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Schlesischer Kulturspiegel 44, 2009 1 Realität und Impression: Wolfgang von Websky 1 Śla ¸ski Przegla ¸d Kulturalny . Slezské Kulturní Zrcadlo Herausgegeben von der S tiftung KulturWerk Schlesien Wolfgang von Websky (1895-1992): Waldrand mit dunkler Wolke. Öl/Leinwand. 60 x 80 cm. 1978, sign.r.u. Der Maler Wolfgang von Websky entstammte dem schle- sischen Landadel, das elterliche Gut Schwengfeld (pol- nisch Makowice) im Kreis Schweidnitz liegt in nächster Nachbarschaft zu Kreisau, seine Mutter war eine gebore- ne Gräfin v. Moltke-Huitfeldt, der Vater kaiserlicher Berufsoffizier. Schon der Schüler Wolfgang entwickelte eigenständig eine große Liebe zur Malerei, die Eltern ließen ihn gewähren. Als der Vater vorübergehend von Berlin nach Krefeld versetzt wurde, erhielt Wolfgang Gelegenheit zum Besuch der Düsseldorfer Kunstakade- mie. Dort war er mehrfach Gast im Atelier des Malers Wilhelm Herberholtz (1881-1956), der ihm - wie er spä- ter berichtete - seine erste gezielt ausgesuchte Farbpa- lette verordnete, die vom Impressionismus geprägt war. Zurück in Schweidnitz erhielt er noch vor dem Abitur die Gelegenheit zu einer ersten eigenen Kollektivausstellung in der Aula des Gymnasiums. Der Beginn des Ersten Weltkrieges 1914 veränderte alles. Der Vater empfahl: wenn schon Soldat, dann Berufsoffizier. So kam es, daß Wolfgang von Websky als Fähnrich 1915 - er war 20 Jahre alt - schwer verwundet wurde. Es folgten lange Lazarettaufenthalte, Fronteinsätze waren nicht mehr möglich, irgendwann wurde er als Berufsoffizier entlas- sen. Systematisch widmete er sich jetzt dem Kunststudi- um und konnte als 22jähriger die Breslauer Kunstakade- mie besuchen. 1911 war die ursprünglich Kunst- und Kunstgewerbeschule benannte Lehrstätte zu einer Akade- Informationen über das schlesische Kulturleben – Ausstellungen, Tagungen, Publikationen, Wissenswertes 44. Jahrgang 2009 l Würzburg l 1/09 Januar - März NEUES AUS DEM MUSEUM FÜR SCHLESISCHE LANDESKUNDE Das Museum für schlesische Landeskunde zeigt in Zusammenarbeit mit dem Kulturwerk Schlesien bis 10. Mai 2009 im Haus Schlesien Porträts, Landschaftsdarstellungen und Stillleben des 1992 im Allgäu verstorbenen Malers. Schlesischer Kulturspiegel 09

lezské Kulturní Zrcadlo Herausgegeben von der

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Schlesischer Kulturspiegel 44, 2009 1

Realität und Impression: Wolfgang von Websky

1Śla̧ ski Przegla̧ d Kulturalny . Slezské Kulturní ZrcadloHerausgegeben von der Stiftung KulturWerk Schlesien

Wolfgang von Websky(1895-1992): Waldrand mit dunklerWolke. Öl/Leinwand.60 x 80 cm. 1978,sign.r.u.

Der Maler Wolfgang von Websky entstammte dem schle-sischen Landadel, das elterliche Gut Schwengfeld (pol-nisch Makowice) im Kreis Schweidnitz liegt in nächsterNachbarschaft zu Kreisau, seine Mutter war eine gebore-ne Gräfin v. Moltke-Huitfeldt, der Vater kaiserlicherBerufsoffizier. Schon der Schüler Wolfgang entwickelteeigenständig eine große Liebe zur Malerei, die Elternließen ihn gewähren. Als der Vater vorübergehend vonBerlin nach Krefeld versetzt wurde, erhielt WolfgangGelegenheit zum Besuch der Düsseldorfer Kunstakade-mie. Dort war er mehrfach Gast im Atelier des MalersWilhelm Herberholtz (1881-1956), der ihm - wie er spä-ter berichtete - seine erste gezielt ausgesuchte Farbpa-lette verordnete, die vom Impressionismus geprägt war.

Zurück in Schweidnitz erhielt er noch vor dem Abitur dieGelegenheit zu einer ersten eigenen Kollektivausstellungin der Aula des Gymnasiums. Der Beginn des ErstenWeltkrieges 1914 veränderte alles. Der Vater empfahl:wenn schon Soldat, dann Berufsoffizier. So kam es, daßWolfgang von Websky als Fähnrich 1915 - er war 20Jahre alt - schwer verwundet wurde. Es folgten langeLazarettaufenthalte, Fronteinsätze waren nicht mehrmöglich, irgendwann wurde er als Berufsoffizier entlas-sen.

Systematisch widmete er sich jetzt dem Kunststudi-um und konnte als 22jähriger die Breslauer Kunstakade-mie besuchen. 1911 war die ursprünglich Kunst- undKunstgewerbeschule benannte Lehrstätte zu einer Akade-

Informationen über das schlesische Kulturleben – Ausstellungen, Tagungen, Publikationen, Wissenswertes

44. Jahrgang 2009 l Würzburg l 1/09 Januar - März

NEUES AUS DEM MUSEUM FÜR SCHLESISCHE LANDESKUNDE

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Schlesischer Kulturspiegel09

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mit dem ersten Heft des Jahres präsentiert sich der„Schlesische Kulturspiegel“ in einer neuen Gestaltung.Der Vorstand und die Geschäftsführung der StiftungKulturwerk Schlesien haben sich für ein modernes Layout entschieden. Nachdem unsere Hauszeitschrift inihrer äußeren Form in nahezu 43 Jahren kaum verän-dert wurde, ging es nun darum, den veränderten Leser-wünschen Rechnung zu tragen: Aufgrund neuer Druck-techniken ist nun eine durchgehend farbige Illustrationmöglich, die Schrift ist größer geworden, die Anordnungvon Texten und Bildern wurde aufgelockert. Mit dergrößeren Schrift – ein häufig geäußerter Wunsch – wol-len wir unseren älteren Lesern entgegenkommen, mitder modernen Gestaltung neue Leser gewinnen. DerVorstand dankt dem Geschäftsführer der Stiftung Kulturwerk Schlesien, Herrn Dr. Ulrich Schmilewski, für

sein Engagement bei der Neugestaltung des „Kultur-spiegels“.

Eine moderne und ansprechende Gestaltung ist aberauch mit der Frage der Finanzierung verbunden – dieFolgen der Finanzkrise ziehen auch die Stiftung in Mitlei-denschaft. Wir sind daher allen Leserinnen und Leserdankbar, daß sie den „Schlesischen Kulturspiegel“ überJahre hinweg mit großzügigen Spenden erhalten haben.Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen und würdenuns über Ihre Rückmeldung freuen.

Mit besten Grüßen

Der Vorstand der Stiftung Kulturwerk Schlesien

mie deklariert worden und entwickelte sich nun zu einerder lebendigsten Kunstschulen Deutschlands, die in den20er Jahren von ähnlich gutem Ruf wie das Bauhaus oderdie Frankfurter Schule war. Doch Websky, der hier diePortraitklasse von Eduard Kaempffer besuchte, zog esnach drei Jahren an private Kunstschulen, u.a. von ArturWasner und schließlich an die Hochschule für BildendeKünste nach Berlin. Er blieb jedoch ohne akademischenAbschluß und äußerte später: „Meine wirklichen Lehrher-ren waren stets die Museen und die vielen unvergleichli-chen Ausstellungen des Berliner Kunsthandels in denzwanziger Jahren, die uns Kunststudenten stets offen-standen“.

Ende der 20er Jahre unterhielt er ein Atelier in Ber-lin, danach in Breslau. 1934 verlegte er sein Atelier indas Familiengut Schwengfeld. Seit 1933 waren wichtigeMitglieder der Breslauer Akademie geflohen oder verjagt,

für die Verbliebenen wurde es immer schwieriger, frei zuarbeiten. 1934 bat man ihn, den vakant gewordenen undsehr schwierigen Vorsitz im 'Schlesischen Künstlerbund'in Breslau zu übernehmen. Unter den gegebenenmißlichen Voraussetzungen richtete er erfolgreiche Aus-stellungen aus, bis die Einberufung als Reserveoffizier1939 erfolgte. Den letzten Kontakt zum Künstlerbundhatte Websky 1941. Er konnte von seinem Stützpunkt inLüttich Gemälde zu der letzten Ausstellung des Künstler-bundes einsenden. Während des Zweiten Weltkriegeswar er erneut Offizier, konnte kaum malen.

Nach dem Zusammenbruch der Front im Westenwurde er auf eigenen Wunsch nach Schweidnitz versetztund konnte im Februar 1945 noch seine Familie in Sicher-heit bringen, danach geriet er in sowjetische Kriegsgefan-genschaft, die erst 1950 für ihn endete. Der KünstlerWolfgang von Websky hatte alles in allem etwa 16 Jahreseines Lebens mit Krieg und Kriegsgefangenschaft ver-bringen müssen.

BBrruucchh iimm mmaalleerriisscchheenn SScchhaaffffeennNach der Rückkehr aus der fünfjährigen Kriegsgefangen-schaft 1950 begann eine reiche neue Schaffensperiode.Unermüdlich setzte sich der Maler wiederum für seineschlesischen Künstlerkollegen ein und erhielt hierfürbereits im Jahr 1955 das Bundesverdienstkreuz verlie-hen. Leider ist jedoch sein gesamtes künstlerischesWerk aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg - bis aufwenige Ausnahmen - in den Kriegs- und Nachkriegswir-ren untergegangen.

Nach dem Bruch im malerischen Schaffen durch denKrieg wurden Werke von Wolfgang von Websky erneutregelmäßig auf Ausstellungen präsentiert. Er erhielt1969 den Schlesischen Kulturpreis. Ehrenamtlich war erfür die Ostdeutsche Galerie in Regensburg, für das „Kul-turwerk Schlesien“ und die „Künstlergilde Eßlingen“ tätigund wurde 1985 mit der Ehrenprofessur des Landes

Wolfgang von Websky(1895-1992):

Kranke Angela. Öl/Leinwand. 60 x 80 cm,

1963. sign.r.u.

FORTSETZUNG VON SEITE 1

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Baden-Württemberg ausgezeichnet. Am 12. März 1992verstarb der Künstler in Wangen im Allgäu.

Wolfgang von Webskys Gemälde beinhalten eine har-monische Kombination von impressionistischer Formauf-lösung, Zusammenspiel außergewöhnlicher Farben undoft nicht zu deutender Lichtquelle. Der Impressionismushatte großen Einfluß auf von Websky und ist durchgängigin seinem Werk zu finden. Als Sujets können drei Gattun-gen hervorgehoben werden: Portraits, Landschaftsdar-stellungen und Stillleben.

Der Farbumgang ist spezifisch, indem Landschaftenbeherrscht werden von erdigen braunen, ockernen undorangen Tönen. Die Lebendigkeit und Dramatik der Land-schaft wird durch den dynamisch ausgeführten Pinsel-strich erreicht und gekonnt durch eingesetzte Komple-mentärkontraste gesteigert. Die Aussage von Wolfgangvon Websky „Ich muß meine Bilder auf Anhieb vollenden,ich habe die Erfahrung gemacht, daß sie durch Korrektu-ren nur schlechter werden“ ist in diesen lebhaft bis unru-hig strukturierten Landschaften deutlich nachzuempfin-den, der flink ausgeführte Pinselduktus bleibt in der Wir-kung skizzenhaft. So entstehen aus schlichten Motivender Natur atmosphärische Wiedergaben aus Realität undImpression.

HHeerraauussrraaggeennddeerr PPoorrttrraaiittiissttDoch gilt Wolfgang von Websky insbesondere als ein her-ausragender Portraitist. Diese Gattung bestimmt sein OE uvre. Es sind Freunde und Bekannte, am häufigsten dieeigene Familie, offizielle Würdenträger und bekannte Per-sönlichkeiten, die Wolfgang von Websky portraitiert. Ent-weder mit kräftigen Ölfarben aufgetragen, mit zartenPastellfarben oder mit sicherem Zeichenstrich sind diePersonen auf die Leinwand oder Papier gebannt. Dabeiversteht es Wolfgang von Websky, das Gegenüber zuerkunden und eine Momentaufnahme zu fertigen mit einer- so scheint es dem Betrachter - typischen und intimenGebärde des Gegenübers.

So wirkt die Tänzerin und Choreographin Mary Wig-man im Portrait von 1962 unruhig, auch wenn ihr Blicknach Innen gekehrt ist. Die angehobenen Hände scheinenin Bewegung zu sein, auch der Kopf wird sich in Kürzebewegen, dies läßt die leichte Rechtsdrehung vermuten.Auf kleine Details oder ausführliche Mimik wird zugunstendes dynamischen Pinselstrichs verzichtet, wie zum Bei-spiel im Portrait des Bildhauers Robert Bednorz von1968 aus der Sammlung der Stiftung Kulturwerk Schle-sien. Trotz weniger Akzente gelingt es Websky, einenintensiven Ausdruck in Augen und Mundpartien zu brin-gen.

Die Ausstellung im Haus Schlesien zeigt vom 8.Februar bis 10. Mai 2009 eine umfassende Werkschau,die von der Stiftung Kulturwerk Schlesien finanziell unter-stützt wird. Die Sammlung des Sohnes, Ministerialdiri-gent Dr. Michael von Websky, wird ergänzt durch Leihga-ben des Kulturforums Ostdeutsche Galerie Regensburg,der Stadt Wangen im Allgäu und von weiteren privatenLeihgebern. Im Sommer 2009 ist die Ausstellung imStädtischen Museum Breslau zu sehen.

Gut besucht war die Eröffnung der Sonderausstellungim Haus Schlesien: 180 Personen waren der Einladung

gefolgt und lauschten den Begrüßungen und der musikali-schen Umrahmung durch die junge Pianistin Anna Lauer.Nach der Begrüßung durch die Museumsdirektorin Nico-la Remig sprach Ministerialdirigent a.D. Dr. Michael vonWebsky, Sohn des Künstlers, und ließ die Zuhörer an eini-gen Anekdoten zum Leben seines Vaters teilnehmen. DieKunsthistorikerin Dr. Ingrid von der Dollen führte in dasWerk und die Generation der Künstler der „verschollenenGeneration“ ein.

Als abschließender Redner sprach Prof. Dr. EberhardG. Schulz, Vorsitzender des Stiftungsrates der StiftungKulturwerk Schlesien, der die Person Wolfgang von Web-sky in weiteren Anekdoten vorstellen konnte. Währendder Begrüßungen und des Eröffnungsvortrages bildetendie Aquarelle des Künstlers Wolfgang von Websky imEichendorffsaal einen passenden Rahmen. Ölgemälde undZeichnungen konnten im Anschluß im großen Museums-raum betrachtet werden.

Alexandra Offermann

MMuusseeuumm ffüürr sscchhlleessiisscchhee LLaannddeesskkuunnddee,, HHaauuss SScchhlleessiieenn,,Dollendorfer Str. 412, 53639 Königswinter-Heisterba-cherrott, Tel. 02244/886-0, www.hausschlesien.deÖffnungszeiten: Dienstag - Donnerstag 10-12 Uhr und13-17 Uhr, Samstag, Sonntag und Feiertage: 11-18 Uhr

Wolfgang von Web-sky (1895-1992):Mary Wigmann,Öl/Leinwand. 63 x 83 cm, 1962,sign.l.u.

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Hinsichtlich des schlesischen Kulturgutes beschränkt sichdie Stiftung Kulturwerk Schlesien in Absprache mit ande-ren schlesischen Kultureinrichtungen - wie dem Schlesi-schen Museum zu Görlitz, dem Oberschlesischen Landes-museum in Ratingen oder dem Museum für SchlesischeLandeskunde im Haus Schlesien zu Königswinter, die„Gegenständliches“ sammeln und in ihren ständigen Aus-stellungen präsentieren - im wesentlichen auf die Samm-lung von „Papiernem“ oder „Printmedien“, also beispiels-weise Veduten, Historischen Landkarten, Notgeld,Ansichtskarten. Dennoch besitzt die Stiftung eine kleine,unsystematisch Sammlung von Gemälden, die der Stif-tung entweder direkt geschenkt oder die zu speziellenAusstellungszwecken erworben wurden. Zehn dieserGemälde wurden vom 16. Dezember 2008 bis 15. Janu-ar 2009 in einer Ausstellung im 'Schlesischen Kabinett'

des Grafschaftsmuseums Wertheim präsentiert.Die Aus-wahl unter dem Titel „Öl auf Leinwand. Gemälde aus derSammlung der Stiftung Kulturwerk Schlesien“ versucht,einen Querschnitt der bei der Stiftung vorhandenenGemälde aus unterschiedlichen Zeiten vorzustellen. Siebeginnt zeitlich mit einem undatierten „Waldstück“ vonAdolf Dressler (1833-1881), führt über Arbeiten etwavon Max Wislicenus (1861-1957), Franz von Jackowski(1885-1974), Friedrich Iwan (1889-1967), Wolfgangvon Websky (1895-1992) und endet mit dem Porträt desMalers Klaus-Andreas Moering, gefertigt 1985 von des-sen ebenfalls malendem Sohn Michael Moering (1942-1986).

Die meisten Künstler sind Schlesier, andere werdenmit schlesischen Motiven gezeigt. Eine besondere Bedeu-tung kam dem künstlerischen Schaffen in Schlesien der1791 gegründeten, späteren Akademie für Kunst undKunstgewerbe in Breslau zu, die in der ersten Hälfte des20. Jahrhunderts mit ihren Direktoren Hans Poelzig undOskar Moll sowie Lehren wie Max Wislicenus, Theodorvon Gosen, Otto Mueller, Hans Scharoun, Johannes Mol-zahn und Georg Muche wesentlichen Einfluß auf dieKunstentwicklung in Deutschland nahm. Ein Teil deravantgardistisch arbeitenden Schüler erhielt nach dernationalsozialistischen Machtergreifung Berufsverbot undverlor zudem durch Flucht und Vertreibung aus Schlesienihr in jahrelanger Arbeit geschaffenes, bisherigesGesamtwerk. Viele schlesische Künstler ließen sich nachdem Zweiten Weltkrieg in Wangen im Allgäu nieder, woauf Initiative der Stadt im Baugebiet Atzenberg eineschlesische Künstlerkolonie mit Malern, Dichtern undSchriftstellern entstand. Mit diesen Künstlern war dieStiftung Kulturwerk Schlesien als Mitveranstalter der'Wangener Gespräche', die noch heute jährlich als Litera-turtage mit der Verleihung des Eichendorff-Literaturprei-ses stattfinden, eng verbunden.

