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Aus über 1 000 Einsendungen haben wir eine Auswahl von Feldpost- briefen getroffen, um sie in den „Letzten Lebensz eichen“ in ihrer Ei- genheit und zugleich in ihr er Vielfalt zu versammeln. Diese Wahl ist uns nicht immer leicht gefallen. D enn zu jedem dieser B riefe gehört eine Lebensgeschichte und schließlich der schmer zliche Verlust eines geliebten Menschen. Wir wünschen uns, dass heutige G enerationen dieses Drama nicht wiederholen werden. Olav Teichert und Brigitte Rathmann Im vorletzten Kriegsjahr haben sich die Lehrerin und der Hauptfeld- webel kennen gelernt – in einem Kino in Hohensalza. Ein halbes Jahr später, im Januar 1945, ist die Hochzeit von Adele und Karl-Wilhelm Neitzke. Schon zehn Tage danach muss der Hauptfeldwebel wieder an die Front, wo er in den Wirren des Krieges von einem versprengten Truppenverband zum nächsten geschickt wir d. Verzweifelt schreibt der frisch Vermählte dennoch über zw ei Monate hinweg Briefe an seine Frau, ohne jemals eine Antwor t von ihr zu erhalten. D enn sie befindet sich inzwischen auf der Flucht und gerät in Gefangenschaft. Als sie endlich die letzten, sehnsüchtigen Worte ihres Ehemannes in den Händen halten kann, ist dieser längst v ermisst gemeldet. Adele Neitzke hat ihren Ehemann nach der Hochzeit nie wieder gesehen. Wie die Feldpostbriefe dieses Soldaten erzählt jeder Brief, jede Karte und jeder Gruß in den „Letzten Lebenszeichen“ über die Schicksale von Söhnen, Männern und Vätern fern der Heimat und von den tie- fen Verbindungen der Menschen zueinander. Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. 17 Briefe aus dem Krieg Letzte Lebenszeichen Briefe aus dem Krieg Letzte Lebenszeichen

Letzte Lebenszeichen - volksbund.de · eigenen Einsatz bis hin zum Tod etwas Gutes für ihr Land zu tun. Auch diese Texte sind wichtige Zeitdokumente. Band17-Inhalt_NEU:

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Aus über 1 000 Einsendungen haben wir eine Auswahl von Feld post -brie fen getroffen, um sie in den „Letzten Lebensz eichen“ in ihrer Ei -gen heit und zugleich in ihr er Vielfalt zu versammeln. Diese Wahl istuns nicht immer leicht gefallen. D enn zu jedem dieser B riefe gehörteine Lebensgeschichte und schließlich der schmer zliche Verlust einesgeliebten Menschen. Wir wünschen uns, dass heutige G enerationendieses Drama nicht wiederholen werden.

Olav Teichert und Brigitte Rathmann

Im vorletzten Kriegsjahr haben sich die Lehrerin und der Haupt feld -webel kennen gelernt – in einem Kino in Hohensalza. Ein halbes Jahrspäter, im Januar 1945, ist die Hochzeit von Adele und Karl-Wil helmNeitzke. Schon zehn Tage danach muss der Haupt feld we bel wieder andie Front, wo er in den Wirren des Krieges von einem versprengtenTruppenverband zum nächsten geschickt wir d. Ver zwei felt schreibtder frisch Vermählte dennoch über zw ei Monate hinweg Briefe anseine Frau, ohne jemals eine Antwor t von ihr zu erhalten. Denn siebefindet sich inzwischen auf der Flucht und gerät in Ge fangenschaft.Als sie endlich die letzten, sehnsüchtigen Worte ihres Ehe mannes inden Händen halten kann, ist dieser längst v ermisst gemeldet. AdeleNeitzke hat ihren Ehemann nach der Hoch zeit nie wieder gesehen.

Wie die Feldpostbriefe dieses Soldaten erzählt jeder Brief, jede Karteund jeder Gruß in den „Letzten Lebenszeichen“ über die Schicksalevon Söhnen, Männern und Vätern fern der Heimat und von den tie-fen Verbindungen der Menschen zueinander.

Volksbund Deutsche

Kriegsgräberfürsorge e. V.

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Briefe aus dem Krieg

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Briefe aus dem Krieg

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Inhalt

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Briefe aus dem Krieg 3

Vorwort

Reinhard Führer 9

Letzte Lebenszeichen

ALeo Anderka Wenn doch schon ein Ende wäre 14

Paul d’Apolonia Wer weiß, wie alles noch kommt 15

BArtur Bäumle Da war aber die Hölle los 22

Josef Beck Du wirst neugierig sein, wie es bei uns zugeht 28

Franz Blaha Ohne Nachricht von Euch 31

Hans-Joachim Breitenbach ... keine Ritterkreuze, nur Splitter ins Kreuze 34

Rolf Bruns Ich sitze hier in einem Erdloch meines Geistes 41

Erich Bruschke Ich bin gesund und munter 45

Otto Buchholz Die einzige Beruhigung, die man hat 48

CJürgen Fritz Johann Campsen So, mein Lieb, ich muss schließen 52

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DHeinz Dürmaier Zum Muttertag ... 56

EJosef Einig Wovor ich Euch bewahren möchte 60

Joseph Ernstberger Dann wird alles sein, als ob nichts gewesen wäre 63

GWilli Gley Was ich Euch noch sagen möchte 66

Georg Gräfe ... vielleicht halten wir ihn doch auf 70

Hermann Grimrath Ich werde ganz fest an Dich denken 72

Stefan Gruber Jeden Tag bekomme ich eine größere Wut 74

Andreas Güner Lasse mich doch nicht so lange war ten 76

HAugust Willy Hagel Nimm Dir nur einen guten Vater für unsere Kinder 80

Werner Hast Ich selbst will Dir „Lebe-Wohl“ sagen 89

Max Helgert Ich mache mir die größten Sorgen um Euch 91

Martin Hildebrandt Es ist allerhand los hier 95

4 Letzte Lebenszeichen

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JGünther Jokisch Wenn ich Dich nicht hätte, liebe Ma 98

Adolf Jonderko ... dann hau ihm so den Hintern voll ... 101

KJakob Kimmel Schicke Dir hier einige Zigarren 106

Wendelin Kliche Wir vermissen ihn auch heute noch. 108

Herbert Kloos Ja, es soll wohl nicht anders sein 110

Helmut Körner Du Sorge beugst das Herz mir nicht 112

Klaus Kuhlow Hoffentlich bleibt Euch das erspart 114

Heinrich Kullick ... so bin ich noch der einzige Überlebende ... 116

MPhilipp Maul Ich wurde gleich operiert 122

Georg Müglitz Lebt wohl, Euer Georg 125

Hans Müller ... trotzdem habe ich das Gefühl, dass ich durchkomme 131

NWerner Arthur Nass ... an ein unerbittliches Schicksal glauben 136

Karl-Wilhelm Neitzke Hoffentlich bekommst Du diesen Brief 139

Erich Neumann Du weißt, der Mensch muss Glück haben 145

Max Neumann Ich will nicht, dass sie um mich weinen 147

August Meinhard Nissen Mir saß das Herz im Halse 151

Briefe aus dem Krieg 5

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OHerbert und Friedrich Oetjen ... denn wir wissen ja noch nicht , was wird 156

PErnst Posselt Wenn man nur heil hier herauskommt 160

RJoachim Rühland ... immer noch ohne Post von Dir 164

SHans-Eberhard Schattkowsky ... ohne Nazis besser 172

Konstantin von Schaubert Draußen tobt der Krieg 175

Robert Schlösser Ich bin ganz närrisch vor Glück 178

Hans und Heribert Schmidt Die Wunde ist sonst nicht gefährlich 182

Franz Schönberg ... denke, dass wir es schaffen werden 190

Gerhard Schulze Ein Einschlag nach dem anderen 191

Otto Setzpfand ... eigentlich habe ich noch gar nicht gelebt 193

Bernhard Sperer Macht Euch nur keine zu großen Sorgen 196

Jakob Stöcker ... dann ist man von aller Qual erlöst 198

TKarl-Heinz Trogisch Du sollst Dir keine dummen Gedanken machen 202

6 Letzte Lebenszeichen

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UJosef Ullrich Essen reichlich und gut 210

WFriedrich Wache ... denn ich habe großen Appetit nach Kuchen 216

Waldemar Wichmann Nur Zigaretten und Sumpfwasser hatten wir 220

Armin Franz Wittich Der heutige Heldengedenktag mahnt 222

Helmut und Herbert Worm Nicht unser, sondern Dein Wille geschehe 230

Anhang

Alphabetisches Verzeichnis der Förderer 235

Bisher in unserer Volksbund-Buchreihe erschienen 236

Impressum 240

Briefe aus dem Krieg 7

Anmerkung der Redaktion:Die Zeitzeugenberichte in diesem Buch haben wir

der aktuellen Rechtschreibung angeglichen. Die teilweise ungenügende Bildqualität bitten wir zu entschuldigen.

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8 Letzte Lebenszeichen

Vorwort

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Briefe aus dem Krieg 9

REINHARD FÜHRERPräsident des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V.

So verschieden – und doch alle gleich kostbar:Feldpostbriefe aus dem Zweiten Weltkrieg

„Herzliebste Elisa und Kinder! [...] I ch will gernenoch das Zehnfache aushalten, wenn nur uns beidenwieder einmal die S onne scheint. Und wenn es an -ders kommen sollte, bewahre ein gutes Andenken anmich. Gib unseren Kindern an meiner S telle ei nenKuss und Du bekommst im G eiste einen von mir.Mit vielen Grüßen, Dein Josef“

Dies sind die Zeilen eines Soldaten, der weiß, dass erwomöglich bald sterben wir d. Seine letzten Gedan -ken, gefasst mit dem kleinsten Stummel eines Blei stif -tes auf dünnem Feldpostpapier, gelten seinen Lieben.Heute ist dieser B rief ein Z eitdokument, das denNach geborenen aus erster H and von Kummer undElend des Krieges berichtet.

So wie Josef Beck aus Rannungen sandten viele S oldaten des Zweiten Weltkriegesihre letzten Worte in Form eines Feldpostbriefes in die ferne Heimat. Und so wie Jo -sef Beck, der am 13. Juli 1941 in Weißrussland fiel, kehrten viele dieser Briefe schrei -ber nie zurück. Manche haben bis heute kein würdiges Grab.

Viele dieser Geschichten, von denen uns die F eldpostbriefe als letzte Lebenszeichenberichten, haben wir dank der Hilfe unserer Förderer nun zu einem Zeitzeugenbuchzu sammenstellen können. Diese Sammlung von letzten Briefen an die Lieben daheimeröffnet nicht nur einen Blick auf den Soldatenalltag an der Front, sondern auch aufdas Leben der Mütter, Ehefrauen und Kinder.

Viele Millionen Feldpostsendungen gingen im Zweiten Weltkrieg zwischen Heimatund Front hin und her . Und doch ist jeder einz elne Brief unendlich wertvoll undüberaus wichtig. Sie sind so verschieden wie ihre Verfasser. Besonders kostbar sind sie

Reinhard Führer, Präsident desVolksbundes DeutscheKriegsgräberfürsorge e. V.

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10 Letzte Lebenszeichen

durch ihre Unmittelbarkeit. Selbstverständlich werden viele Briefe voller Absicht sogeschrieben, wie man sich ihr e Wirkung zuhause erhofft. Vor allem das Grauen desallgegenwärtigen Tötens bleibt vielfach ausgespart. Denn will man die Familie da heimnoch zusätzlich belasten? Oft gibt es motivierende Worte. Die Gedanken der Solda -ten gelten den Angehörigen, die sich doch bitte keine Sorgen machen sollen: Es gingedoch schon wieder, die Verletzung sei eigentlich ganz harmlos, und immer seien siebis jetzt ganz gut durchgekommen, warum auch nicht weiterhin!

Viele Verfasser erzählen in aller N aivität über den Kampf mit Läusen, die B e wäl ti -gung ungeheurer Marschstrecken, versuchen das Leben in B unkern und Zelten zube schreiben, geben Auskunft über den eigenen körperlichen Z ustand, die Er schöp -fung, die Verwundungen. Daneben scheinen in den Briefen nicht selten „die kleinenAlltagssorgen“ auf.

Da geht es um mangelhafte oder fehlende Verpflegung, für einige auch um Tabakund vor allem aber um den Heimaturlaub. Das mag banal klingen. Für die Menschenim Krieg war es das nicht. D enn allein der B rief ist schon wichtig, ist er doch einkostbares Lebenszeichen für die Angehörigen zuhause. Sorgen und Kum mer verblas-sen zumindest zeitweise, wenn der Ehemann, der Verlobte, der Sohn oder der Brudersich wieder einmal gemeldet hat.

Doch aus manchen B riefen spricht das G efühl von Ausweglosigkeit und To des ah -nung. Einige Briefe werden wie Vermächtnisse oder Testamente verfasst. ZwischenDreck und Schlamm, in Todesnot im Granathagel der Gegner, geben die Feld post -brie fe den Soldaten eine letzte Möglichkeit, ihr e Gedanken an die H eimat und dieLie ben in Worte zu fassen.

Ein Feldpostbrief kann ein Leben, ein ganze Familie ins Unglück stürzen. Denn häu-fig sind es die Briefe der Angehörigen an die Soldaten, die, mit den Worten „Gefallenfür Großdeutschland“ versehen und zurückgesandt, nichts anderes als den Tod eineslieben Angehörigen verkünden. So wird der Feldpostbrief zum letzten Lebenszeichen.

In unsere Zusammenstellung haben wir ganz bewusst auch die Schriften solcher Sol -da ten aufgenommen, die sich als Helden im Kampf gegen einen verhassten Feind se -hen. Sie glauben an die Parolen eines verbrecherischen Regimes, sie glauben mit demeigenen Einsatz bis hin zum Tod etwas Gutes für ihr Land zu tun. A uch diese Textesind wichtige Zeitdokumente.

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Briefe aus dem Krieg 11

Die Auswahl zeichnet sich ge wiss durch ihre hohe E motionalität aus und bean-sprucht deshalb nicht, für die Gesamtheit der Briefe repräsentativ zu sein. Die Män -ner beschreiben das grausam Erlebte jeweils auf ihre eigene Weise. Einer schreibt inschnell aneinander gereihten Sätzen, durch unzählige Kommas getrennt. Der nächstedichtet nahezu formvollendet, mit Witz, Humor und feinen Andeutungen. S ie allebieten Einblicke in die Seelen der Soldaten, was ihnen am Herzen liegt, worum ihreGedanken kreisen, worüber sie sich sorgen und wo von sie träumen – und sei dies„nur“ ein selbstgebackener Kuchen aus der Heimat, von der Mutter oder der Ehefrau.

So wurden ihre Briefe zu wichtigen Schätzen für die Angehörigen. Vor allem Kriegs -kin der hängen an diesen Schriftstücken, hüten sie als hohes E rinnerungsgut, habenhäu fig nicht mehr vom Vater erfahren als in seinen Briefen steht. Heute ist der Volks -bund seinen Förderern zu größtem Dank verpflichtet, dass sie diese für sie persönlichso bedeutenden D oku men te für dieses G emeinschaftswerk zur Verfügung gestellthaben.

Dafür und für ihre langjährige Unterstützung möchte ich mich ganz herzlich bedan-ken. Zugleich versichere ich, dass der Volksbund auch weiterhin die Suche nach denVermissten und Toten der Weltkriege fortsetzen und ihr Andenken – so wie in die-sem Buch – wahren wird.

Ihr

Reinhard Führer

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12 Letzte Lebenszeichen

Letzte Lebenszeichen

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Briefe aus dem Krieg 13

A„Glücklich wär ich jeden Morgen

Spräch nur Lieb aus Deinem Blick.Sähe ich nur Dich zufrieden

Selig wäre ich im Glück.“

Aus einem Gedicht von Paul d'Apolonia für seine Frau Änne. Er starb am 13. März 1944.

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14 Letzte Lebenszeichen

Leo AnderkaEingesandt von Johanna Anderka (Tochter)

Leo Anderka wurde am 21. Dezember 1902 in Sol d vi -

na geboren, war zunächst Beamter, dann Obergefreiter

bei der Infanterie. Er geriet in Kriegsgefangenschaft, er -

krankte an Ruhr und starb am 1. Juli 1945 im Ge fan ge -

nenlager Kalvarija (Kalvarienberg) in Zemun, Ju gos la -

wien. Beerdigt wurde er am 2. Juli in Zemun auf dem

Friedhof Franctalsko.

Johanna Anderka, die Tochter, erinnert sich heute: „Im

Winter 1943 k am er, schwer erkrankt, nach Wien und

vier Monate später nach Istrien. Vor diesem Einsatz hat -

te er drei Tage Urlaub. In den letzt en Märztagen 1944

sah ich ihn zum letzt en Mal. Ich war damals elf Jahr e

alt. Insgeheim hoffte ich lange, dass er zurück kommen

würde. In den erst en Jahren nach dem K rieg kehrten

immer noch entlassene K riegs ge fangene heim und, dachte ich, er brauchte ja Zeit, um

uns zu finden. Von unserer Hei matstadt Mährisch-Ostrau im Nordosten Mährens hatte

es uns bis an die dänische Gr en ze verschlagen. Aber im Okt ober 1948 kam die To des -

nach richt durch das Rote Kreuz.“

Brief an Frau und Tochter24.11.1944, nach einem Fliegerangriff auf Ostrau[...] Ich bin ja so froh, dass Euch beiden nichts geschehen ist. Wie groß ist der Scha -den, steht von der Wohnung überhaupt noch etwas? [...] Heuer wirst Du mit Hann -chen zum Hl. A bend allein sein, und ich w erde hier sitzen. Wenn doch schon einEnde wäre. Es haben es schon alle satt. [...]

Letzter Brief an die Tochter14.3.1945, aus der Nähe von Pula – Istrien[...] Hier ist es schon ganz warm. D ie Bäume beginnen schon zu blühen. [...] G utesHann chen, Du bist schon groß, hilf, wo [Du] kannst der lieben Mutter, sie hat vielzu tun, und ich kann nicht kommen und helfen. Bleibe gesund, liebes Kind, und folgimmer der Mutter. Mit Kuss, Dein Vater

Leo Anderka

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Briefe aus dem Krieg 15

Paul d’ApoloniaEingesandt und abgeschrieben von Wilfried d’Apolonia (Sohn)

Paul d’Apolonia erblickte am 21. April 1910 in Han no ver das Licht der Welt. Er starb am

13. März 1944 in der G egend von Samoschitza in Russland und wur de auf dem Sol da -

ten friedhof Saretschje-Slobodka beerdigt. Heute befindet sich sein Grab auf der Kriegs -

gräber stätte in Sebesh an der russisch-lettischen Grenze.

Brief an Frau und KinderOsten, den 7.2.1944Meine liebe Änne! Meine lieben Kin der chen Wil fried und Brunhild!Kurz ein paar Zeilen von Eurem lieben Vati, sonst denkt Ihr nachher, ich habe Euchvergessen. Liebe Än ne, ich habe ja in dem vorigen Brief schon ge schrie ben, dass ich inder nächsten Zeit sehr wenig Zeit habe, um zu schr eiben. Das sel be ist nun einge-troffen. Ihr, meine Lieben, braucht keine Angst zu haben, vorläufig bin ich noch ge -sund [... Die] Stra pa zen sind ja sehr groß, aber bis jetzt noch ohne erhebliche Feind -be rüh rung. Es kann aber mit jeden Moment ein treten.Vor ein paar Tagen habe ich wieder einpaar liebe Briefe bekommen, aber leiderist ja wenig Zeit, um dieselben in R uhedurchzulesen.Hoffentlich sind unser e Mütter wiederbeide auf P osten. Meine Mutter hat janun nicht eher R uhe, bis alles wieder inOrdnung ist. Ich will hoffen und glauben,dass al les gut abläuft. Ob dieser Brief nochschnell zu Euch kommt, weiß ich nicht,denn die Post geht sehr mäßig. Der Rus -se versucht ja alles Mögliche, um uns beiLaptevo ab zuschneiden, aber unser eTrup pen sind heute zum G egen angriffangetreten.Meine lieben Stromers treiben wohl nochviel Rodelsport. Ja, liebe Änne, auch ichha be oft Heimweh nach Euch und mei-

Änne (geb. 20.3.1912) und Paul d’Apoloniawährend seinem letzten Urlaub in Osterodeim Harz, September 1943

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16 Letzte Lebenszeichen

nem gemütlichen Heim. Hoffentlich geht al les mal schneller vorüber, als wir ahnen.Lasst Euch, meine Lieben, nun recht herzlich umarmen, verbunden mit Küssen vonEu rem lieben Vati.An meine lieben Eltern die besten Grüße und beste Gesundheit.

Brief an die FamilieOsten, den 22.2.1944 – abgesandt mit Feldpoststempel vom 12.3.1944,dem Tag, an dem Paul d'Apolonia fiel Meine liebe Änne! Meine lieben Kinderchen Wilfried und Brunhild!Mitgeteilt hatte ich E uch, meine Lieben, ja schon, dass es mit der Schr eiberei sehrtraurig aussieht.Die Lage ist eigentlich sehr miserabel, aber ich muss v ersuchen, ein kleines Lebens -zei chen von mir zu geben, dass Ihr Euch nicht zu sehr ängstigt.Was das heißt, Tag und Nacht auf dem Bauch liegen, [sich] nicht sehen lassen, nurin einem kleinen Dreckloch, brauch ich ja nicht weiter zu beschreiben. 14 Tage schonnicht gewaschen, nicht rasiert, na, aber die Russen selbst sind noch schlimmer. Aberliebe Änne, ich will D ir das Herz nicht noch schwerer machen, das eine sei nur ge -sagt, raus müssen wir bald aus diesem D reck. Augenblicklich ist mal wieder star kesGra natfeuer, rechts und links von mir schlagen sie ein. E in paar Verwundete habenwir immer wieder.Liebe Änne, ich muss mich beeilen, ich kann mich v or allem bedanken für das vier-te Päckchen, das sehr schnell hier war, es hat alles vortrefflich geschmeckt, das heißt,wenn ich mehr Ruhe gehabt hätte, das wär nicht zum Schaden ge wesen. Sonst gehtdie Brief post sehr spärlich und das Schlimmste ist ja, D u kannst sie noch nicht ein-mal lesen.Jetzt ist es auch wieder sehr kalt ge worden, ich schätze 25 Grad. Dass da die S tim -mung nicht rosig ist, könnt Ihr Euch wohl vorstellen.Liebe Änne [... nun fehlen im Brief einige Sätze, im Päckchen müssen wohl Zi ga ret tenge wesen sein ...] am gleichen Tage angekommen, so [ein] bisschen Rauch hält einennoch immer hoch, vor allem wird die Nase etwas warm dabei. Ich liege bei Naswur, al -so in der Nähe von Nevel, wo direkt, kann ich selbst nicht sagen. So, Ihr, meine Lie ben,lasst Euch recht herzlich umarmen, drücken und küssen von Eurem lieben guten Vati.Meine lieben Stromers geben viele Küsse.Hoffentlich hat das Elend bald einmal ein Ende?Grüße auch bitte unsere lieben Eltern.Wann ich wieder zum Schreiben komme, weiß ich noch nicht.Reichsmarken habe ich auch schon wieder eine lange Zeit, ich schicke sie heute noch.

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Briefe aus dem Krieg 17

Stolzer Vater: Paul d’Apolonia mit seinen Kindern Brunhilde (geb. 24.9.1938) und W ilfried(geb. 19.1.1934)

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18 Letzte Lebenszeichen

Letzter Brief an die FamilieOsten, den 8.3.1944Meine liebe Änne! Meine lieben Kinderchen Wilfried und Brunhild!Schon wieder ist unser Zigeunerwagen in Bewegung, keine ruhige Minute wird unshier in dem verfluchten Russland gegönnt. Kaum Zeit zum Essen, viel weniger zumSchreiben. Auch die liebe Post von meinen Lieben ist sehr rar, aber von Zeit zu Zeitkommt doch ein Lebenszeichen hier an und zur größten Freude seid Ihr alle gesundund meine lieben Kinderchen tollen gesund im Schnee herum.Liebe Änne, zu Deinem 32. Geburtstage [am 20.3.1912] sende ich Dir nun die herz-lichsten Grüße und Küsse.Unser gemeinsamer Wunsch, hoffentlich ein baldiges gesundes Wiedersehen in derlieben Heimat und in den Armen meiner Lieben, möge in E rfüllung gehen.Wie schön könnte es sein, w enn der lausige Krieg zu E nde wär und wir gemeinsamdeinen Geburtstag feiern könnten.Leider ist noch kein Ende zu sehen und wer weiß, wie alles noch kommt.Hoffentlich finden wir nun auch einmal wieder etwas R uhe, denn nötig haben wirdieselbe bestimmt. Wenn wir doch bloß mal raus kämen aus diesem Dreck, aber wirsind wohl nur für Russland bestimmt.Heute haben wir Großkampfverpflegung bekommen. Vier Tafeln Schokolade, Kekseund Zigaretten, aber nichts, um [es] nach H ause [zu] schicken. Päckchen w erdennicht angenommen. Umsonst geben sie uns dieselben bestimmt nicht, der Kriegerbraucht wieder Kraft. Aber weh tut es mir doch, w enn ich an meine lieben Kin der -chen denke und ich esse die Schokolade.Wenn ich kurz vor dem Urlaub stände, würde ich ja dieselben aufheben, aber leider[... unleserlich ...]Vor 14 Tagen habe ich schon mal [... unleserlich ...] empfangen. D ieselbe wollte ichaufheben und was ist daraus geworden? Bei den schweren Kämpfen ist alles in russi-sche Hände gefallen. Da könnt ihr euch ja denken, wie ich mich geärger t habe.Na, die Hauptsache ist, ich bin gesund wieder davongekommen.So, liebe Änne, nun feier e mit den lieben Kinder chen Deinen Geburtstag und mitunseren lieben Eltern und denke an Deinen lieben Paul.Lass Dich recht herzlich grüßen und küssen und fest umarmen v on Deinem liebenMann.Hoffentlich sehen wir uns bald gesund wieder.Recht herzliche Grüße und Küsse Euer lieber guter Vati.Für Oma Minna ein kurzer Geburtstagsgruß liegt bei.

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Briefe aus dem Krieg 19

Ein Gedicht von Paul d’Apolonia für seine Frau Änne, verfasst während des Krieges in Russland.

Datum unbekannt.

Treue!Halt’ die Treue mir, mein Mädchen

Halte Treue, wie ich Dir!Sprich! Wer ist im ganzem Städtchen

wohl so beglückt als wir.Wollen treu zusammen halten

Hand in Hand in Freud und LeidDann wird stets des Schicksals Walten

Stark uns finden jederzeit.Leichter tragen wir die Sorgen,

Doppelt mehrt sich unser Glück.Glücklich wär ich jeden Morgen

Spräch nur Lieb aus Deinem Blick.Sähe ich nur Dich zufrieden

Selig wäre ich im Glück.Und am Ende dankt hienieden

Dir mein Lieb mein letzter Blick.Müsste ich dann von Dir scheiden.

Nähme ich als heilig PfandDeine Liebe Deine Treue

Mit als unser Lebensband.

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20 Letzte Lebenszeichen

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Briefe aus dem Krieg 21

B„Wie geht es Euch?

Meine Gedanken sind ja oft zuhause bei Euch. Ich male mir aus, wie es sein könnte,

wenn ich daheim wäre. Dies ist übrigens eine schöne Ablenkung während des Marsches, besonders nachts,

wenn man beim Marschieren fast einschläft.“

Josef Beck an seine Frau Elisa. Gefallen am 13. Juli 1944.

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22 Letzte Lebenszeichen

Artur BäumleEingesandt von Dr. med. Günter Bäumle (Sohn)

Am 4. September 1906 k am Artur Bäumle in Lörr ach

zur Welt. Seit dem 6. Januar 1943 ist er v ermisst. Der

Oberzahlmeister soll bei Stalingrad gefallen sein. Heu -

te ist er auf einem der Gedenkwürfel der Kriegsgrä ber -

stätte in Rossoschka, Russland, namentlich verewigt.

Feldpostbrief an Frau und KinderRussland, den 10.8.1942Meine liebe Hanni, liebe Buben!Kürzlich reichte es nur zu einem Kärtchen für Euch,meine Lieben. Ich habe nun von Dir, mein Schatzi,ein Briefchen vom 12. und 29.7. erhalten, sowie zweiBriefe von Günterle [der Sohn], wofür ich Euch vonHerzen recht innig danke. Von den angekündigten

13 Päckchen sind jetzt vier angekommen. Die Creme, Zahnpasta ist prima. Leider istder schon lange erwartete Schal noch nicht eingetroffen. Von Augusts Geburtstag habeich nichts gewusst, ich habe ihm einen Tag später zu seinem 35. Geburtstag gratuliert.Unser Regiment ist nun durch Neugliederung [... einem anderen Bereich zugeordnetworden ...], werden also nicht mehr von der 305. I. D. [Infanterie-Division] versorgt.So kommt es auch, dass ich von August u. er von mir nichts mehr erfährt. Kraft undich sind noch beisammen und kämpfen uns gemeinsam dur ch. In den letzten Tagendrücken die Russen im Kessel des großen Donbogens ganz gewaltig gegen unserenRegi ment s ab schnitt. Tag und Nacht, Stunde um Stunde rollen schwe re und schwer-ste Panzer ge gen unsere Linien. Bis jetzt wurden im Abschnitt über 100 Stück abge-schossen. Ein mal sind sie sogar durchgebrochen, aber die Freude währte nicht lange.Da ging es allerdings toll her, denn keiner wusste, was los war und w er „wen“ einge-schlossen hat. E ine Feldküche von uns haben die H unde geschnappt und leerge -fressen. Wir hoffen auf baldige Rückgabe. Was ist denn eigentlich in Frankreich los?

Hoffentlich hauen unsere den Engländer und Amerikaner zusammen. Hier herrschteine Bombenhitze, vor allen Dingen eine elende Fliegen- und Stech mückenplage, dieeinen Tag und Nacht belästigt. I ch bin auch ziemlich schlank ge worden, aber ichfühle mich pudelwohl dabei. Wenn wir nur bald mit diesem Hexenkessel fertig wür-

Artur Bäumle

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den. Major Braun wurde auch verwundet durch 3 Gra nat split ter im rechten Arm. Ergeht aber nicht zurück ins F eldlazarett, da er in diesen kritischen Tagen sein Btl.[Bataillon] nicht verlassen will. Dr. Heinz habe ich auch gesehen. E r sieht zum E r -bar men schlecht aus, unser lieber D r. Ich bin ge sund, mit Zahn schmerzen habe ichauch nicht mehr zu klagen, da der P la ge geist drau-ßen ist. Sind die Flieger auch in Heilbronn gewesen?Geh nur mit den B uben so fort in den K el ler, nichtdass etwas passiert, das wäre das Furchtbarste, das ich

mir denken könnte. Kraft hat nun auch einen Pfunds -wagen, ich habe ihn he raus geholt mit unserem Beu te - wagen. Der Küh ler hat etwas abgekriegt, aber er geht.Nun bin ich entlastet, da ich 4 Wochen lang sein Btl.[Ba tail lon] noch mitversorgt habe, da Kraft ohne je -des Fahr zeug war. Familie Öfler u. Fr. Dr. Heinz ha -ben sich sicher über Deinen Besuch gefreut. All mäh -lich fehlt es hier an Wasser, Kartoffeln und Pfer de fut -ter, da es eine ausgesprochene Steppen ge gend ist undziem lich[e] Ka me le, allerdings auch 2-Beinige herum -laufen. Bleibt mir bitte immer schön ge sund undschreibt oft. Ich sende Euch für heute die herzlichsten Grüße und die heißesten Küs -se. Dein Dich innig liebendes und immer fest an E uch denkendes VaterleDas Bildchen von Günterle ist sehr nett und er ist gut getr offen und ich schicke esanbei wieder zurück. Leider hatte es ei nen Knick bekommen.

Feldpostbrief an die KinderRussland, den 24.9.1942Mein lieber Günterle u. Sieger!Dein liebes Briefle vom 31.8. habe ich mit großer Freude und vielem Dank erhalten.Wie ich daraus er fahren habe, habt Ihr wieder alle Post auf einmal bekommen. I chweiß nicht, woran das immer liegt; ich habe auch gestern noch v on Mutti 2 Briefevom 26.8. und 1. 9. erhalten. Wie ich sehe, hat nun also bei Dir und Sieger die Schu -le begonnen. Jetzt müsst Ihr aber auch feste lernen, damit Vati und Mutti stolz aufEuch sein können. Als ich Dir in meinem letzten Brief schrieb, eh ich nach Stalingrad

fuhr, habe ich Dir versprochen, Dir ein Er leb nis zu schreiben.Also will ich meine „R eiseeindrücke“ schildern. Ich bin mit einem B-Krad, das isteine Bei wa gen ma schi ne, losgebraust früh morgens um 8 Uhr v on Pes ko wat ka – dasliegt ca. 20 km nördlich von Ka latsch u. direkt am Don. Man hört hier sehr gut das

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Artur Bäumle

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Rollen des Ge schütz don ners von Stalingrad, so dass sich ein Weg wei ser erübrigt. Aufder ganzen Strecke sind die Spuren der harten Kämp fe sichtbar: zerschossene Panzer,abgeschossene Flie ger, tote Pferde und Russen zeichnen die Vor marschstraße der Ar -mee. Leider auch kleinere deutsche Soldatenfriedhöfe mah nen die vorüberziehendenTruppen. Um 9 Uhr, es ist hinter Dimitrymka gewesen, ging es durch einen von denRussen aus ge hobenen Panzer de ckungs graben. Diese Gruben haben den Zweck, deut-sche Panzer aufzuhalten, nicht erfüllen können, obwohl Panzerkuppeln wie gesät alsDeckung dort waren. Sie wurden überrannt, die B unker genommen, die sich ver-zweifelt wehrenden Besatzungen aufgerieben oder gefangen genommen. Meist jedochmussten die Russen in den Lö chern drin einzeln totgeschlagen werden, da sie sich nichtergeben wollten. Hinter Karpowka stießen wir gegen 10 Uhr auf den 2. Be fes ti gungs -gürtel der Festung Sta lin grad. Wieder bot sich unseren Augen dasselbe Bild der Ver -nichtung, das die deutschen Waffen dem erbittert und zäh ringenden G egner zuge-

Die beiden „Buben“ Günter und Siegfried zusammen mit Mutter und V ater

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fügt hatten. Nach einer weiteren Fahrtstunde erreichten wir durch Staub und schlech -te Straßen fahrend den Stadt rand von Stalingrad, den Vorort Minina. Al ler dings istdieser Ort nur nach der Kar te festzustellen gewesen. In Wirk lich keit steht dort keinStein mehr auf dem ander en: das Werk unserer Stukas!! [Sturz kampf flugzeuge] –Wäh rend unserer ganzen Fahrt zogen unaufhörlich Stu kageschwader, Bom ber for ma -tionen mit Jagdschutz (Jäger) über uns hinweg nach Stalingrad.

Stalingrad liegt an der Wolga entlang. Es hat ca. 450 000 Einwohner und zieht sich

25 km am Fluss lang hinauf und misst eine Breite von 8 km. Die Wolga ist hier 1,5 kmbreit, hat aber sehr w enig Wasser und ist dadurch nur 700 m br eit. Die Stadt musssehr schön liegen, leider war das S tadt bild durch dichten Rauch und Q ualm völligeingehüllt. Die Stadt zerfällt geographisch in die Nord- und Südstadt. Im südlichenStadtteil waren unsere Truppen bereits zur Hälfte eingedrungen, d. h. bis zur B ahn -linie, die von Kalatsch her mitten durchden südlichen Teil der S tadt führt. Wirwollten nun an den Wol ga strand vor fah -ren, um das schöne Lied „Es steht einSol dat am Wolgastrand“ zu singen, wasleider ohne in die R ussen hin [ein] zu fah -ren nicht möglich war. So drehten wir abund hofften am Bahnhof in das Stadt in -nere reinfahren zu können. D a war aberdie Hölle los. Die deutsche Ar til le rie, dieringsum vor der S tadt in F eu er stellungsteht, trommelte unauf hör lich mit allenKalibern auf den B ahnhof, dass uns dieFetzen nur so um die Ohren flogen. EineDe to na tion, eine Feuersäule und [eine]Stichflamme nach der ander en erschüt-terten die Erde, dass man glaub te, keinenfesten Grund unter den Füßen zu haben.Wir sind bis dicht an den B ahndammvorgefahren und stellten plötzlich fest,

dass wir in der v ordersten Linie war en.Infanterie, Pioniere und F lak [Flug ab -wehr kanone] – als Infanterie eingesetzt –lagen um und auf dem B ahndamm in Johanna und Artur Bäumle

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Deckung. Der Russe auf der anderen Seite, was wir am Pfeifen der MG-Kugeln [Ma -schinengewehr] feststellten. Wir stellten das Krad unter einem B aum ab und schau-ten dem harten Ringen der Infanterie zu. Plötzlich haut ein schwerer Brocken unse-rer eigenen Ari [Ar tillerie] ca. 100 m v or uns ein. Es er folgte eine Rie sen ex plo sionund ein Gaskessel flog in die Luft. Da hat aber alles gewackelt. Ein Feldwebel, der alsZugführer eingeteilt war, schreit plötzlich: „Gas, Gas". Schnell setzten die S oldatendie Gasmasken auf und wir mussten schleunigst abhauen, da wir das D ing nichtdabei hatten. In rasender Fahrt über Telefonleitungen, umgestürzte Masten und Weg -wei ser, über Leichen toter R ussen fuhren wir aus dem G e fah ren bereich heraus undfuhren weiter nördlich, um dor t vielleicht in das S tadt innere zu kommen. Als wirwieder in die Nähe der v ordersten Linie kamen, stiegen wir aus und arbeiteten unszu Fuß, d. h. auf dem B auch vorwärts, da es schwer um uns herum gepfiffen hat te.Wir hatten Glück und erreichten einen verlassenen Bunker, in dem nur noch 4 toteRus sen lagen, einen P unkt, von dem aus das ganz e Kampffeld schön zu übersehenwar. Leider fehlte mir jetzt ein Foto ap pa rat, denn da hätte ich manch schöne Kampf -szene bildlich festhalten können. Gute 100 m vor uns brannte ein Güter zug, der vonunserer Artillerie in Brand geschossen wurde. Auf einmal drangen aus der Stadtmittekommend dichte Rauch schwaden über die ganze Stadt – ihre Aus deh nung nehmend– vorbei. Der Qualm war so dicht, dass man keine 5 m weit sehen konnte. Außerdembiss der Rauch so in den A ugen, dass die Tränen ei nem nur so r unterkullerten undman Atem be schwer den bekam. Wir machten unsere Nastücher mit Kaffee aus derFeldflasche nass und hielten sie vor Au gen, Nase und Mund. Wie schwarze feen hafteSchatten gingen neue S toß trupps in dem Q ualm als Verstärkung zum Angriff v or.Wie wir später v on der Höhe aus feststellten anhand des S tadt pla nes, den ich alsFührer des Erfassungskommandos des Rgts [Regiments] von der Di vi sion bekommenhatte, sind die Rie sen erd öl be hälter längs der Wolga in B rand geschossen wor den.Diese Rauch- und Qualmsäule hüllte die Stadt völlig ein und es war dir ekt unheim-lich. Die anrollenden Stuka ge schwa der verschwanden in dieses N ichts von Rauch.Bald hörte man jedoch das Heu len der Sturzsirenen und gewaltige Detonationen, dieeinem die Füße unter dem Leib w egzureißen drohten, erschüt ter ten die E rde.Fensterscheiben habe ich in ganz Stalingrad-Süd nicht den kleinsten Rest mehr fest-stellen können. Die großen Hoch häu ser, Getreidesilos, Kirchen ragen als ehemaligeWahrzeichen Stalingrads unversehrt aus den ringsum in Schutt und Asche gefallenen

Häusern hervor. Wie lange werden sie wohl noch stehen in dieser Hölle? Jedes Hausmuss einzeln genommen werden. Ist der Infanterist ein oder 2 Häu ser weiter, schießtes schon wieder aus einer D ach- oder Kellerluke von rück wärts. Daher dauert auchdie Einnahme so unendlich lange, da es nichts Schlimmer es gibt als einen Häuser-

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und Straßenkampf. Gerade hier aber ist der R usse Meister und durch seine an undfür sich hinterlistige Kampf weise doppelt gefährlich. D ie Zivil be völkerung ist nochteilweise in der Stadt, allerdings nur alte Männer und F rauen und Kinder. Die hok-ken stur neben ihren zerschossenen Häusern und grubeln aus deren Trümmern nochihre Haushalts ge gen stän de wie Kochtöpfe usw. heraus. D ie kleinen Kinderle sam-meln Splitter und spielen unbesorgt auf der Straße, die Frauen holen Wasser auf ihrenan einem [... Bügel ...] befestigten E imer. Die Leute machen sich aus dem Lebennichts, weil sie noch nie „gelebt“ haben. Nach 5-stündigem Aufenthalt fuh ren wir wie-

der zurück. Außer Trüm mer hatten wir nichts feststellen können. Ein Split ter schlugin den Seiten wa gen, ei ner an den Rahmen unser es Motorrades, als wir ausgestiegensein mussten. Die Folge war, dass wir noch einen Rahmenbr uch hatten, aber tr otz-dem sind wir abends glücklich zu H ause oder besser im E rdloch gelandet. So, nunhoffe ich, dass D u mit meinem B ericht zufrieden bist und auch D einem Brü der lealles genau erzählst.Ich grüße und küsse Euch beide sowie Mutti recht herzlich und hoffe, dass Ihr noch alle gesund seid.Euer gesundes Vaterle

Johanna Bäumle mit ihren Kindern Siegfried und Günter

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Josef BeckEingesandt von Christa Enders (Tochter)

Josef Beck aus R annungen, geboren am 19. Dezember 1910, fiel am 13. Juli 1941 in

Weiß russland. Sein Freund Gottfried Nöth, der mit ihm in der gleichen Einheit dient e,

suchte nach Josef Beck, fand ihn und beer digte ihn. Das Grab von Josef Beck befindet

sich noch immer in Borowucha/Polozk in Weißrussland. Auch Gott fried Nöth, geboren am

23. Januar 1910, überlebte den Krieg nicht. Er fiel am 10. August 1942.

Letzter Brief an Ehefrau Elisa9.7.1941 Herzliebste Elisa und Kinder!Wir haben heute seit Mittag Ruhe und diese Zeit muss ich ausnützen, um Dir einenBrief zu schreiben. Man kommt für gewöhnlich nicht dazu. Ich denke, dass Du ge -spannt auf Post wartest, genau so wie ich. Der letzte Brief von Dir stammt vom 19.6.,das war also vor drei Wochen.Wie geht es Euch? Meine Gedanken sind ja oft zuhause bei Euch. Ich male mir aus,wie es sein könnte, wenn ich daheim wäre. Dies ist übrigens eine schöne Ablenkungwäh rend des M arsches, besonders nachts, w enn man beim M arschieren fast ein-schläft. Die Heuernte wird fertig sein. Die Sehnsucht, Dich und unsere Kinder ein-mal zu sehen, ist zu groß bei mir. Wenn ich diesen Feldzug gut überstehe, dann werdeich ja doch bald einmal heimkommen. Du wirst neugierig sein, wie es bei uns zugeht.Wir schlafen meist im Freien unter Zelten, zehn Mann in einem Zelt. Es ist da sehreng und auch har t, besonders wenn man kein Stroh findet. Wir schlafen aber dochsehr gut, weil wir eben müde sind. Die Schlafzeit dauert vier bis fünf Stunden, manch - mal auch weniger. Wenn einen die Wache betrifft, gehen noch mal zwei Stun den ab.Am Tag trage ich zw ei Paar Strümpfe und die S tiefel, Du kannst Dir denken, wiewarm da die Füße stecken. U nd die Sonne scheint unbarmherzig von früh vier Uhrbis abends neun Uhr . Lange Unterhose und Hemd trage ich seit acht Tagen nichtmehr. Der raue S toff hat mich zuerst etwas gejuckt, aber man ge wöhnt sich. D ieRock ärmel sind aufgekrempelt, der Kragen und ein Knopf sind auf. Außerdem trageich Gasmaske, Spaten, Seitengewehr, Brotbeutel, Feldflasche, Pistole, Stahlhelm unddas Sturmgepäck, welches aus Zeltplane, Kochgeschirr, Reinigungsgerät, Seife, Hand -tuch, Rasierzeug, Flickzeug und Pulver besteht. Der Rock hat drei Löcher, das fälltaber jetzt nicht auf.

