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Ferbeck/Elert Kapitel 7 Befristung A. Arbeitsrecht I. Bedeutung für die Praxis Die Entscheidung, Arbeitsverhältnisse befristet oder unbefristet abzuschließen, hängt in der Regel von der Prognose ab, ob dauerhafter oder nur vorübergehender Arbeitskräftebedarf besteht. Überlegungen im Hinblick auf eine langfristige Mitar- beiterbindung können vor dem Hintergrund der zu besetzenden Position ebenso eine Rolle spielen wie Abwägungen zur fehlenden Notwendigkeit gewisser (mit der Ausübung der Tätigkeit verbundener) Einarbeitungs- und/oder Ausbildungszeiten oder der Vermeidung von Kosten, die im Rahmen von Entlassungen durch allgemei- nen, besonderen oder tarifvertraglichen Kündigungsschutz entstehen können. Die steigende Anzahl befristet abgeschlossener Arbeitsverträge (1996 betrug ihr Anteil an der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung ca. 4,7 %, 2009 dagegen schon 8,8 %)1 spiegelt, unabhängig von der individuellen Motivation für die Wahl dieser Beschäftigungsform, den Trend zu flexibleren Arbeitsformmodellen wieder. II. Befristung Wurde die grundsätzliche Entscheidung für eine Befristung des Arbeitsverhältnis- ses getroffen, so ist in einem zweiten Schritt zu überlegen, ob das Arbeitsverhältnis kalendermäßig befristet werden muss oder ob für die Befristung ein Sachgrund gegeben ist. 1. Zeitbefristung a) Befristungsdauer Die Gesamtdauer der sachgrundlosen Befristung darf einschließlich ihrer maximal drei Verlängerungen zwei Jahre nicht überschreiten (§ 14 Abs. 2 TzBfG) sofern es sich nicht um Neugründungen handelt.2 Maßgeblich sind der vereinbarte Beginn und das vereinbarte Ende des Arbeitsverhältnisses. 1 IAB-Kurzbericht 14/2010, Abbildung 1, Anteil befristeter Beschäftigung an der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung 1996 bis 2009, abrufbar im Internet unter http://www. doku.iab.de/kurzber/2010/kb1410.pdf. 2 Siehe Rn 14. 1 2 3 4 Bereitgestellt von | De Gruyter / TCS Angemeldet | 212.87.45.97 Heruntergeladen am | 18.02.13 10:09

Leseprobe Praxishandbuch Flexible Einsatzformen von Arbeitnehmern

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Das Praxishandbuch „Flexible Einsatzformen von Arbeitnehmern“ richtet sich primär an den Praktiker in der Unternehmens- und Personalführung. Es bietet Know-How-Transfer im wohlverstandenen Sinne und soll als Arbeitshilfe und Informationsquelle erster Wahl bei der praktischen Arbeit dienen: fachlich fundiert, aber ohne wissenschaftlichen Ballast. Der richtige Umgang mit den arbeitsrechtlichen wie auch lohnsteuer- und sozialversicherungsrechtlichen Besonderheiten der Vielzahl von Sonder-Anstellungsverhältnissen stellt die Praktiker in der Unternehmens- und Personalführung vor immer schwieriger werdende Aufgaben. So sind bei der Vorbereitung und Anbahnung, der Vertragsgestaltung, der Durchführung des Anstellungsverhältnisses sowie auch bei dessen Beendigung eine ganze Reihe - zumeist unbekannter - rechtlicher wie auch tatsächlicher Aspekte zu beachten.

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Ferbeck/Elert

Kapitel 7 Befristung

A. Arbeitsrecht

I. Bedeutung für die Praxis Die Entscheidung, Arbeitsverhältnisse befristet oder unbefristet abzuschließen, hängt in der Regel von der Prognose ab, ob dauerhafter oder nur vorübergehender Arbeitskräftebedarf besteht. Überlegungen im Hinblick auf eine langfristige Mitar­beiterbindung können vor dem Hintergrund der zu besetzenden Position ebenso eine Rolle spielen wie Abwägungen zur fehlenden Notwendigkeit gewisser (mit der Ausübung der Tätigkeit verbundener) Einarbeitungs­ und/oder Ausbildungszeiten oder der Vermeidung von Kosten, die im Rahmen von Entlassungen durch allgemei-nen, besonderen oder tarifvertraglichen Kündigungsschutz entstehen können.

Die steigende Anzahl befristet abgeschlossener Arbeitsverträge (1996 betrug ihr Anteil an der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung ca. 4,7 %, 2009 dagegen schon 8,8 %)1 spiegelt, unabhängig von der individuellen Motivation für die Wahl dieser Beschäftigungsform, den Trend zu flexibleren Arbeitsformmodellen wieder.

II. BefristungWurde die grundsätzliche Entscheidung für eine Befristung des Arbeitsverhältnis-ses getroffen, so ist in einem zweiten Schritt zu überlegen, ob das Arbeitsverhältnis kalendermäßig befristet werden muss oder ob für die Befristung ein Sachgrund gegeben ist.

1. Zeitbefristunga) BefristungsdauerDie Gesamtdauer der sachgrundlosen Befristung darf einschließlich ihrer maximal drei Verlängerungen zwei Jahre nicht überschreiten (§ 14 Abs. 2 TzBfG) sofern es sich nicht um Neugründungen handelt.2 Maßgeblich sind der vereinbarte Beginn und das vereinbarte Ende des Arbeitsverhältnisses.

1 IAB-Kurzbericht 14/2010, Abbildung 1, Anteil befristeter Beschäftigung an der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung 1996 bis 2009, abrufbar im Internet unter http://www.doku.iab.de/kurzber/2010/kb1410.pdf.2 Siehe Rn 14.

