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11 FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE KAPITEL 1 Licht und Farbe 1.1 Physikalische Eigenschaften des Mediums Licht . . . . . . . . . . 12 1.2 Farbe in der menschlichen Wahrnehmung . . . . . . . . . . . . . . . 15 1.3 Additives und subtraktives Farbmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 1.4 CIEXYZ und CIELab, die Normierung menschlichen Farb-Sehens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 1.5 Normlicht zu Betrachtungszwecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 © des Titels »Farbmanagement in der Digitalfotografie« (ISBN 3-8266-1645-6) 2006 by Redline GmbH, Heidelberg Nähere Informationen unter: http://www.mitp.de/1645

Licht und Farbe - BBS II Gifhorn · 2015. 4. 30. · 12FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE Kapitel 1 Licht und Farbe Licht ist das Medium der Fotografie. Egal ob analog oder digital:

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11FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE

KAPITEL1Licht und Farbe

1.1 Physikalische Eigenschaften des Mediums Licht . . . . . . . . . .121.2 Farbe in der menschlichen Wahrnehmung . . . . . . . . . . . . . . .151.3 Additives und subtraktives Farbmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . .201.4 CIEXYZ und CIELab, die Normierung menschlichen

Farb-Sehens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .321.5 Normlicht zu Betrachtungszwecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .43

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12 FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE

Licht und FarbeKapitel 1

Licht ist das Medium der Fotografie. Egal ob analog oder digital: Fotografenkreieren, bearbeiten und präsentieren ihre Bilder mit Hilfe des Lichts. Dabeikommt es vom Kreationsprozess über die Weiterverarbeitung bis hin zur Prä-sentation auf die ständige Kontrolle des Lichts durch den Fotografen an. SeinHauptaugenmerk gilt dabei neben der Intensität, also der Helligkeit des Lichts,seiner wichtigsten Eigenschaften, der Farbe. Farbe ist nämlich genau genom-men nicht die Eigenschaft eines Gegenstandes, sondern eine Eigenschaft desvon ihm emittierten beziehungsweise reflektierten Lichts. Das Licht transpor-tiert die Information über die Oberflächenbeschaffenheit eines Gegenstandesund seine daraus resultierende Farbe. Um dieses Phänomen zu erklären,beschäftigt sich dieses Kapitel mit den physikalischen Zusammenhängen rundum das Thema Licht und Farbe.

1.1 Physikalische Eigenschaften des Mediums Licht

Im Jahr 1666 experimentierte der Physiker Isaac Newton mit weißem Sonnen-licht. Er schickte einen durch eine Blende separierten Strahl Tageslicht durchein gläsernes Prisma und fing das dabei entstehende Farbspektrum mit einemSchirm auf. Mit diesem Farbspektrum – heute wissen wir, dass es sich dabeium den zerteilten Lichtstrahl handelt – führte er etliche Experimente durch. Bisdahin war man davon ausgegangen, dass der Farbeindruck eines farbigenLichtstrahls dadurch entstand, dass dem ursprünglich weißen Sonnenlichteine Farbe hinzugefügt wird, dass also dem weißen Lichtstrahl eine zusätzlicheKomponente hinzugefügt wird. Isaac Newton vermutete jedoch richtig, dassdie einzelnen Farben Bestandteile des Tageslichts sein mussten. Um aus-schließen zu können, dass das Prisma dem Lichtstrahl einzelne Farben hinzu-fügt, teilte Isaac Newton mit Hilfe einer Blende einzelne Teile des Farbspekt-rums ab und sandte sie erneut durch ein Prisma. Hierbei zeigte sich, dass dieseparierten Teile des Spektrums durch dieses zweite Prisma farblich nichtmehr verändert wurden. Daraus ließ sich schließen, dass die Farben desSpektrums schon im weißen Sonnenlicht enthalten sein müssen, denn dasPrisma trug nicht generell zur farblichen Veränderung des Lichtstrahls bei.Nach zahlreichen Experimenten charakterisierte Isaac Newton in Anlehnungan die Musik sieben farbliche Grundtöne und benannte diese als Violett,Indigo, Blau, Grün, Gelb, Orange und Rot.

Heutzutage ist man in der Lage, die Experimente Isaac Newtons zu rekonstru-ieren und eigene Erkenntnisse daraus zu gewinnen. Schickt man das hinterdem Prisma entstandene Farbspektrum durch eine Sammellinse, so wird mansehen, dass daraus wieder ein weißer Lichtstrahl entsteht. Isaac Newton wärefroh über diese Erkenntnis gewesen, zeigt sie doch, dass die Farben desSpektrums einzelne Bestandteile des ursprünglichen Lichtstrahls sind. Wennman mit einem in den Strahlengang des Spektrums platzierten Spiegel oderPrisma einzelne Farben des Spektrums ausblendet, verändert sich die Farbedes resultierenden Lichtstrahls hinter der Sammellinse. Dieses Experiment lie-

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13FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE

1.1 Physikalische Eigenschaften des Mediums Licht

fert uns ein passendes Modell zur Erklärung des Begriffs Komplementärfarbe.Separiert man mit einem Spiegel oder Prisma einzelne Farben aus dem Spek-trum und fängt diese auf einem Schirm auf, so entsteht aus dem um dieseFarbe reduzierten Spektrum hinter einer Sammellinse ein Lichtstrahl mit derKomplementärfarbe der durch den Spiegel abgeteilten Farbe.

Abbildung 1.1Im Jahr 1666 schickte der Physiker Isaac Newton wei-ßes Sonnenlicht durch ein Prisma. Der Lichtstrahl wurde in seine Bestandteile zerlegt und es entstand ein Farbspektrum.

Abbildung 1.2Isaac Newton charakteri-sierte in Anlehnung an die Musik sieben farbliche Grundtöne.

Heute bedient man sich in der Physik der Theorie der ElektromagnetischenSchwingung, die sich von Gamma-Strahlung über Licht bis hin zu Radiowellenerstreckt. Die Charakterisierung der einzelnen Strahlungsarten erfolgt entwe-der über die Länge ihrer Wellen, also die Wellenlänge in Meter oder über dieAnzahl ihrer Schwingungen pro Sekunde, also der Frequenz in Hertz. Bei derBeschreibung der einzelnen Bestandteile des Lichts hat sich die Unterschei-dung anhand der Wellenlänge in nm (1 Nanometer = 10-9 m) durchgesetzt.

Der heutzutage technisch relevante Bereich der elektromagnetischen Strah-lung reicht von 10-13 m bei Gamma-Strahlung über 10-6 m bei Infrarotlicht bishin zu 10-3 m für Rundfunk. Dabei gilt, dass, je kurzwelliger eine Strahlungsartist, desto leichter durchdringt sie ein Material und desto energiereicher ist sie.Das ist der Grund, weshalb von Gamma-Strahlung eine so hohe Gefährdungausgeht und weshalb Licht, mal abgesehen vom kurzwelligen UV-Anteil, relativharmlos ist.

Abbildung 1.3Theorie der Elektromagneti-schen Schwingung. Sie beinhaltet alle in der moder-nen Zivilisation gebräuchli-chen Strahlungsarten.

RotOrangeGelbGrünBlauIndigoViolett

10-10 10-610-8 10-4

Gamma

Röntgen

UV

Licht

IR

Mikrowelle

Radar

TV Funk

Radio

10-2 100 Wellenlänge λ in m

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14 FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE

Licht und FarbeKapitel 1

Ein winzig kleiner Teil des elektromagnetischen Spektrums entfällt auf das fürdas menschliche Auge wahrnehmbare Licht. Dieser Bereich liegt bei Wellen-längen zwischen 380 und 720 nm.

Abbildung 1.4Das Spektrum des für das

menschliche Auge sichtba-ren Lichts im Bereich von

380 bis 720 nm.

Aufgrund des menschlichen Wahrnehmungsapparates lässt sich dieses Spek-trum des sichtbaren Lichts auf die drei Primärfarben Rot (Wellenlänge etwa 600bis 700 nm), Grün (Wellenlänge etwa 500 bis 600 nm) und Blau (Wellenlängeetwa 400 bis 500 nm) reduzieren. Durch Addition dieser drei Primärfarben las-sen sich alle anderen Farben des sichtbaren Spektrums erzeugen.

Im Anschluss an das sichtbare Spektrum befindet sich im kurzwelligen Bereichdas UV-Licht und im langwelligen Bereich das Infrarot-Licht. Auch wenn diesebeiden Lichtarten für uns nicht sichtbar sind, haben sie doch eine fotografi-sche Relevanz.

Im Fall des Infrarot-Lichts kennen Sie sicherlich die beeindruckenden Bilder,die man mit infrarotempfindlichen Schwarz-Weiß-Filmen produzieren kann.Auch in der digitalen Fotografie sind solche Aufnahmen möglich, denn vieledigitale Bildsensoren sind im nahen Infrarotbereich sensibilisiert. Ein solchesdigitales Infrarot-Foto zeigt Abbildung 1.5. Die Firma Sony bietet die Möglich-keit, mit ihren digitalen Video- und Fotokameras per NightShot-Modus Bildauf-nahmen auf Infrarotbasis in völliger Dunkelheit anzufertigen. Diese Aufnahmensind grün-schwarz und erinnern von ihrer Charakteristik her an Bilder vonNachtsichtgeräten mit eingebauten Restlichtverstärkern.

Auch das für uns nicht sichtbare UV-Licht hat Einfluss auf unsere Wahrneh-mung. Viele der heutzutage verwendeten Farbstoffe und optischen Aufhellerreagieren auf die Beleuchtung mit unsichtbarem UV-Licht. Sie senden unterUV-Bestrahlung Licht im sichtbaren Bereich aus, was zu einer verfälschtenWiedergabe dieser Farbstoffe in fotografischen Systemen führt; verfälscht imSinne von nicht unserem visuellen Eindruck entsprechend, denn die Wieder-gabe dieser falschen Farben ist unter objektiven Gesichtspunkten natürlichkorrekt. Unser Auge nimmt eben bei vielen Farbstoffen und optischen Aufhel-lern eine andere als die mit Film oder digitalem Bildsensor aufgenommeneFarbe wahr. Schon aus den Zeiten der analogen Fotografie ist dieses Phäno-men bekannt. Deshalb gibt es viele Fotohintergründe auch ohne optische Auf-heller. Diese Hintergründe leuchten dann zwar nicht so schön, haben aber denVorteil, dass ihre Farbe in der fotografischen Darstellung nicht so gravierendvom ursprünglichen visuellen Eindruck abweicht.

400 450 500 550 600 650 700

Wellenlänge λ in nm

Tipp

Auch mit vielen Digital-kameras sind Infrarot-aufnahmen möglich. Bei Verwendung der nahezu schwarzen Infrarot-Fil-ter, wie Kodak Wratten 87 oder Heliopan RG 780, die beispielsweise nur Licht mit einer Wel-lenlänge von mehr als 780 nm passieren las-sen, entstehen unge-wöhnliche Aufnahmen. Vor allen Dingen bei Sonnenschein sind mit dieser Technik tolle Bil-der möglich. Vorausset-zung ist jedoch, dass die Kamera keinen Infrarot-Licht absorbie-renden Filter vor dem Bildsensor hat. Dies ist vor allem bei preiswerten Digitalkameras der Fall.

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1.2 Farbe in der menschlichen Wahrnehmung

Abbildung 1.5Dieses Schwarz-Weiß-Bild zeigt in beeindruckender Weise, dass anspruchs-volle Infrarot-Fotografie auch mit Digitalkameras zu realisieren ist.

Um dem Problem der unter UV-Licht unterschiedlichen Farbwahrnehmungvon Auge und Film beziehungsweise digitalem Bildsensor gerecht zu werden,ist bei der Definition der verschiedenen Normlichtarten auch ein Teil des nicht-sichtbaren Spektrums einbezogen worden. Dies führt zu einer originalgetreuenFarbwiedergabe bei der Betrachtung von Bildern unter Normlicht und bedeu-tet vor allen Dingen exaktere Messergebnisse bei der Vermessung von Far-benmustern und Testtafeln.

1.2 Farbe in der menschlichen Wahrnehmung

Eine ausführliche Betrachtung des Themas Licht und Farbe ist ohne die Ausei-nandersetzung mit den Phänomenen der menschlichen Wahrnehmung un-denkbar. Ein Einblick in die Prozesse der Signalaufzeichnung und -verarbeitunginnerhalb des menschlichen Seh-Apparates ist wichtig für das Verständnis derFunktionsweise von Digitalkameras. Nicht nur Digitalkameras, generell alle fo-tografischen Systeme müssen in der Lage sein, die menschliche Wahrnehmungso naturgetreu wie möglich zu imitieren. Je perfekter diese Imitation einem fo-tografischen System gelingt, desto originalgetreuer ist das resultierende Abbildder Realität. Bei der Bewertung eines solchen fotografischen Abbilds ist derFaktor Farbe wiederum der einzig ausschlaggebende, da andere Kriterien, wiezum Beispiel Helligkeit oder Kontrast, eigentlich nur Phänomene der Farbdar-stellung innerhalb eines Bildes beschreiben.

