrahiert (vgl. Friedrichs 1983: 186). Dieser Faktor beschreibt die soziale Dimension von Segregation, d.h., MLSOA mit einem hohen Faktorwert weisen überdurchschnittliche viele Bewohner mit einem niedrigen sozialen Status auf.

Komponente 2: Diese Komponente ist positiv korreliert mit dem Anteil von Paaren mit Kind(-ern) und dem Anteil der unter 18-Jährigen an der Bevölkerung. Negativ korreliert ist die Komponente mit dem Anteil der Einpersonenhaushalte an allen Haushalten und dem Anteil der 18- bis unter 25-Jährigen an der Bevölkerung. So weisen MLSOA, die hohe Faktorwerte auf dieser Komponente realisieren, tendenziell hohe Anteile von Paarfamilien mit Kindern auf und relativ viele Kinder und Jugendliche leben dort. In diesen MLSOA leben hingegen eher wenige Singles und junge Erwachsene. Diese Komponente kann mit der Bezeichnung „Familienstatus“ zusammengefasst werden und beschreibt die demographische Dimension von Segregation. Somit gilt, dass eine starke Varianz dieses Faktors auf eine Segregation von Familien hindeutet. Auch diese Komponente wird in Analysen für andere Städte reproduziert (vgl. ebd.).

Komponente 3: Dieser Faktor lädt positiv auf den Anteil der Personen, die sich selbst als Nichtbritisch beschreiben. Negativ korreliert ist die Komponente hingegen mit dem Anteil der Bevölkerung, der in GB geboren wurde. Diese Komponente ist mit der Bezeichnung „Ethnischer Status“ treffend beschrieben. MLSOA mit hohen Faktorwerten bei dieser Komponente werden hohe Anteile von Menschen mit Migrationshintergrund aufweisen. Hier leben dementsprechend relativ wenig in GB geborene Menschen oder Menschen, die sich selbst als Britisch bezeichnen. Diese Komponente ist also eindeutig der ethnischen Dimension von Segregation zuzuordnen. Hohe Faktorwerte in einzelnen MLSOA weisen auf eine Konzentration von Menschen mit Migrationshintergrund in städtischen Teilgebieten hin. Ähnliche Komponenten wurden auch in anderen Sozialraumanalysen extrahiert. Allerdings unterscheidet sich die jeweilige Ausprägung stark zwischen einzelnen Städten (vgl. ebd.).

Komponente 4: Die letzte Komponente ist schließlich lediglich mit dem Anteil von über 64-Jährigen an der Bevölkerung positiv korreliert. Das heißt, MLSOA, die auf dieser Komponente hohe Faktorwerte realisieren, weisen tendenziell hohe Anteile von alten Menschen auf. Negativ lädt der Anteil von 18- bis unter 25-Jährigen auf diese Komponente. Diese Altersgruppe der jungen Erwachsenen ist in MLSOA mit hohen Faktorwerten also eher unterdurchschnittlich vertreten. Somit kann diese Komponente als „Demographische Alterung“ bezeichnet werden.

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Tabelle 4.3: Rotierte Komponentenmatrix für Sheffield

Extraktionsmethode: Hauptkomponentenanalyse, Rotationsmethode: Varimax mit Kaiser-Normalisierung

Die extrahierten Komponenten können somit recht eindeutig den verschiedenen Dimensionen von Segregation zugeordnet werden. Eine Korrelation der verschiedenen Dimensionen ist bei dieser Analyse nur insofern festzustellen, als dass der Anteil der unter 18-Jährigen auch auf der Komponente „Sozialer Status“ lädt. Insgesamt deutet dieses Ergebnis auf einen geringen Zusammenhang der verschiedenen Segregationsdimensionen hin.

Die Faktoren wurden nun durch eine Clusteranalyse weiter untersucht. Durch eine erste hierarchische Clusteranalyse mit dem single linkage-Verfahren wurden die MLSOA 31, 42, 50 und 63 als Ausreißer identifiziert und von der weiteren Clusteranalyse ausgeschlossen. Für Sheffield wurden durch die anschließende hierarchische Clusteranalyse mit dem average linkage between groups-Verfahren fünf Cluster ermittelt. Die Cluster wurden durch eine Clusterzentrenanalyse genauer spezifiziert. Die Cluster sollen nun kursorisch anhand der latenten und detaillierter anhand der manifesten Variablen interpretiert werden (vgl. Tabelle 4.4).

Cluster 1: Dieser Cluster vereinigt die meisten (30) MLSOA. Sein Zentrum weist durchschnittlich hohe Faktorwerte auf. Die Komponenten „Sozialer Status“ und „Familienstatus“ realisieren Werte leicht über 0, die Faktorwerte für „Ethnischer Status“ und „Demographische Alterung“ liegen leicht unter 0. Wechselt man auf die Ebene der manifesten Variablen, so ergibt sich ein ähnliches Bild. Arbeitslose, Menschen ohne Qualifikation, Alleinerziehende und Paarfamilien sind in den MLSOA dieses Clusters durchschnittlich häufiger vertreten als im stadtweiten Durchschnitt. Einpersonenhaushalte, Migranten und Menschen mit höchster Qualifikation und höchstem Status sind hingegen seltener vertreten. Besonders auffällig ist der hohe Anteil von Menschen, die in GB geboren wurden. Selbst die MLSOA mit dem geringsten Anteil von in GB geborenen Einwohnern hat mit 93,4 Prozent einen Wert, der nahe dem stadtweiten Durchschnitt liegt. Somit befindet sich unter den 30 MLSOA dieses Clusters keine Einheit, in der überdurchschnittlich viele eingewanderte Menschen leben. In der Tendenz sind in diesem Cluster außerdem eher Einwohner mit niedrigem sozialen Status zu finden. Allerdings gibt es vereinzelt MLSOA mit hohen Anteilen von Hochqualifizierten und Einwohnern mit höchstem Status. Dieses Cluster weist also eine hohe soziale Heterogenität auf. Charakterisierendes Merkmal ist der geringe Anteil von Migranten. Cluster 1 kann zusammenfassend als Sozialraum „Heterogen Britisch“

Variablen

1 2 3 4

Anteil mit höchstem Status -0,94Anteil ohne Qualifikation 0,93

Anteil Alleinerziehende 0,90Anteil mit höchster Qualifikation -0,88

Arbeitslosenrate 0,82Anteil Selbstständige -0,80

Anteil Paare mit Kind(-ern) 0,94Anteil Einpersonenhaushalte -0,78

Anteil unter 18-Jährige 0,60 0,72Anteil ethnische Zuordnung Nichtbritisch 0,95

Anteil in GB geboren -0,93Anteil über 64-Jährige 0,91

Anteil 18- bis unter 25-Jährige -0,60 -0,67

Komponenten

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Öffentlicher Wohnungsbau und residentielle Segregation 18

bezeichnet werden. Die Abwesenheit von Migranten in diesem Cluster weist auf eine ethnische Segregation hin, bei der sich Menschen mit Migrationshintergrund in MLSOA außerhalb dieses Clusters konzentrieren.