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b) AnschlussverbotEine Befristungsabrede ist unzulässig, wenn zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber in einem Zeitfenster von zuvor drei Jahren3 ein befristetes oder unbe-fristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Das Anschlussverbot greift unabhängig davon ein, wie lange das frühere Arbeitsverhältnis angedauert hat, aber auch ohne Rücksicht auf die anvisierte Dauer des neuen Arbeitsverhältnisses. Mithin fallen auch Arbeitsverhältnisse, die nicht länger als sechs Monate dauern sollen, in den Anwen-dungsbereich des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG.4

Das Anschlussverbot findet keine Anwendung auf Verträge mit Arbeitnehmern, die zuvor als freie Mitarbeiter oder im Rahmen eines Werk­ bzw sonstigen Dienst­vertrags im Betrieb des Arbeitgebers eingesetzt waren sowie auf zuvor vollzogene Leiharbeitsverhältnisse.

PraxistippIn der Praxis liegt die Gefahr allerdings darin, dass das vermeintliche freie Mitarbeiterverhältnis tat-sächlich ein Arbeitsverhältnis war und der Arbeitnehmer, dessen befristeter Vertrag nicht verlängert wird, sich hierauf beruft.

Die Sperrwirkung auslösen können dagegen ein vorangegangenes Volontariat oder eine Umschulung, vorausgesetzt, dass diese(s) im Rahmen eines Arbeitsverhältnis-ses durchgeführt wurde. Gleiches gilt für eine Vortätigkeit als Ferienarbeiter oder Werkstudent.5 Nicht erfasst ist eine berufsvorbereitende Beschäftigung als Prakti­kant, wenn mit diesem kein Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde.6

PraxishinweisAusbildungsverhältnisse oder Praktikumstätigkeiten mit Ausbildungscharakter stellen regelmäßig kein „zuvoriges“ Arbeitsverhältnis i.S.d. § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG dar.

Kann sich der Arbeitgeber nicht ohne Weiteres über eine Vorbeschäftigung infor-mieren, z.B. nach einem Betriebserwerb, sollten Bewerber vor dem Hintergrund des Anschlussbeschäftigungsverbots im Vorstellungsgespräch zu einer möglichen Vor-beschäftigung befragt werden.7

3 BAG, Urt. v. 6.4.2011 – 7 AZR 716/09 –.4 BAG, Urt. v. 13.5.2004 – 2 AZR 426/03 –; BAG, Urt. v. 6.11.2003 – 2 AZR 690/02 –.5 BAG, Urt. v. 13.5.2004 – 2 AZR 426/03 –; BAG, Urt. v. 6.11.2003 – 2 AZR 690/02 –.6 BAG, Urt. v. 19.10.2005 – 7 AZR 31/05 –.7 Vgl. zur Zulässigkeit Osnabrügge, NZA 2003, 639, 643; Bauer, BB 2001, 2473, 2476; Kliemt, NZA 2001, 296, 300 sowie die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 14/4374, S 19.

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PraxishinweisBeantwortet der Arbeitnehmer die Frage nach einer Vorbeschäftigung vorsätzlich falsch, kann der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag nach § 123 BGB anfechten.

c) VerlängerungAus § 14 TzBfG folgt, dass innerhalb eines Zwei-Jahres-Zeitraums ein Arbeitsvertrag nur maximal dreimal verlängert werden darf. Es sind demnach insgesamt maximal vier Befristungen zulässig. Ändert der Arbeitgeber lediglich die bisherigen Arbeits-bedingungen ohne Eingriff in die Dauer ab, so liegt keine Verlängerung eines sach-grundlos befristeten Arbeitsvertrags vor.

Eine Verlängerung setzt einen „nahtlosen“ Anschluss an das vorhergehende befristete Arbeitsverhältnis voraus, es darf also keine Lücke zwischen altem Vertrag und der Verlängerung bestehen. Die Verlängerung der Befristung muss noch während der Laufzeit des bestehenden Vertrags vereinbart werden. Andernfalls handelt es sich um eine Neubefristung, die eines Sachgrundes bedarf, da eine kalendermäßige sachgrundlose Befristung mit demselben Arbeitgeber nicht zulässig ist, wenn bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.

PraxishinweisDie Verlängerung und die Anpassung von Arbeitsbedingungen dürfen nicht zusammenfallen. D.h. inhaltlich muss sich die Verlängerung des Vertrages ausschließlich auf die Dauer des Arbeitsvertrags beziehen.

Die übrigen Arbeitsbedingungen müssen grundsätzlich unverändert bleiben. Das gilt selbst dann, wenn sich die angebotenen Änderungen für den Arbeitnehmer als aus-gesprochen günstig erweisen, etwa, wenn die Parteien davon absehen, in den Folge-vertrag ein im Ausgangsvertrag enthaltenes besonderes Kündigungsrecht des Arbeit-gebers nach §  15 Abs. 3 TzBfG aufzunehmen.8 Ausnahmen bestehen nur, wenn die Parteien bereits zuvor tatsächlich eingetretene Änderungen in den neuen Arbeitsver-trag übernehmen, den Vertrag an geänderte Kollektivverträge bzw. eine geänderte Rechtslage anpassen9 oder aber der Arbeitnehmer einen Anspruch auf die Vertrags­änderung hat.10

8 BAG, Urt. v. 20.2.2008 – 7 AZR 786/06 –.9 BAG, Urt. v. 23.8.2006 – 7 AZR 12/06 –.10 BAG, Urt. v. 16.1.2008 – 7 AZR 603/06 –.

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Praxistipp – Um im Rahmen einer angedachten Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages die Konditi-

onen zu Gunsten des Arbeitnehmers zu ändern, ist eine zulässige Maßnahme, zunächst im be-stehenden Arbeitsverhältnis die Arbeitsbedingungen zu verändern und dann den geänderten Arbeitsvertrag unverändert ausschließlich zu verlängern.

– Im Anschlussvertrag kann die Arbeitszeit heraufgesetzt werden, wenn der Arbeitnehmer zu Recht eine Erhöhung nach § 9 TzBfG verlangt.