Es ist jedoch so, dass Sie die Farben Ihrer Umgebung gar nicht so naturgetreuwahrnehmen, wie sie sind, denn innerhalb Ihres Wahrnehmungsapparateswerden von Anfang an Korrekturen an den Sinneseindrücken vorgenommen,sie werden für eine Auswertung durch das Gehirn optimiert.

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16 FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE

Licht und FarbeKapitel 1

Das menschliche AugeDer Aufbau des menschlichen Auges ähnelt dem einer Kamera. Oder sollte iches umgekehrt formulieren? Lichtstrahlen fallen durch eine kreisförmige Öff-nung, die Pupille, deren Durchmesser von der Iris verändert werden kann.Danach werden sie von der Linse gebrochen und auf die Netzhaut projiziert,wo das eigentliche Bild entsteht. Die Fokussierung variierender Gegenstands-weiten (Abstand zwischen Linse und betrachtetem Gegenstand) erfolgt beimmenschlichen Auge durch eine Verformung der elastischen Linse mit Hilfe derZiliar-Muskeln, wodurch sich die Brennweite der Linse und damit ihr Fokusverändern.

Abbildung 1.6Ein Querschnitt durch das

menschliche Auge

Die Netzhaut, auf die die Lichtstrahlen projiziert werden, enthält etwa 130 Milli-onen lichtempfindliche Sinneszellen. Diese Fotorezeptoren verteilen sich aufzwei unterschiedliche Zellentypen: Etwa 95% von ihnen sind die helligkeits-empfindlichen Stäbchen und die restlichen 5% entfallen auf die farbempfindli-chen Zapfen. Aufgrund ihrer unterschiedlichen Sensibilisierung für Lichtbestimmter Wellenlängen werden die Zapfen noch einmal in drei unterschiedli-che Typen unterteilt: Es gibt rot-, grün- und blauempfindliche Zapfen. DieStäbchen hingegen registrieren nur Helligkeitswerte, wobei ihre Empfindlich-keit etwa 1.000 Mal höher als die der Zapfen ist und ihr Empfindlichkeitsmaxi-mum bei etwa 500 nm (Blaugrün) liegt. Interessant ist auch die Verteilung vonStäbchen und Zapfen auf der Netzhaut; sie ist keinesfalls gleichmäßig. Gegen-über der Linse in unmittelbarer Nähe der optischen Achse liegt auf der Netz-haut die so genannte Sehgrube oder Fovea. Sie enthält ausschließlich Zapfenin sehr hoher Dichte (etwa 300.000 pro mm2) und stellt die Stelle schärfstenSehens auf der Netzhaut dar. Von hier nimmt der Anteil der Zapfen rapide ab(nur noch etwa 7.000 pro mm2 in drei Millimeter Entfernung von der Fovea),bis am Rande der Netzhaut nur noch Stäbchen existieren.

Netzhaut

Sehnerv

Linseoptische Achse

Sehachse

IrisZiliar-Muskel

FoveaHornhaut

Lederhaut

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17FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE

1.2 Farbe in der menschlichen Wahrnehmung

SignalverarbeitungNoch bevor sie ans Gehirn weitergeleitet werden, werden die von den Sinnes-zellen aufgenommenen Reize in der Netzhaut weiterverarbeitet. Zu diesemZweck sind die Zellen in den verschiedenen Regionen der Netzhaut unter-schiedlich miteinander verschaltet. In der Fovea zum Beispiel, in der es umsehr exakte Reizweiterleitung geht, da hier die Region schärfsten Sehens undpräzisen Farbsehens liegt, ist auf jede weiterleitende Ganglienzelle ein Zapfengeschaltet. In den peripheren Regionen der Netzhaut sind etwa 130 Stäbchenauf eine weiterleitende Ganglienzelle geschaltet. Hier geht es nicht um die prä-zise Weiterleitung eines einzelnen Lichtreizes, sondern um Empfindlichkeits-steigerung zur besseren Orientierung in der Dunkelheit. Diese Vor-Auswertungder Reize dient der Optimierung zur schnelleren Weiterleitung der Informatio-nen ans Gehirn.

In zahlreichen Untersuchungen wurde der Frage nachgegangen, in welcherForm Farbinformationen ans Gehirn weitergeleitet werden. Zunächst ist mandavon ausgegangen, dass die Informationen getrennt nach den einzelnenZapfentypen als Rot-, Blau- und Grün-Anteil innerhalb der Farbinformationübermittelt wird. Dies ist jedoch nicht so. Durch die Schaltungen innerhalb derNetzhaut wird zunächst eine Verrechnung der Signale aus den unterschiedli-chen Zapfen vorgenommen und die daraus resultierenden Informationen wer-den dann ans Gehirn weitergeleitet. Es hat sich gezeigt, dass die Farbinforma-tionen aus rot- und grünempfindlichen Zapfen direkt als Rot-Grün-Anteilverrechnet werden. Die Signale aus den blauempfindlichen Zapfen werdenzunächst alleine mit den Signalen der grünempfindlichen und alleine mit denSignalen der rotempfindlichen Zapfen verrechnet. Aus diesen beiden Wertenergibt sich der Blau-Gelb-Anteil, der dann wiederum mit dem Rot-Grün-Anteilverrechnet wird. Daraus resultiert ein Wert, der die Information über den Farb-ton und die Sättigung der gesehenen Farbe darstellt. Zusätzlich werden dieSignale aus allen drei Zapfentypen direkt zu einer Information über die reineHelligkeit der gesehenen Farbe verrechnet, die zusammen mit der Informationüber den Farbton und die Sättigung dieser Farbe ans Gehirn weitergeleitetwird.

Abbildung 1.7Schema der Signalverarbei-tung in der Netzhaut. Licht reizt die Zapfen, deren Sig-nale miteinander verrechnet und als Informationen über Farbton und Sättigung und über die Helligkeit der gese-henen Farbe an das Gehirn übermittelt werden.

Gehirn

Farbton &Sättigung

Helligkeit

ZapfenLicht

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18 FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE

Licht und FarbeKapitel 1

Die Aufteilung einer Farbinformation in einen Wert für Farbton und Sättigungeinerseits und einen Wert für die Helligkeit andererseits spielt eine zentraleRolle bei der Definition etlicher Farbmodelle, die in der digitalen Bildbearbei-tung zum Einsatz kommen. Diese Farbmodelle sind sehr präzise in derBeschreibung von Farbe, weil sie das Schema der Farbverarbeitung desmenschlichen Wahrnehmungsapparates imitieren und deshalb die Farbe sobeschreiben, wie das menschliche Auge sie sieht. Lassen Sie mich deshalbkurz die Begriffe Farbton und Sättigung erklären, der Begriff Helligkeit ist klar.Der Farbton beschreibt die Farbart, die Sie sehen, also Rot, Gelb oder Blau.Mit dem Begriff Sättigung ist die Reinheit einer Farbe gemeint. Je höher dieSättigung, desto reiner ist eine Farbe, desto weniger ist sie zum Beispiel durchAnteile der Komplementärfarbe vergraut.

Die Aufteilung der Farbinformation in lediglich zwei Komponenten ist nicht dieeinzige Auswertung von Lichtreizen, die bereits in der Netzhaut und nicht erstim Gehirn stattfindet. Vor allen Dingen bei der Verarbeitung von Hell-Dunkel-Kontrasten leistet die Netzhaut eine Menge Vorarbeit. Eine weitere Theoriebeschreibt das Phänomen der Kontrastverstärkung an Kanten durch lateraleInhibition. Laterale Inhibition bedeutet, dass einzelne benachbarte Sinneszel-len sich gegenseitig in ihrer Signalweitergabe hemmen. Dies führt dazu, dassdie Kontraste an Stellen, wo helle und dunkle Flächen aneinander stoßen,automatisch erhöht werden, was zu einer leichten Schärfung des Bildein-drucks führt.

Abbildung 1.8Durch Kontrastverstärkung

an Kanten wird eine künstli-che Schärfung des gesehe-nen Bildes erzielt. Dort, wo

sich die weißen Linien kreu-zen, findet keine Kontrast-

verstärkung durch dieSinneszellen statt, da dort

gleiche Farben aufeinandertreffen. Als resultierenden

Effekt sehen Sie die grauenFlächen in den Kreuzungs-

mittelpunkten.

Dieses Prinzip wirkt auch bei der Schärfung von Fotos durch die Software derDigitalkamera oder bei der nachträglichen Schärfung von Bildern durch eineBildbearbeitungssoftware. Ein weiteres Beispiel, bei dem die Natur Vorbild fürdie Technik ist.

Die Kontrastverstärkung wirkt sich auch auf die Darstellung von Farben aus.Sie alle kennen das Prinzip des Bildbeispiels in Abbildung 1.9 und wissen,

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19FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE

1.2 Farbe in der menschlichen Wahrnehmung

dass die beiden Sterne eine identische Farbe haben. Trotzdem erscheinen sieIhnen unterschiedlich.

Abbildung 1.9Ein berühmtes Beispiel dafür, wie Ihre Sinne Sie täuschen. Sie wissen es: Natürlich haben beide Sterne die gleiche Farbe und dennoch sehen Sie sie unterschiedlich.

Dieses Bespiel demonstriert auch sehr gut, weshalb Sie bei dem Computer,auf dem Sie Ihre Bilder bearbeiten, als Hintergrundfarbe am besten ein neutra-les Grau einstellen sollten. Ein Neutralgrau sieht zwar langweilig aus, hat aberdie geringsten Auswirkungen auf die dargestellten Bilder und als nettenNebeneffekt haben Sie zum Vergleich bei rein visuellen Korrekturen des Bild-materials immer eine Graukarte zur Hand.

MetamerieDie menschlichen Augen sind keinesfalls die präzisen Messinstrumente, für diesie immer gehalten werden. Viele Mechanismen der Signalverarbeitung inner-halb des menschlichen Seh-Apparates dienen der Vereinfachung dieser Sig-nale zu Gunsten einer schnellen Reizweiterleitung. Jedoch wird durch die Ver-änderung dieser Signale auch die Wahrnehmung der Realität beeinflusst.

Die Reduktion der Sensibilisierung des menschlichen Auges auf die drei Teilbe-reiche Rot, Grün und Blau des sichtbaren Spektrums reduziert die Anzahl derSinnesreize erheblich, ohne die Wahrnehmung wesentlich zu beeinträchtigen.Diese Reduktion hat den Vorteil, dass die Darstellung einer sehr großen Anzahlvon Farben durch die Mischung einer geringen Anzahl von Grundfarbenmöglich wird. Sie hat jedoch den Nachteil, dass Farbanalysen nicht präziseüber das gesamte sichtbare Spektrum, sondern lediglich in Teilbereichenvorgenommen werden können.

Dies führt in der Praxis zu unterschiedlichen Phänomenen in Bezug auf dieWahrnehmung und die Empfindung von Farben. So ist es dem menschlichenAuge nicht möglich, die dünnen spektralen Spitzen, die zum Beispiel vonLeuchtstoffröhren im grünen Bereich emittiert werden, sichtbar zu machen,was zur Folge hat, dass sie in Fotos oft überraschend in Erscheinung treten. Inmodernen Farbnegativfilmen wird diesem Phänomen durch eine zusätzlicheSensibilisierung auf spezielle Wellenlänge begegnet, die beim Farbabzug den

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20 FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE

Licht und FarbeKapitel 1

störenden Grünstich unterdrückt. In der Digitalfotografie bedient man sich indiesem Fall des Weißabgleichs, um ungewünschte Farbstiche zu vermeiden.Das menschliche Auge ist ebenfalls nicht in der Lage zu unterscheiden, ob essich bei einer bestimmten Lichtart um einen Mix verschiedener Wellenlängen,um so genanntes polychromatisches Licht handelt, oder ob Licht monochro-matisch ist, also aus nur einer einzigen Wellenlänge besteht.

All diese Unzulänglichkeiten menschlicher Wahrnehmung gipfeln in dem Phä-nomen der Metamerie. Metamerie beschreibt in der Farbtheorie die Tatsache,dass der Mensch verschiedene Farben unter bestimmten Umständen alsgleich ansieht. So ist es möglich, dass zwei Farben unter einer Lichtquelle alsidentisch, unter einer anderen Lichtquelle jedoch als unterschiedlich empfun-den werden. Dies hat verheerende Auswirkungen auf den Vergleich von Far-ben unter variierenden Beleuchtungsbedingungen. Vor allen Dingen zurAbmusterung von Vorlagen und dem Vergleich von Reproduktion und Originalist deshalb mit absolut einheitlichen Beleuchtungsbedingungen zu arbeiten.