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Voriges Jahr in F rankreich hatte ich es schlechter . Da musste ich Karabiner und 90 Schuss tragen. Heuer bin ich MG-Schütze. Aber wenn’s brenzlig wird, müssen ichund ein ge wisser Wolf aus Sommerhausen das Maschinengewehr und 600 SchussMu nition tragen. Das Maschinengewehr wiegt ungefähr 30 Pfund.Wenn wir auf dem Marsch sind und es sind einmal zehn Minuten Rast, legt man sichhin. Ob das ein Acker oder ein Graben ist, ist gleich. In einer Minute ist man einge -schla fen. So manchmal fällt einer vor Erschöpfung hin, was bei mir noch nicht vorge -kommen ist. Du glaubst nicht, wie wir die motorisierten Truppen beneiden. Wir liegen

heute fünf bis sechs Kilometer vor dem Düna-Fluss. Der Übergang ist bis jetzt nur aneinigen Stellen geglückt. Unsere Pioniere bauen schon seit zwei Tagen an einer Brückeund es will nicht gelingen. Der Fluss ist sehr reißend und die Russen ruhen auch nicht.Du brauchst keine Angst zu haben. Gewöhnlich sind noch motorisierte Truppen voruns. Aber man kann ja nicht wissen. Der Herrgott wird mich schon beschützen. Wirhaben bis jetzt ja immer Glück gehabt. Aber beten kannst Du ruhig für mich, so oftDu Zeit hast. Ich komme ja so selten zum Beten. Manchmal fängt man das Fluchenan, wenn die Strapazen gar zu gr oß werden. Manchmal würde man eine M ark füreinen Schluck Wasser bezahlen. Ich will gerne noch das Z ehnfache aushalten, wennnur uns beiden wieder einmal die Sonne scheint. Und wenn es anders kommen soll-te, bewahre ein gutes Andenken an mich. G ib unseren Kindern an meiner Stelle ei -nen Kuss und Du bekommst im Geiste einen von mir. Mit vielen Grüßen, Dein Josef

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Die Fußspuren der Soldaten, die Josef Beck beerdigt haben, sind deutlich zu erkennen.

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Brief des Freundes Gottfried Nöth an Elisa BeckRussland, den 16.8.1941Werte Elisa.Deinen Brief vom 31. Juli am 15. August erhalten, wofür ich Dir von Herzen danke,es war wieder eine traurige Erinnerung an meinen besten Freund. Ich konnte Dir dietraurige Nachricht über Deines lieben Josefs [Tod] nicht überbringen, so musste esan meiner Stelle einer meiner Angehörigen tun. Josef fiel am 13. Juli, wurde aber alsvermisst gemeldet, was mich schw er kränkte, nicht mal zu wissen, wo mein besterKamerad geblieben sein sollte. So hatte ich drei Tage keine Ruhe. Wenn ich zu seinerKompanie kam, sah ich die wenig übrig gebliebenen Kameraden durch, ob ich Josefnicht doch sehe, immer vergebens. Am vierten Tag, als wir wieder auf Vormarsch wa -ren und etwas Rast hatten, [und ich] mich wieder er kundigte, so hieß es, dor t imWald liegen so 20 Mann. So machte ich mich wieder sofort auf den Weg, lief zurückund was fand ich da, J osef mit seinem Kameraden aus G rafenrheinfeld, mit dem erimmer beisammen war, tot auf . So wurde es tr otz aller Trauer etwas leichter umsHerz. Denn was wäre, wenn er nicht gefunden, oder wie wir so manchen im Wald ver -brannt und nicht wussten, ob es ein Russe oder Deutscher war, was noch schlimmergewesen wäre, wenn er als vermisst gemeldet wäre, wie es bei so manchen v on unse-ren Kameraden der Fall ist. Mittags gingen wir wieder hin, um sie zu beer digen. Sokam er mit 10 M ann von seiner Kompanie in ein großes Grab. Er hatte aber nichtsmehr bei sich, war alles schon von seinem Truppenteil entfernt, was Dir vielleicht inder letzten Z eit zugestellt wur de. Einer seiner Kameraden er zählt, sie haben auch 40 Mark aus seinem B rustbeutel heraus, ich hoffe, dass D u alles erhalten hast. D uhast den Wunsch, er soll in seine H eimat überführt werden, was nun zur zeit nichtmöglich sein wird, der Transport ist ja sehr schwierig, Straßen überhaupt keine. Um -ständehalber wird es nicht gehen, darüber müsste ich selbst mit Dir sprechen, könn-te vielleicht sein nach dem Krieg, D u könntest dich höchstens mal an seine E inheitwenden, was anderes kann ich Dir auch nicht sagen. Und sollte ich die Hei mat ein-mal wieder sehen, dann wird für mich noch mal eine schwere Stunde kommen, wennich so allein in der Heimat ankomme und mein bester Freund an meiner Seite fehlt,ich denke halt immer, es war Gottes Wille und wie lang wird es noch dauern, so wer-den auch wir drankommen. N un ist es halt nicht zu ändern, es ist ja sehr schw er,wenn der Vater von seiner Familie gerissen wird, so kannst Du doch immer froh sein,

dass Du in guter Familie bist, wo [gemeint ist wohl: die] wieder für Dich sorgen wird.Wir haben doch noch einen über uns, der wir d es wieder zum Guten lenken.Ich will für heute schließen unter vielen Grüßen aus dem Feindesland u. ein baldigesWiedersehen, Deines Josefs Freund, Gottfried Nöth

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Franz BlahaEingesandt von Rudolf Blaha (Sohn)

Der Brief, den Franz Blaha am 16. Januar 1945 an seine

Frau und Kinder schrieb, ist sein letztes Lebenszeichen.

Er gilt seit diesem Zeitpunkt als vermisst. Offiziell heißt

es dazu, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit bei den

Kämpfen fiel, die von Mitte Januar bis Ende März 1945

in Ostpreußen geführt wurden. Die ge nannten Orte

Jo hannisburg und Schwiddern heißen heut e Pisz und

Swidry und befinden sich in den Ma su ren. Geboren wur -

de Franz Blaha am 13. Februar 1896 in Michels berg.

Letzter Brief an Frau und KinderSchwiddern, Dienstag, 16.1.1945Liebste Mama u. Kinder.Du wirst erstaunt und zugleich in Unruhe sein, dassich solange nicht geschrieben habe, und zwar das letzte Mal am Freitag, den 12., undheute haben wir schon D ienstag, den 16. Glaube mir, liebste Mama, dass ich selbstauch keine Ruhe darüber hatte, aber es war wir klich nicht anders möglich. U nsereSchreibstube wurde nämlich ziemlich weit weg verlegt, früher konnten wir jeden Tagschreiben und ging auch jeden Tag Post weg, auchkam umgekehrt jeden Tag welche, aber das ist jetztganz umständlich ge worden. Ich schrieb D ir ja imletzten Brief, dass ich nach Gehsen fahren muss, umPost und Ver schie denes zu holen. F uhr Samstag,13.1. weg (früh um 9 Uhr) und kam erst S onntagAbend 1/2 10 Uhr wieder zurück. Wie ich Dir be -reits schrieb, dass am Ende für mich gar nichts dabeiist, so war es auch, ich habe mich so geärger t darü-ber, aber leider nützte das nichts, bin nun auch schon

über 8 Tage, glaube ich, ist es schon, ohne Nachrichtvon Euch und da morgen erst der nächste M elderfährt und voraussichtlich erst am Don nerstag Abend,den 18. zurück kommt, so muss ich mich bis dorthin

Briefe aus dem Krieg 31

Passbild etwa im Alter von 45 Jahren

Franz Blaha als junger Musikeretwa Mitte der Zwanziger Jahre

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gedulden, dass heißt, hoffentlich habe ich nicht P ech, dass wieder nichts dabei ist,aber ich glaube bestimmt, dass dieses M al doch etwas dabei ist. D ann hat sich nochein Übel eingestellt, nämlich Beleuchtung, ich sollte Petroleum, Karbid und Kerzenmitbringen, aber es war nichts v orhanden, so dass wir jetzt, bis wieder frisches B e -leuch tungs ma te rial [da ist,] nur Licht haben, was wir zum Essen, Anziehen undPostenwechsel brauchen, so dass ich jetzt nicht mehr jeden Tag schreiben kann undes hätte auch keinen Zweck, da ja die Post nur jeden dritten Tag erst weggeht. Also,liebste Mama, muss ich Dich bitten, Dich in Geduld zu fügen, wenn Du jetzt weni-ger und in größeren Abständen Post von mir erhältst. Glaube mir, dass es mir auchsehr leid darum ist, aber vielleicht tritt bald wieder eine Änder ung ein, denn beimBarras gehen Änder ungen schnell vonstatten. Liebe Mama, wie nun die Z uständejetzt sind, kann ich auch nicht v erlangen, dass Du mir jeden Tag schreibst. Schau,liebe Mama, wenn Du mir jeden zw eiten oder dritten Tag schreibst, muss es wohlauch genügen. Einesteils hast Du weniger Arbeit und andernteils wür de sich ja diePost auf der Schr eibstube häufen, wenn sie immer erst jeden dritten Tag abgeholtwird. Ich hoffe, dass Du Verständnis dafür haben wirst und [Dich] nicht unnötig da -rüber aufregst. Liebste Mama, was macht Ihr denn alle, seid Ihr gesund? Ich hoffe es,bei mir ist das auch der F all. Neugierig bin ich, was und wann N achricht über mei-nen Bruder kommt. Liebste Mama. Nun möchte ich D ir schreiben, welches Glückich wieder einmal hatte. I ch schrieb Dir doch damals, dass wir Älter en von einer

Zur Erinnerung an die Lazarett-Pfingsten, Biała Podlaska 1944, Franz Blaha ganz links

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Briefe aus dem Krieg 33

Übung weg herausgezogen und sofort in Marsch nach hier gesetzt wurden. Das waram 7. Dezember und wie ich Samstag und Sonntag die Dienstreise machte, habe ichzwei Kameraden von der Kompanie, aus der wir herausgezogen wurden, in Johan nis -burg getroffen und die erzählten mir, dass sie Schweres durchgemacht haben, seitdemich weg bin. Sie ka men am 9., also zwei Tage später, in Einsatz und wurden dort dau-ernd von den Rus sen von Granatfeuer belegt, abgesehen von den Strapazen, da sie ineinem Sumpf gebiet eingesetzt waren, hatten sie auch Verluste, 3 Tote, einer vermisstoder auch tot, einem Kameraden hat es die rechte Hand abgerissen, der Kamerad ausMarktredwitz hat Glück gehabt, da 2 Meter neben ihm eine Granate einschlug, aber,Gott sei Dank, war es ein Blindgänger, so dass er mit dem bloßen Schrecken davon-kam. Also, liebe M ama, hatte ich schon zw eimal Glück, das erste M al, als ich frühvon Warschau wegkam und [am] Abend der Aufstand losging, und jetzt möge michdas Schicksal weiterhin so behüten, dann können wir schon zu frieden sein. Die Ka -meraden, die mir das er zählten, fuhren in Urlaub, da sie jetzt wieder in R uhe sind.Nun muss ich wieder schließen und kann Euch erst wieder in zwei Tagen schreiben.Heute vor einem Jahr fuhr ich mit dem Major nach Wlodawa, wie die Zeit vergeht.Den Brief gebe ich wieder mit der P ost auf, vielleicht geht er doch etwas schneller .Verzeihe nur die schlechte Schrift, musste mich beeilen, da die ander en Kameradenauch schreiben wollen, auch muss ich um 7 Uhr auf P osten ziehen.Nun, meine Liebsten, seid mir recht herzlich gegrüßt und geküsstvon Euerem besorgten Tata.Grüße an alle.Den Brief gibt der Kamerad in Johannisburg auf.

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34 Letzte Lebenszeichen

Hans-Joachim BreitenbachEingesandt von Berit Hübner (Enkelin des Schulfreundes)

Hans-Joachim Breitenbach wurde am 5. November 1919

in Berlin-Wilmersdorf geboren. Der Leutnant ei ner Pan -

zerjägerabteilung fiel am 13. Januar 1942 bei Star aja

Russa in Russland. Auch sein Grab wird dort vermutet.

Ein großer Teil seiner Brief e ist an einen Schulfr eund

gegangen. In dessen F amilie wurden die Brief e von

Hans-Joachim Breitenbach, der ein Ein zelkind war, als

wichtige Zeitzeugnisse bis heute aufbewahrt.

Brief an den VaterRussland, den 7.10.1941Lieber Vati!Über die „Wunderkiste“ – wie sie von meinen Sol da -ten genannt wurde – habe ich mich riesig ge freut. Eswar mir wie Weihnachten, als ich all die schönen

Dinge auspackte; jedes ein G ruß aus der H eimat; jedes wur de genau angesehen,gestreichelt und mit großem Hallo ausgewickelt. Besonderes Aufsehen hat natürlichder Pelz erregt. Die einen nahmen es als schlechtes Vorzeichen, die anderen als gutes,wenn sie meinten, dass wir ganz bestimmt nicht über Winter hierbleiben, wenn wiruns schon so sehr darauf vorbereiten. Ich sage aber: sicher ist sicher; mich kann nunnichts mehr erschüttern. D er größte Teil der Süßigkeiten hat auch schon seine B e -stimmung gefunden; nur das Pflaumenmus liegt noch in der Kiste, wie auch die un -ge borenen Puddings. Das alles soll erst den Weg aller Leckerbissen gehen, wenn wirwieder hier mit heilen Knochen heraus sind. – A ber ich will nun erst einmal er zäh-len, wie es uns im letzten M onat ergangen ist. Also, es steigt der M o nats be richt fürSeptember:Bis zum 5. September lag ich mit meinem Zuge in Tur und sicherte dort im Rahmender Kompanie die E isenbahnbrücke über die Tigoda. Ich selbst lag mit meinem

Zugtrupp und einer G eschützbedienung in einem r ussischen Holzhaus; lebte dor tglücklich und zufrieden; nur ab und an v on den Flöhen gepeinigt. Eines Morgensjedoch wurden wir durch einen Zufall wach und stellten fest, dass die Bude über unslichterloh brannte – wohl B randstiftung – also S abotage! Wir nun, so wie wir uns

Hans-Joachim Breitenbach,Leutnant in derPanzerjägerabteilung 18

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Briefe aus dem Krieg 35

schlafen zu legen pflegten, stürzten aus dem Fenster und mussten all unser Hab undGut dem Feuer überlassen. Ich hatte insofern Glück, als ich kur z vorher die Postenkontrolliert hatte und noch in vollem Anzug war, so dass ich nicht – wie viele ander e– nur mit Hemd und Hose und ohne Stiefel und Strümpfe in der Morgenkühle stand.Dabei sind mir nun meine ganze Ausrüstung, Trainingsanzug, Bade- und Sport hose,Feldbluse, Taschentücher, Wäsche, Strümpfe und tausenderlei andere Dinge verbrannt.Denselben Tag bekam ich noch den A uftrag, mit einer P ak [Pan zer abwehr ka none]und 2 MG [M aschinengewehre] an die Tigoda-Mündung einen stehenden S päh -trupp zu legen. Da ich das Gelände von einem früheren Spähtrupp her kannte – da -mals hatte ich 2 Gefangene gemacht –, so fiel wohl auf mich die Wahl, dort meinenHaufen zu postieren und Übersetzversuche der Russen zu verhindern. In den näch-sten Tagen erlebten wir dort auch tolle Sachen, denn der Russki setzte etwa 2 km wei-ter südlich v on uns über; wobei wir ihm aber unerhör te Verluste beibrachten. Eswurde jedenfalls noch so toll, dass sogar die D ivision in heller Aufregung war. Nunheißt die Ecke dort mit amtlichem Namen laut Divisionsbefehl: „Breitenbach-Eck“.Es war eine verteufelte Ecke, mitten im Walde an so einer Flussmündung; Feind vonallen Seiten zu er warten, dauerndes MG- und G ranatwerferfeuer und der nächstedeutsche Soldat 6 km entfernt!Bald wurde ich aber wieder herausgez ogen und mit meinem Z uge dem RegimentLeyser unterstellt, in dessen A bschnitt der Russe mit Panzern durchgebrochen war.

Unsere Kradschützen sollten sie nach einem starken, vorbereiteten Stukaangriff [Sturz -kampfflugzeug-Angriff ] wieder heraushauen. U nd wir immer feste mit dabei. I chfuhr also mit meinen 3 Kanonen gleich hinter der stürmenden Infanterie her, um ihrden Panzerschutz zu geben. D ie vorderste Linie wur de etwas nör dlich der B ahnSsalizy-Ostaschkino vorgetrieben, wo auch meine Geschütze mitten in der vorderstenLinie in Stellung gingen – entgegen allen Vorschriften; ich hatte aber w eiter hintenkein Schussfeld. –Da wir ein ganz unheimliches Artilleriefeuer bekamen, gruben wir uns ein. Ich bautemir die ganze Nacht über mit meinem Zugtruppführer und meinem Fußmelder einenUnterschlupf: 2 m lang, 1 m breit und 60 cm tief in die Erde – tiefer sind wir wegendes harten Lehmbodens nicht gekommen –, darüber Balken und Erde. In dieses Lochmussten wir nun rückwär ts reinkriechen, zu dritt (!), und sollten es für 36 S tundennicht mehr verlassen. Denn am frühen Morgen setzte auf unserem Bataillons ab schnittein Trommelfeuer ein, wie es 1916, nach Aussagen von Welt kriegssoldaten, an der Som -me nicht schlimmer gewesen ist. Nach vorsichtigen Schät zungen sollen 20 000 Gra -naten auf unsere Stellungen gegangen sein, v on 15 russischen Batterien sowie zahl-reichen Eisenbahn- und Fernkampfgeschützen. Wir haben für unser Leben keinen

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Pfennig mehr gegeben. Und wenn wir damals die N ase voll hatten, dann kann unsdas keiner verübeln. 2 schwere Koffer (15 cm) [schwere Granaten] sind im Umkreisvon 3 m, 3 weitere von 5 m und unzählige sonst um uns herum eingeschlagen. Nunmusst Du Dir vorstellen: in so einem kalten Loch, nichts zu essen, keine Decke, keineZigarette, keinen Platz, um sich zu bewegen. So haben wir einen Tag, eine Nacht undnoch einen Tag in diesem Loch gelegen und nur auf den Augenblick gewartet, in demein Volltreffer uns alle zu S alami verarbeitet hätte. – Viele Deckungslöcher hattenauch einen Volltreffer; so auch der des Fahrers von meinem 2. Geschütz, eines altenObergefreiten, verlobt, Liegnitzer. Wie durch ein Wunder ist in meinem Zuge weiternichts passiert. Dass der Obergefreite gefallen ist, mer kten wir erst am Schluss derKanonade, da wir ja die ganz e Zeit die Nase nicht einmal aus den Löchern nehmenkonnten. Bei den Infanteristen hat das Feuer allerdings ganz hübsch aufgeräumt. DieVerwundeten mussten draußen liegen bleiben, w eil sich keine Maus bei uns blickenlassen durfte; schon gab ’s Werfer- und MG-F euer. – N a, wir war en froh, als derHöllentanz vorbei war. Seit dem 9.9. liege ich nun in diesem A bschnitt. Doch jetzt ist es etwas r uhigergeworden, wenn wir auch oft allerhand S achen herbekommen; in den ersten Tagennoch täglich so 1 000 – 1 500 Schuss. Hier ist fast jeder Quadratmeter umgepflügt.Am Tage ist es unmöglich, sich draußen zu bewegen. Jeden Tag holt sich Freund Heinseinen Tribut. Es ist ganz fürchterlich, hier liegen zu müssen und sich nur so abschie-ßen zu lassen. – Das Essen, Munition und Post kommen nur nachts nach v orn; dasEssen meistens sauer, jedenfalls immer kalt; oft sind nur die Böden der Kochgeschirrebedeckt; das ander e ist dur ch das dauernde H inlegen im Feuer ausgekippt. D annheißt es wieder Kohldampf schieben. Wir sind alle ziemlich herunter.Ich war 17 Tage vorne, ehe ich für ein paar Tage abgelöst wurde. Aber was das heißt,hier in dieser Hölle 17 Tage vorne zu sein, das kann sich keiner v orstellen! 17 Tagekein warmes Essen – w enn überhaupt Verpflegung nach vorne kam –, 17 Tage fastgar nicht geschlafen, 17 Tage eisige Kälte, viel R egen, feuchte Sachen, nasse Füße,keine Decken, 17 Tage nicht gewaschen, nicht rasiert, immer Durst – manche tran-ken das dreckige Lehmwasser, das sich so in den Löchern ansammelte – und dauerndArtillerie, Fliegerbomben, Granatwerfer, Panzer, schwere Maschinengewehre,Scharfschützen; Feuer von vorne, von links, von rechts, von halb rechts hinten undoben! – Da muss man Nerven wie Drahtseile haben! – An einem Tag haben uns dieRussen mit einer schweren Batterie aus einem Holzbunker herausgeschossen. Dabeigingen mehrere Volltreffer auf unsere und andere in der Nähe stehende Bunker. EineGeschützbedienung von mir wurde aufgerieben. Es gab viele Tote und Verwundetemit den scheußlichsten Verwundungen und auch, was ich hier zum ersten M al sah,

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auch Nervenzusammenbrüche aller Schweregrade bis zur Idiotie. Mein Zug trupp füh -rer, ein alter Oberfeldwebel, erlitt ebenfalls einen so schweren Ner ven schock, dass ermit dem Flugzeug nach Deutschland transportiert werden musste. Die eine Bedie -nung war 4 Stunden verschüttet, ohne dass ihr Hilfe gebracht werden konnte. – Diejungen Soldaten, die frisch aus der Heimat als Ersatz gekommen waren, waren so fer-tig, dass sie ge weint und geschrien haben. I ch musste sie einz eln wieder an die G e -schütze bringen. Sie klammerten sich förmlich an mich und wollten nicht mehr vonmir weggehen; als ob es bei mir sicherer wäre. Und da soll man noch die Nerven zu -sam menhalten.Am 13.9. machten wir einen Angriff auf Ssalizy, das uns schon so ungeheure Verlustegekostet hat. Während des Angriffs brach der K omp.-Chef [Kompanie-Chef ], einRit terkreuzträger, zusammen. Ich übernahm dann für kurze Zeit die Kompanie. Aberwir wurden wieder v om Russen im G egenstoß mit Panzern zurückgeworfen. DieKom panie war aber schon zu schwach: 2 O ffz., 4 Uffz., 35 Mann [Offiziere, Un ter -offiziere]! Der dritte Zug war noch ganze 9 Mann stark! Bei den anderen Kompanienwar es ähnlich! B ei dem G egenstoß haben mir die F eindpanzer ein G eschütz mitihren 10,5-cm(!)-Kanonen zerschossen, während unsere Geschosse wie Erbsen an denPanzerplatten abprallten. Dabei gab es auch noch einige Ausfälle. Aber es gelang uns,doch noch einen Panzer zu erledigen. An dieser Ecke habe ich auch einen 52-to- undzwei 32-to-Panzer abgeschossen. Für die Tage habe ich für meinen Z ug 1 EK I und10 EK II [E isernes Kreuz 1. Klasse und E isernes Kreuz 2. Klasse] einger eicht, dieauch sämtlich bewilligt wurden. Nun sitze ich nach einigen Erholungs- (sprich: anstrengenden Arbeits-) tagen wiederhier vorne und komme mir wie ein Höhlenbe wohner vor; denn Tag und N achtbrennt in unseren Unterständen – wir sagen auf diese wackligen D inger „Bunker“ –eine Petroleumfunzel. Es ist jetzt 4 Uhr morgens, lausig kalt, w eil wir keine Öfenhaben; und draußen macht sich der Russe bemerkbar. Wir liegen uns auf 100 – 50 man manchen Stellen gegenüber. – Wenn ich jetzt gleich mal rausgehen muss, um eineStange Wasser in die Ecke zu stellen, so w eiß man nicht, ob die H unde einen nichterkannt haben und so ein paar Sächelchen herüberjagen. D ie schießen sogar nacheinzelnen Leuten mit G ranatwerfern. Manchmal genügt es schon, w enn einer lauthustet oder spricht. Es ist ganz unheimlich; fast immer K opfschüsse!Deine Kiste ist in wenigen Tagen zu unserem AK [Artilleriekommando] gelangt, vonwo ich die M itteilung erhielt, sie dor t abzuholen. I ch habe sie dann dur ch dieWerkstattkompanie, wo ich als früher er Adjutant so gut wie zu H ause bin, abholenlassen und sie von dort in unser Ruhequartier geschafft. Die Süßigkeiten waren gleichverputzt, besonders, wo so viele sehnsüchtige B licke meiner Soldaten die Lecker bis -

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sen in Augenschein nahmen. Und alle stellten einmütig fest, dass „M utti Brei ten -bach“ doch etwas von ihrem Hausfrauenhandwerk versteht. Alle warten schon auf dienächste Kiste. Sie wollen auch alle tragen helfen, falls sie zu schwer sein sollte! – DenPudding koche ich mir bei meiner nächsten Ablösung, mit Schlagsahne und Rosinen.Hoffentlich komme ich mit meinem Z uge ganz aus dieser E cke heraus, denn dieDivision ist schon in einem neuen Frontabschnitt; nur die Panzerjäger sind noch hier.Diese Division hier ist eine ostpreußische, die 21. I. D. Bekannte habe ich dabei nochnicht getroffen.Den Gert habe ich auch nicht mehr aufsuchen können, da wir gerade in diesenFrontabschnitt geworfen wurden, als ich die N achricht erhielt, dass er in meinerNähe sei. Na, er hätte mich ja gar nicht beachtet, nachdem er zum Ritter kreuzträgereingereicht worden ist; denn er liebt ja die Angabe. – A ber das ist alles nur G lücks -sache. – Wenn ich stärkere Kanonen hätte, brauchte ich mir nicht die H aare auszu -rau fen, wenn alle Granaten an den 52-Tonnern wie Murmeln abprallen. – H ier anunserem Frontabschnitt gibt es keine Ritterkreuze; nur Splitter ins Kreuze; und unserWahlspruch heißt: Wir wollen heim, uns reicht’s (heim ins Reich). – Den Rest gebenuns noch die Läuse, F löhe und Wanzen, die sogar die Torturen der Entlau sungs an -stalt überstehen! Oder sind es wieder neue? Ich bin schon wieder reif für die Ent lau -sung, aber werde frühestens erst am 12.10. abgelöst. – Also G eduld und weiter ge -sucht! In meinem Hemd fand ich heute wieder 12 Läuse; die Flöhe lassen sich leidernicht fangen.Aber von all diesen unseren Nöten erfährt die Heimat ja nichts; denn hier bei uns las-sen sich keine Propaganda-Leute blicken. – Und wir schreiben so selten; denn schrei-ben heißt hier, seine Nachtruhe opfern. – Und dann wollen wir ja auch nicht klagen.– Aber diesmal können wir auch nichts Lustiges berichten, denn wir haben schon seit4 Wochen nicht mehr gelacht.Wenn ich jetzt noch bei der Division wäre – ohne mich dahin zurückzusehnen –, sowäre ich auf 8 Tage jetzt in B erlin gewesen, denn mein Nachfolger ist per L uftibushingeflogen.So, lieber Vati, jetzt will ich schließen; es ist jetzt 5 Uhr und unerträglich kalt gewor-den. – Deine Wäsche ist die einzige, die ich besitz e, abgesehen von der schmutzigenGarnitur, die ich seit dem B rande bzw. einige Tage davor bis vor kurzem getragenhabe. Ich kann nicht mehr feststellen, welche Farbe das Hemd hatte! – Wenn Du noch einmal ein größeres Paket an mich abschicken solltest, so kannst Duvielleicht einen Benzinkocher besorgen, damit wir uns das kalte M ittagessen etwaswärmen können, wenn wir vorne sind. Offenes Feuer können wir ja nicht anmachen.Und Kuchen und Marmelade!

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Vielen, vielen Dank für die Wunderkiste; herzliche Grüße und ein gesundes Wie der -sehen hoffentlich zu Weihnachten!DeinHans-Jochen

Auszug aus einem Brief,vermutlich an den Schulfreund3.1.1942[...]Wir haben Tage erlebt, die es bisher – auch im Weltkriege – nicht gegeben hatte. ImWehrmachtbericht stand ja nur, dass Tichwin von uns wieder geräumt werden muss -te. – A ber was dieser Rückzug für uns bedeutete, kann sich keiner v orstellen. –Manche Inf.-Kp. [Infanteriekompanie] waren nur noch 7 Mann stark. – Durch eineeinzige Fliegerbombe hatte unsere Kompanie am 18.12. noch 11 Tote und 10 Ver -wun dete. Auch ein Liegnitzer war dabei: Uffz. [Unteroffizier] Herbert Nitsch, aus derSophienstraße; ein ganz prächtiger Kerl. – Der Uffz. D. hat es verstanden, sich recht-zeitig nach hinten zu verdrücken; ich weine ihm keine Träne nach. In solchen Zeitenbewähren sich nur die Stärksten und Tapfersten – und zu diesen gehörte er nun ein-mal nicht. – Der Lt. X. [Leutnant X.] soll auch wegen eines „Nervenzu sam men bruchs“(!) das Weite gesucht haben. Na, Soldat ist er ja nie ge wesen und nun herrscht wohlbeim Divisionsstab mehr Ruhe, denn Lt. X. versetzte ja alles durch seine Auf ge regt -heit in panikartigen Schrecken. – Ich frage mich nur, wo denn diese Leute ihre Ner -ven gelassen haben; – die haben doch nicht den hunder tsten Teil von dem mitge-macht, von dem, was viele meiner Soldaten bisher schon erlitten haben! – Ich verste-he das nicht, dass man um sein bisschen Leben so eine Angst haben kann.Weißt Du, wer sich ganz prima macht? D er Adju [Adjutant] vom Oberstarzt Dr.Schoppe, der Stabsarzt Dr. Possart. Von Bettels und Major Hofmeister höre ich we -nig; bin aber über zeugt, dass Hofmeister viel zu tun hat, denn 90 % der F ahrzeugelaufen nicht mehr. Er hat auch das Kriegsverdienstkreuz 1. Klasse erhalten. Jetzt sol-len noch mehr solcher Apparate verteilt worden sein; wer damit beglückt worden ist,weiß ich nicht.Du wirst Dich bestimmt wundern, dass ich so einen langen B rief schreibe. Ich hätteja so viel zu berichten, dass ich ganz e Bücher damit schr eiben könnte, aber alles

Erlebte lässt sich ja gar nicht schreiben. [...]Denn das hier in Russland ist ja kein Leben, das ist Kampf ums Leben. [...]Überhaupt sind wir hier draußen ganz andere geworden; und viele werden uns nichtverstehen. – Sie werden sich wundern, dass wir v om Kriege nicht er zählen werden,

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sondern nur harte, bittere Worte dafür finden; werden uns verübeln, dass wir in derZeitung höchstens nur den R oman oder den U nterhaltungsteil lesen; w erden unsscheel ansehen, wenn wir die Radionachrichten abstellen; werden schimpfen, dass wirvon allem in Ruhe gelassen werden wollen und oft ganz gr ob werden können; wer-den es nicht v erstehen, dass wir uns keine Wochenschau mehr ansehen können. –Aber wir wissen warum! – Wenn im Liegnitzer Tageblatt steht, dass Tichwin weit hinter der deutschen F rontläge, während wir die letzten Reste und Trümmer der Division dieses Tichwin bis zum

letzten Mann verteidigen mussten, bis – ja, bis einfach keine S oldaten mehr da wa -ren, dann wird vielleicht mancher ahnen, was in uns vorgegangen ist. – Hier war keinPK.-Berichter [Propaganda-Kompanie], und kein PK.-B ericht erzählt von den letz-ten Männern in Tichwin. – Der Schreiber dieses Artikels hätte nur einen einzigen Tagin Tichwin sein sollen; ich wäre sogar mit ihm in der Stadt spazieren gegangen; aberder hätte nie mehr irgendetwas über Krieg oder Soldatentum geschrieben. – Der hatwahrscheinlich diese Soldaten noch nie gesehen, wie sie in kleinen Grüppchen, hum-pelnd, hinkend und frierend den Rückzug antraten, mit Säcken um die Füße ge wi -ckelt, auf Stöcke gestützt zurückgingen, alles unnötige Zeug zurückließen; vom Rus -sen ungeschlagen, aber von der Kälte bezwungen. – Das war Tichwin! – Und im Frühjahr werden wir wieder zum Angriff über den Wolchow antreten unddem Russen das Land, in dem so viele unserer Kameraden liegen und das so viel Blut,Tod und Grauen gesehen hat, wieder abnehmen. Ich hoffe, dass wir dann wieder da -bei sind. – Vorläufig jedoch wollen wir einmal ein wenig ausruhen, am Iiebsten wäreuns schon einmal U rlaub, aber es dür fen nur so w enig Leute fahren, dass ich z. B.vielleicht erst im Januar 1946 dran wäre. [...]Wir waren bis 19. Dezember im Einsatz und merkten von Weihnachten überhauptnichts, ja, wünschten uns sogar am H eiligabend auf dem M arsche zu sein, um janichts von Weihnachten zu merken. – Aber als wir am 20. in R uhe kamen und allemöglichen Weihnachtsvorbereitungen getroffen wurden, da kamen wir alle in dierichtige Feststimmung und erlebten eins der schönsten und ergr eifendsten Weih -nachts feste überhaupt. Im nächsten Brief werde ich Dir darüber genauer berichten.[...] und die brennenden Kerzen ließen uns Russland vergessen und weckten in unsdie Erinnerung an unsere Kindheit und die S ehnsucht nach der H eimat; nach einbiss chen Liebe. [...]

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Rolf BrunsEingesandt von Else Fronz (Jugendfreundin)

Der Gefreite Rolf Bruns wurde am 27. September 1922 in Usedom auf der gleichnamigen

Ostseeinsel geboren. Er starb am 11. Juni 1942 im Lazarett des Hauptver bands platzes in

Orel, Russland. In zwi schen ruht Rolf Bruns auf der K riegsgräberstätte in Kursk-Besedino,

rund 500 Kilometer südlich von Moskau.

Else Fronz hat seine Briefe ebenso aufbewahrt wie all anderen Schriften des Rolf Bruns,

seine Tagebücher, Dra men, Tragödien, und in ihren letzten Lebensjahren eine Ver öf fent -

li chung durch das Historische Museum in Stuttgart angeregt: „Rolf war der Poet an der

Schule und für mich hat er zwei persönliche Bücher geschrieben.“

Else Fronz verstarb 2010 im Alt er von 87 Jahren. Sie hatte sich noch ein F oto von Rolf

Bruns Grab gewünscht.

Der Name von Rolf Bruns ist verewigt auf einer Stele der Kriegsgräberstätte Kursk-Besedino.

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Brief an die Freundin ElseLiebe Else,zum zweiten Mal in Russland.Ich wollte Dir vom Tode reden. Ich weiß nicht, warum er in letzter Zeit mich so be -schäftigt. Ich bin ihm auf der Fähr te. Allzu oft steht er v or mir. Ich sehe ihn in tau-send Farben und Formen, im Licht und Dunkel. Ich sehe in ihm auch das Schicksalund hoffe auf seine „D ritte Sendung“ ... Ich habe auch einen G lauben an den Todund das Sterben, an etwas, worüber das „Gesetz Leben“ ein Schweigen breitet.Ich muss mit D ir darüber reden, weil ich mich scheue, irgendeinem ander en Men -schen davon zu sprechen. Diese große Versuchung des Schicksals, vor der ich jetzt stehe, lässt alle Ströme durchmein Herz und meine Seele gehen, die je flossen und Silber-Perlen in meinem In ne -ren und Meer-Schaum bildeten. Ich lasse mir nichts vergeben, sondern vergebe ihm,wenn er mir allzu frühe kommt. Aber daran hängt mei ne ganze Voraussicht. Ich stehedamit an einer Schwelle des Schicksals. Du musst mir versprechen, „wenn ich fallensollte“, nicht an D ein eigenes Leben H and zu le gen, nicht ... ich stocke hier , – ichmag nicht weiterreden, weil ich den Schluss nicht ziehen kann, da ich an Deine letz-te Konsequenz nicht rühren will.Ich war und bin glücklich mit D ir, ich habe in allem einen Rückw eg gefunden, dernie ein Ausweg sein kann. Ich bin mit meinem Schicksal versöhnt. Ich weiß um denschönen Jubel Deiner Seele, wenn Du dieses hier lesen wirst. Er soll vollkommen sein,ja! Ungemindert! Durch nichts getrübt, selbst nicht dur ch den Gedanken, dass Dumich je verlieren könntest ...Was ist es, dass Dich alles empfangen lässt? Mehr als Gedanken, mehr als Empfinden!Ich kenne diese Kräfte! Sie sind allmächtig unter den Menschen und ewig. Trost undHoffnung, dass sich alles noch einmal zum Schönen und Herrlichen wende! Wer sollDich glücklich machen? Wer soll Dein Leben je an meiner S tatt erfüllen? Wer kannes? Ich zweifle an all dem jetzt! Nur dass Dich nicht Verzweiflung treffe, wenn ich denTod finde, das ist meine Sorge, das ist meine Qual und mein Unvergessbares.E., Du musst es über winden! E.! E.! Ich traue meinen Gedanken nicht! Oh, bleibe!Nun mag das Schicksal entscheiden ...Tag für Tag gehen meine G edanken zu Dir. Neulich begann ich fast beiläufig, eineWahrheit zu erzählen vor einigen Kameraden. Und als ich geendet hatte, glaubten wir

alle, einen Roman oder ein Märchen, eine Geschichte gehört zu haben. Aber es wardoch Dein Schicksal, Dein Leben. Es waren Deine Schranken, Furchen und Felderin der Weite Deines Daseins, die wie ein großer und schöner Zauber am inneren Au -ge vorübergezogen waren.

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Ich wäre meinem Schicksal für so manche Gabe dankbar, aber ich wüsste nicht, wel-cher Augenblick in Zukunft für mich größer wäre als das Wiedersehen mit der Hei -mat. Alles strömt mit einem Male zusammen, geballt wie ein schweres Nacht-Ge wit -ter, und ich fasse mein Schicksal wieder in den S ternen mit der übermenschlichenKraft eines Aritonar oder eines Gotalis [unverständlich, vermutlich poetische Figurenvon Rolf Bruns].Daneben aber quillt eine wundersame Freude aus den geringsten Worten, die Du mirschreibst.So dieser Brief, mit Bleistift geschrieben, natürlich aus dem A ugenblick entstanden,ohne lange Überlegungen niedergeschrieben. E r enthält alles, was ich jetzt brauche,eine kleine Wahrheit von Dir und – ein B ild! Das genügt, das ist bei w eitem mehr,als Du mir mit einem langen, tieferen Briefe geben könntest.Noch kein zweiter Mensch trat mir mit einer so gr oßen Bestimmtheit und unver-rückbarer Zuneigung, mit einer so einmaligen Wesens-Zuneigung entgegen wie Du.Ich habe früher vieles eher gesehen als andere, heute aber steige ich zu den furchtbars -ten und reinsten Tiefen wie zu den heiligsten Höhen der D inge, und weiß es, denndie Ernte kommt nach Saat und Befruchtung.Während ich dies weiterschreibe, tobt unten [...] ein Angriff . Es ist ein fur cht bares,gewaltig-mitreißendes Bild. Die Sonne steht gerade in geballter Kraft hinter einerWolke im Westen. Eine einzige Feuerwand liegt im Grunde.– Es ist um Mitternacht. Ich komme soeben von einem Grabenrundgang zurück. DieErde wird erschüttert von Granat- und Bombenexplosionen. D as Kerzenlicht tanztund flackert.– Heute herrscht bisweilen eine eisige Ruhe. Kein Schuss fällt. Die Stille ist atembe-raubend. –Ich wollte Dir so manches noch schreiben. Ich träume schlecht, wache dafür aber umso besser.Die Nacht-Stunden im Graben geben mir alle nötigen und unnötigen G edanken. –Man kennt nur noch G rundsätze (höchstens), Ideale sind verlorengegangen. – Ichweiß öfter nicht, wie ich mich ohne die täglichen Todesängste einst wohlfühlen soll.Später wird dies mein erbitterter Kampf meines Schicksals geben. I m Grunde warteich ja nur auf ihn, w eil er die Ernte dieser Tage sein wird. – Es gibt genügend Stun -den, wo einem das Herz übervoll ist von Sehnsucht und Hoffnung.Es sind dies die furchtbarsten Stunden hier draußen.Öfter muss ich mir D ein Bild ansehen, bei mir immer ein Z eichen, dass ich mirirgendeine Ablenkung suchen muss. G ewöhnlich gehe ich dann – w enn es geradeNacht ist – in die S tellung hinaus. Die Kugeln bringen mich immer zu eisig-klar em

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Verstand, d. h. unter ihrem Segen werden mir alle Lasten leicht, und ich vergesse dievielen „dummen kranken G eschichten“. Jetzt ist es 4 Uhr , die Sonne steht schonwarm am Himmel. Um 1 [Uhr] liefen 5 R ussen frech und dazu noch aufr echt vorunserer Stellung herum. Die ganze Front scheint in Bewegung zu geraten.

Still! Ich sitze immer noch im Licht, währ end draußen schon die Ler chen in denglanzgetäfelten Himmel steigen.Es nutzt alles nichts: So viel man mich lieben mag, ich bleibe einsam – ich fühle sie,die rauschende Einsamkeit wie zwei Mahlsteine über und unter mir. Mein Herz undmeine Seele werden gemahlen, und aus ihrem Blut-Staube reift das Brot des Lebens.Herr, Gott! Es ist weit mit mir gekommen! – Es ist ja schon N acht – haha! Nacht! –Nacht! – Nacht! – Zwei Jahrtausende! – I ch sitze hier in einem E rdloch meinesGeistes.Warum bloß keine Kugel trifft? –Aber die Großen, es sind Siegfriede des Schicksals! Was bin ich denn? –Es ist so still draußen. Aber liebe ich die Stille noch?– Dort liegen Waffen. Ist Morden eine Lust? Und ich – ein L ust-Mörder, Blut! Biszum Munde im B lut. Und noch – schwimmen können! N och – über B lut etwassehen können!Danke. Ich trinke schon, und wenn ich ertrinke, aber meine Pflicht tue ich.

P.S. [...] Am besten, Du vergisst mich und das andere kommt von selber! – Gleich istMittag! Warum schlafe ich nur nicht??Vergiss mich, E., es ist besser! Alle Hoffnung ist ja doch umsonst! Ich sterbe ja doch,ehe unser Leben beginnt ...Lebewohl!Bald mehr.Dein Rolf

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Erich BruschkeEingesandt von Almut Bruschke-Reimer (Nichte)

Erich Bruschke wurde am 18. Mai 1920 in Breslau gebo-

ren. Der Unteroffizier starb mit 24 Jah ren am 20. De -

zem ber 1944 bei Stuhlw eißenburg in Un garn. Auch

der jüngere Bruder Günter ist einen Monat spät er, im

Januar 1945, gefallen. Von drei Söhnen der Familie hat

nur einer überlebt. Erich Bruschke konnte bisher nicht

geborgen und umgebettet werden. Sein Name ist im

Gedenkbuch des Sammelfriedhof es im un garischen

Székesfehérvár verzeichnet.

Feldpostkarte an die ElternE.O., den 14.12.1944Liebe Eltern!Herzlichen Dank für all Eure lieben Brie -fe, die ich bei Gelegenheit noch beant-worte. Liebe E ltern, glaubt mir sicher ,wenn bei uns nicht so viel los wäre, dannhättet Ihr alle Wochen Euren Brief. Aberich habe zur Zeit kei ne Zeit. Ich bin froh,wenn ich wieder zw ei bis dr ei Stundenschla fen kann. Es geht eben die ganz enMo nate wild bei uns her . Den langenBrief habe ich schon lange liegen undkom me eben nicht zur F ort set zung. Lie -be Eltern, glaubt mir, da liegt kein böserWille oder sonst was vor. Ihr wer det [das]aus dem langen B rief er se hen. Und nunwünsche ich E uch ein r echt fro hes undge sundes Weihnachts fest. Leider kann ichdiesmal nicht da heim sein. Es grüßt Euch von ganzem Herzen Euer Erich

Erich Bruschke aus Breslau,1943

Heiligabend 1944 in Breslau: Die Eltern(hier mit Sohn Walter) haben die Fotos derim Einsatz befindlichen beiden Söhne Erichund Günter unter den Christbaum gestellt.Die Familie weiß noch nicht, dass Erich vierTage vor Heiligabend gefallen ist.

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Liebe Muttel,um mich brauchst Du Dir keine Sorgen und durchwachten Nächte machen, ich bingesund und munter und ein gütiger Schutz engel waltet über mir.

Brief des Batteriechef an die ElternUngarn, den 22.12.1944Gläsener, Oblt. u. Battr. Chef [Oberleutnant und Batterie-Chef ]Sehr geehrte Familie Bruschke,das Schicksal zwingt mich heute zu einer N achricht an Sie, die Sie genauso erschüt-tern wird, wie sie uns erschüttert hat. Die Vorsehung hat am 20. Dezember bei einemstarken feindlichen Angriff südlich S tuhlweißenburg von Ihrem Sohn, dem U ffz.[Un teroffizier] Erich Bruschke, das höchste Soldatenopfer gefordert. Ich ha be es ein-fach nicht glauben können, dass ein so tapferer und unerschrockener Sol dat, der sichstets in allen Lagen und S i tu ationen durch unermüdliche Ein satz freude und Ge wis -sen haftigkeit auszeichnete, nach wenigen Stunden, ich hatte vor her noch mit ihm ge -sprochen, nicht mehr war.