Eine Änderung der Vertragsbedingungen soll auch dann zulässig sein, wenn der Arbeitgeber die fraglichen Arbeitsbedingungen gegenüber allen Mitarbeitern geän-dert, also bspw. eine allgemeine Lohnerhöhung gewährt hat.11 Dies erscheint schon deshalb zwingend, weil der Arbeitgeber sich andernfalls dem Diskriminierungsvor­wurf des § 4 TzBfG ausgesetzt sehen würde.

d) TariföffnungsklauselDurch Tarifvertrag können die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der kalendermäßigen Befristung abweichend von §  14 Abs. 2 S. 1 TzBfG festgelegt werden.

PraxishinweisEs ist Pflicht des Arbeitgebers, die bestehenden tarifvertraglichen Regelungen zu beachten.

e) Sonderregelung für UnternehmensneugründungenNeu gegründete Unternehmen können gem. §  14 Abs.  2a TzBfG in den ersten vier Jahren nach ihrer Gründung abweichend von § 14 Abs. 2 TzBfG kalendermäßig befris-tete Arbeitsverträge bis zu einer Gesamtdauer von vier Jahren ohne Sachgrund ver-längern. Die Anzahl der Verlängerungsverträge ist nicht begrenzt. Auf die Rechts­form des neu gegründeten Unternehmens kommt es nicht an.

PraxishinweisNeugründungen im Rahmen der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen sind vom Geltungsbereich ausgenommen.

2. SachgrundbefristungSoweit eine kalendermäßige Befristung nicht gewollt oder nicht möglich ist, besteht nach den Vorschriften des TzBfG die Möglichkeit einer Befristung des Arbeitsvertrags

11 BAG, Urt. v. 16.1.2008 – 7 AZR 603/06 –.

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mit Sachgrund. Da kein Zitiergebot besteht, muss der sachliche Befristungsgrund im Arbeitsvertrag nicht benannt werden. Im Falle einer späteren gerichtlichen Aus-einandersetzung über die Wirksamkeit der Befristung können Befristungsgründe ggf. nachgeschoben werden.

a) Kongruenz zwischen Vertragsdauer und BefristungsgrundNach der Rechtsprechung des BAG ist eine Kongruenz von Vertragsdauer und Befristungsgrund nicht erforderlich.12 D.h., dass die gewählte Vertragsdauer nicht mit der Dauer des Sachgrunds für die Befristung übereinstimmen muss. Für die sach-liche Rechtfertigung der Befristung genügt es, wenn der Vertragszweck durch die vereinbarte (kürzere) Vertragsdauer erreicht wird. Aus der vereinbarten Befristungs-dauer lassen sich jedoch Rückschlüsse darauf ziehen, ob ein sachlicher Befristungs-grund überhaupt vorliegt oder nur vorgeschoben ist. Klaffen Vertrags- und Projekt-dauer sehr weit auseinander oder ist eine sinnvolle Mitarbeit am Projekt durch die gewählte Vertragsdauer zweifelhaft, kann der sachliche Grund für die Befristung fehlen. Diese den Sachgrund in Frage stellende Diskrepanz wird vor allem dann in Betracht zu ziehen sein, wenn das befristete Arbeitsverhältnis deutlich länger als der Sachgrund währen soll.

PraxistippBeginn und Ende eines aufgrund eines Sachgrundes befristeten Arbeitsverhältnisses sollten sich möglichst mit dem Vorliegen des Sachgrundes decken.

Beginn und Ende eines zum Zwecke der Vertretung eines anderen Arbeitnehmers befristeten Arbeitsverhältnisses sollten sich mit dem Zeitraum der Abwesenheit des zu Vertretenen decken. Zum Zwecke der Einarbeitung kann jedoch die befristet ein-gestellte Vertretung einen angemessenen Zeitraum vor dem Eintritt des tatsächlichen Vertretungsbedarfs die Tätigkeit aufnehmen.

b) Sachgründe§ 14 Abs. 1 S. 1 TzBfG regelt acht Fälle eines sachlichen Grundes. Der Katalog dieser Gründe ist nicht abschließend, wurde aber bei Einführung des TzBfG der seinerzeiti-gen Rechtsprechung des BAG nachgebildet, so dass diese die wichtigsten Befristungs-gründe darstellen.

12 BAG, Urt. v. 13.10.2004 – 7 AZR 654/03 –.

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aa) Vorübergehender betrieblicher BedarfDie Wirksamkeit der Befristung hängt von der prognostizierten künftigen Entwick­lung der Beschäftigungssituation beim Arbeitgeber ab. Ihm obliegt eine fundierte Einschätzung, nach deren Ergebnis für die Anstellung des Arbeitnehmers über das vereinbarte Vertragsende hinaus mit hinreichender Sicherheit kein Bedarf mehr bestehen wird. Auf die korrekte Bestimmung des Zeitpunkts des prognostizierten Wegfalls kommt es nicht an.

Für die Wirksamkeit der Befristung ist nicht erforderlich, dass der befristet beschäftigte Arbeitnehmer in dem Bereich eingesetzt wird, in dem der Mehrbedarf entstanden ist. Vielmehr genügt es, wenn zwischen dem zeitweilig erhöhten Arbeits-anfall und der befristeten Einstellung ein vom Arbeitgeber darzulegender ursächli­cher Zusammenhang besteht.

PraxishinweisDer Arbeitgeber ist nicht gehindert, die vorhandene Arbeitsmenge zu verteilen, seine Arbeitsorga-nisation zu ändern oder die zusätzlichen Arbeiten anderen Arbeitnehmern zuzuweisen. Dabei darf er aber nicht mehr Arbeitnehmer befristet einstellen als insgesamt zur Deckung des Mehrbedarfs erforderlich sind.

Der Wegfall des Mehrbedarfs muss nicht auf Dauer sein, sondern kann wie in Saison- und Kampagne-Betrieben mit großer Regelmäßigkeit wiederholt auftreten.