Da die spektrale Zusammensetzung des Lichts maßgeblich an metamerenEffekten beteilig ist, ist zur Beurteilung von Farben anhand von Vorlagen gleichwelcher Art der Einsatz von Normlicht absolut zu empfehlen. Speziell wennFarbstoffe unterschiedlicher Herkunft verglichen werden, ist der Einsatz vonNormlicht unumgänglich. Auch die Farbstoffe in den Tinten der Inkjet-Druckerreagieren unter uneinheitlicher Beleuchtung mit überraschenden Farbverände-rungen, weshalb auch bei der Betrachtung von Tintenstrahldrucken, die jahäufig als Proof gerade zum Zweck der Farbabstimmung angefertigt werden,ausdrücklich der Einsatz von Normlicht empfohlen wird.

1.3 Additives und subtraktives Farbmodell

Farbe ist, wie schon zu Beginn dieses Kapitels angedeutet, nicht die Eigen-schaft eines Gegenstandes, sondern eine Eigenschaft des von ihm ausge-sandten Lichts. Je nachdem, wie ein Gegenstand Licht aussendet, wird erphysikalisch gesehen der Gruppe der Selbstleuchter oder der Gruppe derNichtselbstleuchter zugeteilt. Wenn ein Körper selber Lichtstrahlen produziertund aussendet, wird er der Gruppe der Selbstleuchter zugeordnet. Reflektierter lediglich das einfallende Licht, gehört er zu der Gruppe der Nichtselbst-leuchter. Um die Entstehung von Farbe bei beiden Gruppen erklären zu kön-nen, bedient man sich unterschiedlicher Modelle: dem Modell der additivenund dem der subtraktiven Farbmischung. Diese beiden Modelle dienen gleich-zeitig zur Beschreibung des Farbverhaltens aller Ein- und Ausgabegerätebeziehungsweise -medien, die in der (digitalen) Fotografie verwendet werden.

Hinweis

Die wichtigsten Befehle in Photoshop lassen sich durch bestimmte Tastenkombinationen aufrufen. Diese Short-cuts ersparen viele unnötige Bewegungen mit der Maus. Photo-shop gibt es für die bei-den wichtigen Betriebssystemvarian-ten Mac OS und Win-dows. Aus Gründen der Übersichtlichkeit werde ich die Shortcuts für lediglich eine Betriebs-systemvariante nennen. Das Tolle an Photoshop ist, dass die Shortcuts bei beiden Betriebssys-temen nahezu iden-tisch sind. Sollten Sie die gewohnten Short-cuts im Text vermissen, so modifizieren Sie die Shortcuts folgenderma-ßen: die (Ü)-und die (Ö)-Taste beim Mac entsprechen der (Strg)- und (Alt)-Taste beim PC, ansonsten sind die Tastaturlayouts der beiden Betriebssys-teme mehr oder weni-ger identisch.

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21FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE

1.3 Additives und subtraktives Farbmodell

Das additive FarbmodellDas Modell der additiven Farbmischung beschreibt das Farbverhalten derSelbstleuchter, also das Prinzip der Farbmischung mittels farbigen Lichts. Esgeht in seiner Theorie von drei Lichtquellen aus, die jeweils rotes, grünes undblaues Licht aussenden. Dies sind die drei Farben, die als Grundfarben desTageslichts klassifiziert worden sind. Durch Überlagerung der Strahlengängeund gleichzeitige Variation der Intensität der drei Lichtquellen kann ein Großteilder Farben des sichtbaren Spektrums zusammengemischt werden. Dabeiwird Weiß durch volle Intensität, also maximale Helligkeit, und Schwarz durchgar keine Intensität (die Lichtquellen sind ausgeschaltet) der drei Lichtquellenproduziert.

In dem Ihnen sicherlich aus dem Physikunterricht bekannten Experiment zuradditiven Farbmischung werden die drei idealen Lichtquellen meistens durchnormale Scheinwerfer simuliert, die jeweils mit roter, blauer und grüner Folieversehen sind. Um das Mischungsverhalten der einzelnen farbigen Lichtstrah-len besser nachvollziehen zu können, werden diese in einem abgedunkeltenRaum auf eine weiße Wand projiziert. Dabei sollten sich die Strahlengängenicht vollständig überlagern, um auch die Mischfarben, die aus je zwei der dreiLichtfarben entstehen, sehen zu können.

Dieses bekannte Experiment hat auch in der digitalen Welt sein Pendant. Siekönnen die additive Farbmischung mit einfachen Mitteln in Photoshop odereinem anderen Bildbearbeitungsprogramm simulieren.

Erzeugen Sie mit (Strg)+(N) ein neues Dokument in Photoshop. Im erschei-nenden Dialogfenster NEU, zu sehen in Abbildung 1.10, nehmen Sie anschlie-ßend die abgebildeten Einstellungen vor und klicken auf OK.

Abbildung 1.10Im Photoshop-Dialogfenster NE U nehmen Sie diese Einstellungen vor, um die additive Farbmischung simulieren zu können.

Das neu erzeugte Dokument stellt unsere weiße Projektionsfläche dar, die nochschwarz eingefärbt werden muss, um den abgedunkelten Raum zu simulieren.Dies geschieht über die Menüleiste mittels BEARBEITEN|FLÄCHE FÜLLEN.

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22 FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE

Licht und FarbeKapitel 1

Auf der schwarzen Fläche können Sie jetzt die einzelnen farbigen Scheinwerfersimulieren, indem Sie mit der Tastenkombination (Strg)+(1) zunächst in denRot-Kanal des Bildes wechseln und dort mit dem Werkzeug Auswahlellipse(Taste (M)) einen Kreis zeichnen. Wenn Sie beim Zeichnen der Auswahl die(ª)-Taste gedrückt halten, wird der Kreis perfekt rund. Wiederum über dieMenüleiste mittels BEARBEITEN|FLÄCHE FÜLLEN können Sie die Auswahl mitWeiß füllen.

Per Tastenkombination (Strg)+(2) gelangen Sie in den Grün-Kanal des Bil-des, wo Sie leicht versetzt einen zweiten Kreis zeichnen. Mit (Strg)+(3)schalten Sie in den Blau-Kanal, um einen dritten Kreis zu zeichnen.

Wenn Sie jetzt mit der Tastenkombination (Strg)+(<) wieder zurück zur Nor-malansicht schalten, sollten Sie den Screenshot aus Abbildung 1.11 vor Au-gen haben.

Abbildung 1.11Der klassische Versuchs-

aufbau zum additivenFarbmodell geht von drei

Lichtquellen mit den Primär-farben Rot, Grün und Blau

aus. Werden diese überein-ander projiziert, bilden sich

aus jeweils zwei der drei diehelleren Mischfarben Gelb,Purpur und Blaugrün. Alledrei Primärfarben zusam-

men ergeben Weiß.

Sie sehen die drei Primärfarben Rot, Grün und Blau. Aus der Mischung vonjeweils zwei der drei Primärfarben ergeben sich die so genannten hellerenMischfarben. Sie werden als hellere Mischfarben bezeichnet, weil sie durchAddition der Lichtenergie zweier Primärfarben entstehen und deshalb heller alsdie Primärfarben sind. Ausgehend von der Addition der einzelnen Lichtener-gien wird dieses Farbmodell additives Farbmodell genannt. Die drei resultie-renden helleren Mischfarben werden als Gelb, Purpur und Blaugrün bezeich-net. Gelb entsteht aus der Mischung von Rot und Grün, Purpur aus derMischung von Rot und Blau. Blaugrün entsteht, wie der Name schon sagt,aus der Mischung von Blau und Grün. In der Praxis haben sich die englischenBegriffe für diese Mischfarben etabliert: Sie heißen Yellow, Magenta und Cyan.

Das Photoshop-Beispiel zeigt, dass bei Überlagerung aller drei PrimärfarbenWeiß entsteht. Weiß entsteht jedoch nur dann, wenn alle drei Primärfarben zu

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23FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE

1.3 Additives und subtraktives Farbmodell

gleichen Teilen und mit höchster Intensität überlagert werden. Sollte eine derdrei Primärfarben eine abweichende Intensität haben, so entstünde in derMitte kein Weiß, sondern eine andere Farbe. Ebenso verhält es sich bei gerin-gerer Intensität der drei Primärfarben: Leuchteten diese zwar mit gleicher,jedoch nicht mit absoluter Intensität, so entstünde in der Mitte ein Grau. DieserGrau-Ton variiert mit zunehmender Intensität der drei Primärfarben vonSchwarz (gar keine Intensität) über Mittelgrau (mittlere Intensität) bis hin zuWeiß (absolute Intensität). Die Farben Weiß, Grau und Schwarz nennt manunbunte Farben. Generell gilt: Je höher die Intensität der Primärfarben ist,desto heller ist auch die resultierende Mischfarbe. Umgekehrt nimmt mit derIntensität der Primärfarben auch die Helligkeit der Mischfarben ab.

In der Praxis haben sich zur Definition der Farben des additiven Farbmodellseindeutige Begriffe etabliert. In Anlehnung an die drei Primärfarben sprichtman vom RGB-Farbraum. Bei der Angabe der Intensität der drei Primärfarbenwäre es sinnvoll, relative Angaben, also Prozentwerte zu verwenden. Es istjedoch üblich, absolute Werte anzugeben. Diese haben jedoch den Nachteil,dass sie je nach Datenmenge der Datei variieren. Bei einer 24-Bit-RGB-Datei(3 Farbkanäle mit je 8 Bit Datenmenge) erfolgt die Beschreibung der Farben in28 = 256 Stufen. Daraus resultieren Werte von 0 bis 255 je Primärfarbe. Beieiner 48-Bit-RGB-Datei sind es schon 216 = 65.536 Abstufungen. Man sprichtin diesem Zusammenhang auch von der Farbtiefe einer Datei; je mehr Abstu-fungen ein Farbkanal einer Datei besitzt, desto größer ist ihre Farbtiefe.

Tabelle 1.1Ausgewählte Farben einer 24-Bit-RGB-Datei mit Angabe ihrer absoluten Farbwerte. Die in einer Zeile gegenüberliegenden Farben sind komplemen-tär zueinander.

Für die räumliche Darstellung des additiven Farbmodells bietet sich aufgrundder drei Primärfarben die Projektion in ein dreidimensionales Koordinatensys-tem an. Der Ursprung dieses Koordinatensystems mit den Werten 0, 0, 0 ent-spricht dem Schwarz des additiven Farbmodells mit den RGB-Werten 0, 0, 0.Die drei Achsen des Koordinatensystems stellen die drei Primärfarben Rot,Grün und Blau dar. So entsteht ein Farbraum in Form eines Würfels, definiertdurch die Achsen des Koordinatensystems und den Eckpunkten Yellow,Magenta, Cyan und Weiß. Auf der Raumdiagonalen zwischen Schwarz undWeiß liegen die unbunten Farben, also die Grau-Töne. Die auf den jeweilsgegenüberliegenden Ecken und Kanten des Würfels liegenden Farben sindkomplementär zueinander, das heißt, wenn sie addiert werden, entsteht Grau.

Für Sie als Fotografen ist der RGB-Farbraum der wichtigste Farbraum. Da Siemit Licht arbeiten, begegnet er Ihnen bei Ihrer täglichen Arbeit am häufigsten.Die Farben, die durch die additive Farbmischung entstehen, werden auch alsLichtfarben bezeichnet.

Farbe R G B Farbe R G B

Rot 255 0 0 Cyan 0 255 255

Grün 0 255 0 Magenta 255 0 255

Blau 0 0 255 Yellow 255 255 0

Schwarz 0 0 0 Weiß 255 255 255

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24 FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE

Licht und FarbeKapitel 1

Alle Monitore, Digitalkameras und Scanner basieren auf dem Prinzip des addi-tiven Farbmodells, da sie Farbe durch Licht erzeugen beziehungsweise Licht-strahlen aufzeichnen und in Farbinformation umwandeln. Alle diese Gerätebasieren somit auf dem RGB-Farbraum.

Abbildung 1.12Aufgrund seiner Drei-

Wertigkeit lässt sich dasadditive Farbmodell

räumlich sehr gut in einemklassischen dreidimensio-nalen Koordinatensystem

darstellen:Es entsteht ein Würfel, an

dessen Ecken die dreiPrimärfarben, ihnen gegen-

über die drei helleren Misch-farben sowie Schwarz undWeiß liegen. Die unbuntenFarben (Grau-Töne) liegenauf der Raum-Diagonalen

zwischen Schwarzund Weiß.