Ulrich Schmilewski

Öl auf Leinwand. Gemälde der Stiftungssammlung VON DER ST IFTUNG KULTURWERK SCHLESIEN

AAuuffggaabbee ddeerr 11995522 ggeeggrrüünnddeetteenn uunndd iinn WWüürrzzbbuurrgg aannssäässssiiggeenn SSttiiffttuunngg KKuullttuurrwweerrkk SScchhlleessiieenn iisstt eess,, „„ddeenn vviieellggeessttaallttiiggeenn

sscchhlleessiisscchheenn BBeeiittrraagg zzuurr ddeeuuttsscchheenn uunndd eeuurrooppääiisscchheenn KKuullttuurr ddeeuuttlliicchh zzuu mmaacchheenn,, sseeiinnee wweeiitteerree WWiirrkkssaammkkeeiitt zzuu

fföörrddeerrnn ssoowwiiee sscchhlleessiisscchheess KKuullttuurrgguutt zzuu eerrhhaalltteenn uunndd zzuu ppfflleeggeenn..““

Friedrich Iwan (Landeshut 1889-1967

Wangen i. A.): Blick zur Schneekoppe.

Öl/Hartfaserplatte. 41 x 52 cm, 1952,

sign.l.u. © Stiftung KulturwerkSchlesien, Würzburg.

Buch für Buch – Titelaufnahme der Bibliothek geht voran

Zügig voran geht die computergestützte Erfassung derca. 35.000 Titel der Bibliothek für Schlesische Landes-kunde der Stiftung Kulturwerk Schlesien. Im Rahmeneines vom Beauftragten der Bundesregierung für Kulturund Medien geförderten Projektes wurde zum 1. Mai2008 Diplom-Bibliothekarin (FH) Ute Frischke angestellt.Nach einem Drittel der Projektzeit hat sie zum einen dieNeuerwerbungen nach Eingang, zum anderen etwas mehrals ein Drittel der Altbestände fachgerecht mit dem Com-puter erfaßt. Im Einzelfall waren dabei auch Titel in latei-

nischer, polnischer, tschechischer und in weiteren moder-nen Fremdsprachen aufzunehmen. Verschiedene Sach-gruppen sind bereits vollständig bearbeitet worden, wieGeschichte, Wirtschaft, Musik, Hochschulwesen, Religi-on. Zur Zeit wird die umfangreichste Sachgruppe Litera-tur erfaßt. Mit dem Abschluß der voll im Plan liegendenArbeiten ist für Ende April 2010 zu rechnen. Danachwerden die Daten in den elektronischen „Verbundkatalogöstliches Europa“ zum Abruf im Internet eingestellt werden.

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Wie in der Nummer 3 des vorjährigen „Schlesischen Kul-turspiegels“ berichtet, hat die Stiftung Kulturwerk Schle-sien von dem Philatelisten Hans Haacke eine Briefmar-kensammlung „Meine Heimat Schlesien“ erhalten. Diesewird nun mit ausgesuchten Themen bis zum 4. April 2009 in einerAusstellung im 'Schle-sischen Kabinett' desGrafschaftsmuseumsWertheim gezeigt. Prä-sentiert werden polni-sche und deutscheBriefmarken mit schle-sischem Bezug, seien

es Städte und Landschaften, Persönlichkeiten, Trachtenund Märchen oder schlesische Geschichte - darunter dieAbstimmung in Oberschlesien 1921 als Sondersammel-gebiet - überhaupt. Ausgespart bleiben diesmal Belegezur Postgeschichte Schlesiens, die später einmal in

einer eigenen Ausstel-lung vorgestellt wer-den sollen. Es ist er-staunlich, was sich aufBriefmarken, diesenkleinen Kunstwerkenfür den Alltagsge-brauch, alles zu Schle-sien findet.

Schlesische Themen auf Briefmarken

Polen: Kattowitz, Dt. Bundespost: 20 Jahre Vertreibung1945/1965.

Alle reden und schreiben von der Finanzkrise - wir müs-sen dies leider auch tun! Seit dem Ende der institutio-nellen Förderung der Stiftung Kulturwerk Schlesiendurch die Bundesregierung im Jahre 2000 ist die Stif-tung allein auf ihr Vermögen angewiesen. Wir mußtenuns von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern trennen undkonnten in den vergangenen Jahren im Vergleich zu frü-her nur einen „Notbetrieb“ aufrecht erhalten. Wirmußten unsere Aktivitäten wie Ausstellungen, Tagungenoder Publikationen stark einschränken. Trotzdem ist eswie im Falle des „Schlesischen Kulturspiegels“ gelungen,die Kontinuität des regelmäßigen Erscheinens zusichern.

Darüber hinaus konnten wir durch eine geschickteund sehr erfolgreiche Anlage des Stiftungsvermögenssogar verschiedene alte Verpflichtungen aus der Zeitvor 2000 tilgen. Doch eine Anlage des Vermögens inAktien und Aktienanleihen gefährdet auf längere Sichtden Erhalt des Stiftungskapitals - auch wir haben der-zeit einen schmerzlichen Wertverlust zu beklagen. Diesinkenden Aktienkurse und die aktuellen Marktturbulen-zen zeigen, wie schwierig es für Stiftungen sein kann,

ihren Auftrag - das Vermögen zu erhalten, aber ausrei-chend Kapital auszuschütten - zu erfüllen.

Was ist also im Sinne einer nachhaltigen Vermö-gensanlage zu tun? Neben weiterer eiserner Sparsam-keit wäre auch an die Möglichkeit von Zustiftungen zudenken, die dann - anders als bisher - mit Kapitalgaran-tie angelegt werden. Nur auf diese Weise können wireine auf Dauer nicht erträgliche, einseitige Abhängigkeitvon der Börse zu mindern versuchen. Es wäre dahereine große Hilfe, wenn sich unter den Leserinnen undLesern jemand angesprochen fühlt oder einenAnsprechpartner für mögliche Zustiftungen nennenkann. Der Vorstand der Stiftung steht solchenGesprächspartnern über Herrn Ulrich Schmilewski (Tel. 0931/ 53 69 6; [email protected])jederzeit zur Verfügung. Ohne eine Lösung der struktu-rellen Probleme hinsichtlich des nervus rerum wird dieStiftung Kulturwerk Schlesien mittel- und längerfristigihrer Zukunftschancen beraubt!

Prof. Dr. Karl BorchardtDr. Dietrich Meyer

Johannes Schellakowsky M.A.

Nervus Rerum – zur Finanzlage der Stiftung

Jahrestagung, Deutschlandtreffen, Wangener Gespräche

Die Stiftung Kulturwerk Schlesien plant für das laufendeJahr wieder folgende Aktivitäten:� Die Jahrestagung soll sich mit dem Thema „BäderlandSchlesien“ befassen und wird vom 12. bis 14. Juni 2009in Würzburg im Exerzitienhaus 'Himmelspforten' abgehal-ten werden.� Das Deutschlandtreffen der Schlesier findet amWochenende 27./28. Juni 2009 wieder in Hannoverstatt, und es ist vorgesehen, daß sich das Kulturwerk

wieder mit einem Informationsstand und Büchertischbeteiligen wird.� Die Wangener Gespräche als Veranstaltung für Litera-tur und Kunst werden vom 24. bis 27. September 2009in Wangen im Allgäu durchgeführt werden. In ihrem Rah-men wird auch wieder die Verleihung des Eichendorff-Literaturpreises erfolgen. Als einer der drei Veranstalterwird sich die Stiftung Kulturwerk Schlesien wieder an denWangener Gesprächen beteiligen.

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CHRONIK

Erzbischof Nossol mit dem “Mérite Européen”geehrtAAmm 2288.. NNoovveemmbbeerr 22000088 wwuurrddee ddeemm EErrzzbbiisscchhooff ddeerr oobbeerrsscchhlleessiisscchheenn DDiiöözzeessee OOppppeellnn//OOppoollee,, PPrrooff.. AAllffoonnss NNoossssooll,, iinn

BBeerrlliinn ddiiee MMeeddaaiillllee ddeess „„MMéérriittee EEuurrooppééeenn““ iinn GGoolldd ddeerr gglleeiicchhnnaammiiggeenn lluuxxeemmbbuurrggiisscchheenn „„FFoonnddaattiioonn““ ((SSttiiffttuunngg)) vveerrlliieehheenn..

Die Ehrung erfolgte im Rahmen einer Feierstunde in derAkademie der Konrad-Adenauer-Stiftung durch die Vize-präsidentin besagter Fondation und Präsidentin ihresdeutschen Freundes- und Förderkreises, Prof. UrsulaBraun-Moser, und den Präsidenten des EuropäischenParlaments, Prof. Hans-Gert Pöttering. Die Auszeich-nung wird einmal jährlich als „Berliner Europapreis“ aneine international bekannte Persönlichkeit des öffentli-chen Lebens vergeben, die sich um die europäische Eini-gungsidee verdient gemacht hat. Unter den Preisträgernsind beispielsweise der ehemalige litauische PräsidentVytautas Landsbergis und der erste nachkommunistischepolnische Ministerpräsident Tadeusz Mazowiecki, derdeutsche Außenminister a. D. Hans-Dietrich Genscher,der vormalige israelische Botschafter in Deutschland AviPrimor und der Wiener Kardinal Franz König.

Die „Fondation du Mérite Européen“ wurde 1970 vondem renommierten französischen Rechts- und Wirt-schaftswissenschaftler Prof. Franc̨ ois Visine ins Lebengerufen, einem Lothringer (wie Robert Schuman, Wegbe-reiter der europäischen Einigung und erster Präsidentdes Europäischen Parlaments); 1990 erhielt sie durchBeschluß des Großherzogs von Luxemburg den Statusder Gemeinnützigkeit. Die Stiftung hat sich zum Zielgesetzt, engagierte Europäer zu ehren, die sichfür die Vereinigung der europäischen Völkerin Freiheit, Frieden und Brüderlichkeiteinsetzen und an der Gestaltung einesfreien, demokratischen und geeintenKontinents mitwirken. Dazu verleihtsie die Medaille Mérite Européen inden Stufen Bronze, Silber und Gold.Präsident der Stiftung ist zur ZeitJacques Santer.

Der Hausherr der Konrad-Aden-auer-Stiftung, Prof. Bernhard Vogel,begrüßte die Gäste - unter ihnen deremeritierte Bischof von Hildesheim, Dr.Josef Homeyer, Träger des Offizierskreuzes desPolnischen Verdienstordens für seine Bemühungen umdie deutsch-polnische Aussöhnung - und lenkte ihren Blickauf die Initiativen um die deutsch-polnische Verständigungund Aussöhnung, mit denen sich Erzbischof Nossol als„wahrer Pontifex“ (Brückenbauer) erwiesen habe. Ernannte den Gottesdienst im niederschlesischen Kreisaumit dem deutschen Bundeskanzler und dem polnischenMinisterpräsidenten am 12. November 1989 im Geden-ken an den Widerstandskreis um Helmuth James Grafvon Moltke sowie viele Tagungen unter Nossols Beteili-gung, insbesondere in dem von ihm geschaffenen „Euro-päischen Tagungszentrum“ Schloß Groß Stein bei Oppeln.

In seiner Laudatio bezeichnete Gert Pöttering Erzbi-schof Nossol als einen großen Europäer, der „Grenzen

überwunden, Brücken gebaut und der Zukunft zugearbei-tet“ habe. Dabei ließ er sich von Nossols Worten von „derHoffnung, die weiter sieht, der Liebe, die tiefer sieht, unddem Glauben, der anders sieht“ leiten. Wörtlich: „Aus derHoffnung haben Sie die deutsch-polnische Versöhnungvorangebracht, aus der Liebe … das SelbstwertgefühlSchlesiens in seiner europäischen Bestimmung erneuertund aus dem Glauben … die Wurzeln der IdentitätEuropas gestärkt.“ Hierzu führte er im einzelnen aus:� Was wir erreicht haben, wäre ohne die Hoffnung, vonder Erzbischof Nossol unbeirrt getragen wurde, nichterreicht worden. Auch wenn es in den deutsch-polnischenBeziehungen immer wieder Rückschläge gebe und Einzel-fragen strittig oder auch nur aufgebauscht sein mögen,habe alles in allem die Hoffnung gesiegt: Aus Feindenwurden Partner, aus Fremden Nachbarn, aus Polen undDeutschen neue Pfeiler für das vereinte Europa. Diekatholische Kirche in Polen und Deutschland war langeZeit Vorreiter der Hoffnung auf Versöhnung. Die unver-geßliche Botschaft der polnischen Bischöfe an ihre deut-schen Amtsbrüder vom 18. November 1965 mit demKernsatz „… wir … vergeben und bitten um Vergebung“habe die Tür geöffnet.� Die Liebe Nossols zu seiner schlesischen Heimat sei ein

großartiges Beispiel für alle, die Heimatliebeund europäische Bestimmung als unzer-

trennlich zusammendenken. Auf demWeg zu einem versöhnten Europa ist

er an vielen Stellen vorausgegangenund habe die Richtung gewiesen.Pöttering erinnerte u. a. an denam 21. Juni 1983 gemeinsam mitPapst Johannes Paul II., Nossolstheologischem Lehrer in Lublin,

zelebrierten Gottesdienst auf demSt. Annaberg und den ersten deutsch-

sprachigen Gottesdienst sechs Jahredanach am gleichen Ort, von denen „die

Saat der Liebe für die Erneuerung der versöhn-ten Vielfalt unter den Schlesiern aller Sprachen und Prä-gungen ausgestreut“ wurde. � In Bezug auf die dritte christliche Tugend, den Glauben,zitierte Pöttering den Erzbischof mit den Worten: „Willsich Europa ernsthaft als ausgesöhnte und vereinigteWerte- und Kulturgemeinschaft etablieren, so darf esseine christlichen Wurzeln nicht verleugnen“, denn ausihnen ergebe sich der Primat der Menschenwürde, dienach christlichem Verständnis von Gott geschenkt wurde.Im Kern sei die Einigung Europas ein Werk verwirklichterMenschenwürde in einer nach Krieg und Leid erneuertenOrdnung der Staaten und Völker unseres Kontinents.Nach Nossols Auffassung komme den christlichen Kir-chen im zukünftigen Europa „als Raum der Integration

Die Medaille “MériteEuropéen zeigt auf der

Vorderseite den geo-grafischen Umriß

Europas mit Jupiter inStiergestalt, die Göttin

Europa tragend, undringsum zwölf Sterne(wie auf der Europa-

flagge oder den Euro-münzen). Aufnahme: J. Kobienia, Oppeln; © Norbert Willisch,

Ebersberg

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inmitten einer desintegrierten Erfahrungswelt, als Sinn-stifterin in einer Welt der Sinnentleerung und Absurdität,wenn nicht gar der expandierenden Banalität, entschei-dende Bedeutung“ zu. Dies decke sich im übrigen - fügteer hinzu - mit der Überzeugung der Christdemokraten imEuropäischen Parlament, die sich deshalb stets nach-drücklich für einen Gottesbezug in der Europäischen Ver-fassung eingesetzt haben.

Zusammenfassend stellte der Laudator fest, daß mitdem Mérite Européen vor allem die von dem Geehrten inchristlichem Geist vorgelebte Brüderlichkeit über dieGrenzen von Volksgruppen und Nationen hinweg gewür-digt werde. Denn Europas Einigung funktioniere nicht,wenn man meine, der Vorteil des einen sei verbunden mitdem Nachteil des anderen. Vielmehr müsse uns der Geistdes Gebens und Nehmens, der Geist der Solidarität, wei-ter beflügeln inmitten aller Herausforderungen derGegenwart.

In seiner Dankesrede zeigte sich Erzbischof Nossolhocherfreut über die Auszeichnung sowie darüber, daß ersie gerade an diesem Ort entgegennehmen könne. AusAdenauers Traum von der Einheit Europas und seinemeigenen (wobei er die berühmten Worte „I have a dream“gebrauchte) sei „heute die Notwendigkeit für alle“ gewor-den. Europa lebe einen großartigen Traum - gegen allenationalistischen Einengungen, aus denen früher kriegeri-sche Auseinandersetzungen folgten. Ein vereintes Europamüsse jedoch - wie Papst Johannes Paul II. es gesehenhabe - eine „Gemeinschaft des Geistes“ sein bzw. wer-den. Jede Generation habe auf ihre Weise an den geisti-gen Grundlagen Europas weitergebaut; nicht nur in dergegenwärtigen Situation, sondern schon „immer warEuropa ein solches Wagnis im Wandel“. Für den weiterenWeg Europas komme es darauf an, daß es in ökumeni-scher Offenheit seine christlichen Wurzeln nicht verleug-ne und damit seine Seele verliere. Die Ökumene ist ein„Imperativ des christlichen Gewissens“ und „der Weg derKirche“, zitierte er aus der Ökumene-Enzyklika „Ut unumsint“ des polnischen Papstes aus dem Jahr 1995. Aucherinnerte er daran, was Theodor Heuss, ein „liberalesUrgestein“, auf die Frage geantwortet hat, was Europaausmache: Europa baue auf drei Hügeln: dem Areopag,der für das griechische Verständnis der Demokratiesteht, dem Kapitol, das römisches Staatsdenken undRechtsstaatlichkeit symbolisiert, und auf Golgatha,womit sich die christliche Vision von Frieden, Gerechtig-keit und Menschenwürde verbindet.

Nach der geglückten Aussöhnung zwischen Deutsch-land und Frankreich bedürfe es heute der Versöhnungzwischen Deutschland und Polen. Dazu müßten beider-seits bestehende Vorurteile überwunden, die Geschichteentideologisiert und Erinnerungen geheilt werden. In die-sem Versöhnungsprozeß spielten Willy Brandt und Hel-mut Kohl sowie die jetzige Bundeskanzlerin eine wichtigeRolle, außerdem das kluge Walten des Präsidenten desEU-Parlaments und die erfolgreiche Tätigkeit der Fonda-tion du Mérite Européen. Daß auf den polnischen Papstein deutscher gefolgt ist, erscheine ihm hilfreich und wieein Fingerzeig des Himmels. Ein Wort des SchriftstellersReinhold Schneider aufgreifend, wonach wir „damit auf-hören (sollten), den Frieden erkämpfen zu wollen -

erkämpfen kann man nur den Friedhofsfrieden“, betonteNossol, daß es in Europa und der Welt nur einen „befrie-denden (keinen erkämpften) Frieden“ geben könne; dazumüßten wir „lernen, das Töten zu töten“. Die ZukunftEuropas als Gemeinschaft des Geistes erfülle ihn keines-falls mit „Tristesse“, sondern mit Zuversicht. Mit dem Ruf„Gaudium et spes!“ („Freude und Hoffnung“), im Anklangan die hiermit beginnende Pastoralkonstitution des Zwei-ten Vatikanischen Konzils über die Kirche in der Welt vonheute, beendete er seine Rede.