Saisonarbeitsverhältnisse können sowohl aufgrund einer Zweckbefristung als auch einer Zeitbefristung enden. Voraussetzung der Zweckbefristung ist ein bestimmbarer Zeitpunkt des Saisonendes. Auch die wiederholte Befristung des Arbeitsvertrags mit einem Saisonarbeitnehmer kann sachlich gerechtfertigt sein.13 Mit der Anzahl der geschlossenen befristeten Arbeitsverträge steigen die Anforde-rungen an die Prognose. Sind die dem Saisonarbeitnehmer übertragenen Arbeiten nicht zumindest mittelbar durch den verstärkten Arbeitsanfall während der Saison bedingt, ist eine Befristung nur dann sachlich gerechtfertigt, wenn der Arbeitneh-mer zur Aushilfe eingestellt worden ist, um Arbeiten zu verrichten, die außerhalb der Saison von Arbeitnehmern aus der Produktion (Stammarbeitnehmer) übernommen werden.

In Kampagnenbetrieben wird im Jahr nicht länger als drei Monate gearbeitet. Dem kann durch Abschluss befristeter Arbeitsverträge entsprochen werden, die vor dem 1.1.2001 wegen ihrer kurzen Dauer, unabhängig von § 1 BeschFG 1996, grund-sätzlich keiner sachlichen Rechtfertigung bedurften. Heute ist diese zwingend not-wendig, weil § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG eine Befristung ohne Sachgrund ausschließt, wenn bereits zuvor mit demselben Arbeitgeber ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsver-hältnis bestanden hat.

13 BAG, Urt. v. 29.1.1987 – 2 AZR 109/86 –.

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bb) ErstbeschäftigungNach dem Gesetzeszweck soll der in §  14 Abs. 1 Nr. 2 TzBfG normierte Befristungs-tatbestand für junge Arbeitnehmer den Einstieg in das Berufsleben erleichtern.14 Anknüpfungsmerkmale sind eine Ausbildung oder ein Studium. Unter dem Begriff „Studium“ kann nach dem Wortlaut sowohl ein Hochschulstudium, ein Fachhoch-schulstudium oder gar ein Studium an einer privaten, nicht staatlich anerkannten Ausbildungsstätte verstanden werden.

Der Begriff „Ausbildung“ ist nicht auf das Berufsausbildungsverhältnis i.S.d. §§ 10 ff. BBiG oder auf Vertragsverhältnisse nach § 26 BBiG zu beschränken. Ein vor-hergegangenes Berufsausbildungsverhältnis ist kein Arbeitsverhältnis und soll die erleichterte Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG nicht hindern.15

Sofern der Arbeitgeber tariflich verpflichtet ist, einen Auszubildenden für eine Mindestzeit zu übernehmen, besteht ein Sachgrund, der sich aus dem Zweck des Tarifvertrages als sozialem Überbrückungstatbestand ergibt.16 Der in §  14 Abs. 1 Nr. 2 TzBfG normierte Befristungstatbestand setzt eine tarifliche Regelung dagegen nicht voraus.

PraxishinweisDer erfolgreiche Abschluss einer „Ausbildung“ oder des „Studiums“ ist nach dem Gesetz keine Vor-aussetzung.

Nach dem Gesetzeswortlaut hat die Befristung im „Anschluss“ an eine Ausbildung oder ein Studium zu erfolgen. Das Gesetz lässt offen, ob es sich um einen unmittelba­ren Anschluss handeln muss. Maßgebend ist, dass es sich bei der aufgenommenen Tätigkeit um die erste Beschäftigung nach Beendigung von Ausbildung oder Studium handelt.17

Eine bloße Erleichterung des Übergangs in eine Anschlussbeschäftigung wird in der Regel zu verneinen sein, wenn das Arbeitsverhältnis für eine längere Zeit als zwei Jahre geschlossen wird.

cc) VertretungDie befristete Beschäftigung eines Arbeitnehmers zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers kann grundsätzlich sowohl als Kalender­ als auch als Zweckbefris­

14 Vgl. BT-Drucks. 14/4374, S. 19.15 Vgl. BT-Drucks. 14/4374, S. 20.16 BAG, Urt. v. 14.10.1997 – 7 AZR 298/96 – bzw. – 7 AZR 811/96 –.17 BAG, Urt. v. 10.10.1997 – 7 AZR 795/06 –.

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tung erfolgen. In der Praxis häufig zu finden ist eine Doppelbefristung, also eine Kombination aus Zeit- und Zweckbefristung (bzw. auflösender Bedingung).18

Neben einer direkten Vertretungsbeschäftigung ist auch eine mittelbare Vertre­tung zulässig. Sie liegt vor, wenn der Arbeitgeber die Arbeit so umorganisiert, dass ein anderer Stammarbeitnehmer die Arbeit des zu vertretenden Mitarbeiters über-nimmt und der Vertreter die Aufgaben jenes Stammarbeitnehmers.

PraxishinweisEntsteht aufgrund der vertretungsbedingten Umorganisation ein neuer Arbeitsplatz, der nach der bis-herigen Arbeitsorganisation noch nicht vorhanden war, bleibt dies folgenlos.

Der Arbeitgeber kann dem zur Vertretung befristet eingestellten Arbeitnehmer auch solche Arbeiten übertragen, die der Stammarbeitnehmer bislang noch nicht ausgeübt hat, die ihm aber nach seiner Rückkehr in den Betrieb zugewiesen werden sollen. Erforderlich ist, dass der Arbeitgeber bei Vertragsschluss in objektiver Hinsicht damit rechnen durfte, dass der Stammarbeitnehmer an seinen Arbeitsplatz zurückkehren wird. Unerheblich ist, ob der zu vertretende Arbeitnehmer nach seiner Rückkehr seine Tätigkeit in vollem Umfang oder nur in reduzierter Form wieder aufnehmen wird.

PraxishinweisEine Befristung ist unzulässig, wenn der Arbeitgeber davon ausgehen muss, dass der Stammarbeit-nehmer nicht zurückkehrt und weiterhin Bedarf an der jeweiligen Arbeitsleistung besteht.