Das subtraktive FarbmodellDas zweite wichtige Farbmodell, dem Sie bei Ihrer täglichen Arbeit begegnen,ist das subtraktive Farbmodell. Das subtraktive Farbmodell beschreibt dasFarbverhalten der Nichtselbstleuchter. Die Theorie des subtraktiven Farbmo-dells geht davon aus, dass ein Nichtselbstleuchter, der von einem Lichtstrahlgetroffen wird, bestimmte Teile des Spektrums dieses Lichtstrahls absorbiertund bestimmte Teile dieses Spektrums reflektiert. Dadurch verändert sich dieZusammensetzung des Spektrums des reflektierten Lichtstrahls im Verhältniszu seiner ursprünglichen Zusammensetzung. Diese Veränderung des Spek-trums nimmt das menschliche Auge als Farbe wahr. Alle Farben oder Farbzu-sammensetzungen, die mit Hilfe von Farben beziehungsweise Farbstoffenerzeugt werden, beruhen auf dem Prinzip der subtraktiven Farbmischung. DieFarben, die auf dem Prinzip des subtraktiven Farbmodells basieren, werdenauch als Körperfarben bezeichnet.

Bei den Grundfarben des subtraktiven Farbmodells handelt es sich um dieKomplementärfarben der Primärfarben des additiven Farbmodells. Es sindGelb, Purpur und Blaugrün, für die jedoch wie schon erwähnt die englischen

Schwarz

Rot

Grün

Blau

Magenta

Yellow

Weiß

Cyan

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25FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE

1.3 Additives und subtraktives Farbmodell

Namen Yellow, Magenta und Cyan verwendet werden. Genau wie das additiveFarbmodell wird auch das subtraktive mit den Anfangsbuchstaben seinerGrundfarben bezeichnet. Man spricht deshalb vom CMYK-Farbraum. DerBuchstabe K steht für die Farbe Schwarz. Schwarz wird zwar in der Theoriedes subtraktiven Farbmodells nicht benötigt, um Mischfarben zu erzeugen,einige Faktoren machen seine Verwendung in der Praxis jedoch unumgäng-lich. Auf diese Faktoren werde ich später in diesem Kapitel eingehen.

Das subtraktive Farbmodell lässt sich ebenfalls durch ein in Photoshop simu-liertes Experiment nachvollziehen. Stellen Sie sich bei dieser Simulation vor,Sie tragen einzelne Farben auf ein weißes Blatt Papier auf. Zunächst erzeugenSie mit der Tastenkombination (Strg)+(N) ein neues Dokument. Wenn Sie dieTastenkombination (Strg)+(Alt)+(N) verwenden, wählt Photoshop automa-tisch die Einstellungen der letzten Datei, die Sie neu erzeugt haben. Imerscheinenden Dialogfenster NEU, dessen Screenshot in Abbildung 1.13 zusehen ist, nehmen Sie anschließend die abgebildeten Änderungen vor und kli-cken auf OK. Um das weiße Papier zu simulieren, bleibt der Hintergrund desDokuments weiß und die Farben werden in einzelnen Ebenen aufgetragen.

Abbildung 1.13Das Photoshop-Dialog-fenster NE U mit den Einstellungen zur Simulation der subtraktiven Farbmischung

Als erste Farbe tragen Sie Yellow auf. Dazu drücken Sie zuerst die Tastenkom-bination (Strg)+(ª)+(N), um eine neue Ebene zu erzeugen. Im darauf folgen-den Dialogfenster, zu sehen in Abbildung 1.14, tragen Sie für den Namen derEbene Yellow ein. Als Modus wählen Sie ABDUNKELN aus. Sie haben sichsicherlich schon häufiger über die etwas merkwürdigen Begriffe in Photoshopgewundert und dies möglicherweise auf nachlässige Übersetzungen des Ori-ginals zurückgeführt. Der Begriff ABDUNKELN ist für dieses Beispiel jedoch sehrtreffend. Beim additiven Farbmodell werden die einzelnen Lichtintensitätenaddiert, was zu einer erhöhten Helligkeit der Mischfarben führt. Beim subtrak-tiven Farbmodell wird dem Lichtstrahl ein bestimmter Teil seines Spektrumsabgezogen, was in einer Verringerung der Helligkeit resultiert und daher durch-aus mit dem Begriff ABDUNKELN erklärt werden kann.

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26 FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE

Licht und FarbeKapitel 1

Abbildung 1.14Zur Simulation des Farbauf-trags beim Druck legen Sie

für jede Primärfarbe eineeigene Ebene an.

Abbildung 1.15Der Farbwähler in Photo-shop bietet viele Einstel-

lungsmöglichkeiten in denunterschiedlichsten Farb-räumen. Momentan sind

jedoch nur die CMYK-Wertevon Bedeutung. In

Abschnitt 8.3 werden Siemehr über den Farbwählerund die in Photoshop ver-

wendeten Farbmodelleerfahren.

Abbildung 1.16Die Photoshop-Simulationdes subtraktiven Farbmo-dells: Durch Auftragen der

Farben Yellow, Magentaund Cyan auf ein weißes

Blatt Papier lassen sich dieFarben Rot, Grün, Blau und

Schwarz zusammen-mischen.

Nachdem Sie die erste Ebene angelegt haben, erstellen Sie in dieser Ebeneeine rechteckige Auswahl. Wenn Sie beim Erstellen einer rechteckigen Aus-wahl die (ª)-Taste gedrückt halten, entsteht ein Quadrat. Durch einen

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27FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE

1.3 Additives und subtraktives Farbmodell

Mausklick auf das Symbol für die Vordergrundfarbe öffnen Sie den Farbwäh-ler, dessen Fenster in Abbildung 1.15 gezeigt wird. Stellen Sie rechts unten inden CMYK-Farbeinstellungen für Yellow 100% ein.

Jetzt können Sie wiederum über die Menüleiste mittels BEARBEITEN|FLÄCHE FÜL-LEN die rechteckige Auswahl mit Gelb füllen.

Wiederholen Sie diese Vorgehensweise und zeichnen Sie leicht versetzt eineEbene mit der Farbe Magenta und schließlich eine Ebene mit Cyan. Jetzt solltenSie Abbildung 1.16 vor Augen haben.

Sie sehen bei dieser Simulation eines Druckprozesses, wie durch Auftragender drei subtraktiven Grundfarben Yellow, Magenta und Cyan auf ein weißesBlatt Papier zusätzlich die Farben Rot, Grün, Blau und Schwarz erzeugt wer-den können. Die Theorie des subtraktiven Farbmodells, die besagt, dassbestimmte Bereiche des Spektrums des einfallenden Lichts absorbiert wer-den, lässt sich an diesem virtuellen Experiment in Photoshop sehr gut nach-vollziehen. Diese Theorie wird in Abbildung 1.17 noch einmal verdeutlicht: Aufdas zunächst unbehandelte Blatt Papier fällt weißes Licht und wird mit seinemkompletten Spektrum, bestehend aus den additiven Grundfarben Rot, Grünund Blau reflektiert. Das Resultat ist, dass Sie das Papier als weißes Papiersehen können. Betrachten Sie jetzt die Farbe Yellow, die Sie zuerst aufgetra-gen haben. An der Stelle, wo Gelb auf das Papier aufgetragen wurde, wird vondiesem Gelb der Blau-Anteil des einfallenden weißen Lichts absorbiert und nursein Grün- und Rot-Anteil durchgelassen und vom Papier reflektiert. Deshalbsieht der bedruckte Teil des Papiers an dieser Stelle gelb aus. Dort, wo dasGelb vom Magenta überlagert wird, wird aus dem einfallenden weißen Lichtzusätzlich noch der Grün-Anteil absorbiert, was dazu führt, dass nur noch derRot-Anteil des weißen Lichts reflektiert wird. Deshalb erscheint diese Stelle rot.Dort, wo alle drei subtraktiven Grundfarben Yellow, Magenta und Cyan überei-nander aufgetragen wurden, wird das gesamte Spektrum des einfallendenLichts absorbiert, es resultiert die Farbe Schwarz.

In der Praxis ist es nicht üblich, die einzelnen Druckfarben vollflächig überein-ander zu drucken. Auch um Mischfarben erzeugen zu können, die aus variie-renden Intensitäten der Grundfarben bestehen, bedarf es eines Druckrasters.Erst durch die Rasterung ist es möglich, die Abstufungen der subtraktivenGrundfarben zu drucken und somit die einzelnen Mischfarben darzustellen.Die Abstufungen in der Intensität der einzelnen Grundfarben werden über dieAnzahl der Rasterpunkte sowie deren Größe gesteuert.

Zur Beschreibung der Intensität der einzelnen Grundfarben im subtraktivenFarbmodell werden, anders als beim RGB-Farbraum üblich, relative Wertebenutzt. Die Angabe erfolgt für jede Grundfarbe einzeln, in Werten auf einerSkala von 0 bis 100%. Dabei steht 0% für keinen Farbauftrag, also Papier-weiß, und 100% für maximalen Farbauftrag. Die Intensitätsangaben beim sub-traktiven Farbmodell verhalten sich dementsprechend genau umgekehrt zudenen des additiven Farbmodells: Ein kleiner Prozent-Wert erzeugt eine helleFarbe, ein hoher Prozent-Wert eine dunkle Farbe. Durch die Tatsache, dass für

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28 FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE

Licht und FarbeKapitel 1

jede Grundfarbe ein Farbauftrag von bis zu 100% möglich ist, existieren imOffsetdruck immer Werte für den so genannten Gesamtfarbauftrag von mehrals 100%. Die Werte für den Gesamtfarbauftrag hängen vom Druckverfahrenund vom zu bedruckenden Papier ab. Übliche Werte für den Gesamtfarbauf-trag liegen zwischen 240% für Zeitungspapier und 350% für hochwertiges Bil-derdruckpapier. Als aufmerksamer Leser sollten Sie jetzt irritiert sein. Wie sollbei drei Grundfarben mit jeweils maximal 100% Flächendeckung ein Gesamt-farbauftrag von 350% möglich sein? Dies geschieht durch den Einsatz vonSchwarz als vierte Druckfarbe.

Abbildung 1.17Das subtraktive Farbmodell:

Durch Absorption undReflexion bestimmter Teile

des einfallenden Lichts ent-steht Farbe. In der oberenReihe sehen Sie Schwarzund Weiß, in der mittleren

Reihe die subtraktivenGrundfarben Yellow,

Magenta und Cyan und inder unteren Reihe die Far-

ben Blau, Grün und Rot, dieaus der Mischung von jezwei subtraktiven Grund-

farben entstehen.

Sie werden sich jetzt sicherlich fragen, wozu denn im subtraktiven Farbmodellnoch die Farbe Schwarz benötigt wird. Schwarz lässt sich doch durchMischung von 100% Yellow, 100% Magenta und 100% Cyan erzeugen. Dasist leider nur in der Theorie des subtraktiven Farbmodells möglich. Dochzunächst einmal einige grundsätzliche Gedanken zum Thema Schwarz imZusammenhang mit dem CMYK-Farbraum. Wie schon erklärt, wird die FarbeSchwarz durch den Buchstaben K in CMYK symbolisiert. Warum denn K?Über diese Frage wird viel diskutiert, um nicht zu sagen philosophiert. MancheMenschen behaupten, das K stünde für den Buchstaben K aus dem engli-schen Wort black. Um eine Verwechselung mit dem Anfangsbuchstaben B fürBlau aus dem RGB-Farbraum zu vermeiden, habe man eben das K gewählt.Das klingt sinnvoll, wenn auch nicht ganz logisch. Andere behaupten, das Kstünde als Abkürzung für das Wort key, das im fotografischen Kontext ein Syn-onym für Schwarz sei. Ihnen sind die Begriffe High-Key und Low-Key für

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29FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE

1.3 Additives und subtraktives Farbmodell

leichte und helle oder mystische und dunkle Schwarz-Weiß-Fotografienbekannt. Leider verhält es sich bei diesen Fachausdrücken anders als beimjeweiligen Schwarzanteil eines CMYK-Bildes. High-Key, also viel Schwarz,steht bekanntermaßen für helle Fotos, Low-Key, also wenig Schwarz, stehthingegen für dunkle Bilder.

Im CMYK-Farbraum ist es genau umgekehrt: Viel Schwarz steht für dunkleund wenig Schwarz für helle Bilder. Auch dieser Erklärungsversuch für denBuchstaben K erscheint auf den ersten Blick nachvollziehbar, es bleibenjedoch Zweifel. Für diese Zweifel, befürchte ich, gibt es leider keine passendeAntwort. Für das Verständnis des subtraktiven Farbmodells ist allerdings ent-scheidend, dass K für Schwarz steht und dass dieses Schwarz offensichtlichzum CMYK-Farbaufbau benötigt wird.