In Breslau beim Fotografen, 1943: Noch ist die Familie Bruschke beisammen. Erich Bruschke (3. von links) mit Bruder W alter (1. von links), Mutter Martha (2. von links),Bruder Günter (4. von links) und Vater Ernst Paul (5. von links)

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Briefe aus dem Krieg 47

Bei dem Leitungsabbau zu seiner Mess stelle fiel er durch Granatvolltreffer, ne ben ei nemKameraden seiner Messstelle. Er hat die Hand des Todes nicht mehr gespürt: denn esging alles zu schnell.Die Freude, die ich ihm durch die Auszeichnung mit dem Eisernen Kreuz 2. Klasse ma - chen wollte, erlebte er nicht mehr, da die Urkunde erst vor einigen Tagen hier eintraf. Ich habe durch dieses Schicksal einen meiner besten Unteroffiziere verloren, der sehrbeliebt war und den ich für die Offizierslaufbahn vorgesehen hatte. Sei ne Fähigkeitenund Leistungen be rech tigten zu größten Hoffnungen für seinen weiteren Lebensweg.Seine klare und fes te Haltung als Mensch und Soldat habe ich schätz en gelernt. Erging von uns in v orbildlicher Pflichterfüllung, die uns in allen schw eren StundenVorbild sein und uns sein stetes Andenken be wahren wird.Ich weiß, dass Sie diese Nachricht auf das schwerste ergreifen muss. Nur der, den esper sönlich angeht, v ermag den Schmer z zu ermessen, den ich I hnen durch meineWor te zuzufügen gezwungen bin.Mögen Ihnen meine Worte trotzdem in den schw ersten Stunden Ihres Lebens einkleiner Trost sein.In tiefster Anteilnahme grüßt Sie, Ihr N. Gläsener

In Breslau beim Fotografen, 1943: Hier noch vereint, lächeln die drei Brüder W alter, Erichund Günter Bruschke (von links nach rechts) in die Ka mera. Nur Walter wird den Kriegüberleben.

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48 Letzte Lebenszeichen

Otto BuchholzEingesand von Siegfried Buchholz (Sohn)

Otto Buchholz wur de am 17. Juli 1914 in Tergewisch (Targowisko, Masuren) geboren.

Wie so viele Soldaten wurde der Vater zweier Kinder im Russlandfeldzug eingesetzt. Der

Obergefreite starb am 22. Oktober 1941 bei Weretje im Raum Nowgorod. Hier wurde er

auch beerdigt, wie die Nachforschungen nach seiner Grabstelle ergaben.

Der letzte Brief an seine Frau Herta erreichte diese erst elf Tage nach seinem Tod.

Letzter Heimaturlaub von Otto Buchholz, Mai 1941: Herta (25) und Otto Buchholz (27),Sohn Siegfried (2) und Tochter Edeltraud (4)

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Briefe aus dem Krieg 49

Letzter Brief an die Ehefrau Herta BuchholzRussland, den 16.10.1941Mein liebes Frauchen!Mit recht herzlichem Dank erhielt ich Deine liebe Post, einen Brief vom 5.10. undeine Karte vom 5.10. mit den guten Z igaretten und dann noch ein Päckchen v om7.10. mit den feinen Sachen. Also recht, recht herzlichen Dank und zwei ganz gro ßeKüsschen. Dass es Euch, meine Lie ben, noch gut geht, freut mich sehr. Das ist wenigs -tens immer noch die einzige Beruhigung, die man hat. Ich sitze ge rade in einem Schw ei nestall, habe et was Schutz gesucht v or der großenKäl te und dem Schnee sturm. Morgen kommt wieder ein schwerer, ja ein sehr schwe-rer Tag, warten wie der Fuchs auf der Lauer, hoffentlich geht auch dieser Tag gut aus.Von M. Krüger habe ich auch P ost, grüß ihn schön, ich kann jetzt nicht schr eiben.Auch Deine liebe Post kann ich nicht beantwor ten, muss etwas r uhen. Der Urlaubvon all den Bekannten, der klaut einem die letzten Nerven. Wir liegen Tag und Nachtohne Schlaf im größten F euer, kalt, ohne H andschuhe, und was sonst noch allesfehlt, und die H erren fahren auf Urlaub. Nun grüße noch alle r echt schön, sei D uselbst recht herzlich, und auch die Kinder gegrüßt u. gek. v on Otto

Mai 1941: stolzer, glück licher Vater Otto Buchholz mit seinen Kindern am damaligenWohnort in Bomst (heute Babymost) im Kreis Züllichau (heute Zielona Gora, Polen)

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50 Letzte Lebenszeichen

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Briefe aus dem Krieg 51

C„Im nächsten Urlaub werden wir uns mal schöne Bilder

machen lassen. Wir haben nämlich kein vernünftiges Bild, auf dem wir zusammen drauf sind.“

Jürgen Fritz Johann Campsen an seine Ehefrau.Vermisst seit dem 24. Februar 1945.

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52 Letzte Lebenszeichen

Jürgen Fritz Johann CampsenEingesandt von Helene Daehn (Ehefrau)

Der am 3. August 1913 in Recht enfleht (heute Sand -

stedt) geborene Jürgen Campsen wird seit dem 24. Fe -

bruar 1945 vermisst. Vier Tage nach seinem letzten Brief

ist er in der Gegend von Jülich und Düren ver schol len.

Jürgen Campsen war Ober feldwebel und F lugzeug -

führer einer Ju 87 D. Sein Schicksal wird geteilt von sei-

nem Bordfunker Helmut Steffen.

Letzter Brief an seine Ehefrau Helene20.2.1945Mein liebes gutes Frauchen!Recht herzlich danke ich Dir für Deine lieben BriefeNr. 17 u. 12 vom 8.2. u. 29.1.45. Im 2. Brief Nr. 12lagen einige Bilder bei, wo Du am Fenster sitzt, finde

ich am besten, auf den Bildern, wo wir zusammen drauf sind, finde ich [mich] nichtnett. Du siehst ganz gut drauf aus, aber ich sehe ja toll aus, es kommt von den Licht -verhältnissen. Du willst ja noch mehr schicken, ich bin ja gespannt. Im nächsten Ur -laub werden wir uns mal schöne Bilder machen lassen. Wir haben nämlich kein ver -nünftiges Bild, auf dem wir zusammen drauf sind. I ch freue mich schon so sehr auf

den nächsten U rlaub, vielleicht wir d esim Som mer sein, schön wä re es und dannmüssten es 6 Wo chen sein. Wie geht esDir, mein Lieb, hast Du immer noch soviel Ar beit, übernehme Dich aber nicht.Mir geht es sehr gut, wie immer , nurmöchte ich ei ni ge Tage bei Dir sein, meinLiebes. Es sieht aber au gen blicklich nichtdanach aus, wir wollen hoffen, mein Lieb,dass sich die Lage bald änder t, einmalmuss ja die Entscheidung fallen. Ich habegenau wie Du ein noch sehr festes Ver -trauen, es muss doch geschafft werden.Letzter Urlaub mit Ehefrau Helene, Juni 1944

Jürgen Campsen

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So, mein Lieb, ich muss schließen, da heute sicherlich Einsatz sein wird. Die Wetter -lage hat sich ja gebessert.Dir, mein kleines F rauchen, wünsche ich alles, alles G ute und mit den bestenWünschen und herzlichs ten Küssen bin ich immerDein Jürgen

Briefe aus dem Krieg 53

Als Flugzeugführer Rechts im Bild Jürgen Campsen

Heiratsurkunde von Helene und Jürgen Campsen, Hochzeit am 12.4.1944 in Stade

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54 Letzte Lebenszeichen

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Briefe aus dem Krieg 55

D„Ich weiß, wie wenig Trost Ihnen diese Zeilen sein können,

nur die Zeit und die Erinnerung an das Beste, was Sie geopfert haben, vermag die Wunden zu heilen,

die das Schicksal schlug.“

Aus der Nachricht des Hauptfeldwebelsan die Eltern von Heinz Dürmaier,

gefallen am 26. April 1944.

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56 Letzte Lebenszeichen

Heinz DürmaierEingesandt von Frank-E. Dürmaier (Neffe)

Heinz Dürmaier wur de am 10. Juni 1925 in Hangelar

geboren. Der Gefreite starb am 24. Juni 1944 bei S er -

vin, 60 K i lo meter südwestlich von Bobruisk in Weiß -

russ land (Be la rus). Dort soll sich auch sein Gr ab befin-

den. Mehr ist nicht bek annt über den damals ger ade

19-jährigen Sol daten.

Letzter Kartengruß an die Mutter21.5.1944Zum Muttertag sendet Dir die besten GrüßeHeinz

Der letzte, liebevoll gemalte Gruß an die Mutter im Mai 1944

Heinz Dürmaier

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Briefe aus dem Krieg 57

Schreiben des Hauptfeldwebels an die ElternIm Felde, den 25.7.1944Geehrter Herr Dürmaier!An Stelle des verwundeten Komp.-Führers [Kompanie-Führers] erfülle ich die trauri gePflicht, Ihnen, geehrter Herr Dürmaier, mitzuteilen, dass Ihr Sohn, unser Ka me rad undtapferer Mitkämpfer, Gefreiter Heinz Dürmaier, bei den schw eren Abwehrkämpfenbei Servin, 60 km südwestlich Bobruisk, am 24.6.1944 für Führer und Vaterland ge -treu seinem Fahneneid gefallen ist. Leider war es der Kompanie infolge der schwerenund wechselvollen Kampfhandlungen nicht möglich, Ihren Sohn zu bestatten.Wir alle, die wir Ihren Sohn kannten, wissen, was Sie durch den schmerzlichen Ver -lust Ihres Sohnes verloren haben. Ich weiß, wie wenig Trost Ihnen diese Zeilen seinkönnen, nur die Zeit und die Erinnerung an das Beste, was Sie geopfert haben, ver-mag die Wunden zu heilen, die das Schicksal schlug.Indem ich Ihnen, geehrter Herr Dürmaier, im Namen der Kompanie die aufrichtig-ste und tiefempfundene Anteilnahme versichere, verbinde ich zugleich den Wunsch,dass Ihnen trotz Leid und Sorge, trotz der schweren Prüfung, die Gemeinschaft desVolkes stets tiefe Achtung und Verehrung für das gebrachte Opfer entgegenbringt.Ich grüße Sie in aufrichtigem Mitgefühl zugleich im Namen der KompanieIhr FritzHauptfeldwebel

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58 Letzte Lebenszeichen

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Briefe aus dem Krieg 59

E„Jedes Stückchen Erde, das abgeerntet ist, muss sofort wiedergedüngt und bepflanzt oder besät werden. Auch die Kleinstenkönnen helfen, Unkraut ausreißen und jäten. Dann müsst Ihrim Frühjahr im Walde fleißig Erbsenreiser sammeln und jedes

Stück Holz, was Ihr auf der Straße oder im W alde findet,müsst Ihr mit nach Hause bringen, ganz gleich, ob dick oder

dünn; denn im nächsten Winter wird es keine Kohle mehrgeben, und Ihr wollt doch nicht frieren, nicht wahr?“

Josef Einig an seine Familie. Gestorben auf dem Rücktransport aus dem Gefangenenlager

zwischen dem 5. und 8. Oktober 1945.

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60 Letzte Lebenszeichen

Josef EinigEingesandt von Klaus Einig (Sohn)

Josef Einig wurde am 26. April 1903 in Wermelskirchen geboren. Zunächst war er Ei sen -

bah ner am Grenz bahn hof Nowy-Dwór-Mazowiecki, damals Bugmünde.

Sein Sohn Klaus Einig erzählt: „Als die russische O f fen si ve im Januar 1945 r ollte, floh er

und erreichte nach einer Irr fahrt [...] den Bahnhof Danzig-Langfuhr, wo er als Auf sichts -

be amter und Fahrdienstleiter eingesetzt wurde, bis der Kessel um Danzig geschlossen war.

Dann wurde er noch Soldat, geriet als Grenadier in russische Kriegsgefangenschaft, kam

ins Ge fan genen la ger Minsk und wurde dort schwerkrank im Herbst 1945 ent las sen. Auf

dem Heimtransport [zwischen dem 5. und 8. Ok tober 1945] ist er an Ruhr gestorben.“

Vorliegenden Informationen zufolge befindet sich sein Gr ab derzeit noch in M insk,

Belarus.

Familie Einig Ende 1943 vor dem Mietshaus in W ermelskirchen mit ihren fünf Kindern. Vonlinks nach rechts: Renate (geboren 1930), Josef und Magdalene Einig mit Michael (gebo-ren 1942), Doris (geboren 1937), Klaus (geboren 1934) und Norbert (geboren 1939)

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Briefe aus dem Krieg 61

Letzter Brief, den Josef Einig an seine fünf Kinder im Alter von zwei bis vierzehn Jahren sandteDanzig-Langfuhr, den 15.2.1945Liebe Kinder!Diesen Brief richte ich aus einem besonderen Grunde an Euch alle. Wir gehen einersehr ernsten Zeit entgegen. Besonders die Ernährung macht mir Sorge. Das Einzige,was sicher ist, ist dasjenige, was Stall und Garten hervorbringen. Nun müsst Ihr in die -sem Jahr der Mutter besonders fleißig helfen, S tall und Garten zu versorgen. SchonDoris und Norbert können fleißig Futter für die Kaninchen suchen. E r nährt Ihr dieTiere reichlich, so werden sie dick und ge ben viel Fleisch und auch viel Fett. Für Klaushalte ich es selbstv erständlich, dass er jeden Tag schon vom frühesten Früh jahr aneine halbe S tunde Futter sucht. Mutter wird Euch gerne z eigen, was und wo Ihr su chen sollt. Auch die Sauber- und Trockenhaltung des Stalles ist für das G e deihender Tiere sehr wichtig. Und dann der Garten. Düngen und sauber halten ist hier dasWich tigste. Mutter wird in die sem Jahr besonders sorgfältig darauf achten, dass nurdie Sachen im Garten ge sät und gepflanzt w erden, die die meisten E r träge geben.Helft nur alle fleißig mit. S ucht den Pferdedung von der Stra ße, wo Ihr nur könnt;seid immer direkt da hinter her, nur keine falsche Scham; denn der Hunger tut späterweh. Jedes Stück chen Erde, das abgeerntet ist, muss sofor t wieder gedüngt und be -pflanzt oder besät werden. Auch die Kleinsten können helfen, Unkraut ausreißen undjäten. Dann müsst Ihr im Frühjahr im Walde fleißig Erbsenreiser sammeln und jedesStück Holz, was Ihr auf der Straße oder im Walde findet, müsst Ihr mit nach Hausebringen, ganz gleich, ob dick oder dünn; denn im nächsten Winter wird es keineKohle mehr geben, und I hr wollt doch nicht frier en, nicht wahr? A uch wenn dieFuhrwerke Briketts oder Kohlen oder Koks verlieren, hebt die Stücke sofort auf undbringt sie nach Hause, selbst wenn Ihr mitten im Spiel seid. Und wenn Ihr mal einStück Brot oder sonst etwas Essbares geschenkt bekommt, denkt an die Geschwisterund teilt mit ihnen auch das letzte S tück. Und wenn die Mutter mal auswärts geht,um etwas zu bekommen, scheut keinen Weg und keine Last und helft ihr; denn sietut es nur wegen Euch. Sammelt auch im Frühjahr die Spitzen der Brenn nesseln, da -mit Mutter schon frühzeitig nahrhaften Spinat kochen kann. Seid jederzeit bedacht,dass es nur darauf ankommt, für Lebensmittel und H ausbrand zu sorgen, und setztjedes andere Ziel zurück; denn ich habe in den letzten Jahren und besonders die letz-

te Zeit so viel E lend gesehen, wovor ich Euch bewahren möchte. Unterstützt Euchgegenseitig, wenn einem mal die N erven durchgehen sollten oder einem v on Euchmal etwas zustößt. Besonders zu den kleineren Geschwistern seid rück sichtsvoll undstoßt sie nicht zurück. D enkt auch ihnen gegenüber immer an das S prichwort:

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62 Letzte Lebenszeichen

„Geben ist seliger als nehmen.“ B etet auch täglich w eiter um das tägliche B rot. AnGottes Segen ist alles gelegen; er sorgt für Wachstum im Garten und für M ensch,Tiere und Pflanzen. Seid mildtätig gegen Arme und Hilfsbedürftige. Auch dies lohntGott. Lest fleißig im Neuen Testament und achtet auf die Worte der Berg pre digt.

Haltet stets Eure Mutter in Ehren und helft ihr, wo Ihr nur könnt. Geht fleißig zurKirche und haltet die Gebote. Bleibt Eurem katholischen Glauben treu und lebt auchdanach. Denn es ist nichts schlimmer , als äußerlich Christ zu sein und ander en einschlechtes Beispiel zu geben. Denkt auch immer daran, dass Gott Euer Vater ist; auchwenn ich nicht bei E uch bin, so habt I hr doch Euren Vater im Himmel. Tragt ihmEure Nöten und S orgen vor, er wird alles zum B esten lenken. Und wenn es auchmanchmal nicht nach unserem Willen ist, so beten wir ja täglich „Dein Wille gesche-he, im Himmel und auf Erden“. Denkt auch stets daran, dass unser Leben auf Erden,mit Mühsal und Not, nach unserem hl. Glauben nur die Vorbereitung ist auf ein schö -neres, besseres Leben in der Ewigkeit. Sorgen wir, dass wir allzeit im Stande der hei lig -machenden Gnade sind, damit wir uns im Falle eines plötzlichen Todes in der Herr -lich keit des Himmels, wo weder Hun ger, Not, Kälte und Elend herrscht, wiedersehen.Es segne Euch alle + Gott, der Vater, + der Sohn und + der heilige G eist, auf Erdenund in alle Ewigkeit.Zum Schluss herzl. Grüße und Küsse, Euer Vater

Magdalene Einig (geb. 6.5.1904) und Josef im Jahr 1943

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Joseph ErnstbergerEingesandt von Dr. Reinhold Ernstberger (Sohn)

Joseph Ernstberger wurde am 27. April

1896 in Ebnath gebor en. Der Zollassistent

starb am 7. Februar 1945 in Küstrin.

Sein Sohn Dr . Reinhold Ernstber ger, der

damals 13 Jah re alt war, weiß über seinen

Vater zu erzählen: „Am nächs ten Tag [nach

der letzten Postkarte des Vaters], also am

5. Fe bru ar 1945, wurde er so schw er ver-

wundet, dass er nicht mehr gehen und

nicht mehr sprechen konnte. Am gleichen

Tag wurde das Haus meiner Elt ern durch

eine Flie ger bom be zerstört. Am 7. Februar

1945 starb mein Vater an den erlitt enen

Ver wun dun gen.“

Vermutlich befindet sich sein Grab noch in

Kostrzyn nad O drą, dem polnischen und

größeren Teil der ehemals beiderseits der

Oder gelegenen Stadt Küstrin.

Die letzte Postkarte an die FamilieAm 4.2.1945Meine Lieben!Heute am Sonntag gedenke ich beson dersan Euch und möchte wieder r echt herz -liche Grüße übermitteln. D araus ersehtIhr auch, dass es mir immer noch gut gehtund die Gesundheit nicht zu wünschenlässt. Habt fernerhin ein festes Vertrauen und so es Gottes Wille ist, kommt auch derTag des Wiedersehens. Dann wird alles sein, als ob nichts ge wesen wäre.Immer in treuen GedenkenEuer Vater!

Briefe aus dem Krieg 63

Joseph Ernstberger am Faschingstag 1933oder 1934 mit seinem Sohn Reinhold imHof des kleinen Möbelgeschäftes, das am20. Oktober 1944 zur Hälfte zerstört wurde.

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Briefe aus dem Krieg 65

G„Bleib gesund. Ich werde ganz fest an Dich denken

morgen früh, meine Liebste. Tu Du es auch. Mein ganzes Herz für Dich.“

Hermann Grimrath an seine Frau. Gefallen am 5. Juli 1943.

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Willi GleyEingesandt von Regina Scholz (Tochter)

Willi Gley wurde am 27. Oktober 1909 in Amtsfreiheit geboren. Der Grenadier starb am

27. September 1943 in der Uk raine. Als Ort wird Zablocze oder auch Zablocie angege-

ben. Recherchen zufolge befindet sich sein Grab in Riwne (Ukraine).

Regina Scholz, die Tochter von Willi Gley, berichtet: „Unser Vater hat meiner Mutter, mei-

ner Schwester (1931 geboren) und seinen beiden Geschwistern, so wie mir, am 27. Juni

1943 je einen Abschiedsbrief geschrieben.

Ich war damals erst zw ei Jahre alt und meine Mutt er hat mir zu meiner Konfirmation

1956 (ich war 14 Jahr e) meinen Brief überreicht. Ich habe ihn jeden Abend mit ins Bett

genommen und ihn immer wieder gelesen und bin immer wieder weinend eingeschla-

fen. [...] Dennoch bin ich glück lich, diesen Brief zu be sitzen und auch die letzt en Fotos.

[...] Meine Schwester findet ihren Brief leider nicht mehr.“

Letzter Brief an die EhefrauOsten, den 27.6.1943Meine liebe Mulle!Die Umstände zwingen mich diesen Brief,den ich schweren Herzens mich entschlos -sen habe zu schreiben [zu verfassen]. Erstgestern habe ich wieder zwei Kameraden,die von einer P arti sa nen kugel getötet[wor den] sind, zur letzten Ruhestätte ge -tragen. Da kommt immer der G e dan ke,was wird morgen oder übermorgen sein.Bin ich es oder bist du es, Kamerad. Auchunseren beiden Kameraden ist es nichtmehr möglich gewesen an ihre Lieben zuschreiben. Deshalb will ich vorher darandenken und Euch das schreiben, was ichEuch in diesem Falle noch sagen möchte.Liebe Mulle, wir sind nun seit 15 J ahrenzu sammen, haben beide gute und auchschlechte Zeiten durchgemacht. Ich weiß,Ehepaar Gley

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dass ich nicht immer so zu Dir war, wie ich es hätte sein müssen und wie D u es ver-dient hättest. Trotzdem glaube ich wohl sagen zu können, dass ich alles v ersucht ha -be, um Dich und unsere Kinder vor Hunger und Entbeh rungen zu schützen, soweites in meinen Kräften stand.Nun will ich Dir für all Deine Sorgen und Mühen, die Du mit mir und un seren Kin -dern hattest und noch haben wirst, von ganzem Herzen danken. Sollte das Schicksales schlecht mit uns meinen und ich eines Tages nicht zu Euch zurückkehren kann,dann wünsche ich Dir und unserer Sonja und Ginalein alles Gute. Möge das großeLeid Euch dann die Kraft geben, dieses Schicksal zu tragen.Liebe Mulle, sei dann unser en Kindern weiter eine gute M utter, wie Du es immergewesen bist. Vergesst nie Euren Vati! Denkt immer an ihn, so wie E uer Vati bis zurletzten und schwersten Stunde an Euch denken wird.Liebe Mulle, sollte einmal dann später an Dich die Frage herantreten, ob Du die Lastdes Daseins nicht mehr tragen kannst, dann lasse Dein gutes Herz ent schei den, dennich weiß, dass es sich immer zu Gunsten unserer Kinder entscheiden wird. Ich weiß,dass Kinder nicht immer so sind, wie die E ltern es wünschen. A ber wenn unsere

Im Vordergrund Familie Gley mit Kindern, im Hintergrund die Schwestern von Willi Gley

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68 Letzte Lebenszeichen

Familie Gley, die Kleinste ist Regina, 1941

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Kinder auch nur ein bisschen von unserem Geist in sich tragen, dann werden sie sichmit ihrer ganzen Kraft für ihre Mutti einsetzen.Nun, liebe Mulle, will ich diesen B rief schließen in der H offnung, dass Du ihn nielesen brauchst. Sollte aber das Schick sal es anders wollen, dann „Leb wohl“ meineliebe Mulle und vergiss mich nicht. Denke immer daran, dass Euer Vati bis zur letz-ten Stunde mit all seinem Denken bei Euch war. Mit Eurem Bild in der Hand wirder die Augen schließen, wenn das Schicksal ihm das gestattet. B itte vergesst EurenVati nicht.Für alle Liebe und Treue nochmals von Herzen Dank.

Letzter Brief an die Tochter ReginaOsten, den 27.6.1943Mein liebes kleines Reginalein!

Gerade Dir diesen Brief zu schreiben, fälltmir be son ders schwer. Denn gerade Dirgilt meine größte Sor ge. Du bist noch soklein und wirst D ich eines Ta ges nichtmehr an D einen Vati erinnern. A berMut ti und S onjalein werden dafür sor-gen, dass Du Dei nen Vati immer im Ge -dächtnis behältst. Sie werden auch bei dever suchen, Dei nen Lebensweg so schönwie möglich zu gestalten. Wenn Du danngroß bist, wirst D u eines Tages erfassen,welche schwere Zeit Deine El tern durch -gemacht haben.In dieser Stunde, wo ich diesen B rief schreibe, hoffe ich, dass das Schicksal mir dieMöglichkeit geben mö ge, unserer lieben Mutti, unserem Sonjalein und vor allem Dir,mein liebes Ginalein, immer zur Seite stehen zu können. Für Euch möchte ich leben und arbeiten.Soll das Schicksal es anders wollen, dann wünsche ich D ir, mein Ginalein, alles Gu -te für Dein ganzes Leben. Vergiss Dei nen Vati nicht und sei und bleibe stets ehrlichund treu zur Mutti und zu Dei nem Schwesterchen.Leb wohl, mein Reginalein!

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Regina Scholz: „Mein Vater war sehr stolzauf mich – hier unsere letzte Begegnung.“

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70 Letzte Lebenszeichen

Georg GräfeEingesandt von Ursula Böhm (Nichte)

Am 21. Juli 1920 kam Georg Gräfe in Weimar zur Welt.

Der Obergefreite hat den Russlandfeldzug vom ersten

Tag an mit gemacht. Ab Okt ober 1944 befand er sich

mit seiner Einheit an dem polnischen F luss Narew im

Einsatz. Seit Januar 1945 ist Georg Gräfe vermisst, man

nimmt an im R aum Braunsberg, heute Braniewo.

„Leider blieben alle meine Nachforschungen über sein

weiteres Schicksal bis heute erfolglos“, ist das Einzige,

was die Nichte Ursula Böhm über das Verbleiben ihres

Onkels sagen kann.

Letzter Feldpostbrief an die ElternIm Osten, am 14.1.1945Liebe Eltern!Vorgestern habe ich zwar erst einen Brief an Euch ge -schrieben, aber da heute ein U rlauber fährt, will ichdie Gelegenheit benutzen, Euch noch einige Z eilenzu senden. Das 2-kg-Päckchen habe ich v orgesternmit vielem Dank erhalten.Die schlechte Schrift müsst ihr schon um stän de hal -ber entschuldigen, außerdem geht es in E ile. Es istjetzt 11 Uhr abends.Heute hat bei uns der langer wartete russi sche Groß -an griff begonnen. Ein Vier tel jahr lang war es r uhig.Aber trau, schau wem. Punkt 8 Uhr heute früh, ichwar ge rade beim Kaffeetrinken und hatte mir über-legt, dass es eigentlich S onntag ist, setzte das hölli-sche Inferno ein. Wie das jüngste G ericht kam es

durch die L uft ge heult, und schon bei den ersten

Georg Gräfe im russischen Winter

Georg Gräfe als Soldat

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Briefe aus dem Krieg 71

Gra nat einschlägen flogen unsere Fenster -schei ben im Bunker entzwei. Das fängtgut an, dachte ich bei mir . Er hatte jaauch vorher ge nug Zeit zum Einschießenseiner Ges chüt ze ge habt. Jetzt geht es los,sagte ich zu meinem Kame ra den, der mitam Tisch saß.Durch langjährige E rfahrung weiß manja auch, ob es sich nur um einen F eu er -überfall oder um einen An griff handelt.Denn er beschoss zugleich die Front undauch die rückwärtigen Verbin dungs stra -ßen. Jetzt kampieren wir wieder im Frei -en, und das ist weniger angenehm als imSommer. Aber man muss erst mal abwar-ten, was die nächsten Tage bringen, viel-leicht halten wir ihn doch auf. Man mussjedenfalls sein Herz in beide Hände neh-men. Gesund heit lich geht es mir nochgut, was ich v on Euch auch hof fe undwünsche. Ich möchte nun schließen undwünsche Euch weiterhin alles Gute.

Herzliche Grüße auch an Tante Ida, Leni,Berti, Ursula und B arbara sendet E uchGeorg.

Georg Gräfe mit seinem Cousin AlfredRömer auf Heimaturlaub 1943, imHintergrund der Weimarer Hauptbahnhof

Georg Gräfe mit seiner Mutter Emma Gräfeund seiner Nichte (Ursula Böhm, welcheseine Briefe aufbewahrt hat) auf Heimat -urlaub, 1941 im Garten seines Elternhausesin Weimar

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72 Letzte Lebenszeichen

Hermann GrimrathEingesandt von Hermann Grimrath (Sohn)

Dr. Hermann Grimr ath, Oberleutnant der

Reserve wurde am 25. Dezember 1910 in

Kapellen am Nie der rhein geboren.

Sohn Hermann Grimrath fand den letzt en

Brief des Va ters an seine Mutt er in der en

Nachlass.

„Mein Vater, Dr. Hermann Grimr ath, ist in

den frühen Morgenstunden des 5. Juli 1943

von einer russischen Mine getötet worden.

Er war L eutnant eines Pionier zu ges, der

den Auftrag hatte, Teile eines Bataillons

mit Floß säcken und Fähr en über die Ok a

zu setzen, die an dieser Stelle noch ein kleiner Bach ist. Der Todesort ist bei Nowa Chutor,

einem kleinen Dorf auf halbem We ge zwischen Orel und Kursk.“

Vermutlich wurde Hermann Dr. Grimrath als unbe kann ter Soldat auf die K riegs grä ber -

stätte in Kursk-Be sedino (Russland) überführt. Sein Name ist im Ge denk buch des Fried -

hofs verzeichnet.

Dr. Hermann Grimrath (rechts) mit seinem Melder Roeßmann, 1942 in Rshew (Russland)

Ehepaar Grimrath am 28.5.1943 auf ihremBauernhof in Vennikel, Kreis Moers

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Briefe aus dem Krieg 73

Brief an die EhefrauRussland, den 5.7.1943Liebe Eltern!Meine geliebte Frau, die letzten Tage wa ren gedrängt voll mit Märschen und al lemDienst, der mit B e we gung und Vor be reitung besonderer Maßnahmen zu sam men -hängt. Wir sind wieder in Stel lung und ha ben eine andere Truppe ab ge löst. Mein Zugist mit eingesetzt. Wir liegen ziemlich vorne in einer wald rei chen Mul de, die dadurchnur an Schön heit ge winnt, dass der Russe uns bis jetzt völlig in Ruhe lässt. Im Mor -gengrauen des kom menden Tages wird der Sturm be ginnen. Da ich den B rief dochnicht mehr loswerde, will ich ihn bis dahin bei mir be halten. Ich muss mit der erstenKom pa nie mit vorstürmen, um den Übergang über einen B ach zu schaffen. D rückmir beide Daumen, damit alles klappt. Das Ganze wird wohl nur eine Offensive mitbegrenztem Ziel werden. Aber es ist eine ungeheur e Masse dafür aufgefahren, vorallem an schweren Waffen. Es wird ein or dentliches Gepolter geben! Ich habe alles,so gut ich nur konnte, vorbereitet. Nun muss das Schicksal das Seinige dazu tun.Seit den beiden Luftfeldpostbriefen blieb die Post von Dir aus. Ihr Inhalt ist im All -gemeinen schon bespr ochen. Ist der A b schluss der neuen Lebensv ersicherung ei -gentlich getätigt? Wenn nicht, fragst Du vielleicht mal bei Lindes an. Es ist im mer - hin 6 Wochen her, seit ich sie beantragte.Wie es in den letzten Tagen mit Flie ger -an griffen stand, weiß ich nicht mehr, weilmein Radio hinten geblieben ist. H of -fent lich seid Ihr noch alle gesund. H abtIhr auch so viel R egen wie wir? G e rademusste ich mich in mein Z elt flüchten,aber Du siehst die Regenspuren trotz dem.Bleib gesund. Ich werde ganz fest an Dichdenken morgen früh, meine Liebs te. TuDu es auch. Mein ganzes Herz für Dich. Dein Peter

Anmerkung des Sohnes:„Das Datum des Briefes ist nicht richtig,der Brief muss am Tage davor geschrie-ben sein, da unser Vater am 5.7.1943 um6:35 Uhr zu Tode gekommen ist.“ Von Kameraden errichtete Grabstelle

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Stefan GruberEingesandt von Ida Ziegler (Tochter)

Stefan Gruber kam am 27. Dezember 1911 in Stuttgart

zur Welt. Während des K rieges wurde er sieben M al

verwundet – am 22. Oktober 1944 mit einem Bauch -

schuss. Zwei Tage später, am 24. Oktober 1944 erlag er

seinen schweren Verletzungen im Haupt ver bands platz

Lottum in Holland.

Am 18.7.1956 wurde Stefan Gruber vom Katholischen

Friedhof Lottum auf die K riegsgräberstätte Ysselsteyn

im Kreis Venlo umgebettet.

Stefan Gruber ganz rechts mit Kameradenin einem Unterstand in Russland, 1943

Uniformiert: Stefan Gruber (Mitte) mit zweiseiner Kameraden

Stefan Gruber, 1943

74 Letzte Lebenszeichen

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Letzter Brief an Ehefrau AnnaHolland 20.10.1944Liebe Anna!Zu Deinem Geburtstag wünsche ich Dir alles Gute, vor allem Glück und Segen, mö -ge Dir alles in Erfüllung gehen, was Du Dir selber wünschst. Leider ist es mir in die-sem Jahr wiederum nicht vergönnt, Dir mündlich die Glückwünsche zu überbringen,in Gedanken bin ich jedoch bei D ir, aber nicht nur heute an D einem Geburtstag,sondern alle Tage bin ich mit meinen Gedanken bei Dir und unseren lb. Kleinen. Wie

schön könnte es sein, wenn dieser verfluchte Krieg nicht wär, jeden Tag bekomme icheine größere Wut, dachte immer , dass bis O ktober eine entscheidende Wen dungkom men müsse, aber nichts ist bis jetzt gekommen und ich glaube auch an nichtsmehr, glaube nur, dass der Krieg noch so lange geht, bis voll alles kaputt ist. Wenn esdas Schicksal will, dass wir auch noch unser Leben lassen müssen, dann se hen wirdoch nichts mehr von diesem Jammertal und Elend. Dir alles Gute wünschend grüßt und küsst Dich recht herzlich Dein Dich lb. Stefan. Herzliche Grüße und Küsse an unsere Kinder von ihrem Papa.

Letzte Fotos von der Familie im letzten Urlaub, August 1944: Anna und Stefan Gruber,Tochter lda, Sohn Stefan

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Andreas GünerEingesandt von Helga Böhm (Tochter)

Andreas Güner wur de am 3. November 1912 in Wil -

herms dorf geboren. Er gilt seit dem 8. Januar 1945 als

vermisst. Die Tochter Helga Böhm bericht et: „Es lag

nicht an meiner Mutter, dass mein Vater so wenig Post

be kam im Januar 1945, sondern an der ‚Kampfzone‘, in

der mein Vater stand: Kämpfe am Weichselbogen im

Raum Ciepielow.“

Letzter Brief an die EhefrauOsten, den 8.1.1945Liebste Käthe!Leider warte ich schon mehr ere Tage vergebens aufein Brieflein von Dir.Ich bin immer voller Unruhe, wenn ich nicht weiß,ob Ihr noch gesund seid bei dieser schweren Zeit.Ich weiß gar nicht, wie das kommt, dass ich so wenigPost von Dir erhalte, ob Du, mein Liebling, so wenigschreibst oder ob es an der Post liegt; und wenn mankeine erhält, hat man gar keine Lust selbst zu schrei-ben. Man weiß gar nicht, was man im mer schreibensoll. Und dabei schreibe ich Dir doch, sooft es mirdie Zeit erlaubt.Liebste Käthe, lasse mich doch nicht so lange auf einBrieflein von Dir warten, Du weißt es doch selbst, wiees ist, wenn man so lange warten muss auf eine Nach -richt von den Liebsten.Will nun schließen, denn ich gebe es einem „U rlau -ber“ mit, damit Du ihn schneller erhältst.Grüße die Renate und Helga von mir.Es grüßt und küsst Dich DeinAndreasDie Such an zeigen nach An dre as

Güner laufen seit Jahren.

Andreas Güner

76 Letzte Lebenszeichen

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Käthe und Andreas Güner mit ihren Töchtern Helga und Renate, letzter Urlaub des V atersim Winter 1943/44. Die Jüngere, Helga Böhm, ist viereinhalb Jahre alt.

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Briefe aus dem Krieg 79

H„Wenn ich nicht mehr sein sollte, dann behaltet mich bitte im

guten Angedenken und Du, liebes goldiges Mädel, heiratedann später, wenn du eine Gelegenheit dazu hast, aber nimm

Dir nur einen guten Vater für unsere Kinder. Ob ich einergewesen bin, das kann ich nicht sagen, jedoch habe ich mich

redlich bemüht, ein guter Ehemann und Vater zu sein und noch ein besserer zu werden.“

August Willy Hagel an seine Familie. Gefallen am 4. Oktober 1943.

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August Willy HagelEingesandt von Eva Hagel (Tochter)

Der am geb . 17. Mai 1906 in K indschen, Kreis Tilsit,

ge bo rene August Willy Hagel war Stabsfeldwebel.

Zwischen dem 27. Januar und dem 3. Oktober 1943

schrieb er fünf Brief e an seine F amilie. Nur w enige

Stun den, nachdem er den letzt en Brief an seine sie -

ben jährige Tochter Eva geschrieben hatt e, ist er am

4. Oktober im Raum Pekari, 20 km südlich von Kanew

in der Uk raine, gefallen. Zunächst wurde er auf dem

Sol da tenfriedhof Babitschi bestatt et. Im No vember

2007 hat ihn der Volksbund auf den Deutschen Sol da -

ten friedhof Kiew umgebettet, wo heute auch sein Na -

me auf einer Granitstele steht.

Seine Tochter hat die Brief e ihres Vaters aufbewahrt:

„Mein Vater hat jeden dieser Briefe so geschrieben, als

sei es der letzte, aber richtig verabschiedet hat er sich

von uns, seiner Familie, bereits in dem erst en der fünf

Briefe, geschrieben an meinem 7. Geburtstag, dem

27.1.1943.“

Erster Brief an Ehefrau Linaund zum siebten Geburtstag seiner Tochter EvaAm 27.1.1943Mein herzliebes Weib!Am 21.1. erhielt ich Deine Briefe vom 31. und 4. Januar und danke Dir von Herzendafür. Leider kam ich bisher nicht zum Antwor ten, denn wir stehen seit dem 22.1.im Kampf gegen Partisanen und russische Reiterei. Heute Vormittag ist es ein wenigruhiger geworden und die Bomben allein können uns nicht stören. Wir haben schwe-re Tage hinter uns und unter Umständen noch schwerere vor uns. Wie es heißt, sind

wir eingeschlossen. Heute Nachmittag soll nun ein F lugzeug eintreffen und da wol-len wir die Post mitgeben.Meine liebe Ly, ich habe alle Post vernichtet, nur Deinen Brief vom 31.12. habe ichbei mir in der Brusttasche und auf den will ich auch nur für heute eingehen und Dir

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Letztes Foto von August WillyHagel, aufgenommen im Au -gust 1943, nur wenige Wo chenvor seinem Tod am 4. Oktober1943. Seine Frau hatte ihnkaum mehr wiedererkannt. Auf grund der schrecklichenErleb nis se an der Front war er fast verstummt.

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darauf antworten. Du hast ihn am letzten Tag im alten J ahr geschrieben und vieleWünsche zum neuen an mich und für mich ausgesprochen. Ich weiß, dass es dir mitdiesen vollkommen ernst ist und will mich nun auch D ir offenbaren.Es kann sein, dass ich nicht mehr zu E uch komme und daher muss ich eingehendInventur machen. Wenn ich nicht mehr sein sollte, dann behaltet mich bitte imguten Angedenken und Du, liebes goldiges Mädel, heirate dann später, wenn Du eineGelegenheit dazu hast, aber nimm Dir nur einen guten Vater für unsere Kinder. Obich einer gewesen bin, das kann ich nicht sagen, jedoch habe ich mich r edlich be -müht, ein guter Ehemann und Vater zu sein und noch ein besserer zu werden. Solltemir das nicht mehr vergönnt sein, dann hat das Schicksal es eben anders gewollt undich und Ihr, wir müssen uns dem beugen. Eine Bitte habe ich noch! Verzweifle nichtum die Zukunft und verliere der Kinder w egen nur nicht den K opf! Zum Sterbenhabt Ihr später, sollte es nicht anders gehen, dann immer noch Zeit und Gelegenheit.Und wenn Du mir danken willst, dann tust D u es, indem du star k und gläubigbleibst und den Kindern die Z ukunft erschließt und erhältst und über sie wachst.Das ist mein einziger und letzter Wunsch und den musst Du mir noch erfüllen. Icherwarte es von Dir, denn für Euch bin ich von Euch gegangen und nur deshalb ge -gan gen, damit Ihr weiterleben könnt und sollt. Meine letzten Gedanken werden beiEuch weilen und sollte ich es können, dann w erde ich später über Euch wachen.Du hast meine ganze Liebe und mein Vertrauen und wirst mich nicht enttäuschen.Das weiß ich und darum sehe ich der Zukunft ruhig entgegen.Du wirst nun sagen, ich habe eine D ummheit mit meiner Ablösung gemacht. Es istnicht der Fall! Die Front ist jetzt überall. Es gibt in diesem Winter keine Unterschiedein der Truppe und im Alter. Es muss auch der letzte M ann heran. Was hier vor sichgeht, das erfahrt Ihr aus Zeitung und Radio, nur ist es noch ein wenig schlimmer. Essteht eine Übermacht vor uns an der ganzen Front, wie es niemand vorausgesehen hatund erwarten konnte. Es liegt nun niemand im H interland und unbeschäftigt da,son dern steht mit der Waffe dem Gegner gegenüber. Da steht der kinderr eiche alteVa ter neben dem 18-jährigen J ungen und der O T-Mann [Organisation Todt, dieBautruppe] neben dem Arbeitsdienst und neben dem E isenbahner und alle wehrendie einbrechende rote Flut ab.Wir haben hier dauernd unbeständiges Wetter. Vorgestern taute es und über N achtwie der eine Kälte um 40 G rad herum. Die Stiefel sind nass und nun gefr oren. Dieganze Nacht nicht geschlafen. Z uerst waren es die P artisanen und dann sind wirStreife gelaufen. Dann Partisanen von außerhalb der S tadt und hinterher Truppen.Nun haben wir mit vielen Opfern die Straße in der Mitte freigemacht und halten unsin der Igelstellung. Vor unserer Stellung liegen hunderte Tote, Männer, Frauen und

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Kinder. Da muss man hart sein. Wer sich auf der Straße oder in den Häusern z eigt,verliert sein Leben. Vorgestern bin ich 20 km mit 3 Autos weiter raus, um von außer-halb der Stadt den Angriff vorzutragen. Mit dieser Taktik kommen sie Schritt für Schrittund Haus für Haus weiter vor und wir verlieren immer mehr an Be we gungs frei heit.In zwei Tagen sollen Panzertruppen von uns eintreffen und bis dahin müssen wir unshalten. Unsere Verluste sind zum größten G lück bis heute noch sehr gering, dochwerfen sich die Flieger immer besser auf uns ein. Immer wieder müssen wir uns undSoldaten ausbuddeln und die Bergung sichern. Geschütze haben beide Parteien nichtund die Granatwerfer wirken auf feste Häuser fast nicht.