Der Arbeitgeber trägt in diesem Zusammenhang das Risiko, dass ein zunächst wirk-samer Befristungsgrund durch spätere Änderung der für die Prognose maßgeblichen Umstände dazu führen kann, dass die Befristung unwirksam wird und ein unbefriste-tes Arbeitsverhältnis nach sich zieht.

PraxishinweisEin praxisrelevantes Beispiel hierfür stellt die Einstellung zur Vertretung eines Arbeitnehmers, der be-fristete Erwerbsminderungsrente bezieht, dar. Stellt sich nach Beginn der befristeten Beschäftigung heraus, dass der ursprüngliche Stelleninhaber nicht mehr an seinen Arbeitsplatz zurückkehren wird, da er von nun an eine unbefristete Erwerbsminderungsrente erhält, entfällt der eigentliche Befris-tungsgrund.

Im Rahmen seiner Prognoseentscheidung hat der Arbeitgeber nicht nur den zeitlich begrenzten Bedarf an der Arbeitskraft des Arbeitnehmers festzustellen, sondern auch die Möglichkeit, diesen Bedarf durch die befristete Einstellung des Vertreters abzude-

18 BAG, Urt. v. 29.6.2011 – 7 AZR 6/10 –.

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cken. Dem Arbeitgeber steht frei, ob und in welchem Umfang er den Vertretungsbe-darf durch eine Ersatzkraft ausgleicht.

PraxishinweisFehlerhaft ist eine Prognoseentscheidung jedenfalls dann, wenn der Stammarbeitnehmer dem Ar-beitgeber vor Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages verbindlich erklärt, er werde die Arbeit nicht wieder aufnehmen.19

Wiederholte Befristungen zur Vertretung eines Arbeitnehmers sind als sog. Ketten­arbeitsverhältnisse grundsätzlich zulässig.20 Allerdings steigen mit der Zahl der Befristungen auch die Anforderungen an die vom Arbeitgeber vorzunehmende Prog-nose.

PraxishinweisBei der Befristung von Arbeitsverhältnissen zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers sind wich-tige gesetzliche Sonderregelungen zu beachten.21

dd) ErprobungWenn ein Arbeitgeber sich arbeitsvertraglich noch nicht auf Dauer binden, sondern ausprobieren möchte, wie ein neuer Arbeitnehmer sich in den Betrieb einfügt und ungewohnte Aufgaben erledigt, kann ein befristeter Arbeitsvertrag zur Erprobung abgeschlossen werden (Probearbeitsverhältnis).22 Der Grund hierfür ist nicht zwin-gend anzugeben.

Eine Höchstfrist für die Erprobung existiert nicht. In der Regel sind sechs Monate üblich. Tarifverträge können diesbezüglich abweichende Regelungen enthal-ten. Letztlich hängt die Länge der Erprobung aber von dessen Zweck ab. Der Grund­satz der Verhältnismäßigkeit ist zu wahren. Die Umstände des Einzelfalles sind maßgeblich.

Eine Verlängerung der befristeten Probezeit ist im Einzelfall möglich.23 Dies setzt voraus, dass kein vorheriges befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestan-den hat.

19 BAG, Urt. v.13.10.2004 – 7 AZR 654/03 –.20 EuGH, Urt. v. 26.1.2012 – C-586/10 –.21 Vgl. u.a. Vertretung von Arbeitnehmern während der Elternzeit (§ 21 BEEG bzw. in § 50 BAT – ohne Nachfolgeregelung im TVöD); arbeitsloser Arbeitnehmer wird zur Vertretung eines Arbeitnehmers eingestellt, der sich beruflich weiterbildet (§ 231 SGB III); Vertretung für Arbeitnehmer, der sich in Pflegezeit befindet (§ 6 PflegeZG).22 Nähere Ausführungen hierzu in Kap. 30 – Probezeit/Einfühlungsverhältnis Rn 28.23 BAG, Urt. v. 12.9.1996 – 7 AZR 31/96 –.

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PraxishinweisDie Verlängerung einer 6-monatigen Probezeit führt dazu, dass der Arbeitnehmer in den Anwen-dungsbereich des KSchG gelangt und die erleichterte Probezeitkündigung nicht möglich ist. Von einer Verlängerung der Probezeit ist daher abzuraten. Als Alternativgestaltung kommt in Betracht, einen Aufhebungsvertrag zum späteren Beendigungsdatum abzuschließen und dann zu entscheiden, ob ggf. ein neuer Arbeitsvertrag abgeschlossen werden soll.

ee) Gründe in der Person des ArbeitnehmersGem. § 14 Abs. 1 Nr. 6 TzBfG können in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Befristung rechtfertigen. Zu diesen Gründen gehören insbesondere:

– Aufenthaltserlaubnis Der Arbeitnehmer hat nur eine befristet erteilte Aufenthaltserlaubnis. Die Befristung ist sachlich gerechtfertigt, wenn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses die hinrei-chend zuverlässige Prognose erstellt werden kann, es werde zu keiner Verlänge­rung der Aufenthaltserlaubnis kommen.24

– Aus­, Fort­ oder Weiterbildung von ArbeitnehmernDienen Arbeitsverträge der Aus-, Fort- oder Weiterbildung von Arbeitnehmern können sie wirksam befristet werden, sofern dem Arbeitnehmer keine Daueraufgaben über-tragen werden.

– StudentDie Befristung von Arbeitsverträgen mit Studenten ist zulässig, wenn eine solche den Studenten die Möglichkeit gibt, die Erfordernisse des Studiums mit denen des Arbeitsverhältnisses zu vereinbaren.