Dies hat verschiedene Gründe. Zum einen lassen sich Druckfarben nicht mitden optimalen spektralen Eigenschaften herstellen, die für eine ideale Umset-zung des subtraktiven Farbmodells nötig wären. Es gibt eben nicht die perfek-ten Farbstoffe, die das gesamte Spektrum ihrer Komplementärfarbe absorbie-ren können. In der Praxis bedeutet dies, dass zum Beispiel die Farbe Cyannicht alle Rot-Anteile eines einfallenden Lichtstrahls absorbieren kann, es wer-den dennoch geringe Rot-Anteile reflektiert. Ebenso verhält es sich mit denFarben Yellow und Magenta. Daraus resultiert, dass beim Übereinanderdru-cken aller drei subtraktiven Grundfarben kein absolutes Schwarz, sonderneher ein sehr dunkles Braun entsteht. Jedoch auch das Schwarz alleine sorgtnicht für die nötige Tiefe beim Drucken. Häufig wird das Schwarz noch mitCyan zusammengedruckt. Aber erst eine Kombination aus allen vier Farbenmacht wirklich tiefe Schwärzen möglich.

Abbildung 1.18Für maximale Tiefe ist neben den drei subtrakti-ven Grundfarben auch noch Schwarz notwendig.

Abbildung 1.19Der Einsatz von Schwarz als vierte Druckfarbe ermöglicht Einsparungen bei den drei anderen Druckfarben.

CMY CMYKK

20

40

60

80

100

20

40

60

80

100

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30 FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE

Licht und FarbeKapitel 1

Abbildung 1.20Es resultiert eine optisch

identische Farbe mitvollkommen anderen

CMYK-Werten.

Ein weiterer Aspekt, der für den Einsatz von Schwarz spricht, ist die Möglich-keit, Druckfarbe zu sparen. So lassen sich beim Mischen von Farben, die alledrei subtraktiven Grundfarben enthalten, bestimmte Anteile dieser drei Grund-farben durch Schwarz ersetzen. Dies ist vor allen Dingen bei dunklen Farbensehr hilfreich, denn der Austausch der drei Grundfarben durch Schwarz sorgtzusätzlich für eine neutralere Wiedergabe der Tiefen. Insgesamt ist durch denEinsatz von Schwarz als vierte Druckfarbe auch eine neutralere Graubalance inden Bildern möglich, da die Grau-Töne direkt als Abstufungen von Schwarzgedruckt werden können. Das Beispiel in Abbildung 1.19 zeigt den Ersatz voninsgesamt 91% Grundfarben (26% Cyan, 27% Magenta und 38% Yellow)durch 49% Schwarz, es wurden also insgesamt 42% Druckfarbe eingespart.Hierbei werden auch noch einmal die unterschiedlichen spektralen Eigen-schaften der Grundfarben deutlich. Zur Erzeugung von Schwarz müsste manin diesem Beispiel 10% mehr Gelb benutzen, als es die Theorie des subtrakti-ven Farbmodells, die von gleichen Anteilen der Grundfarben für Schwarz aus-geht, vermuten lässt.

Anhand des Beispiels in Abbildung 1.20 wird ein weiterer Nachteil des CMYK-Farbraums deutlich: Unterschiedliche CMYK-Werte können die gleiche Farbedarstellen. Dies macht die präzise Vorhersage einer Farbe anhand ihrerCMYK-Werte nahezu unmöglich. Es gehört schon eine Menge Erfahrungdazu, sich im CMYK-Farbraum sicher zu bewegen. Ich bin schon froh, dassmir Vorhersagen im RGB-Farbraum einigermaßen gelingen, und der hat nurdrei Grundfarben und eindeutige Grau-Werte.

Um dem Problem der Vorhersagbarkeit von CMYK-Farben begegnen zu können,haben sich in der Praxis so genannte Farbmusterbücher oder Farbatlanten etab-liert. In ihnen sind auf zahlreichen Seiten, wie in Abbildung 1.21, die unzähligenMischfarben der einzelnen Grundfarben des CMYK-Farbraums abgedruckt. Umdie vier CMYK-Farbwerte übersichtlich auf der lediglich zweidimensionalen Buch-seite unterbringen zu können, müssten zwei Farben weggelassen werden. Daaber alle vier Farben im Zusammendruck gezeigt werden sollen, ist ein Weglas-sen von Farben unmöglich. Deshalb werden zwei Grundfarben, meistens sind esYellow und Schwarz, in einheitlichen Werten für jede Seite und die zwei anderenFarben in zweidimensional abgestuften Farbfeldern auf dieser Seite gedruckt.

In der Praxis bedeutet dies zum Beispiel für ein Farbmusterbuch mit 10%igerAbstufung der CMYK-Werte: Es existieren 121 Buchseiten mit variierendenYellow- und Schwarz-Werten und auf jeder dieser Seiten jeweils 121 Farbfel-

40%26%

0%49%

66%53%38%

0%

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31FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE

1.3 Additives und subtraktives Farbmodell

der mit Magenta und Cyan in abgestuften 10%-Werten von 0 bis 100%. Jetztwissen Sie, warum diese Bücher auch Farbatlanten genannt werden. Mankann in ihnen jede CMYK-Farbe nachschlagen und damit ihren visuellen Ein-druck vorherbestimmen.

Abbildung 1.21Zur exakten Bestimmung von Farben im CMYK-Farb-raum haben sich Farbmus-terbücher etabliert. Diese Seite stellt auf Basis von 20% Yellow und 10% Schwarz die Abstufungen von 0 bis 100% in Magenta und Cyan dar.

Nachdem Sie jetzt einiges über das subtraktive Farbmodell und den daraufbasierenden CMYK-Farbraum erfahren haben, noch eine abschließendeBemerkung: Es ist durchaus möglich, dass ich innerhalb dieses Buches abund zu den Begriff des RGB-Druckers verwende. Dies ist rein sachlich gese-hen natürlich falsch, denn ich habe Ihnen ja zu Beginn dieses Kapitels erläu-tert, dass das RGB-Farbmodell immer im Zusammenhang mit Selbstleuchternund das CMYK-Farbmodell mit Nicht-Selbstleuchtern funktioniert.

Da aber das von einem Drucker bedruckte Papier und die verwendeten Tintennicht selbst leuchten, ist der Begriff des RGB-Druckers eigentlich nicht korrekt.Mit RGB-Druckern sind Drucker gemeint, deren Druckertreiber ausschließlichRGB-Dateien (ordentlich) verarbeiten können. Dies sind in der Regel alle Farb-drucker, gleich welcher Bauart, die kein PostScript unterstützen. Diese Gerätebasieren in ihrer Farbwiedergabe natürlich auf dem Prinzip der subtraktivenFarbmischung und drucken deshalb auch mit den Farben Yellow, Magenta,Cyan und Schwarz, die Wiedergabe von CMYK-Dateien mit diesen Druckern ist

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

Y=20K=10

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32 FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE

Licht und FarbeKapitel 1

allerdings häufig unbefriedigend. Der Einsatz dieser Drucker hat den Vorteil, dassman sich keinerlei Gedanken machen muss, wie die RGB-Daten für den Druckeraufbereitet werden müssen, diese Arbeit nimmt Ihnen der Druckertreiber ab.Möchte man mit diesen Geräten allerdings den klassischen CMYK-Druck simu-lieren, so kommt man um die Anschaffung einer speziellen Software zur Ansteu-erung des Druckers, so genannter RIP-Software, meistens nicht herum.

1.4 CIEXYZ und CIELab, die Normie-rung menschlichen Farb-Sehens

In diesem Abschnitt wird es ein bisschen komplizierter, denn es geht um dieBeschreibung des menschlichen Farb-Sehens anhand mathematischer Mo-delle. Beim Thema Mathematik dürften Sie allerdings schon ahnen, wozu sieim Zusammenspiel mit der Farbe dient. Sie ist die Grundlage der präzisenBeschreibung von Farbe mit Hilfe von Zahlen und damit ideal dazu geeignet,Farben innerhalb eines Computersystems zu definieren und zu berechnen.Sicherlich kann man auch mit den RGB-Werten des additiven Farbmodellsrechnen, doch Sie werden erfahren, dass RGB-Werte als nackte Zahlen Far-ben reichlich unpräzise beschreiben.

Langer Rede kurzer Sinn: Das CIEXYZ und das CIELab-Farbmodell sind zen-traler Bestandteil aller Farbmanagement-Software und deshalb aus der Digi-talfotografie nicht wegzudenken.

Der Grassmann’sche VersuchsaufbauBereits im Jahr 1853 war Hermann Grassmann dem Wesen der Farbe auf derSpur: Er stellte Überlegungen zur Gesetzmäßigkeit der Farbmischung an. Dadie Theorie der Sensibilität des menschlichen Auges für die drei spektralenTeilbereiche Rot, Grün und Blau schon damals populär war, beschloss Her-mann Grassmann, sich dem Prinzip der additiven Farbmischung zu widmen.Er konstruierte einen Versuchsaufbau aus drei Lampen auf der einen und einerLampe auf der anderen Seite einer Trennwand. Die drei Leuchten auf dereinen Seite der Trennwand waren in ihrer Leistung variabel und projizierten dieadditiven Primärfarben Rot, Grün und Blau auf eine weiße Fläche. Die Farbedes Lichts der vierten Leuchte jenseits der Trennwand konnte verändert wer-den und wurde auf den durch die Wand abgetrennten Teil der weißen Flächeprojiziert. So war ein direkter Vergleich der Farben rechts und links der Trenn-wand möglich, ohne dass sich die Farben gegenseitig beeinflussen konnten.Das Schema des Grassmann’schen Versuchsaufbaus ist in Abbildung 1.22gezeigt, wobei die Projektion der Farben im Original-Versuch natürlich in voll-kommener Dunkelheit auf eine weiße Fläche stattfand.

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33FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE

1.4 CIEXYZ und CIELab, die Normierung menschlichen Farb-Sehens

Abbildung 1.22Schema des Grassmann’schen Versuchsaufbaus:Die Farbe des Lichts der Lampe auf der linken Seite der Trennwand sollte durch Regulierung der Leucht-stärke aus den Farben des Lichts der drei Lampen auf der rechten Seite nachge-mischt werden.

Hermann Grassmann beauftragte nun Versuchspersonen damit, die durchdas Licht der einzelnen Leuchte vorgegebene Farbe durch eine Variation derHelligkeit der drei anderen Leuchten nachzumischen. In den meisten Fällengelang den Versuchspersonen die Nachmischung der vorgegebenen Farbeohne große Probleme.

Abbildung 1.23In diesem Fall lässt sich die Farbe links nicht mit den drei Farben rechts nachmi-schen. Selbst das Aus-schalten des grünen Lichts führt nicht zur gewünsch-ten Übereinstimmung der Farben rechts und links der Trennwand.

Bei einigen Farben gelang ihnen das Nachmischen jedoch überhaupt nicht. Eszeigte sich, dass bei diesen zunächst nicht nachmischbaren Farben mit einemkleinen Trick nachgeholfen werden konnte.

Wenn eine der drei Leuchten, wie in Abbildung 1.24, auf der einen Seiteabmontiert und zu der einzelnen Leuchte auf der anderen Seite montiertwurde, war es möglich, die (dadurch natürlich etwas veränderte) ursprünglichvorgegebene Farbe mit den verbleibenden zwei Leuchten jenseits der Trenn-wand problemlos nachzumischen.

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34 FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE

Licht und FarbeKapitel 1

Abbildung 1.24Mit einem Trick lässt sichdie Übereinstimmung der

Farben rechts und linksdennoch erreichen.

Zunächst wird in diesemBeispiel die Leuchte mit

dem grünen Licht auf dielinke Seite montiert ...

Die Lösung des Problems mit Hilfe dieses Tricks scheint auf den ersten Blicknicht sonderlich spektakulär zu sein. Die vorgegebene, nicht nachmischbareFarbe wurde ja durch den Umbau des Versuchsaufbaus verändert, bevor sieschließlich doch nachgemischt werden konnte. Das ist ja keine Kunst. Ist esauch nicht.

Abbildung 1.25… dann wird die Leuchte

mit dem grünen Licht einge-schaltet und dadurch dieursprüngliche Farbe links

modifiziert. So ist ein Nach-mischen sogar mit nur zwei

Leuchten auf der rechtenSeite problemlos möglich.

Wichtig sind die generellen Erkenntnisse, die aus diesem Versuch gewonnenwerden konnten, zum Beispiel die, dass man bei der Mischung von Farbenwie bei der Lösung einer mathematischen Gleichung vorgehen kann. Dasheißt, man kann die arithmetischen Operatoren + und – zur Verrechnung vonFarbwerten zwecks Farbmischung verwenden. In der Tat ähnelt der Grass-mann’sche Versuchsaufbau im Zustand der Übereinstimmung beider Farbendem Schema einer mathematischen Gleichung, bei der auf beiden Seitenübereinstimmende Werte durch verschiedene Variablen beschrieben werden.Die Trennwand stellt bei diesem Experiment das mathematische Gleichheits-zeichen (=) dar. Isoliert man eine Variable auf einer Seite der Gleichung, so wirdder Wert dieser Variablen von der anderen Seite der Gleichung mehr oderweniger präzise beschrieben. Diese doch sehr theoretischen Ausführungenwerde ich Ihnen anhand des Beispiels aus Abbildung 1.25 beschreiben.