Cluster 2: Diese Gruppe ist mit 15 MLSOA der zweitgrößte Cluster. Das Clusterzentrum ist durch einen relativ hohen Faktorwert bei „Demographische Alterung“ und einen relativ hohen, negativen Faktorwert bei „Familienstatus“ geprägt. In den MLSOA dieses Clusters leben überdurchschnittlich viele alte Menschen im Alter von über 64 Jahren und besonders viele Singles. Paare mit Kindern sind hier in nahezu allen MLSOA unterdurchschnittlich stark vertreten. Der Cluster ist also durch die Abwesenheit von Familien geprägt. Beachtenswert ist auch der niedrige Anteil von Menschen mit höchstem Status in allen MLSOA dieses Clusters. Arbeitslose und Menschen ohne Qualifikation sind in diesen MLSOA häufiger vertreten als im stadtweiten Durchschnitt. Der Anteil von Migranten an der Bevölkerung ist durchschnittlich. Menschen im Alter von unter 18 Jahren und zwischen 18 und 25 Jahren sind unterdurchschnittlich vertreten. Der Cluster kann mit „Alte und Singles“ beschrieben werden.

Cluster 3: Dies ist der kleinste Cluster. Lediglich vier MLSOA sind hierin klassifiziert worden. Hier leben besonders wenige Menschen, die in GB geboren wurden – in der MLSOA 22 gilt dies für lediglich 72 Prozent der Bewohner – und besonders viele Menschen, die sich selbst als Nichtbritisch bezeichnen (51 Prozent in MLSOA 20). Hier leben vier Prozent der in GB geborenen Personen Sheffields, aber 30 Prozent aller nicht in GB geborenen Menschen. So ist auch zu erklären, dass das Clusterzentrum vor allem auf der Komponente „Ethnischer Status“ einen hohen Faktorwert aufweist. Gleichzeitig sind auch die Faktorwerte bei „Familienstatus“ und „Sozialer Status“ relativ hoch. Dies spiegelt sich in den manifesten Variablen wieder. In den MLSOA dieses Clusters leben deutlich überdurchschnittlich viele Arbeitslose, Menschen ohne Qualifikation, Alleinerziehende und unter 18-Jährige. Menschen mit höchstem Status sind hingegen besonders selten. Dieser Sozialraum wird mit der Bezeichnung „Migranten und niedriger sozialer Status“ am besten getroffen. In diesem Sozialraum zeigt sich eine Verbindung von sozialer, ethnischer und, in geringerer Stärke, auch demographischer Segregation.

Tabelle 4.4: Clustermerkmale in Sheffield

Variablen

(alle in %) 1 2 3 4 5

Arbeitslosenrate 5,3 6,5 8,6 2,7 2,3Anteil ohne Qualifikation 39,0 40,5 47,1 12,3 20,2

Anteil mit höchster Qualifikation 11,0 12,1 13,0 35,5 31,9Anteil mit höchstem Status 13,3 11,4 10,6 27,6 33,9

Anteil Selbstständiger 5,5 4,8 5,3 5,7 10,0Anteil unter 18-Jährige 22,1 18,8 27,5 12,1 19,8

Anteil 18- bis unter 25-Jährige 7,5 9,8 10,6 32,2 5,7Anteil über 64-Jährige 15,7 21,0 13,8 11,5 19,2

Anteil Paare mit Kind(-ern) 21,5 15,2 23,1 14,6 24,9Anteil Einpersonenhaushalte 28,8 39,8 33,8 32,7 25,5

Anteil Alleinerziehende 8,4 7,6 10,3 3,8 3,3Anteil ethn. Zuord. Nichtbrit. 5,2 10,4 48,4 13,8 5,6

Anteil in GB geboren 97,2 94,2 74,9 90,1 96,0

Mittelwerte der Cluster

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Öffentlicher Wohnungsbau und residentielle Segregation 19

Cluster 4: In dieses Cluster wurden sieben MLSOA eingeordnet. Das Clusterzentrum weist relativ hohe, negative Faktorwerte für alle Komponenten außer „Ethnischer Status“ aus. In den MLSOA dieses Clusters leben besonders wenige Menschen ohne Qualifikation, Paarfamilien mit Kindern, unter 18-Jährige und über 64-Jährige. Besonders stark vertreten sind hingegen die 18- bis unter 25-Jährigen und Menschen mit höchster Qualifikation. Auch der Anteil von Einwohnern mit dem höchsten Status ist überdurchschnittlich. Es leben in diesen MLSOA anteilig mehr Einwohner, die sich selbst als Nichtbritisch klassifizieren, als im stadtweiten Durchschnitt. Hier leben also v.a. viele junge Erwachsene und viele hochqualifizierte Einwohner. Es ist zu vermuten, dass diese Gruppen zum Teil deckungsgleich sind, da in den MLSOA laut Zensus auch weit überdurchschnittlich viele Studenten leben. Die Sheffielder Universität liegt innerhalb der geographischen Grenzen dieses Sozialraums. Dieser Sozialraum kann somit als „Junge und Hochqualifizierte“ bezeichnet werden.

Cluster 5: Der letzte Cluster beinhaltet elf MLSOA. Das Clusterzentrum weist einen relativ hohen, negativen Faktorwert für „Sozialer Status“ und relativ hohe, positive Faktorwerte für „Demographische Alterung“ und „Familienstatus“ aus. Auf der Ebene der manifesten Variablen lassen sich die MLSOA dieses Clusters durch den stark überdurchschnittlichen Anteil von Paarfamilien, Selbstständigen und Bewohner mit dem höchsten Status charakterisieren. Überdurchschnittlich ist außerdem der Anteil der über 64-Jährigen. Besonders niedrig sind die Arbeitslosenrate, der Anteil der Einpersonenhaushalte, der Anteil der Alleinerziehenden und der Anteil der 18- bis unter 25-Jährigen. In diesem Sozialraum leben somit überdurchschnittlich viele wohlhabende Einwohner und „traditionelle“ Familienformen mit zwei Erwachsenen im Haushalt. Durch den nur leicht überdurchschnittlichen Anteil von unter 18-Jährigen kann außerdem davon ausgegangen werden, dass die Familien in diesem Cluster tendenziell wenige Kinder haben, v.a. auch im Gegensatz zu den Familien im Sozialraum „Migranten und niedriger sozialer Status“, in dem der Anteil der Familien nur leicht überdurchschnittlich, der Anteil der unter 18-Jährigen aber stark überdurchschnittlich ist. Cluster 5 kann somit als Sozialraum „Paarfamilien und hoher sozialer Status“ bezeichnet werden.