Die Erzbischof Nossol verliehene Medaille des MériteEuropéen in Gold hat einen Durchmesser von 62 mm. Siewird an einem azurblauen Band getragen. Auf der Rück-seite sind der Name des damit Ausgezeichneten und dasDatum der Verleihung eingraviert, überwölbt von denBegriffen „Volonté - Connaissance - Action“, die für„Europa wollen - seine Probleme kennen - sich für seineVerwirklichung einsetzen“ stehen.

An die Ordensverleihung schloß sich im Hinblick aufdie im Juni 2009 bevorstehenden Wahlen zum Europäi-schen Parlament ein Gesprächsforum zum Thema „Eu-ropa wählen! Deutschland, Polen und die europäischeIdee“ an, das fachkundige deutsche und polnische Diskus-sionsteilnehmer vereinigte. Leitfragen der Diskussion wa-ren u.a.: Wie ist es aus deutscher und polnischer Sichtum die vielbeschworene „Europäische Idee“ bestellt undwie läßt sich die große Distanz zwischen den Bürgern undden europäischen Institutionen schließen. Norbert Willisch

Erzbischof Alfons Nossol bei seiner Dankesrede. Aufnahme: H. Lüders, Berlin; © KonradAdenauer-Stiftung.

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300. Jahrestag der Teschener Jesuskirche

2009 finden die Jubiläumsfeiern anläßlich des 300. Jah-restages der Gründung der Jesuskirche in Teschen, einerder sechs Gnadenkirchen in Schlesien, statt. Die Feiernwerden von der Schlesischen Evangelischen Kirche Augs-burgischen Bekenntnisses in der Tschechischen Republikund der Kirchengemeinde Teschen der Evangelisch-Augs-burgischen Kirche in Polen in Zusammenarbeit mit ande-ren Kirchen und Kirchenvereinen vorbereitet.

Die Jesuskirche war in den ersten Jahrzehnten nachihrer Gründung ein bedeutendes Zentrum des Pietismusund spielte eine wichtige Rolle in der Frühgeschichte derHerrnhuter Brüdergemeinde. Zur Zeit ihrer Gründungdiente sie den Evangelischen polnischer, deutscher undtschechischer Nationalität aus einem weiten Umkreis.Nach dem Erlaß des Toleranzpatents 1781, als neueGebetshäuser auf dem Gebiet der österreichischen Mon-archie entstehen konnten, wurde die Jesuskirche einesdes wichtigsten Zentren des österreichischen Protestan-tismus. Sie wurde "Mutterkirche vieler Länder" genannt.

Heutzutage ist sie die einzige aller Gnadenkirchen, diesich in evangelischer Hand befindet.

Die Hauptfeiern finden im Mai 2009 statt. Am21./22. Mai 2009 wird in der Filiale der SchlesischenUniversität im polnischen Teil von Teschen ein internatio-nales wissenschaftliches Symposium durchgeführt, amTag darauf gastiert die Janáčeksphilharmonie aus Ostraumit einem Konzert in der Jesuskirche, wobei u.a. dieReformationssymphonie von Felix Mendelssohn-Bartholdydargeboten werden wird. Am Sonntag, dem 24. Mai,wird ein Jubiläumsgottesdienst stattfinden. An dieseHauptfeiern werden sich Konzerte, Ausstellungen, Kunst-wettbewerbe und andere Veranstaltungen anschließen,die bis zum Oktober 2010 andauern werden. Verschiede-ne Publikationen werden zur Veröffentlichung vorbereitet,auch wird an einem neuen Dokumentarfilm über derJesuskirche gearbeitet. Ausführlichere Auskünfte zur Kirche und den Feierlichkei-ten unter: www.jesuschurch.ewebsite.com.

Die Jesuskirche inTeschen ist die einzige

Gnadenkirche, diesich in evangelischer

Hand befindet.

Von erlesenem Bunzlauer Steingut und einem wiederentdeckten Heimatforscher

Die Vernissage war ein großes Ereignis. Am 18. Oktober2008 drängten sich im ersten Stock des früheren Stadt-museums Bunzlau viele Gäste. Zunächst kaum sichtbar:Die rund 500 Prachtstücke der einstigen Bunzlauer Kera-mikfirma Reinhold. Es ist erlesene, gar nicht „typischBunzlauer“ Keramik, nicht zuletzt das Ergebnis einerschon früh einsetzenden fruchtbaren Zusammenarbeitder Firma Reinhold mit der damals höchst innovativenBunzlauer Keramikfachschule.

Durch das Programm der Eröffnung führte unter demLeitmotiv „Dank“ souverän die Direktorin des Museums

Anna Bober-Tubaj. Sie betonte, daß ohne die großzügigzur Verfügung gestellten Leihgaben aus Deutschland undPolen die Ausstellung nicht möglich geworden wäre.Anwesend bei der Vernissage zwei ältere Damen: DorisReinhold und Christa Kretschmann geb. Reinhold. DasKeramikmuseum hatte es sich nicht nehmen lassen, diebeiden Töchter des letzten Firmenleiters als Gäste zu la-den. Besonders stolz war man auf den Ausstellungskatalog.

Fast am Ende der Veranstaltung gab es von Seitender deutschen Bunzlauer noch ein Überraschungsge-schenk. Der in Bunzlau aufgewachsene Kurt Basler über-reichte der Vorsitzenden des Stadtrats, Dr. Janina Pie-strak-Babijczuk, und Vizebürgermeister Wiesław Ogrod-nik „Das Lebenswerk von Artur Schiller“. Es handelt sichbei den drei in dunkelrotes Leder eingebundenen stattli-chen Bänden um die Sammlung von mehreren hundertlokalhistorischen Aufsätzen, die der einstige Leiter desBunzlauer Stadtmuseums veröffentlicht hatte. Ergänztwird die Sammlung durch zwei sehr nützliche Beiträgevon Dr. Wilfried Schiller. Dieser verfaßte eine ausführli-che Biographie des Lokalhistorikers und erstellte eineCD, die neben der Biographie alle Texte Artur Schillersauf PDF enthält.

Die polnischen Bunzlauer wiesen darauf hin, daß auchArtur Schillers „zweites Lebenswerk“, das von ihm von1920 bis 1945 geleitete Bunzlauer Stadtmuseum, wie-der aufleben wird. Im kommenden Jahr, also fast genauhundert Jahre nach seiner Gründung, soll es im ehema-ligen Kutusow-Museum neu eröffnet werden.

Peter Börner

Keramik der BunzlauerFabrik Reinhold.

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Breslau von Südenin der Darstellungder SchedelschenWeltchronik von1493.

“Tausend Jahre Beslau/Wrocław bis heute”

Es bedurfte einer langen und einfühlsamen Vorberei-tungszeit für die sicherlich weit an Bedeutung über Breslau hinausragende Ausstellung „Tausend Jahre Bres-lau/Wrocław bis heute“, die am 18. April 2009 im Bres-lauer Königsschloß eröffnet werden wird. Sie wird nichtnur die Geschichte, sondern auch die Gegenwart verdeut-lichen. Der Initiative und dem persönlichen Engagementdes Direktors der Städtischen Museen Breslau, Dr.Maciej Łagiewski, ist es zu verdanken, daß diese Ausstel-lung realisiert wird. Der Weg dahin war kompliziert. Diegute Zusammenarbeit mit den polnischen Behörden,Handwerkern und Restauratoren und vielen anderen hal-fen, das schwer beschädigte Schloß für diese Ausstellungvorzubereiten. Große Bereitschaft war bei polnischen unddeutschen Museen, Sammlungen sowie privaten Leihge-bern vorhanden, ihre Exponate, zum Teil auch als Dauer-leihgaben, zur Verfügung zu steIlen, darunter auch dieBreslauer Sammlung Köln.

Die Ausstellungsstücke belegen die Jahrhundertelange, wechselhafte Stadtgeschichte. In den friedlichenZeitperioden entwickelte sich Breslau zu einer dereinflußreichsten Städte Mitteleuropas in wirtschaftlicher,kultureller und geistesgeschichtlicher Hinsicht; siebefruchtete die angrenzenden Nachbarregionen. VieleNobelpreisträger haben in der Stadt gelebt und gearbei-tet. Zahlreiche polnische Geisteswissenschaftler undKünstler waren mit der Stadt verbunden. Die zweitgrößtedeutsche jüdische Gemeinde hatte hier das gesellschaftli-che Leben der Stadt mitgeprägt. Nicht zufällig war Bres-lau eine wichtige Hansestadt im Mittelalter, so führtendurch sie wichtige Handelsstraßen von West nach Ost.

Im Zweiten Weltkrieg wurde Breslau - zur „Festung“erklärt - durch die monatelangen, verlustreichen Häuser-kämpfe bis zur Kapitulation am 6. Mai 1945 in Teilberei-chen bis zu 80 Prozent zerstört und danach durch die alli-ierten Siegermächte zur polnischen Stadt Wrocław. Nachdieser Zerstörung, dem grenzlosen Leid der ausgewiese-nen Deutschen und der zugewanderten polnischen Bevöl-

kerung begann etappenweise der Wiederaufbau. Auchdies wird in der Ausstellung gezeigt werden. Ohne Hilfenvon außen schafften polnische Bürger einen beispielhaftenNeuanfang unter schwierigsten Verhältnissen. Nach derkommunistischen Ära war es wieder möglich, sich deralten, vielfältigen Wurzeln Breslaus zu erinnern, die solange totgeschwiegen oder negiert wurden. Und diesgereicht dieser Stadt und ihren Menschen heute zu Ehreund Anerkennung auch von Seiten der früheren, deut-schen Einwohner. Man hat ein großes geschichtlichesErbe übernommen, und es wird seit Jahren verantwor-tungsvoll gepflegt - Breslau ist heute wieder eine liebens-werte Großstadt vom europäischen Rang, die sich injugendlicher Frische ständig weiterentwickelt.

MMooddeerrnnssttee MMuusseeuummsstteecchhnniikkSo wurde auch das Stadtschloß wieder aufgebaut, ein-fühlsam und künstlerisch von polnischen Fachleutengestaltet und gekonnt mit modernster Museumstechnikverbunden. In diesem Stadtschloß wird u.a. auch dieBreslauer Sammlung Köln mit über 50 Leihgaben zurdeutschen Geschichte der Stadt vertreten sein, darunteretwa die Replik der "Schönen Madonna" von 1430, derenOriginal von Breslau in das Nationalmuseum nach War-schau gelangte. Neben diesen Exponaten ist u.a. alsbedeutender Teil der Ausstellung der alte Rathausschatzzu sehen, den die Stadt zusammen mit vielen Spendenihrer Bürger und staatlicher Stellen ankaufen konnte. Mitdiesen wertvollen Gold- und Silberarbeiten BreslauerGoldschmiede aus dem 16./17. Jahrhundert wird zudemerstmals der fast vollständig erhaltene, vor der Vernich-tung gerettete Breslauer Domschatz präsentiert werden.An der Eröffnung der Ausstellung, die frühere und heuti-ge Breslauer verbinden wird, werden hochrangige deut-sche und polnische Persönlichkeiten teilnehmen. DieSchirmherrschaft über die Ausstellung haben die Kardi-näle Meisner (Breslauer) aus Köln und Gulbinowicz ausBreslau übernommen. Hubert A. Wolff

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Vor 50 Jahren: Exodus deutschschlesischer Musik

Am 12. Februar 1959 startete aus Stettin der letzteRotkreuz-Sammeltransport von deutschen Schlesiern genLager Friedland. Danach konnte man nur noch individuellaussiedeln. Und damit war nicht nur die seit dem „Tau-wetter“ 1956 begonnene organisierte Sammelausreise-möglichkeit beendet, sondern auch das Kapitel deutscheMusikkultur in Schlesien.

Die Inbesitznahme Schlesiens hatte zwar schon 1945begonnen, aber es blieben dennoch Musikfachkräftezurück. Nun waren auch die Klavierbauer der verstaatlich-ten Firma „Legnica“, früher „Seiler“, weg. In den schlesi-schen Musikzentren wie Breslau, Oppeln, Kattowitz, Beu-then, ja sogar in der Provinz, wie im kleinen oberschlesi-schen Oberglogau hatten deutsche Musici die Koffer inRichtung freie Bundesrepublik gepackt.

Per Zufall gehörte der Verfasser mit Familie diesemletzten Transport an: im Gepäck versteckt ein rotpolni-sches Gerichtsurteil, hinter sich eine junge, verheißungs-volle, abgebrochene Karriere. Denn: Ein guter Musiker impolnisch gewordenen Schlesien genoß Ansehen. Er ver-diente schon als junger Mensch gut, besser denn seinFreund im Ärztekittel. Zudem: Der „Dipl. Tonkünstler“mußte vor dem Beginn seines achtsemestrigen Hoch-schulstudiums das Abitur vorzeigen und konnte diesesdanach noch mit dem „Magister der Kunst“ krönen.

Wenn man erfolgreich war, drückten die Behördengar ein Auge zu. Mit Beharrlichkeit konnte man dann dendeutschen Namen retten, eine KP-Mitgliedschaft umge-hen. Wer sich aber „aus dem Fenster hinauslehnte“,sprich mit der Opposition anbandelte, den traf die Keuleder Stasi, des polnischen SB und seiner Justiz brutal. InOberschlesien waren die Behörden gegen ausreisendeIntelligenzangehörige besonders brutal. Dies begannschon beim Ausreiseantrag. Gipfel der Schikanen war einProzeß, z. B. wegen angeblicher Wirtschaftsvergehennicht definierter Art. Beim Verfasser gab es nach einerVerurteilung wegen „staatsfeindlicher Umtriebe“ einenPolitprozeß mit Arbeitsverbot und Ausbürgerung auch für

den polnischen Ehepartner.Angekommen im freien Deutschland wartete damals

eine nicht optimale Integration - was sich für die damalsBetroffenen zu spät änderte. Da wurden zwar mit einigenSchikanen die akademischen Grade anerkannt, nicht aberdie beruflichen Qualifikationen. Häufig bekam man seineBewerbung mit dem Vermerk „überqualifiziert“ zurück. Sowurden Schulmusikdirektoren Grundschullehrer, der eige-ne Fagott-Professor, einst Solofagottist der BreslauerOper, bekam einen Job im Betriebsorchester von „Bayer“(Leverkusen) usw. Die Aufnahme durch die eigene schle-sische Intelligentia war jedoch zumeist rührend.

Erfreulich war die Zuneigung und Betreuung vonschlesischen Kultureinrichtungen, wie dem „KulturwerkSchlesien“ unter seinem damaligen Leiter Karl Schodrok.Da wurden in Würzburg Treffen für die junge, spätausge-siedelte akademische schlesische Jugend arrangiert, dieauch so eine Art stille berufsvermittelnde Börse waren.Auch sonst konnte man sein Herz ausschütten. Familien-väter, die joblos waren oder studierten, bekamen zuWeihnachten gar einen kleinen Scheck überwiesen. In dieFußstapfen des „Kulturwerks“ trat bald der „WangenerKreis“. Dem hat der Verfasser, der inzwischen zwangs-mäßig, aber mit Erfolg im Journalismus Fuß gefaßt hatte,sein bundesrepublikanisches Comeback als Komponist zuverdanken. Beim zweiten Mal bracht er einen geflohenenpolnischen Neubreslauer Soloklarinettisten mit, der imbenachbarten Kempten Fuß faßte.

Hier seien einige prominente Schlesier genannt, dieden jungen Künstlern, auch mit Tat zur Seite - so wieSchodrok - standen: Ministerialdirigent Dr. Ludwig Lands-berg, damals höchster Integrationsbeamter Nordrhein-Westfalens, Musikwissenschaftler Prof. Dr. WalterWiora, Rektor Prof. Dr. Georg Smolka, der schlesischeBundestagsabgeordnete Clemens Riedel und auch Schul-rat Alfred Klose, der dafür sorgte, daß die polnischenEhefrauen nochmals studieren und in ihren Lehrerberufzurückkehren konnten usw. Joachim Georg Görlich

Hans-Georg Burghardt-Gedächtniskonzerte

Des 100. Geburtstages des Komponisten Hans-GeorgBurghardt (1909-1993) gedenkt das Malinconia-Ensem-ble Stuttgart unter der Leitung von Helmut Scheunchenmit zwei Konzerten. Das erste fand bereits am 1. Febru-ar 2009 im Stuttgarter Haus der Heimat statt.

Noch bevor steht das zweite, das am 19. April 2009im Konzertsaal Händelhaus Karree im Institut für Musikder Martin-Luther-Universität zu Halle dargeboten wer-den wird. Zu Gehör werden Lieder nach Eichendorff, Mor-genstern und Charlotte Dörter-Rehmet gebracht, dieHelmut Scheunchen gewidmete Cellosonate op. 53(1943), die 9. Klaviersonate Sonata Solemnis op.66 und

anderes mehr. Erinnert wird mit diesen Konzerten anHans-Georg Burghardt, der am Breslauer Tonkünstlerse-minar bei E. A. Voelkel und an der dortigen Universitätsowie bei dem Pianisten Bronislaw von Pozniak studierte.1938 wurde er für seine Sinfonietta op. 39 mit demSchlesischen Musikpreis ausgezeichnet.

Einen Lehrauftrag erhielt Hans-Georg Burghardt1941 am Hochschulinstitut für Musikerziehungen an derUniversität Breslau. Nach der Vertreibung kam Burg-hardt nach Halle; es folgten Lehrtätigkeiten am Konserva-torium Cottbus, an der Universität Jena und bis 1974 ander Universität Halle.

Vor 100 Jahrengeboren: Hans-Georg

Burghardt.