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35FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE

1.4 CIEXYZ und CIELab, die Normierung menschlichen Farb-Sehens

Die vorgegebene Farbe Magenta lässt sich zunächst nicht nachmischen, alsowird die grüne Leuchte zu der Leuchte links der Trennwand mit der FarbeMagenta gestellt, um eine Übereinstimmung der Farben links und rechts derTrennwand zu erzielen. Diese Übereinstimmung wird nach dem Einschaltender Leuchte mit dem grünen Licht bei einer Leistung von 20% erreicht. Mathe-matisch gesehen lässt sich dieser Zustand folgendermaßen formulieren:

100% Magenta + 20% Grün = 100% Rot + 100% Blau + 0% Grün

Dieses Ergebnis lässt sich in Anlehnung an eine mathematische Gleichungauch anders beschreiben:

100% Magenta = 100% Rot + 100% Blau - 20% Grün

Um den negativen Wert für Grün aus dieser Gleichung zu eliminieren, müssteman theoretisch die Werte für Rot und Blau erhöhen, was allerdings nichterlaubt ist:

100% Magenta = 120% Rot + 120% Blau

Wie Sie sehen, lässt sich auch diese Gleichung lösen und man erhält einerstaunliches Ergebnis: Einige Farben lassen sich offensichtlich nur mit negati-ven RGB-Werten beschreiben. Negative RGB-Werte entstehen bei der additi-ven Farbmischung dann, wenn die drei Primärfarben, die gemischt werden,nicht mit ausreichender Sättigung vorliegen. Deshalb resultieren nach Auflö-sung dieser Gleichung auch theoretische Werte von 120% für die Primärfar-ben Rot und Blau. Natürlich lassen sich negative RGB-Werte technisch nichterzeugen, sie sind ebenfalls rein theoretischer Natur. Dennoch erscheint ihreExistenz, basierend auf den Erkenntnissen aus den Grassmann’schen Versu-chen, durchaus logisch.

Eine weitere Erkenntnis, die sich aus den Grassmann’schen Versuchen gewin-nen ließ, ist die Tatsache, dass man jede vorgegebene Farbe aus drei beliebi-gen anderen Farben zusammenmischen kann. Die einzige Bedingung hierfürist, dass sich keine dieser drei beliebigen Farben aus den beiden anderenzusammenmischen lässt. Außerdem muss unter Umständen die vorgegebeneFarbe durch Hinzumischen einer der drei anderen Farben etwas verändertwerden. Der wichtigste Aspekt bei dieser Aussage ist, dass es sich bei den zurMischung verwendeten Farben ausdrücklich um drei beliebige Farben handelndarf!

Mehr als 150 Jahre nach ihrer Formulierung besitzen die Grassmann’schenGesetze auch heute noch ihre Gültigkeit.

Die CIE-NormfarbtafelDie Commission Internationale de l’Eclairage, auf Deutsch die InternationaleKommission für Beleuchtung, ist ein Gremium aus Wissenschaftlern und ande-ren Fachleuten, die sich zwecks internationaler Normierung mit allen Aspektenrund um das Thema Beleuchtung auseinander setzen. Die Abteilung Vision andColour der CIE beschäftigt sich seit 1913 mit dem Thema Farbmetrik.

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36 FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE

Licht und FarbeKapitel 1

Im Jahr 1931 veröffentlichte die CIE die so genannte CIE-Normfarbtafel zurVisualisierung und Beschreibung der menschlichen Farbwahrnehmung. DieserVeröffentlichung waren zahlreiche Untersuchungen zur menschlichen Farb-wahrnehmung vorausgegangen. Viele dieser Untersuchungen widmeten sichder menschlichen Farbwahrnehmung mit dem Ziel, unter einheitlichen Rah-menbedingungen reproduzierbare Werte zur Beschreibung der vom Menschenwahrnehmbaren Farben zu ermitteln.

Etlichen Versuchspersonen ist damals die gleiche Aufgabe gestellt worden:Sie sollten in einem Experiment nach dem Prinzip des Grassmann’schen Ver-suchsaufbaus vorgegebene Farbmuster mittels der additiven Farbmischungnachmischen. Für diese additive Farbmischung wurde rotes Licht mit einerWellenlänge von 700 nm, grünes Licht mit einer Wellenlänge von 546,1 nmund blaues Licht mit einer Wellenlänge von 435,8 nm verwendet. Die Auswahldieser Wellenlängen geschah vollkommen willkürlich und war, wenn über-haupt, rein pragmatisch bedingt: 546,1 nm und 435,8 nm sind zwei typischeSpektrallinien von Quecksilberdampflampen.

Um von möglichst identischen Bedingungen bei allen Probanden ausgehen zukönnen, definierte die CIE den Versuchsaufbau sehr exakt. So wurden im Vor-feld der Versuche Überlegungen angestellt, welche Größe die zu vergleichen-den Farbmuster haben sollten. Damals wurde von der CIE der so genannte2°-Standardbeobachter definiert. Dies bedeutet nichts anderes, als dass dieVersuchspersonen die Nachmischung eines etwa 9,57 cm2 großen Farbmus-ters bei einem Betrachtungsabstand von einem Meter vornehmen mussten.Das ist nicht besonders groß.

Abbildung 1.26Wenn Sie die Kreise auseinem üblichen Leseab-

stand von 30 cm betrach-ten, entspricht das dem

Blickwinkel des 2°-Stan-dardbeobachters.

Im Jahr 1964 wurden die Versuche deshalb noch einmal mit einem 10°-Stan-dardbeobachter durchgeführt, um die menschliche Farbwahrnehmung bei derBetrachtung von größeren Farbflächen zu analysieren. Einem Winkel von 10°entspricht die Betrachtung einer 240 cm2 großen Fläche aus einem Meter Ent-fernung. Die Untersuchung ergab, dass der Mensch bei der Betrachtung grö-ßerer Farbflächen dazu neigt, diese als etwas blauer anzusehen als kleineFarbflächen. Dies kann mit der bereits erwähnten stärkeren Reizung der Stäb-chen in den peripheren Regionen der Netzhaut bei der Betrachtung größererFarbflächen erklärt werden.

Bei den Nachmischungsversuchen traten, bedingt durch die willkürliche Wahlder Wellenlängen der drei Grundfarben, dieselben Probleme auf, die auchschon Herrmann Grassmann erlebt hatte. Einige Farben ließen sich auch hiernicht aus den drei Grundfarben zusammenmischen. Zur Nachmischung dieserFarbmuster war es wie bei Herrmann Grassmann nötig, eine der drei Grund-farben zum Licht des Farbmusters hinzuzuaddieren, um die Angleichung zuermöglichen. Das Problem war also die zu geringe Sättigung der drei willkür-

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37FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE

1.4 CIEXYZ und CIELab, die Normierung menschlichen Farb-Sehens

lich gewählten additiven Grundfarben, weshalb bei der Nachmischung man-cher Farben die technisch nicht zu realisierenden negativen RGB-Werte resul-tierten. Auch stellte die Berücksichtigung negativer RGB-Werte eine von derCIE nicht gewollte Verkomplizierung des Systems dar.

Um dem Problem mit den zu gering gesättigten additiven Grundfarben ein füralle Mal begegnen zu können – denn es war nicht klar, ob die drei benötigtenGrundfarben mit der benötigten hohen Sättigung überhaupt existierten –, defi-nierte die CIE einfach drei theoretische übersättigte Grundfarben. Um jeglicheVerwechselung mit bereits existierenden Farben zu vermeiden, nannte mandiese rein virtuellen Farben X, Y und Z. X steht dabei als Synonym für die FarbeRot, Y als Synonym für die Farbe Grün und Z als Synonym für die Farbe Blau.Die Beschreibung einer Farbe erfolgt, wie bei anderen Farbsystemen üblich,durch Angabe der Werte für die Farben X, Y und Z; man nennt sie auch Tristi-mulus-Werte. Die Benennung rein virtueller Farben war per Definition durch dieGrassmann’schen Gesetze möglich, solange man die Beziehung dieser virtu-ellen Farben zu den sichtbaren Farben mathematisch eindeutig beschreibenkonnte. Diese eindeutige Beschreibung war durch die zahlreichen Versucheder CIE möglich. Es wurden einfach die Erkenntnisse aus den Nachmi-schungsversuchen auf die virtuellen X-, Y- und Z-Werte umgerechnet. So defi-nierte die CIE das CIEXYZ-Farbmodell, das zwar auf virtuellen übersättigtenFarben beruht, aber endlich die Möglichkeit bot, die menschliche Farbwahr-nehmung anhand eines präzisen Modells zu beschreiben.

Die CIE definierte ebenfalls eindeutige Spektralwerte, die die relative spektraleEmpfindlichkeit des Standardbeobachters für die drei virtuellen Grundfarben X,Y und Z beschreibt. Die Kurven dieser Normspektralwerte, die so genanntenNormspektralwertkurven, werden in Abbildung 1.27 gezeigt. Die Spektralver-teilung des virtuellen Grüns, also der Farbe Y, wurde so gewählt, dass sie demHelligkeitsempfinden eines helladaptierten menschlichen Auges entspricht. Mitanderen Worten wird über den Y-Wert einer Farbe, neben der reinen Farbinfor-mation, gleichzeitig die vom Menschen empfundene Helligkeit dieser Farbebeschrieben.

Die Werte für die drei Farben X, Y und Z sind so gewählt, dass ihr Maximumbei 100 liegt, der hellste Tristimulus-Wert mit X = 100, Y = 100 und Z = 100stellt ein so genanntes ideales Weiß dar. Die unbunten Farben, also die Grau-Töne, werden durch drei identische Werte für X, Y und Z beschrieben.

Um das CIEXYZ-Farbmodell visuell darstellen zu können, müssen noch einpaar Umrechnungen durchgeführt werden. Zunächst einmal müssen aus deneinzelnen Werten für die Normfarben X, Y und Z die so genannten Normfarb-wertanteile errechnet werden. Dies bedeutet nichts anderes, als dass das Ver-hältnis der Anteile von X, Y und Z an einem Farbwert berechnet wird. Die fürdie Darstellung des CIEXYZ-Farbmodells wichtigen Normfarbwertanteile x, yund z werden nach folgenden Formeln aus den Farbwerten für X, Y und Zerrechnet:

und und x XX Y Z+ +------------------------= y Y

X Y Z+ +------------------------= z

ZX Y Z+ +------------------------=

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38 FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE

Licht und FarbeKapitel 1

Abbildung 1.27Die von der CIE veröffent-lichten Normspektralwert-

kurven zeigen die spektraleEmpfindlichkeit des Auges

eines 2°-Standardbeobach-ters für die virtuellen

additiven GrundfarbenX, Y und Z.

Die Normfarbwertanteile werden mit x, y und z bezeichnet und haben mit denBuchstaben x, y und z zur Bezeichnung der Normspektralwertkurven in Abbil-dung 1.27 nur eins gemeinsam, nämlich dass sie sich ebenfalls auf eine derdrei Normfarben X, Y oder Z beziehen. Begehen Sie also nicht den Fehler,diese verschiedenen Bedeutungen durcheinander zu werfen.

Sie sehen, die Berechnung der Normfarbwertanteile ist relativ simpel. Um dasGanze weiter zu vereinfachen, sollten Sie sich die Formeln etwas genaueransehen. Sie werden feststellen, dass für jeden beliebigen Farbwert aus X, Yund Z die drei Normfarbwertanteile zusammengezählt immer 1 ergeben, alsox + y + z = 1. Dies wiederum bedeutet, dass man einen der drei Normfarb-wertanteile unbeachtet lassen kann, da er ohnehin aus den anderen beidenerrechnet werden kann.

Bei der Visualisierung des CIEXYZ-Farbmodells wurde auf den Normfarbwert-anteil z verzichtet und die beiden verbleibenden Werte x und y wurden in einklassisches Koordinatensystem eingetragen. Der resultierende Kurvenzug wirdin Abbildung 1.28 gezeigt. Er wird als CIE-Normfarbtafel bezeichnet und ist diezweidimensionale Darstellung des CIEXYZ-Farbmodells. Am Rande dieser oftals Schuhsohle bezeichneten Farbfläche sind die zu den jeweiligen Farbengehörenden Wellenlängen des Lichts in nm angegeben. Die Gerade, die amunteren Ende zwischen Rot und Blau verläuft und den Kurvenzug dadurchschließt, wird als Purpurlinie bezeichnet.

Die Farbe Purpur oder Magenta ist deshalb nicht auf dem Kurvenzug enthal-ten, weil sie auch im natürlichen Spektrum des Sonnenlichts nicht enthaltenist. Die Farbe Magenta entsteht in der menschlichen Wahrnehmung nur durchMischung von Rot und Blau.