In Sheffield konnten fünf Sozialräume identifiziert werden (vgl. Karte 4.1 für die räumliche Verteilung; die Innenstadt befindet sich im Umfeld von MLSOA 26). Der Sozialraum „Migranten und niedriger sozialer Status“ konzentriert sich im Sheffielder Osten in den MLSOA 18, 20, 22 und 27. Der Cluster „Paarfamilien und hoher sozialer Status“ bildet einen zusammenhängenden Sozialraum v.a. im Westen Sheffields, der sich von der nördlichen bis zur südlichen Stadtgrenze erstreckt. Über die geographische Ausdehnung gemessen, ist dies zwar der größte Cluster, die Bevölkerungsdichte ist aber relativ niedrig. Ebenfalls im Raum zusammenhängend konzentriert ist der Sozialraum „Junge und Hochqualifizierte“. Die Sozialräume „Heterogen Britisch“ sowie „Alte und Singles“ sind im Raum weniger konzentriert. Die MLSOA der Cluster „Heterogen Britisch“ sind im Osten Sheffields verortet. Der Sozialraum „Alte und Singles“ liegt v.a. im Süden der Stadt.

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Öffentlicher Wohnungsbau und residentielle Segregation 20

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Karte 4.1: Clusterzugehörigkeit Sheffield

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Öffentlicher Wohnungsbau und residentielle Segregation 21

4.2.2 Essen

Durch die PCA wurden für Essen zwei Komponenten extrahiert, die die manifesten Variablen zusammenfassend beschreiben. Die kumulierte Varianzaufklärung der rotierten Komponentenlösung beträgt etwa 86 Prozent. Anhand der rotierten Komponentenmatrix sollen die extrahierten Faktoren nun beschrieben werden (vgl. Tabelle 4.5). Ebenso wie bei der Berechnung für Sheffield konnte auch hier keine Einfachstruktur der Matrix erreicht werden.

Komponente 1: Diese Komponente lädt hoch und positiv auf den Variablen Anteil Nichtdeutsche, Arbeitslosenrate, Anteil 18- bis unter 25-Jährige, Anteil Langzeitarbeitslose und Anteil Doppelstaatler. Negativ korrelieren die Wahlbeteiligung und der Anteil der über 64-Jährigen mit dieser Komponente. In Stadtteilen mit hohen Faktorwerten auf dieser Komponente kann man dementsprechend viele Migranten und Menschen mit niedrigem sozialem Status erwarten. Gleichzeitig leben hier vermehrt junge Erwachsene und durchschnittlich viele Kinder und Jugendliche, wohingegen die ältere Bevölkerung tendenziell unterdurchschnittlich vertreten ist. Diese Komponente kann mit „Ethnischer und sozialer Status“ zusammengefasst werden. Sie beschreibt die ethnische und soziale Dimension von Segregation. Diese beiden Dimensionen korrelieren in Essen hoch (vgl. dazu auch Strohmeier/Kersting 2003: 235).

Tabelle 4.5: Rotierte Komponentenmatrix für Essen

Extraktionsmethode: Hauptkomponentenanalyse,

Rotationsmethode: Varimax mit Kaiser-Normalisierung

Komponente 2: Lediglich die Variablen Anteil unter 18-Jährige und Anteil Doppelstaatler laden hoch auf der zweiten Komponente. Beide manifesten Variablen korrelieren positiv mit der Komponente. Das heißt, mit einem höheren Faktorwert gehen tendenziell ein höherer Anteil von Kindern und Jugendlichen in der Bevölkerung und ein höherer Anteil von Bewohnern mit mehr als einer Staatsbürgerschaft einher. Um die Gruppe der Doppelstaatler und die Gruppe der Nichtdeutschen als zwei Untergruppen von Menschen mit Migrationshintergrund für Essen zu differenzieren, fehlen leider weiterführende Daten, da Doppelstaatler in amtlichen Statistiken wie Deutsche behandelt werden. So kann die Nationalität der zweiten Staatsbürgerschaft z.B. nicht aus den amtlichen Daten entnommen werden. Es kann aber aufgrund der Gesetzeslage und der amtlichen Praxis vermutet werden, dass es sich bei den Deutschen mit einer weiteren Staatsbürgerschaft v.a. um sogenannte Spätaussiedler und zu einem kleineren Teil um türkischstämmige Migranten handelt. Diese Komponente kann mit der Bezeichnung „Kinder und Migranten“ zusammengefasst werden. Auch bei dieser Komponente ist eine Korrelation verschiedener Dimensionen von Segregation festzustellen. Vor allem die demographische, aber auch die ethnische Dimension wird mit „Kinder und Migranten“ abgebildet.

Variablen

1 2

Arbeitslosenrate 0,92Anteil Langzeitarbeitslose 0,89

Wahlbeteiligung -0,87Anteil unter 18-Jährige 0,96

Anteil 18- bis unter 25-Jährige 0,92Anteil über 64-Jährige -0,63

Anteil Nichtdeutsche 0,95Anteil Doppelstaatler 0,57 0,66

Komponenten

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Öffentlicher Wohnungsbau und residentielle Segregation 22

Die extrahierten Komponenten wurden weiterführenden Clusteranalysen unterzogen. Zunächst wurden mit einer ersten hierarchischen Analyse Ausreißer identifiziert. Die Stadtteile Stadtkern (Faktorwert bei Komponente 1=3,07), Westviertel (Komponente 1=3,06) und Horst (Komponente 2=2,44) wurden aufgrund ihrer extrem hohen Faktorwerte auf jeweils einer Komponente von der weiteren Analyse ausgeschlossen, um eine Verzerrung der Cluster zu vermeiden. Durch eine erneute hierarchische Clusteranalyse mit dem average linkage between groups-Verfahren und durch eine Clusterzentrenanalyse wurden die Stadtteile weiter klassifiziert. Die Stadtteile verteilen sich wie folgt auf die Cluster: Cluster 1 ist mit vier Stadtteilen am schwächsten besetzt. Cluster 2 enthält neun Stadtteile. Mit 20 Stadtteilen ist Cluster 3 die größte Gruppe. Im vierten Cluster wurden 14 Stadtteile fusioniert. Die Cluster und damit die Sozialräume werden nun anhand der latenten und manifesten Variablen charakterisiert (vgl. Tabelle 4.11).

Cluster 1: Dieser Cluster realisiert einen sehr hohen Faktorwert bei „Ethnischer und sozialer Status“. Auf der Ebene der manifesten Variablen kann diese Beschreibung weiter ausdifferenziert werden. In den Stadtteilen dieses Clusters wurde durchweg unterdurchschnittlich häufig gewählt. Es leben hier stark überdurchschnittlich viele Nichtdeutsche und überdurchschnittlich viele Doppelstaatler. Die Arbeitslosenrate und der Anteil der Langzeitarbeitslosen sind in allen Stadtteilen dieses Cluster höher als im stadtweiten Durchschnitt. Während durchschnittlich viele unter 18-Jährige in den Stadtteilen leben, sind die 18- bis unter 25-Jährige überdurchschnittlich und die über 64-Jährigen unterdurchschnittlich häufig vertreten. In diesem Sozialraum findet sich demnach eine hohe Konzentration von Migranten und Arbeitslosen. Ethnische und soziale Segregation treffen hier zusammen und auch die demographische Dimension spielt eine Rolle, da älterer Menschen hier kaum leben. Der Sozialraum kann, vergleichbar mit dem Cluster 3 in Sheffield, mit „Migranten und niedriger sozialer Status“ bezeichnet werden.