Evi hat heute ihren Geburtstag und Ihr werdet wohl alle am Tisch sitzen und fei ern.Ich kann es leider nicht, denke aber auch daran. Wie doch die Zeit vergeht! Als ichvon Euch ging, war sie so alt wie Huschi und nun ist sie schon zwei Jahre weiter.Nun, mein liebes Mädel, nochmals Dir und den Kindern für die Zukunft alles Guteund behaltet mich im guten Angedenken. Lebt alle r echt wohl und tapfer bis zumLetzten. Viele Grüße und Küsse Euch allen und vielen Dank Dir, liebe Lina, für Dei -ne Sorge und Liebeimmer Euer Papa

Zweiter Brief an seine Frau LinaNowo-Mokraswsk, 24.8.1943 – 30 km nördl. DjnepopetrowskMein liebes Mädel,gestern Abend bin ich endlich zum B atl. [Bataillon] gestoßen und mache [mich]wohl morgen schon weiter zur Truppe in Richtung Lebedin-Gudjabsch westlich vonCharkow. Es geht hier zu, wie ich es mir auch in den schlimmsten M omenten nichtvorstellen konnte. Das Batl. wurde in dem O rt, von dem ich in U rlaub fuhr, von Pan zern eingeschlossen und versprengt. Meine Einheit wurde gegen die begleitendeIn fan terie eingesetzt und hatte 1 Toten und 5 Verw., darunter Uffz. [Unteroffiziere]Stein und Sell und außerdem Thomalla mit Kieferschuss. Der konnte nicht sprechenund schrieb es auf . Den Fz.Stab [Fahrzeugstab] hat man mit dem O berstleutnant, 1 Obltn., 1 Stfw., 1 Ofw. [Oberleutnant, Stabsfeldwebel, Oberfeldwebel], 15 Mann,6 Autos gefangen genommen. Von der 1. Kp. [Kom pa nie] fehlen noch 12, v on der2. Kp. 4 Mann. Man hat alles stehen und liegen lassen müssen. Akten, Waffen, Ge -räte, Munition, Autos usw. Der Zahlmeister und seine Uffz. haben sich das Geld indie Taschen gesteckt u. die Unterlagen verbrannt. Die Leute haben einen Tag im Sumpffestgesteckt und kamen erst am nächsten Tag durch unsere Panzer frei. Ein heillosesDurcheinander! Nun ist auch Char kow besetzt und P oltawa bedroht. Als ich dor twar, lag der Russe 10 km dav or, aber nur mit P anzerspitzen. Von meiner Einheit –

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Koppel usw. – habe ich nichts erfahren können, doch liegt die Division in schwerstenKämpfen und soll eingeschlossen ge wesen und fast aufgerieben sein. Leute v on unshaben sich schon ohne Waffen in Poltawa sehen lassen. Gestern fuhren 24 Urlaubervon hier zur Truppe und ich war te noch, bis die r estlichen eintreffen. Dann geht esauch los.Ich freue mich, dass ich nun noch in U rlaub war und E uch noch wenige Tage ummich haben konnte. D as hat mich nun ein w enig aufgerichtet und E uer Bild u. Le ben wird mich in den kommenden Wochen stets begleiten. Es wird hart zugehenund offen gestanden – ich gebe wenig, sehr wenig auf ein Wiedersehen. Du wirst jetztwohl wochenlang ohne Post bleiben. Bis ich bei der Truppe bin und eine F eldpost -nummer erhalte und Euch von dort schreiben kann, wird wohl lange dauern. Kommedoch sofort zum Einsatz und während des Kampfes kann man wohl nicht schreiben.Nun tausend herzliche Grüße u. Küsse – vielleicht die letzten – sendet Euch allen von HerzenEuer Papa

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Sonntagsspaziergang mit Familie am westlichen Stadtrand von Frankfurt (Oder), aufge-nommen im Spätsommer oder frühen Herbst 1942

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Dritter Brief an Ehefrau Lina HagelAm 28.8.1943 – 16:00 UhrMein liebes Mädel!Nun wandere ich bereits 10 Tage in den verschiedenen Eisenbahnwagen durch Russ -lands weite Fluren und immer noch bin ich nicht am Ziel meiner Reise. Wenn wir –was sehr fraglich ist – heute A bend noch fahren können, dann treffen wir mor gen beider Truppe ein. Wir acht Mann haben das ewige Fahren, Halten, Warten auf den An -schlusszug schon übersatt und sehnen das Fahrtende herbei und wenn es uns noch sodreckig ergehen sollte. U nser Regiment soll versprengt sein und hat nur noch 300Köp fe am Sammelort. Ob sie noch da sind, w enn wir dort eintreffen, ist ebenfallsfrag lich. Wie es dem Batl. [Bataillon] während meines Ur laubs ergangen ist, habe ichDir bereits im 2. Brief geschrieben. Das Batl. selbst hat restlos alles verloren und derKom mandeur ist stark angeschlagen. Und auch in der K ompanie geht es wie in ei -nem gestörten Ameisenhaufen zu, alles nervös und verstört.Nun ist in diesen Tagen der erste Großangriff auf Berlin gestartet!Ob sie auch in Ffo. [Frankfurt (Oder)] abgeladen haben? Hier kann man nichts dar-über erfahren.Die Stimmung hier ist immer noch sehr gut und die zurückkommenden S oldatenund Verwundeten sind von dem diesjährigen Kriegsende voll überzeugt.Wie ist bei Euch die Stimmung nach meiner Abfahrt? Ist es trostlos oder hat es sichbei Dir bereits gegeben? Mir kommt es nach dieser Reise so vor, als ob ich gar nichtin Urlaub gewesen bin. Alles ist schon so v erwischt und in meiner E rinnerung weitzurück. Bei mir muss eine Wandlung eingetreten sein. Ich bin ohne große Erwartungin Urlaub gefahren und nach D einem tapferen Abschied gleichmütig und r uhiggegangen. Was das bedeuten soll, weiß ich bis heute nicht. Soll es die Gewissheit mei-ner Rückkehr oder meines Lebensschlusses sein?Habe eine Büchse Rindfleisch erspart und sende sie Dir. Dir und den Kindern alles Gute und herzliche Grüßevon Papa.

Vierter Brief von August Willy Hagel an seine FamilieAm Sonntag, den 12.9.1943 – 9:00 UhrMein herzallerliebstes Mädel!Du armes Weib, hast nun gewiss eine bange Zeit ohne Nachricht von mir durchge-macht. Leider war ich am Schreiben verhindert und nehme mir in einer Ruhestundemit aller Gewalt die Zeit dazu, weiß jedoch nicht, wann der B rief abgehen wird. Esgeht hier alles drunter und drüber. Doch alles der Reihe nach!

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Am letzten Sonntag um 3:00 [Uhr] morgens wurden wir abkommandiert und be setz - ten unseren Ortsausgang gegen durchgebrochene Kräfte. Tagsüber geschanzt, abendsFeindberührung. Am nächsten M orgen Angriff der R ussen bis zur D un kel heit.Abends setzten wir uns ab und griffen am D ienstag früh selbst an. 5 km Ge län de ge -winne. Nachts Absetzung und unter starkem Feuer und Druck in eine neue Stel lung.Mitt woch tagsüber schwerer Kampf mit Gegenangriff und dann abends wieder A b -setzung vom Gegner. Am Donnerstag bis 9:00 [Uhr] ganz ruhig wie auch in der ver-flossenen Nacht. Dann aber ging es kunterbunt und lustig zu. Trom mel feuer, Pan zer,

Flieger in rauen Mengen. Verluste hoch. Dann griff der Russe um 10:00 [Uhr] an, undzwar von beiden Seiten von uns aus und nach 15 M inuten auch bei uns. Die Flügelvon uns waren bereits in voller Flucht und wir bemer kten es nicht. Also war en wirweit vor und standen vor der Abschirmung. Nun nichts anderes als schnellstens nachhinten absetzen. Wir wurden redlich Maß genommen und es wur de uns nichts ge -schenkt. Die Russen standen an beiden S eiten und wir mussten mittendur ch. Diehaben auf uns bis auf 100 m wie auf H asen geschossen. Es kann sich niemand dieseLa ge vorstellen! Hinter uns, an beiden Seiten und schräg vor uns russische Infanterie,zwischen uns schlagen die Ar tilleriegeschosse, Infanteriekugeln, Bomben und Bord -waf fen ein. Der Himmel hängt voller Flugzeuge. Tanks sind schon vor uns und knal-len von vorne. Wir über Berg und Tal, durch Wald, Acker, Wiese, Sumpf, Wasser,Getreidefelder durch und um unser Leben gekämpft. 5 mal bin ich dur ch Pan zer -sperren durch und noch mehr Mal[e] war ich am Boden und habe für Minuten keineKraft gehabt und wollte liegen bleiben. Dann aber schnell ein Gebet und schon ginges einige 100 m weiter, bis der nächste Zusammenbruch kam. Zwei Tage vorher nichtsgegessen, heißer Tag und riesiger Durst. Sumpfwasser getrunken. Alles Entbehrlicheweggeworfen und dann um 15 Uhr war ich endlich dem F euer und den Tanks ent-ronnen und am r echten Rand unser er noch stehenden F ront angekommen. D ortübernahmen wir letzten 6 Mann den Infanterieschutz einer Batterie. Die kam dannin Kampf mit 8 Panzern. 6 wurden getroffen u. einer traf die letzte von unseren dreiKanonen. Ich fuhr dann mit den Verwundeten mit zum Verbandsplatz, habe dor tgeschlafen und bin am Freitag allein losmarschiert. Ich traf dann noch den Arzt und5 Mann von uns und nun suchen wir den R est unserer Truppe. Von 300 waren vordem letzten Angriff noch 47 in S tellung. Was heute noch da ist, wir d weniger sein.Meine Feuertaufe war also über alle M aßen gut und r eichlich. Habe mich wacker

gehalten und EK [E isernes Kreuz] und evtl. S turmabzeichen sind mir sicher. Kom -mandeur hat mich gelobt und mir die H and gedrückt. S oll wieder Spieß werdenbeim F.A.B [Feld-Ausbildungs-Bataillon]. Viele Kameraden tot, die Ver wun de tengefangen (Fußverletzte). Die Lage ist noch ungeklär t und scheinbar stößt der R usse

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weiter schnell vor. Seit gestern Abend Regen u. Wege grundlos. Ich lief bereits über50 km. Neue Stiefel. Ein Paar Strümpfe als E igentum u. die Kleinigkeiten in derKartentasche ist alles, was ich habe. Tornister verbrannt, Kleiderbeutel, Decke, Stahl -helm, Gasmaske, Feldflasche verloren.Nun tausend herzliche Grüße und Küsse allen von Eurem Papa.

Der fünfte und letzte Brief ist an die Tochter Eva gerichtet.Am 3.10.1944Mein liebes Mädel!Eben erhielt ich D einen lieben Luftpostbrief vom 21.09. und danke D ir für DeineZei len. Wieder ist es mir ein Trost in diesen dunklen Tagen und ein lieber Gruß vonmeinen Liebsten, meinem Stolz!Dein Päckchen ist bis heute nicht eingetroffen und nun werden wohl wieder Wochenvergehen, ehe ich es erhalte.Waren vorhin zur Ausmusterung durch die Division angetreten und auch ich wurdewieder für würdig befunden, als Zugführer zur Kampftruppe zu gehen. Der Ab stel -lungs tag ist noch nicht fest, doch müssen wir ber eitstehen. Also gibt es wieder eineneue Feldpostnummer und für mich ein Warten auf Post. Ja, so ist es im Leben und

Familienfoto, aufgenommen vermutlich Ende 1940. Neben den Eltern die Kinder: linksMarianne, 3 Jahre, in der Mitte Manfred, 7 Jahre, rechts die fünfjährige Eva

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gerade in diesen verdammt kritischen Tagen! Der Russe hat es geschafft, in der gr o-ßen Dnjeprschleife nach Osten etwa 100 bis 150 km südlich von Kiew einen Brücken - kopf zu bilden und da müssen wir ihn raushauen. D as Gelände ist sumpfig und diePanzer können nicht heran. Also Infanterie vor und rauf! Für Dich aber immer nochkein Grund, traurig zu sein.Gestern Abend habe ich nun allerhand geschrieben, so an Koppel, Onkel Fritz, Oma,Rückert, Fritz [Schwager], an die F rauen meiner gefallenen U nteroffiziere, an zweiKameraden. Heute bist Du nun wieder an der Reihe. Auch an Walter Dzeik schriebich. Nun bin ich mit der Verwandt- und Bekanntschaft restlos fertig und habe füreine Zeit Ruhe. Frieda schrieb ich vorgestern und gratulierte nachträglich.Wie geht es Dir, liebes Mädchen? Bis heute ging es mir sehr gut, nur das U ngezieferhat mich geplagt. Nun haben wir Läusepulver und heute werden wir wohl Ruhe ha -ben. Mit dem Essen geht es, nur Ersatz für die verlorenen und verbrannten Kla mot -ten haben wir immer noch nicht, also wenig Gepäck zu tragen. Es war doch gut, dass

ich damals den Photoapparat bei Dir ließ. Der wäre dann ebenfalls verloren gegangen.Du bist nun wieder einmal den Weg, den wir gemeinsam letztens gingen, mit denKindern abgelaufen. Ja, wenn ich das doch auch noch einmal könnte! Genutzt habenwir die kurzen Urlaubstage schon genügend. Was sollten wir denn auch sonst nochgetrieben haben? Wir hätten ja nach Sonnenberg und Zielenzig fahren können. Daswäre hauptsächlich für Dich etwas Abwechslung gewesen und die Deikerts haben tat-sächlich auf uns gewartet. Nun ist es aber vorbei und von Deikert habe ich seit dem8.9. abends keine Nachricht. Man sagte mir, er soll auch gefallen sein, doch steht esnicht fest und somit kann er v erwundet gefangen worden sein. Am letzten M orgenhabe ich ihn nicht mehr gesehen.Nun ist also Bubi Bransch auch schon Soldat! Ja, die Jugend möchte heran und Annyhat nun für zw ei Menschen zu sorgen. Wo steckt jetzt eigentlich E rich? Habe vonihm nicht die Feldpostnummer.Wie glücklich sind doch Lieseckes! D ie sind die ganzen Jahre ungetrennt und unge-fährdet und können ihr Leben nach Wunsch gestalten. D ie Einschränkungen desKrie ges merken sie obendr ein auch w eniger, weil sie diese gemeinsam be wältigenkönnen. Wäre die Kindergeschichte nicht, könnte ihr Leben restlos zufrieden gelten.Manfred hat sich nun doch fr eigeschwommen! Eine Leistung, die ich ihm nichtzutraute. Nun muss er im Frühjahr den Kursus wiederholen, denn bis dahin hat er es

verlernt, weil die Badezeit doch nun v orbei ist. Wenn hier die S onne scheint, ist esbehaglich warm, ist es aber trübe, dann ist es kalt und die Nächte sind immer sehrkalt. Das Wetter hat sich in den letzten Tagen gehalten. Geregnet hat es nicht.Ja, Mädchen, nun kommen für Dich die Tage der unablässigen Sorgen um mich.

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Ich bin nun bald für den R est des Krieges oder so lange, bis mir etwas zustößt, beider Kampftruppe und daher in ständiger Gefahr. Höhepunkte sind ja nur die reinenKampftage, doch auch in Frontnähe passiert oft etwas.Ich sollte Dir davon eigentlich nicht schreiben, wie es hier tatsächlich zugeht, dochwenn ich es dennoch mache, dann nur, weil es für mich schon vorbei ist und bis Dues erfährst, ist die Geschichte ja schon so alt und indessen haben sich andere Dramenabgespielt. Auch tue ich es, damit D u und die Kinder notfalls eine E rinnerung vonmir habt und der Junge später in Regimentsgeschichte Stellen findet, wo ich auch da -bei war und für Euch mein Leben eingesetzt habe. So will ich auch heute auf beson -de rem Bogen die Kämpfe der 5 Tage so schildern, wie sie mir noch in E r in ne rungsind und auch die Karte dazu in ein Päckchen legen. Die einzelnen Tage habe ich damit I bis V bezeichnet. Für diese Sache will ich den heutigen Sonn tag nach mittag be -nutzen. Ich weiß, es wird so lang wie ein Roman werden.Die Geschichte mit der E rbschaft und Frieda wollen wir nicht mehr im Kriege an -rüh ren. Vielleicht, wenn alles gesund zuhause ist aufgrund gütlicher Regelung. Ich magaber nicht gerne daran rühren. Sollen sich andere Leute danach den Anzug zerreißen.Als Berlin letztens angegriffen wur de und das Radio dazu „B erlin und Umgebung“betonte, hatte ich schon schwere Bange um Euer Befinden und war daher sehr froh,als ich nun als erstes Z eichen Deinen Brief erhielt. Wußte ich doch, dass I hr nochlebt. Scheinbar legt der G egner auf diese S tadt infolge mangelnder I ndustrie nochkeinen besonderen Wert und nun wird ja bald unser Gegenschlag einsetzen, der ihmdie Lust zu weiteren Einflügen nimmt. Wir Soldaten glauben und hoffen darauf, weiles auch der Führer letztens sagte.Nun werde ich diesen Brief für heute beenden und schr eibe Dir dann morgen wie-der. Habe keinen Stoff mehr auf Lager.Es grüßt und küsst Euch tausendmal herzlichst Euer Papa

Eben kommt der Abmarschbefehl für uns in 40 Minuten.

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Werner HastEingesandt von Renate Jonas (Tochter)

Der am 4. Dezember 1912 in Berlin gebor ene Werner

Hast ist am 30. Oktober 1944 in Norwegen gefallen. Er

ruht heute auf der K riegsgräberstätte in Ber gen-

Solheim, Norwegen. Seiner Frau war es nicht mehr ver-

gönnt, am Gr ab ihres Mannes zu tr auern, aber die

Kinder konnten dorthin reisen.

Letzter Brief an die Ehefrau Inge und die KinderLiebste Käthe!Mein Ingelein!Bei zwei Flügen war es nun schon sehr schwer wiedernach Hause zu kommen, bei dem einen Mal haben wirselbst lange nicht geglaubt, dass wir es noch schaf fenkönnten! Es ist noch einmal gut gegangen, w eil wirden Mut nicht v erloren haben und w eil wir genugGlück gehabt haben. N ach alter F liegersitte habenwir danach im Heimathorst „Geburtstag“ gefeiert. –Wenn Du nun heute diesen Brief er hältst, so wird erDir sagen, dass ich einmal nicht mehr genug Glück ineiner schweren La ge gehabt habe und dass ich wahr-scheinlich nicht mehr zurückkehr en werde, – zumHei mathafen, nach Hause zu Dir und den Kindern.Ich will aber nicht, dass fr emde Menschen Dir diesebitteren Worte als Ers te sagen sollen, ich selbst willDir „Le be-Wohl“ sagen und hoffe, dass D ir der Ab -schied dadurch etwas weniger schwer wird.Ich möchte Dir heute noch einmal danken für dieunsagbare Liebe und Treue, die Du mir immer ent -ge gengebracht hast in den langen, schweren und schö -nen Jahren, die wir uns gehört haben. Das Leben warja so unvorstellbar herrlich für mich, wenn ich bei Dir

Ingeborg und Werner Hast, ca. 1939 in Berlin

Werner Hast mit TochterRenate, 1942 zuhause in Berlin

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sein konnte, – und wir haben unsere Zeit gut ausgenützt! Ich denken nur an die Wo -chen in Zwischenahn und die Urlaubstage des letzten Winters und Frühjahrs! –Für die Zukunft kann ich Dir und den Kindern nur Glück und Standhaftigkeit wün-schen, denn Ihr werdet es nicht leicht haben! A ber denke immer daran, wie vieleFrau en vor Dir ihren Mann schon hergeben mussten und wie viele es in der Zukunftnoch tun müssen. Das alles muss eben sein, damit die Kinder in Ruhe und Sicherheitund Frieden aufwachsen und leben können. Wenn es Dir dann einmal zu schw erwird, dann denke an unsere beiden Töchter und an unser Drittes, die Dich brauchen,für die Du da bist und in denen ich w eiterlebe!Ich grüße zum letzten Male Dich, meine liebe Inge-Frau, Dich, meine große Karin,Dich meine kleine Renate, und Dich, mein ungeborenes Kleines, das ich noch nichtgesehen habe. Ich küsse Euch von HerzenEuer Werner.

Diesen Brief hat ein Kamerad in Verwahrung genommen und sendet ihn D ir nun,nachdem ich vermisst bin und fast keine Hoffnung mehr besteht, von mir noch etwaszu hören.

Familie Hast mit den Töchtern Karin und Renate, ca. 1943 in Berlin

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Max HelgertEingesandt von Rudolf Helgert (Sohn)

Der am 18. Oktober 1911 in Plauen gebor ene Max Hel gert fiel am D onnerstag, den

1. März 1945, durch Bauch schuss bei Neustettin (Szczecinek) in West pom mern. Ka me -

raden begruben den Staats ober mas chi nis ten in Alt Valm, heute Stary Chwalim in Polen,

wo sich sein Grab vermutlich noch immer befindet.

Sein Sohn Rudolf Helger t erinnert sich noch genau da ran, als der Brief mit der To des -

nach richt seine Mut ter Lotte Helgert 1946 in Plauen err eichte: „Für sie brach eine Welt

zusammen und als sie ihn las, stand ich ne ben ihr. Das Bild hat sich mir eingebrannt, ich

war noch keine vier Jahre alt, aber ich werde dies nie vergessen.“

Brief an die Ehefrau LotteNeustettin, den 16.2.1945Meine liebste Mutti und liebster Rolfi!Ich warte ja so sehnsüchtig auf P ost vonEuch, auch von meinen Eltern habe ichnoch keine bekommen, aber daran seidIhr be stimmt nicht Schuld, es wir d be -stimmt an der Bahnverbindung liegen.Wie ich so immer aus dem Wehr machts -bericht hö re, waren in letzter Zeit mehre-re Angriffe auf Sachsen. Hoffentlich seidIhr verschont geblieben, ich mache mirdie größ ten Sorgen um Euch, wenn ichnur recht bald mal Post bekäme. Flie ge r -an griffe haben wir hier gar nicht, toi, toi,toi, aber dafür liegt der R usse nicht weitvon uns weg, ich bin ja gespannt, wie dasnoch wei ter geht, wir gehen hier tüchtigWa che, sonst geht es mir aber gut, ich binauch gesund und wohlauf , das hoffe ichnatürlich auch von Euch allen. Wie gehtes unserem kleinen Rolfi? Weint er im -mer noch, wenn er abends ins B ettchen Lotte und Max Helgert, 1940

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geht? Ich habe mein Goldhäsel ja so lieb, wenn doch bloß dieser grausame Krieg baldzu Ende wäre und ich dann immer bei Euch sein könnte, ich habe ja jetzt schon wie-der so eine große Sehnsucht.Meine liebste Lotti, hast Du schon mal nach unseren Aufnahmen gefragt? Wenn Dusie bekommen hast, dann schicke mir bitte v on jedem eins, ich bin wirklich neugie-rig, wie diese B ilder geworden sind. H ast Du schon an unser e Möbel die Z ahlenangeschrieben? Vorgerichtet wird wohl unser e Wohnung noch nicht, na, das wär eauch nicht so schlimm, es ist bloß gut, dass D u bei den Eltern bleiben kannst. Nunwill ich für heute erst mal schließen, hoffentlich bekomme ich r echt bald von EuchPost. Die herzlichsten Grüße und viele liebe Kusseln von Eurem Vati!Für Rolfi seine Sparbüchse liegt auch wieder etwas dabei.Viele Grüße an alle unsere Lieben!

Letzte Postkarte an Frau und Sohn.Max Helgert fiel einen Tag später.Abgestempelt ist die Karte am 13.3.1945 in Berlin.O.U., den 28.2.1945Meine liebsten beiden!Ich will Euch kurz ein Lebenszeichen von mir geben, und E uch mitteilen, dass ichtrotz harter Stunden noch gesund und wohlauf bin, dieses hoffe ich auch v on Euchallen, und wünsche, dass wir auch w eiterhin gesund bleiben. I ch würde Euch gernmehr über die Lage schreiben, aber das geht nicht, alles andere wirst du ja durchs Ra -dio erfahren.Nun meine beiden Liebsten sende ich Euch die herzlichsten Grüße, und hoffe auf ein Wiedersehen, immer Euer Vati!Weitere herzliche Grüße an alle unsere Lieben! Haupt sächlich meinen Eltern.

Brief eines ehemaligen Kameraden an Lotte HelgertBüttel, den 5.6.1946Geehrte Frau Helgert!Sie werden erstaunt sein, von einem Unbekannten Post zu erhalten. Es war mir lei-der nicht eher möglich, an Sie zu schreiben. Da ich erst seit dem 13.05.1946 wieder inDeutschland bin. War bis Ende April in meiner Heimat Alt Valm, Kreis Neu stettin,Pommern, da wurde ich von den Polen ausgewiesen und von Polen ging keine Postins Reich. Also, Ihr Mann Max Helgert ist am 1. Mär z 1945 bei Rück zugs käm p fenbei meinem Heimatdorf durch einen rechten Bauchschuss tödlich getroffen und spä-ter (ca. 3 Wochen, Aussage in einer Eidesstattserklärung) von uns deutschen Zivilis ten

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Lotte und Max Helgert, 1940

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mit noch 10 deutschen Soldaten und Zivilisten beerdigt. Sie ruhen an einer Straßen -kreu zung gemeinsam in einem G rab. Wir hatten ein H olz kreuz darauf errichtet undauf jedem Grab einen Stahlhelm und Seitengewehr gelegt.An Sachen hatte Ihr Mann nur den Trauring und Soldbuch. Dazu die Erken nungs -mar ke D 181/30 T. Der Trauring ist bei dem damaligen deutschen Bürgermeister(Fritz Maass) abgegeben.Also, falls Sie bis jetzt noch keine Gewissheit über den Verbleib Ihres Mannes von ei -ner deutschen Behörde hatten, so haben S ie hiermit die bestimmte Gewissheit, dassIhr Mann, der Obermaschinist Maat Max Helgert, geb. 18.10.1911 in P lauen, denHeldentod gestorben ist. Ich hatte schon mal v ersucht, Ihnen durch einen Ka me ra -den aus Reichenbach (Vogtl.) Nachricht zu geben, und zwar dur ch eine Fotografie,wo Sie mit Ihrem Mann u. Töchterchen darauf waren. [...] Nun noch mein herzlichs -tes Beileid. Meine Adresse lautet:LandwirtWilhelm Giese, bei H. Ruschin Büttel, Krs. Steinberg, Westholstein

Max Helgert (zweiter von links) mit seiner Frau an Bord eines Minensuchbootes

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Martin HildebrandtEingesandt von Johannes Hildebrandt (Bruder)

Martin Hildebrandt wurde am 18. November 1925 in

Ha chenburg im Westerwald geboren. Der Grenadier

fiel am 12. Dezember 1944 im K ampfraum Aachen.

Mar tin Hildebrandt ruht heut e auf der K riegs grä ber -

stät te in Lommel, Belgien. Sein Bruder Johannes Hil de -

brandt hat seine letzte Nachricht aufbewahrt.

Letzter Brief an die FamilieO.U., den 5.12.1944Meine Lieben!Seit 29. sind wir nun vorne. 2 Tage waren wir ziem-lich weit vorne, sind aber nun et was weiter zurück -verlegt als Eingreifreserve und kommen je nach B e -darf nach vorne. Augenblicklich liege ich mit noch 2 Kameraden in einem E rdbunker im Walde, wo uns die v erfl. Jabos [Jagdbomber]nicht entdecken können, wir haben einen kleinen O fen drin und fühlen uns ganzwohl. Am Tage machen wir noch etwas Ausbildung und in der Nacht wird geschanzt.Ja, das ging auf einmal sehr schnell und wir standen im G raben. Es ist allerhand loshier, und wenn man zum ersten Mal die Sache mitmacht, muss man doch noch aller-hand lernen. Vorläufig sind wir ja noch nicht in der HKL [H auptkampflinie], aberwenn es brenzlich werden sollte, werden sie uns schon holen. Im Übrigen haben wirsehr viel Ari [Ar tillerie] hier, und er wir d hier be stimmt nicht weiterkommen. DieVerpflegung ist einigermaßen und der Landser findet ja nebenher auch immer nochetwas Essbares. Meine [Feldpost-]Nr. habt ihr ja nun, und so hoffe ich zu Weih nach -ten wenigstens Briefpost zu bekommen.Herzlichst Martin

Martin Hildebrandt

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J„Du kannst Dir gar nicht denken, Mama,

was das für eine Qual für einen ist, manchmal ist mir auch alles egal,

wenn ich Dich nicht hätte, liebe Ma, dann würde ich den Kram nicht mitmachen.“

Günter Jokisch an seine Mutter. Vermisst seit Anfang März 1943.

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Günther JokischEingesandt von Gisela Giepen-Jokisch (Cousine)

Günther Jokisch, geboren am 13. September 1923 in Essen, ist seit Anfang März 1943 in

Russland vermisst. Sein Name wurde auf der G edenktafel der deutschen K riegs grä ber -

stätte Kursk-Besedino, Russland, verzeichnet.

Seine Cousine weiß zu er zählen: „Günther Jokisch wollte sich anfangs eigentlich zur

Marine melden. Der besorgten Mutter war es dann aber schließlich doch noch gelun-

gen, ihn zu überreden, sich beim Heer zu melden. Sie war fälschlicher weise davon aus -

ge gangen, dass ihr Sohn dor t als gelernter Koch vorwiegend in der F eldküche einge-

setzt werden würde.“

Brief des jungen Soldaten an die FamilieRussland, 28.12.1942Meine liebe Mama, Oma u. Friedchen.Habe Deinen lieben Brief wieder bekommen. M ama, es ist nur schade, dass ich sowenig schreiben kann, und wenn man Zeit hat, dann ist man auch so müde. Au gen -blick lich liegen wir noch im Quartier, aber es wird wohl bald weitergehen, wär dochnur dieses Elend mal zu Ende. Du kannst Dir gar nicht denken, Mama, was das füreine Qual für einen ist, manchmal ist mir auch alles egal, wenn ich Dich nicht hätte,

liebe Ma, dann würde ich den Kram nichtmitmachen. Wenn wir uns doch nur malwieder sehen könnten, Mama, denn es istdoch schon eine lange Z eit her, als ichdas letzte Mal zuhause war . Die Hälftevon der Kompanie sind schon alle im La -zarett, von 20 Mann sind noch 2 überge-blieben. Haben alle Er frierungen an Fü -ßen und Fin gern und manche ha ben anden Nieren eine E rkäl tung, die be kom -men dann ein dickes G esicht. Bei mirsind nur die Fingerspitzen etwas nicht inOrdnung, habe kein richtig Gefühl drin-nen. Hoffentlich komme ich nur wiedergesund nach H ause. Mama, die S tundeMutter Elvira Jokisch und Sohn Günther

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Abschied auf dem Bahnsteig in Essen: Mutter und Sohn, bevor es wieder an die Front ging

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werd ich mein Leben nicht vergessen, wenn wir wieder beisammen sind. Dann bringtuns aber keiner mehr auseinander. Ja, liebe Ma, hättest Du damals auf mich gehör t,wie ich mich melden wollte, dann wär ich nicht in Russland jetzt, wär nicht verdrecktund hätte bestimmt schon Urlaub gehabt. Wenn man hier nur mal wieder raus käme,aber da ist auch kein G edanke dran. Bohnen-Kaffee haben wir auch wieder bekom-men, haben uns schon oft aufgeschüttet, aber er schmeckt nicht so wie zu hause. Aufdie Marzipan wurst freut Menne sich schon. Nun, liebe Mama, muss ich Schluss machen, denn die wollen alle schlafen, und esgrüßt und drückt Dich, u. Oma u. Friedchen, Dein Günther

Schreiben der Dienststelle an die Mutter Elvira Jokisch11.3.1943Seit den schweren Kämpfen der letzten Wochen an der O stfront befindet sich I hrSohn nicht mehr bei seiner E inheit. Sämtliche N achforschungen blieben bisher leider ergebnislos. Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass er ebenso, wie es bei an -de ren bereits der Fall war, in Kürze wieder zu seiner E inheit zurückkehrt. Es ist je -doch auch möglich, dass er sich einem ander en Truppenteil angeschlossen hat, oderin ein Lazarett in den besetzten Ostgebieten oder im Reich eingeliefert wurde. Leiderist es auch nicht ausgeschlossen, dass Ihr Sohn gefallen ist.Für den Fall, dass Ihr Sohn auf irgend einem Wege eine Nachricht zukommen lässt,bittet die Dienststelle um Mittei lung seiner neuen Anschrift.Andererseits wird die Dienststelle, sobald Ihr Sohn bei seinem Truppenteil wiederein trifft, oder es gelingt, anderweitig Klar heit über seinen Verbleib zu erhalten, die sesIhnen unverzüglich mitteilen.Die Dienststelle gibt sich der H offnung hin, dass es gelingt, I hnen günstige Nach - richt über Ihren Sohn zukommen zu lassen.Heil HitlerLauerLeutnant

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Adolf JonderkoEingesandt von Leonhardt Maniura (Cousin)

Adolf Jonderko wurde am 30. Juni 1927 in Schomber g geboren. Insgesamt hat er nur

vier Briefe schreiben können. Drei Tage nach seinem letzt en Brief fiel der Schütze am

5. Januar 1945 bei Filly in Belgien. Das Grab des noch nicht einmal 18-Jäh ri gen befindet

sich auf dem Soldatenfriedhof Recogne-Bastogne. Der im Brief er wähn te Achim war sein

jüngerer Bruder, der wohl unbedingt noch Soldat werden wollte.

Cousin Leonhardt Maniura erzählt weiterhin: „Anastasia Jonderko, die Mutter [...], verließ

im Januar 1945 ihr en Heimatort Schomberg. [...] Unwissend darüber, dass ihr Sohn be -

reits tot war, schrieb sie ihm am 4. Februar 1945 aus Z wickau. Der Brief kam später zu -

rück mit dem Vermerk ‚unzustellbar‘.“

Familie Jonderko – Adolf Jonderko (rechts im Bild mit weißem Hemd) neben seinen ElternBruno und Anastasia Jonderko. Vor ihm sitzt sein jüngerer Bruder Joachim.

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Letzter Brief an die MutterWesten, den 2.1.1945Meine liebe gute Mama.Habe soeben Deinen lieben Brief vom 26.11. erhalten. Vom Papa habe ich auch ei -nen Brief bekommen, über welchen ich mich auch sehr freute. Die Tante Hedel schreibtmir auch öfter und das fr eut mich auch ganz besonders. A uch erhielt ich einen net-ten Brief vom Bernhard, von Tante Marie und eine Weihnachtskarte von einem Mäd -chen, welches ich aber gar nicht kenne. Liebe Mama, ich danke wirklich Gott, dass ich

am Leben bin. Es hat nicht mehr viel gefehlt und da hättest D u Dei nen Adolf nichtmehr. Habe bereits einen N ahkampftag hinter mir . Eine einzige K ompanie hattebeim letzten Einsatz 150 Ausfälle. Habe auch schon ein Trommel feuer mitgemacht,dass 2 Kameraden den Verstand verloren haben. Das Feuer dauerte 3 Stunden. Es warein schauriger Anblick, als man sah, als um mich die Ver wundeten stöhnten und mannun nicht helfen konnte. S elbst ältere Soldaten sagten, dass sie so ein F euer nochnicht mitgemacht hätten und sie fr oh waren, dass sie v on der Hölle dav on gekom-men sind. Solche Weihnachtsfeiertage, wie ich dieses M al erlebt habe, wünsche ichmir jedenfalls nicht mehr wieder . Über 8 Tage habe ich nicht ein A uge zugedrückt.Als man sich dann niedersetzte, da macht[e] man auch schon die Augen zu und schlief.Habe für den P apa schon einen v ollen Ruck sack Zigarren und Tabak zurechtge-macht. Jetzt brauch ich nur noch die G elegen heit, das nach Hause zu schicken. Ichfreue mich auch, dass der Onkel Albert den Papa mit Rauchwaren versorgt hat. DerOnkel hat sich bestimmt sehr gefr eut, dass er Weihnachten zu H ause verbringenkonnte. Wenn der Achim noch mal sagt, er möchte lieber draußen sein, dann hauihm so den Hintern voll, dass ihm das D rau ßensein vergeht. Als ich Deinen letztenBrief gelesen hatte und als ich las, dass D u stolz auf mich bist, da standen mir dieTränen in den Augen. Ich freu mich auch, dass die Leute in unserem Hause an michden ken. Ich möchte dem Papa auch sehr gern schr eiben, aber so viel Z eit hat manhier draußen nicht. Bedanke mich dafür in diesem Brief. Er soll mir aber nicht bösesein. Er soll auch dem Herrn Schulz und den Klubmitgliedern einen schönen G rußausrichten.Liebe Mama, ich muss nun schließen, da ich noch kur z die anderen Briefe beant-worten will. Was macht der Hansi? Sei nun recht herzlich gegrüßt von Deinem Adolf.Die herzlichsten Grüße an Papa, Hans und Achim. Herzlichen Gruß an alle.

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Antwort der Mutter Anastasia Jonderko4.2.1945Mein lieber Adolf!Es ist nun ziemlich lange her , dass ich D ir geschrieben habe, da die P ost seit dem15.1. in Schomberg nicht befördert wurde. Wir sind am 18.1. geflüchtet und kamennach Hartenau, von wo aus ich am 30.1. w eiterfuhr und bis ich endlich gesternAbend in Zwickau gelandet bin. Wir befinden uns augenblicklich bei der F amiliePrzi bylla, von der Tante Marie vom Onkel Roman die Schwägerin. Sie hat uns sehrliebevoll aufgenommen und das Weitere wird sich finden.Wie es dem Papa geht und wo er ist, weiß ich nicht! Hoffe jedoch das Beste. Der Babin ist auf dem Rad geflüchtet, da am 24. vom Grützberg die Artillerie schonBeuthen beschossen hatte und [der] Bombenr egen ziemlich lange angehalten hatte.Die Mädchenschule und die B euthstr. sind bombardiert, und später ungefähr nach 5 Tagen hörte ich, dass die P oststr. und Ostlandstr. brennen. Der Russe kam vonKosel, Gleiwitz und Piekar und hat uns ganz eingeschlossen und der Babin ist durchRatibor gekommen, wo die Russen auch schon sein sollen.Geflüchtet bin ich bloß mit dem A chim und Hans, die Tanten konnten sich nichtentschließen und [es] ging sehr schnell in der N acht um 3 Uhr. Was wir hinter unshaben, ist unbeschreiblich, und was uns bevorsteht, wissen wir nicht. Jedenfalls hoffeich das Allerbeste.Schreibe Dir morgen wieder ein paar Zeilen. Was ich befürchtet habe, ist nun einge-troffen und Gott geb’s, dass sich alles noch zum Guten wendet.Sei recht herzlich gegrüßt von Deiner Mutter, Hans und Achim.Habe den Beschuss von den Russen 10 Tage gehört, denn es war nur 5 km v on unsentfernt und die Toten und Verwundeten haben wir jeden Tag gesehen und konntenaus dem Nest nicht fliehen, da es 15 km v on der Bahn entfernt war und uns keinMensch zur Bahn bringen wollte.

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K„...Kamerad Kliche hat uns nie hungern und dürsten lassen.

Da suchte er, bis er irgend etwas, was die Vormarschstraße inihrer Umgebung bieten konnte, fand, schlachtete, kochte und

hat jedes Gericht vorbildlich schmackhaft zubereitet.“

Aus der Nachricht des Kompanieleutnants an Johanna Kliche zum Tod ihres Sohnes Wendelin,

gefallen am 15. Januar 1940.

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106 Letzte Lebenszeichen

Jakob KimmelEingesandt von Gertrud Helf (Schwester)

Jakob Kimmel wurde am 2. Juni 1922 in Weißenthurm geboren, er fiel kurz nach seinem

zwanzigsten Geburtstag. Das letzte Lebenszeichen ist der Brief mit den Zigarren an den

Vater anlässlich des gemeinsamen Namenstages.

Die Schwester Gertrud Helf kann sich gut erinnern: „Es sollte die letzte Nachricht von ihm

bleiben. Wir warteten täglich vergebens auf ein L ebenszeichen von ihm. Es vergingen

Wochen banger Erwartung. Erst am Tag nach dem er wähnten Namenstag – Ja kobstag,

25.7. – kam die traurige Gewissheit, dass unser Bruder im K ampf um Sewastopol schon

am 14.6.1942 gefallen war. [...] Die letzt e Ruhe fand Jakob auf dem Soldat enfriedhof in

Bajdary [auf der Krim].“

Totenzettel von Jakob Kimmel

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Abschrift der letzten Nachricht an den VaterOsten, den 3.6.1942Lieber Vater!Schicke Dir hier einige Z igarren, die ich seit einigen Wochen am Sparen bin zumNamenstag. Sie werden wohl einige Wochen zu früh ankommen, aber besser zu frühals zu spät. Kann sie ja auch nicht so gut aufheben hier , und wer weiß, ob ich nochmal so gut Z eit und Gelegenheit dazu bekomme wie jetzt. Es sind ja nicht so vielewie im Vorjahr aus Frankreich, aber ich denke, Du wirst auch mit den w enigen vielFreude haben. Wir bekommen in der Woche ja nur 2 bis 4 S tück und gestern beka-men wir Marketenderwaren, wo ich auch noch welche kaufte. Leider können wir die-ses Jahr wieder nicht zusammen N amenstag feiern, aber wollen hoffen, dass wir esnächstes Jahr wieder können. Will nun schließen, lass sie D ir recht gut schmecken,wenn ich wieder welche habe, schicke ich sie D ir wieder. Also im Voraus die bestenGlückwünsche zum Namenstag und alles Gute wünscht DirJakob

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108 Letzte Lebenszeichen

Wendelin KlicheEingesandt von Arno Kliche (Sohn)

Der am 18. März 1907 in Quilitz auf der Insel U sedom geborene Wendelin Kliche war

Schütze und der beliebte Koch seines Regiments in F rankreich. Er fiel am 15. Juni 1940

bei Changis-sur-Marne, wo ihn seine Kameraden auch begruben. Er wurde umgebettet

und ruht heute auf der Kriegsgräberstätte Fort-de-Malmaison in Frankreich.

Nachricht des Kompanieleutnants an die EhefrauFrankreich, den 9.7.1940Sehr verehrte Frau [Johanna] Kliche!Heute erhielt ich vom Regts.Stab Ihren so besorgt anfragenden Brief vom 2.7. zu ge -stellt. Ich nehme an, dass S ie inzwischen v on der 1. K omp. [Kompanie] unseresRegts.[Regiments], der Ihr lieber Mann doch eigentlich angehör te, Nachricht überseinen am 15.6. erfolgten Heldentod bekommen haben werden.Ich kann Sie nur trösten mit der Mitteilung, dass Ihr Mann einen raschen und unver-muteten Tod für seinen Führer und sein Vaterland gefunden hat in Ausübung seinesuns so notwendigen Dienstes als eifriger, nimmermüder und be währter Koch beimGe päcktross des Regts.Schütze Wendelin Kliche trat im Mai zu erst als Fahrer zum Gepäcktross und fuhr inder ersten Zeit einen erbeuteten LKW . Als eine fr z. Anhänger-Feldküche erbeutetwurde, versah er außerdem noch Kü chendienst, in dem er dann ganz und gar auf-ging. Hier war er an seinem r echten Platze. An jedem Morgen war er der E rste auf,be sorgt um das leibliche Wohl der vie len Kameraden. Mir hat er den bes ten Dienstdamit bewiesen, denn er nahm mir viel Sorge und Mühe um die B e schaf fung undEinteilung der tägli chen Nahrung und Kost ab. Und wenn wir bei dem schnellenVormarsch oft vom Regt. un ver sorgt blieben, Kamerad Kliche hat uns nie hungernund dürsten lassen. D a suchte er, bis er irgend etwas, was die Vormarsch straße inihrer Umgebung bieten konnte, fand, schlachtete, kochte und hat jedes Gericht vor-bildlich schmackhaft zubereitet. Wie oft habe ich mit ihm in aller M or genfrühe inverlassenen Gärten Spargel gestochen, Stachelbeeren gepflückt oder ir gendwo und irgendwann nach einer Wasserstelle oder einer gut getarnten und w ettergeschütztenUnterbringungsmöglichkeit für „seine“ F eldküche gesucht. Und „sei ne“ Feldküchewar immer sauber, das Essen immer pünktlich. Wir konnten uns kei nen besserenKoch wünschen als ihn. D ieses Lob wurde auch von all den O f fi zie ren und Soldaten

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Briefe aus dem Krieg 109

ausgesprochen, die gelegentlich und hungrig zu uns kamen. Darum war Koch Klichebald ein bekannter und vielgenannter Kamerad ge worden. Wir alle, aber auch alle,haben bei seinem Tode den K opf hängen lassen. D as Essen hat uns sobald nichtgeschmeckt, denn es war nicht von ihm. Er fehlte uns, wir vermissen ihn auch heutenoch immer. Keiner wird ihn vergessen, sein lebhaftes Wesen, seine Ge schäf tig keit,seine rasche Sprache. Jeder weiß von ihm etwas Gutes zu berichten. Denn sein Herzwar gut und hilfsbereit sein ganzes Wesen.Wie sehr er an Ihnen, liebe Frau Kliche, und an dem Kinde hing, das spürten wir, wenn

er Heimatpost empfing, und erfuhren es ganz besonders am letzten Abend (am 14.6.),ehe er mit Feldw. [Feldwebel] Koltermann und seinem Helfer Untffz. [Unteroffizier]Bartetzko auf der gr oßen engl. Zugmaschine mit der Küche zum R egts.Stab [Re gi -ments stab] vorfuhr. Da erzählte er uns im engen Kreise von Frau und Kind und seinerund der Familie Zukunft.Sor ge und Güte war sein Lebensner v. Der Herrgott lohne es ihm, indem er S ie Trostfinden lässt an seinem Kind in glück licher Zukunft.Feldwebel Koltermann, der ihn begleitethat und ihm auch die letzte E hre erwies,wird Ihnen die näheren Umstände seinesTodes berichten. Er hat ihn begraben, seinGrab geschmückt und photographiert.Uns rief die Pflicht zum w eiteren Vor -marsch.In herzlichem Beileidgez. Hans Schiller, Ltn.

Letzte Ruhe für Wendelin Kliche auf derKriegsgräberstätte Fort-de-Malmaison

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110 Letzte Lebenszeichen

Herbert KloosEingesandt von Gisela Kloos (Schwester)

Herbert Kloos wurde am 27. November 1927 geboren.

Er wuchs am Meer auf, in Barth an der Ostsee. Der nicht

einmal achtzehnjährige Matrose ist seit dem 10. April

1945 vermisst, als Ort wird Stralsund angegeben.