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Am 10. Dezember 2008 wurde in der Bischöflichen Zen-tralbibliothek Regensburg in einem Festakt das Jubiläum„50 Jahre Institut für ostdeutsche Kirchen- und Kulturge-schichte e.V.“ gewürdigt. Denn genau vor einem halbenJahrhundert, am 10. Dezember 1958, wurde in König-stein im Taunus dieses „Institut für ostdeutsche Kirchen-und Kulturgeschichte e.V.“ gegründet. Seit Ende 1983aber - der Hälfte der Zeit seines Bestehens - ist dasInstitut der Bischöflichen Zentralbibliothek in Regensburgangegliedert. Seitdem ist Msgr. Dr. Paul Mai, ein gebür-tiger Breslauer, der Erste Vorsitzende dieses Instituts.Zu unterscheiden ist dieses Institut vom - oft damit ver-wechselten - Ostkirchlichen Institut, das seinen Sitz inder Ostengasse in Regensburg hat und vornehmlich Kon-takte zur orthodoxen Kirche pflegt.

Das Institut für ostdeutsche Kirchen- und Kulturge-schichte setzte sich nach dem Zweiten Weltkrieg dieBewahrung des kirchengeschichtlichen und kulturellenErbes der verlorenen Heimat ehemaliger deutscher Ost-gebiete zum Ziel. Wissenschaftliche Forschung auf die-sem Gebiet, die Abhaltung wissenschaftlicher Arbeitsta-gungen mit Förderung des wissenschaftlichen Nachwuch-ses und der Aufbau einer entsprechenden Fachbibliothekwaren die Hauptaufgaben des Instituts. Die Gründungsvä-ter waren Geistliche des Erzbistums Breslau, Prälat Dr.Kurt Engelbert (1886-1967), der letzte deutsche Direk-tor des Diözesanarchivs, Diözesanmuseums und derDombibliothek in Breslau, und sein Bruder Msgr. JosefEngelbert (1891-1969), die beide in Hildesheim eineneue Heimat gefunden hatten. Neben Schlesiern gehör-ten auch Ermländer und Schneidemühler zu den Grün-dungsmitgliedern. Nach Prälat Engelbert war das Institutmit dem Namen Prof. Dr. Bernhard Stasiewski (Bonn) alsVorsitzendem von 1968 bis 1983 verknüpft.

Zum Festakt in Regensburg fanden sich nun rund 40Mitglieder und Freunde des Instituts aus ganz Deutsch-land ein, darunter der Beauftragte der DeutschenBischofskonferenz für die Flüchtlings- und Vertriebenen-seelsorge, Weihbischof Gerhard Pieschl aus Limburg,der Bischof von Görlitz, Dr. Konrad Zdarsa, der Visitatorfür Breslau und Glatz, Pälat Franz Jung aus Münster,sowie der Bundestagsabgeordnete a.D. Helmut Sauer,Salzgitter. In Vertretung des Regensburger Diözesanbi-schofs Dr. Gerhard Ludwig Müller erschien WeihbischofReinhard Pappenberger. In seinem Grußwort unterstrichWeihbischof Pappenberger, daß das Wirken von Msgr.Mai in diesem Institut der Intention des früheren Regens-burger Diözesanbischofs Dr. Rudolf Graber entsprach,der das Bistum Regensburg und seine Kulturinstitutionenin einer Brückenfunktion zum Osten sah.

Den Festvortrag hielt Prof. Dr. Arno Herzig (Ham-burg) über „Stand und Perspektiven der Schlesienfor-schung“. In der Zusammenschau aller in der Bundesrepu-blik Deutschland tätigen Institutionen auf diesem Gebietstellte Herzig dem Institut für ostdeutsche Kirchen- und

Kulturgeschichte ein hervorragendes Zeugnis aus: Dasnur ehrenamtlich geführte Institut habe mit 40 Bändender „Quellen und Forschungen zur Kirchen- und Kulturge-schichte Ostdeutschlands“ im renommierten Böhlau-Ver-lag, 18 Bänden der „Arbeiten zur schlesischen Kirchenge-schichte“ und 48 Bänden der Institutszeitschrift „Archivfür schlesische Kirchengeschichte“ eine Leistungsbilanzvorgelegt, die von keinem anderen Institut übertroffenworden sei.

Während des Festakts wurde Bischof Dr. Zdarsa vonGörlitz, dem Oberhirten der Nachfolgediözese Breslausauf deutschem Boden, der druckfrische Band 39 der„Forschungen und Quellen“ aus der Feder von Prof. Dr.Konrad Hartel über „Ferdinand Piontek (1878-1963).Leben und Wirken eines schlesischen Priesters undBischofs“ überreicht. Die Regensburger Blechbläserunter Leitung von Kirchenmusikdirektor Thomas Löffel-mann boten eine würdige musikalische Umrahmung.

Aus der Riege der Nachwuchswissenschaftler trugder dem Institut eng verbundene Privatdozent Dr. habil.Rainer Bendel (Tübingen) „Vorstellungen für eine künftigeZielsetzung und organisatorische Struktur für die Kir-chen- und Kulturgeschichte Ostmitteleuropas“ vor. DieBegriffe „Verständigung und Versöhnung“ müßten in die-sem der katholischen Kirche zugeordneten und vom Ver-band der Diözesen Deutschlands getragenen Institutauch in Zukunft einen zentralen Stellenwert einnehmen.

Werner Chrobak

Der Görlitzer BischofDr. Konrad Zdarsaerhält die neue Institutspublikationvon Msgr. Dr. Paul. Mai

50 Jahre Institut für ostdeutsche Kirchengeschichte e.V.DDaass IInnssttiittuutt ffüürr oossttddeeuuttsscchhee KKiirrcchheenn-- uunndd KKuullttuurrggeesscchhiicchhttee sseettzzttee ssiicchh nnaacchh ddeemm ZZwweeiitteenn WWeellttkkrriieegg ddiiee BBeewwaahhrruunngg

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Pfarrer Christoph Hanke neuer Schatzmeister

Ab 1. Januar 2009 wird der “Verein für Schlesische Kir-chengeschichte e. V.“ einen neuen Schatzmeister haben.Der bisherige Schatzmeister, Pfarrer em. Reinhard Haus-mann, hatte aus Altersgründen nach achtzehnjährigerAmtszeit um Ablösung gebeten. Pfarrer Hausmann hatsich um den Verein in besonderer Weise verdientgemacht. In der Nachfolge von Pfarrer em. Dr. WernerLaug war er von 1984 bis 1990 Vorsitzender, ab 1990Schatzmeister und Schriftführer; ein Amt, das er mitSachverstand und großem Engagement ausgeübt hat. DieMitgliederversammlung, die am 13. September 2008während der Arbeitstagung des Vereins in Wertheim imDiakonissenmutterhaus Frankenstein stattfand, dankteihm für seinen Einsatz. Und ich selbst, der ich ja in all denJahren mit ihm zusammengearbeitet habe, schließe michdiesem Dank aus vollem Herzen an. Ich wünsche ReinhardHausmann eine ruhigere Zeit bei erträglicher Gesundheitund hoffe auf weiterhin gute Zusammenarbeit im Vereinund darüber hinaus.

Zum Nachfolger ins Amt des Schatzmeisters berief dieMitgliederversammlung Pfarrer Christoph Hanke. Am31. August 1970 als Sohn eines Pfarrers in Lübben(Spreewald) geboren, arbeitet er heute in der früherenGemeinde seines Vaters, in Straupitz in der Niederlausitz.Er gehört damit zur Evangelischen Kirche Berlin-Branden-burg-schlesische Oberlausitz, die ihn im Rahmen derVikarsausbildung auch in die Christophori-Gemeinde inBreslau entsandte.

Seit dem Jahr 2001 ist Pfarrer Hanke Mitglied des„Vereins für Schlesische Kirchengeschichte e. V.“.Außerdem ist er Ehrenritter der Schlesischen Genossen-schaft des Johanniterordens und verheiratet. Das Ehe-paar hat im Sommer 2008 eine Tochter bekommen. DieMitgliederversammlung wünschte dem neuen Schatzmei-ster Gottes Segen zu seinem neuen Ehrenamt, Freude,Gesundheit, pünktliche Beitragszahler. Und ich freue michauf die Zusammenarbeit mit ihm.

Christian-Erdmann Schott

Ausstellung mit Becker-Uhren im schlesischen Freiburg

Anfang Oktober vorigen Jahres fand im schlesischen Frei-burg eine Ausstellung über Becker-Uhren statt, die vordem Krieg in dieser Stadt hergestellt worden waren.Gezeigt wurden rund 80 Uhren, fast das gesamte Spek-trum des damals weltweit einmaligen Großuhren-Sorti-ments der Firma Gustav Becker bzw. der VereinigtenFreiburger Uhrenfabrik AG vorm. Gustav Becker. VonStanduhren über Wand-, Kamin-, Jahres- und Weckuh-

ren waren alle Uhrenformen vertreten. Hauptattraktionwar eine ganz besondere Uhr - die millionste Becker-Uhr!Die von der polnischen „Gesellschaft der Freunde derStadt Freiburg“ in langjähriger Arbeit recherchiertenExponate erfreuten sich lebhaften Interesses bei denAusstellungsbesuchern. Eröffnet wurde die Schau inAnwesenheit der Nachkommen von Gustav und Paul Bek-ker, die ebenfalls Ausstellungsstücke beisteuerten.

GeburtstagsglückwünschePERSONEN

Am 1. März konnte Herr DDrr.. DDiieetteerr PPoohhll seinen 75.Geburtstag feiern. Er lebt in Köln. Dieter Pohl wurde inHirschberg im Riesengebirge geboren. Nach der Vertrei-bung aus der Heimat kam er 1946 in ein niedersächsi-sches Dorf. Im Jahre 1954 legte er in Bremen seineAbiturprüfung ab. Anschließend studierte er an der Rhei-nisch-Westfälischen Technischen Hochschule AachenNachrichtentechnik; 1962 erreichte er den Grad einesDiplom-Ingenieurs. An der TH Aachen wurde er später,im Jahre 1974, zum Dr.-Ing. promoviert. Nach dem Stu-dium war Dieter Pohl von 1962 bis 1972 Entwicklungs-ingenieur der nachrichtentechnischen Industrie. Er wurdeGruppenleiter, später Abteilungsleiter bei Philips;zunächst befaßte er sich mit Militärelektronik, später (inEindhoven 1971/72) mit medizinischer Röntgentechnik.Von 1973 bis 1994 war Dieter Pohl Hauptabteilungslei-ter bei der Robert Bosch GmbH (Geschäftsbereich Kraft-fahrzeugprüftechnik), dann Geschäftsleiter Forschungund Entwicklung, Geschäftsbereich Fernsehanlagen.

1983 wurde Dr. Pohl Prokurist der Robert Bosch GmbH.1994 wurde er als Direktor nach Erreichen der Alters-grenze (60 Jahre) in den Ruhestand versetzt.

Der erfolgreiche Entwicklungsingenieur auf demGebiet der Nachrichtentechnik veröffentlichte eine Füllevon Arbeiten aus seinem Fachgebiet. Sie sollen hier nichtgewürdigt werden. Besonders interessant ist für uns Dr.Dieter Pohl als Glatzer Heimatforscher. Umfangreichegenealogische Forschungen ergaben, daß man seineväterliche Linie in der Grafschaft Glatz bis ca. 1650zurückverfolgen kann. Daraus erwachte das Interessedes Regionalhistorikers an der Kultur und der Geschich-te des Glatzer Landes. Der in Schlesien Geborene wurdezu einem begeisterten Heimatforscher. Dr. Pohl fandgroße Glatzer Archivbestände, die nach dem ZweitenWeltkrieg in das Staatsarchiv Breslau und seineAußenstelle in Kamenz oder in das Erzbischöfliche Diöze-sanarchiv in Breslau gelangt waren. In Glatz wurdenkirchliche Archive, die bis zum Ende des 13. Jahrhun-

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derts zurückreichen und auch wichtige landesgeschichtli-che Quellen sind, wiederentdeckt. Eine spezielle Be-standsaufnahme vor Ort, die zehn Jahre dauerte, förder-te in den Pfarreien der Grafschaft Glatz und im Diözesan-archiv Breslau mehr als 1300 erhaltene Kirchenbücherzutage. Bei diesen Forschungen wurde Dr. Pohl zum Her-ausgeber und Verleger: in fünf Bänden gab er die Chroni-ken des Pfarrers Josef Kögler (18. Jhd.) heraus, außer-dem eine Bibliographie zur Grafschaft Glatz und mehrereBestandsverzeichnisse, darunter „Die Kirchenbücher derGrafschaft Glatz“. Der Forscher hielt eine Reihe von Vor-trägen und veröffentlichte viele Aufsätze über Themendes Glatzer Landes und der Familienforschung.

1986 gründete Dr. Dieter Pohl die genealogisch ori-entierte „Forschungsgruppe Grafschaft Glatz“ in der„Arbeitsgemeinschaft ostdeutscher Familienforscher“;deren Leitung legte er 2001 in jüngere Hände. Im Jahr2001 rief er, um sich nun ganz den kulturellen und histo-rischen Aspekten zu widmen, die unabhängige „Arbeits-gemeinschaft Grafschaft Glatz - Kultur und Geschichte“ins Leben, die er auch leitet.

Dr. Dieter Pohl ist Mitglied der Historischen Kommis-sion für Schlesien, des Vereins für Geschichte Schle-siens, des Kuratoriums und des Fördervereins der Stif-tung Kulturwerk Schlesien und verschiedener Gremiender Grafschaft Glatz.

Dem Jubilar entbieten wir unsere herzlichsten Glück-wünsche. Die Stiftung Kulturwerk Schlesien dankt ihm fürsein fruchtbares Wirken und wünscht ihm weiterhin vielErfolg bei der Arbeit, die dazu beiträgt, das deutsche Kul-turerbe Schlesiens zu bewahren und zu pflegen.

Klaus Hildebrandt

DDiieettmmaarr GGrriieesseerr zzuumm 7755.. GGeebbuurrttssttaaggAm 9. März wird der österreichische Schriftsteller Diet-mar Grieser 75. Der gebürtige Hannoveraner lebt seit1957 in Wien und ist seit 1973 als Sachbuchautorerfolgreich. Jahrgangskollege Herbert Rosendorferschreibt über ihn: „Dietmar Grieser hat die literarischeReportage zur Kunst gemacht.“

Erste Aufmerksamkeit erlangte der Autor mit seinemStandardwerk „Schauplätze der Weltliteratur“, dem inspäteren Jahren Beststeller wie „Wien - Wahlheimat derGenies“, „Eine Liebe in Wien“, „Die böhmische Großmut-ter“ und „Der erste Walzer“ folgten. Bislang wurden 37Titel veröffentlicht. Zuletzt erschien der hochgerühmteBand „Die guten Geister“. Derzeit arbeitet Dietmar Grie-ser an dem Projekt „Der Vetter aus Preßburg“, das derAmalthea Verlag für Juni 2009 ankündigt.

Griesers weltweit recherchierten Themen wurden fürFernsehserien und Radioreihen ebenso genutzt wie fürHörbücher, Literaturausstellungen und Reiseprogramme.In Zweibrücken (Pfalz) wurde er 2002 zum Stadtschrei-ber ernannt. Sein Vorlaß wird vom Literaturarchiv derÖsterreichischen Nationalbibliothek betreut; mit einerDissertation an der Universität Warschau wurde 2008sein Lebenswerk gewürdigt.

Zu den Auszeichnungen des langjährigen PEN-Mitglie-des zählen der Eichendorff-Literaturpreis, der Donau-land-Sachbuchpreis, der Buchpreis der Wiener Wirt-schaft sowie das Österreichische Ehrenkreuz für Wissen-

schaft und Kunst. Große Popularität erlangte Grieserauch durch seine Lesungen im In- und Ausland, denen dieFachpresse „professionelles Literatur-Entertainment“bescheinigt.

PPffaarrrreerr DDrr.. PPaauull GGeerrhhaarrdd EEbbeerrlleeiinn wwuurrddee 8800 Viele haben Pfarrer Dr. Paul Gerhard Eberlein am 18.Dezember 2008 zum 80. Geburtstag gratuliert - seineFamilie, Freunde, Gemeindeglieder, Schulkameraden,Amtsbrüder, Nachbarn, kirchliche Institutionen und Ver-eine. Die „Gemeinschaft evangelischer Schlesier e.V.“ bei-spielsweise dankte ihm für seinen unermüdlichen Einsatz,seinen Einfallsreichtum, sein Organisationstalent und gabdem Wunsch Ausdruck, daß das alles, verbunden mit sei-ner körperlichen und geistigen Beweglichkeit, noch langeanhalte und mit Gottes Hilfe noch eine Reihe schönerJahre ermöglichen werde.

Der hohe Geburtstag ist aber nur das eine Jubiläum,das Pfarrer Eberlein im Jahr 2008 feiern konnte. Dazukommt das Jubiläum 25 Jahre Vorsitzender der Landes-arbeitsgemeinschaft (LAG) der „Gemeinschaft evangeli-scher Schlesier“. 1983 hatte es angefangen, damalswurde Paul Gerhard Eberlein Vorsitzender der LAGWürttemberg. 1997 kam es zur Fusion mit der LAGBaden. Seitdem gibt es die LAG Baden-Württembergunter seiner Leitung. Es ist die mitgliederstärkste LAG inder „Gemeinschaft“ und zugleich eine der lebendigsten.

Zu guterletzt sei noch hingewiesen auf das bisherletzte vom Jubilar herausgegebene Buch. Es handelt sichum den sehr schönen Bildband „Schlesische Kirchen“(Görlitz 2006, 124 S., Großformat). Dieses Buch kanndem Leser Schlesien und den Reichtum seines Kirchen-baues wieder nahe bringen. Es ist ein schönes Geschenkzu vielen Anlässen und auch eine Erinnerung an den Her-ausgeber Paul Gerhard Eberlein.

Christian-Erdmann Schott

Im Märzvon Jochen Hoffbauer

Der Schnee fällt lautlos -als wolle er nicht erschrecken.Unter der schweren Lastducken sich Sträucher und Hecken.

Die Primeln und Krokusseziert ein gläsernes Kleid.Wir stehen am Fenster.Wir sind zu Zweit.

Ein Meisenpärchen liebt sichim Fliederbaum.Was ist die Wirklichkeit - was ist der Traum?

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Der am 5. November 2008 verstorbenen Dagmar vonMutius wurde bereits in der letzten Ausgabe (2008, S.63f.) gedacht. Bei ihrer Beisetzung sprach Monika Tau-bitz die folgenden Worte des Gedenkens.