Cluster 2: Dieser Cluster weist keine auffallend hohen Faktorwerte auf. Ein mittel hoher, negativer Wert zeigt sich bei der Komponente „Kinder und Migranten“. Die Ausgangsvariablen zeigen beinahe alle durchschnittliche Werte an. Lediglich der Anteil der unter 18-Jährigen ist in allen Stadtteilen dieses Clusters unterdurchschnittlich und der Anteil der Doppelstaatler relativ gering. Dieser Sozialraum ist also durch seine Durchschnittlichkeit bei gleichzeitiger Abwesenheit von Kindern und Jugendlichen geprägt. Das Fehlen von Familien ist besonders auffällig. Dieser Sozialraum wird v.a. von Kinderlosen bewohnt, wobei der soziale Status zwar relativ heterogen ist, in der Tendenz aber eher nach oben vom Durchschnitt abweicht. Der Sozialraum soll hier als „Kinderlose“ bezeichnet werden.

Cluster 3: In diesem Cluster wurden die meisten Stadtteile vereinigt. Trotz seiner Größe kann der Sozialraum relativ eindeutig charakterisiert werden. Hier leben in allen Stadtteilen weniger Nichtdeutsche, Doppelstaatler, Arbeitslose, Langzeitarbeitslose und 18- bis unter 25-Jährige als im stadtweiten Durchschnitt. Der Anteil der unter 18-Jährigen ist leicht unterdurchschnittlich. Dieser Sozialraum zeichnet sich also durch das Fehlen der meisten hier untersuchten Bevölkerungsgruppen aus. Leider erlauben die Daten nur wenige Aussagen über die Gruppen, die stattdessen in diesem Sozialraum leben. Die relativ hohe Wahlbeteiligung spricht dafür, dass hier v.a. Menschen mit höherem sozialem Status leben (vgl. auch Strohmeier/Kersting 2003: 235). Außerdem leben überdurchschnittlich viele Menschen im Alter von mehr als 64 Jahren in den Stadtteilen dieses Clusters. Der Sozialraum soll hier zusammenfassend „Wohlstand“ genannt werden. Er weist auf eine starke soziale Segregation hin.

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Öffentlicher Wohnungsbau und residentielle Segregation 23

Tabelle 4.6: Clustermerkmale in Essen

Cluster 4: Der letzte Cluster realisiert einen hohen Faktorwert bei der Komponente „Kinder und Migranten“. Damit kann der Sozialraum gut charakterisiert werden, denn die unter 18-Jährigen sind in allen Stadtteilen dieses Clusters überdurchschnittlich stark vertreten. Nicht weniger als 17 Prozent der Einwohner der Stadtteile dieses Clusters sind Kinder und Jugendliche, während es im stadtweiten Durchschnitt gerade 16,7 Prozent sind. Auch der Anteil der Doppelstaatler ist in diesem Cluster stark überdurchschnittlich. Der Anteil der Nichtdeutschen schwankt in den verschiedenen Stadtteilen des Sozialraums stark. Insgesamt ist er leicht überdurchschnittlich, ist in einzelnen Fällen aber auch stark unter- bzw. überdurchschnittlich. Dies weist darauf hin, dass dieses Cluster zwar durch Migranten geprägt ist, aber v.a. durch solche Migranten mit einer zweiten Staatsbürgerschaft. Es ist also, wie oben beschrieben, davon auszugehen, dass hier v.a. sogenannte Spätaussiedler und zu einem geringeren Anteil türkischstämmige Migranten leben. Ebenfalls überdurchschnittlich oft leben Arbeitslose und Langzeitarbeitslose in diesen Stadtteilen, allerdings ist der Sozialraum hierdurch nicht so stark geprägt, wie der Sozialraum „Migranten und niedriger sozialer Status“. Die Wahlbeteiligung und der Anteil der über 64-Jährigen sind unterdurchschnittlich. Die Wahlbeteiligung weist eine hohe Varianz auf. Insgesamt kann der Cluster als „Kinder und Migranten“ bezeichnet werden. Auch in diesem Cluster ist eine Korrelation verschiedener Segregationsdimensionen festzustellen.

Variablen

(alle in %) 1 2 3 4

Arbeitslosenrate 12,5 8,1 5,1 9,7Anteil Langzeitarbeitslose 5,2 3,3 2,1 4,1

Wahlbeteiligung 38,7 49,9 60,4 42,6Anteil unter 18-Jährige 16,6 14,5 15,3 19,4

Anteil 18- bis unter 25-Jährige 8,7 7,2 5,9 7,6Anteil über 64-Jährige 18,5 21,3 22,4 18,7

Anteil Nichtdeutsche 18,8 9,3 4,1 10,9Anteil Doppelstaatler 6,4 3,7 2,0 7,5

Mittelwerte der Cluster

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Öffentlicher Wohnungsbau und residentielle Segregation 24

Karte 4.2: Clusterzugehörigkeit Essen

von Analyse ausgeschlossen Migranten und niedriger sozialer Status Kinderlose Wohlstand Kinder und Migranten

Cluster

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Öffentlicher Wohnungsbau und residentielle Segregation 25

Aus Karte 4.2 ist die Clusterzugehörigkeit der Stadtteile ersichtlich. Es ist in Essen eine klare Nord/Süd-Teilung erkennbar. Zum Teil ist die klare sozialräumliche Unterteilung zwar auf die wenigen verwendeten Ausgangsvariablen zurückzuführen, aber die Ergebnisse wurden an anderer Stelle bereits ähnlich reproduziert (vgl. Strohmeier/Kersting 2003: 235). Im Süden finden wir die Stadtteile des Clusters „Wohlstand“. Lediglich Schönebeck (Stadtteil 16), Bedingrade (17) und Frintrop (18) sind diesem Cluster auch im Norden zuzuordnen. Im Norden finden sich v.a. die Stadtteile des Clusters „Kinder und Migranten“. Lediglich Überruhr-Holthausen (Stadtteil 44) macht hier die Ausnahme. Um den Stadtkern (Stadtteil 1) gruppiert sich im Norden in einem Halbkreis der Sozialraum „Migranten und niedriger sozialer Status“. Im Süden des Stadtkerns erstreckt sich bis zur östlichen Stadtgrenze der Sozialraum „Kinderlose“. Die Sozialräume bilden fast ausschließlich auch geographisch zusammenhängende Räume. Für die Sozialbauwohnungen fällt ebenfalls eine Konzentration v.a. im Norden Essens auf. Auf diese Zusammenhänge und den Vergleich mit Sheffield wird im folgenden Abschnitt näher eingegangen.