Letzte Briefe an die MutterStralsund, 3.3.1945Liebe Mutti!Nun ist schon wieder eine Woche herum, seitdem ichDeinen lieben Besuch hier hatte. Diese Woche wirdes nun nichts mit dem Ausgang, denn heute be ginntin aller Frühe eine Bataillonsgefechtsübung, die denganzen Sonnabend über dauert, und am Sonn tag ha -ben wir Gruppe vom Dienst. Es ist jetzt ¼ nach 12

und mit dem Schlaf für heute ist’s wohl aus. Ich bin nämlich von 12 bis 2 Läu fer fürOVA [Offizier vom Alarmdienst]. Hier hat sich in zwi schen allerhand verändert; un -se re Gruppe besteht nur noch aus vier M ann, alle anderen sind zur I n fan te rie ab -

kommandiert worden, und von meinen zwei Kame -ra den, die in Un ter su chungs haft waren, ist einer zumTode, der andere mit acht Jah ren Zuchthaus bestraftworden. Hoffentlich bleibt es uns erspar t, ihn selbsterschießen zu müssen. H ast Du von Gisela nochkeine Nachricht? Sie muss doch wohl auch abgehau-en sein. Nimm für heute die allerherzlichsten Grüßeentgegen von Deinem Herbert

Stralsund, 7.4.1945Liebe Mutti!Nun ist es soweit, in den nächsten Tagen, wahrschein -lich am Dienstag (kann aber auch an einem an derenTag sein) werde ich abkommandiert zur Ma rine-In -fan terie. Ja, es soll wohl nicht anders sein. Heute kamIn Barth an der Ostsee, 1943

Matrose Herbert Kloos, 1945

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Briefe aus dem Krieg 111

es ganz plötzlich. Der Zug musste antreten, dann wurde abgezählt und immer eine be -stimm te Zahl musste ausscheiden. Von 22 Mann kom men 16 zur Marine-Infanterie.Wir fahren zu nächst nach An ger mün de, werden dort kurz überholt und dann ab indie Hauptkampflinie. Für Dei nen lieben Brief, über den ich mich wieder sehr ge freuthabe, recht herzlichen Dank. Dass es mit der Bahn geklappt hat, ist ja prima. Wennsich nichts grundlegend ändert, ist es also so, wie ich oben schrieb. Bevor ich hier ab -haue, schreibe ich nochmal. Viele liebe Grüße auch an Gisela von Deinem Herbert

Mit der Mutter in Zingst an der Ostsee, 1943

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112 Letzte Lebenszeichen

Helmut KörnerEingesandt von Dr. Rosemarie Jünge (Ehefrau)

Helmut Körner wurde am 1. Mai 1920 in Terpitz gebo-

ren. Der Panzeroffizier fiel am 22. April 1945 im Halbe-

Kessel. Er galt zunächst als vermisst. Heute ruht Helmut

Körner auf der Kriegsgräberstätte in Halbe.

Zum ersten Hochzeitstag sandte Helmut Körner seiner

Ehefrau Rosemarie ein G edicht. Es sollte das letzte Le -

bens zeichen werden, das sie von ihm erhielt.

Hochzeit von Rosemarie und Helmut Körner am 26. März 1944

Sommer 1944 in Italien

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Briefe aus dem Krieg 113

Helmut Körners letztes Lebenszeichen –ein Gedicht für seine Frau zum ersten Hochzeitstag

26.3.1945

Du Sorge beugst das Herz mir nicht,denn das ist meine Zuversicht:

nach Leidenszeitfolgt Fröhlichkeit!

Mag kommen, was da kommen mag,wenn grau der Nebel, steigt der Tag

so schön emporwie nie zuvor!

Ich scheid’ von Euch an Hoffnung reich,mein Lieb und Dank bleibt ewig Euch,

und Gottes Güt’auch Euch behüt’!

Helmut Körner mit Frau und Eltern im Januar 1944 in Greifenhain bei Borna, Sachsen

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114 Letzte Lebenszeichen

Klaus KuhlowEingesandt von Christiane Berg (Tochter)

Klaus Kuhlow wurde am 8. Oktober 1910 in der kleinen

Stadt Burgwitz in Thüringen geboren. Er war Landwirt

auf seinem Gut Neuenhagen im K reis Regenwalde in

Ost pommern. Hier lebt e die F a milie mit ihr en drei

Kindern.

Am 10. März 1945 k am Klaus Kuhlow in der G egend

von Stettin ums Leben. Der Leutnant ist vermutlich als

unbekannter Soldat auf die Kriegs grä ber stät te im pol-

nischen Stare Czarnowo überführt worden.

Klaus Kuhlow

Zuhause auf Gut Neuenhagen: Vater mit beiden Kindern Kolmar und Christiane, um 1944

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Briefe aus dem Krieg 115

Letzte Briefe an Ehefrau und KinderO.U., den 23.2.1945Meine liebe Frau!Heute sollst Du schnell wieder einen Brief von mir haben, es geht mir gut und ich binganz guter Dinge, wenn auch die Tage manchmal nicht einfach sind und einen dochvieles beeindruckt. Schließlich ist es ja nun keine allzu spaßige Sache, in DeutschlandKrieg zu führen. Man denkt immer an all die armen von hier vertriebenen Menschen,deren Hab und Gut hier zerstört wird und die doch schließlich auch an ihrem Besitzhängen. Das Schloss, in dem wir hausen, ist das E igentum von sehr reichen Leuten,die sehr schöne Sachen haben, wunderbare Ölgemälde und Bücher. Dann steht hierdas ganze Kinderspielzeug herum und erinnert mich dauernd an unsere drei Bratzen.Hoffentlich bleibt Euch das erspart und wenn es auch manchmal sehr schwer ist, sokommt einem doch erst hier richtig zum Bewusstsein, worum es geht und dafür ste-hen wir ja hier.In großer Liebe denkt Deiner und der Kinder Dein Klaus

7.3.1945Meine geliebte Frau!Hoffentlich erreicht Dich dieser Brief und ich will froh sein, wenn Ihr alles gut über-standen habt. Ich habe mit Schrecken den Wehrmachtsbericht gehört, dass der Feindschon bei Plathe steht, und ich bin in großer Sorge um Euch, ob es Dir auch geglückt

ist, rechtzeitig fortzukommen. Aber ich hoffe und bange jetzt um Nachricht, über al lesandere wollen wir nicht reden, wenn Ihr nur gesund seid und mir erhalten bleibt, dannist alles gut. Aber Materialien kann man wieder er werben, die Hauptsache seid Ihr.Ich habe an Frau Hansen geschrieben und dieser Brief geht dort hin. Wir haben schwe -re Kampftage und der Russe drückt sehr und es ist zu allem ander en nicht leicht.In Liebe denkt immer DeinerDein Klaus

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116 Letzte Lebenszeichen

Heinrich KullickEingesandt von Iris Czyrnik (Großnichte)

Heinrich Kullick wurde am 6. August 1919 in Herten im

Ruhrgebiet geboren. Sein Verbleib war der Fa milie bis

ins Jahr 2009 nicht bekannt. Nach for schun gen haben er -

geben, dass der Gefreite am 8. Sep tember 1943 in Fol ge

seiner Verwundungen im Feld la za rett in Lesja verstarb.

Seine letzte Ruhe hat Heinrich Kullick auf der Kriegs grä -

ber stätte in So lo gu bow ka bei St. Pe ters burg.

Brief an die ElternRussland, 5.9.1943Liebe Eltern!Heute, da ich das zw eite Päckchen erhalten habe,möch te ich E uch gleich einen B rief schreiben, ge -sund heitlich geht es mir noch sehr gut, dasselbe ich

auch von Euch hoffe und wünsche, der Kuchen war genauso wie im ersten Päckchenverschimmelt, es ist schade, aber dafür waren die Plätzchen gut und haben noch malso gut geschmeckt, ich habe mich sehr darüber gefr eut und nochmals besten D ank,Mutter, wenn Du mir noch mal Kuchen schickst, packe ihn nicht in Pergament ein,sonst wird er wieder schlecht bei mir ankommen, leg ihn einfach hinein.Liebe Eltern, von Lidi hab ich auch Post bekommen, ich habe mich sehr gefreut undwie sie schreibt, hat sie es ja ganz gut getr offen, na, das ist die H auptsache und dasfreut mich, sonst gibt es hier nichts Neu es, es knallt wohl noch, aber lange nicht mehrso wie einst vom 23.8. – 27.8., einen kleinen Splitter hab ich auch bekommen, an derHand, ist aber nicht schlimm. Morgen begraben wir einen Kamerad von mir, 19 Jah re,wir beide haben zusammen im Loch gelegen, von meiner Gruppe sind wir noch zweiMann, einer aus Gelsenkirchen und ich. Liebe Eltern, ich schicke meine Besitz ur kun -de fürs Verwundetenabzeichen mit. Va, sieh mal zu, ob Du nicht eins kaufen kannstund Westwall-Ostwall und Kriegsverdienstkreuz 2. Klas se mit Schwer tern, so als eineSchnalle, lass [es] aber zu Hause liegen, wenn ich in Urlaub komm, dann hab ich es,es soll nämlich nichts mehr geben von dem Zeug.Nun, liebe Eltern, seid recht herzlichst gegrüßt von Eurem Sohn HeiniGruß an Walter

Heinrich Kullick, Oktober 1941

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Brief an den Schwager WalterRussland, 8.9.1943Lieber Walter!Heute endlich komme ich dazu, Dir Deinen Brief zu beantworten, es hat zwar langegedauert, aber vorne im Loch geht es beim besten Willen nicht, dort nimmt man we -der Schreibzeug oder all den andern Kram mit, na, heute geht es ja wieder , vergan-gene Nacht wurden wir abgelöst, 5 Tage waren wir im Dreck gewesen, das heißt: einLoch geschanzt, bis am Bauch im Wasser, nichts Besonderes zum Essen und Trinken,es ist wohl alles genügend vorhanden, bloß das Vorbringen ist so schlecht, na, ich glau -be, wenn Du mich oder Va und Mo mich gesehen hätten, würden mich nicht erkannthaben. Aber leider ist auch der letzte aus meiner Gruppe gefallen, so bin ich noch dereinzige Überlebende von der Gruppe, es ist schade um die Jungens.Ich sage nur eins, Walter, danke Gott und sei zufrieden, dass Du dies nicht alles mit-machen brauchst, der erste Krieg war wohl hart, aber zu diesem kein Vergleich. Aberich sag immer, es geht alles vorüber, bist Du nicht derselben Ansicht? Na, Walter, jetztmal zu Dir, wie fühlst Du Dir denn jetzt so, so ganz allein? Wo Lidi nicht da ist, vor3 Tagen bekam ich v on Lidi Post, ich habe mich sehr darüber gefr eut, ich dachteschon, sie hätten mich vergessen, aber doch nicht, denen gefällt es dor t in O.Bayernsehr gut, lass sie ruhig unten für die kurze Zeit, wo der Engländer den Zirkus macht,aber wenn ich in U rlaub komm, wird alles wieder O.-kee sein, w erden wir wiedereinen Kräftigen heben, Walter??????Glaub mal, ich denke so oft an den letzten Tag von meinem Urlaub, war das nicht einrichtiger Abschied, bloß zu Hause müsste er gefeiert werden, wär es noch mal so schöngewesen, na, in Zukunft werden wir es anders machen, was macht den der Rennsportnoch, Walter? Fährst du noch nach Gelsenkirchen? Wenn ja, schlag mal zu, ich schickDir Geld und dann halb-halb.Und wie geht es Dir denn noch so? Mir immer noch solala.Und wie geht es zu Hause? Kommt der Tommy noch in dem Maße?Nun, Walter, will ich schließen, lass es D ir gut gehen und sei her zlichst gegrüßt vondeinem Schwager HeiniGruß an Vater und Mutter

Nachricht eines Kameraden an die ElternIm Felde, den 17.10.1943Sehr geehrte Familie Kullick!Im Besitze Ihres Schreibens vom 28.9.43 will ich Ihnen kurz schildern, wie Ihr SohnHeini verwundet wurde.

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118 Letzte Lebenszeichen

Ich kann leider heute nicht mehr genau sagen, ob es am 8. oder 9.9. war . Ich selberwar damals Schreiber der Einheit Feldpostnummer 10118 A. I hr Sohn befand sichbeim Tross, da er wunde Füße hatte. An dem [... unleserlich ...] Tage setzte uns dierus sische Artillerie einige schwere Sachen in den Trossraum. Ihr Sohn saß in einemZelt und las die soeben empfangene P ost aus der Heimat. In einer Entfernung vonca. 20 mtr schlug eine G ranate auf einen Baumstumpfen, was eine erhöhte Split ter -wir kung zur Folge hatte. Ihr Sohn erhielt nun einen Granatsplitter in die linke Schul -ter, der in der M itte der Brust seinen Ausgang fand. Auch wurde er an der r echtenHand verwundet. Ich selber habe geholfen, Ihren Sohn zu verbinden. Leider war dieVer wundung so schwer, dass der Tod schon seine H and nach ihm ausstr eckte. Ichhabe ihn dann noch in einen Sanka [Sanitätskraftwagen] verladen helfen und im Stil -len gehofft, dass er doch noch durchkommen möchte. Ich habe Ihren Sohn als einenehrlichen und aufrichtigen Kamerad kennen gelernt und w erde ihn auch so schnellnicht vergessen.Ihnen möchte ich an dieser S telle meine her zlichsten Anteilnahme aussprechen zudem großen Verlust, der S ie getroffen hat. Weiß ich doch, wie schmer zlich es ist,einen geliebten Menschen zu verlieren, da ich persönlich selber hart getroffen wurde,da ich durch Bombenterror meinen Vater verloren habe und meine Mutter heute [...unleserlich ...] schwerverletzt in einem Krankenhaus liegt. So will ich schließen in derHoffnung, dass ich I hnen mit meinen A usführungen dienlich gewesen bin. Leiderkann ich Ihnen kein B ild beschaffen, da wir zur Z eit in einem ganz ander en Ab -schnitt eingesetzt sind. Auch dürfte es sich in der Z ukunft nicht mehr machen las-sen, da durch Frontverkürzungen die Grabstätte nicht mehr in unser er Hand seinwird. Es grüßt Sie herzlichst IhrWilly LoscheldenObergefr.F.P.Nr. 27756 C

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Bild des Grabes, vermutlich vom 8.9.1943

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Briefe aus dem Krieg 121

M„Ja, der Kampf hier ist sehr erbittert und hart und es gibt täglich viele, viele Ausfälle, trotzdem habe ich das Gefühl,

dass ich durchkomme. Ängstigt euch also nicht, sondern vertraut unserem Herrgott,

der’s schon recht macht!“

Hans Müller an seine Familie. Am 10. August 1942 an seinen Verwundungen gestorben.

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122 Letzte Lebenszeichen

Philipp MaulEingesandt von Heidrun Kern (Nichte)

Philipp Maul ist am 25. Juni 1913 in Dietzenbach gebo-

ren. Schwer verletzt schrieb der Unteroffizier seinen letz -

ten Brief von einem Hauptverbandsplatz in der Nähe

von Smo lensk. Abgeschickt wurde der Brief von einem

Kameraden. Philipp M aul verstarb am 16. Juni 1943.

Seine Kameraden beerdigten ihn auf dem Friedhof von

Duchowschtschina in Russ land, wo Philipp M aul Re -

cher chen zufolge noch heute ruht.

Abschrift des letzten Briefes an den BruderHeinrich Maul und dessen Frau Ka tharina. Mit den Grüßen an Zuhause und Liese sindEltern und Schwester gemeint.8.6.1943

Ihr Lieben!Entschuldigt als Erstes meine Schrift, I hr werdet es schon mer ken, warum es nichtgeht. Vielen Dank für Euer Päckchen vom 23.5. Wie Du schreibst, warst [Du] alleinezu Haus; sei froh, dass Du Dir noch die Ruhe gönnen kannst. Auch ich werde für dienächste Zeit etwas R uhe haben, aber R uhe mit sehr gr oßen Schmerzen. Denn am 17. auf 18.6. wurde ich an einem schweren Bauchschuss ganz komisch verletzt. [...]Jetzt liegt man hier, obwohl es noch geht. Ich wurde gleich operiert, was von großerWichtigkeit war. Wir haben nämlich einen Fachmann für Bauch schüsse mit diesemArzt [… unleserlich …], er arbeitet sehr gut. Jetzt, das Unglück wollte es zum zweitenMal, ein paar Tage später bekam ich eine L ungenentzündung dazu, jetzt begannendie Schmerzen zum zweiten Mal. Ich will so langsam wieder Schluss machen, dennmeine Augen und Arme wollen nicht mehr , bin schon schwach. G ehe nach Hauseund zu Liese und spreche dort Bescheid über meine Lage, denn ich kann nicht jedemschreiben. Liege noch im H auptverbandsplatz, weil ich noch nicht transpor tfähigbin. Nun will ich schließen und wünsche Euch alles Gute.Bis auf ein WiedersehenPhilippGrüße an zu Hause und Liese

Philipp Maul, 1913

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Briefe aus dem Krieg 123

HauptverbandsplatzFeldp.Nr. 35530O.U., den 18.6.1943Liebe Frau Maul!Ich habe die schwere Pflicht Ihnen mitteilen zu müssen, dass I hr Mann, der Unter -of fizier Philipp Maul, am 16. Juni 1943 verstorben ist. Wie Ihnen Ihr Mann schonun terdessen selbst mitteilen konnte, wur de er am 28. M ai 1943 mit einer B auch -schuss verletzung auf unserem Hauptverbandsplatz eingeliefert. Die Ope ra tion gingglücklich vorüber und die H eilung der Wunde hatte schon so gute F ort schritte ge -macht, dass mit einer Lebensgefahr nicht mehr zu rechnen war. Da trat im Laufe desSpätnachmittages des 15. J uni 1943 eine doppelseitige L ungenent zündung ein, dieder noch geschwächte Körper nicht zu über winden vermochte. Am Morgen des fol -gen den Tages trat dann gegen 5 Uhr der Tod ein.Auf dem Heldenfriedhof von Duchowschtschina wurde Ihr Mann heute früh um 10 Uhr an der S eite seiner Kameraden beigesetzt. E in Bild vom Grabe wird Ihnendurch die Bildstelle der Einheit F.Nr. 09375 zugesandt. Die Kompanie der Ge fal le nenübernimmt die Übersendung der hinterbliebenen Wertgegenstände.

Foto des Jahrgangs 1913 unmittelbar nach der Musterung, ca. 1932/33

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In herzlicher Anteilnahme empfinde ich mit I hnen den Schmerz, der S ie bei Em -pfang der Trauernachricht erfüllt. Der Krieg hat nun von Ihnen das schwerste Opfergefordert. Ihr Mann starb an den Folgen einer Verwundung, die er sich beim Einsatzin treuer soldatischer Pflichterfüllung zugezogen hatte. Trauernd stehen wir hier imFelde an den H eldengräbern unserer gefallenen Kameraden, aber auch in dem B e -wusst sein, dass jeder von uns ebenso wie sie bereit sein muss, sein Leben einzusetzenfür die Sicherheit der Heimat.Diese letzte Einsatzbereitschaft ist notwendig geworden, um den bolsche wistischenFeind von den Grenzen unseres Vaterlandes abzuhalten. In der Gemeinschaft mit alljenen Frauen und Müttern, die ein gleichgroßes Opfer bringen mussten wie Sie, mö -gen Sie Kraft und Trost finden in dem Schmerz um den lieben Toten. Ich spreche Ih -nen zu dem schweren Verlust mein aufrichtiges tiefempfundenes Beileid aus.Mit deutschem Grußgez. Dr. KöppelOberstabsarzt

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Hochzeitsfoto des Bruders Heinrich und seiner Frau Katharina Maul vom 7. August 1937

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Briefe aus dem Krieg 125

Georg MüglitzEingesandt von Renate Mehrens (Tochter)

Georg Müglitz wurde am 3. Juni 1908 in Berlin gebor en. Als die Familie im Januar 1945

aus Berlin flüchten musste, hatte sie noch keine Nachricht über seinen Tod. Erst wesent-

lich später erhielt sie da von Kenntnis, dass der Vater am 31. Januar 1944 in Russland

gestorben war. Nachforschungen haben inzwischen ergeben, dass der Feldwebel einen

Kilometer ostwärts von Busuluk, einer Stadt im südlichen Russland (Oblast Or enburg),

begraben ist.

Renate Mehrens, die damals fünfjährige Tochter von Georg Müglitz, hofft: „Am 1. Mai

2010 bin ich 71 Jahre alt geworden und glaube, dass ich zu Lebzeiten das Grab meines

Vaters noch einmal sehen darf.“

Brief an die Ehefrau HildegardMüglitz, vom 6.1.1941Liebe Mammi!Das war ein Drama! Ich fuhr zum Schlesier Bahnhof. Nach langem Warten hieß es,dass einige Züge ausfallen würden. Als dann um 20:10 [Uhr] ein D-Zug einfuhr, stieg

Hildegard und Georg Müglitz mit ihren beiden Kindern, 1942 in Küstrin an der Oder

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126 Letzte Lebenszeichen

ich kurz entschlossen ein, da dieser schon 17:10 Uhr abfahr en sollte und ich damitrechnen musste, dass der Zug [um] 19:37 Uhr, mit dem ich fahren sollte, bald eben-solche Verspätung haben würde. Der Anschluss in Frankfurt/Oder klappte und um24:00 Uhr war ich im Lager.Als Urlauber brauchten wir heute früh nicht mit heraus zum Schießen; mussten unsum 9:00 Uhr melden und fuhr en dann mit Pfer dewagen in den Wald Holz holen.Um 12:00 Uhr waren wir zurück. Nachmittags Schnee fegen, Waffen reinigen. DerTag fing also gut an.Bei meiner Ankunft fand ich B riefe von Grössin [Tante von Georg Müglitz] undJenne vor.Der Urlaub war zu schön und ich werde noch oft und lange daran zurückdenken. Seiguten Mutes, liebe Mammi, es wird schon alles gut w erden. Ich danke Dir herzlichfür alles Gute, auch für das „P e t“ [Paket] vom Bahnhof Putlitzstraße. Bis jetzt habeich schön „Happa-Happa“ [Essen] machen können.Nun sei herzlichst gegrüßt. Dir und der Mäusi [die Tochter Renate] viele KüsschenEuerPappi

Brief an die Familie17.11.1942, geschrieben im RigaerLazarettMeine letztwillige VerfügungIch will zunächst betonen, dass diese Zei -len nicht etwa aus einer trüben S tundeoder gar einer Todesahnung heraus ent-standen sind. Dieser Brief hat damit nichtsgemeinsam.Auch soll er kein Testament sein, das mei -nen Angehörigen etwa meinen Willen auf -zwingen will. Weiß ich doch keineswegs,ob eine spätere Zeit und ihre Auswir kun -gen auf die Menschen mit meinen heuti-gen Ansichten überhaupt noch in E in -klang zu bringen ist. D ie finanzielle An -ge legenheit bedarf keiner länger en Be -handl ung. Nach einem bereits bestehen-den Testament fällt alle meine H abe un -

Die Kinder Renate und Joachim (zehn undacht Jahre alt), 1948 oder 1950 im Sommer

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geteilt meiner Frau zu. Ich will Dir, liebe Hildegard, dankbar sein, wie es je ein Menschsein kann, für das, was D u mir gewesen bist in den kur zen Jahren unserer überausglück lichen Ehe: Kamerad, Geliebte und Mutter Deiner Kinder, zu den oftmals auchich mich rechnete. Du vermitteltest mir ein Glück, das mich, den doch das Leben ofthart angefasst hatte, mit vielem v ersöhnte, ein Glück, das mich in mancher trübenStunde der letzten Jahre immer wieder hochriss und mich manches erreichen ließ, vordem ich sonst verzagen wollte. Deine Tapferkeit hat mich mit Stolz erfüllt; denn nichtsträgt sich wohl schwerer als das Los einer Krieger frau. Und so möge Dir auch nachmeinem Tode ein Glück beschieden sein, auf das Du Anspruch hast durch die Liebeu. Güte, die Du mir entgegengebracht hast. Ich weiß, dass Du dazu nichts tun wirst,was unserem Namen und unser er Kinder unwürdig ist. Was Du auch immer tunmagst, es wird richtig sein! Lass Dich nicht durch eine unfruchtbare Trauer um michum Dein Lebensglück bringen. Nur eine Bitte: vergiss nie über D einem Glück dasGlück unserer Kinder. Solltest Du also eine Verbindung eingehen, so denke dabei ansie. Der Gedanke, dass sie vielleicht einmal als H albwaisen aufwachsen sollten, hatmir manches Mal die Augen feucht werden lassen. Und nur der Gedanke, sie in Dei -ner Obhut zu wissen, gab mir Trost. Erziehe sie zu braven Menschen, die sich in al -

lem vor Augen halten mögen, dass sie vie -les von ihrem Sein denen verdanken, diefür sie starben. Verschaffe ihnen, w ennmöglich, eine gute Ausbildung.Den Entscheid über Schließung oderFort führung des Geschäftes überlasse ichDir. Du magst selbst beurteilen, was hieram zweckmäßigsten ist. S ollte die H in -ter bliebenen-Unterstützung ausreichendsein, so sehe ich keine U rsache, Dichdurch Fortführung des Geschäftes Dei nenKindern zu entziehen. A ber Du magstdarin selbst entscheiden.Euch, liebe Eltern, wünsche ich Kraft undTrost, diesen Schicksalsschlag zu über -winden. Es ist immer mein Wunsch ge we -sen, Euch in glücklichen F riedens zei tenfür das zu entschädigen, was der Krieg anNot und S orge über E uch brachte undEuch meine D ankbarkeit zu er weisen.

Hildegard Müglitz mit ihren Kindern Joachim und Renate, 1948

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Ihr habt in den letzten Jahren viel Kummer erleben müssen und ich freue mich daherüber jede Stunde, in denen es meinen Lieben und mir gelang, E uch aufzuheitern.Und nun ist auch Euer „Kleiner“ [die Eltern hatten drei Söhne, Georg Müglitz warder Jüngste] zu einem Sorgenkind geworden.Auch in Euren Herzen, liebes Röschen und lieber Richard [Richard war sein Bruderu. Röschen dessen Frau] werde ich eine Lücke hinterlassen, wie ich wohl annehmendarf. Die schwere Zeit hatte uns doch einander nähergebracht, und ich versprach mirviel von der Zeit nach dem Krieg. Ich wünsche Euch und Euren Kindern von Herzenalles erdenkliche Glück, das einem M enschen beschieden sein kann. M eine Bitte:nehmt Euch meiner Lieben an. Mag dies mit Mühen und Umständen für Euch ver-bunden sein, so denkt bitte daran, dass mir nichts zu viel sein dur fte, bis ich dieAugen schloss.Nun zu Euch, liebe Omi u. lieber Opi [die Schwiegereltern]. Eure Liebe u. Güte, dieIhr mir und meinen Lieben entgegenbrachtet, hat mir manche S orge abgenommenund mir vieles leichter gemacht. Ich kann Euch daher nur bitten, ihnen auch weiter-hin, besonders aber jetzt Trost und Stütze zu sein.Euch alle aber bitte ich immer wieder her zlich, nehmt E uch meiner Lieben an.Schließt Euch enger zusammen und füllt dadur ch die Lücke aus, die ich hinterließ.Von ganzem Herzen sei Euch allen nochmals Dank für alle Liebe u. Güte, die Ihr mirzuteil werden ließet. Ich kann es Euch nun nicht mehr vergelten.Ich wünsche Euch allen ein Leben voller Glück und Zufriedenheit. Lebt wohl.Euer Georg

Fuhrbetrieb Müglitz in Berlin-Moabit: zehn Tempowagen mit neun Fahrern, ein Wagen wur -de von Georg Müglitz gelenkt – wie hier auf dem Foto: eine Fahrt nach Küstrin, 15.9.1935

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Letzter Brief an die Ehefrau Hildegard27.1.1944, 21:45 UhrMeine liebe, gute Mammi!Ich benutze die morgige A bfahrt eines Urlaubers, um Dir ein paar Z eilen zu über-mitteln. Mir geht es – wie gestern schon mitgeteilt – gut, ich bin gesund und munter .Unbeschreiblich aber ist es, was die Männer auszuhalten haben. Sie liegen nun schonwochenlang draußen, frei in Erdlöchern, ohne Dach bei Frost, Schnee und Tauwettermit Regen in einem Schlamm ohnegleichen. Ich habe dies ja auch bald zwei Jahre lang

mitmachen [müssen]. Als Mann in der Gruppe weiß [ich] also nur zu genau, wie hartu. entbehrungsreich so ein Leben ist, das einem Menschen nicht einmal die be schei -dene Behaglichkeit eines Tieres gestattet, das zum Abend seinen Bau beziehen kann.Mein Urlaub ist noch nicht spruchreif. Die nächste Platzkarte dürfte einem Kame ra -den – Vater von vier Kindern – zustehen, dessen F rau ernstlich erkrankt ist u. mitdem Ableben gerechnet wird. Sonst weiß ich nicht viel zu berichten. I ch hab Euchalle sehr lieb und schenke E uch in Gedanken viele Küsschen. Manchmal denke ichauch an Nahkampf, „entschuldige“ und meine auch [...], weise diese Gedanken aberschnell als unzeitgemäß von mir.Im Übrigen werde ich Euch schon auf Vordermann bringen. Junge, Junge, ich undFeldwebel. Wenn mir das jemals einer gesagt hätte. A ber manchmal findet sogar einblindes Huhn ein Korn. Hoffentlich verkehrt Tante Julchen [Bekannte seiner Mutter]noch mit ihrer Bekannten, wo doch ihr Neffe Feldwebel geworden ist. Ja, so fällt mandie Leiter hinauf. [...] Wir haben seit der Verwundung von Lt. [Leutnant] Langer am

Geschäftsbogen der Firma Müglitz – In seiner letzwilligen Verfügung überlässt Georg Müglitzdie Entscheidung über Schließung oder Fort führung des Geschäftes seiner Ehefrau.

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31.12. den zw eiten Kompanie-Führer. Der erste ist A djudant bei einem ander enBataillon geworden. Der zweite und jetzige, Lt. Fricke, führte die Kompanie, als ichim Dez. 1942 zum zweiten Mal verwundet wurde, und wurde dann am 5. März 1943selbst verwundet. So, nun weißt Du alles aus meinem ereignisreichen Leben.Lebt wohl, seid recht herzl. gegrüßt u. geküsst vonEurem Pappi

Nachricht des Hauptfeldwebels der Kompanie Altenburger 5.2.1944Sehr geehrte Frau Müglitz![...] erfülle ich heute die schmer zliche Pflicht Ihnen mitzuteilen, dass Ihr Gatte, derFeldwebel Georg Müglitz, Träger des EK II [E isernes Kreuz 2. Klasse], der N ah -kampf spange, des Verwundetenabzeichens in Silber, des Infanterie-Sturmabzeichensin Silber sowie der O stmedaille, am 31.1.1944 im Laufe der schw eren Ab wehr -kämpfe südöstlich Krivoi Rog gefallen ist. [...] E r starb bei der A bwehr eines feind-lichen Angriffs am Morgen des 31.1.1944 durch Granatsplitterverletzung am Kopf.Der Tod war sofort eingetreten. [...]

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Hans MüllerEingesandt von Hans Müller (Sohn)

Hans Müller, geboren am 21. Februar 1903 in Bei mer -

stetten, wurde am 9. August 1942 beim Angriff auf rus-

sische Stellungen bei K alatsch Donskaja durch einen

Bauchschuss verwundet. Er verstarb am darauffolgen-

den Tag, dem 10. August, und wurde beim Haupt ver -

bands platz Platonow begraben. Den letzten Brief an

die Familie hatte der als Sanität er eingesetzte Soldat

hoffnungsfroh zwei Tage vor seinem Tod geschrieben.

Letzter Brief an die Familie8.8.1942Liebes Hexle!Liebe Mutter!Liebe Lissi und lieber Hansi!Grüß Euch Gott zusammen, Ihr Lieben! Heute Nacht wurden wir wieder für einenTag aus der S tellung zurückgezogen, und ich will die G elegenheit nützen, Euch zuschrei ben. Anbei auch wieder eine Paketmarke, damit Ihr mir ein größeres Paket schi -cken könnt. Vergesst den Süßstoff nicht und dann vor allem Gebackenes! So eine ArtKuchen – das schmeckte mir, wenn’s möglich wäre – In den letzten Tagen schrieb ich in der Stellung (Donbogen) etliche Karten, eine da -von, der Sicherheit wegen auch nach Bollingen. Wir haben wieder sehr schwere Tagehinter uns. Die Russen greifen fortgesetzt an. Unsere Kompanie hat schon mindes -tens 50 Prozent Ausfall. Das ist dann kein erhebendes Gefühl, wenn man nach demRu hetag wieder in Stellung muss. Gestern habe ich einen schwer verletzten Ka me ra -den den Russen 60 Meter vor dem Maschinengewehr weggeholt. Ich konnte unddurf te ihn doch nicht einfach liegen lassen – und es ist mir nichts dabei passier t,obwohl die Russen wie wild schossen! Als ich ihn in S icherheit hatte, da habe ichmich recht von Herzen gefreut und unserem Herrgott gedankt, dass er’s gelingen ließ!

Übri gens geschah dies am selben Platz, wo ich neulich mit einem Kameraden zusam-men stundenlang mutterseelenallein zwischen circa 25 bis 30 russi schen Panzern lag.Ich schrieb Euch damals, ich sei dur ch ein Wunder gerettet worden, und ich seh ’sheute noch so an. J a, der Kampf hier ist sehr erbitter t und hart und es gibt täglich

Hans Müller

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viele, viele Ausfälle, trotzdem habe ich das G efühl, dass ich dur chkomme. ÄngstigtEuch also nicht, sondern vertraut unserem Herrgott, der’s schon recht macht! Wennwir erst über den D on wären und der Wolga zu gingen, dann hätten wir wohl dasSchlimmste hinter uns.Nun grüße und küsse ich E uch alle! Bleibt mir gesund und denkt meiner in Liebe;wie auch ich täglich voll Liebe bei Euch bin!Denn ich bin ja immer und immer ganzEuer Hans

L.A. [Liebe A ...]! Solltest Du in nächster Zeit ein paar Mark weniger Gehalt bekom-men, dann kommt das daher , dass ich als G efreiter mehr Löhnung bekomme. I chschicke dafür das Geld heim!Ganz Dein Bub!

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Das Grab auf dem Soldatenfriedhof bei Platonow

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Briefe aus dem Krieg 135

N„Ich will nun den Versuch machen, ob mich nicht doch von

Dir irgendein Lebenszeichen erreicht, und zwar sei doch so gutund schreibe sofort an die hiesige Adresse. Wahrscheinlich

werde ich noch einige Tage hier sein.“

Der frisch vermählten Karl-Wilhelm Neitzke an seine Frau. Vermisst seit 3. März 1945.

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Werner Arthur NassEingesandt von Renate Bruhn (Tochter)

Werner Arthur Nass wurde am 15. März 1911 in Gr au -

denz geboren.

Der Un ter offizier starb am 26. Januar 1944 „im Osten“.

Bis heute konnte nicht in Er fah rung gebracht werden,

wo sich sein Grab befindet.

Briefe an die Ehefrau Edeltraud in Stettin1.1.1944Liebe Trautel!Nur einen kurzen Neujahrsgruß aus vorderster Linie.Es fällt mir alles sehr schw er. Ver dreckt und müdeverbringt man in kalten und feuchten Erdlöchern dieZeit und hat seine Mühe, die R ussen fernzuhalten.Doch trotz allem bin ich doch guter und zuversicht-licher Stimmung.

Was die kommende Zeit bringen mag, wis sen wir nicht, man muss eben an ein un -erbittliches Schicksal glauben, gegen das man nicht wieder ankommt.Die Post wird in nächster Zeit noch spärlicher werden als bisher.Mach Dir keine unnötigen Sorgen!Viele liebe Grüße und Küsse Dir und den KindernDein Werni-Mann

18.1.1944 [Geburtstag seiner Frau Edeltraud]Liebe kleine Frau!Endlich ist die Verbindung mit Euch wieder hergestellt! S eit dem 27.12.1943 habeich die schwersten Tage in meinem ganzen Leben gehabt. – Tag und Nacht in Kälte

und Schnee im Erdloch oder im Strohhaufen! Dazu schwere Kämpfe und Strapazenseelischer und körperlicher Art, wie ich sie bisher noch nicht dur chgemacht habe. –Doch wir wollen hoffen, dass alles w eiter so gut geht, wie bisher ... bis auf er froreneFin ger- und Zehenspitzen geht’s doch noch einigermaßen.

Arthur Werner Nass, sein Ver -merk: tief in Polen – 7 km vorrussischer Grenze – Sept. 1940

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Bloß keine Post – – – auch nicht die Weihnachtspäckchen. –Grüße alle, auch meine Eltern, ich bin zu schlapp und müde, um mehr zu schreiben! –Hast Du Blumen zu Weihnachten und heute gehabt? In aller LiebeDein Werni-Mann

Die Nachricht vom Tod durch den KompanieführerIm Osten, 5.2.1944Sehr geehrte Frau Nass!Ich habe die traurige Pflicht, Ihnen den Heldentod Ihres lieben Mannes, unseres un -vergesslichen Kameraden, anzuzeigen. Ihr Mann fiel am 26.1.1944, v ormittags um

Hochzeitsfoto von Edeltraud und Arthur Werner Nass, 14. April 1938

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10:00 Uhr, in vorbildlicher Pflichterfüllung durch Artl. Volltreffer [Artillerie-Voll -treffer]. Durch Splitter in Kopf und Brust wurde unser Kamerad tödlich getr offen.Obwohl ärztliche Hilfe zur Stelle war, konnte der Arzt nur noch den sofortigen Todfeststellen. Vielleicht ist dies ein kleiner Trost für den schweren Verlust, der Sie betrof-fen hat, dass Ihr Mann nicht gelitten hat.Nehmen Sie, liebe Frau Nass, meine und der K ompanie wärmste Teilnahme entge-gen. Wir alle verlieren in ihm einen guten, allz eit fröhlichen Kameraden und einenun erschrockenen Soldaten.Wir haben unseren Kameraden am glei chen Tage mit militärischen Ehren auf ei nemFriedhof zur letzten Ruhe ge bettet.Die Komp. wird sein Andenken stets in Ehren halten. In unseren Reihen wird er un -vergessen bleiben.Möge Ihnen die Zeit helfen, diesen schw e ren Verlust zu tragen. D ie eigenen Sa chenIhres Mannes und sein G eld gehen I hnen durch die F eldpost zu. Wegen Ih rerVersorgung wenden Sie sich bitte an Ihre Gemeindebehörde. Ich verbleibe mit demAusdruck aufrichtiger Teil nah me und Heil Hitler!Ihr KüstnerLeutnant und Komp.Führer [Kompanie-Führer]

Edeltraud Nass 1948 in Brunsbüttel/Schleswig-Holstein, nunmehr alleinerziehend, mit ihrendrei Kindern, alle in Stettin geboren in den Jahren 1940, 1941 und 1944

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Karl-Wilhelm NeitzkeEingesandt von Adele Neitzke (Ehefrau)

Karl-Wilhelm Neitzke wurde am 10. Oktober 1910 in

Kös lin geboren und wuchs in Kol berg auf. Seit 3. März

1945 ist der Hauptf eldwebel im G ebiet der Danziger

Bucht vermisst.

Zwei Monate zuvor, am 3. Januar 1945 hatte Karl-Wil -

helm Neitzke seine F rau Adele geheiratet. Für A dele

Neitz ke war es Liebe auf den erst en Blick gewesen, als

sie Karl-Wilhelm Neitzke im Juli 1944 in einem K ino in

Hohensalza kennen gelernt hatte. Am 14. Januar 1945

musste er wieder zur Truppe. Adele Neitzke erzählt:

„Von mir hat er nie mehr etwas gehört, denn ich war am

18. Januar [1945] im Treck geflohen und am 22. Ja nu ar

in russische und polnische Gefangenschaft geraten.“

Briefe des frisch Vermählten an seine FrauThurow – Neustettin, 29.1.1945Mein liebes Adale!Nach wochenlangen Märschen bin ichnun hier auf einen Tag, um zu übernach-ten. Den Russen bin ich G ott sei Dankent wischt. – Es war nicht immer leicht.Überall, wo man hinwollte, tauchte im -mer wieder eine Panzerspitze der Russenauf. Ich habe nun noch dr ei Kameradender Division gefunden, und wir wollenversuchen, unsere Einheit doch noch zufin den. Tag und Nacht haben wir oft nichtschlafen können, aber nun haben wir dasSchlimmste geschafft. – Wenn ich so täg-lich die F lüchtlingskolonnen sehe, habeich dauernd an Dich denken müssen. Ich

Karl-Wilhelm Neitzke, 1942

Mit Verwandten und der Mutter, 1927 inKolberg; rechts Karl-Wilhelm Neitzke

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habe viele Bauern aus dem Kreise Hohensalza getroffen und dachte, Dich immer zufinden. Wenn Du doch nur in Goldhausen wärst und nicht irgendwo auf der Land -stra ße! Du kannst nun vorläufig nicht an mich schreiben, weil ich nicht weiß, wo ichlande. Hoffentlich bekommst D u diesen B rief! Gestern gab ich einem F lüchtlingeinen Brief für Dich mit. Ich schicke die Post vorläufig nach Goldhausen. Morgenfrüh wollen wir nach Neustettin, vielleicht hören wir dort Näheres. Bist Du auch schöngesund? Zieh Dich nur immer schön warm an – auf Schönheit kommt es dabei nichtan. Die Hauptsache, Du frierst nicht.So, mein Liebes, grüße Deine lieben Eltern und Verwandten und sei Du besonders herz lich gegrüßt und geküsstvon Deinem Karl-Wilhelm

Zollbrücke, den 1.2.1945Mein herzliebstes Adale!Bin nun hier im Bahnhofshotel für zwei Tage einquartiert und mache Streifendienst.Wenn ich nur wüsste, ob D u nun tatsächlich in G oldhausen gelandet bist. Täglichdenke ich, wie Du wohl aus Reisern fortgekommen bist. Ach, wenn nur alles gut ge -gangen ist und Du nicht zu schlimme Tage durchmachen musstest. Es ist so fur cht-bar schwer für mich, dass ich von Dir kein Lebenszeichen bekommen kann. Wie schön

Karl-Wilhelm Neitzke beim Skilaufen im Harz

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Briefe aus dem Krieg 141

waren die Tage unseres Beisammenseins und wie schwere folgten. Dass ich noch lebe,ist wirklich ein Wunder. In allem, was ich tue, denke ich an D ich. Ich mache mir soviel Gedanken, ob Du wohl Deine Sachen aus Reisern bekommen hast. Und wo mö -gen von Huenes geblieben sein. An Deine Eltern habe ich noch gar keinen richtigenDankesbrief schreiben können. D en ganzen Tag auf A chse und keinen richtigenSchlaf – das ist manchmal doch wirklich ... Was aus meiner Kompanie geworden ist,bleibt mir bis jetzt schleierhaft. Die Suche setze ich fort. Ich vermute sie bei Traudenz.Ich setze Dich laufend weiter von meinem weiteren Verbleib in Kenntnis. Falls Dunicht in Goldhausen bist, werden ja Deine Eltern die Post weiterleiten. Bleib mirrecht gesund, mein Kind, und lass Dich herzlich grüßen und küssenvon Deinem Karl-Wilhelm

Stolp/Pöm. 3.2.1945Meine herzliebste Adale!Sitze nun eben wieder in Stolp/Pom. und hoffe, nun richtig weitergeleitet zu werden.Es soll Richtung Gotenhafen gehen, woran ich aller dings noch nicht glaube. Wennnur der Zugverkehr funktionieren würde. Gestern habe ich ein sehr nettes Q uartierin Zollbrücke gehabt bei einer Kaufmannsfamilie. Es war direkt ein Genuss, mal wie-der in einem weiß bezogenen Bett zu schlafen.Wie mag es Dir nun, mein Liebes, gehen? Wenn ich nur eine feste Anschrift hätte,damit Du mir berichten kannst. I ch bin jetzt gar nicht w eit von Köslin – meinerHeimatstadt – und trotzdem kann ich nicht hinfahren. Ich hoffe ja sehr, dass sich dieLage bald festigen wird und wir wieder regelmäßig voneinander hören.Bleib weiter recht tapfer und gesund. Viele liebe Grüße und Küsse nimm von Deinem Karl-Wilhelm

Schwarzdamerkow, Kr. Stolp bei Rieger, den 6.2.1945Liebstes, herziges Adale!Ich will nun den Versuch machen, ob mich nicht doch von Dir irgendein Lebens zei -chen erreicht, und zwar sei doch so gut und schr eibe sofort an die hiesige A dresse.Wahrscheinlich werde ich noch einige Tage hier sein. I ch mache hier nun seit zw eiTagen Streifendienst und hoffe noch einige Tage hier zu sein. Wenn Du nun schreibstund ich fort sein sollte, wird mir mein Quartierswirt die Post nachsenden. Wenn ichdoch nur wenigstens ein Lebenszeichen von Dir hätte!Hier reißen die Flüchtlingstrecks überhaupt nicht ab. Dass ich hier noch mal in Pom -mern landen würde, habe ich mir nicht träumen lassen. D u warst doch mal hier inder Nähe von Lauenburg – ich habe jetzt öfter daran denken müssen. J etzt beseelt

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mich nur immer ein G edanke, dass wir uns doch r echt bald wiedersehen wür den.Wenn ich an unser letztes schönes B eisammensein denke, so kommt es mir v or wieim Traum. Aber es muss alles wieder Wirklichkeit werden. Liebes Adale, darauf hoffeich und daran glaube ich fest. Ich bin in Gedanken ganz bei Dir und grüße und küsseDich herzlich, Dein Mann

Jütow, den 10.2.1945Mein geliebtes Adale!Heute habe ich mich nun bei der Frontleitstelle zwecks Weiterleitung gemeldet, undder Erfolg ist gleich null. M an hat mich wieder hier behalten. Es ist einfach v erteu-felt. Ich weiß nun wirklich nicht, was dies alles bedeuten soll. M an kommt sich vorwie im Tollhaus. Wer weiß, wo ich morgen stehe. M eine Quartierleute in Schwarz -da merkow habe ich gebeten, falls Post von Dir ankommen sollte, diese aufzuheben,und wenn ich eine feste B leibe habe, mir diese Post nachzusenden. Wann wird diesUngewisse nur ein Ende haben? Es ist zum Verzweifeln! Wenn ich doch endlich wüss -te, dass es Dir gut geht. Mir wird immer mehr bewusst, wie ich an Dir hänge. Mögemir recht bald eine Nachricht von Dir beschieden sein. Immer, Dein Karl-Wilhelm

Bütow, den 12.2.1945Liebstes herziges Adale!Immer noch ohne Nachricht von Dir, sitze ich jetzt noch in der Burg von Bütow. AmSonnabend kam ich hierher , und heute ist M ontag. Wenn ich nur wüsste, ob ichnoch längere Zeit hier bleibe, damit Du evtl. hierher schreiben kannst. Aber das vieleGrübeln hat ja keinen Z weck. Man sitzt hier wie ein G efangener. Ich schreibe nunimmer so selbstverständlich nach Goldhausen – gerade, als ob ich wüsste, dass D udort bist. Gebe Gott, dass es so ist und D u nicht in der Weltgeschichte umherirrst.Weißt Du, Adale, ich habe immer an das B este geglaubt, aber es ist schwer, bei demau genblicklichen Geschehen an eine er trägliche Zukunft zu glauben. Trotzdem binich der Meinung, dass das Gute sich durchsetzen muss. Ich war – wie Du weißt – vollund ganz davon überzeugt, dass die Ostfront halten, und das, was an der Mittelfrontim Sommer 1944 passier te, sich nicht wiederholen wür de. Ich kann es auch nochnicht fassen, und ich werde einfach nicht mit dem Geschehen fertig. Ich will jedochweiter darüber nachdenken – ob ich zu einem gr eifbaren Ergebnis kommen werde,steht allerdings bei den Sternen. Das in den letzten vier Wochen Durchlebte hat michzu sehr beeindruckt, als dass ich gedankenlos darüber hinw eggehen könnte. In mirist alles aufgewühlt – man möchte irgendwie eingr eifen und ist dazu v erurteilt, nurdas zu tun, was befohlen wir d – dies ist mir zu w enig. Ich versuche, fatalistisch zu

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denken – es ist mir einfach unmöglich. Vielleicht ist es gut so. Es ist ja auch alles halbso schwer, wenn ich weiß, dass Du geborgen bist. I ch will heute A bend versuchen,Schwarz danerkow anzurufen, ob dort Post für mich vorliegt. Das ist der letzte Ort un -seres Streifendienstes gewesen, den ich Dir angab. Wie lange wird es noch dauern, bisich eine feste Anschrift habe? Drücke beide Daumen, dass es sehr schnell sein möge!Nun – mein Gutes – behalte weiter Deinen Mut und Dein starkes treues Herz undsei sehr innig gegrüßt und geküsst von Deinem Dich liebenden Karl-Wilhelm

Sophienwalde, W.Pr., den 18.2.1945Mein herzgeliebtes Adale!Gestern habe ich versucht, diesen Brief zu beginnen, aber es sollte nicht sein. Jetzt ha -be ich endlich einen Marschbefehl zu der Division, wo meine Kompanie seinerzeit ein -gesetzt war. Du kannst nun also beide Daumen halten, dass ich meinen alten Hau fen

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Im Sommer 1944 in der Nähe des Schulortes seiner späteren Ehefrau, die hier Lehrerinwar (Warthegau/Polen)

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hoffentlich noch vorfinde. Wenn ich nur dort wäre – die ganzen letz ten Tage war ichrecht niedergeschlagen. Es ist gerade kein Vergnügen, so in der Weltgeschichte um -hergeschickt zu werden. Dazu nun die Sorge um Dich, und keine Post empfangen zukönnen. Es ist in einem solchen Falle wirklich schwer, sich nicht unterkriegen zu lassen.Ich sitze eben auf einem H aufen Stroh in der Versprengtensammelstelle, und an -schließend will ich nach einer F ahrgelegenheit suchen, die mich dem angestr ebtenZie le zuführen soll. – Eben steht ein Postwagen da – also schnell viele liebe herzinni-ge Grüße nimm von Deinem Dich liebenden Karl-WilhelmViele Grüße an alle!