PraxishinweisWird ausdrücklich eine flexible Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses vereinbart, durch welche die Erwerbstätigkeit bereits den Erfordernissen des Studiums angepasst wird, kann kein solcher Sach-grund angenommen werden.25

– AltersgrenzeArbeitsverträge, die eine Altersgrenze vorsehen, gehören zu den befristeten Verträgen i.S.d. TzBfG, obwohl das Gesetz diese Fallgruppe nicht ausdrücklich erwähnt. Nach § 10 S. 3 Nr. 5 AGG liegt keine Benachteiligung wegen Alters vor, wenn ein Arbeits-verhältnis auf den Zeitpunkt befristet wird, zu dem der Arbeitnehmer Rente wegen Alters beantragen kann. Notwendige Wirksamkeitsvoraussetzung ist lediglich, dass

24 BAG, Urt. v. 12.1.2000 – 7 AZR 863/98 –.25 BAG, Urt. v. 10.8.1994 – 7 AZR 826/93 – bzw. – 7 AZR 695/93 –; BAG, Urt. v. 29.10.1998 – 7 AZR 561/97 –.

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der Arbeitnehmer die sozialversicherungsrechtlichen Voraussetzungen für den Bezug einer beitragsbezogenen Altersrente erfüllt.26

– Wunsch des Arbeitnehmers Der Wunsch des Arbeitnehmers rechtfertigt eine Befristung sachlich, wenn im Zeit-punkt des Vertragsschlusses objektive Anhaltspunkte vorliegen, aus denen gefol-gert werden kann, dass der Arbeitnehmer nur ein Interesse an einer befristeten Beschäftigung hat.27

Ein solcher objektiver Anhaltspunkt wird insbesondere dann anzunehmen sein, wenn der Arbeitnehmer aus Gründen in seiner Person (z.B. familiäre Verpflichtun-gen, noch nicht abgeschlossene Ausbildung, Einblick in die Berufspraxis, zukünftige Aufnahme einer Ausbildung) nur für einen begrenzten Zeitraum arbeiten will oder kann. Maßstab ist, ob der Arbeitnehmer auch bei einem Angebot des Arbeitgebers auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags nur einen befristeten vereinbart hätte.28

PraxistippIm Arbeitsvertrag sollte ausdrücklich vermerkt werden, dass der Arbeitnehmer grundsätzlich unbe-fristet eingestellt worden wäre, jedoch auf eigenen Wunsch nur befristetet eingestellt wird.

ff) Gerichtlicher VergleichDie Befristung aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs setzt voraus, dass dieser dazu dient, den Rechtsstreit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses beizulegen.29 Auf diese Weise kann auch die nachträgliche Befristung eines unbefristeten Arbeits-verhältnisses in einem Prozessvergleich wirksam vereinbart werden.

Für die Praxis von besonderer Bedeutung ist die Möglichkeit, dem gekündigten Arbeitnehmer für die Dauer des laufenden Kündigungsrechtsstreits freiwillig eine vorläufige Weiterbeschäftigung anzubieten.30 Der Vertrag wird unter der auflösen-den Bedingung der Abweisung der Kündigungsschutzklage geschlossen.

PraxishinweisDurch Protokollierung des Vergleichs in der Güteverhandlung des Kündigungsschutzverfahrens ist das Schriftformerfordernis nach § 14 Abs. 4 TzBfG erfüllt.

Praktisch relevant ist auch die Prozessbeschäftigung bei betriebsbedingter Kündi-gung. Hierbei handelt es sich um ein befristetes bzw. auflösend bedingtes Arbeitsver-

26 EuGH, Urt. v. 16.10.2007 – C-411/05 –.27 BAG, Urt. v. 6.11.1996 – 7 AZR 909/95 –.28 BAG, Urt. v. 6.11.1996 – 7 AZR 909/95 –; BAG, Urt. v. 19.1.2005 – 7 AZR 115/04 –.29 BAG, Urt. v. 9.2.1984 – 2 AZR 402/83 –; BAG, Urt. v. 2.12.1998 – 7 AZR 644/97 –.30 BAG, Urt. v. 22.10.2003 – 7 AZR 113/03 –.

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206   Kapitel 7 Befristung

hältnis, das den gesetzlichen Regelungen der §§ 14 ff. TzBfG unterliegt.31 In der Praxis bedeutet dies bspw., dass in den Fällen, in denen sich der Arbeitgeber mit dem Arbeit-nehmer oder dessen Prozessvertreter (im Anschluss an den Gütetermin) darauf einigt, dass der Arbeitnehmer bis zum rechtskräftigen Abschluss oder zumindest bis zum Abschluss der ersten Instanz auch über das Ende der Kündigungsfrist hinaus wei-terbeschäftigt wird, diese auflösend bedingte/befristete Weiterbeschäftigung dazu führt, dass zwischen den Parteien ein befristetes Arbeitsverhältnis entsteht. Selbst wenn der Arbeitgeber nunmehr den Kündigungsschutzprozess gewinnt und sich die ursprüngliche Kündigung als wirksam erweist, schadet dies dem Arbeitnehmer nicht. So endet das Arbeitsverhältnis dann zunächst zu dem ursprünglich vorgese-hen Beendigungstermin; jedoch kann der Arbeitnehmer jetzt von der Weiterbeschäf-tigung profitieren, wenn die Befristung bzw. auflösende Bedingung für das Weiter-beschäftigungsarbeitsverhältnis gem. §§ 14 ff. TzBfG unwirksam ist. Der Mitarbeiter befindet sich in diesem Fall in einem neuen unbefristeten Arbeitsverhältnis, welches sich nahtlos an das bisherige Arbeitsverhältnis angeschlossen hat.