5. Vergleich und Hypothesenüberprüfung

Die vorhergehende empirische Analyse hat gezeigt, dass sowohl Sheffield als auch Essen innerhalb ihrer Stadtgrenzen durch klare sozialräumliche Unterschiede gekennzeichnet sind. Dabei wurde für Sheffield deutlich, dass v.a. Migranten eine räumlich konzentriert lebende Gruppe darstellen. Aber auch die soziale Dimension von Segregation spielt in Sheffield eine entscheidende Rolle. Im Sozialraum „Paarfamilien und hoher sozialer Status“ konzentrieren sich überdurchschnittliche hohe Anteile von statushohen Bewohnern. Statusniedrige Bewohner konzentrieren sich zum einen im Sozialraum „Migranten und niedriger sozialer Status“ und in Teilgebieten des Sozialraums „Heterogen Britisch“. Eine großflächige Konzentration über mehrere MLSOA ist im letztgenannten Sozialraum nicht auszumachen. Ganz anders stellt sich die Situation in Essen dar, wo für das Stadtzentrum und die davon nördlich gelegenen Stadtteile eine hohe Konzentration von statusniedrigen Bevölkerungsgruppen nachgewiesen wurde. Hier leben auch Menschen mit Migrationshintergrund im Raum konzentriert. In Essen lässt sich somit großflächig eine Konzentration von bestimmten Bevölkerungsgruppen nachweisen. In Essen findet sich außerdem vergleichbar zu Sheffield eine Konzentration von statushohen Bewohnern. Während dies allerdings in Sheffield mit ebenfalls überdurchschnittlichen Anteilen von Familienhaushalten einhergeht, weist der wohlhabende Süden in Essen tendenziell weniger Kinder auf. Für Essen konnte eine hohe Korrelation der verschiedenen Segregationsdimensionen nachgewiesen werden. In Sheffield sind die betrachteten Gruppen weniger stark gemeinsam konzentriert, wenngleich es auch hier Zusammenhänge, z.B. zwischen sozialer und ethnischer Segregation, gibt.

Sozialbauwohnungen sind, wie beschrieben, in Essen v.a. im Norden konzentriert. Hier liegen sechs von neun Stadtteilen, die einen Anteil von Sozialbauwohnungen des 1. Förderwegs an allen Wohnungen von mehr als einem Fünftel aufweisen. Gleichzeitig gibt es auch im Osten einzelne Stadtteile, in denen sehr hohe Anteile von Sozialbauwohnungen des 1. Förderwegs anzutreffen sind. In Sheffield konzentrieren sich die kommunalen Wohnungen stark in zwei Gebiete nordöstlich (um MLSOA 11) und südöstlich (um MLSOA 39) der Innenstadt. Besonders gering sind die Anteile von kommunalen Wohnungen hingegen im Südwesten der Stadt. Hier liegen die Anteile durchgehend unter zehn Prozent. Im Osten der Stadt sind tendenziell höhere Anteile von kommunalen Wohnungen zu finden als im Westen. Die Wohnungen befinden sich in Sheffield in geographisch weniger peripher gelegenen Quartieren als in Essen.

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Abbildung 5.1: Boxplot soziale Segregation

Hypothese 1.1 zielte darauf, dass aufgrund der eingeschränkten Wahlmöglichkeiten von einkommensschwachen Haushalten die soziale Segregation in Sheffield höher sei als in Essen. Misst man die soziale Segregation für Sheffield über die Komponente „Sozialer Status“ und für Essen über die Komponente „Ethnischer und sozialer Status“, so sind für Sheffield stärkere Disparitäten auszumachen als für Essen (vgl. Abbildung 5.1).7 Insgesamt zeigt sich für Sheffield eine deutlich stärkere Streuung der 50 Prozent der Werte unterhalb des Medians. Die 50 Prozent der mittleren Werte (25 Prozent unter- und oberhalb des Medians) streuen ebenfalls stärker als dies in Essen der Fall ist. Für Essen streuen die Werte oberhalb des Medians stärker. Hier zeigen die überdurchschnittlichen Faktorwerte der Komponente „Migranten und sozialer Status“ eine stärkere Varianz als die überdurchschnittlichen Faktorwerte bei „Sozialer Status“ für Sheffield. Diese Tendenz wird auch an den Essener Stadtteilen Stadtkern (Stadtteil 1) und Westviertel (4) deutlich, die aufgrund ihrer extremen Faktorwerte bei der Clusteranalyse nicht berücksichtigt wurden, und als sehr stark segregiert beschrieben werden können. Diese Stadtteile weichen stark vom Median ab. Hier ist eine sehr hohe Konzentration von Migranten und statusniedrigen Bevölkerungsgruppen auszumachen. Wechselt man auf die Ebene der Sozialräume, so kann sowohl für Essen im Süden als auch für Sheffield im Westen in den Sozialräumen „Wohlstand“ bzw. „Paarfamilien und hoher sozialer Status“ eine soziale Segregation von statushohen Bewohnern beobachtet werden. Während aber in Essen der Norden der Stadt relativ stark von statusniedrigen Bevölkerungsgruppen bewohnt

7 Aufgrund der methodischen Schwächen von herkömmlichen Segregationsindizes wie dem Dissimilaritätsindex, v.a. im interstädtischen Vergleich (vgl. Häußermann/Siebel 2004: 140ff), sollen hier Segregationstendenzen über die Varianz der jeweilig ausschlaggebenden Variablen dargestellt werden. Dieses Vorgehen löst zwar nicht das Problem der Heterogenität von Bezugsräumen, ermöglicht aber einen differenzierten Blick auf die Konzentration bestimmter Bevölkerungsgruppen. Alternative Ansätze verfolgen z.B. Grannis (2002) und Reardon/O'Sullivan (2004), die verschiedene Aspekte von Segregation anhand von neu entwickelten Indizes abbilden.

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ist, zeigt sich im Sheffielder Osten durch den Sozialraum „Heterogen Britisch“ eine stärkere Durchmischung, bei der allerdings in einzelnen MLSOA sehr wohl hohe Faktorwerte für „Sozialer Status“ realisiert werden. Im östlichen Sheffield leben im Sozialraum „Migranten und niedriger sozialer Status“ statusniedrige Bewohner segregiert.

Abbildung 5.2: Anteil kommunaler Wohnungen nach Clustern Sheffield

Somit sind zwar in beiden Städten starke Konzentrationstendenzen entlang der sozialen Dimension auszumachen. Insgesamt ist die soziale Segregation in Sheffield aber stärker. Ein wichtiger Unterschied ist zudem die auf der Aggregatebene kleinräumigere Konzentration von statusniedrigen Bevölkerungsgruppen in Sheffield. Während in Essen von großflächiger Konzentration gesprochen werden kann – wobei die kleinräumigere Analyse auch hier vermutlich starke Disparitäten innerhalb der Stadtteile zeigen würde –, zeigt ein Blick auf Karte 4.1, dass in Sheffield der Osten der Stadt wesentlich heterogener als der Essener Norden ist. Zusammenfassend gilt, dass die Hypothese 1.1 nicht verworfen werden kann. Die räumlichen Strukturen des Wohnungsangebots, die zu eingeschränkten Wahlmöglichkeiten bei der Platzierung im Raum für statusniedrige Akteure beitragen, sind also im Zusammenhang mit einer schärferen Segregation dieser Bevölkerungsgruppen zu beobachten. Der britische, öffentliche Wohnungsbau bzw. dessen Marginalisierung und die daraus resultierende Lage am Wohnungsmarkt gehen mit einer starken sozialen Segregation einher. Die Daten zeigen allerdings für Essen ebenfalls eine starke Segregation. Durch die Ausweichmöglichkeit auf den bezahlbaren, privaten Mietmarkt bieten sich hier aber mehr Alternativen zur Platzierung.