Als Vorsitzende des „Wangener Kreises - der Gesell-schaft für Literatur und Kunst: Der Osten“ lassen Sie auchmich einige Worte des Gedenkens an Dagmar von Mutiussagen. Ich spreche ihr hier im Namen unserer Mitglieder,aber auch ganz persönlich aus ganzem Herzen unserenDank aus, den wir ihr schuldig sind. Nicht nur ich, viele ausunserem Kreis waren ihr Jahrzehnte hindurch in Freund-schaft verbunden, denn sie gehörte schon früh unsererVereinigung an, der sie später neun Jahre lang ehrenamt-lich als Vorsitzende diente und dabei Akzente setzte.

Über lange Jahre - und auch noch während ihrerKrankheit - war sie Mitglied und zeitweise sogar Vorsit-zende der Jury, die den jeweiligen Eichendorff-Literatur-preisträger zu ermitteln hat. Sie selbst war Trägerin die-ser renommierten Auszeichnung, die sie bereits 1963 inWangen im Allgäu für ihr damals noch junges, jedochschon in besonderer Weise eigenständiges und hochpoe-tisches Werk erhalten hat. Wir verneigen uns in Ehr-furcht, in Bewunderung und Dankbarkeit sowie in war-mem Mitgefühl für ihre trauernden Angehörigen vor Dag-mar von Mutius, deren Andenken wir im Wangener Kreisbewahren werden - das Andenken an eine hervorragendeAutorin und einen hochherzigen Menschen.

Durch den grausamen Krieg und seine schrecklichenFolgen erlebte und durchlitt sie den Heimatverlust, verlorden großen, einstmals schönen und inzwischen verkom-menen Familiensitz ihrer Vorfahren in der schlesischenGrafschaft Glatz; ihr Schicksal trug sie aus christlichemGeist heraus, der sie zu Verzicht und Versöhnung befähig-te. Auch dies, so meine ich, gehört zu ihrer großen spiri-tuellen Lebensleistung.

Schließen möchte ich mit Eichendorffs Gedicht, das er

seinem Bruder im Gedenken an das gemeinsame Vater-haus, das ebenfalls verlorene Schloß Lubowitz, gewidmethat. Für Dagmar von Mutius bedeutete dies Schloß Gelle-nau. Schloß Gellenau, vor dem sie vor Jahren immer wie-der, einmal sogar auch gemeinsam mit mir und zwei wei-teren Freunden und Mitgliedern des Wangener Kreises,gestanden hat: Gellenau mit seinen alten Parkbäumen,den umfangreichen Wirtschaftsgebäuden, den großenFeldern, auf denen das Korn gerade erntereif stand, mitden bunten Wiesenhängen und verwunschenen Wäldernihrer Kindheit und einer noch immer kräftig sprudelndenQuelle, aus der auch die neuen Bewohner des OrtesGesundheit und Leben schöpfen können. Dort steht dieFreundin in meiner Erinnerung.

DDiiee HHeeiimmaatt ((AAnn mmeeiinneenn BBrruuddeerr))von Joseph von Eichendorff

Denkst du des Schlosses noch auf stiller Höh?Das Horn lockt nächtlich dort, als obs dich riefe,Am Abgrund grast das Reh,Es rauscht der Wald verwirrend aus der Tiefe O stille, wecke nicht, es war, als schliefeDa drunten ein unnennbar Weh.Kennst du den Garten? Wenn sich Lenz erneut,Geht dort ein Mädchen auf den kühlen GängenStill durch die EinsamkeitUnd weckt den leisen Strom von Zauberklängen,Als ob die Blumen und die Bäume sängenRings von der alten schönen Zeit.Ihr Wipfel und ihr Bronnen rauscht nur zu!Wohin du auch in wilder Lust magst dringen,Du findest nirgends Ruh,Erreichen wird dich das geheime Singen,Ach, dieses Bannes zauberischem RingenEntfliehn wir nimmer, ich und du.

Dagmar von Mutius zum GedächtnisIM MEMORIAM: UNVERGESSEN

Ein schlesisches Herz hat aufgehört zu schlagen

Am 3. September 2008 verstarb im Alter von fast 85Jahren Johannes „Hannes“ Leuchtenberger in seinemHaus in Lingen-Börgbern. Mit seinem Tod verliert derArbeitskreis „Archiv für schlesische Mundart“ einen Mit-streiter, der über zehn Jahre die sehr beliebten Rundbrie-fe des Arbeitskreises als Herausgeber geprägt hatte. Wirwerden ihn in ehrendem Gedenken bewahren.

Johannes Leuchtenberger wurde am 19. Januar1924 in Langenbielau am Eulengebirge im Kreise Rei-chenbach geboren. Er war das fünfte Kind des dortigenGärtnermeisters Ferdinand Leuchtenberger mit seinerEhefrau Ottilie. Nach absolvierter Schulausbildung trat er1938 in die Fußstapfen seines Vaters und begann eineGärtnerlehre bei der Firma Dierig in Langenbielau. NachGehilfezeiten an verschiedenen Orten führte er den elter-

lichen Betrieb bis zur Vertreibung am 12. April 1945 wei-ter, ehe er bei Lingen/Niedersachsen den Neuaufbaueiner Existenz wagte. Bereits 1947 pachtete er für sei-nen neuen Gärtnereibetrieb das erforderliche Land. Am6. März 1948 heiratete „Hannes“ Leuchtenberger seineWaltraut, geb. Burghardt, die ebenfalls aus seinem Hei-matort Langenbielau stammte. Beiden war es noch ver-gönnt, im März 2008 ihre diamantene Hochzeit im Krei-se der Familie zu feiern. Am 5. Oktober 2008, wenigeWochen nach seinem Tod, folgte ihm seine liebe EhefrauWaltraut in die Ewigkeit.

In seiner neuen Umgebung war der Verstorbene früh-zeitig sehr aktiv in das Gemeindeleben eingebunden. Erwurde in den evangelischen Kirchenvorstand berufen,gründete einen Kirchenbauverein zur Errichtung einer Kir-

1964 erschien Dagmar von Mutius’

Erzählung „Grenzwege“.

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che in seinem Ortsteil und arbeitete über 17 Jahre imOrtsrat seiner Gemeinde als gewähltes Mitglied.

Seine Heimat Schlesien verlor er aber nie aus denAugen. Ab 1972 organisierte er 50 Busreisen in die Hei-mat. Schlesien war sein Herzensanliegen. und um esbekannt zu machen, ließ er Nachdrucke von Chroniken,Adreßbüchern, Landkarten und Familienunterlagen ferti-gen, die zu begehrter Heimatliteratur wurde. In seinemneuen Wohnort Lingen gründete er 1985 den dortigenOrtverein der Landsmannschaft Schlesien. So war seinWeg auch nicht mehr weit zum Arbeitskreis „Archiv fürschlesische Mundart“, dem er 1986 als aktives Mitgliedbeitrat. Er war es auch, der die Organisation einerTagung in Gorkau/Schlesien 1996 übernahm, als beideArbeitskreis-Leiter infolge schwerer Erkrankungen hierzunicht in der Lage waren. Höhepunkt dieser Tagung wardie Anbringung einer deutsch-polnischen Gedenktafel fürden großen schlesischen Mundartschriftsteller ErnstSchenke am Rathaus zu Nimptsch, der Schenke-Geburts-stadt. Auch die im Kreis Reichenbach daheim gebliebe-nen Deutschen behielt er im Auge, für die er einen hohen

Spendenbetrag einwarb. Seine vielen Aktivitäten brach-ten ihm auch zahlreiche Ehrungen ein, Höhepunkt warwohl die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes 2001.

Friedrich-Wilhelm Preuß

Zwei Schlesier mitLeib und Seele:Johannes Leuchten-berger und Friedrich-Wilhelm Preuß.

Vielfältig ausgezeichnet: Paul Kampa †

Am 21. November 2008 verstarb der langjährige Kreis-vorsitzende des Landsmannschaft der Oberschlesier inWürzburg Paul Vinzenz Kampa ebenda. Geboren am 16.Juli 1922 in Oppeln, ging es von der Schule zum Kriegs-einsatz, der erst im November 1949 mit der Entlassungaus russischer Kriegsgefangenschaft nach Oberschlesienbeendet wurde. Die Übersiedlung mit seiner Frau nachDeutschland gelang erst 1958, wo er sich sogleich in derLandsmannschaft der Oberschlesier engagierte, insbe-sondere in den Bereichen Aussiedlerbetreuung sowie

Versorgung und Renten, zumal er in der Landesversiche-rungsanstalt Unterfranken beschäftigt war. Viele Jahrewar Paul Kampa stellvertretender Vorsitzender und über27 Jahre Vorsitzender der Kreisgruppe Würzburg seinerLandsmannschaft, weitere Ämter kamen hinzu. Seininnigster Wunsch erfüllte sich 2000 mit dem Würzbur-ger „Haus Oberschlesien“ als Stätte oberschlesischerKultur- und Brauchtumspflege. Der Verstorbene erhieltviele Auszeichnungen, darunter das Bundesverdienst-kreuz am Bande und die Bayerische Staatsmedaille.

Säkularisation in Schlesien Anfang des 19. JahrhundertsNEUES AUS DEM OBERSCHLESISCHEN LANDESMUSEUM

Eine deutsch-polnisch-tschechische Tagung „Säkularisati-on in Schlesien“ vom 13.-17. Mai 2009 im Haus Ober-schlesien bereitet die große Ausstellung des Oberschlesi-schen Landesmuseums 2010/2011 vor. Vertreter vonArchiven, Museen, Bibliotheken und Ordensgemeinschaf-ten, Wissenschaftler aus der Bundesrepublik, aus Öster-reich, Polen und der Tschechischen Republik sowie alleInteressenten schlesischer Kunst und Kultur sind eingela-den. Das Tagungsprogramm findet sich auf der Homepa-ge des Museums.

Im Jahre 1810 kam es zur Säkularisierung von Kir-chen- und Klostergütern im preußischen Teil Schlesiens.Dieser Vermögensentzug und die Aufhebung des monasti-schen Lebens stehen mit den verlorenen NapoleonischenKriegen von 1806/1807 und dem weitgehenden Ruin des

preußischen Staates in direktem Zusammenhang. DieRegion erfuhr gewaltige Umbrüche und Einschnitte.Knapp 30 Jahre vorher waren in Österreichisch-Schle-sien die Klöster im Zuge der Josephinischen Reformenaufgelöst worden. Zum 200. Jahrestag plant das Ober-schlesische Landesmuseum 2010 eine entsprechendeAusstellung mit Begleitprogramm. Das Ereignis wird inden Zeitkontext gestellt. Stifte und Klöster waren zentra-le Elemente des schlesischen religiösen, kulturellen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens.

OObbeerrsscchhlleessiisscchheess LLaannddeessmmuusseeuumm, Bahnhofstr. 62, 40883 Ratingen-Hösel,Tel: 0 21 02/96 50, Fax: 0 21 02/965 400;www.oslm.de, Öffnungszeiten: Di-So, 11-17 Uhr.

EEiinnee ddeeuuttsscchh--ppoollnniisscchh--ttsscchheecchhiisscchh TTaagguunngg wwiirrdd zzuurr BBeessttaannddssaauuffnnaahhmmee uunndd zzeeiiggtt MMöögglliicchhkkeeiitteenn ddeerr KKooooppeerraattiioonn aauuff..

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DDrr.. TThhoommaass PPaarreenntt,, sstteellllvveerrttrreetteennddeerr DDiirreekkttoorr ddeess LLWWLL--IInndduussttrriieemmuusseeuummss,, ZZeecchhee ZZoolllleerrnn iinn DDoorrttmmuunndd,, hhaatt ddiiee vviiee--

lleenn bbeemmeerrkkeennsswweerrtteenn PPaarraalllleelleenn iinn eeiinneerr FFoottooaauusssstteelllluunngg eeiinnaannddeerr ggeeggeennüübbeerr ggeesstteelllltt..

Montanrevier. Fotographien aus dem Ruhrgebiet und aus Oberschlesien

„Auf der Bahnfahrt durch das oberschlesische Montanre-vier passiert der Reisende zwischen den Schnellzugstatio-nen der Großstädte Zabrze (Hindenburg) und Katowice(Kattowitz) mehrere Bahnhöfe von Vororten oder kleine-ren Städten, von Ruda Śląska, Ruda-Chebzie (Ruda-Mor-genroth), Świętochłowice (Schwientochlowitz), Chorzów-Batory (Königshütte-Bismarckhütte) und Katowice-Zalęsze (Kattowitz-Zalenze). In Ruda-Chebzie dürfte erdabei aufmerken, denn das kleine Empfangsgebäudeunterscheidet sich deutlich von allen anderen Bahnhofs-bauten entlang der Strecke. Es handelt sich um eine drei-schiffige Konstruktion aus unverkleidetem Stahlfachwerk.Das Mittelschiff wird von einem Tonnendach überwölbt,dessen Rundung in einem großen Fenster an der Ein-gangsfassade ihre Entsprechung findet. EinzelneSchmuckelemente bereichern das Erscheinungsbild aufansprechende Weise. Zierfriese aus farbig glasierten Zie-geln kontrastieren mit den hellroten Wandflächen. Ein fili-gran gestaltetes Geländer ist auf das Tonnendach mon-tiert, das zudem von einem Fahnenmast akzentuiert wird.

Der Besucher aus dem Ruhrgebiet fühlt sich an ver-traute Industriedenkmale erinnert, namentlich an dieMaschinenhalle der Dortmunder Zeche Zollern II/IV, in

deren Eingangsfassade ebenfalls ein großes Rundfensterdominiert. Bei genauerem Hinsehen stößt er in Ruda-Chebzie auf eine erstaunliche Information. Eine dreispra-chige Erläuterungstafel, die das Bauwerk in die ober-schlesische 'Route der Technik-Denkmale' einordnet,nennt als Baudatum die Jahre 1900-1902. Dieser kleineBahnhof ist somit älter als die Zollern-Halle, die bekannt-lich erst 1902/03 errichtet worden ist. Er nimmt zudemdie innovative Stahlfachwerkarchitektur des großen Aus-stellungs-Pavillons der Gutehoffnungshütte, die im Som-mer 1902 auf der Düsseldorfer Industrieausstellung Auf-sehen erregte, als qualitätsvolle Miniatur bereits vorweg.“

So beschreibt Dr. Thomas Parent, stellvertretenderDirektor des LWL-Industriemuseums, Zeche Zollern inDortmund, die vielen bemerkenswerten Parallelen zwi-schen dem Ruhrgebiet und Oberschlesien, die er in einerFotoausstellung einander gegenübergestellt hat. DasOberschlesische Landesmuseum zeigt die Ausstellung„Montanrevier. Bilder aus dem Ruhrgebiet und aus Ober-schlesien“ noch bis zum 10. Mai 2009; begleitet wird sievon einem zweisprachigen Bildband.

NNeeuuee WWaahhrrzzeeiicchheenn ddeess FFoorrttsscchhrriittttssIn Oberschlesien und im Ruhrgebiet - bis 1918 gehörtendie Montanreviere komplett zum deutschen Kaiserreich -haben Kohle und Stahl die Landschaft in ähnlicher Weisegeprägt: Fördertürme und Hochöfen dominierten hierwie dort als neue Wahrzeichen des Fortschritts. Grün-derzeitliche Zechen und Kolonien, aber auch Kirchen undTheatergebäude, weisen nicht selten die gleiche architek-tonische Handschrift auf. Einzelne Architekten übernah-men Bauaufträge in beiden Industrieregionen. So schufCarl Moritz nicht nur das Stadttheater in Kattowitz, son-dern auch das Hotel Handelshof am Essener Hauptbahn-hof und die Nikolauskirche in Essen-Stoppenberg. Johan-nes Franziskus Klomp betrieb um das Jahr 1910 nebenseinem Dortmunder Hauptbüro zwei Zweigbüros in Beu-then und Kattowitz. Im östlichen Ruhrgebiet errichteteer mehrere Sakralbauten, darunter die DortmunderDreifaltigkeitskirche im Borsigplatz-Viertel. In Oberschle-sien schuf er die monumentale Pauluskirche in Ruda-Frie-denshütte.

In der Ausstellung zeigen Fotografien von Martin Hol-tappels, Piotr Muschalik und Thomas Stachelhaus sowiehistorische Ansichtskarten Fördergerüste und Malakoff-türme, Bergarbeiterkolonien und Gartenstädte, die VillaHügel und Schloß Plawniowitz, die Essener Synagoge unddie Christ-Königs-Kathedrale von Kattowitz. Fotos undAnsichtskarten sind zu Bildfolgen angeordnet. Einandergegenübergestellt werden die Hochöfen aus Hattingenund Ruda, Dampfmaschinen aus Bochum und Hinden-burg/Zabrze und die Theatergebäude aus Duisburg undBeuthen.

Ruda-Morgenroth,Blick auf das Bahn-

hofsgebäude von1900 -1902.

Aufnahme: LWL-Indu-striemuseum, Piotr

Muschalik.

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Mein Leben für die Tiere Bernhard Grzimek zum 100. Geburtstag

„Guten Abend, meine lieben Freunde. Wie Sie schonsehen, habe ich heute wieder einen besonders possierli-chen Kameraden mitgebracht.“ Wenn Professor Dr.Bernhard Grzimek in den 60er und 70er Jahren seineFernsehzuschauer begrüßte, waren die Straßen leerge-fegt. „Ein Platz für Tiere“ war im deutschen Fernsehenmit Einschaltquoten bis zu 70 Prozent die erfolgreichsteSendung aller Zeiten. Stets assistierten ihm Affen, Raub-katzen, Schlangen oder andere Tiere aus dem Zoo, diemanches Mal - zum Entzücken der Zuschauer - für Ver-wirrung im Studio sorgten. Am Schluss jeder Sendungfolgte ein Spendenaufruf zur „Hilfe für die bedrohte Tier-welt“.

CChhaarriissmmaattiisscchheerr VVeerrhhaalltteennssffoorrsscchheerrIm Frühjahr 2009 jährt sich der Geburtstag des charis-matischen Zoologen, Tierarztes und Verhaltensforscherszum 100. Mal. Dieses Jubiläum nimmt das Oberschlesi-sche Landesmuseum zum Anlaß, in einer großen Sonder-ausstellung vom 22. März bis 12. Juli 2009 sein Lebenund Werk vorzustellen.

Bernhard Grzimek wurde am 24. April 1909 in Nei-sse in Oberschlesien als jüngstes von fünf Kindern gebo-ren. Als er drei Jahre alt war, starb sein Vater an einemHerzleiden. In der landwirtschaftlich geprägten Regionhatte der kleine Bernhard viel Kontakt zu Tieren, z.B. aufden zahlreichen Hofgütern von Verwandten und Bekann-ten. Bereits als Gymnasiast veröffentlichte Grzimek Arti-kel in einer Fachzeitschrift. Nach dem Abitur zog er nachLeipzig, wo er Tiermedizin studierte. Kurz nach Beendi-gung des Studiums war Grzimek beim Reichslandwirt-schaftsministerium in Berlin beschäftigt, während desKrieges arbeitete er als Veterinäroffizier in der Wehr-macht. Das Kriegsende erlebte er in Detmold und gelang-te von dort aus nach Frankfurt am Main, wo er Direktordes im Krieg stark zerstörten Zoos wurde.