PraxishinweisDie einvernehmlich vereinbarte Weiterbeschäftigung während des Kündigungsschutzprozesses darf nicht mit der Beschäftigung des Arbeitnehmers aufgrund eines für ihn positiven erstinstanzlichen Urteils verwechselt werden. Gewinnt der Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht den Kündigungs-schutzprozess und hatte er gleichzeitig einen Weiterbeschäftigungsantrag gestellt, so erfüllt der Arbeitgeber mit der nunmehr durchgeführten Weiterbeschäftigung nur die Verpflichtung aus dem erstinstanzlichen Urteil. Wenn der Arbeitgeber in der zweiten Instanz, d.h. im Berufungsverfahren, den Kündigungsschutzprozess rechtskräftig gewinnt, so endet das Arbeitsverhältnis mit Abschluss der zweiten Instanz. Das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG greift für eine derartige Pro-zessbeschäftigung, die auf einer erstinstanzlichen Verurteilung Weiterbeschäftigung basiert, nicht.32

Ebenso ist eine Zweckbefristung des Arbeitsverhältnisses denkbar, indem allein (ergebnisunabhängig) auf die rechtskräftige Beendigung des Kündigungsrechts­streits abgehoben wird. Auch eine solche Zweckbefristung bedarf eines Sachgrunds, der in der Praxis häufig § 14 Abs. 1 Nr. 8 TzBfG entnommen wird.

gg) Sonstige GründeDie im Gesetz benannten Sachgründe sind nicht abschließend. Es kann weitere sach-liche Gründe geben, die in ihrem Gewicht den ausdrücklich benannten jedoch gleich-wertig sein müssen.

31 Vgl. BAG, Urt. v. 22.10.2003, Fn 30; EzA § 14 TzBfG Nr. 6; LAG Niedersachsen NZA-RR 2004, 472; siehe hierzu auch Kap. 31 – Prezessbeschäftigung.32 LAG Niedersachsen, Urt. v. 27.9.2005 – 13 Sa 275/05 –; siehe hierzu auch Kap. 31 – Prozessbeschäftigung.

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A. Arbeitsrecht   207

Der Arbeitgeber kann mit den Gewerkschaften über den Abschluss eines Tarif­vertrages bspw. keine Sachgründe minderer Qualität schaffen. Auch ein tariflich geregelter Sachgrund muss den Wertungsmaßstäben des § 14 Abs. 1 TzBfG genügen, denn von dieser Vorschrift darf auch durch Tarifvertrag nicht zu Ungunsten der Arbeitnehmer abgewichen werden.

PraxishinweisDie befristungsrechtlichen Bestimmungen des § 14 Abs. 1 TzBfG sind nicht tarifdispositiv.

3. Schriftform Wurde die grundsätzliche Entscheidung für eine Befristung des Arbeitsverhältnisses getroffen, ist eine entsprechende Befristungsabrede zu treffen. Diese hat schrift­lich zu erfolgen. Dabei erstreckt sich das Schriftformerfordernis sowohl auf den Abschluss, als auch auf die Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags.33 Es findet zudem Anwendung auf eine nachträgliche Verkürzung der Befristungsdauer und auf den Abschluss eines sog. unselbstständigen Annex­Vertrages, mit dem ein neuer Beendigungstermin vereinbart wird.34 Das Schriftformgebot besteht grundsätz-lich unabhängig von der Rechtsgrundlage, auf die die Befristung gestützt wird. Es betrifft daher auch Befristungen, die auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhen, wie etwa denen des Gesetzes über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiter-bildung (ÄArbVtrG),35 soweit diese nicht besondere Regelungen enthalten.

PraxishinweisDas Schriftformerfordernis bezieht sich nur auf die Befristungsvereinbarung. Dagegen erfasst es nicht den befristeten Arbeitsvertrag selbst, der – unter Beachtung der Regelungen des NachwG – weiterhin formlos abgeschlossen werden darf. Wird allerdings der gesamte Arbeitsvertrag schriftlich niedergelegt, muss die Befristung deutlich herausgehoben werden.

Die Festlegung einer Befristungsdauer bzw. die alleinige Vereinbarung eines End­datums für den Arbeitsvertrag muss – meist schon mit Rücksicht auf die §§ 305c, 307 Abs. 1 S. 2 BGB – ausreichend transparent geschehen. Hierunter ist eine Orientierung an den Erfordernissen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit zu verstehen, nach denen eine eindeutige und unmissverständliche Vereinbarung über die Zeit oder den Zweck des Vertrages zu erfolgen hat.

33 BAG, Urt. v. 16.3.2005 – 7 AZR 289/04 –.34 BAG, Urt. v. 16.3.2005 – 7 AZR 289/04 –.35 BAG, Urt. v. 13.6.2007 – 7 AZR 700/06 –.

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208   Kapitel 7 Befristung

PraxistippBei kalendermäßigen Befristungen erstreckt sich das Formgebot nur auf die Tatsache der Vertragsbe-fristung an sich. Es muss also nur das Enddatum bzw. die Befristungsdauer schriftlich festgehalten werden.

Die Parteien müssen dagegen nicht schriftlich niederlegen, ob eine sachgrundlose Befristung oder eine solche mit Sachgrund angestrebt ist. Ebenso wenig sind sie gehalten, einen Sachgrund für die Befristung festzuhalten.

PraxishinweisBei der Zweckbefristung muss der die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bewirkende Zweck be-kannt sein und bei der auflösenden Bedingung das in der Zukunft liegende Ereignis, von dem der Bestand des Arbeitsverhältnisses abhängen soll. Entsprechend ist beides auch schriftlich niederzu-legen.36

Die Niederlegung der Befristungsabrede durch Telefax oder E­Mail ist unzurei-chend.37 Möglich ist aber, die Schriftform durch elektronische Form (§  126a BGB) zu ersetzen, da das TzBfG, anders als etwa das Kündigungsschutzrecht (§ 623 BGB), die elektronische Form nicht ausgeschlossen hat (§  126 Abs 3 BGB). Dabei müssen beide Parteien jeweils ein gleich lautendes Dokument mit einer qualifizierten elektro-nischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen.

Die Schriftform kann durch Aufnahme der Befristung in einen gerichtlichen Vergleich (Aufnahme der Erklärungen in ein nach den Vorschriften der ZPO errichte-tes Protokoll) ersetzt werden (§§ 126 Abs 4, 127a BGB).