Den 26.2.1945Mein liebes Adale!In aller Eile will ich Dir schnell meine neue Feldpostnummer 36599C mitteilen.Bitte schreibe mir sofort, damit ich beruhigt sein kann. Viele Grüße an die ganze Fa -milie. Dir ein inniges, liebes Küsschen von Deinem Karl-Wilhelm

Im Felde, den 3.3.1945Meine herzgeliebte Ada!Damit Du siehst, dass ich immer an Dich denke, send ich Dir aus dem Einsatz inni-ge Grüße. Ich sitze eben mit einem Kameraden in einem P anzerdeckungsloch. DerIwan hat anscheinend G elüste. Gestern war wieder ein P anzerabschuss zu verzeich-nen. Die Jungen waren ganz stolz. – Es war ein J osef Stalin, der stärkste, den derRusse baut. Leider habe ich schon wieder mein ganz es Gepäck eingebüßt. Hof fent -lich hast Du nun schon meine Feldpostnummer 36599C bekommen. Lass Dich fürheute umarmen und herzlich küssen von Deinem Karl-WilhelmSchreibe doch recht bald, ich warte sehnlichst!

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Briefe aus dem Krieg 145

Erich NeumannEingesandt von Harald Neumann (Sohn)

Erich Neumann wur de geboren am 20. Juni 1916 in Scharnhorst , Kreis Lauenburg in

Pommern. Der Gefreite starb am 2. März 1943 in Russland beim Kampf um die Ortschaft

Radowanje, nahe der Stadt Dmitrowsk.

Sein Sohn, Harald Neumann, erinnert sich an den Vater: „Da ich selbst damals ein K ind

von vier, fünf Jahren war, kann ich mich nur w enig an meinen Vater erinnern, da er ja

meistens gar nicht zuhause war. Einige Erinnerungen sind geblieben: Er war ein lustiger,

lebensfroher Mann. Wenn wir Kinder zum Beispiel im Bett lagen, holte er sich Kochlöffel,

band ihnen Tücher um und spielte uns Kasperle vor; oder wenn er mit uns ins Kino ging,

stellte er sich beim F ilm mit Pat und Patachon (damals sehr beliebt) plötzlich im K ino

hin, formte mit der Hand eine Trompete und versah so den Stummfilm mit Musik.“

Letzter Urlaub im Januar 1943, Anna und Erich Neumann, Winter 1942/1943 in Lauenburg,Am Schiefen Berg

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146 Letzte Lebenszeichen

Letzter Brief an die FamilieRussland, 27.1.1943Mein liebes Muttchen!Nun muss ich D ir doch endlich schr eiben. Heute bin ich z ehn Tage von meinenLieben daheim fort. Es ist noch recht so, als wenn ich noch immer daheim bin. I chhätte [... unleserlich ...], ich wusste ja nicht, wo ich hinkomme. N un, liebes Mutt -chen, bist Du ja etwas beruhigt, wir sind jetzt in Ruhe. Wir liegen jetzt 200 Kilo me -ter hinter der Front. Du kannst Dir ja denken, wie lange es gedauer t hat, ehe wir zuunserer Kompanie gekommen sind. A ber ich bin fr oh, dass wir diesen Winter in Ru he liegen.Du weißt, der Mensch muss Glück haben. Es ist alles Gottes Schicksal. Nun geht eserst nicht eher los, bis die Sonne wieder höher steht. Wenn ich das gewusst hätte, wäreich noch zwei Tage länger zu Hause geblieben. Nun, meine vier Lieben daheim, wiegeht es Euch? Jeden Tag, den ich hier bin, sind meine G edan ken bei Euch. Es ist ei -nem das Herz so schwer, dass ich nicht bei E uch sein kann. Wie schön waren dieschönen Stunden, die ich bei meinem süßen F rauchen und meinen kleinen Jungenerlebt habe. Mit tränenden Augen bin ich zum Bahnhof gegangen und habe nur anmeine Lieben daheim gedacht. Es ist nun einmal so, das Liebste, was man hat, [...]sich trennen muss. Aber nun, liebe Mutti, wollen wir uns damit abfinden. Es kommtdoch mal die Stunde, wo wir uns in den Armen halten, bis uns der Tod mal trennt.Solch liebes Muttchen möchte ich nie verlieren. Wenn wir uns mal ein bisschen zan-ken, sind wir uns doch gleich wieder gut. Nun fehlt wieder das gute Mittag, das meinMuttchen mir bereitet hat. Hast Du die Bilder schon geholt? I ch denke doch, dassdie Post jetzt schneller geht? Der kleine Manfred tat mir so leid, als er geweint hat, ersoll man nicht w einen, sein Papi kommt bald wieder auf U rlaub. Was machen dieanderen beiden kleinen Süßen? N un, mein süßes Mädchen, wollen wir mal wieder[... unleserlich ...], dass der nächste U rlaub bald wieder kommt. Jetzt ist ja Urlaubs -sper re. Das dauert ja bestimmt bis Mär z. Nun wird Fritz ja nicht eher kommen wieim April. Es gibt nur noch Euch und das heißt, für immer nach H ause.Nun, mein Herz, geliebtes Frauchen, sende ich D ir tausend Grüße und Küsschen,Dein Dich liebender Papi und tausend Küsschen und Grüße an die lieben JungenGruß an (den) Schiefen Berg

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Briefe aus dem Krieg 147

Max NeumannEingesandt von Winfried Neumann (Sohn)

Max Neumann wurde am 21. März 1907 in Klein Fran -

zen geboren, einer Bauernsied lung im Kreis Schlawe.

Einzig der 7. August 1944 ist bekannt als Tag, seitdem

er vermisst ist. In einem offi ziellen Gedenkbuch des

Volksbundes Deut sche Kriegs gräberfürsorge sind Na -

me und persönliche Dat en von Max Neumann v er-

zeichnet.

Letzte Briefe an Frau und Kinder7.1.1944Meine liebe Meta!Ich habe mich sehr gefr eut, so schnell wieder einenBrief von Dir zu erhalten. Vielen Dank auch. Na, ichbin ja auch nicht faul ge wesen und habeauch schon paar B riefe für D ich unter-wegs. Es ist doch schön zu wissen, dassman Frau und Kinder hat, von denen manweiß, sie warten auf mich.Ich bin mit meinen G edanken ja auchimmer bei Euch und denke an den Tag,an dem ich mit beschleunigten Schrittenauf mein Heimathaus zuschreiten kann.Glaube mir, wenn man von zu Hause wegsein muss, dann fühlt man es um so stär-ker, mit wem man zusammengehört.Dass Klein-Marga so sehr dieses M al zumir fand, hat mich auch besonders ge -freut, denn ich sehe daraus, dass D u da -für gesorgt hast, dass sie mich nicht v er-gisst und so viel Z utrauen zu mir hatte.Es kommt doch bestimmt dav on, dassDu zu ihr v om Papa gesprochen hast.

Max Neumann, etwa 1944

Hochzeitsfoto des frisch vermählten PaaresMeta und Max Neumann, 1932

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Stimmt das, Du? Und Winfried kommt mir v or, als wenn das Weinen nicht mehrweit ist, wenn ich ihm auf Wiedersehen sage.Na, das will ich ja gerade nicht, dass sie um mich weinen, aber ich sehe doch, dass siewas von mir halten.Und das, liebe Meta, wollen wir uns doch für unser ganzes Leben wünschen, dass wirvon unseren Kindern geliebt und geachtet w erden. Das ist doch das Schönste imLeben, das man sich in der Familie denken kann. Auch Du?Dieses innerlich glückliche G efühl übertrifft doch turmhoch alles M aterielle. Ichglaube, wenn wir Schlösser besitz en würden und hätten die Kindesliebe nicht, eswürde bestimmt nicht schön sein, es sei denn, wir wüssten es nicht.Es kommt hier unter Kameraden oft zu G esprächen, denen ich nur zuhör e und zumir denke, seid ihr arm, ihr wisst nicht was Liebe ist, könnt es ja auch nicht, dennsie suchen es meistens da, wo es nicht zu finden ist. Fühlst Du es nicht auch, dass wirerst durch unsere Kinder zur reinen Liebe gekommen sind, wenn wir beide am Kin -der bett standen? Es strömte dann so etwas wie D ankbarkeit gegen Dich durch meinInnerstes und ganz plötzlich fanden sich dann unser e Blicke zur inneren Ver stän di -gung. Waren das nicht Minuten höchsten Glückes? Nicht, Du?Und wenn die Kinder dann zu Weihnachten so schön mit ihren Spielsachen spielten,dann schoss mir bei ihrem Anblick so etwas Warmes durchs Herz und ich weiß, was es

Max Neumann (der Größte unter den Turnern), Turnverein Franzen, ca. 1930

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Briefe aus dem Krieg 149

war und weiß, dass es schön ist, aber mit Worten dies zu beschreiben und fremden Men -schen davon zu sagen, das kann ich nicht – sie würden mich ja doch nicht verstehen.Nun, liebe Meta, habe ich den Bogen vollgeschrieben, ob Du richtig verstehen wirst,weiß ich nicht, aber ich glaube doch – es ist so schwer, das so auszudrücken, wie manes fühlt.Und nun noch kurz zu einer anderen Sache.Es ist möglich, dass ich auch von hier wegkomme. Es sind gestern 60 Mann von un -se rem Battl. [Bataillon] abgestellt worden und heute sollen von unserer Wache auchwieder 8 Mann abgelöst werden. Wenn ich wegkommen sollte, schreibe ich sofort.Nun nochmals vielen Dank und liebe Grüße an Dich und die Kinder.Dein Max

Donnerstag, den 22.7.1944Meine liebe Meta!Endlich komme ich dazu, D ir einen B rief zu schr eiben. Liege hier in v ordersterStellung. Deinen und Winfrieds Brief habe ich vor acht Tagen erhalten. Ich bin jetzt

Die Eheleute Meta und Max Neumann

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vollständig arm geworden. Habe weiter nichts mehr, als was ich an habe. All die neueWäsche, Strümpfe, meine Rasierzeug – alles weg. Aber es geht hier allen so. Es ist hierder Teufel los.Mein erster Einsatz war gleich ein Angriff , wo ich schon einige Kleinigkeiten abge-kriegt habe. Einen Splitter im linken Schulterblatt und einen im linken Becken. Derim Becken, der wird raus müssen, der hindert mich. Der Arzt sagt, daraus wird vor-läufig nichts. Die Leute werden hier vorne zu dringend benötigt und es kommt aufjeden einzelnen Mann an. Also, habe alles gut überstanden. I n die Hosen habe ichmir nicht gemacht. Wenn man mitten drin ist, ist alles nicht so schlimm. Wir sindalle ganz schön zerschunden, aber gesundheitlich geht’s mir gut. Hoffentlich wird esin dieser Ecke auch bald mal was r uhiger, damit man sich mal was ausr uhen kann.Und nun hoffe ich auch von Dir bald wieder mal Post zu erhalten.Viele liebe Grüße an Dich und meine KleinenDein Maxund auf Wiedersehen nach Kriegsende.Es ist wieder ganz schön M usik über unseren Köpfen, aber wenn sie so reihenweiseneben einem einschlagen oder reinhauen, dann ist es schon anders.

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Die Familie von Max Neumann auf dem eigenen landwirtschaftlichen Hof, 1942. Die Kindervon links nach rechts: Winfried, Ingrid, ein Nachbarkind, Helga und Marga. Dazwischen:Meta Neumann

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Briefe aus dem Krieg 151

August Meinhard NissenEingesandt von Elke Olsen (Tochter)

August Meinhard Nissen wurde am 11. Oktober 1905

in Annerbüll gebor en. Der Stabsfeldwebel starb mit

38 Jahren am 16. Mai 1944 bei Pinsk, einer Stadt im

Süd westen von Weißrussland. Seine drei Töchter wa -

ren zu diesem Zeitpunkt sechs, acht und zwölf Jahre alt,

seine Frau gleichfalls 38 Jahre. Recherchen haben er ge -

ben, dass sich das Gr ab von August Meinhard Nis sen

derzeit noch in Nigowischtschi in der Ukraine befindet.

Letzter Brief an die FamilieMontag, den 15.5.1944Meine liebe Mutti, Christa, Inge und Elke!Post habe ich jetzt einige Tage keine von Euch, mei -

August Meinhard Nissen imAlter von ca. 25 Jahren

Familie Nissen, 1940. Meinhard Nissen kam nach einer V erwundung aus dem Lazarett.Seine Frau Bertha, älteste Tochter Christa (geb. 5.3.1932), zweite Tochter Inge (geb.8.11.1935), dritte Tochter Elke (geb. 18.1.1938)

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ne Lieben, ich hoffe aber, dass es Euch gut geht. Mit geht es auch einigermaßen, nurhatte ich gestern einen kleinen U nfall, der mir leichte K opf schmer zen hinterlassenhat. Ich wollte mit der Leuchtpistole schießen, da kam ich mit meinem komischenFin ger beim Nach fassen an den Abzug, der Schuss ging ab , die Pistole aber landetemir genau auf der Nase. Außer meiner Prellung an Stirn und Unterkiefer hat die Naseam meisten abbekommen und eine kleine Wunde erhalten.Der Iwan ist hier in meiner neuen S tellung wirklich der Schr eckliche, jeden Tagmacht er MG- [Maschinengewehr] und Granatwerferüberfälle auf meine Insel. Ges -tern musste ich sogar tüchtig zu Boden, die E inschläge lagen gut, aber getroffen hater mich nicht. Es ist aber ja trotz allem ein komisches Gefühl, die Sachen rasseln undpfeifen um die Ohren, der Dreck fliegt umher, ich kann Dir aber auch sagen, mir saßdas Herz im Halse.[...]Liebe Mutti, gestern habe ich wieder 100 RM [R eichsmark] an Euch abgesandt. Eswird Euch wohl auch gut erreichen und gebrauchen wirst Du die paar Sachen wohl

auch können. D as Wetter war die letzten Tage ganz gut, es hat in der N atur gutgeschafft. Hier haben die Bäume schon B lätter angesetzt, die kriegen schon gr oßeBlattknospen. Meine beiden Hühner gackern draußen umher und haben so schönerote Kämme, aber Eier kann ich keine finden. An Essen fehlt es uns ja nicht, es wurde

Familie Nissen 1942, Hamburg

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Briefe aus dem Krieg 153

gestern schon wieder ein Schaf geschlachtet, es war aber das letzte der Hammelherde.Die Hühner und Enten habe ich eigentlich die Absicht, sie mit nach Euch zu schlep-pen, auch wenn’s schwer fällt, werde ich es versuchen.So, liebe Mutti, eben war ich bei meinem Vorposten, da habe ich dann gleich meineBe grüßung vom Iwan erhalten: acht Schuss Granatwerfer. Wenn bloß erst der Kriegein Ende hat und wir alle gesund beisammen sind, damit ein neues Leben beginnenkann. Wir beide haben ja auch noch vieles in unser er Ehe nachzuholen, nicht wahr,liebe Mutti? Vom Urlaub habe ich noch nichts gehör t, wir müssen war ten, was imJuni im Westen angeht und danach richtet sich auch unser U rlaub. Es wird ja auchmal wieder Zeit, dass man mal zu F rau und Kinder kommt und in eine ander e Ge -gend, denn hier stumpft man ganz ab , und dazu sind wir doch noch zu jung. Fürheute, meine Lieben, will ich schließen. Die herzlichsten Grüße und innigsten Küssesendet Euch, meine Lieben, Euer Vati. Frohes Wiedersehen

Grab von Bertha Nissen mit Gedenkzeile für den Ehemann: Nissen Bertha geb. Laatz5.12.1905 – 18.1.1991, Meinhard 11.10.1905 – 16.5.1944

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Briefe aus dem Krieg 155

O„Tabak doch auf Feldpostnummer 42461 schicken.“

Friedrich Oetjen an seine Eltern. Vermisst seit Februar 1945.

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Herbert und Friedrich OetjenEingesandt von Hermann Rosenhagen (Cousin)

Die Brüder k amen in R iede (Niedersachsen) zur Welt – Friedrich, der ält ere, am

27. Oktober 1921, Herbert zwei einhalb Jahre später am 4. April 1924. Beide haben den

Krieg nicht überlebt. Friedrich Oetjen starb wahr schein lich im F ebruar 1945 an der

Ostfront. Er gilt seit dem als vermisst. Der Gefreite Herbert Oetjen starb einen Tag nach

seinem 21. Geburtstag aufgrund schwerer Verwundung am 5. April 1945 um 10:55 Uhr

an Bord des Lazarett schif fes Pretoria. Er ruht auf der Kriegsgräberstätte Ves tre Kirkegård

in Kopenhagen, Dänemark.

Letzter Brief von Friedrich Oetjen23.1.1945Liebe Eltern! Heute komme ich mal wieder zumSchrei ben. Zuerst aber mal recht herzlichen Dank fürdie Briefe vom 16. + 18. Januar. Es ist seit langer Zeitwieder die erste Nachricht von Euch. Auch Päck chensind schon so lange nicht mehr angekommen. I chmöchte wissen, wo wie stecken. Am F reitag geht esvoraussichtlich nach Katto witz, dann hat auch dasEtappen le ben wieder ein E nde. Hoffentlich kommtbis dahin noch was an. I ch bin nämlich mit demEssen schwer auf Kriegsfuß. Heute gab es nur 1/3 Brot und Mar garine. Wenn da ein ausgewachse-ner Mensch bis morgen Mittag auskommen soll,

dann muss er schon magenkrank sein und nichts essen dürfen. Ich jedenfalls reichedamit nicht! – I hr fragt, ob ich alles G eld erhalten habe. Einmal 200 [Mark], dann 20 [Mark] im Brief und jetzt wieder 50 [Mark], zusammen 270 [Mark]. Sonst ist hiernichts eingegangen. Nun zu dem H aupt thema Tabak. Solltet ihr welchen bekom-men, so schickt ihn bitte noch nicht ab , denn wir wissen ja noch nicht, was wir d. –Was wird jetzt mit Herbert???Der Russe ist schon in Allenstein, D eutsch-Eylau, bis kurz vor Posen, und steht 30bis 40 Kilometer vor Breslau. Wir haben jetzt ja noch Galgenhumor: Was macht derSoldat, wenn er vor sich Panzer hat, hinten den Russen, links den Amerikaner, rechtsden Engländer, unten Minen, oben Flieger? Helm ab zum Gebet!!! –

Friedrich Oetjen

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Zu Euren anderen Neuigkeiten kann ich schlecht was sagen. H offentlich werden siebald gesund und hoffentlich lassen sie noch mal ein Lebensz eichen von sich hören.Damit nun Schluss für heute. Es grüßt euch herzlich Euer Sohn Friedel[Nachsatz:] Tabak doch auf Feldpostnummer 42461 schicken.

Letzter Brief von Herbert Oetjen13.2.1945Meine lieben Eltern! Es ist schon dunkel und habeletzte Nacht so von Euch geträumt, da habe ich denganzen Tag an E uch denken müssen. Was ich ge -träumt, war dasselbe, was man hier jeden Tag siehtund immer wieder sehen muss. D as ist mir sehr ansHerz gegangen. I ch habe den ganz en Tag darübernachdenken müssen. Es ist doch sehr komisch, ichhabe noch nie so viel an E uch denken müssen wiegerade jetzt in diesen Tagen. Ich weiß, dass auch Ihrwohl viel an uns denkt. O b Ihr auch so ein G efühlhabt, wenn man wieder so eine Nachricht hört, dasses so über einen kommt, man möchte am liebstennichts hören und sehen, gar nicht leben. Aber was laufen bei Euch jetzt für Parolen?Was habe ich Weihnachten gesagt? I ch möchte gerne wissen, wie die Lage so imGroßen ist. Hier hört man mal dies und mal das. Kaum etwas Voll ständiges. Heutesagte mir einer: „W as wollt ihr noch mit einem O.K.W .[Ober kom mando derWehrmacht]-Bericht? Es ist ja doch alles Scheiße!!“ Wenn man schon eine solcheAnt wort bekommt, was soll man dann denken, wozu dann überhaupt noch ein G e -wehr in der H and halten? Adolf hat mal gesagt: „G ott verzeih uns die letz ten dreiKriegstage!“ Sollte es sein, dass wir noch eine bahnbr echende Waffe ha ben, dannmuss sie doch meines Wissens in der nächsten Z eit eingesetzt werden? Denn sonstkönnen und werden wir doch in absehbar er Zeit nichts mehr zu essen haben. N achmeinem Gefühl muss in den nächsten Wochen eine Wen dung kommen, sonst weißich nicht, was werden soll. Ich weiß nicht, ob es Euch auch so geht. Ich bilde mir ein,ich habe immer eine kleine Verantwortung, wenn man das immer sehen muss. – Na, hoffentlich geht bald ein Brief durch, dass ihr mal wisst, dass ich noch lebe undes mir gut geht. D as hoffe ich auch v on Euch. Wie geht es F riedel? Und Conrad?Wenn ihr mal schr eibt, legt bitte einen G ruß mit ein. Z um Schluss allen gute undsehr herzliche Grüße von Eurem Herbert

Herbert Oetjen, 1942 oder 1943

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Briefe aus dem Krieg 159

P„Nun, liebe Frieda, bis zum nächsten Brief den Kopf hoch,

es wird wohl alles gut werden.“

Ernst Posselt an seine Familie aus dem eingekesselten Königsberg.Gefallen am 12. März Februar 1945.

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Ernst PosseltEingesandt von Sven Thomsen (Enkel)

Ernst Posselt wurde am 23. Januar 1905 in Hohen we s -

tedt, Kreis Rendsburg geboren, er fiel in Königsberg am

12. März 1945. Zunächst wur de er auf dem F riedhof der

Domkirchengemeinde beige setzt und 1999 mit Hilfe des

Volksbundes auf den neu en zentralen Sammelfriedhof

im heutigen Kaliningrad umgebettet.

Der Enkel Sven Thomsen hat die Erinnerungen seines

Großvaters aufbewahrt: „Aus vielen seiner Brief e und

den wenigen Fotos, die noch existier en, geht her vor,

dass er sich als Gefreiter um die Wehrmachtspferde ge -

kümmert hat.“

Im Jahr 2003 hat S ven Thomsen sein Grab in K alinin -

grad be sucht.Ernst Posselt

Heimaturlaub in Ahrensburg-Wulfsdorf, Mai 1944: Ernst Posselt mit Frau und Kindern

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Briefe aus dem Krieg 161

Letzter Feldpostbrief aus dem fast vollständigeingekesselten Königsberg an Ehefrau Friedaund die beiden Kinder Erwin und MargaIm Osten, den 11.2.1945Meine liebe Frieda u. Kinder: Ich komme nun dazuein Lebenszeichen zu senden. Viel kann ich nichtschreiben. Mir geht es ja noch gut. B in seit Wochenbei einer ander en Einheit. Wo der Pfer depark ist,weiß ich nicht, ist ja auch egal. Wenn man nur heilhier herauskommt, ist aber fraglich. Wenn nur derWinter vorbei wäre, meine Finger sind angefroren.Nun, liebe Frieda, bis zum nächsten B rief den Kopfhoch, es wird wohl alles gut werden.Mit den besten GrüßenEuer Papa

Ernst Posselt zu Pferd

Mit den Kindern Erwin und Marga, Mai 1944

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Briefe aus dem Krieg 163

R„Ich schicke Dir das Päckchen in den nächsten Tagen,

will noch einen Kuchen dazu backen. Hoffentlich sind die Plätzchen von Weihnachten noch essbar,

ich habe Dir zwei je 100 gr. geschickt.“

Gertrud Rühland an ihren Sohn Joachim. Sie wusste nicht, dass er bereits einen Monat zuvor,

am 14. Dezember 1943, gefallen war.

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Joachim RühlandEingesandt von Lore Rühland (Schwägerin)

Joachim Rühland, geboren am 25. Januar 1925 in Braun -

schweig, kam am 14. Dezember 1943 nahe der Ort schaft

Kroschkina in Weißrussland (Belarus) ums Leben.

Von Joachim Rühland sind k eine Feldpostbriefe erhal-

ten geblieben. Es gibt lediglich ein Schr eiben seiner

Eltern, das diese am 7. Januar 1944 an ihr en Sohn Jo -

achim absandten. Die Nachricht v on seinem Tod hat-

ten sie noch nicht erhalt en. Rund einen Monat spät er,

am 2. Februar 1944, kam der Brief zurück. Er trug den

Vermerk „Gefallen für Groß-Deutschland“.

Der Reiter Joachim Rühland wur de in K roschkina

be stattet.Joachim Rühland

Die ganze Familie Rühland, Herbst 1942 in Fallersleben

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Briefe aus dem Krieg 165

Brief der Eltern an ihren Sohn JoachimBraunschweig, den 7.1.1944Mein lieber Jochen!Nun sind wir immer noch ohne Post von Dir, Dein letzter Brief war vom 13.12. Wirhoffen aber stark, dass es Dir noch gut geht, w enigstens gesundheitlich, denn sonstwerdet Ihr wohl nichts zu lachen haben. J eden Tag wird Witebsk noch im Wehr -machts bericht erwähnt, und wir wissen, was dort für schwere Kämpfe toben. Du ar -mer Junge, bist immer da, wo es mit am schlimmsten ist. Wie oft habe ich schon indiesen Wochen gedacht, wenn man doch bloß mal hinsehen könnte, ob er noch ge -sund ist. Hast Du denn wenigstens unsere Post erhalten? Ich habe fast alle Briefe perLuftpost geschickt, weil ich mir dachte, die kämen eher dur ch. Heute hat mir FrauSchreiber ein Paket für Dich geschickt, das sie mir gestern in einem B rief ankündig-te. Ich hatte Dir ja letztes Mal einen Brief von ihr und meine Antwort darauf mitge-schickt. Nun schreibt sie, dass Rudi mal geschrieben hätte, er hätte einen O ber leut -nant als Chef, und sie lässt Dich bitten, die Adresse desselben ausfindig zu machen.Er liegt gewiss in einem Lazarett, Du schriebst ja mal, er sei verwundet. Sie glauben,dass der Chef ihnen Auskunft geben kann. Frau Schreiber schrieb, in ihrer Nachbar -schaft habe auch ein verwundeter Oberleutnant Eltern Auskunft geben können, dass

Gertrud und Wilhelm Rühland mit Sohn Joachim in Göttingen, Februar 1943

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er gesehen habe, wie die R ussen deren verwundeten Sohn verbunden hätten. D ieEltern könnten nun beruhigt sein. Sie klammert sich nun daran, dass er in Ge fan gen -schaft geraten sei und lebt. Wenn es Dir möglich ist, die Adresse zu erfahren, so tuees, damit die arme Frau ihre Ruhe findet. Ich schicke Dir das Päckchen in den näch-sten Tagen, will noch einen Kuchen dazu backen. Hoffentlich sind die Plätzchen vonWeihnachten noch essbar, ich habe Dir zwei je 100 gr. geschickt. Heute war unseremHänschen sein Geburtstag. Wir haben ihn ganz still verlebt, wir haben gar keinen Be -such gehabt und auch nicht gebacken. A ußer Tante Grete Maaß hat niemand da rangedacht, noch nicht einmal Tante Uhlenhut. Wir haben ihm auch nichts schenkenkönnen, es gibt ja nichts. Vielleicht kommen Maaßens mal am Sonntag, aber es istnoch nicht bestimmt, da sie mit der Heizung allerhand Scherereien haben. Wolfgangist noch immer in M agdeburg, er hat uns auch mal geschrieben, und ich muss ihmmal antworten. Bin neugierig, wo der mal landet. Nun will ich Schluss machen, Papakann noch ein bisschen weitermachen, denn ich muss noch an Frau Schreiber schrei-ben, das ist immer nicht so leicht. B leib mir also r echt gesund und hoffentlich be -kommen wir bald Post von Dir. Mit recht vielen herzlichen Grüssen und Küssen binich Deine Mutti

Mein lieber Junge!Die erbitterten Kämpfe in E urem Ab -

schnitt toben nun schon seit fast vier Wo -chen – und halten nach den B erich tendes OKW [O berkommando der Wehr -macht] mit unv erminderter Hef tigkeitan. Allein in diesem Raum dür ften nachden bisherigen Berichten an die 500 Pan -zer vernichtet sein. Es ist da die größteZahl von allen Kampfab schnit ten über-haupt und z eigt deutlich die A bsichtenun seres Gegners. – Sie werden aber, wiewir alle zuv ersichtlich glauben, an derHär te und dem Willen unserer tapferenJungen zuschanden w erden. – I ch habeschon so oft betont, wie gerne ich in Eu -ren Reihen stehen und mitkämpfenmöch te, und gerade jetzt, wo es har t aufhart geht. Ich glaube immer noch, wo dieJoachim Rühland mit Bruder Hans-Herbert

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Joachim Rühland während seines letzten Heimaturlaubs

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physischen Kräfte nicht mehr hinhauen können, da wür de meine Ruhe einen Aus -gleich schaffen und Euch von Nutzen sein können. – Jedoch mit meinen 55 Jahrensind das Träume, die keine Verwirklichung finden werden. Und so muss ich mich be -scheiden und hier in der Heimat meine Pflicht tun. Aber in Gedanken, Junge, da binich oft sehr oft bei Dir und rufe Dir ein „Durchhalten“ zu. Wie oft ge schieht das auchin der Nacht, wenn ich einmal wach werde, und ich glaube dann immer , Du müss -test das merken und neue Kraft daraus schöpfen. D eine liebe Post vermissen wir jasehr, aber wir wissen ja, dass I hr kaum zur R uhe kommt, und w enn einmal, dannhabt Ihr vor allem Schlaf nötig und das geht unbedingt v or. – Aber freuen werden wir uns, wenn dort einmal wieder Ruhe eingetreten ist und derPostverkehr wieder regelmäßig läuft. Bis dahin halten wir Dich im Gebet umschlossenund hoffen, dass Du die jetzigen Kämpfe heil und gesund überstehst. S onst gibt esvon hier nichts Neues zu berichten, außer dass S eppel Zumkeller über Neujahr hierwar. Leider haben wir ihn nur w enige Minuten sehen und sprechen können. Es gehtihm jetzt wieder ganz gut und lässt er D ich herzlich grüßen. Die Lörracher haben Dir,wie uns Tante Emma schrieb, ein Weihnachtspäckchen geschickt. O b das aber inDeine Hände gelangt ist, kann unter den augenblicklichen Verhält nis sen bezweifeltwer den. Wir hoffen es aber gern, da mit Du wenigstens etwas Heimat liches ge habthast. Mit dem nächsten Päck chen, das in einigen Tagen an Dich herausgehen soll,schicke ich Dir auch einen Ta schenkalender. Auch hoffen wir, dass Du bald wiederunsere Post, Zei tun gen und Zeitschriften erhältst. – Die Tage werden nun, zuerst nochnicht bemerkbar, wieder länger und Du wirst sehen, dass eines Ta ges wieder die Früh -lings son ne scheint und dann wir d das Schwerste auch wieder v ergessen sein. Alsobehalte frohen Mut und wehre Dich Deiner Haut. – Denke auch, wenn es notwen-dig wird, an Nux vomica und Infludo [beides homöopathische Mittel]. Dir alles Gutewünschend, sende ich Dir heute meine herzlichsten Grüße. Dein Vater

Nachricht des Schwadronsführers an die ElternDienststelleFeldpost-Nr. 17938O.U., den 25.12.1943Sehr geehrter Herr Rühland!

Ich habe heute die traurige Pflicht, I hnen die schmerzliche Mitteilung machen zumüssen, dass I hr lieber Sohn, unser guter Kamerad, R eiter Joachim Rühland, am14.12.1943 bei den schweren Abwehrkämpfen südlich Newel, in soldatischer Pflicht -erfüllung, getreu seinem Fahneneide für Führer und Vaterland gefallen ist.

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Durch einen Kopfschuss ist Ihr Sohn, ohne zu leiden, sofort gestorben. Er wurde amselben Tage in Kroschkina, etwa 20 km nördlich Gorodok bestattet.Ich spreche Ihnen, zugleich im Namen seiner Kameraden, denen er stets ein tr euerund guter Kamerad war, meine wärmste Anteilnahme aus. Mit ihm haben wir einenunserer Besten verloren.Für Sie bedeutet der Tod Ihres lieben Sohnes ein unsagbar schw eres Los. Möge dieGewissheit, dass Ihr Sohn sein Leben für die Größe und den Bestand des deutschenVolkes und Reiches hingegeben hat, Ihnen ein Trost in dem schweren Leid sein, dasSie betroffen hat.Mit dem Gefühl aufrichtiger Anteilnahme grüßt SieIhrI.V. gez. SchaafLeutnant und Schwadronsführer

Brief der Eltern vom 7.1.1944

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S„Lebt wohl, grüßt alle und vergesst mich nicht,

eigentlich habe ich noch gar nicht gelebt.“

Otto Setzpfand an seine Eltern. Gestorben am 4. Juli 1943 in einem russischen Kriegsgefangenenlager .

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Hans-Eberhard SchattkowskyEingesandt von Christa Kiffner (Cousine)

Hans-Eberhard Schattkowsky wurde am 14. Juli 1927 in Guben in der Niederlausitz ge bo -

ren. Der junge Soldat wurde als Flak helfer eingesetzt und starb in russischer K riegs ge -

fangenschaft am 23. Dezember 1945 in Kowel in der Ukraine. Seine Cousine Christa Kiff -

ner, damals 12 Jah re, kann sich genau erinnern: „Im August 1945 kam er mit einem Ge fan -

ge n en transport (Güter wagen) durch seine Heimat Guben [...] Als der Zug dann Rich tung

Polen losfuhr, rannten wir bis zu einem nahe ge legenen Bahnübergang, da wir wuss ten,

dass der Zug dann ganz dicht an uns v orbeifährt. In dem Moment , als der Z ug an uns

vorbeifuhr, warf mein Cousin ein altes Kamm-Etui durch den Luftschlitz. Es wurde nicht

bemerkt und wir hoben es auf, als der Zug durch war. Im Etui befand sich eine Landkarte

und ein dicht beschriebener Z ettel. Das waren die letzten Zeilen, die meine Tante von

meinem Cousin erhielt. 1948 erhielt sie von einem aus der Gefangenschaft entlassenen

Arzt aus Leipzig die Nachricht, dass mein Cousin bereite 1945 verstorben war.“

Zettel 1Liebe Mutti, liebe Verwandten!Was ich erlebt habe, ist nicht wert, dass ich darüber schreibe. Aber es hat mir zu den-ken gegeben, dass gerade Du, liebe Mutti, wie immer Recht gehabt hast. Und wennich nachdenke, wie es mir in letzter M inute noch gut gegangen ist, so kann ich nurmit dem U-Bootfahrer-Wort „der liebe G ott hat seinen D aumen noch mal dazwi-schengehalten“ antworten. Ich hatte nicht geglaubt, dass noch einer von Euch in Gu -ben ist. Dankt Gott und allen, die es ermöglicht haben, dass wir uns noch einmal ge -sehen haben. Wir müssen unser Schicksal er tragen, und wenn es Gott will, werdenwir uns wiedersehen. I ch werde jeden Sonntag genau um 12:00 Uhr der MEZ anEuch denken, und dann wissen, dass man in der H eimat an mich denkt.

Liebe Mutti, mache Dir das Herz nicht so schwer. Wie viele Kameraden wis sen nichtsvon dem Schicksal ihr er Angehörigen! Leider ist mein letzter B rief mit den B ildernnicht angekommen.

Ich habe auf dem Rückzug immer [… unleserlich …] und war in Zivil, als [… unle-serlich …] wir von Tschechen der russischen Wehrmacht übergeben wurden. Hätteuns unser Führer eher die Wahrheit gesagt, wäre ich auch zu H ause. Wir waren bisGroßenhain auf dem Rückmarsch. I ch glaube ja auch, dass I hr vom Nazismus die

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Marinehelfer Hans-Eberhard Schattkowsky, 1944

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Nase voll habt. Wir hätten das ohne Nazis besser haben können. Hoffen wir nur aufgesundes Wiedersehen. Man sagte uns, dass jeder Kriegsgefangener erst auf Arbeits -ein satz müsste. Nun muss ich schließen. Lebt wohl bis zum Wiedersehen. HerzlicheGrüße Euer Hans.Ich habe noch das F amilienbild. Mein Zivil bis auf die H ose. Auch geht es mir körperlich nicht schlecht. Es gab ja täglich 600 gr. Brot, 2 x 1/2 l warmes Essen und[… un leserlich …]. Ich wollte immer [… unleserlich …] über die Grenze am 9. Mai inZivil nach Hause zurückkehren. Aber der Wirrwarr, der herrschte, brachte mich wieder

zu den Tschechen nach Brünn, wo ich auf einem Berge gefangen genommen wurde.Geht man, wenn es geht, mit nach F rankfurt. Bei meiner Rückkehr finde ich E uchschon. Falls, so hinterlasst N achricht [… unleserlich …] bei Vatis Grab in B lech -büchse oder unter Blumentopf.Bleibt alle gesund, ich bleibe es auch. Es war schön, dass wir uns noch einmal gesehenhaben. Es wird uns die Wartezeit erleichtern. Sorgt Euch nicht allzu sehr um mich.Ich komme wieder.Nun seid alle gegrüßt von Eurem Hans-Eberhard.Hoffentlich klärt sich auch bald das Schicksal von Onkel Hans und Kurt.

Zettel 2Liebe Mutti, liebe Verwandten!Mir geht es gut. I ch bin in der Tschechei gefasst worden, von Vatis Tod wusste ichschon paar Tage danach durch [… unleserlich …] Bleibt tapfer, ich komme nach Ab -leis tung unserer Arbeitszeit nach Guben zurück. Ich habe mit dem ehemaligen Haus -wirt von uns gesprochen und weiß nun Bescheid über das, wie es E uch geht. SeitPfingsten war ich in G efangenschaft. Das Essen war nicht schlecht. 1 l S uppe und600 gr. Brot täglich. Ich habe an Leib und Seele keinen Schaden genommen. Und tat-sächlich noch keinen Hunger gehabt. Außer unserem Familienbild und Deinen letz-ten Briefen habe ich noch ein paar B ilder als Andenken. Eben esse ich mein Brot.

Zettel 3Durch Herrn [… unleserlich …] weiß ich ja nun Bescheid. Mir geht es gut und ichhoffe auf ein Wiedersehen. Bleibt tapfer und gesund. Ich bin seit dem 10. Mai in Ge -fan genschaft. Seit Pfingsten in Hoyerswerda. Wir bekamen täglich 1 l warmes Essen

und 600 gr. Brot. Ich habe noch das F amilienbild und werde jeden Sonntag Nach -mittag an Euch denken. Bäcker Stiller hat in der Bäckerei gearbeitet und mich außerder Reihe mit Essen erfreut. Vielleicht kommt er eher zurück. Er ist vorläufig noch inHoyerswerda. Grüßt seine Familie von ihm. Besonderes hat er mir nicht aufgetragen.

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Konstantin von SchaubertEingesandt von Christiane Groscurth (Schwester)

Konstantin von Schaubert wurde am 16. März 1925 in

Berlin geboren. Seit Februar 1945 ist er v ermisst im

Raum Budapest, Ungarn. Auf dem Soldatenfriedhof in

Budaörs westlich von Budapest ist der Name des Leut -

nants auf der Gedenktafel verzeichnet.

Die Schwester von Konstantin von Schaubert, Chris tia ne

Groscurth, war dort. Sie berichtet: „Zu meiner großen

Über raschung bin ich in Budaörs in den Gedenk bü chern

im kleinen Fried hofsgebäude auf die beiden in den

‚Träu mereien‘ erwähnten Namen gest oßen: Ri chard

Schießl, geboren am 21. August 1924, und Heinz Han -

nibal, ge bo ren am 27. De zember 1923, vermisst seit

dem 6. De zember 1944. Beim Namen Han ni bal hatte ich

ur sprün g lich nur an einen Spitz na men ge dacht.“

Aus einem Brief an die Eltern20.12.1944, angekommen am 23.12.1944Träumereien!Ich sitze bei Kerzenlicht in einem nüchternen Büroraum, an dem vielleicht früher ir -gend ein verstaubter Bürobeamter gesessen hat. Neben mir mein Grammophon. Ichlege die erste Platte auf. Eine Melodie der Puszta. Leise klagend klingt das Lied durchden Raum und hallt hohl von den kalten Wänden wieder. Ich denke an die ersten Ta -ge in Ungarn, an die Puszta. Ein Name steht wie ein Markstein in meinem Gedächt -nis: „Kaba“ – zugleich ein Begriff von der nüchternen Furchtbarkeit des Krieges. Ichsehe die ersten Toten, brennende Panzer, höre die Einschläge der Stalin-Orgel, dasbellende Bersten der Granatwerfer.Ich sehe das Heldentum des deutschen Soldaten, einen Straßengraben, kaum einen Me - ter tief, und doch ein Himmelreich, darin Offiziere, Mannschaften, Tote, Ver wun dete,graue fahle Gesichter, totenähnlich. Dennoch! Die nächste Platte! Eine Jazz-Me lo diebelebt den Raum. I ch sehe Budapest. Menschen, die vom Kriege keine Ahnung ha -ben. Festlich gekleidet, Kaffees haben ihr e Türen halb offen, heraus tönt leise be -schwing te, leichte Musik. Offiziere in Gala-Uniformen an der Seite schöner Frauen.