Hypothese 1.2 lautet: Aufgrund der Marginalisierung des öffentlichen Wohnungsbaus in Sheffield ist die soziale Segregation in Quartieren mit einem hohen Anteil an kommunalen Wohnungen in Sheffield höher als in Essen in Stadtteilen mit einem hohen Anteil an Sozialbauwohnungen. Für Sheffield unterscheiden sich die Anteile der kommunalen Wohnungen an allen Wohnungen für die ermittelten Cluster stark (vgl. Abbildung 5.2). Besonders hohe Anteile von kommunalen Wohnungen finden sich in dem Sozialraum „Alte und Singles“. Hier sind über 40

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Prozent aller Wohnungen in kommunalem Besitz. Im Sozialraum „Heterogen Britisch“ ist der Anteil im Vergleich zur Gesamtstadt leicht überdurchschnittlich. Demgegenüber ist der Anteil im Sozialraum „Migranten und niedriger sozialer Status“ leicht unterdurchschnittlich. In den beiden übrigen Sozialräumen spielen kommunale Wohnungen nur eine untergeordnete Rolle. Eine hohe Konzentration von kommunalen Wohnungen findet sich dabei wie gezeigt in zwei Gebieten nordöstlich und südöstlich der Innenstadt, die größtenteils zum Sozialraum „Heterogen Britisch“ gehören.

Abbildung 5.3: Anteil Sozialbauwohnungen nach Clustern Essen

Datenquelle: Stadt Essen (2007)

Aufgrund der heterogenen Sozialstruktur dieses Sozialraums muss ein weiterer Analyseschritt gemacht werden, um den Zusammenhang von sozialem Status und kommunalen Wohnungen zu untersuchen. Dazu wurden die extrahierten Komponenten und die Anteile der verschiedenen Wohnungsarten in eine bivariate, lineare Korrelationsanalyse einbezogen. Wie in Tabelle 5.1 zu erkennen, korreliert der „Soziale Status“ und der Anteil kommunaler Wohnungen in Sheffield stark positiv mit r=0,85. Das heißt, in MLSOA mit hohen Anteilen von kommunalen Wohnungen findet man tendenziell auch hohe Faktorwerte auf dieser Komponente.8 Es kann also davon ausgegangen werden, dass in Stadtteilen mit einer hohen Konzentration von statusniedrigen Bevölkerungsgruppen, also z.B. Arbeitslosen, tendenziell auch hohe Anteile an kommunalen Wohnungen zu finden sind.

Auch in Essen werden zwischen den Clustern Unterschiede in den Anteilen der Wohnungsarten deutlich (vgl. Abbildung 5.3). Der Sozialraum „Migranten und niedriger sozialer Status“ weist einen leicht überdurchschnittlichen Anteil an Sozialbauwohnungen auf. Wesentlich höher ist der Anteil für den Sozialraum „Kinder und Migranten“. Hier gehört ein knappes Fünftel der

8 Da es sich hierbei um ökologische Korrelationen handelt, sind keine Aussagen darüber möglich, ob statusniedrige Bewohner in den kommunalen Wohnungen unterkommen.

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Wohnungen (gegenüber gut 13 Prozent im stadtweiten Durchschnitt) zum Sozialbaubestand. In Essen korreliert die Komponente „Ethnischer und sozialer Status“ nicht signifikant mit dem Anteil von Sozialbauwohnungen (vgl. Tabelle 5.1). Allerdings korreliert die Arbeitslosenrate mit dem Anteil von Sozialbauwohnungen an allen Wohnungen signifikant auf dem 0,01-Niveau mit r=0,50. Das heißt, dass in Stadtteilen mit hohen Anteilen an Arbeitslosen tendenziell auch hohe Anteile an Sozialbauwohnungen zu erwarten sind.

Tabelle 5.1: Korrelationsmatrix Wohnungsart und Komponenten

* Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,05 (zweiseitig) signifikant

** Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,01 (zweiseitig) signifikant. † für Essen: Jahr 2005, öffentliche Wohnungen nur im 1. Förderweg, Quelle: Stadt Essen (2007)

Fasst man diese Ergebnisse zusammen, so zeigt sich für beide Städte ein Zusammenhang zwischen sozialer Segregation und dem Anteil von öffentlichen Wohnungen in den Stadtteilen. Für Sheffield ist insgesamt ein stärkerer Zusammenhang zwischen der sozialen Dimension von Segregation und dem Anteil öffentlicher Wohnungen nachweisbar. In Sheffielder MLSOA mit hohen Anteilen von statusniedrigen Bewohnern ist der Anteil kommunaler Wohnungen besonders hoch. Der Zusammenhang besteht für Essen zwar auch, ist aber weniger deutlich. Die Hypothese 1.2 kann nicht verworfen werden. In Sheffielder MLSOA mit hohen Anteilen von öffentlichen Wohnungen konzentrieren sich mehr statusniedrige Bevölkerungsgruppen, da diese kaum eine Möglichkeit haben, andere Formen von Wohnungen zu beziehen. In Essen stehen hingegen durch die starke Bedeutung des privaten Wohnungsmarktes auch andere Wohnungen zur Verfügung. Die statusniedrigen Bevölkerungsgruppen sind nicht notwendig auf Sozialbauwohnungen angewiesen.

Laut Hypothese 2.1 sollte in Sheffield die demographische Segregation in Bezug auf Kinder geringer sein als in Essen, da Wohneigentum in Sheffield stärker verbreitet ist. Außerdem besteht der kommunale Wohnungsbau in GB zu einem bedeutenden Anteil aus Einfamilienhäusern, was ebenfalls dessen Attraktivität für Familien erhöht. Das heißt, dass laut dieser Hypothese Kinder gleichmäßiger über die Stadt verteilt und weniger konzentriert in bestimmten Sozialräumen leben sollten. Zunächst wird anhand der ermittelten Sozialräume deutlich, dass Kinder in Sheffield in verschiedenen Kontexten groß werden. Abbildung 5.4 zeigt zudem, dass der Anteil von Kindern und Jugendlichen in den Sheffielder MLSOA, von vier Ausreißern abgesehen, regelmäßiger verteilt ist, als dies in Essen der Fall ist. Die Anteile streuen in Sheffield wesentlich schwächer als in Essen. In Essen wurde ein Sozialraum identifiziert, der gerade durch seine niedrigen Anteile von unter 18-Jährigen geprägt ist. Die Hypothese 2.1 kann somit nicht verworfen werden. Die demographische Segregation ist im Zusammenhang mit Kindern in Sheffield weniger stark als in Essen. Kinder leben in Sheffield gleichmäßiger über die Stadt verteilt und nicht nur auf wenige Sozialräume und bestimmte Gruppen von Familien konzentriert.