Durch die Koordinate x = 0,33 und y = 0,33 (also auch z = 0,33, Sie wissen ja,dass alle drei Normfarbwertanteile zusammengerechnet immer 1 ergeben)wird die so genannte Mittelpunktvalenz E dargestellt. Dort, wo die Normfarb-

z

y x

0,0

0,4

0,8

1,2

1,6

2,0

350 400 450 500 550 600 650 700 750

Wellenlänge in nm

rela

tive

Em

pfin

dlic

hkei

t

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39FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE

1.4 CIEXYZ und CIELab, die Normierung menschlichen Farb-Sehens

wertanteile x, y und z gleich sind, was bedeutet, dass auch die NormfarbwerteX, Y und Z gleich sind, verläuft, wie in Abbildung 1.29 gezeigt, die Helligkeits-achse Y. Auf ihr liegen alle unbunten Farben, also die Grau-Töne. So wird eineFarbe auf der CIE-Normfarbtafel durch die x- und y-Koordinaten eindeutig inFarbton und Sättigung beschrieben und durch die Y-Koordinate in ihrer Hellig-keit. Da der Y-Wert für die Helligkeit direkt aus den XYZ-Werten übernommenwird, ist auch sein maximaler Wert 100 und sein minimaler Wert 0.

Abbildung 1.28Die CIE-Normfarbtafel stellt die vom menschlichen Auge unterscheidbaren Farben dar. Außen sind die den Far-ben entsprechenden Wel-lenlängen des Lichts aufgetragen. Der Buch-stabe E zeigt die so genannte Mittelpunktsva-lenz. Hier sind die Werte für x und y (und z) gleich, was bedeutet, dass hier die Grau-Töne lokalisiert sind.

Abbildung 1.29Durch die MittelpunktvalenzE verläuft die neben der Grün-Komponente für die Helligkeit zuständige Y-Achse des CIEXYZ-Farb-modells. Auf ihr liegen alle unbunten Farben, also die Grau-Töne. Das ideale Weiß wird durch den XYZ-Wert 100,100,100 dargestellt.

0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

0,8

0,9

0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9x

y

650

380-400450

470

480

490

500

510

520530

540

550

560

570

580

590

600610

620

700-780

E

Y

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40 FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE

Licht und FarbeKapitel 1

Die CIE-Normfarbtafel ist die lediglich zweidimensionale Darstellung deseigentlich dreidimensionalen CIEXYZ-Farbmodells. Eventuell wird Ihnen imZusammenhang mit der CIE-Normfarbtafel auch der Begriff des Yxy-Farbmo-dells begegnen. Die dreidimensionale Form dieses Farbraums können Sie sichin etwa als eine auf den Kopf gestellte Tüte vorstellen. Am spitzen oberenEnde dieser Tüte liegt Weiß. In Richtung Weiß verjüngt sich die Tüte, da dortdie Farben vom Auge nicht mehr so gut differenziert werden können wie imdunklen Bereich.

Die CIE-Normfarbtafel enthält entgegen der landläufigen Meinung nicht dievom menschlichen Auge sichtbaren, sondern die von ihm unterscheidbarenFarben des sichtbaren Spektrums. Dies ist ein entscheidender Unterschied.Außerhalb des Kurvenzugs sind die Farben für das menschliche Auge vondenen am Rand des Kurvenzugs nicht mehr zu unterscheiden.

Trotz seines Alters von über 70 Jahren besitzt des CIEXYZ-Farbmodell nachwie vor seine Gültigkeit. Diese unumstrittene Gültigkeit beruht, trotz aller Theo-rie, die zu seiner Definition nötig ist, vor allem auf den empirischen Untersu-chungen der menschlichen Wahrnehmung, die ihm zugrunde liegen.

Vom CIEXYZ- zum CIELab-FarbmodellSo erfolgreich das CIEXYZ-Farbmodell auch ist, es hat einen eindeutigenNachteil, der seit Beginn des Computerzeitalters als immer gravierenderbetrachtet wurde: Das CIEXYZ-Farbmodell ist nicht visuell gleichabständig.

Was bedeutet visuell gleichabständig?

Visuell gleichabständig bedeutet, dass der rechnerisch ermittelte Unterschiedzwischen zwei Farben dem von Menschen empfundenen Farbunterschiedentspricht. Oder anders ausgedrückt, dass der Abstand zweier Farborte ineinem Farbraum auch tatsächlich dem gesehenen Unterschied dieser zweiFarben entspricht. Für Vergleiche von Farbabständen in visuell gleichabständi-gen Farbräumen gilt: Ist der Abstand zwischen zwei Farborten doppelt so großwie zwischen zwei anderen, so wird der Farbunterschied zwischen den beidenersten Farborten als doppelt so groß empfunden wie zwischen den zwei näherbeieinander liegenden Farborten. Visuelle Gleichabständigkeit stellt also eineVergleichbarkeit zwischen errechneten und gesehenen Farbunterschieden her.

All diese Faktoren treffen auf das CIEXYZ-Farbmodell nicht zu, weil es nichtvisuell gleichabständig ist. Sie sehen schon an der CIE-Normfarbtafel in Abbil-dung 1.28, dass der grüne Bereich eine wesentlich größere Fläche einnimmtals zum Beispiel der rote. Deshalb sind vergleichende Berechnungen von visu-ellen Farbunterschieden im CIEXYZ-Farbmodell nicht ohne weiteres möglich.

Um einen visuell gleichabständigen Farbraum zu kreieren, hat die CIE schon1964 das CIELuv-Farbmodell definiert, was im Prinzip auf einer linearen Trans-formation des CIEXYZ-Farbmodells beruht. Die Berechnung der L-, u- und v-Werte aus den X-, Y- und Z-Werten stellte sich jedoch als zu kompliziert her-aus, weshalb sich das CIELuv-Farbmodell nicht durchsetzen konnte.

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41FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE

1.4 CIEXYZ und CIELab, die Normierung menschlichen Farb-Sehens

Im Jahr 1976 präsentierte die CIE dann das L*a*b*-Farbmodell, das denhohen Ansprüchen an visuelle Gleichabständigkeit auf der einen Seite undUnkompliziertheit auf der anderen Seite genügen sollte. Die * in der Bezeich-nung L*a*b* sollten es eindeutig von einem vorher durch die CIE definiertenLab-System abgrenzen. Da diese Verwechselungsgefahr dank des Siegeszu-ges des CIEL*a*b*-Farbmodells heute nicht mehr besteht, wird es heute ein-fach als CIELab- oder Lab-Farbmodell bezeichnet. Das CIELab-Farbmodellstammt ebenfalls direkt vom CIEXYZ-Farbmodell ab. Es ist wie das CIELuv-Farbmodell durch mathematische Transformation des CIEXYZ-Farbmodellsentstanden, wobei bestimmte Teile mehr oder weniger direkt übernommenwurden. So hat das CIELab-Farbmodell ebenfalls zwei Komponenten, die dieFarbe beschreiben, und eine Komponente, die die Helligkeit beschreibt.

Erinnern Sie sich an die Theorie zur Verrechnung der Farbinformationen inner-halb der Netzhaut? Dort habe ich beschrieben, dass die Farbinformationen ansGehirn in einer Komponente für Farbton und Sättigung und in einer Kompo-nente für Helligkeit übermittelt werden. Die Komponente für Farbton und Sätti-gung wird vorher aus den Werten einer Rot-Grün- und einer Gelb-Blau-Relationerrechnet. Alle diese Komponenten existieren beim Lab-Farbmodell ebenfalls.

Die Helligkeit wird mit dem L-Wert – L steht für Luminanz – beschrieben. Die-ser reicht von 0 für Schwarz bis 100 für Weiß. Der Mittelwert bei L = 50 stehtfür Mittelgrau und beschreibt eine Helligkeit, die vom Menschen tatsächlich alsmittleres Grau empfunden wird. Die Werte a und b stellen die Farbkomponen-ten des Lab-Farbmodells dar. Der a-Wert beschreibt die Position einer Farbeauf der a-Achse zwischen den Farben Grün und Rot. Dabei steht ein Wert vona = –128 für maximales Grün und a = 127 für maximales Rot. Ähnlich verhältes sich mit dem b-Wert einer Farbe. Er beschreibt ihre Position auf der b-Achse zwischen den Farben Blau und Gelb. Hierbei steht ein Wert von b = -128 für maximales Blau und ein Wert von b = 127 bedeutet maximales Gelb.

Abbildung 1.30Ein Querschnitt bei L = 50 durch die kugelförmige Dar-stellung des CIELab-Farb-modells. Die L-Achse verläuft durch den Null-punkt, wo der Farbwert in diesem Beispiel L = 50, a = 0 und b = 0 ist, was einem Mittelgrau entspricht.

-100

-75

-50

-25

25

50

75

100

-100 -75 -50 -25 25 50 75 100-128 a 127 a

127 b

-128 b

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42 FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE

Licht und FarbeKapitel 1

Abbildung 1.31Das CIELab-Farbmodell

gleicht in seiner dreidimen-sionalen Darstellung einer

Kugel. Dabei liegen die Far-ben Schwarz und Weiß an

den Polen, die L-Achse ver-läuft zwischen ihnen. Die a-

Achse verläuft zwischenGrün (-128) und Rot (127)

und die b-Achse zwischenBlau (-128) und Gelb (127),das in diesem Bild auf derRückseite der Kugel liegt.

Der Querschnitt in Abbildung 1.30 deutet es schon an, die dreidimensionaleDarstellung des CIELab-Farbmodells können Sie sich als eine Kugel wie inAbbildung 1.31 vorstellen. Die Farben Schwarz und Weiß liegen an den Polendieser Kugel und sind durch die L-Achse miteinander verbunden. Da auf derL-Achse, die durch die Mitte der Kugel verläuft, die a- und b-Werte einer Farbeimmer 0 sind, liegen auf der L-Achse die unbunten Farben, also alle Grau-Töne. Je weiter eine Farbe von dieser L-Achse entfernt ist, also je größer dieDifferenz des a- und b-Werts zum Nullpunkt ist, desto höher ist die Sättigung,also die Reinheit dieser Farbe.

Da ich Ihnen mit dem CIELab-Farbmodell ein visuell gleichabständiges Systemvorgestellt habe, möchte ich abschließend noch auf das Thema Farbabstandeingehen. Mit dem Begriff Farbabstand ist der Abstand zweier Farborte ineinem Farbraum gemeint. Ich habe bereits erläutert, dass es beim CIELab-Farbmodell zulässig ist, vom Abstand zweier Farborte direkt auf den vomMenschen empfundenen Unterschied zweier Farben zu schließen, die durchdiese Farborte definiert werden. Der Farbabstand wird als ∆E (ausgesprochenDelta ∆E) angegeben und bezeichnet den visuellen und rechnerischen Unter-schied zweier Farben. E wird nach folgender Formel berechnet:

Wobei L1, a1 und b1 für die Lab-Werte der ersten und L2, a2 und b2 für die Lab-Werte der zweiten Farbe stehen. Innerhalb der Formel spielt es keine Rolle, wel-che der zu vergleichenden Farben die erste und welche die zweite ist.

L = 100

L = 0

a = -128 a = 127

b = 127

b = -128

∆E L1 L2+( )

2 a1 a2–( )

2 b1 b2–( )

2+ +=

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43FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE

1.5 Normlicht zu Betrachtungszwecken

Für den ∆E-Wert haben sich die folgenden Grenzwerte etabliert:

b ∆E kleiner 1: normalerweise nicht wahrnehmbarer Farbunterschied

b ∆E zwischen 1 und 2: geringer Farbunterschied, der nur für geübteAugen, zum Beispiel von Fotografen, sichtbar ist

b ∆E zwischen 2 und 3: dieser Farbunterschied wird auch von Laien wahr-genommen, aber als gering empfunden

b ∆E zwischen 3 und 5: wahrnehmbarer Farbunterschied

b ∆E zwischen 5 und 10: sehr deutlich wahrnehmbarer Farbunterschied

b ∆E größer als 10: starker Farbunterschied, der nicht mehr toleriert wer-den sollte

Diese präzisen Berechnungsmöglichkeiten innerhalb des Farbmodells, derenErgebnisse vom Menschen visuell genauso empfunden werden, machen dasCIELab-Farbmodell so interessant für den Einsatz in Computersystemen. Mankann sagen, dass durch den Einsatz des CIELab-Farbmodells dem Computerdas System der menschlichen Farb-Wahrnehmung als Basis für seine Rechen-operationen zur Verfügung gestellt werden kann. Durch die Definition desCIELab-Farbmodells ist es möglich, Farben eindeutig und damit unverwech-selbar zu beschreiben. Dies ist ein entscheidender Vorteil, wenn Farbe kom-muniziert werden soll, denn durch die unabhängige Beschreibung von Farbedurch das CIELab-Farbmodell ist die fehlerfreie Interpretation der Farbwertejederzeit und an jedem Ort möglich. Dazu hat natürlich auch die internationaleStandardisierung des Lab-Fabmodells durch die CIE beigetragen.