Konstantin von Schaubert aufdem von der Mutter aufbewahr-ten Foto, aufgenommen imAugust 1944

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Ich komme mir vor wie ein Dorfjunge, der zum ersten Male in der Groß stadt ist.Jetzt klingt eine O perette auf. Wann war ich das letzte M al im Theater? Ich riecheförmlich den Duft, den jedes Theater füllt. E in Gemisch von Parfüm, Puder undSchweiß – da, ein Einschlag, er kann nicht weit weg sein, hat es jemanden erwischt?Nun klingt aus dem N ebenraum ein Lied, das Lied meiner Männer . Ein richtigesSee räuberlied. Ich sehe ihre strahlenden Gesichter, ich sehe aber auch die G esichterderer, die nicht mehr bei uns sind und doch einmal war en – Hannibal, wo bist dugeblieben? Weißt du noch, als wir in der einen N acht beide allein mit einer P an zer -faust und einer M.Pi. [Maschinenpistole] auf den T 34 [russischer Kampfpanzer] los-gingen? Du er zähl test mir noch von deinen Eltern und Geschwistern, von deinem lie-ben Ham burg. Bist du tot? Oder lebst du noch irgendwo? Und Du, Schiessl, weißt Du noch, als wir zusammen den Bunker bauten? Wo steckstDu jetzt? Aber die Platte dreht sich weiter – man muss sie aber vorsichtig behandeln,sonst bekommt sie einen S prung oder bricht ganz entzw ei. Beinahe wie beim Men -schen. Draußen tobt der Krieg. In der Ferne fließt die Donau.Gedanken bei Kerzenlicht und Musik eines Grammophons, aufgezeichnet am Abenddes 20. Dezember 1944. Vielleicht ist es Blödsinn, vielleicht kann mancher doch ei -nen Sinn da rin ent decken. Es gibt doch noch etwas Höher es, von dem wir Menschenkei ne Ah nung haben. Wir glauben es zu kennen und kommen doch nicht im E nt -fern testen heran.Konstantin von Schaubert.

Abschiedsbrief an die Eltern in Obernigk (heute Oborniki Śląskie in Polen)Budapest, den 30.12.1944, 13:30 UhrMeine lieben Eltern!Wo ich bin, wisst Ihr. Wie es hier aussieht, sagt Euch ein kleiner Satz des Wehr machts -berichtes täglich. Dieser Brief geht mit der L uftpost. Wann ich den nächsten B riefschreiben kann, ist fraglich.Mir geht es nach wie vor gut. Im Augenblick höre ich gerade das Werkpausen kon zertdes Wiener Senders. Wie sich die Lage in den nächsten Tagen hier entwickeln wird,kann man noch gar nicht v oraussehen. Wir alle haben nach wie v or Hoffnung! Ichselbst werde schon irgendwie durchkommen, so oder so. Habt also immer noch Hoff -nung, selbst wenn Ihr lange nichts von mir hört. Im Übrigen habe ich ja bisher Glückgehabt, warum auch nicht in Zukunft.Grüßt mir das alte O bernigk recht schön. Das Gute ist, dass wir hier immer nochelek trisches Licht haben und infolgedessen auch Radio hör en können.Gestern bekamen wir Besuch aus der Luft. Einige Ju 52 brachten uns Munition.

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Mein ganzes Gepäck hat der Russe leider auch schon geschnappt. I ch habe also nurdas, was ich anhabe. Das reicht aber auch vollkommen aus.Der Russe greift uns dauernd und hartnäckig an. Bisher ist es ihm noch nicht ge lun -gen, in die Stadt einzudringen.Dann bitte ich Euch, noch herzliche Grüße an Tante Gretel und überhaupt an alleObernigker sowie an das Schloss auszurichten. H abt Ihr alle noch vielen D ank fürdas, was Ihr an mir getan habt. In wenigen Tagen steht ja ein neuer Jahresanfang be -vor, mal sehen, was er uns bringt.Euer Kontel.

Das Foto stammt ausder Brieftasche desVaters Alexander v.Schaubert, der nochzum Volkssturm ein-gezogen wurde undam 5.5.1945 beiPotsdam fiel. Als eretwa sechs Wochenspäter gefundenwurde, steckte dasFoto des Sohnes zwi-schen seinenPapieren. Die Spurendes Krieges sind aufdem Bild deutlich zuerkennen.

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Robert SchlösserEingesandt von Wolfram Schlösser (Sohn)

Robert Schlösser wurde am 25. August 1914 in Duisburg geboren. Der Oberleutnant ver -

starb am 25. Juli 1943 in einem F eldlazarett bei Tores in der Uk raine. Sein Name wurde

auf einen Gedenkstein der Kriegsgräberstätte Apscheronsk in Russ land auf ge nommen.

Der Sohn Rober t-Wolfram Schlös ser, das im Brief genannt e erwartete Kind, ließ zu sei-

nem Gedenken einen Baum im Friedenspark in La Cam be (Normandie) pflanzen.

Letzter Feldpostbrief an die ElternIm Felde, den 22.7.1943Liebe Eltern!Beim plötzlichen Alarm am S amstag hatte ich leider nur noch Z eit, Irmgard davonin Kenntnis zu setzen. Heute haben wir nun mal Ruhe. Nach ziemlich tollen Tagen.Von Irmgard bekam ich gestern Abend eine so beglückende Nachricht!!! Unser Wunschnach einem Kind scheint erhört zu sein. Ich bin ganz närrisch vor Glück, und es hilftmir über vieles hinweg, was ich hier erdulden muss. Ein paar Zeilen werden wohl ge -le gentlich durchkommen von mir. – In der Hoffnung, dass es auch E uch gut geht,seid herzlichst umarmt.Euer Robert

Nachricht des Feldlazaretts an die EhefrauFeldlazarett bei Tores (Ukraine)O.U., den 25.7.1943Sehr geehrte Frau Schlösser!Ich habe die traurige Pflicht, I hnen mitzuteilen, dass I hr Ehegatte, Herr Ober leut -nant Robert Schlösser, 3. Komp. Pi. Batl. 26, am 25.7.1943 mit B auchschuss insFeld lazarett, Feldpost-Nr. 27013, eingeliefert wurde.Leider war es trotz aller nur erdenklichen ärztlichen Bemühungen und bester Pflegenicht möglich, Ihren Gatten am Leben zu erhalten und unter zunehmender Schwä -che verstarb Ihr Gatte am 25.7.1943 [um] 21 Uhr friedlich.

Schon bei der Aufnahme ins Feldlazarett war Ihr Gatte durch die Schwere der Ver -wun dung sehr mitgenommen und dür fte er von seiner Verletzung und den damitverbundenen Leiden keine Einsicht mehr gehabt haben. Wir sind von dem traurigenAusgange tief erschüttert und erlauben uns, I hnen und allen I hren Angehörigen zu

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Gefechtsstand der Kompanie bei Nikiforoff-Stalino, 23. Juli 1943

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diesem schweren Verluste unser tief gefühltes Beileid auszusprechen. Möge Ihnen dasstolze Bewusstsein zum Troste gereichen, dass I hr tapferer Mann sein Leben imDiens te für Führer, Volk und Vaterland geopfert hat.In der russischen Stadt Tschistjakowo, 65 km ostwärts der Stadt Stalino, wurde er aufdem dortigen Heldenfriedhof des Laza retts unter militärischen Ehren beerdigt.Der Nachlass, soweit er sich bei dem Ver storbenen befand, geht Ihnen in den nächs - ten Tagen vom Lazarett zu. Nach lass, der sich evtl. noch beim Truppenteil befindet,wird Ihnen von dort direkt über sandt werden.Der Chefarzt des LazarettsI.V. gez. Koller Stabsarzt

Kompanie-Gefechtsstand, 23. Juli 1943: rechts im Bild Robert Schlösser – links schreibtein Kamerad

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25. Juli 1943: Robert Schlösser notiert die letzte Meldung des Bataillons, ehe er sei ne ver-hängnisvolle Fahrt mit den Sturm ge schüt zen antritt – dies ist die letzte Aufnahme von ihm.

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Hans und Heribert SchmidtEingesandt von Katharina Schmidt (Schwester)

Hans und Heriber t waren die ält esten Söhne der

Familie Schmidt. Hans wurde am 20. Juli 1917 in Wesel

geboren, drei Jahre später, am 12. August 1920 er-

bli ckte Heribert in Emmerich das Licht der Welt. Beide

mussten im Krieg ihr Leben lassen. Der Leutnant He ri -

bert Schmidt v erstarb am 1. Dezember 1943 an den

Fol gen seiner Kriegs ver letzungen im Bergsana to ri um

in Lemberg (Lviv, west liche Ukraine). Seine letzte Ruhe

hat er auf der K riegsgräberstätte in P otelitsch in der

Ukraine erhalten.

Hans Schmidt, Student der Theologie, starb am 12. Ja -

nu ar 1945 in russischer K riegsgefangenschaft an den

Folgen einer Lungenentzündung. Ein Freund, Fran zis -

kanerpater Josef Scheff er, benachrichtigte Ende 1945

nach seiner Rückk ehr aus der G efangenschaft die Elt ern vom Tod ihres Sohnes: „Sein

Grab fand er, wie so viele andere Kameraden, dort in unmittelbarer Nähe unseres Lagers.

Auf seinem Grab steht ein Schild mit seinem Namen, dem Geburts- und To des tag.“ Das La -

ger befand sich bei Matwejew-Kurgan in der Nähe von Ta gan rog am Asowschen Meer.

Letzter eigenhändiger Brief von Heribert Schmidt an seine ElternLemberg, den 10.11.1943Ihr Lieben!Heute fühle ich mich v erhältnismäßig wohl, und da will ich die G elegenheit wahr-nehmen, um Euch ein paar Zeilen zu schreiben.Ich liege hier nun im Lemberger B ergsanatorium in einem hellen fr eundl. Zimmermit sechs anderen Offizieren.Gestern war der Friseur hier, und habe ich Bart und Haare schneiden lassen. Ich hattemich drei Wochen nicht mehr rasiert. Langsam geht es wieder bergauf. Am unange-

nehmsten ist die Gelbsucht, die so schlapp und unlustig macht. Ich habe also unter-halb des rechten Schlüsselbeins ein etwa mar kstückgroßes Loch, ziemlich tief . DenSplitter hat man bisher noch nicht gefunden. D ie Wunde eitert jetzt sehr stark (tgl.½ Tasse). Die Wunde ist sonst nicht gefährlich, w eil die Lunge nicht getroffen ist.

Hans Schmidt

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Der rechte Arm ist auch fast unbe weglich. Das kommt aber nur dur ch die Wunde.So ist denn auch die Schrift abscheulich!In den letzten Tagen vor der Verwundung ging es bei der Truppe heiß her. Ich hatteeine Kp. [Kompanie], die eine gefährliche Abrie ge lung in einem Dorf hatte, wir lagenden Russen Haus gegen Haus (20 – 25 m) gegenüber.Leider ging es ein paar Mal zurück und teilweise wie-der vor, soweit beim linken N achbarn nicht ganzaufgepasst wurde. Dadurch gab es auch bei uns böseVerluste. Ich habe dabei meine Aktentasche mitWaschzeug, Photoapparat, Schlafsack usw. verloren.Am 26.10. mussten wir uns abends v om Feinde lö -sen, weil er rechts von uns sehr tief dur chgebrochenwar. Ich hatte mit meiner Kompanie noch die Si che -rung nach rechts und zog dann bei dunkelster Nachtden anderen nach. Zum Glück hatte ich Kar te undKompass. Bei Morgengrauen hatten wir unser Z ielnoch nicht erreicht. Ich war sowieso davon abgewi-chen, weil ein eigener Spähwagen meldete, dass dortdie Russen schon seien. Ich fand aber doch glücklichim Laufe des Morgens das Bataillon, und gingen gleich wieder in Stellung. Um 12:00Uhr erhielten wir den B efehl, uns weiter vom Feinde zu lösen, B eginn 13:00 Uhr,also am hellen Tage. Um 14:00 Uhr wurde ich durch Artille rie feuer verwundet, ver-lor sehr viel B lut. Hilfreiche Hände brachten mich in S icherheit. Dabei muss ichmeine Brieftasche mit 350 RM verloren haben. Na ja, jedenfalls kam ich verhältnis-mäßig schnell in Sicherheit!Ich hoffe nun, dass bei Euch noch alles in bester Ordnung ist und grüße herzlichstHeribert[am Briefrand] Ich werde doch wohl noch einige Zeit hierbleiben. Schickt aber keinePäckchen!

Handschriftliches Telegramm an die ElternDeutsche Reichspost, 21.11.1943lemberg f 56/ 5400 21/11 10.44theo schmidtgartenstr. 2ihr sohn leutnant heribert schmidt schwer verwundet zustand verschlimmert kommenerwünscht einreise für höchstens 2 allernächste angehörige für 5 tage gestattet tele-

Heribert Schmidt

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184 Letzte Lebenszeichen

gramm dient als ausweis für erlangen des durchlassscheines bei polizei und für 50 %fahrpreisermässigung der reichsbahn auskunft bdi usv an heimat und zielor tchefarzt bergsanatorium lemberg galizien

Handschriftliche Briefe von Vater, Mutter und Bruder Hans Schmidt an den Sohn und Bruder HeribertLemberg, den 27.11.43Mein lieber kranker Junge! Wenn der Herrgott es will, bekommst Du diese Zeilen zulesen. Du wirst Dich dann erinnern, dass ich an D einem Krankenbett geweilt habe.Wir haben uns gesprochen. Wie bin ich dem Herrgott dankbar, dass ich zu Dir eilenkonnte. Du hast ja sehr leiden müssen, und wir d es noch lange dauern, bis D u wie-der etwas zu Kräften sein wirst. Gott wolle Dir weiter die Kraft geben, darum werdeich ihn bitten. Leider muss ich D ich morgen verlassen. Wenn ich auch mit gr oßenSorgen von Dir gehe, so habe ich die Hoffnung, dass Gott Dir weiter beistehen wird. Sei Du von mir herzl. gegrüßt, und wünsche ich Dir von Herzen weiter gute Bes se rungDein Vater.

Heribert Schmidt, 1941 Heribert Schmidt, 1943

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27.11.43Mein lieber guter Heribert! Nun sind wir schon 4 Tage an Deinem Krankenbett. An meinem Namenstag hattenwir das Glück und die Freude, dass Du uns erkannt hast und so lieb mit uns gespro-chen hast. Du hast mir sogar zum N amenstag die Hand gereicht und mir ein Küss -chen gegeben. Wir sehen, wie Du leiden musst, u. wir sind auch wieder froh, dass Dunichts davon spürst. So, wie der liebe Gott es will, wirst Du uns wieder gesund. Wiralle haben sehr viel für Dich gebetet. Auch der Herr Kaplan hier ist sehr bemüht umDich, und gestern Abend haben wir in der G arnisonkirche für Dich eine hl. Messegehabt. Wir müssen nun leider morgen mit schwerem Herzen fahren. Aber wir betenweiter für Dich. Wenn Du gesund wirst, lieber Heribert, so lobe u. preise Gott, unddann sehen wir uns bald wieder in der H eimat.Nun von Herzen Gottes Segen und gute Besserung. Du hast noch viel Pflege nötig. Noch ein lieb Küsschen von Deiner Mutti.

[Hans] 27.11.43Mein lieber guter Bruder! Nach 4 Jahren durften wir uns gestern zum 1. Mal wiedersehen. Leider hast Du michnicht erkannt, da Du jetzt dauernd schläfst. Wir fühlen sehr mit, denn D u bist argkrank. Ich überbringe Dir auch die bes -ten Grüße von Tante Mia u. Tante Ella.Sie alle, auch alle Deine Geschwister sind

voller Teilnahme für Dich. Wir wünschenDir alle, besonders ich, mein lieber B ru -der, dass Gott Dich bald gesund machtund das schwere Leiden von Dir nimmt.

Handschriftliches TelegrammDeutsche Reichspost 1.12.1943lemberg f 1800 1/12 18.40theodor schmidtgartenstr. 2zugest. Br 2/12 Mettmann

leutnant schmidt heute früh seiner verwundung erlegen drahtantwort ob zur beerdigung kommenchefarzt bergsanatorium

Briefe aus dem Krieg 185

Hans Schmidt, 1943

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Brief von Hans Schmidt an seine Eltern15.8.1944Ihr Lieben daheim!Nun ist es soweit. Ich liege jetzt auf der Bahn. Gleich wird’s losgehen. Die Sonne brenntwieder erbarmungslos. Wir haben zu 10 Mann einen Waggon. Also äußerst bequem.Gestern habe ich mehrmals überall Abschied genommen. Vom Pfarrer in der Stadt undvon den Kameraden dort. Sehr eindrucksvoll war der Abschied von den Ka me radenhier, die mir einen kleinen Arbeitskr eis bedeuten. Was haben mich die Kame radenbestürmt mit Fragen. Sie waren eigentlich noch reichlich unberührt von christlichemWissen. Aber sie hatten sich in ihr em Leben bemüht. Drum waren sie auch so auf-geschlossen jetzt, als sie die Gelegenheit hatten, mal in die Dinge tiefer einzudringen.Dass mir das viel Freude gemacht hat, könnt Ihr Euch gut vorstellen. So kann ich wohl sagen, dass C. in meinem S oldatenleben eine gewisse Ausnahmedarstellt. Leider gehören die – all die, zu denen ich ein besonders nettes Verhältnis

hatte – nicht zu meiner Einheit, bleiben also hier. So gesehen, stehe ich ziemlich allein.Auch in meiner Einheit gibt’s wohl welche, aber die sind geistig nicht so ge weckt.

Familie Schmidt 1936, links neben der Mutter Heribert Schmidt, rechts neben dem V aterHans Schmidt – Im Detail v. l. n. r., erste Reihe: Heribert (*1920), Katharina Schmidt(*1896), Käthi (*1928), Josef (*1931), Theodor Schmidt (*1889), Hans (*1917). ZweiteReihe: Anni (*1922), Klärchen (*1921), Else (*1919), Theo (*1924)

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So gehe ich mal wieder dur ch die Welt und lerne wieder ein neues F leckchen Erdekennen. Einmal hört auch dieses Reisen auf. Ich mache mir nichts mehr daraus. Daslässt mich alles kalt.Gestern habe ich noch eine gr oße Freude gehabt. Durch den Pfarrer hatte ich hiereine sehr ordentl. Familie kennengelernt, wo ich – wenn ich lange in der Stadt beimPfarrer war – schon mal übernachtet hatte. Es ist eine wohlhabende Familie aus Bes -sara bien. Sie sind dort geflüchtet und haben jetzt hier eine sehr anständige Wohnung.Es sind sehr edeldenkende, gut gebildete Leute. Der Sohn ist Ingenieur, eine Tochterver heiratet und die Jüngste, die ich näher kennenlernte, ist zu H ause. Es ist dies einganz entzückendes wohlbehütetes Mädel v on 18 Jahren. Sie spricht gut französischund gebrochen deutsch und [ist] auch in religiösen Dingen sehr beschlagen. So etwasfindet man selten hier, wo d. Volksdeutschen gewohnheitsmäßig zur Kirche latschenund von nichts eine Ahnung haben.Auf das Meer muss ich jetzt v erzichten. Das wird mir in der heißen Z eit nicht soleicht fallen. Vielleicht findet sich drüben ein Bach, wo man mal untertauchen kann.Wohin ich komme, es liegt wohl zwischen Mühlbach und Hermannstadt (Sie ben bür -gen). Der Ort selber ist ganz unbedeutend.Bei Euch ist hoffentlich noch alles gut. Wie weit treffen Euch denn die neuen Maß -nahmen betr. „totaler Krieg“. Alois wird doch jetzt wohl fortkommen. Und wo wirdAn ni untergebracht?Wenn der Zug abfährt, will ich den Brief noch hier irgendwo abgeben. Ich grüße Euch alle herzlichEuer Hans.

Letzte Nachricht von Hans Schmidt19.8.1944Ihr Lieben daheim!Nun müsst Ihr endlich wieder etwas von mir hören. Bin also unterwegs. Genieße dau - ernd die frische Luft. Die Fahrt ist recht angenehm. Nur geht sie sehr, sehr langsam.Liegen nun schon 2 Tage vor Ploesti, das man alle Augenblicke bombardiert. Nur diewichtigsten Züge werden durchgelassen. Eine Gefahr besteht nicht – nur geht es ebenlangsam.Da sitzen wir dann auf den Bahnhöfen herum wie so oft und studieren das Bahn ge -leise, die Signalanlagen, Lokomotiven u. Wagen. Darüber hinaus aber auch manch-mal ein in der Nähe liegendes D orf und Land u. Leute. S o habe ich heute morgenein kaltes Bier u. gestern ein schönes Gläschen Wein zu mir genommen. Ge sund heit -lich bin ich ganz auf der Höhe. H offe, dass auch bei Euch alles wohl ist.

Briefe aus dem Krieg 187

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Eben kommt der Fronturlauberzug hier vorbei, der hält nur ganz kurz. Soll den Brief noch mitnehmen, drum kurzHerzliche GrüßeEuer Hans.

Brief des Freundes, Franziskanerpater Josef Scheffer, an die Eltern, ein Jahr späterMenden, den 8.10.1945Sehr geehrte Familie Schmidt!Ich erfülle hiermit eine traurige Verpflichtung. Seit kurzer Zeit bin ich wegen Krank -heit aus russischer Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt, wo ich lange mit Ihrem SohnHans zusammen in einem Lager in der Nähe von Taganrog am Asowschen Meer lag.Von Beruf bin ich Franziskanerpater und gehörte bis zu meiner Einberufung zu demjetzt leider zerstörten Kloster in P aderborn. Sie können sich denken, dass H ans alsTheologiestudent und ich gute Freunde wurden. Oft hat Hans mir bei der hl. Messe,die ich auch anfangs im Lager noch im G eheimen feiern konnte, ministrier t. Kurzvor Weihnachten des vergangenen Jahres erkrankte Hans an einer ernsten L un gen -ent zündung. Anfangs hatte er die Krisis ganz gut überwunden, dann kam aber leiderein Rückfall. Der Körper war aber schon so geschwächt, dass er diesen Rückfall nichtmehr überwinden konnte, so dass H ans am 12. J anuar dieses Jahres gestorben ist.Kurz vorher habe ich ihn noch mit den hl. S terbesakramenten versehen, die er beivollem Bewusstsein und mit ergreifender Ergebung empfangen hat. So war er gut aufseinen Tod vorbereitet. Das mag auch Ihnen der beste Trost sein. Hans hat sein Le -bensziel, das Priestertum, zu dem er sich ernstlich durchgerungen hat, nicht erreicht.Der ewige Hohepriester Christus, vor dessen Willen wir uns alle in E rgebung beu-gen, hat ihn schon früh zu sich heimgeholt. E r wird ihm auch die Krone des ewigenLebens gegeben haben, denn der Tod ist für den gläubigen Christen ja nur das Torzum Leben. Ihnen allen aber möge der Herrgott Kraft und Trost sein, Ja zu sagen zudem großen Opfer, das er von Ihnen verlangt hat. Wir alle aber hoffen auf ein Wie -der sehen in der Ewigkeit, denn uns ist jenes Tor noch verschlossen, durch das Hansschon hindurchgeschritten ist.In aufrichtiger Teilnahme und stiller Mittrauer grüßt SieIhrP. Josef Scheffer.

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Briefe aus dem Krieg 189

Grabstätte von Heribert Schmidt

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Franz SchönbergEingesandt von Franz A. Schönberg (Sohn)

Franz Schönberg kam am 6. Juli 1907 in

Plathe (Westpommern) zur Welt. Als Datum

seines Todes wird der 8. Februar 1945

angenommen. Es ist der Tag, seitdem Franz

Schönberg vermisst ist.

Zuletzt war er in der G egend von Küstrin,

Reppen, West-Sternberg und Zorndorf ein-

gesetzt.

Letzter Brief an die Ehefrau HedwigKüstrin, 5.2.1945Meine liebe süße Hedi.Will Dir schreiben, dass ich immer nochgesund und munter bin. Haben mehrere Stel lungen zu halten unddenke, dass wir es schaffen werden.Es grüßt Dir Deinlieber guter FranzelViele Grüße an die Jungens von Papa.

Franz Schönberg

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Briefe aus dem Krieg 191

Gerhard SchulzeEingesandt von Hans-Heinz Schulze (Bruder)

Der Brief von Gerhard Schulze an seine Elt ern ist das

letzte Lebenszeichen des jungen G efreiten. Gerhard

Schulze kam am 31. Januar 1923 in L eipzig zur Welt,

der Feldpostbrief trägt den P oststempel „Neiße“. Sein

Bruder Hans-Heinz Schulz e, der gesund aus den

Kämpfen in der So wjetunion heimkehren konnte, hat

ihn bis heute aufbewahrt. Trotz mehrfacher Suche gilt

Gerhard Schulze seit März 1943 vermisst.

Letzter Brief an die ElternOsten, 22.3.1945Meine geliebten, guten Eltern!Und wieder hat mich der liebe Gott vor einem grau-sigen Schicksal be wahrt! Am 15.3. früh 4:30 Uhr(ich wurde gerade auf P osten abgelöst) begann derRusse ein wahnsinniges Trommelfeuer, dass man aber auch nicht 2 Sekunden Un ter -bre chung feststellte, von und nach allen Seiten. Erst gegen 15 Uhr flaute es etwas ab.Aber bis zu dieser Zeit war auch viel los! Bereits früh gegen 8 Uhr kam der Russe nachmehreren Fronteinbrüchen über die Höhe in unseren Wald, wo wir im gerade fer tiggewordenen Bunker hausten. Wir mussten türmen und dabei auch alle Sachen liegenlassen. Nun hat keiner mehr was. Wir kamen in unheimliches Feuer hinein und lagenvolle 20 Minuten flach im Dreck. Ich werde das nie vergessen, wie ein Einschlag nachdem anderen um uns lag. Gott sei Dank hatten wir keinen Volltreffer, nur einen Ver -wun deten hatten wir. Ich hatte auch G lück, ein Splitter traf auf meinen K och ge -schirr deckel, sonst hätte ich das Ding ins Kreuz gekriegt. –Wir wurden vom Russen eingekesselt, ein Erlebnis, das man nie vergessen kann. Wirsind nun 4 Tage und Nächte ununterbr ochen unterwegs gewesen, immer gelaufen,hoffend, dass wir irgendwo noch rauskommen. Wir hatten Infanteriekämpfe, muss -

ten aber immer wieder w eiter. Wir sind – nachdem wir auch das G erät verlassenmuss ten – 120 km getippelt, eine Leistung, die ich mir nie zugetraut hätte. M eineBeine spürte ich nicht mehr , die Füße war en blutunterlaufen. Ich hatte den liebenGott immer um Hilfe gebeten, und er hat mir auch geholfen. I ch bin mit aus dem

Der Gefreite Gerhard Schulzeim September 1942

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Kessel heraus. Wir haben uns in der N acht durchgeschlagen, aber es sind auch vieleKameraden nicht durchgekommen.Meine besten Eltern, ich schreibe kurz heute, wir sind jetzt in einem D orf zur Zu -sam menstellung, und gehen dann wieder zum Einsatz. Wir müssen uns nun erstmaletwas herrichten, und die Füße sind – nachdem ich die Schuhe und am F uß ange-klebten Strümpfe ausgezogen hatte, fast nicht gebrauchsfähig. A ber diese An stren -gung war nicht ganz umsonst, wir sind – wenn auch bloß 10 Mann von uns 20 – erstmal raus. Hoffentlich wiederholt sich das nicht noch mal. (Mir geht es gut jetzt, undwir werden die paar Tage Ruhe ausnutzen, uns zu erholen.) –Wie geht es nur E uch und unserem lb. Hasen? Durch die Versprengung im Kesselvon unserer Truppe habe ich mich einer neuen Einheit zuteilen lassen müssen, daherwieder die neue F.-P.-Nr. [Feldpostnummer]. Ich weiß nicht, ob es Zweck hat, mir zuschreiben. Ich denke viel an Euch. Hoffentlich hat nun alles ein Ende. In Liebe undVerbundenheit bin ich mit herzlichsten Grüßen und Küssen Euer Gerhard.Es ist wenig Zeit heute, an Gerlinde will ich gleich, ev. morgen schreiben!Werdet Ihr heute einen ruhigen Geburtstag verleben? Gebe es Gott!Euer Gerhard

Gerhard Schulze (links) mit Bruder Hans-Heinz im Juni 1943 in Mittweida, Sachsen

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Briefe aus dem Krieg 193

Otto SetzpfandEingesandt von Jürgen Fila (Cousin)

Der am 23. Mai 1919 in Berlin-Spandau geborene Otto Setzpfand geriet bei den Kämp -

fen um Stalingrad in sowjetischer Gefangenschaft. Der Unteroffizier verstarb am 4. Juli

1943 in einem Kriegsgefangenenlager auf dem Gebiet der ehemaligen UdSSR.

Jürgen Fila, der Cousin von Otto Setzpfand, berichtet: „Um die Adventszeit 1942, ich war

im zehnten Le bens jahr, kam die Schwester meines Vaters in unser Haus, vor Freude wei-

nend, hatte einen Feldpostbrief in der Hand und sagte schluchzend immer wieder „mein

Otti lebt, mein Otti lebt“. Es war sein letztes Lebenszeichen. [...] Den besagten Feld post -

brief meines Cousins habe ich aus der Erinnerung nachgeschrieben, denn das Ori gi nal,

welches die Schwester meines Vaters aufbewahrt hat, ist am 28. März 1945 beim letzten

großen Bombenangriff auf Berlin-Spandau verbrannt.“

Erst 1995 konnte eine Suchanfrage beim Deutschen Roten Kreuz zur Auskunft über das

Todesdatum von Otto Setzpfand führen.

Winter 1940, mit „Krätzchen“ als Kopfbedeckung (links Otto Setzpfand)

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1940, nach der Ausbildung als Rekrut (rechts Otto Setzpfand)

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Briefe aus dem Krieg 195

Niederschrift des letzten Briefes an die ElternAdvent 1942Liebe Eltern,ich habe mich lange nicht melden können, habe oft an zu Hause gedacht, nun hoffeich aber, dass dieser B rief noch ankommt, denn hier in S talingrad verteidigen wirSchutt haufen, Sinn hat das alles nicht mehr . Wir fressen, was tote Kameraden odertote Russen in den Taschen haben, demnächst sind Pfer de unsere letzten Reserven.Noch bin ich gesund, aber abgemager t.Es kommt nur noch vereinzelt Nachschub aus der Luft. Ju 52 landen noch und neh-men Verwundete mit. Ich hoffe, dass mein Brief mit raus geht. Es ist wahrscheinlichdas letzte Lebenszeichen von mir, denn ich komme hier nicht mehr le bend raus, wenndie angekündigte Befreiungsarmee den Durchbruch nicht schafft.Was die Waffen nicht schaffen, wird demnächst die Kälte schaffen.Lebt wohl, grüßt alle und vergesst mich nicht, eigentlich habe ich noch gar nicht ge lebt.Euer Otti

Letzter Heimaturlaub im September 1942 vor der Beförderung zum Unteroffizier und demEinsatz an der Ostfront (links Otto Setzpfand)

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196 Letzte Lebenszeichen

Bernhard SpererEingesandt von Bernhard Sperer (Sohn)

Familienfoto: Babette und Bernhard Sperer mit ihren Töchtern Ottilie (links) und Annemarie(rechts), 1941

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Briefe aus dem Krieg 197

Bernhard Sperer, geboren am 11. August 1910 in Wit tis lingen, starb an den F olgen sei-

ner schweren Ver let zun gen am 6. Dezember 1944 in einem Feldlazarett na he der dama-

ligen Ortschaft Lötzen. Der Obergefreite wurde aller Wahrscheinlichkeit nach als unbe-

kannter Soldat auf die K riegs grä ber stätte im heutigen Bar tosze überführt. Im Ge denk -

buch des Friedhofs ist sein Name verzeichnet.

Letzter Brief des VerwundetenLötzen, den 29.11.1944Meine Liebsten!Teile Euch mit, dass ich am 22.11. verwundet bin. Ich habe einen Durchschuss durchden Rücken. Meine Arme und Beine kann ich schlecht bewegen, aber es wird schonwie der besser werden. Wenn es mir etwas besser geht, komme ich wieder weiter, aber[ein] paar Wochen wird es sich wohl hinziehen. M acht Euch nur keine zu gr oßenSor gen, es wird schon wieder werden.Wie geht es bei Euch? Meine Anschrift ist jetzt Feldp. Nr. 09149.Nun wünsche ich Euch auch alles Gute und grüße Euch recht herzlich Euer Bernhard

Herzl. Gruß von Sanit. Wilhelm Dickmann u. Schw. Alberta.

Letztes Bild von Bernhard Sperer mitFamilie im Garten, 1943

Babette Sperer mit Sohn Bernhard im Arm,links Annemarie, rechts Ottilie, 1943

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198 Letzte Lebenszeichen

Jakob StöckerEingesandt von Jakob Stöcker (Sohn)

Von dem Gefreiten Jakob Stöcker, geb. am 21. Oktober 1907, ist nichts geblieben als der

letzte Brief, den er am 4. Januar 1944 an seine Frau schickte.

Am 19. Januar 1944 wurde er vermisst gemeldet bei Jurakow-Kut, Krim. Offiziell ist er als

Verschollener des Zweiten Welt kriegs verzeichnet.

Letzter Brief an die FamilieIm Felde, den 4.1.1944Meine Teuren in der Heimat!Eine schwere, düstere Nacht hat sich wieder zu Ende geneigt und so möchte ich Euchwieder ein Le bens zeichen geben. Wir erwarteten diese Nacht einen großen Angriff,aber er hat sich nicht ereignet, aber er wird nicht ausbleiben und ich sehe für uns fastschwarz. Der Russe ist uns in 8- bis 10-facher Übermacht gegenüber, dazu haben sie

alle schweren Waffen, was uns völlig fehlt.Dazu täglich die Flugzeugangriffe und wirkönnen nicht einmal abwehren. Wenn derRusse auch so ein guter Soldat, das heißtso gut ausgebildet wär e wie der D eut -sche, so wären wir schon längst verloren.Aber eines Tages wird er uns ab schnei denund einkassieren, dann werden wir nachSibirien wandern, w enn wir nicht bisdahin einen kalten Arsch ha ben. Es istgrauenhaft in dieser Lage und in die Z u -kunft zu blicken, denn diese Krim wir dso nicht zu halten sein. J a, die 98. D i vi -sion hat schon immer schw ere Aufgabenzu erfüllen [gehabt], zuerst am Mittel ab -schnitt, dann am Kuban brü cken kopf, wo

sie soweit noch gut herausgekommen ist,und jetzt am B rücke n kopf bei K ertsch,aber ob wir diesmal noch herauskom-men, ist fraglich. Kann D ir die traurigeJakob Stöcker

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Briefe aus dem Krieg 199

Mitteilung machen, dass der dritte Kamerad heute Nacht als vermisst gemeldet wur -de. So sind noch ich und Ignatz von uns Alten hier. Er ging zum Essen holen und kamnicht mehr zurück. Vielleicht hat ihn eine Kugel getroffen und [er] musste ohne Hil feliegenbleiben. Wie oft habe ich denselben Weg schon gemacht, ganze Nächte durchmit Bunkerholz und Munition schleppen oder Essen holen und es pfiffen die Kugelngerade so an den Ohren vorbei, aber ich hatte immer das Glück. Aber der Krug gehtso lange zum Brunnen, bis er bricht. Aber man wird dabei so gleichgültig, dass mansich sagt: Wenn es [einen] trifft, dann ist man v on aller Qual erlöst.Sonst bin ich noch gesund, was ich auch v on Euch hoffe und ich wür de mit Sehn -sucht schon Post erwarten, aber ich werde mich noch eine Weile gedulden müssen.So hoffen und glauben wir auf ein Wunder, denn nur dieses könnte uns r etten undbitten den Allmächtigen, er möge uns ein gesundes Wiedersehen schenken. Damitseid für heute gegrüßt und geküsst von Eurem lieben Vati. Gruß an alle. „Auf Wiedersehen!“

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200 Letzte Lebenszeichen

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Briefe aus dem Krieg 201

T„Ja, Altichen, ich könnte Dir sehr vieles erzählen,

doch im Brief hört sich alles schlimmer an, als es ist, und Du sollst Dir keine dummen Gedanken machen.“

Karl-Heinz Trogisch an seine Frau. Vermisst seit 1943.

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202 Letzte Lebenszeichen

Karl-Heinz TrogischEingesandt von Ingrid Ladwig (Tochter)

Der am 20. April 1909 in Tilsit, Ostpreußen geborene

Karl-Heinz Trogisch schickte Ende 1942 den letzten Brief

an seine F rau aus Stalingr ad. Als v ermisst gilt er seit

1943. Sein Name wurde zum Ge den ken auf einen der

Namenwürfel der K riegsgräberstätte in Ros sosch ka,

Russland eingraviert.

Die Tochter Ingrid Ladwig sagt dazu: „Das war und ist

natürlich ein großer Trost für mich und auch für meine

Brüder, dass auch unser Vati an diesem Ort seinen Na -

men zurückerhalten hat. [...] Unser ganz großer Schatz

von unserem Vati sind ganze fünf Briefe, die er an un -

sere Mutti schrieb. Sie hat diese Briefe später abgetippt

und an uns Kinder weitergegeben. [...] Uns ist auch be -

kannt, dass mein Vater der Fahrer von General feld mar -

schall Paulus war.“

Letzter Brief an die EhefrauIm Felde, den 26.12.1942Mein liebes gutes Altichen!Zuerst will ich Dir für Deinen lieben Brief danken, den ich schon vor einigen Tagenerhielt. Es ist zwar ein älterer Brief, aber doch immer ein Liebes- und Lebensz eichenvon Dir. Beantworten will ich ihn nachher. Vorerst will ich etwas vom Fest schreiben.Liebes Mädel, ich will hoffen, dass D u diese Tage mit den Kindern in fr oher Ge -sundheit verlebt hast. Auch wenn ich nicht habe bei D ir sein können, so soll D ichdas nicht abgehalten haben, ein frohes Weihnachtsfest zu feiern, die Hauptsache sindja unsere Kinder, denen Du trotz der schweren und ernsten Zeit doch ein frohes Herzzeigen solltest. Sicher hast Du Besuch gehabt oder bist sogar selbst zu B esuch gewe-sen. Na, Du wirst mir ja v on den Tagen schreiben, wie alles so ge wesen ist und was

alles geschehen ist. Ja, Weihnachten ist nun vorüber, es sind dieses die ersten, die ichnicht habe zu H ause verleben können. Diese Weihnacht wird mir auch immer inErinnerung bleiben, weil wir es unter ganz besonderen Verhältnissen feierten. Es hatwohl keinen Zweck, viel herumzureden, denn Du würdest doch nur viele Fragen ha ben.

Karl-Heinz Trogisch

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Briefe aus dem Krieg 203

Hochzeitsfoto von Klara und Karl-Heinz Trogisch, 14. April 1937 (Königsberg)

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204 Letzte Lebenszeichen

Da will ich es lieber gleich schr eiben, es ist ja auch alles nicht so schlimm. N un, wirsind seit über 4 Wochen eingekesselt und halten nun die von uns erreichte Front, biseben der Kessel von anderen Truppen hinten wieder zur Öffnung gezwungen wir d.Selbstverständlich, dass man uns erst M unition und Sprit für Panzer und Fahr zeugedurch die Luft bringt und dann erst ander es, Verpflegung, Post usw. Klar, dass dieVerpflegung nun nicht bedeutend ist und die Post selten ankommt, aber das ist nunmal nicht zu ändern und wir müssen eben auch ohne Post und mit wenig Essen aus-kommen, es geht, denn es muss sein. Hauptsache bleibt, dass die Front vor uns gehal-ten wird und sie wir d gehalten. Wir lassen jedenfalls den K opf nicht hängen, dennunser Führer kennt unsere Lage und hat uns E ntsatz zugesagt. Das genügt vollstän-dig. Nun müssen wir jetzt eben aushalten. S o fehlte denn an H eiligabend alles, waseben erst dazu gehört, vor allem die Post aus der Heimat. Aber das kommt später allesnach und dann feiern wir doppelt. Heiligabend war still und ernst. Seit dieser Wochebin ich wieder gesund, wenn ich auch noch etwas hinke und Verband habe, so gehtes doch. Meinen Wagen fährt ein Kamerad, da ich doch noch nicht ganz auf D eckbin, darüber bin ich eigentlich ganz fr oh, denn so brauche ich gar nicht zu fahr en.Habe wohl einen anderen Wagen übernommen, aber gefahren wird nicht. Na, jeden-falls bin ich auch in eine P anjebude [russisches Bauernhaus] gezogen, zu der Ab tei -

Karl-Heinz Trogisch mit seinen beiden Söhnen Manfred und Siegfried

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Briefe aus dem Krieg 205

lung (Adjutant), zu der ich nun auch gehör e. Hier haben wir auch H ei lig abend ge -feiert. Es feierte alles in kleinen Gruppen, so wie man wohnte. In unserer Bude stehtnun – in Russland eigentlich noch nie gesehen – ein Klavier , das sogar sehr gut ist.Das ist es denn auch klar , dass ich auch drauf spiele. Z ur Feier waren auch der Ge -neral und andere Offiziere da. Es war alles ernst und feierlich gestimmt. M ein Chef,der mich hatte spielen hören, bat mich zu spielen und ich tat es dann ja auch. Da wares plötzlich für mich Weihnacht, meine Gedanken waren bei Dir und den Kindernund Dir und uns spielte ich das alte Lied der stillen N acht. Ich bin bei Dir gewesen

Ingrid mit ihren beiden Zwillingsbrüdern und ihrem Vater

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206 Letzte Lebenszeichen

trotz der großen Trennung, vielleicht hast Du es gefühlt und ich glaube, dass ich auchDeinen Gedanken begegnet bin, denn ich glaubte Deine Nähe zu fühlen. Mein Spielhatte eine Ergriffenheit bei allen zur F olge und ich glaube, es hat beigetragen, dasskeiner diese Weihnachtsfeier vergessen wird. Der General drückte mir nur still dieHand. So war unsere Weihnacht, Geschenke waren natürlich nicht da, von wo auch,aber das ist ja unwichtig. Hoffentlich aber bald ein Brief. Die Päckchen von daheimkommen ja noch lange nicht, erst w enn alles wieder klar ist. S ei aber nicht traurigdarüber, die Freude darüber ist nachher um so größer . Mache Dir auch bitte keineSor gen um mich, es wird schon alles werden, es hat schon ärger gebrauset. Die Fei er -tage sind dann bei D ienst und Arbeit v ergangen, denn Bunker sind sehr nötig undArbeit hält auch die Gedanken zusammen. Kalt haben wir es jetzt sehr. Gestern undheute über 30 Grad [minus]. Wenn nur nicht solch starker Wind wäre, aber man er -trägt auch so etwas. J a, Altichen, ich könnte D ir sehr vieles erzählen, doch im Briefhört sich alles schlimmer an, als es ist, und D u sollst Dir keine dummen Gedankenmachen. Später erzähle ich Dir dann alles, was im Krieg geschehen kann. An M uttihabe ich geschrieben, doch wird dieser Brief nicht angekommen sein, bitte sage ihr ,dass ich auch an sie gedacht und geschrieben habe, ebenso an S igrid, die mir so oftgeschrieben hatte. – J a, zur Beantwortung Deines Briefes ist nun kein P latz mehr,aber ich werde bald wieder schreiben. – In einigen Tagen nun ist dieses Jahr zu Ende,möge uns das neue Jahr Erfüllung unserer Wünsche bringen. Ich wünsche Dir, meinLiebstes, zum Jahreswechsel alles, alles Gute, Glück und Segen, vor allem natürlichbeste Gesundheit, den Kindern in ihr er Unschuld viel Glück und Segen, auch guteGe sundheit ist zum G lück notwendig. Wir werden das neue J ahr auch in ernsterStimmung erwarten, möge es uns den S ieg und Erfolg bringen. – Also, mein liebesgutes Frauchen, sei nicht ängstlich. Wenn Dein Alter mal in der Klemme sitzt, erkommt trotzdem wieder, die Überzeugung habe ich ganz fest. – Anbei ein paar Mar -ken, denn die musst Du schon haben, sonst warte ich sehr lange auf Post. Ich möch-te vor allem ja wissen, wie es Dir gesundheitlich geht, das ist mir so sehr wichtig, alsoschreibe mir bitte oft. – Für heute werde ich mein Briefchen beenden. Noch mals Dirund den Kindern alles, alles G ute, Glück und Segen zum Jahreswechsel. Mei ne Ge -danken sind stets bei D ir und werden Dich auch ins neue J ahr begleiten. Den Kin -dern vom Vati viele liebe Küsse, Dir, mein liebstes Mädel, innigste Grüße und langeheiße Küsse von Deinem, Dich über alles liebenden, sich sehr, sehr bangenden, dank-

baren, treuenAlten.

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U„Immer noch bin ich ohne Nachricht von Dir,

und ich mache mir große Sorgen. Wie lange werde ich nur noch warten müssen,

bis das erste Brieflein von Dir, mein Herzlieb, eintrudelt.“

Josef Ullrich an seine Frau Erna.Gefallen am 29. Dezember 1944

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Josef UllrichEingesandt von Frank Ullrich (Sohn)

Josef Ullrich, der am 16. Januar 1910 in Gab lonz an der

Neiße geboren wurde, kam am 29. Dezember 1944 in

Ann weiler in der Pfalz ums Leben. Sein Sohn Frank war

zu diesem Zeitpunkt gerade erst zweieinhalb Jahre alt.

Auf dem Ehren fried hof in Dahn (Pfalz) hat Josef Ullrich

sei ne letzte Ruhe erhalten.