Anfang der 50er Jahre führte es Grzimek erstmalsnach Afrika. Sein Sohn Michael teilte seine Leidenschaftfür Tier und Natur und begleitete ihn auf seinen Reisen.Mit ihrer Methode der Tierzählung aus dem Flugzeug her-aus legten beide den Grundstein für die moderne Tier-schutzarbeit. Der Einsatz für die Umwelt forderte aller-dings einen hohen Preis. Sohn Michael kam 1959 bei denDreharbeiten für den Oscar-prämierten Film „Serengetidarf nicht sterben“ ums Leben.

Nicht nur in Afrika kämpfte Grzimek für den Erhalt derLebensräume. Bei seinem unermüdlichen Engagementnutzte er geschickt seine hohe Beliebtheit und Ausstrah-lung und wurde - im gefälligen Plauderstil - weltweit zumVorreiter für den Umweltschutz. Er schrieb zahlreicheBücher, gründete namhafte Organisationen wie den Bundfür Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) undreaktivierte die Zoologische Gesellschaft Frankfurt von

1858 e.V. (ZGF). Außerdem prägte er die Schlagworte„Naturschutz“ oder „Ökologie“ zu einer Zeit, als diesenoch weitgehend fremd waren. Auch heute haben dieseThemen keineswegs an Bedeutung verloren.

RReeiissee iinn ffeerrnnee LLäännddeerrWas für ein Mensch war Bernhard Grzimek und was führ-te ihn zu diesem beharrlichen Einsatz für die Natur? Washat er erreicht und was ist geblieben? Wie ist es heuteum den Tier- und Naturschutz bestellt? Diese und vieleweitere Fragen rund um das bewegte Leben von Bern-hard Grzimek werden anhand von Inszenierungen mitTierpräparaten, vielen Fotos, Dokumenten und Medien-stationen in der Sonderausstellung beantwortet. Dabeiwird der Besucher nicht nur in ferne Länder entführt,sondern auch auf die Natur direkt vor seiner Haustür auf-merksam gemacht. Er begibt sich auf Grzimeks Spuren,von der Vergangenheit bis in die Zukunft, von Oberschle-sien bis Afrika.

Ein wichtiger Aspekt ist die Arbeit für den berühmtenFilm „Serengeti darf nicht sterben“, der auch ein halbesJahrhundert nach seiner Entstehung nichts von seinerEindringlichkeit und Aktualität eingebüßt hat. Der Ausstel-lungsrundgang führt von der Weite der afrikanischenWildnis zurück auf die bequeme Couch ins liebevoll rekon-struierte heimische Wohnzimmer der 50er-70er Jahredes vorigen Jahrhunderts. Von dort aus konnte man vieleJahrzehnte zur Hauptsendezeit in der beliebten Sendung„Ein Platz für Tiere“ ferne und heimische Tierwelten ken-nenlernen.

IInn eeiinneerr SSoonnddeerraauusssstteelllluunngg ggeeddeennkktt ddaass OObbeerrsscchhlleessiisscchhee LLaannddeessmmuusseeuumm iinn RRaattiinnggeenn ddeess cchhaarriissmmaattiisscchheenn ZZoooollooggeenn,,

TTiieerraarrzztteess uunndd VVeerrhhaalltteennssffoorrsscchheerrss,, ddeesssseenn SSeerriiee ““EEiinn PPllaattzz ffüürr TTiieerree”” ddiiee eerrffoollggrreeiicchhssttee SSeenndduunngg aalllleerr ZZeeiitteenn wwaarr..

Bernhard Grzimek(1909-1987) vor demGiraffengehege imFrankfurter Opel-Zoo.Aufnahme: TadeuszDabrowski; © Institutfür StadtgeschichteFrankfurt am Main.

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GGeemmeeiinnssaammee EErrkklläärruunngg üübbeerr ddiiee ZZuussaammmmeennaarrbbeeiitt uunndd ddeenn AAuussbbaauu ddeerr ffrreeuunnddsscchhaaffttlliicchheenn BBeezziieehhuunnggeenn uunntteerrzzeeiicchhnneett..

Nordrhein-Westfalen und Woidwoschaft Schlesien vereint

Vom 12.-15. November 2008 weilte eine große Delega-tion des schlesischen Marschallamtes in Nordrhein-Westfalen. Sie wurde von Marschall Bogusław Śmigielskiangeführt. Höhepunkt des Besuches war die feierliche

Unterzeichnung der„Gemeinsamen Erklä-rung über die Zusam-menarbeit und denAusbau der freund-schaftlichen Beziehun-gen“ durch MarschallŚmigielski und Mini-sterpräsident Dr. Jür-gen Rüttgers. Die Be-ziehungen zwischenNordrhein-Westfalenund der Woiwod-schaft Schlesien sindbereits vielfältig aus-geprägt. So bestehengegenwärtig mehr als

90 Städte- und Kreispartnerschaften und über 140Schulpartnerschaften, außerdem rund 120 Hochschulko-operationen. Nach Angaben der Landesregierung Nord-rhein-Westfalen studieren rund 3000 polnische Studen-ten in diesem Bundesland.

Damit die Gemeinsame Erklärung auch mit Lebenerfüllt wird, ist ein starkes Engagement von Nichtregie-rungsorganisationen notwendig. So war es kein Zufall,daß die Delegation die Stiftung Haus Oberschlesien unddas Oberschlesische Landesmuseum in Ratingen (Hösel)besuchte. Direktor Dr. Stephan Kaiser gab einen Über-blick über Aufgaben und Aktivitäten der Stiftung mit demMuseum. Er erklärte, daß die Kooperation und der Aus-tausch zwischen den Ländern eine Bereicherung seien, daso die Aktualität der Ausstellungen gewährleistet werde.

Anschließend führte Direktor Kaiser die Gäste durchdie Dauerausstellung über Kultur und Geschichte Ober-schlesiens sowie durch die aktuelle Sonderausstellung„Wir spielen mit“. Nach Beendigung des Rundgangs tru-gen sich der Marschall sowie sein Stellvertreter ZbyszekZaborowski in das Gästebuch des Museums ein.

Grenzüberschreitende Aktivitäten mit Partnern in Polenund Tschechien sind ein wichtiger Bestandteil der Arbeitdes Oberschlesischen Landesmuseums, so daß im Laufeder Jahre viele Kontakte geknüpft und Kooperationspart-ner gewonnen wurden. Beginnend mit dem Jahr 2009wird das Oberschlesische Landesmuseum jährlich schle-sischen Partnerinstitutionen die Gelegenheit bieten, sichin einer Ausstellung in Nordrhein-Westfalen zu präsentie-ren. Die Ausstellungsreihe beginnt mit der traditionellen

gesamtschlesischen Hauptstadt Breslau und dem Kunst-historischen Institut der Universität Breslau mit demLehrstuhl von Professor Dr. Jan Harasimowicz.

Die Ausstellung vom 17. Mai bis 26.Juni präsentiertdie Stadt in der Graphik mehrerer Jahrhunderte. DieseStadtansichten sind nach Epochen gegliedert. Breslauwird als Kulturmetropole und sehenswertes Reiseziel vor-gestellt. Zu einer imaginären Reise durch das historischeund heutige Schlesien laden Führungen und Filmbeiträge.

Grenzüberschreitende Partnerschaften geschlossen

Blick auf das Haupt-gebäude der Universi-

tät Breslau mit derOder. Aufnahme:OberschlesischesLandesmuseum.

Bogusław Śmigielski, undDr. Jürgen Rüttgers

unterzeichnen die„Gemeinsame Erklärung“,

Aufnahme: WilfriedMeyer; © Staatskanzlei

Nordrhein-Westfalen.

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Schönste Erzeugnisse der mittelalterlichen ZinngießerkunstAUS DEM SCHLESISCHEN MUSEUM ZU GÖRLITZ

NNeeuu iimm SScchhlleessiisscchheenn MMuusseeuumm zzuu GGöörrlliittzz:: eeiinnee ggoottiisscchhee SScchhlleeiiffkkaannnnee aauuss ddeemm SScchhlleessiieenn ddeess 1155.. JJaahhrrhhuunnddeerrttss..

Die Gravur im Sockel der 36 cm hohen Zinnkanne weist1491 als Entstehungsjahr aus. Nur sehr selten bietetsich die Gelegenheit, Kunsthandwerk aus dieser Zeit aufdem Antiquitätenmarkt zu erwerben. Diese einmaligeNeuerwerbung des Museums zu Görlitz wurde möglichmit freundlicher Unterstützung der Ostdeutschen Spar-kassenstiftung gemeinsam mit der Sparkasse Oberlau-sitz-Niederschlesien, der Kulturstiftung der Länder unddes Sächsischen Staatsministeriums des Innern.

Form und Dekor der Zinnkanne erinnern an hochstre-bende gotische Kirchenwände mit großen Fenstern. Fünfbekrönte Heiligendarstellungen auf der facettierten Wan-dung ziehen den Blick auf sich. Neben Maria mit demJesuskind sind die heilige Dorothea mit einem Rosen-zweig, Barbara mit dem Turm und Apollonia mit derZange zu erkennen. Die fünfte Heilige ist nicht zu identifi-zieren; ihre Attribute sind durch eine frühere Reparaturunkenntlich geworden. Tierfiguren, Blätter, ein Wappenmit der Jahreszahl „1491“ und Lilien füllen die Maßwerk-ornamentik unterhalb und über den Heiligenfiguren. Sit-zende Löwen betonen die drei Standfüße der Kanne undbekrönen ihren Deckel. Der mehrfach geschwungeneHenkel umspielt das schlanke Gefäß.

MMaarrkkaanntteerr GGeeffääßßttyyppDie schlesischen Schleifkannen gehören zu den schönstenErzeugnissen der mittelalterlichen Zinngießerkunst inDeutschland. Der markante, durch seine Facettierungunverwechselbare Gefäßtyp bildete sich im 15. Jahrhun-dert in Schlesien, vermutlich in Breslau, aus. Kaum mehrals ein Dutzend Gefäße dieser Art sind erhalten. Sie sindalle in einem kurzen Zeitraum entstanden, in den letzten

Jahren des 15. und im erstenViertel des 16. Jahrhunderts.Schon in den 1520er Jahrenwurde der Typus, der sichaußerhalb Schlesiens nichtdurchsetzen konnte, auch inSchlesien selbst durch andere,zylindrische Gefäßformen ver-drängt.Die überlieferten Schleif-kannen werden fast alle in Mu-seen aufbewahrt. Vor demKrieg besaß das Kunstgewerbe-museum in Breslau die schön-ste Sammlung, aus der sichExemplare in Museen in Breslauund Warschau erhalten haben.

Kannen dieser Art wurdenbei Festgelagen der Zünftebenutzt. Die historische Be-zeichnung „Schleifkanne“ istnicht sicher gedeutet. Vielleichtrührt sie von Bräuchen bei derLossprechung von Gesellen her.Es war üblich, diese zu traktie-ren, zu „schleifen“, wobei derfrischgebackene Geselle seinenneuen Kollegen noch eine KanneBier zu stiften hatte. Eine andere Erklärung bezieht sichauf das enorme Gewicht der gefüllten Kannen, die nur aufdem Tisch gezogen (geschleift) werden konnten. Späterkamen deshalb Kannen in Gebrauch, bei denen am Bodenein Spundloch mit Zapfhahn eingelassen war.

Die schlesische„Schleifkanne“ von 1491. Aufnahme: SMG.

Vom Kunsthandwerk zur Kunst: Bunzlauer Keramik

Am Anfang stand eine traditionelle Töpferei für Ge-brauchsgeschirr mit dem für Bunzlau charakteristischenPfauenaugen- und Schwämmelmuster. Anders als vieleTöpfereien in Bunzlau war die 1865 von Moritz Reinholdgegründete Werkstatt aufgeschlossen für Neuentwicklun-gen. Ab 1897 arbeitete die Firma auf künstlerischem undtechnischem Gebiet eng mit der Kerami-schen Fachschule in Bunzlau zusammen. DieTöpferei entwickelte sich rasch zu einem Vor-reiter auf dem Gebiet neuer Produktionsme-thoden.

Mit der Umwandlung in die GmbH „Bunz-lauer Keramische Werkstätten Reinhold undCo.“ 1920 entwickelte die Firma ein stärke-res künstlerisches Profil. Die Produktionwurde ausschließlich auf Feinsteinzeugumgestellt. Moderne, farbintensive Lauf- und

Unterglasurdekore lösten die braunen Lehmglasuren ab,die Formen des Jugendstils und später des Bauhauseshielten Einzug. In der Zeit des Nationalsozialismus gingdie Fima in andere Hände über. 1945 wurde die Produk-tion eingestellt. Die Ausstellung, ein gemeinsames Pro-jekt des Keramikmuseums in Bunzlau und des Schlesi-

schen Museums zu Görlitz, zeigt erstmaligeinen umfassenden Querschnitt durch dieProduktionspalette der Firma Reinhold von1897 bis 1945. Die etwa 600 Objektestammen aus den Beständen beider Museensowie aus polnischen und deutschen Privat-sammlungen. Ein umfangreicher Katalogdokumentiert in ca. 850 Farbfotos die Aus-stellung, die in Deutschland nur im Schlesi-schen Museum zu Görlitz zu sehen ist, undzwar vom 4. April bis 26. Juni 2009.

Vasen aus der FirmaReinhold mit Laufglasu-ren, 1920er/30er Jahre.Aufnahme: MuzeumCeramiki w Bolesławcu.

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AAllss DDeemmookkrraatteenn uunndd AAbbggeeoorrddnneettee ddeess lleettzztteenn ffrreeiieenn RReeiicchhssttaaggss wwuurrddeenn ssiiee iimm NNaattiioonnaallssoozziiaalliissmmuuss vveerrffoollggtt..

Parlamentarier in Demokratie und Diktatur:Paul Löbe und Carl Ulitzka in alten Dokumenten

Weimar 1919: Die Monarchie hatte abgedankt. Deutsch-land war zum ersten Mal eine parlamentarische Demo-kratie. Unter den 421 Abgeordneten der Weimar Natio-nalversammlung waren Paul Löbe (1875-1967) und CarlUlitzka (1873-1953) - beide aus Schlesien, beide in ihrerHeimat beliebt und einflußreich. Sie engagierten sich inden Parteien, die wesentliche Stützen der WeimarerDemokratie waren: in der SPD und in der katholischenZentrumspartei. Löbe und Ulitzka waren nicht immer der-selben Meinung, aber sie standen gemeinsam ein für dieSache der Demokratie.

Regierungen und Koalitionen wechselten dauernd,doch Paul Löbe bekleidete als Reichstagspräsident elfJahre lang das zweithöchste Amt im Staat. Carl Ulitzkawirkte als Pfarrer in Ratibor und trat als leidenschaftli-cher Anwalt Oberschlesiens auf - vor Ort wie auch beiden Reichstagsdebatten in Berlin.

Als Demokraten und Abgeordnete des letzten freienReichstags wurden sie in der Zeit des Nationalsozialis-mus verfolgt. Nach dem Zweiten Weltkrieg verloren sieendgültig ihre Heimat. Paul Löbe konnte in der Bundesre-publik sein politisches Wirken fortsetzen. Er eröffnete als

Alterspräsident die erste Sitzung des Deutschen Bundes-tages 1949. Carl Ulitzka dagegen lebte als Seelsorger imOstteil von Berlin und trat politisch nicht mehr in Erschei-nung. Die Lebensläufe beider Parlamentarier sind engverbunden mit der schwierigen Geschichte der Demokra-tie in Deutschland, mit ihrer Selbstbehauptung und Krise,mit Diktatur und demokratischem Neubeginn.

Dr. Michael Parak, Kulturreferent für Schlesien beimSchlesischen Museum zu Görlitz, erarbeitete mit MarkusLammert und mit finanzieller Unterstützung durch dasSächsische Staatministerium des Innern eine Ausstel-lung, die anhand bisher unveröffentlichter Fotos undDokumente sowie Ton- und Filmausschnitten das politi-sche Wirken von Paul Löbe und Carl Ulitzka veranschau-licht. Zu sehen wird sie sein vom 9. Mai - 9. August2009 im Schlesischen Museum zu Görlitz.

SScchhlleessiisscchheess MMuusseeuumm zzuu GGöörrlliittzzSchönhof, Brüderstraße 8, 02826 Görlitz, Telefon: 03581/8791-0; www.schlesisches-museum.de Öffnungszeiten: Di - So 10 - 17 Uhr

Der „Pfarr-Herr“ CarlUlitzka in Ratibor, um

1914. © Archiv fürChristlich-Demokrati-

sche Politik.

Dreimal Radierkunst von Christian MischkeBILDENDE KUNST

Auf drei Ausstellungen mit Radierungen des 1944 inGrünberg geborenen Christian Mischke ist hinzuweisen.

Unter dem Titel „Verwandlungen“ zeigt das Albrecht-Dürer-Haus in Nürnberg noch bis 26. April 2009 Arbei-ten aus dem China-Zyklus, technisch raffinierte Farbra-dierungen von der Asien-Reise des Künstlers und 13 Illu-strationen zu Thomas Manns Novelle „Unordnung undfrühes Leid“. Aus des Künstlers Überzeugung „Alles ver-wandelt sich“ entstanden dabei Radierungen aus feinstemLiniengeäst, in denen menschliche Körper, Tiere, Pflanzenund Landschaften fragmentarisch zu traumhaften Phan-

tasiewelten verschmelzen. Andererseits: Durch wieder-holtes partielles Abschleifen und Neubearbeiten der bei-den Druckplatten für eine Abbildung wächst eine Illustra-tion aus der anderen. Alles verwandelt sich.

Ex libris, also künstlerische Bucheignerzeichen, undRadierungen zu Thomas Mann und seinem Werk werdennoch bis zum 1. Juni 2009 im Romantiker Haus in Jenazu sehen sein.

Und eine weitere Ausstellung mit Arbeiten aus demGinkgo-Zyklus ist mit der Goethe-Gesellschaft in Saalfeldim Optikhaus Schier geplant.

Paul Löbe als Redner bei einer Kundgebung in Eutin, 1927. Aufnah-me: Fotoarchiv im AdsD der FES.