1.5 Normlicht zu Betrachtungszwecken

Das Medium Licht ist Ihr tägliches Handwerkszeug, darüber brauche ich keinWort zu verlieren. Deshalb wird dieser Abschnitt mehr dem Aspekt Licht zuBetrachtungszwecken und nicht zu Aufnahmezwecken gewidmet. DieZusammensetzung des Lichts zu Betrachtungszwecken spielt nicht nur beimdigitalen Colormanagement eine Rolle, sie war auch schon in der analogenFotografie von Bedeutung. Mit zunehmender Digitalisierung des Arbeitspro-zesses scheinen jedoch die korrekten Betrachtungsbedingungen immer weni-ger Beachtung zu finden. Dies sollte nicht so sein, denn wie Sie bereits in denvorherigen Abschnitten gesehen haben, ist Licht der entscheidende Faktor beider Entstehung von Farbe.

Die FarbtemperaturDer Begriff der Farbtemperatur ist Ihnen sicherlich geläufig. Deshalb werde ichnur kurz auf die physikalischen Zusammenhänge der Farbtemperatur eingehen:

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44 FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE

Licht und FarbeKapitel 1

Erhitzt man einen Würfel aus Wolfram, einen so genannten Schwarzen Strah-ler, so fängt dieser an rot zu glühen, er sendet also Strahlung in Form vonrotem Licht aus. In diversen Experimenten konnte bewiesen werden, dasszwischen der Temperatur dieses schwarzen Strahlers und der Wellenlänge dervon ihm ausgesandten Strahlung ein direkter Zusammenhang besteht. Ausdiesem Zusammenhang wurde der Begriff der spektralen Verteilungstempera-tur oder allgemeiner Farbtemperatur abgeleitet Die Farbtemperatur wird, wie inder Physik üblich, in Kelvin angegeben. Es hat sich gezeigt, dass je höher dieTemperatur des Wolfram-Würfels ist, desto weiter sich die Wellenlänge dervon ihm ausgesandten Strahlung in den kurzwelligen Bereich verschiebt, alsoin Richtung Blau. Der Physiker Max Planck beschrieb diesen Zusammenhangin seinem Strahlungsgesetz. Trägt man die unterschiedlichen x- und y-Werteder jeweiligen Farbtemperaturen auf der CIE-Normfarbtafel in Abbildung 1.32ein, so ergibt sich der nach Max Planck benannte Planck’sche Kurvenzug.

Abbildung 1.32Die schwarze Kurve, der so

genannte Planck’scheKurvenzug, zeigt die ver-schiedenen Farben eines

schwarzen Strahlers je nachseiner Temperatur. Diese

Werte werden auch alsFarbtemperatur bezeich-

net. Zum Vergleich sindauch noch die Farben derverschiedenen Normlicht-

arten auf der CIE-Normfarb-tafel eingetragen.

Die Farbtemperatur einer Lichtquelle ist hauptsächlich in der analogen Foto-grafie von Bedeutung, muss sie doch der Sensibilisierung des Filmmaterialsangepasst werden. Geschieht diese Anpassung nicht oder nur in unzureichen-dem Maß, resultieren Farbstiche, die vor allem bei der Verwendung von Dia-Material bekanntermaßen am Dia selber nicht mehr zu korrigieren sind. Um die

0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

0,8

0,9

0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9x

y

Normlicht A

Normlicht C

Normlicht D65Normlicht D50

10000 Kelvin

3200 Kelvin1800 Kelvin

© des Titels »Farbmanagement in der Digitalfotografie« (ISBN 3-8266-1645-6) 2006 by Redline GmbH, Heidelberg Nähere Informationen unter: http://www.mitp.de/1645

Page 35: Licht und Farbe - BBS II Gifhorn · 2015. 4. 30. · 12FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE Kapitel 1 Licht und Farbe Licht ist das Medium der Fotografie. Egal ob analog oder digital:

45FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE

1.5 Normlicht zu Betrachtungszwecken

Farbtemperatur des Lichts an die Sensibilisierung des Aufnahmematerialsanzupassen, verwenden Sie üblicherweise LB-Filter (Light-Balancing-Filter).Diese Filter verändern die spektrale Zusammensetzung des Lichts in die eineoder andere Richtung entlang des Planck’schen Kurvenzugs. Die zur Reduzie-rung von Farbstichen ebenfalls verwendeten CC-Filter (Color-Correction-Filter)verändern die Farbe des Lichts in Richtung der jeweiligen Filterfarbe.

In der Digitalfotografie sind keinerlei Farbfilter notwendig, da mittels Weißab-gleichs die farbliche Zusammensetzung der Bilder während oder nach derAufnahme entsprechend angepasst werden und damit ein eventuell vorhande-ner Farbstich eliminiert werden kann. Sind jedoch Lichtquellen mit unter-schiedlichen Farbcharakteristiken an einer Aufnahme beteiligt, ist sogar dieDigitalfotografie machtlos. Es resultieren partielle Farbstiche im Bild, die,sofern sie als störend empfunden werden, durch mehr oder weniger aufwän-dige Nachbearbeitung am Computer entfernt werden müssen.

Die NormlichtartenDa die spektrale Zusammensetzung einer Lichtquelle direkten Einfluss auf diemit ihrer Hilfe betrachteten Farben hat, sind von der CIE verschiedene Emp-fehlungen zur spektralen Zusammensetzung von Lichtquellen herausgegebenworden. Diese gemäß den Empfehlungen der CIE entwickelten Lichtquellenwerden als Normlichtarten bezeichnet und anhand von Buchstaben bezie-hungsweise Zahlen unterschieden:

b Normlichtart A: Auf einer klassischen Glühlampe beruhendes Licht miteiner spektralen Verteilungstemperatur von etwa 2800 Kelvin. Dieses Lichthat einen zu hohen Rot- und zu geringen Blau-Anteil, als dass es zuBetrachtungszwecken geeignet wäre. Es ist eben das klassische Heißlicht.

b Normlichtart C: Basierend auf Normlichtart A, wobei die spektrale Vertei-lungstemperatur mittels eines blauen Konversionsfilters auf etwa 6700 Kel-vin, dem Tageslicht, angepasst wurde. Da aber im Spektrum einer Glüh-lampe nahezu kein ultraviolettes Licht enthalten ist, ist dieses Licht fürFarbvergleiche ungeeignet, denn viele Farbstoffe und optische Aufheller zei-gen Wechselwirkungen mit UV-Licht.

b Normlichtart D: Eine ganze Reihe von Lichtarten wurden zu dieser Klassezusammengefasst. Alle haben unterschiedliche Farbtemperaturen, sind abervon ihrer spektralen Verteilung dem Tageslicht nachempfunden. Deshalb auchder Buchstabe D, wie Daylight, zur Klassifizierung dieser Normlichtart. DieUnterscheidung, welche Farbtemperatur die jeweilige Normlichtart hat, erfolgtüber die zusätzliche Angabe einer Zahl. Sie beträgt ein Hundertstel der ent-sprechenden Farbtemperatur. So bedeutet zum Beispiel Normlicht D50, dassSie es mit einem Normlicht der Klasse D, also mit Tageslicht-Charakteristikund einer Farbtemperatur von 5000 Kelvin zu tun haben. Dementsprechendhat Normlicht D65 eine Farbtemperatur von 6500 Kelvin.

Bei der Empfehlung der CIE, welches Licht bei der Abmusterung von Farbvor-lagen verwendet werden soll, nimmt die Fotografie eine Sonderrolle ein. Übli-

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Licht und FarbeKapitel 1

cherweise wird zur Betrachtung von Farbvorlagen in der Textil- und Lackin-dustrie Normlicht des Typs D65 eingesetzt. Auch die Drucksäle derDruckereien werden meistens mit Normlicht des Typs D65 ausgeleuchtet. Inder Fotografie wird traditionell mit Diamaterial gearbeitet, dessen Farbcharak-teristik korrekterweise für die Projektion mittels Heißlicht ausgelegt ist. DiesesHeißlicht von Diaprojektoren hat aber eine Farbtemperatur von etwa 2800 Kel-vin, die in krassem Gegensatz zu den in anderen Industriezweigen üblichen6500 Kelvin steht. Als Kompromiss wurde deshalb für die Abmusterung imfotografischen Bereich der Standard auf Normlicht des Typs D50, also mit5000 Kelvin festgelegt.

Abbildung 1.33Die von der CIE definiertenNormlichtarten. Die Norm-

lichtarten A und C habenheutzutage keinerlei Bedeu-

tung mehr. Die zurBeurteilung von Farben

gebräuchlichen Normlicht-arten sind D50 und D65,

wobei in der Fotografie derSchwerpunkt auf D50 liegt.

Die von der CIE empfohlenen Normlichtarten des Typs D haben allesamt einengravierenden Nachteil: Sie beruhen nicht auf existierenden Lampentypen, son-dern entstammen einer Definition der CIE. Die CIE hat sich bei dieser Definitionzwar an der realen Zusammensetzung des Tageslichts orientiert, aber dieseNorm lässt sich in der Realität leider nicht immer hundertprozentig umsetzen.Deshalb wird bei der Beurteilung der Lichtqualität einer Lampe der sogenannte Farbwiedergabe-Index Ra hinzugezogen. Zur Ermittlung von Ra wer-den Farbmuster unter der zu beurteilenden Lichtquelle und unter der Bezugs-lichtquelle sowohl visuell durch Versuchspersonen als auch messtechnischverglichen. Je mehr sich die Farbmuster ähneln, desto höher ist der Ra-Index

Normlicht D65

Wellenlänge in nm

rela

tive

Str

ahlu

ngsi

nten

sitä

t

0,5

1,0

1,5

2,0

300 350 400 450 500 550 600 650 700 750

Normlicht D50

Wellenlänge in nm

rela

tive

Str

ahlu

ngsi

nten

sitä

t

0,5

1,0

1,5

2,0

300 350 400 450 500 550 600 650 700 750

Normlicht C

Wellenlänge in nm

rela

tive

Str

ahlu

ngsi

nten

sitä

t

0,5

1,0

1,5

2,0

300 350 400 450 500 550 600 650 700 750

Normlicht A

Wellenlänge in nm

rela

tive

Str

ahlu

ngsi

nten

sitä

t

0,0

1,0

1,5

2,0

300 350 400 450 500 550 600 650 700 750

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47FARBMANAGEMENT IN DER DIGITALFOTOGRAFIE

1.5 Normlicht zu Betrachtungszwecken

der bewerteten Lichtquelle. Es kann maximal ein Wert von 100 erreicht wer-den, wobei alle Werte über 90 als sehr gut einzustufen sind.

Abschließend möchte ich Ihnen im Zusammenhang mit dem Thema Normlichtzu Betrachtungszwecken noch ein recht simples, aber dennoch nützlichesTool vorstellen. Es könnte Ihnen dabei helfen, Ihre Kunden auf die Problematikder korrekten Betrachtungsbedingungen bei der Beurteilung Ihrer Arbeit auf-merksam zu machen.

Abbildung 1.34Der ugra-Farbtemperatur-indikator ist eine DIN A5 große Karte, auf der das Wort »Metamerie« zwei-farbig erscheint, sobald man sie unter einer Licht-quelle betrachtet, deren Farbtemperatur von 5000 Kelvin abweicht. Der zuge-hörige Aufkleber erscheint ebenfalls zweifarbig, sobald er unter falschem Licht betrachtet wird. Beide Prüf-mittel erscheinen unter kor-rekten Lichtbedingungen einfarbig.

Es handelt sich dabei um den ugra-Farbtemperaturindikator. Dies ist ein Pro-dukt der ugra, des Vereins zur Förderung wissenschaftlicher Untersuchungenin der grafischen Industrie der Schweiz. Der ugra-Farbtemperaturindikatormacht sich das schon in Abschnitt 1.2 als Metamerie beschriebene Phäno-men der menschlichen Wahrnehmung zu Nutze. Er existiert zum einen in Formeiner DIN A5 großen Karte und zum anderen als Aufkleber, den Sie auf allenfarblich zu beurteilenden Vorlagen anbringen sollten. Eine Darstellung dieserbeiden grafischen Prüfmittel sehen Sie in Abbildung 1.34. Betrachten Sie denugra-Farbtemperaturindikator unter Normlicht des Typs D50, erscheint dasWort »Metamerie« auf der Karte beziehungsweise der gestreifte Aufkleber ein-farbig. Wird er jedoch unter falschen Beleuchtungsbedingungen betrachtet,erscheint das Wort »Metamerie« sowie der Aufkleber zweifarbig. Natürlichkann der ugra-Farbtemperaturindikator nicht als hundertprozentig zuverlässigangesehen werden, es handelt sich schließlich nicht um ein Spektralfotometer,dennoch kann er Ihnen behilflich sein, auf das Problem einer unzureichendenBeleuchtung der Betrachtungsumgebung aufmerksam zu machen.

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