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Sheff ield

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Abbildung 5.4: Boxplot Anteil unter 18-Jährige

Es wurde bereits deutlich, dass wir es in Sheffield mit mindestens zwei unterschiedlichen Gruppen von Familien zu tun haben, die sich in drei verschiedenen Sozialräumen konzentrieren. Auf der Ebene der latenten Variablen wurde zudem sowohl für die Komponente „Sozialer Status“ als auch für die Komponente „Familienstatus“ eine hohe Ladung des Anteils der unter 18-Jährigen festgestellt. Auch dies spricht dafür, dass Kinder und Jugendliche in Sheffield in sozial differenzierten Milieus groß werden. Für Essen hingegen gilt, dass Kinder v.a. in den Sozialräumen „Kinder und Migranten“ und zu einem geringeren Teil in „Migranten und niedriger sozialer Status“ groß werden. Zwar leben auch im Süden Essens im Sozialraum „Wohlstand“ Kinder, tendenziell ist dieses Cluster aber durch Überalterung geprägt (vgl. dazu auch Strohmeier et al. 2003: o.A.). Zudem wurde anhand der Komponentenmatrix gezeigt, dass Variablen der sozialen und demographischen Dimensionen von Segregation in Essen hoch korrelieren. In Essen leben Kinder somit wesentlich häufiger in statusniedrigen Milieus und in Sozialräumen, die sich größtenteils durch eine statusniedrige Bevölkerung auszeichnen. Kinder sind v.a. in den nördlichen Stadtteilen konzentriert. Die Hypothese 2.2, dass demographische und soziale Segregation in Sheffield weniger stark zusammenhängen als in Essen, kann somit nicht verworfen werden.

Der Sozialraum „Migranten und niedriger sozialer Status“ liegt räumlich konzentriert im Sheffielder Osten (vgl. Karte 4.1). Aufgrund dieser räumlichen Konzentration des Sozialraums, der sehr hohen Anteile von Migranten in diesen Stadtteilen und der Konzentration eines hohen Anteils der in Sheffield lebenden Migranten kann von einer hohen ethnischen Segregation gesprochen werden. In diesem Sozialraum ist der Anteil der kommunalen Wohnungen unterdurchschnittlich. Gleichzeitig korrelieren die Komponente „Ethnischer Status“ und der Anteil der kommunalen Wohnungen nicht signifikant (vgl. Tabelle 5.1). Das heißt, dass kein statistischer Zusammenhang zwischen dem Faktorwert der Komponente und dem Anteil der kommunalen Wohnungen besteht. MLSOA mit hohen Faktorwerten bei „Ethnischer Status“ werden in etwa gleich häufig geringe und hohe Anteile von kommunalen Wohnungen aufweisen. Stattdessen ist in MLSOA mit einem hohen Faktorwert bei „Ethnischer Status“ der Anteil von privat vermieteten Wohnungen tendenziell höher,

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was die getätigten theoretischen Aussagen bestätigt, dass für Migranten in GB der private Wohnungsmarkt sehr wichtig ist. Für Essen kann keine signifikante Korrelation zwischen der Komponente „Migranten und niedriger sozialer Status“ und dem Anteil von Sozialbauwohnungen nachgewiesen werden, aber die Komponente „Kinder und Migranten“ korreliert hoch signifikant. Stadtteile mit einem hohen Anteil an bestimmten Migrantengruppen – v.a. sogenannte Aussiedler (vgl. Abschnitt 4.2.2) – weisen also tendenziell höhere Anteile von Sozialbauwohnungen auf. Die Hypothese 3.1, dass sich in Sheffield in Quartieren mit vielen öffentlichen Wohnungen weniger Migranten konzentrieren als in Essen, da Migranten aufgrund schwächerer Restriktionen durch Diskriminierung auf dem privaten Wohnungsmarkt eher in nichtöffentlichen Wohnungen unterkommen, kann somit nicht verworfen werden. Der öffentliche Wohnungsbau in der BRD mit seiner spezifischen, zunehmend peripheren Lage und den relativ hohen Preisen geht also in Essen mit einer stärkeren Konzentration von Migranten in diesen Quartieren einher, als dies in Sheffield der Fall ist, wo der kommunale Wohnungsbau weniger stark von Migranten genutzt wird. Sozialer Wohnungsbau ist in der BRD als Ersatz für Akteure, die aufgrund bestimmter Eigenschaften auf dem freien Mietmarkt als „Problemgruppen“ eingestuft werden – und dazu gehören v.a. Migranten –, von hoher Bedeutung. In GB zählen Migranten nicht unbedingt zu den „Problemgruppen“, für die die kommunalen Wohnungen ein Auffangnetz darstellen. Das wichtige Charakteristikum für den Zugang zu kommunalen Wohnungen ist hier vielmehr der mangelnde Zugang zu ökonomischen Ressourcen.

Zwar hat die PCA für Sheffield vier Komponenten extrahiert, die getrennt jeweils einer Dimension von Segregation zugeordnet werden konnten. Die beiden Cluster „Migranten und niedriger sozialer Status“ in Sheffield und Essen lassen aber erkennen, dass in beiden Städten in Quartieren mit vielen Migranten auch viele Menschen mit einem niedrigen sozialen Status leben. Ob diese beiden Gruppen identisch sind, lässt sich mit den vorliegenden Daten zwar nicht feststellen, aber dass sie zumindest räumlich nah beieinander leben, ist deutlich. Dieser Zusammenhang ist für Essen noch klarer anhand des Ladungsmusters der Komponente „Migranten und niedriger sozialer Status“ erkennbar. Sowohl die Arbeitslosenrate, als auch der Anteil der Nichtdeutschen laden hoch auf diese Komponente. Die Hypothese 3.2 nach der in Sheffield die ethnische und soziale Segregation weniger stark zusammenhängen als in Essen, da Migranten und Einkommensschwache in Sheffield ein stärker unterschiedliches Restriktionsprofil besitzen als in Essen, muss somit verworfen werden. Tatsächlich ist der Zusammenhang zwischen sozialer und ethnischer und zu einem geringeren Teil auch demographischer Segregation in beiden Städten hoch. Die unterschiedlichen Restriktionen und Ressourcen von Migranten und der statusniedrigen, autochthonen Bevölkerung im Zusammenhang mit öffentlichem Wohnungsbau führen also nicht zu einer stärkeren Differenzierung der Bevölkerung und einer räumlichen Trennung dieser Bevölkerungsgruppen in Sheffield.