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Priester und Künstler aus Schlesien:Melchior Grossek malte und schnitt

EEiinn wweeiittggeehheenndd iinn VVeerrggeesssseennhheeiitt ggeerraatteenneerr KKüünnssttlleerr aauuss SScchhlleessiieenn wwuurrddee wwiieeddeerr iinnss BBeewwuußßttsseeiinn zzuurrüücckkggeebbrraacchhtt..

Was kurz nach dem Mauerfall einem Lübecker Sammlerantiker Vasen beim Stöbern auf Flohmärkten im ehemali-gen Ostteil Berlins widerfuhr, kann nur als glücklicherZufall bezeichnet werden. Intensiven mehrjährigenRecherchen, deren Erkenntnisse in einer vortrefflichenund einfühlsam geschriebenen Publikation (Peter-Christi-an Wegner: Melchior Grossek 1889-1967. Das künstle-rische Werk eines Berliner Priesters. Scherenschnitteund Druckgraphik. Holzminden 2006) zur Veröffentli-chung gelangten, ist zu verdanken, daß ein weitgehend inVergessenheit geratener Künstler aus Schlesien wieder indie Gegenwart, in unser Bewußtsein zurückgebracht wor-den ist.

Melchior Grossek wird am 6. Januar 1889 als älte-stes von fünf Kindern einfacher Leute in Bralin, Kr. GroßWartenberg in Oberschlesien, geboren. Bralin liegt inunmittelbarer Nachbarschaft zur Provinz Posen und etwa70 km östlich von Breslau. Grossek wächst wie alle Ein-wohner im Grenzgebiet zweisprachig auf, besucht diehöheren Klassen in Breslau und wohnt in dieser Zeit imErzbischöflichen Konvikt am Domplatz. 1909 beginntMelchior Grossek nach dem Abitur an der Breslauer Uni-versität sein Studium der katholischen Theologie und wird1913 zusammen mit weiteren 82 Diakonen von KardinalKopp zum Priester geweiht.

Dem Verfasser liegen zwei Skizzenbücher aus denJahren 1910/1912 vor: Bewegungsskizzen auf dem Ten-nisplatz, im Schwimmbad, im Zirkus und aus der Tierwelt,aber auch Jahrmarktszenen, Bauarbeiter, Stadt- undLandschaftsskizzen aus Bralin und Umgebung. DieseFähigkeiten und sein Interesse für die Künste veranlassenMelchior, neben dem Theologiestudium die BreslauerKunstakademie zu besuchen.

Im Zuge zahlreicher Neugründungen von Pfarrgemein-den wird eine Vielzahl der dringend benötigten Priesterdurch das katholische Schlesien gestellt. Einer davon istMelchior Grossek, der unmittelbar nach seiner Priester-weihe 1913 seinen Dienst als Kaplan in Berlin aufnimmt.1924 tritt er seine erste Pfarrstelle, St. Franziskus inBerlin-Friedrichshagen, an. Von 1938 bis zu seinemÜbertritt in den Ruhestand 1964 ist er Pfarrer in derGemeinde Heilige Familie in Berlin-Lichterfelde.

DDaass kküünnssttlleerriisscchhee WWeerrkk Im 1922 erschienenen Nachtragsband zum Gesamtwerk'Allgemeines Künstler-Lexicon' ist zu Melchior Grosseknotiert: „Maler, geb. 6. Jan. 1889 in Bralin (Schles.),Schüler der Akad. in Breslau und von Tüpke; tätig (alsKaplan) in Berlin. Er malte Landschaften und schnitt Sil-houetten, von denen das Kunstgewerbemus. Breslaueinige birgt.“ Etwas irritierend ist hier die gewählte Ver-gangenheitsform „er malte ... und schnitt“. 1922 istGrossek noch am Anfang seiner künstlerischen Aktivitä-ten. Nach fünf Jahren als Kaplan in Berlin wird er 1920

für zwei Jahre für ein ergänzendes Kunststudium in Mün-chen, Aachen und Bonn freigestellt. In dieser Zeit ent-steht sein bedeutendstes und zentrales künstlerischesWerk 'Gestalten des Todes. Ein Totentanz des Welt-kriegs'. 1923 wird es veröffentlicht. Der wenige Jahrezurückliegende, frühe und so sinnlose Kriegstod seinerzwei Brüder ist ihm Inspirationsquelle, ihnen widmet erdiese Arbeit zum Gedächtnis. Der Tod ist auf jedem der15 Bilder als unerbittlicher Knochenmann mit stets über-zeugender Ausdrucksstärke zugegen, hier gibt er demFeldherrn die Schlachtordnung vor, dort flötet er an derSpitze des Ausmarsches, er agiert als Strippenzieher imKampfgetümmel und lockt das „Edelwild“ in die Falle.

In den zwanziger Jahren werden im BreslauerMuseum für bildende Künste nicht nur Grosseks Scheren-schnitte aus dem Totentanzzyklus, sondern wohl auch ausseinem zweiten, ebenfalls im Jahr 1923 im Herder-Ver-lag publizierten Werk 'Das Leben' ausgestellt. Er erhältdafür in Kunst- und Sachverständigen-Kreisen hohe Aner-kennung. Seine Fähigkeit, packende und bewegte Bilderebenso wie landschaftliche Motive phantasievoll darzu-stellen, wird gleichermaßen gewürdigt.

Außerhalb dieser beiden Zyklen hat Grossek noch eineReihe von weiteren Scherenschnitten mit religiösen Moti-ven geschaffen, darunter 'David und Goliath', das imBreslauer Museum aufbewahrt wird. Seine seelsorglichenAufgaben als Pfarrer in der Großstadt nehmen ihn so inAnspruch, daß für seine künstlerischen Aktivitäten, spe-ziell die Scherenschnitte, nicht mehr so viel Zeit zur Ver-fügung bleibt.

Der Verfasser ist im Besitz zahlreicher Skizzen, Vor-arbeiten und Varianten von Scherenschnitt-Motiven undauch einer großen Zahl von Linol- und Holzschnitten mitfast ausschließlich religiösen Motiven, denen sich Gross-ek jetzt verstärkt zuwendet. Diese Druckgraphik erfährtwegen seiner Gestaltungskraft ebenfalls hohe Wertschät-zung. Sie findet auch außerhalb Berlins durch Grossekszahlreiche Bettelpredigt-Reisen für seine zerstörte Kirche

Melchior Grossek(1889-1967): Kampf. Blatt 6 desZyklus ’Gestalten desTodes. Ein Totentanzdes Weltkriegs’.

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in Westdeutschland größere Verbreitung, weil er dabeisehr erfolgreich seine Arbeiten für niedrige Markbeträgean den Kirchtüren verkauft.

Der Verfasser weilte im September 2008 auf Einla-dung der Groß Wartenberger St. Markus Gesellschaft zueinem Besuch in Breslau und Bralin. In GrosseksGeburtshaus lebt heute die Adoptivtochter jenes Ehepaa-

res, das die hochbetagten Grossek-Eltern in ihren letztenJahren betreute. Sie besitzt das Original des Motivs ‚Hei-lige Familie' aus dem Scherenschnittwerk 'Das Leben'.Welch ein Glücksmoment für den Grossek-Sammler!

Melchior Grossek ist heute noch gegenwärtig in sei-ner Heimat, auch viele der Jüngeren wissen mit seinemNamen etwas anzufangen. Er hat seine Heimat geliebt,sie ist ihm nie verloren gegangen ist. Davon zeugt auchsein Gedicht, das er bereits 1911/1912 in seinem Skiz-zenbuch festgehalten hat:

Hier wachsen freilich keine Reben wie an des Rheines grünen Höhn. Hier wirst Du keine Felsen sehen, um die sich holde Sagen weben.

Von stolzen Burgen keine Spur,denn nicht der Rhein - die Oder nurschlingt hier ihr schlichtes Silberbanddurchs liebe, traute Schlesierland.

Adalbert Klein

Melchior Grossek(1889-1967):

Edelwild. Blatt 13 desZyklus ’Gestalten desTodes. Ein Totentanz

des Weltkriegs’.

Das niederschlesische Grünberg als Zeuge des demographischen Wandels in Mitteleuropa

WISSENSCHAFT

Am 23. und 24. Oktober 2008 fand an der UniversitätGrünberg/Zielona Góra der wissenschaftliche Kongreß“Der demographische Wandel in Mitteleuropa seit dem18. Jahrhundert” statt. Das internationale Treffen deut-scher, polnischer und tschechischer Wissenschaftlerwurde auf Initiative des Instituts für Geschichte und desStatistischen Amtes Zielona Góra veranstaltet. Es kannzugleich als eine Krönung der Zusammenarbeit der beidenInstitutionen und des 15. Gründungsjubiläums des Ver-eins für Lausitzforschung (Towarzystwo StudiówŁużyckich) verstanden werden. Die Tagung hat sowohleine Übersicht über die demographische Politik der letz-ten zwei Jahrhunderte als auch eine Würdigung des pol-nischen Historikers Prof. Mieczysław Kędelski (1946-1998) gebracht. Er gilt als einer der angesehensten pol-nischen Statistiker und Demographen.

Der Dekan der Humanistischen Fakultät der Universi-tät Zielona Góra, Prof. Wojciech Strzyżewski, betonte inseiner Eröffnungsrede die einmalige Rolle der Demogra-phie in Politik, Geschichte und Familienleben. Die Bedeu-tung der heutigen Woiwodschaft Lebus (Lubuskie) fürBevölkerungsrecherchen ist nicht zu unterschätzen. Dasmag vor allem an der spezifischen Lage der Spree-Neiße-Region liegen, die seit Jahrhunderten dynamische Verän-derungen in Hinblick auf räumliche Mobilität und Wirt-schaftsentwicklung nach sich zieht.

Jan Berger aus Warschau befaßte sich in seinem Bei-trag mit der Tätigkeit des Polnischen Instituts für Bevöl-kerungsforschung in den 30er Jahren des 20. Jahrhun-derts und skizzierte die Rolle seiner Mitbegründer LudwikKrzywicki, Marcin Kacprzak und Stefan Szulc. Die von den

Wissenschaftlern unter allen Gesellschafts- und Berufs-klassen durchgeführten Umfragen ermöglichten es, Ferti-litätsmuster und Bevölkerungszuwachstendenzen imdamaligen Polen zu bestimmen.

In seinem Vortrag „Zahlen: Menschenleben, Gedan-ken, Hoffnungen und Gefahren“ gab Prof. TomaszJaworski eine zusammenfassende Übersicht über dasdemographischen Denken in Polen und Europa. Beson-ders hervorgehoben wurden das Jahr 1789 - das Datumder ersten Volkszählung in Polen - und die Tätigkeit vonFryderyk Józef Moszynski und Feliks Franciszek Łoyko. Dieerwähnten Reformatoren führten Ende des 18. Jahrhun-derts solche Begriffe wie „Marktpreis des Bodens“ und„Humankapital“ in die Wissenschaft ein.

Prof. Jan Paradysz leitete mit seinem Vortrag „Fran-zösische Demographie und deren Perzeption im Posenerwissenschaftlichen Milieu“ eine Diskussion über die Ent-wicklung der Wissenschaft an Seine und Weichsel ein undstellte dabei heraus, daß der Posener Lehrstuhl für Sta-tistik aus der französischen Tradition schöpft und denGedanken der indirekten Estimation fortsetzt.

Als herausragend erwies sich der Beitrag von Prof.Rolf Gehrmann (Frankfurt an der Oder) „Der demographi-sche Umbruch vom 18. zum 19. Jahrhundert in Nord-deutschland - ein auf die Gebiete östlich von Oder undNeiße übertragbares Modell?“. Der deutsche Wissen-schaftler hob in seiner komparativen Studie die Unter-schiede in den Kindersterblichkeitsraten zwischen demwestlichen und östlichen Mitteleuropa hervor und wiesdabei auf verschiedene Fertilitäts- und Reproduktionsmu-ster hin. Izabela Taraszczuk

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HHeellllmmuutthh LLiinnkkee:: MMeeiinn LLeebbeenn iisstt oofftt vvoolllleerr EErrlleebbeenn..EErriinnnneerruunnggeenn aann uunnvveerrggeesssseennee EErrlleebbnniissssee.. TTrriiggaaVVeerrllaagg,, GGeellnnhhaauusseenn 22000044,, 110000 SS..,, 55 AAbbbb..,, 77,,8800EEuurroo,, IISSBBNN 997788--33--8899777744--336688--77..Der Autor, 1913 in Goldberg geboren, schildertgekonnt Erlebnisse aus verschiedenen Lebensab-schnitten, am ausführlichsten aus seiner Kind-heit und Jugend in Schlesien. Ein Text gilt alsHommage an seinen künstlerischen Mentor KarlDönselmann. Die Illustrationen steuerte derAutor selbst bei.

MMaatttthhiiaass SSttiicckklleerr:: „„OOssttddeeuuttsscchh hheeiißßtt GGeessaammtt--ddeeuuttsscchh““ OOrrggaanniissaattiioonn,, SSeellbbssttvveerrssttäännddnniiss uunnddhheeiimmaattppoolliittiisscchhee ZZiieellsseettzzuunnggeenn ddeerr ddeeuuttsscchheennVVeerrttrriieebbeenneennvveerrbbäännddee 11994499--11997722 ((FFoorrsscchhuunn--ggeenn uunndd QQuueelllleenn zzuurr ZZeeiittggeesscchhiicchhttee 4466)).. DDrroosstteeVVeerrllaagg,, DDüüsssseellddoorrff 22000044,, 551122 SS..,, 22 AAbbbb..,, 2200TTaabb..,, 3399,,5500 EEuurroo,, IISSBBNN 997788--33--77770000--11889966--33..In seiner Habilitationsschrift befaßt sich derAutor am Beispiel des 1957 gegründeten Dach-verbandes „Bund der Vertriebenen. VereinigteLandsmannschaften und Landesverbände“ (BdV)und seiner beiden Vorläufer mit Organisation,Selbstverständnis und heimatpolitischer Zielset-zung der deutschen Vertriebenenverbände. Aufder Basis bisher weitgehend ungenutzten Archiv-materials gelingt ihm eine umfassende Analyse.Die Vertriebenenverbände gehörten bis in die1970er Jahre hinein zu den mächtigsten Pres-sure Groups in der Bundesrepublik.

Ausgehend von ihrem Selbstverständnis,keine partikularen Interessenvertretungen darzu-stellen, sondern überparteiliche Interessen desgesamten Volkes zu vertreten, erhoben sie denAnspruch auf ein umfassendes Mitspracherechtinsbesondere im Bereich der Außen- undDeutschlandpolitik. Die quellenfundierte undgrundlegende Darstellung wird durch einenDokumentenanhang ergänzt.

RRuuddoollff LLeennzz ((HHgg..)):: KKaattaalloogg ddeerr LLeeiicchheennpprreeddiiggtteennuunndd ssoonnssttiiggeerr TTrraauueerrsscchhrriifftteenn iinn ddeerr OObbeerrllaauussiitt--zziisscchheenn BBiibblliiootthheekk ddeerr WWiisssseennsscchhaafftteenn zzuu GGöörrlliittzz((MMaarrbbuurrggeerr PPeerrssoonnaallsscchhrriifftteenn--FFoorrsscchhuunnggeenn 3388))..FFrraannzz SStteeiinneerr VVeerrllaagg,, SSttuuttttggaarrtt 22000044,, XXVVIIIIII,,11669900 SS..,, 9999 EEuurroo,, IISSBBNN:: 997788--33--551155--0088555577--11..In Band 31 der Reihe wurden bereits die Trau-erschriften in der Bibliothek der EvangelischenKirchengemeinde St. Peter und Paul zu Görlitzerfaßt, nun folgen die 4174 Leichenpredigtenund ähnliche Schriften aus dem Bestand derOberlausitzischen Bibliothek der Wissenschaftenzu Görlitz. Dargeboten wird der Inhalt der Per-sonalschriften nach dem bewährten Schema,erschlossen in 16 Registern; nötig sind dafürdrei Teilbände.

Die Texte des umfangreichen Werkes betref-fen die Oberlausitz und Niederschlesien, insbe-sondere den Raum zwischen Neiße und Bober;zeitlich reichen sie von 1513 bis 1800. Kulturhi-storisch besonders interessant sind die 30 Pre-digten auf Mordopfer, die über damalige Moral-vorstellungen Auskunft geben.

SCHLESISCHER BÜCHERWURM

Kultur und Geschichte Schlesiens in der LiteraturnhDDiiee ffoollggeennddee TTiitteell hhaabbeenn wwiirr ffüürr SSiiee nnäähheerr aannggeesscchhaauutt.. ÄÄlltteerree TTiitteell wweerrddeenn nnuurr kkuurrzz vvoorrggeesstteelllltt.. DDiiee aannggeezzeeiiggtteenn BBüücchheerr kköönnnneenn iinn ddeerr

RReeggeell üübbeerr jjeeddee BBuucchhhhaannddlluunngg bbeezzooggeenn wweerrddeenn,, nniicchhtt jjeeddoocchh üübbeerr ddiiee SSttiiffttuunngg KKuullttuurrwweerrkk SScchhlleessiieenn..

EEllżżbbiieettaa SSzzcczzuucckkaa ((HHgg..)):: OOppeerraa wwrrooccłłaawwsskkaa.. 6600llaatt ppoollsskkiieejj sscceennyy ooppeerroowweejj wwee WWrrooccłłaawwiiuu 11994455--22000055.. 6600 JJaahhrree ppoollnniisscchhee OOppeerrnnbbüühhnnee iinn BBrreess--llaauu.. OOppeerraa WWrrooccłłaawwsskkaa,, WWrrooccłłaaww 22000055,, 224488 SS..,,449999 ffaarrbb.. AAbbbb..In diesem gut entworfenen und ausgeführtenBuch werden nach einem sehr kurz gefaßtenAufriß der Vorgeschichte des Breslauer Opern-hauses ausführlich die Geschehnisse ab Herbst1945 als polnisches Unternehmen mit überzeu-genden Bildern beinahe dokumentarisch festge-halten. Dies geschieht in verschiedenen geson-derten Kapiteln, u.a. in Erinnerungen hochge-stellter Persönlichkeiten an Besuche des Bres-lauer Opernhauses, jahrgangsmäßig ausgewähl-ten wichtigen Aufführungen, Verzeichnissen derMitglieder des Orchesters, deren Dirigenten,Sängern und Sängerinnen (Solisten), Ballett,Regisseuren, Bühnenbildern und in einer aus-führlichen Auflistung der Premieren, Wiederauf-führungen und Konzerte im Laufe der 60jährigenGeschichte bis 2005 als polnisches Opernhaus.Zu etlichen Personen werden auch knappe Kom-mentare beigegeben.