Seinen letzten Brief hat er am Tage seines Todes ge -

schrie ben. Der Sohn F rank Ullrich w eiß zu berich-

ten: „Der Post stem pel ist vier Tage danach datiert. Den

Brief erhielten wir am 20. Januar 1945. [...] Ich bin sehr

glücklich, dass nun, nach der Einheit , auch ich die

Möglichkeit habe, das Gr ab meines Vaters auf dem

wunderbar angelegten Fried hof zu besuchen.“

Letzter Brief an die Ehefrau Erna29.12.1944Mein geliebtes kleines Ernilein!Immer noch bin ich ohne Nachricht von Dir, und ich mache mir große Sorgen. Wielange werde ich nur noch war ten müssen, bis das erste B rieflein von Dir, meinHerzlieb, eintrudelt. Habe Dir seit meiner Abfahrt von Bln [vermutlich Berlin] dochfast jeden Tag geschrieben, das sind also bestimmt fast über 30 B riefe und von Dirnicht ein einziges Brieflein. Ich weiß schon gar nicht mehr, was ich Dir schreiben soll.Wenn man erst selbst ein paar Z eilen erhalten hat, dann hat man auch wieder neueAnregungen zum Schreiben. Ich befinde mich noch in Ann weiler und hier geht esmir soweit ganz gut. Vor allem kann ich mich über das Essen nicht be klagen, wirk-lich reichlich und gut, wie ich es schon lange nicht gehabt habe. Auch sonst hat manseine Ord nung und dieser Zustand müsste nur recht lange an halten, so wäre es schonauszuhalten. Aber es kann ja jeden Tag eine Änderung eintreten, dass wir also wieder

zum Einsatz kommen. Damit muss man also alle Tage rechnen und sich damit abfin-den, dann ist natürlich die schöne Zeit wieder zu Ende.Gerne möchte ich nun endlich wissen, wie es D ir, mein Herzlieb, und meinem klei-nen Frankilein geht, was Ihr so den ganzen Tag treibt und ob Ihr noch gesund und

Josef Ullrich, Juni 1939

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11. März 1943: Erna und Josef Ullrich mit Sohn Frank zwei T age nach seinem 1. Geburtstag

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munter seid. Es ist wirklich nicht schön, wenn man so im Ungewissen ist. Wenn nurmal das erste Brieflein eintrudeln würde, dann würde ich ja doch r egelmäßig Nach -richt erhalten. Auch würde ich mich sehr freuen, wenn Du mir die letzten Fotos vonmeinem letzten Urlaub schicken würdest. Wie geht es meinen E ltern? Was gibt es

Vater und Sohn, Pfingsten am 26. Mai 1942

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Neues bei Deinen Angehörigen? Ich komme mir vor wie abgeschnitten von der Welt,wenn ich so gar keine Nachricht bekomme. Aber es ist ja sicher nicht Deine Schuld,von Dir sind sicher schon einige Briefe unterwegs (schreib mir nur die genaue Anzahlund immer am besten nummerier t. Dann kann ich w enigstens feststellen, ob ichauch alles erhalte).Das Jahresende rückt immer näher, wieder ein Silvesterfest, das wir nicht zusammenverleben können. Wir werden hier am Silvesterabend einen Komp. Abend [Kom pa -nie-Abend] veranstalten. Das heißt, wenn nichts dazwischenkommt und wir nochhier sind. Mein Ernilein, auch an diesem Abend werden meine Gedanken besondersdaheim sein. Mein ganz großer Wunsch geht dahin, dass Du, mein Ernilein, in die-sem kommenden Jahre auch viel Glück haben sollst, vor allem aber, dass Du gesundbleiben sollst und wir endlich den lang ersehnten F rieden und damit ein glücklichesWiedersehen und dauerndes Beisammensein feiern könnten.Mein Herzlieb, für heute wieder recht innigliche herzliche Grüße und viel liebe Küssel!Dein Dich innig liebender SefiGrüße mir mein Jungerle vom Vati!

Grabstein von Josef Ullrich auf der Kriegsgräberstätte in Dahn, Oktober 1986

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Briefe aus dem Krieg 215

W„Drei Tage lang haben wir oft bis zum Bauch

im Sumpf gestanden und gehalten, ohne Verpflegung, nur Zigaretten und Sumpfwasser hatten wir.“

Waldemar Wichmann an seinen Vater. Vermisst seit dem 15. Juli 1944.

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216 Letzte Lebenszeichen

Friedrich WacheEingesandt von Mathias Wache (Enkel)

Friedrich Wache wurde am 13. Dezember 1909 in

Schle sisch Nettkow geboren. Einen Tag nach seinem

letzten Feldpostbrief an die F amilie, am 2. September

1942, fiel der G efreite bei Kämpf en südlich des La -

dogasees in Russland . Ver mut lich wurde Friedrich

Wache als unbek annter Soldat auf die K riegs grä ber -

stätte St. Petersburg-Sologubowka überführt.

Letzter Feldpostbrief an Frau und Kinder1.9.1942Liebe Frau, Kinder und MutterLiebes Frauchen, Deine lieben Briefe vom 21.8. und26.8. mit den Schachteln Z igaretten habe ich erhal-ten und mich sehr gefreut. Über die Zigaretten stau-

ne ich, dass D u noch immer w elche bekommst. Mei ne Lie be, hab Deine Post allebekommen und bin sehr zufrieden. Ja, Du hast viel geschrieben, denn die Freude istdoch immer groß, dass man lesen kann, dass alles ge sund und munter ist. Wollenhoffen, dass alles so bleibt. Nun sind wir schon wieder unterwegs, aber wohin wissenwir noch nicht. Wahr schein lich wieder ganz nach vorn (Front).Liebe Frau, wie ich lese, hast D u abge nom men und kannst kaum essen v om vie lenGrübeln und Nachdenken. Ja, meine Liebe, wenn ich auch zurückdenke, als ich nochdaheim war, habe ich auch ge grü belt, aber davon wird es nicht besser.Ich verstehe, man ist immer in Gefahr, aber trotzdem muss man essen, deshalb werdeich Dir öfter schreiben, damit Du Dich beruhigen kannst und immer w eißt, wie esmir geht. Meine Liebe, wie ich lese, seid Ihr mit der Ernte zufrieden, das freut mich.Dann wird es ja wieder reichen. Liebes Frauchen, es ist für Dich wirklich schwer, dieseArbeit, und mir tut es auch leid, dass Du alles alleine machen musst. Das Gras hauenist doch keine Arbeit für Dich, das kannst Du Dir doch hauen lassen.Ich sehe schon, dass D u krank werden wirst durch diese schwere Arbeit. Und danndas ganze Grübeln. Aber Du weißt doch, was mein Wunsch ist, die Gesundheit. Undgenauso geht es mit Mutter, die hat es auch wirklich nicht nötig, so viel und schw erzu arbeiten. Wenn ich zu Hause sein werde, wird es anders werden.

Friedrich Wache, ca. 1930

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Briefe aus dem Krieg 217

Hochzeitsfoto: Elisabeth und Friedrich Wache vom 21.11.1937, Schlesisch Nettkow

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218 Letzte Lebenszeichen

Der Maurer Friedrich Wache bei der Arbeit

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Briefe aus dem Krieg 219

Nun, meine Liebe, wie D u schreibst,willst Du mir meinen Wunsch erfüllenund mir einen K uchen schicken. D asfreut mich, denn ich habe gr oßen Appe -tit nach Kuchen.Meine Liebe, Gerhard [der älter e Sohn,1942 aber noch ein Kind] soll zu H ausebleiben, das möchte ich. A uch wenn ichan der Front bin, Urlaub wird es für michgeben. Auch diese Stunde wird kom men.Die Hauptsache, wir bleiben alle gesund.Die Tage sind hier noch schön, aber dieNächte sind schon sehr kalt. Will nun schließen mit der Hoffnung, dass Ihr alle nochgesund und munter seid, genauso wie ich, und will hoffen, dass wir auch bleiben,damit wir uns in der Heimat wiedersehen. Nun sei herzlich gegrüßt und geküsst vonDeinem lieben Mann.

In Uniform (rechts Friedrich Wache) Friedrich Wache

Wohnhaus der Familie Wache in SchlesischNettkow

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220 Letzte Lebenszeichen

Waldemar WichmannEingesandt von Johannes Wichmann (Bruder)

Waldemar Wichmann wurde am 17. Juli 1922 in Swar -

ren, heute Svarai in Litauen, geboren. Der Abiturient

der Schillerschule in Weimar und immatrikulierte Me -

di ziner war seit Beginn des Z weiten Weltkrieges als

Sol dat mit dabei. Er wur de verwundet, ein andermal

ver schüttet und von Kameraden lebend ausgegraben.

Sein Bruder Johannes Wichmann kann sich erinnern:

„1940 ist er als Infant erist durch Belgien und Nor d -

frank reich bis nach Dünk irchen marschiert. Ebenso

1941 von Bialystok bis zur A utobahn Smolensk-Mos -

kau, d. h. rund 1 500 km.“

Die letzten Briefe von Waldemar Wichmann 1944 be -

richten über die Kämpf e an der Südgr enze von Lett -

land. Ende A ugust erhielt die F amilie die Nachricht ,

dass er seit dem 15. Juli vermisst wird.

Zwei Tage später wäre er 22 Jahre alt geworden.

Die letzten beiden Briefe an die Familie4.7.1944Endlich komme ich wieder einmal zum Schr eiben, d. h., ich muss schr eiben, da mitich nicht einschlafe. Seit 30.6. habe ich vier schwere Tage hinter mir, die auf r e gend s -ten des ganzen Krieges. Vier Tage lang, immer nur bis zum Bauch im Sumpf stehend,dazwischen eine Stunde geschlafen, drei Tage überhaupt keine Verpflegung bekom-men. Da merkt man, was der Mensch aushalten kann. In diesen Tagen habe ich vierGe genstöße, zwei Spähtrupps, einen Stoßtrupp und fast Tag und Nacht Feindangriffeüberstanden. Vorgestern galt ich schon mit 23 Mann in Gefangen schaft geraten. DieRussen hatten uns umzingelt, doch habe ich meine Kampf grup pe ohne Verluste her-ausgebracht.

Momentan kann ich gar nicht richtig laufen, weil ich vier Tage im Wasser gestandenhabe. Augenblicklich mache ich neben meinem Zugführer noch Kompanie trupp füh -rer, da mein Z ug Reserve ist. Meine Jungens können gerade das erste M al wiederschla fen. Hoffentlich lässt uns der Russe in Frieden.

Waldemar Wichmann, vermutlich 1943

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Briefe aus dem Krieg 221

5.7.1944Lieber Vater. Zu Deinem Geburtstag sende ich Dir aus dem vordersten Graben mei -ne herzlichsten Glückwünsche. Ich hoffe, dass Du noch lange so gesund und munterbist wie jetzt. Wir haben Tage schwerer Kämpfe hinter uns, was auch im OKW -Bericht [Oberkommando der Wehrmacht] genannt wurde. Drei Tage lang haben wiroft bis zum Bauch im Sumpf gestanden und gehalten, ohne Verpflegung, nur Zi ga -ret ten und Sumpfwasser hatten wir. Jetzt sind wir aus dem S umpf raus, aber wirhaben sehr schlechte Stellungen. Mit meinen 20 Landsern muss [ich] fast einen kmverteidigen. Das kann man halt nur machen, w enn man beweglich ist, also einmalhier mit Hurra hinein und einmal dort mit Hurra hinein. Vorhin konn te ich wiedereinmal schlafen, gleich 9 Stunden. Heute gab es Schokolade, Frontkämpferpäckchenund Schnaps. Das bringt wieder etwas Schwung in die Knochen. [...] I n meinemZug-Gefechtsstand habe ich wunderbar riechende Rosen.Nun Dir und den Lieben daheim viele Grüße.

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222 Letzte Lebenszeichen

Armin Franz WittichEingesandt von Ingrid Heine (Tochter)

Armin Franz Wittich wurde am 9. Oktober 1911 in Bruneck (italienisch Brunic o) in Süd -

tirol geboren. Am 22. Juli 1944 wurde der Stabsgefreite mit schwerer Verwundung durch

Bauchschuss auf den Hauptv erbandsplatz gebracht und operiert. Er überlebte die Ver -

letzung nicht und starb vier Tage später am 26. Juli 1944. Der Stabsarzt informierte die

Ehefrau Elly Wittich über die Beisetzung auf dem damaligen D eutschen Heldenfriedhof

in Kreuzburg, Lettland.

Heute ruht Armin Franz Wittich auf der Kriegsgräberstätte in Riga-Beberbeki, Lettland.

Brief an die Ehefrau und die KinderIm Osten, den 12.3.1944Mein liebes gutes Schnuckel!Deinen lieben langen Brief v. 15. II. hatte ich am 7. III. erhalten und beantwor tet.Doch will ich für heute nicht versäumen, Dir recht herzliche Grüße zu senden u. desGe burtstages unserer Ib. Erika zu gedenken. H offentlich ist mein Päckchen einge-troffen, sowie meine Geldsendung v. 26. II. – 50.- M [Mark]. Es tut mir immer leid,wenn ein kleines Familienfest herangekommen ist u. weilt man als Vater in der Ferne,dazu noch der böse Krieg u. auch das H eimatland mit Sorgen und Not immer nochbelastet. Doch dermaleinst wird bestimmt alles wieder gut u. schön, da ran glaube ichfel senfest.Ich hoffe und wünsche, dass es D ir, mein Lieb, u. unseren lieben Kinderchen ins be -son dere gesundheitlich gut ergehen möge, kann es auch von mir berichten. Sechs lan -ge Jahre sind vergangen, seitdem wir unsere Erika haben, möge sie sich auch w eiter-hin gut machen u. der Herrgott sie behüten. Bald wird sie auch ein Schul mädel sein,wie eilen die Jahre hin u. wie lange bin ich doch schon fort, es ist das 5te Jahr, leider.– Sicher hast Du, mein liebes Frauchen, trotz der schweren Zeiten mit ein paar Klei -nigkeiten dem Kind ein bisschen Freude bereitet, zu ihrem heutigen Geburtstage. –Nun noch eine traurige N achricht, vor kurzem ist H err Hauptmann Uhlemann ge fallen, er wäre bald 50 Jahre alt geworden. Hast ihn ja auch gekannt. Diese Ostern

wird sein einziges Töchterchen Cristel konfirmiert, nun erlebt er es nicht mehr u. hatsein Leben für G roßdeutschland geopfert. Er hatte öfter v on der Konfirmation ge -spro chen u. wäre auch sicher auf Urlaub gefahren, aber leider. Ja, wie viele Kamera -den, welche man gehabt hat u. in der Heimat gekannt hat, sind nicht mehr unter uns.

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Briefe aus dem Krieg 223

Der heutige Heldengedenktag mahnt ja, dass wir unsere lieben Toten nicht vergessensollen, was wir ja auch niemals tun w erden.Vielmehr [sollen] sie für alle Zeiten eine Verpflichtung für uns bleiben! –Verschiedene Bilder habe ich ja zur Erinnerung, wo Hauptmann Uhlemann mit draufist. Fast vier Jahre war er unser Chef u. E inheitsführer, – ja das ist der böse Krieg. –Freue mich schon heute, mein innig geliebtes F rauchen, auf D eine nächste Post, leider geht sie so lange, bis sie in meine Hände kommt.In nächster Zeit verlassen wir sicher unser Winterquartier, es wird sich Weiteres fin -den, jedem ist sein Schicksal beschieden, keiner kann ihm entgehen, so wie es derHerr gott will, wird’s schon recht sein. – Bei uns schneit und weht es noch tüchtig, wir stecken noch mächtig im Winter. Hierim rauen Osten kommt der Frühling bestimmt 4 Wochen später wie bei Euch Liebenin der Heimat, doch die Hauptsache, es scheint Euch bald die liebe Sonne, mir ist eseinerlei, ich habe sie im Herzen u. mein ewiger Lebensfrühling bist ja Du, meine süßegute Elly! Nicht wahr, das weißt Du ja auch, wie D ein Armin Dich unsagbar liebt!!Bald schreibe ich wieder, mein Lieb, meine Gedanken weilen zu jeder Stunde bei Dir,mein Herzel, u. unseren lieben Kinderchen!Ich bin stolz und glücklich über meine liebe Familie und ist sie mein Alles auf dieserWelt! –Sei nun umarmt u. innigst oft und oft ge -küsst von Deinem Dich liebenden undge treuen Armin.Auch viele liebe Grüße an unsere Kin der -chen und für jedes gib auch K ussel vomVati.

Schreiben an die Ehefrau Elly mit Grüßen an die Kinder, auch der Hund Steffi wird genanntIm Osten, den 14.4.1944Meine liebe gute Elly!Heute hatten wir den ersten sonnigenFrüh lingstag, der Schnee schmilzt nunmit Riesenschritten, mit dem Pfer de schlit - ten geht es nun nicht mehr, dem Wintersagt man gerne Lebewohl – auch sind dieStare bereits da u. pfeifen munter in den

Familie Wittich: die Eltern Armin Franz und Elly Wittich, die Töchter Traudel und,auf dem Arm des Vaters, Erika

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Bäumen, wenn auch noch kahl, doch die Knospen sind schon da u. bedürfen nur derlieben Sonne, um zu springen. Auch bei Euch Lieben in der Heimat wird inzwischender Frühling seinen Einzug gehalten haben u. I hr freut Euch sicher gewiss genausoriesig über ihn wie ich mich hier draußen im fernen O sten, nicht wahr! In wenigenWochen habt Ihr die Baumblut u. den Flieder blühend, welch eine schöne Zeit. Hierist dergleichen nichts zu sehen, nur Wald und Birken, flaches, weites unendlich schei-nendes Land, es fehlt der H intergrund – Burgen, Hügelland! Schon heute fr eue ichmich unsagbar darauf, meine liebe Elly, bis wir mit unseren Kinderchen ins Spreetalspazieren gehen können oder nach der goldenen Höhe, nichts ist schöner , wie einenSommertag draußen in der Natur zu verbringen, mit einer Rast im Walde, wir brau-chen da gar nicht unendlich weit zu gehen, die Umgebung von unserem lieben Baut -zen ist ja weit und breit sehr schön! Sehr gerne habe ich Langebrück, oder wollen wirdort ein paar Tage hin, das G ermaniabad ist sehr schön gelegen, oder die F o rel len -schänke, welche Du noch nicht kennst, auch ein hübscher Ausflug. Familie Weygant,welche wir damals im Bahnhofshotel trafen, würde uns sicher gern für ein paar TagePension gewähren. Es ist nur so nebenbei eine Idee von mir. Nach Oberbayern ist es

Wenn Armin Franz Wittich Urlaub hatte, kam natürlich auch die Mutter aus Dresden, umihren Sohn zu sehen: links die Töchter Marion und T raudel, die Mutter von Armin FranzWittich, die Eltern Armin Franz und Elly Wittich mit Tochter Erika

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zu weit, u. mit Kinderchen nicht zu machen, diese Reise heben wir uns für nach demKrieg auf. Von einer Großstadt hat man jetzt gar nichts im Kriege, das steht nicht da -für, kostbare Urlaubstage in dieser Art zu verbringen. – Die Hauptsache ist natürlich,erst mal daheim sein, manche Tage geht mir meine Sehnsucht nicht aus den Ge dan -ken u. will kein Ende nehmen! Insbesondere nach meinem Dienst am Abend.Wenn ich beim Schreiben sitze, wird mir schwer ums Herz!Doch mit jedem Tag kommt der ersehnte Z eitpunkt näher, einmal wir d’s doch wie der sein u. dann sind wir die glücklichste F amilie!Es steht mir ja noch allerhand bevor, bis es so weit ist, doch wenn ich meine Zeit umhabe, komme ich bei einer anderen Einheit auch dran. Wenn hier unser Kommandoauf hört, gehen wir ja auseinander und jeder kommt woanders hin, das bringt dieLänge des Krieges mit sich, da kann man nichts machen, es wir d sich finden, bisherhabe ich ja immer noch Soldatenglück gehabt, so Gott will, auch weiterhin! –Für heute keine besonder en Neuigkeiten bei mir , habe v orhin grad S ocken undTaschentücher gewaschen, morgen möchte ich stopfen, das ist nicht gerade mein Fall,aber es muss auch sein. I ch hoffe und wünsche von ganzem Herzen mein Lieb, dasses Dir u. unseren Kinderchen immerhin gut geht, kann es auch v on mir sagen, baldschreibe ich wieder. Freue mich schon heute auf die nächste Post, wenn ich etwas vonmeinem Lieb dabei habe, bin ich immer sehr glücklich und fr oh!Sei nun r echt herzlich gegrüßt, umarmt u. oft und innigst geküsst v on Deinemimmer lieb an Dich denkenden u. getreuen ArminKussel auch an Traudel, Erika u. Ingridel vom VatiAuch Steffi grüße ich.

Brief an die FamilieIm Osten, den 17.5.19448 Uhr abendsMein liebes gutes Schnuckel!Eben komme ich von einem kleinen Spaziergang mit 2 Kameraden u. Hund zurück,es war das erste Gewitter mit Mai-Regen heute Nachmittag gewesen, auch ein schönerRegenbogen anschließend zu sehen, die L uft ist wunderbar u. es wächst zusehends,man staunt, wie binnen w eniger Tage Birken, Gras u. Wiesen blumen wach sen. DieFeldarbeit liegt noch recht zurück, noch keine Kartoffeln in der Erde in der II. Mai -hälfte, die Bauern sind noch beim Ackern. Hier ist der Winter zu lang u. doch ist esganz plötzlich ziemlich warm geworden, vor kurzem noch Schnee, so gar keine Über-gangszeit wie bei uns. Ebenso kommt über Nacht im Osten hier der Winter, doch andiesen wollen wir jetzt mal noch gar nicht denken, denn bis dahin hoffen wir doch

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riesig, uns wiedergesehen zu haben, oder gar den ersehnten F rieden zu ha ben, daswäre zu schön, um wahr zu sein!Deinen lieben Brief, mein Herzel, vom 2. Mai fand ich soeben nach Rückkehr die-ses erwähnten Spazierganges nach dem Dienste vor u. freute mich riesig darüber, sodass ich gleich zur Feder greife u. Dir, mein Lieb, recht herzlich für Dein Ib. Schrei -ben danken will! Es freut mich sehr, mein Lieb, dass Du endlich einmal an Dich ge -dacht hast u. eine kleine B ekleidungsanschaffung gemacht hast, das muss auch malsein, hast ja sonst keine F reude in dem ewigen Einerlei des Alltags in diesen schw e-ren Zeiten, ich kenne ja D einen guten Geschmack u. würde mir es bestimmt gefal-len, wenn ich mein Lieb sehen könnte. Ein Dirndelchen ist immer etwas Praktischesfür Kinder. So wird Erika hübsch aussehen. Die Kinder wachsen ja auch immerzu, damuss auch mal etwas sein! Es heißt ja sowieso sehr haushalten mit den Punkten u. sokann ja höchst selten an eine Anschaffung gedacht w erden, das verstehe u. bedenkeich alles, mein innigst geliebtes gutes Frauchen!Was mich betrifft, wird schon Rat werden, nach dem Kriege, ich habe ja auch nochallerhand Brauchbares u. noch gut E rhaltenes zum Anziehen! – Es fr eut mich, dassHerr Pfaff immer mal mit nach dem Garten schaut, das ist nett von ihm u. da gibt manja auch gern etwas, auch ich werde von Zeit zu Zeit mal etwas zum Rauchen für denguten Mann mit schicken, leider kann man ja alles nicht so, wie man gern möchte, weil

Familie Wittich mit der Schwägerin von Armin Franz Wittich und deren Tochter Monikasowie Nachbarkinder

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Briefe aus dem Krieg 227

eben leider immer noch der böse Kriegist. – Nun warst Du wieder so lieb, meinegute Elly, u. hast mir einen K uchen ge -backen, das sollst D u doch nicht ma -chen, mein Schnuckel, ich will und dar fEuch von dem Wenigen doch nichts weg -essen! – Es ist mir verständlich, dass FrauSchirmer ihren Sohn Erich nochmals vorder Feindfahrt be sucht hat. Es ist nichteinfach für die U-Boot-Männer . Hof -fent lich kommt er ge sund wieder u. aucherfolgreich, das ist doch die H aupt sachedabei, dass so ein paar engl. Schiffe erle-digt werden, den Ehr geiz hat doch jedeU-Boot-Besatzung etwas zu schaffen, zu -mal so junge Marine-Soldaten.Ja, die Steffi, da bin ich auch gespannt,wie sie sich wohl gemacht hat, die Haupt sache, der Hund gefällt Euch noch u. machtEuch Freude, u. nicht zuletzt den lieben Kinder chen, dass Ingridel so hübsche Fort -schritte macht, ist sehr schön. Traudel und Erika machen sich sicher auch gut. Auch

Du, mein heißgeliebtes gutes u. braves Frauchen, musst hübsch gesund bleiben, da mitDu all Deinen schweren Anforderungen gewachsen bleibst! Bald schreibe ich wieder!Sei nun innigst umarmt u. r echt oft geküsst von Deinem Dich über alles liebendenu. getreuen ArminGib auch Kussel den lieben Kinderchen vom Vati

Letzter Brief von Armin Franz WittichRussland, 20.7.1944Meine liebe Elli!Wechselvolle Kämpfe mit den Russen, am 15. Juli wurde ich durch Bauch- und Len -den schuss verwundet. Ich bin nicht mehr in allergrößter G efahr, aber Schmer zenhabe ich genug. Ich darf nicht viel essen und trinken, was mich sehr schwächt.Ich hoffe, in zirka zwei Wochen in ein Heimatlazarett verlegt zu werden.

Bis dahin grüße ich Dich und die Kinderchen recht herzlich und hoffe, dass alles wie -der gut wird.Dein getreuer und Dich liebenderArmin

Tochter Ingrid mit dem im Brief erwähntenHund. Der Vater hatte ihn aus dem Feldmitgebracht als Geschenk für TochterTraudel. Er hieß Steffi. Er wurde später auf der Flucht gestohlen.

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Schreiben des Kriegspfarrers an Elly WittichIm Felde, am 23.7.1944Sehr geehrte Frau Wittich!Ihr Mann, St. Gefr. Armin Wittich, bat mich einige Zeilen u. Grüße von ihm an Siezu richten. Am 15.7. wurde er durch Bauchschuss schwer verwundet. Die Operationist gut verlaufen. Armin ist aber sehr schwach ge worden und hat immer noch hohesFieber. – Machen Sie sich nicht zu viel S orgen um ihn. E r befindet sich in gutenHänden und es wird alles für ihn getan.Es besteht immer noch H offnung, dass er dur chkommt und wir können nichtsBesseres tun, als für ihn beten. –Seien Sie auch von mir herzlich gegrüßt u. Gott befohlen!I. Milz, Kriegspfarrer

Brief des Stabsarztes an Elly WittichHauptverbandplatz der Einheit, Feldpostnummer 17929O.U., den 31.7.1944Sehr geehrte Frau Wittich!Ich habe die traurige Pflicht, I hnen mitzuteilen, dass I hr Mann, der S tabsgefreiteArmin Franz Wittich, geb. 9.10.1911, der am 22.7.1944 mit schw erer Verwundungauf den hiesigen H auptverbandplatz eingeliefert wurde, am 26.7.1944 um 2:00 Uhr nach soldatischer Pflichterfüllung für das Vaterland gestorben ist.Ich spreche Ihnen zu diesem schweren Verlust mein aufrichtigstes Beileid aus.Es handelte sich bei Ihrem Manne um einen schweren Bauchschuss durch In fan te rie -ge schoss. Bei der Schwere der Verletzung war der Allgemeinzustand I hres Mannesschon bei seiner Einlieferung auf den hiesigen Hauptverbandplatz als sehr ernst zu be -zeichnen. Trotz aller Bemühungen von Ärzten und Sanitätspersonal gelang es nicht,das Leben Ihres Mannes zu erhalten. Er entschlief ruhig am 26.7.1944 um 2:00 Uhrin der Früh.Möge die G ewissheit, dass er sein Leben für die G röße und den B estand unseresVolkes und Reiches hingegeben hat, Ihnen ein Trost sein in dem schweren Leid, dasSie betroffen hat.Ihr Mann wurde unter militärischen E hren auf dem D eutschen Heldenfriedhof inKreuzburg/Lettland (in der Nähe des B ahnhofes) beigesetzt. Soweit Nachlass vor-

handen, wird er sofort durch Feldpost an Sie übermittelt werden.In allen Fürsorge- und Versorgungsfragen wird Ihnen das zuständige Wehrmachts für -sorge- und Versorgungsamt, dessen Standort bei jeder militärischen D ienststelle er -fragt werden kann, bereitwilligst Auskunft geben.

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Ich grüsse Sie mit aufrichtigem Mitgefühl.Heil Hitler!Stabsarzt und Chefarzt.

Brief von Erich Kühnscherf, Schwiegervater von Elly WittichDresden [...], 20.8.1944Meine liebe Elly!Nun hat sich meine H offnung, dass unser guter Armin die F olgen seiner schwerenVerwundung gut überstehen würde, leider nicht erfüllt.

Ich teile mit Dir die tiefe Trauer um diesen guten Menschen, der so lange treu und brav,ohne zu murren, seine Pflicht fürs Vaterland getan hat, und dessen sehnlichster Wunsches war, nach einem siegr eichen Frieden wieder in tr euer Liebe für D ich und seineKinder leben und schaffen zu können.Das Schicksal hat es leider anders ge wollt und wir müssen uns fügen, so schw er esuns auch fällt.Ich spreche Dir und D einen lieben Kindern meine allerher zlichste Anteilnahme zu diesem schweren Verlust aus. Sei überzeugt, dass ich E uer Leid ermessen kann,denn mit unserem Armin ist nicht nur ein guter , getreuer Ehemann und Familien -vater dahingegangen, sondern ein in jeder Beziehung rechtschaffener Mensch, des senanständige und aufrichtige Gesinnung ich immer besonders schätzte.Was wird der Arme gelitten haben, fern der Heimat bleiben zu müssen und seine Lie -ben, an denen er mit so großer Liebe hing, nicht mehr sehen zu können.Dass er für unser geliebtes Vaterland litt und starb, muss uns alle trösten. Hoffentlichist sein Opfer, wie das seiner vielen Kameraden, nicht umsonst gebracht wor den.Dir und den Kindern einen herzlichen GrußDein Schwiegervater Erich

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Helmut und Herbert WormEingesandt von Harald Worm (Bruder)

Helmut Worm, geboren am 26. Januar 1923, musste als Obergefreiter am 4. April 1944

erleben, wie sein jüngerer Bruder Herbert Worm, geboren am 19. Juli 1924, bei Pleskau

im Nordwesten Russlands fiel. Auch er selbst überlebte den Krieg nicht.

Der letzte der dr ei Geschwister, Harald Worm, berichtet: „Mein Bruder Helmut ist am

19. März 1944 im w eiten Russland zufällig zur gleichen Kompanie wie mein Bruder

Herbert abkommandiert worden – Herber t als M elder, Helmut im Kompaniegef echts -

stand. Lei der konnten sie nur 14 Tage beisammen sein. Am 4. April 1944 ist mein Bruder

Herbert durch einen Granatsplitter tödlich verletzt worden. Helmut war ca. 300 Meter

davon entfernt. [...] M ein Bruder Helmut hat sich spät er als med . Student zu einer

Sanitäts kom pa nie versetzen lassen und [ist] in einem Lazar ett tätig gew esen. Am

25. März 45 in Danzig schw er verwundet und mit F lugzeug nach Aarhus (Dänemark)

gebracht, wo er am 8. April 1945 im Luftwaffenlazarett verstarb.“

Herbert Worm wurde auf dem Soldatenfriedhof in Goloduscha beigesetzt und ist inzwi-

schen auf die Kriegsgräberstätte in Sebesh an der russisch-lettischen Grenze umgebet-

tet. Helmut Worm ruht auf der Kriegsgräberstätte in Aarhus, Dänemark.

Brief von Helmut Worm an seine Eltern und den Bruder HaraldRussland, 12.4.1944Meine liebe Mama, Papa und Harald!Mit einer traurigen Nachricht muss ich heute meinen B rief an Euch beginnen. Ichbitte Euch, und besonders Dich, liebe Mama, seid stark. Des Menschen Schicksal liegtin Gottes Hand. Seinem Willen müssen wir uns beugen. Wie er uns das Leben gab ,so kann er uns es auch wieder nehmen, dem einen bald, dem ander en später.Es ist der schmerzlichste Verlust, den wir je erleiden konnten, dass unser guter H er -bertl in Russland den Heldentod fand. Am 4.4.1944 war es. Wir lagen nach 4-tägigemFronteinsatz ein paar km weiter rückwärts in Bunkern. Da eröffnete der Feind Artil -le rie und Granatfeuer auf unsere Stellungen. Einer solchen Granate ist unser lieber Her -bert zum Opfer gefallen. Das heißt ein etwa erbsengr oßer Splitter hatte genau seinHerz getroffen, so dass er auf der Stelle tot gewesen ist. Es war ein kurzer und für ihnschmerzloser Tod. So tief ich ergriffen war und so w eh es mir tat, ich musste G ottdan ken, dass er unserem Herbertl einen so leichten Tod beschieden hatte. Ihr könnt esgar nicht so begreifen, wie ich es schilder e, aber wenn man die anderen Toten gese-

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hen hat, dann v ersteht man es. I ch selbst war etwa 300 m v on der Unfallstelle ent-fernt. Auf die schreckliche Nachricht hin eilte ich jedoch sofort herbei und fand denlieben Herbert tot im Schnee liegen. I ch konnte es für den ersten A ugenblick nichtfassen, dass das wahr sein sollte. Ich musste denken, er schläft nur, seine Gesichtszügewaren so ruhig und natürlich. I ch drückte ihm die A ugenlider zu und bat G ott, ermöge ihn zu sich hinauf in die e wige Seligkeit nehmen.Es fällt mir schwer, Euch von solchem Leid berichten zu müssen, und ich weiß nicht,wie ich Euch trösten soll. Es war immer unser Gebet, dass wir nach dem Endsieg wie-der alle glücklich und gesund nach Hause zurückkehren sollten. Kein Glück wäre grö -ßer für uns. Doch Gott hat es anders gewollt. Wie schön waren die Urlaubstage da -heim und wie oft haben wir davon gesprochen, wenn wir uns nach den Arbeits diens -ten der ersten 10 Tage trafen. Jeden freien Augenblick benutzten wir, beisammen zusein. Geschrieben haben wir freilich wenig, weil wir immer sehr müde waren. Es wa -ren 14 schöne Tage, die wir, unser Herbertl und ich verlebten, wenn sie auch, be son -ders die letzten 5, hart waren. Am 31.3. gingen wir in die vordersten Stellungen süd-lich von Pleskau. Ihr habt ja im Radio v on den dortigen Kämpfen gehört. Der lb.Papa nahm zwar an, dass wir vielleicht nör dlich von Pleskau liegen würden, doch soist es. In diesem schweren Feuer ist uns beiden nichts passier t, außer dass ich eineklei ne Verwundung durch einen Splitter am linken Oberarm erlitt. Diese ist jedochso gering, als ob ich mich nur etwa in den Finger geschnitten hätte. Als wir beide ein-mal Essen holten, es war in einem rückwär tigen Dorfe, schlugen 2 F liegerbombendicht neben uns ein. Ich kann diesen Augenblick nicht vergessen. Doch dabei ist nie-mand etwas passiert. Gerade die Portionen, die der liebe Herbert ausgab, und die Koch -geschirre flogen durcheinander. Herberts erster Gedanke war ich und er rief mich an,ob mir etwas zugestoßen sei, denn v or Dreck und Staub konnten wir eine Z eitlangnichts sehen. Wir dachte alle, wir sind blind. Wenn ich einmal auf Urlaub komme,will ich Euch alles genau erzählen. Ihr braucht Euch keine Sorgen zu machen nun ummich. Es war am 21. oder 22.3, als eine katholische M esse gelesen wurde. Wir gin-gen beide hin und empfingen die hl. O sterkommunion. Diesem Gottesdienst habeich es zum größten Teil zu verdanken, dass ich die ganz e Zeit so leicht überstandenhabe. Wir gingen damals alle neu gestär kt zurück. In den überstandenen, schwerenTa gen war es immer mein Gebet: Herr, wenn es möglich ist, so lass uns beide gesundund unversehrt aus diesen Kämpfen her vorgehen, aber nicht unser , sondern Dein

Wille geschehe. Wie Du es bestimmst, so wollen wir es er tragen. Nach so einemGebet konnte mich aber nichts mehr erschüttern. M ochte das Feuer noch so wildsein, ich konnte vertrauen. In den größten Gefahren sieht man dies immer am deut-lichsten. Ich weiß nicht, wie ich E uch trösten soll, liebe E ltern und Harald? Es ist

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schwer, aber ich bitte Euch immer wieder, richtet Euch auf und geht zu Gott, es wirdEuch leichter fallen. – I n uns wird unser lieber H erbert weiter leben, solange wirselbst leben. E r gab sein Leben für uns und unser D eutsches Vaterland. – Kaum 15 Ta ge war es uns beiden gegönnt, so nahe beisammen zu sein und wir haben unsso gut verstanden. Ihr hättet das miterleben sollen. Der lb. Herbert war bemüht, woer nur konnte, mir die erste Zeit hier draußen an der Front so leicht wie möglich zumachen. Er besorgte mir alles, was ich noch an A usrüstung usw. brauchte. Am lieb-sten hätte er es gesehen, w enn ich auch als Melder in den Kompanie-Trupp gekom-men wäre. Leider hat er es nicht mehr erlebt. Der Herr Leutnant wollte mich erst ein-mal kennen lernen. Nach Herberts Tode setzte er mich an seiner S telle ein. Er woll-te zwar sowieso Herberts Wunsch erfüllen. Vorn im Graben trafen wir uns, wenn esnur irgendwie möglich war. Er sagte oft, „dass D u das alles miterleben musst“, undhätte mich lieber noch in O berleutensdorf gewusst. Ich jedoch war froh über unserBei sammensein. Ich erfuhr es erst später . Als unsere Gruppe, die in einem B unkerund Stellungen in einem kleinen Wäldchen lag, gleich am ersten Tag von allen mög-lichen Waffen stark beschossen wur de, da hat unser H erbert beim K ompanie-Gefechtsstand die ganze Zeit mit dem Fernglas uns beobachtet. Er hat sehr um michgebangt. Abends, als das Feuer nachgelassen hatte, kam er nach vorn und ich sah ihn

direkt aufatmen, als er uns und mich sah.Die Verbindung zwischen uns und [der]Kompanie war ja tagsüber unterbr ochengewesen. Wir gaben uns die H and und

freuten uns beide. Damals gab es auch nureinen Toten. Am Freitag den 14.4.1944wurden die Gefallenen unserer Divisionauf dem Heldenfriedhof bei Goloduscha,das sind 12 km südw estl. von Pleskau,un ter militärischen Ehren beigesetzt. DerDivisionspfarrer hielt eine ergr eifendeRede und bat zu Gott, auch den An ge hö -ri gen Trost zu spenden und sie zu stär-ken, dass sie das O pfer ertragen sollen.Ich konnte der B eerdigung beiwohnen.

Die Kompanie hatte Kränze machen las-sen. Was mich sehr fr eute, war, dass mirunser Hauptfeldwebel ein Täfelchen an -fer tigen ließ mit der Aufschrift: Ein letz-

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Soldatenfriedhof Goloduscha, April 1944

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ter Gruß von Deinem Bruder Helmut. Die Tafel war von einen Kranz umgeben, indem Palmenzweige steckten. Wir haben das Grab fotografiert. Leider waren die Kreu -ze noch nicht fertig gewesen, auf denen der Name und die Daten des Gefallenen ste-hen. Mich hat es sehr befriedigt, dass ich weiß, wo unser lieber sel. Herbertl ruht, unddass ich an seinem G rab für ihn beten konnte. E r liegt auf dem F riedhof in der 5. Rei he, Grab Nr. 109. Alle seine und nun auch meine Kameraden war en zutiefstbewegt und zeigten mir herzliche Teilnahme an dem schmer zlichen Verlust, beson -ders der Ka merad Beck, von dem der lb. Herbert oft erzählte. Ich bin nun mit ihmbeisammen. Wir waren auch heute beide zur Messe und heiligen Kommunion. Es istheute der 17.4. Ich schicke Euch zwei Bildchen von der Messe mit und 2 Bilder, aufdenen unser lb. Herbert mit Uffz. [Unteroffizier] Wagner abgebildet ist. Ich bekamsie von einen Kameraden geschenkt. I ch habe auch einen Z eitungsausschnitt beige-legt, von Pleskau, wie ich es selbst oft gesehen habe.Der liebe Herbert ist am 4.4.1944 östlich Krapiwinka (südl. P leskau) gegen 1/2 10Uhr früh gefallen (in der Karwoche).Abschließend grüße ich Euch aus ganzem Herzen und gedenke dabei unseres lieben HerbertsEuer Helmut

Soldatenfriedhof Goloduscha, April 1944

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Anhang

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ALPHABETISCHES VERZEICHNIS DER FÖRDERER

Wir danken allen, die uns ihre privaten Unterlagen (Fotos, Briefe etc.) zur Veröffentlichung an vertraut haben!

Anderka, Johanna 14

d’Apolonia, Wilfried 15

Bäumle, Dr. med. Günter 22

Berg, Christiane 114

Blaha, Rudolf 31

Böhm, Helga 76

Böhm, Ursula 70

Bruhn, Renate 136

Bruschke-Reimer, Almut 45

Buchholz, Siegfried 48

Czyrnik, Iris 116

Daehn, Helene 52

Dürmaier, Frank-E. 56

Einig, Klaus 60

Enders, Christa 28

Ernstberger, Dr. Reinhold 63

Fila, Jürgen 193

Fronz, Else 41

Giepen-Jokisch, Gisela 98

Grimrath, Hermann 72

Groscurth, Christiane 175

Hagel, Eva 80

Heine, Ingrid 222

Helf, Gertrud 106

Helgert, Rudolf 91

Hildebrandt, Johannes 95

Hübner, Berit 34

Jonas, Renate 89

Jünge, Dr. Rosemarie 112

Kern, Heidrun 122

Kiffner, Christa 172

Kliche, Arno 108

Kloos, Gisela 110

Ladwig, Ingrid 202

Maniura, Leonhardt 101

Mehrens, Renate 125

Müller, Hans 131

Neitzke, Adele 139

Neumann, Harald 145

Neumann, Winfried 147

Olsen, Elke 151

Rosenhagen, Hermann 156

Rühland, Lore 164

Schlösser, Wolfram 178

Schmidt, Katharina 182

Scholz, Regina 66

Schönberg, Franz A. 190

Schulze, Hans-Heinz 191

Sperer, Bernhard 196

Stöcker, Jakob 198

Thomsen, Sven 160

Ullrich, Frank 210

Wache, Mathias 216

Wichmann, Johannes 220

Worm, Harald 230

Ziegler, Ida 74

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236 Letzte Lebenszeichen

BISHER IN UNSERER VOLKSBUND-BUCHREIHE ERSCHIENEN

Bücher für Freunde und FördererHerausgegeben vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V.

vergriffen

Band 3Vor Leningrad

Wolfgang Buff - Kriegstagebuch Ost29. September 1941 - 1. September 1942

Kassel 2009 120 Seiten

Band 4Menschen wie wir ...

Teil I

Erinnerung an geliebte Menschen

Kassel 2001 240 Seiten

Band 2Schicksal in Zahlen

– vergriffen –siehe Band 7

Kassel 2000240 Seiten

Band 1Erzählen ist Erinnern

Kurzgeschichten aus 80 Jahren Volksbund

Kassel 1999 240 Seiten

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Briefe aus dem Krieg 237

Bücher für Freunde und FördererHerausgegeben vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V.

Band 5Menschen wie wir ... Teil II

Erinnerung an geliebte Menschen

Kassel 2002 240 Seiten

Band 6Weihnachts geschichten

aus schwerer Zeit (1)

Erzählt von Freunden und Förderern des Volksbundes

Kassel 2009 240 Seiten

Band 7Schicksal in Zahlen

– vergriffen –Informationen über die welt weiteArbeit des Volks bundes und Ver zeichnisder deutsch en Kriegsgräberstätten

Kassel 2004 240 Seitenvergriffen

Band 8Stille Nacht, Heilige Nacht

Weihnachtsgeschichten aus schwerer Zeit (2)

Kassel 2005 240 Seiten

Band17-Inhalt_NEU:Band17-Inhalt 11.10.10 11:32 Seite 237

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238 Letzte Lebenszeichen

Bücher für Freunde und FördererHerausgegeben vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V.

Band 10Narben bleiben

Die Arbeit der Suchdienste – 60 Jahre nach dem

Zweiten Weltkrieg

Kassel 2008240 Seiten

Band 11Unter den Sternen

Weihnachtsgeschichten aus schwerer Zeit (3)

Kassel 2009240 Seiten

Band 9„Krieg ist nicht an einem Tag vorbei!“

60 Jahre Kriegsende – Erlebnisberichtevon Mitgliedern, Freunden und Förderern des Volksbundes

Kassel 2005 240 Seiten

Band 12Namen für Rossoschka

Schicksale aus Stalingrad

Kassel 2007240 Seiten

Band17-Inhalt_NEU:Band17-Inhalt 11.10.10 11:33 Seite 238

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Briefe aus dem Krieg 239

Bücher für Freunde und FördererHerausgegeben vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V.

Band 15Der Frieden braucht viele kleine Schritte

Pressefahrten des Landesverbandes Bayern1955 - 2008

Kassel 2009240 Seiten

Band 16Frieden hat seine Zeit

Aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen – Kurzgeschichten, Zitate und

Gedanken über eine friedliche Welt

Kassel 2009240 Seiten

Band 14Treibgut des Krieges

Zeugnisse von Flucht undVertreibung der Deutschen

Kassel 2008240 Seiten

Band 13Niemand den man liebt,ist jemals tot

Spurensuche nach deutschen Gefallenen

Kassel 2009240 Seiten

Band17-Inhalt_NEU:Band17-Inhalt 11.10.10 11:33 Seite 239

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2010-61

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