III. Befristung von älteren ArbeitnehmernFür Arbeitnehmer, die bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebens­jahr vollendet haben, gelten hinsichtlich der kalendermäßigen Befristung Ausnah-men. Ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist eine Befristung bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn die weiteren Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 TzBfG vorliegen.

PraxishinweisWird die Arbeit vor dem 52. Geburtstag aufgenommen, ist die kalendermäßige Befristung ohne Sach-grund nicht für die Dauer von fünf Jahren, sondern nur für die Dauer von bis zu zwei Jahren gem. § 14 Abs. 2 TzBfG zulässig.

36 BAG, Urt. v. 21.12.2005 – 7 AZR 541/04 –.37 BAG, Urt. v. 4.11.2004 – 2 AZR 17/04 –; BAG, Urt. v. 17.9.2003 – 4 AZR 540/02 –; BAG, Beschl. v. 11.6.2002 – 1 ABR 43/01 –; BGH, Urt. v. 30.7.1997 – VIII ZR 244/06 – zum Fax; BAG, Beschl. v. 11.6.2002 – 1 ABR 43/01 – zur E-Mail.

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A. Arbeitsrecht   209

Voraussetzung ist weiterhin, dass der Arbeitnehmer unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos i.S.d. §  138 Abs. 1 Nr. 1 SGB III gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem SGB II oder SGB III teilgenommen hat.

Da das Gesetz auf den gegenüber der Arbeitslosigkeit umfassenderen Begriff der Beschäftigungslosigkeit (i.S.v. § 138 Abs. 1 Nr. 1 SGB III) abstellt, können damit auch die Arbeitnehmer gefördert werden, die aus persönlichen Gründen nicht arbeitsu-chend gemeldet sind. Ungeachtet des rechtlichen Fortbestands des Arbeitsverhält-nisses steht die Person auch dann in keinem Beschäftigungsverhältnis, wenn der Arbeitgeber weitere Dienste nicht mehr annimmt, also sein Direktionsrecht nicht ausübt (z.B. bei Suspendierung, längerfristiger Beurlaubung ohne Arbeitsentgelt, Verweigerung der Annahme der Dienste nach unwirksamer Kündigung). Arbeitneh-mer, deren Arbeitsverhältnisse unwirksam gekündigt worden sind, sind während des laufenden Kündigungsrechtsstreits beschäftigungslos i.S.d. Gesetzes, solange sie nicht vorläufig weiterbeschäftigt werden oder ein anderes Arbeitsverhältnis begrün-den.

Im Gegensatz zu dieser theoretisch durch den Gesetzgeber geschaffenen Befris-tungsmöglichkeit, hat der EuGH eine Altersregelung, die an das 55. Lebensjahr anknüpfte, als altersdiskriminierend angesehen.38

PraxishinweisVor dem Hintergrund europäischer Rechtsprechung zur Altersdiskriminierung sollte die Vereinbarung eines Befristungsgrundes nach § 14 Abs. 3 TzBfG vermieden werden.

Checkliste – Prognose: Besteht dauerhafter oder nur vorübergehender Arbeitskräftebedarf? – Kalendermäßige Befristung oder Befristung mit Sachgrund notwendig? – Ist Gesamtdauer der Befristungsmöglichkeit überschritten? – Besteht ein Anschlussverbot? – Wie oft wurde das Arbeitsverhältnis bereits verlängert? – Bestehen Tariföffnungsklauseln? – Liegt ein sachlicher Grund nach § 14 Abs. 1 S. 1 TzBfG vor? – Wurde das Schriftformerfordernis gewahrt? – Sind die Sonderregelungen für die Befristung von älteren Arbeitnehmern einschlägig?

38 EuGH, Urt. v. 22.11.2005 – C-144/04 –.

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210   Kapitel 7 Befristung

Tüzel/Cichon

B. Steuerrecht

Aus lohnsteuerlicher Sicht ergeben sich beim befristeten Arbeitsverhältnis keine Besonderheiten zu einem sonstigen (unbefristeten) Arbeitsverhältnis. Der Lohn-steuerabzug ist somit grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln unter Berücksich-tigung der individuellen Besteuerungsmerkmale (elektronische Lohnsteuerabzugs-merkmale – ELStAM39) vorzunehmen.

PraxistippDurch entsprechend befristete Arbeitsverträge können bei Einhaltung der entsprechenden Voraus-setzungen ggf. die günstigen steuerlichen Rechtsfolgen (Pauschalversteuerung) eines geringfügigen bzw. kurzfristigen Beschäftigungsverhältnisses herbeigeführt werden.40

C. Sozialversicherungsrecht

I. Allgemeines Wann ein befristetes Arbeitsverhältnis vorliegt, wird ausdrücklich in § 3 Abs. 1 TzBfG geregelt:

„...Befristet beschäftigt ist ein Arbeitnehmer mit einem auf bestimmte Zeit geschlossenen Arbeits-vertrag. Ein auf bestimmte Zeit geschlossener Arbeitsvertrag (befristeter Arbeitsvertrag) liegt vor, wenn seine Dauer kalendermäßig bestimmt ist (kalendermäßig befristeter Arbeitsvertrag) oder sich aus Art, Zweck oder Beschaffenheit der Arbeitsleistung ergibt (zweckbefristeter Arbeitsvertrag)“.

Auch bei befristeten Beschäftigungsverhältnissen besteht Sozialversicherungs­pflicht, sofern es sich nicht um ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis i.S.v. § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV handelt.41

II. BeitragspflichtHierbei sind die gleichen Grundsätze wie bei der Arbeit auf Abruf zu beachten.

III. MeldewesenHierbei sind die gleichen Grundsätze wie bei der Arbeit auf Abruf zu beachten.

39 Beginn voraussichtlich 1.1.2013.40 Vgl. hierzu Kap. 24 – Minijobber Rn 27 ff. bzw. Kap. 5 – Aushilfen Rn 32 ff.41 Siehe die Ausführungen bei Kap. 24 – Minijobber Rn 42 ff.

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