Schwerpunkte der Inszenierungen von Opernliegen bei polnischen Komponisten (Elsner istnicht darunter), auch Wiederentdeckungen, dannvor allem bei Werken der großen italienischenKomponisten des 19. Jahrhunderts, auch vonFranzosen. Von deutschen Autoren waren vor-nehmlich Mozarts Opern auf dem Spielplan, dannauch ein Werk von Karl Maria von Weber (alsehemaliger Dirigent der Oper in Breslau) undschließlich als Besonderheit Richard WagnersNibelungen-Tetralogie. Bis S. 93 wird der Textzusätzlich in deutscher Übersetzung angeboten.

Wie es in polnischen Publikationen gernüblich ist, werden Inhaltsverzeichnis und redak-tionelle Angaben erst am Schluß des Bandesgebracht. Die Gesamtredaktion lag bei Frau Elż--bieta Szczucka, die auf Vermittlung von FrauProf. Dr. Maria Zduniak dankenswerterweise einExemplar zur Verfügung gestellt hat.

Hubert Unverricht

HHeellmmuutt BBlleeiibbeerr,, WWaalltteerr SScchhmmiiddtt:: SScchhlleessiieenn aauuffddeemm WWeegg iinn ddiiee bbüürrggeerrlliicchhee GGeesseellllsscchhaafftt.. BBeewwee--gguunnggeenn uunndd PPrroottaaggoonniisstteenn ddeerr sscchhlleessiisscchheennDDeemmookkrraattiiee iimm UUmmffeelldd vvoonn 11884488.. HHaallbbbbdd.. 11::EErreeiiggnniissssee,, PPrroozzeessssee,, BBeewweegguunnggeenn,, HHaallbbbbdd.. 22::PPrroottaaggoonniisstteenn,, AAkktteeuurree ((SSiilleessiiaa.. SScchhlleessiieenn iimmeeuurrooppääiisscchheenn BBeezzuuggssffeelldd 66)).. TTrraaffoo VVeerrllaagg,, BBeerrlliinn22000077,, 337700 bbzzww.. 339966 SS..,, jjee 11 AAbbbb..,, 3399,,8800 bbzzww..4422,,8800 EEuurroo,, IISSBBNN 997788--33--8899662266--663399--22 bbzzww.. --667711--22..Die in zwei Halbbänden erschienene Sammel-schrift enthält Studien der beiden Autoren zurschlesischen Geschichte im Vormärz und in der48er Revolution. Sie will einen Beitrag zurErschließung der bislang vernachlässigtenBestrebungen, Bewegungen und Akteure derschlesischen Demokratie im zeitlichen Umfeldvon 1848 leisten.

Vorgestellt werden zunächst Ereignisse,

Prozesse und Bewegungen, die Schlesien aufden Weg in die bürgerliche Gesellschaft brach-ten: Von den Agrarreformen zu Beginn des 19.Jahrhunderts über die elementar-demokrati-schen Aktionen des schlesischen Landvolks imMärz 1848 und die Reaktion darauf in Staat undGesellschaft sowie bei den sich bildenden Partei-en während der nachfolgenden Wahlbewegungenin Schlesien bis zur Rolle der schlesischen Abge-ordneten in der preußischen Nationalversamm-lung von 1848, die sämtlich in einem biographi-schen Verzeichnis erfaßt wurden. Damit ent-steht ein wesentlich differenzierteres und präzi-seres Bild der schlesischen Geschichte in denRevolutionsmonaten des Jahres 1848. Skizziertist die Entwicklung des eindrucksvollen schlesi-schen Rustikalvereins, dargestellt sind die Bau-ernbewegungen von 1848-1850 in der Graf-schaft Glatz, nachgewiesen zahlreiche schlesi-schen Nachdrucke aus der „Neuen RheinischenZeitung“.

Der zweite Halbband bietet ausschließlichBiographisches über schlesische Protagonistendes bürgerlichen Fortschritts. Einer Darstellungder Lebensschicksale verfolgter schlesischerBurschenschafter aus der ersten Hälfte des 19.Jhs. folgen biographische Studien über derDemokraten Friedrich Wilhelm Schlöffel und Wil-helm Wolff Wirken im vormärzlichen Schlesien.Erstbiographien sind drei demokratischen Abge-ordneten der preußischen Nationalversammlung,dem Breslauer Lehrer und Redakteur der„Schlesischen Chronik“ Moritz Elsner, dem Riem-berger evangelischen Pastor Friedrich WilhelmMüller und dem katholischen Pfarrer Anton Hei-sig aus der Grafschaft Glatz sowie dem Liegnit-zer Gymnasiallehrer und Achtundvierziger MoritzMatthäi gewidmet. Beigegeben ist der Nachrufauf den Schlesien- und Demokratieforscher Hel-mut Bleiber, der im Mai 2007 verstarb.

SSiiggiissmmuunndd FFrrhhrr.. vvoonn ZZeeddlliittzz uunndd NNeeuukkiirrcchh uunnddWWaalltteerr SStteeiinn ((††)):: DDeerr LLaannddkkrreeiiss LLiieeggnniittzz iinn NNiiee--ddeerrsscchhlleessiieenn ((BBeeiittrrääggee zzuurr LLiieeggnniittzzeerr GGeesscchhiicchhtteeddeerr HHiissttoorriisscchheenn GGeesseellllsscchhaafftt LLiieeggnniittzz ee..VV.. iinnZZuussaammmmeennaarrbbeeiitt mmiitt ddeerr LLiieeggnniittzzeerr SSaammmmlluunnggWWuuppppeerrttaall,, BBdd.. 3377)).. HHeennsskkee--NNeeuummaannnn VVeerrllaaggss--ggeess..,, HHooffhheeiimm//TTaauunnuuss 22000077,, 118899 SS..,, 2299 AAbbbb..,, 44KKttnn..,, 2244,,9900 EEuurroo,, IISSBBNN 997788--33--99880066664400--88--00..Hinter dem etwas trockenen Titel verbirgt sichein Schatz an Informationen. In bienenfleißigerArbeit hat der Autor mit Unterstützung vielerehemaliger Bewohner des alten LandkreisesDaten und Fakten zu den Dörfern einschließlichder Stadt Parchwitz zusammengetragen. Soentrollt sich ein Kaleidoskop von 700 Jahrendeutscher Geschichte in einem Teil Niederschle-siens, tauchen Flur-, Dörfer- und Familiennamenaus dem beginnenden Dunkel wieder auf; es wirddeutlich, was unsere Vorfahren an Arbeit undKulturleistungen in dieses wunderbare Stück-chen Erde gesteckt haben. Natürlich wird jedersagen können, daß er zu seinem Dorf noch vielmehr weiß - doch dann wäre ein dickes, unüber-

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Stiftung Kulturwerk Schlesien, Postfach 110425, 97031 WürzburgPVSt, Deutsche Post AG, Entgelt bezahlt, B06760

“Schlesischer Kulturspiegel” ISSN 1437-5095Herausgeber und Verlag:Stiftung KulturWerk Schlesien, Kardinal-Döpfner-Platz 1, 97070 Würzburg;Postfach 11 04 25, 97031 Würzburg, Tel. 0931/5 36 96; Fax 0931/5 36 49email: [email protected]: 4 x jährlichTexterfassung und redaktionelle Bearbeitung:Anja Weismantel und Dr. Ulrich SchmilewskiLayout und Endredaktion:Pressebüro Context, WürzburgNachdruck von Beiträgen und Wiedergabe vonAbbildungen nur mit schriftlicher Genehmigungund Quellenangabe.Regelmäßige Zusendung erfolgt auf schriftlicheBestellung beim Herausgeber und gegen eineSpende auf Konto-Nr. 02 36 000 bei der Deutschen Bank AG Würzburg (BLZ 790 700 16).Techn. Herstellung: Druckerei E. Meyer GmbH,diedruckerei.de, 91405 Neustadt a. d. Aisch

sichtliches Buch entstanden und nicht ein hand-liches Nachschlagewerk, das sich eben auf dasWichtigste beschränken muß. Der Übersichtlich-keit und dem Zusammenhang dienlich ist aufjeden Fall, daß alle Orte nicht alphabetisch auf-gelistet sind, sondern sich in sinnvoller Anord-nung nach Regionen befinden. So entdeckt jederzwangsläufig neben seinem Heimatort auch dieoft noch vertrauten Nachbardörfer auf den zwei-ten Blick. Unterstützt wird das ganze durch einreichhaltiges Kartenmaterial. Nicht zuletzt sindes auch die Fotos und Zeichnungen, die die Moti-ve des Liegnitzer Landkreises wieder insGedächtnis rufen.

Alles in allem: Ein wunderbares Buch zumNachschlagen und zum Festlesen, aus dem manjede Menge Wissen gewinnt. Für 2008 ist einreich bebilderter Ergänzungsband vorgesehen.

Ernst-Günter Lattka

MMaarreekk BBuurraakk,, HHaalliinnaa OOkkoollsskkaa:: FFrriieeddhhööffee ddeessAAlltteenn BBrreessllaauuss.. MMuuzzeeuumm AArrcchhiitteekkttuurryy wwee WWooccłłaa--wwiiuu uunndd VViiaa NNoovvaa,, WWrrooccłłaaww 22000077,, 333366 SS..,, 6699 ffaarrbb..,, 4477 ssww.. AAbbbb..,, 115533 ffaarrbb..,, 112200 ssww.. PPllnn..,,11 SSttaaddttppllaann iinn TTaasscchhee,, 8855 ZZłł.. IISSBBNN 997788--8833--8899226622--3399--44 bbzzww.. --6600554444--2233--55 [[BBeezzuuggssmmöögg--lliicchhkkeeiitt:: DDeeuuttsscchheerr FFrreeuunnddeesskkrreeiiss,, uull.. SSaappeerrooww1122,, 5500--998833 WWrrooccłłaaww]]Das vorliegende, aufwendig gestaltete undoptisch sehr ansprechende Buch kann mit vollemRecht als eines der wichtigsten Werke bezeich-net werden, das in Breslau für Deutsche heraus-gegeben wurde. Die Wunden, die in den Jahren1945-1989 gerissen wurden, als man von polni-scher Seite versuchte, alle individuellen und kol-lektiven Spuren einer nahezu 700 Jahre überwie-gend von deutscher Sprache und Kultur gepräg-ten Geschichte zu tilgen, werden hierin mit Wor-ten des Bedauerns offen angesprochen. Mit demvorliegenden Buch wird die Erinnerung an dievorangegangenen Generationen wiedererweckt.220 Friedhöfe und Begräbnisstätten aus derZeit vor 1945 und teils darüber hinaus sind inverschiedenen Fällen nur Dank akribischer For-schungsarbeit in Archiven und alter Literaturermittelt worden.

Neben einleitenden Bemerkungen zur Ent-wicklungsgeschichte von Kirchhöfen und Friedhö-fen finden sich interessante Ausführungen zuden Besonderheiten der konfessionellen undkommunalen Anlagen in Breslau, wobei sich ausKriegshandlungen ergebende Beisetzungsstellenausgeklammert bleiben. Zu jedem Friedhof, obevangelisch, katholisch, jüdisch oder kommunal,werden neben dem Namen (dt. und pln.) und derLagebeschreibung zu sieben Punkten weitereInformationen gegeben: Zeit des Bestehens,Friedhofskapelle, erhaltene Grabsteine, Epita-phien an Kirchenmauern, Geschichte undBeschreibung der Anlage, Namen bekannter Bei-gesetzter, Archiv- und Literaturquellen. Zu kriti-sieren ist jedoch die deutsche Übersetzung, dieleider sehr viele ungebräuchliche, schwere odermißverständliche Formulierungen und darüberhinaus nicht wenige Übersetzungsfehler (vorallem bei Fachbegriffen) enthält Roland Müller

RRoottrraauudd SScchhöönnee:: VVoonn SScchhlleessiieenn wweessttwwäärrttss.. EErriinn--nneerruunnggeenn.. BBeerrggssttaaddttvveerrllaagg WW.. GG.. KKoorrnn,, WWüürrzz--bbuurrgg 22000088,, 228833 SS..,, 1144,,9900 EEuurroo,, IISSBBNN 997788--33--8877005577--330000--33..Die Neuerscheinung bietet die lang erwarteteFortsetzung des Romans „Schlesisches Himmel-reich“. Sie ist eine eindrucksvolle Schilderung

eines schlesischen Schicksals von den Nach-kriegsjahren bis heute mit den Stationen Görlitz,Dresden, Berlin und der Wiederbegegnung mitder alten Heimat nach dem Mauerfall.

RReeiinnhhaarrdd LLeeuuee:: MMeeiinnee sscchhlleessiisscchhee KKiinnddhheeiitt iinnBBrreessllaauu.. 2266 ppeerrssöönnlliicchhee RRüücckkbblleennddeenn.. EEnnggeellss--ddoorrffeerr VVeerrllaagg,, LLeeiippzziigg 22000088,, 115511 SS..,, 1111 AAbbbb..,,99,,9955 EEuurroo,, IISSBBNN 997788--33--8866770033--994433--77..Kindheitserinnerungen sind etwas besondersWertvolles, prägen sie doch jeden einzelnenMenschen, stellen mitunter die Weichen für dasganze Leben. Reinhard Leue, 1929 in Breslaugeboren, leuchtete in 26 Episoden seine Kindheitund Jugend in Schlesien aus. Dabei geht es etwaum „Advent bei uns zu Hause“, „Erinnerungen anmeine Großmutter“, „Mutproben“, „Konfirmationvor fünfzig Jahren“ aber auch um „Der Führerkommt“. Kleine, aber wichtige Erlebnisse imLeben eines heranwachsenden Menschen.

EEllżżbbiieettaa SSzzcczzuucckkaa:: OOppeerraa WWrrooccłłaawwsskkaa -- PPrrzzee--wwooddnniikk.. TThhee WWrrooccłłaaww OOppeerraa HHoouussee AA gguuiiddeebbooookk..DDiiee OOppeerr iinn WWrrooccłłaaww -- FFrreemmddeennffüühhrreerr.. WWrrooccłłaaww22000088,, 4488 SS..,, 6622 ffaarrbb.. AAbbbb..Nach der gründlichen Renovation des BreslauerOpernhauses in der Schweidnitzer Straße ist die-ser Fremdenführer in polnischer, englischer unddeutscher Sprache herausgebracht worden.Nach einer Skizzierung der Geschichte bzw. derVorläufer dieses Hauses werden in kommentier-ten Fotoaufnahmen die Räumlichkeiten im neuenGlanz und eine sehr kleine Auswahl berühmterDirigenten und Künstler gezeigt. Bestechendschön sind die Bilder dieses traditionsreichenOpernhauses, das im Zweiten Weltkrieg nichtweiter zerstört worden ist. Hubert Unverricht

FFrraannzz GGöörrlliicchh:: AAuuss FFeelldd uunndd WWaalldd.. TTiieerr-- uunnddJJaaggddnnoovveelllleenn.. SSeellbbssttvveerrllaagg ddeess NNeeiisssseerr KKuullttuurr--uunndd HHeeiimmaattbbuunnddeess ee..VV.. HHiillddeesshheeiimm 22000088,, 8877 SS..,,1100 AAbbbb..,, 1100 EEuurroo,, [[BBeezzuugg:: NNeeiisssseerr HHeeiimmaattmmuu--sseeuumm,, GGeellbbeerr SStteerrnn 2211,, 3311113344 HHiillddeesshheeiimm]]Der Lehrer und passionierte Jäger Franz Görlichhat in den 30er Jahren des vorigen Jhs. in der„Neisser Zeitung“ verschiedene Novellen veröf-fentlicht, von denen hier jene über Tiere und dieJagd zusammengefaßt sind. Der Autor erweistsich als gemütvoller Schriftsteller, der wohl aufeigene Erlebnisse in Feld und Wald zurückgriff.Illustriert ist das Büchlein überwiegend mitansprechenden Scherenschnitten von GeorgPlischke.

KKoonnrraadd HHaarrtteelltt:: FFeerrddiinnaanndd PPiioonntteekk ((11887788--11996633)).. LLeebbeenn uunndd WWiirrkkeenn eeiinneess sscchhlleessiisscchheenn

PPrriieesstteerrss uunndd BBiisscchhooffss ((FFoorrsscchhuunnggeenn uunndd QQuueell--lleenn zzuurr KKiirrcchheenn-- uunndd KKuullttuurrggeesscchhiicchhttee OOsstt--ddeeuuttsscchhllaannddss 3399)).. BBööhhllaauu VVeerrllaagg,, KKööllnn,, WWeeiimmaarr,,WWiieenn 22000088,, XXII,, 445555 SS..,, 3388 AAbbbb..,, 5544,,9900 EEuurroo,,IISSBBNN 997788--33--441122--2200114433--22..Ferdinand Piontek ist eine Gestalt des schlesi-schen Katholizismus, die in der Zeit nach demEnde des Zweiten Weltkriegs eine wichtige Rollespielte. Nach dem Tod des letzten deutschenBreslauer Fürsterzbischofs Adolf Kardinal Bert-ram wählte das Breslauer Domkapitel Domde-chant Piontek am 16. Juli 1945 zum Kapitelsvi-kar, d.h. zum Verwalter der Diözese bis zu einernächsten Bischofsernennung.

Da es zu einer Bischofsbesetzung des deut-schen Bischofsstuhls Breslau nicht mehr kam,behielt Piontek die Funktion des Kapitelvikars biszu seinem Tode 1963. Nach der Vertreibung ausBreslau im Juli 1946 zog er sich 1947 nachGörlitz, in den deutschen Restbestandteil desehemaligen Erzbistums Breslau, zurück. 1959ernannte Papst Johannes XXIII. den Kapitelsvikarim „Erzbischöflichen Amt Görlitz“ zum Titularbi-schof von Barca in Libyen.

Der Autor, emeritierter Professor für Kir-chenrecht der Theologischen Fakultät der Uni-versität Erfurt, entwirft hier erstmals ein umfas-sendes, sehr kurzweilig geschriebenes Lebens-bild Ferdinand Pionteks, das dessen Wirken vonseinem Einsatz als Kaplan in Berlin und Pfarrerin Köslin über die Domkapitularszeit in Breslaubis hin zur Amtszeit als Kapitelsvikar und Bischofin Görlitz würdigt. Werner Chrobak

Schlesischer Kulturspiegel 44, 200924