In Sheffield besteht ein Zusammenhang zwischen dem Bestand an kommunalen Wohnungen und der Konzentration von statusniedrigen Bevölkerungsgruppen. Dort, wo viele statusniedrige Bewohner leben, ist der Anteil der kommunalen Wohnungen an allen Wohnungen tendenziell höher. Eine Konzentration von Migranten konnte für die Quartiere mit hohen Anteilen an öffentlichen Wohnungen nicht nachgewiesen werden. Im Gegenteil, im Sozialraum „Migranten und niedriger sozialer Status“ gibt es unterdurchschnittlich viele kommunale Wohnungen. Es wurde auf den Zusammenhang zwischen der starken Verbreitung von Wohneigentum und dem höheren Anteil von Familien in Sheffield hingewiesen, was mit einer geringeren Konzentration von Kindern in bestimmten Sozialräumen einhergeht. Stattdessen leben Kinder in Sheffield in verschiedenen Sozialräumen. Für Essen hingegen wurde gezeigt, dass zwar der Anteil der Bevölkerung mit niedrigem sozialem Status, über den Indikator Arbeitslosigkeit gemessen, mit dem Anteil von Sozialbauwohnungen in diesen Quartieren zusammenhängt. Diese Beziehung wurde aber als weniger stark eingeschätzt als für den Sheffielder Fall. Stattdessen hängen die Anteile von Migranten, und hier im Besonderen von Aussiedlern, mit dem Anteil von Sozialbauwohnungen in den entsprechenden Quartieren eng zusammen. Im Essener Norden und teilweise im Osten, in den

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Stadtteilen mit hohen Anteilen von Migranten und darunter vielen Aussiedlern, finden sich auch die höchsten Anteile an Sozialbauwohnungen. Kinder leben in Essen stärker in einzelnen Sozialräumen konzentriert, als dies in Sheffield der Fall ist. Für beide Städte wurde ein Zusammenhang von ethnischer und sozialer Segregation aufgezeigt. Migranten leben in beiden Städten tendenziell dort, wo auch hohe Anteile an statusniedriger Bevölkerung zu finden sind. Für Essen wurde eine geographisch großflächigere Konzentration von Bevölkerungsgruppen nachgewiesen als für Sheffield. Für Essen heißt die Konzentration von Migranten in Stadtteilen mit hohen Anteilen von Sozialbauwohnungen außerdem, neben den in Abschnitt 2.2.2 bereits angeführten Nachteilen von Segregation für die betroffenen Menschen, dass Migranten hier oft in peripheren Stadtlagen leben müssen.

6. Fazit und Ausblick

In dieser Arbeit wurde aufbauend auf Martina Löws Raumsoziologie Segregation als kollektives, unintendiertes Ergebnis von individuellen Handlungen, die durch die gesellschaftliche Struktur beeinflusst werden, konzeptionalisiert. Löws Ansatz wurde genutzt, um die Dualität von Raum theoretisch erfassen zu können und so den Einfluss politischer Strukturen und individueller Handlungen einbinden zu können. Es wurde untersucht, inwieweit räumliche Strukturen in Form von öffentlichem Wohnungsbau, der durch politische Strukturen bedingt wird, Einfluss auf die Konzentration von Bevölkerung im städtischen Raum nehmen und welche Folgen das für die Bewohner haben kann. Dazu wurde der öffentliche Wohnungsbau in GB und der BRD theoretisch, sowie Segregation in den Städten Sheffield und Essen durch eine faktorialökologische Sozialraumanalyse vergleichend untersucht. Es wurde anhand dieser Beispiele gezeigt, dass die räumlichen Strukturen, die u.a. durch den öffentlichen Wohnungsbau geprägt wurden, in den beiden Städten mit spezifischen Tendenzen von Segregation zusammenhängen. Differenzierungen der räumlichen Strukturen aufgrund politischer Strukturen gehen mit divergierender Konzentration bestimmter Bevölkerungsgruppen im Raum einher. Die eingangs gestellte Forschungsfrage, wie öffentlicher Wohnungsbau die Verteilung der Bevölkerung im Raum beeinflusse, kann somit wie folgt beantwortet werden: Die Ausgestaltung des öffentlichen Wohnungsbaus hat bedeutenden Einfluss auf die Konzentration bestimmter Bevölkerungsgruppen in städtischen Teilräumen. Welche Personengruppen sich wo konzentrieren, hängt dabei entscheidend vom Kontext des öffentlichen Wohnungsbaus und der spezifischen Ausgestaltung des Wohnungsmarktes ab. Die Ergebnisse sind auf der ökologischen Ebene anzusiedeln. Inwiefern es sich um kausale Zusammenhänge handelt, konnte im Rahmen dieser Arbeit nicht festgestellt werden und wäre in Untersuchungen auf der Individualebene sowie in Längsschnittanalysen von Segregation und Wohnungspolitik weiter zu falsifizieren.

Für GB wurde gezeigt, dass das spacing von Akteuren sehr stark durch die Reichtums-Dimension beeinflusst wird. Durch die mangelnden Alternativen bedingt, müssen Akteure mit geringen ökonomischen Ressourcen v.a. Wohnungen im kommunalen Mietsektor beziehen. Dies führt in den Quartieren mit hohen Anteilen an kommunalen Wohnungen zu unintendierter Konzentration bestimmter Bevölkerungsgruppen. In der BRD hingegen ist die Reichtums-Dimension zwar ebenfalls wichtig, das spacing wird aber stärker durch die Rang-Dimension beeinflusst. Aufgrund von Diskriminierungen im privaten Mietsektor sind Migranten in der BRD wesentlich stärker auf den Sozialwohnungsbau angewiesen. Akteure mit geringen ökonomischen Ressourcen haben hingegen durch den umfangreichen privaten Mietsektor mehr Möglichkeiten zur Platzierung.

Es ist zu vermuten, dass die hier beschriebenen Prozesse der Konzentration sich seit dem Jahr 2001 zumindest in der BRD verschärft haben. Seit 1999 bis zum Juni 2006 hat in der BRD der Verkauf großer Einheiten von Wohnungen stark zugenommen (vgl. BMVBS/BBR 2007: 12,

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Tabelle 2.1). Insgesamt wurden von 1999 bis Juni 2006 1.276.844 Wohnungen in solch großen Transaktionen veräußert. Alleine in Essen wurden von 1997 bis Juni 2006 43.300 Wohnungen verkauft. Der Anteil der mietgebundenen Wohnungen betrug dabei bundesweit etwa ein Fünftel bis ein Viertel. Mehr als die Hälfte der Wohnungen wurden von der öffentlichen Hand veräußert, bzw. von Unternehmen, an denen die öffentliche Hand eine Mehrheitsbeteiligung hält. Oft waren private Immobilienunternehmen die Käufer (vgl. ebd. 18ff). Die Privatisierung des Wohnungsmarktes beschleunigt sich stark. Hierdurch wird die Situation für bestimmte Mieter, die auf dem freien Mietmarkt, z.B. aufgrund von Diskriminierung als Migranten oder wegen Unregelmäßigkeiten bei der Mietzahlung, Probleme haben, eine Unterkunft zu finden, weiter verschärft. Private Wohnungsunternehmen lehnen diese Akteure als Mieter meist ab und die Kommunen haben kaum Möglichkeiten, auf die privaten Immobilienunternehmen bei dieser Frage einzuwirken (vgl. ebd. 102; Besecke/Enbergs 2008: 81). Eine zusätzliche Konzentration von „Problemmietern“ im immer weiter schrumpfenden Sozialwohnungsbau ist abzusehen.

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Anhang

Tabelle A.1: Variablenübersicht Sheffield

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Tabelle A.2: Variablenübersicht Essen St

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