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Weststadt Oststadt Unterburg Oberburg Hangsiedlung Hangsiedlung Theater Theaterthermen Ptolemaion Kenotaph für Gaius Caesar Osmanisches Heiligengrab Byz. Kirche Römische Säulenstraße Bischofspalast Bischofskirche Osttor Tekke Türbe Kaineusgrab Grab des �ñtabura Nekropole III Nekropole II Lykischer Bau Limyros Limyros Limyros Thermen Heroon des Perikles Byzantinisches Kloster Turm Sperrmauer Südbastion Sperrmauer Tor Basis Feuer- altäre Nordbastion Kastell Römische Nekropole Römische Nekropole Römische Brücke Karawanserei (?) sakl su Römische Brücke Tumulus 0 100 200 300 m frühbyzantinischer Straßenverlauf Grabungsplan Limyra Digitale Bearbeitung: Christian Kurtze

Limyra grabungen

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Limyra grabungen

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Page 1: Limyra grabungen

Weststadt

Oststadt

Unterburg

Oberburg

Hangsiedlung

Hangsiedlung

Theater

Theaterthermen

Ptolemaion

Kenotaph für Gaius Caesar

OsmanischesHeiligengrab

Byz. Kirche

Römische Säulenstraße

Bischofspalast

Bischofskirche

Osttor

Tekke

Türbe

Kaineusgrab

Grab des �ñtabura

Nekropole III

Nekropole II

Lykischer Bau

Limyr

os

Limyros

Limyros

Thermen

Heroon des Perikles

Byzantinisches Kloster

Turm

Sperrmauer

Südbastion

Sperrmauer

Tor

Basis

Feuer-altäre

Nordbastion

Kastell

Römische Nekropole

Römische Nekropole

Römische Brücke

Karawanserei (?)

sakl su

Römische Brücke

Tumulus

0 100 200 300 m

frühbyzantinischer Straßenverlauf

Grabungsplan Limyra

Digitale Bearbeitung: Christian Kurtze

Page 2: Limyra grabungen

KURZER ABRISS DER FORSCHUNGSGESCHICHTE IN LIMYRA IM 19. JAHRHUNDERT

1812 Charles Robert Cockerell entdeckt das Grabmal des Siderija/Sidarios1836 Charles Texier beschreibt die Ruinen von Limyra1838/1840 Charles Fellows besucht Limyra1842 Thomas Abel Brimage Spratt und Edward Forbes gelingt die Identifizierung

der Ruinen mit Limyra1842 Julius August Schönborn gelangt auf seinen Reisen nach Limyra und studiert

die Inschriften in den Nekropolen1882 Forschungen in Limyra im Rahmen der zweiten österreichischen Expedition

in Lykien unter der Leitung von Otto Benndorf1883/1884 Felix von Luschan dokumentiert auf seinen Reisen die lykischen Felsgräber

(Abb. 1)

ZEITTAFEL DER LIMYRA-GRABUNG

1966 Entdeckung des Heroons des Perikle durch Jürgen Borchhardt1969 erstmalige Erteilung der Grabungslizenz an Jürgen Borchhardt durch das Kulturministerium der Repub-

lik Türkei; Errichtung des Heroon-Depots1969 – 1974 erste Phase der Grabung mit Finanzierung durch das Deutsche Archäologische Institut und die Deutsche

Forschungsgemeinschaft Freilegung einzelner Monumente und Komplexe wie z. B. des Heroons des Königs Perikle und des Ke-

notaphs für Gaius Caesar. Beginn der Grabung auf den Hangterrassen in der NW-Stadt und an der Bischofskirche sowie der Aufnahme der Gräber in den Nekropolen

1974 Beginn der Einrichtung der Grabungsdepots im römischen Theater1975 – 1979 fünfjährige Unterbrechung der Grabung1980 – 1982 zweite Phase der Grabung als Unternehmen der Universität Frankfurt/Main mit Finanzierung durch die

Deutsche Forschungsgemeinschaft Änderung der archäologischen Zielsetzung von einer Aufnahme diverser Einzelmonumente zu einer

Stadtgrabung1982 Erweiterung des Theater-Depots (Abb. 2)1983 – 2001 dritte Phase der Grabung als Unternehmen der Universität Wien mit ständiger Finanzierung durch den Fonds zur

Förderung der wissenschaftlichen Forschung ab 1984 sowie vielfältiger Unterstützung durch das Bundesministeri-um für Wissenschaft und Forschung

Wesentliche Erweiterung der wissenschaftlichen Fragestellung durch einen diachronen und ganzheitlichen Ansatz zur Erforschung der antiken und byzantinischen Stadt und des Umlandes unter Einbindung von Vertretern zahlreicher Altertumswissenschaften (Abb. 3)

1985 Stützpunkt der Grabung wird die neu geschaffene „Grabungsinsel“1988 Erste Sitzung der Kommission für die Enteignung der Parzellen 18, 70 und 71 zu wissen-

schaftlichen Zwecken6.−12. 5. 1990 II. Internationales Lykien Symposion in Wien9. 5. 1990 Eröffnung der Ausstellung „Götter – Heroen – Herrscher in Lykien“ auf der Schallaburg25./26. 8. 1990 Brand des Heroons des Perikle8. 9. 1994 Bergung des Skulpturenschmucks des Heroons durch einen Helikopter der türkischen

Luftwaffe1995 Beginn der Grabung auf der enteigneten Parzelle 18 neben dem römischen Theater1995−1996 Umzug des Fundmaterials vom römischen Theater in die neu errichteten Depotbauten

südlich der „Grabungsinsel“1998 Parzelle 70 und 71 werden geräumt − die Enteignung ist damit beendet1999 Änderung der Förderungspolitik des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen For-

schung: Finanzierung von dreijährigen Schwerpunktprogrammen1999 – 2001 Schwerpunktprojekt: Grabung am sog. Ptolemaionseit 2002 vierte Phase der Grabung als Unternehmen des Österreichischen Archäologischen Insti-

tuts mit Finanzierung durch das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung2002 Übernahme der Grabungsleitung durch Thomas Marksteiner2002 – 2004 Schwerpunktprojekt: Grabung in der Weststadt Limyras2005–2007 Nacharbeiten und Aufarbeitungskampagne; Vorarbeiten zur Grabung in den Theater-

thermen2008 Übernahme der Grabungsleitung durch Martin Seyer2008–2009 Grabung in den Theaterthermen, Wiederaufnahme des Ptolemaion-Projekts3.−5. 12. 2009 Symposion zum 40-jährigen Jubiläum der Grabung mit begleitender Dokumentations-

ausstellung

Kurzer Abriss der Forschungsgeschichte in Limyra im 19. Jh.Zeittafel der Limyra-Grabung

Martin Seyer

Abb. 1: Ansicht der Nekropole II von Limyra im Winter 1883

Abb. 2: Theater-Depot

Abb. 3: Grabung an der römischen Säulenstraße 1993

Page 3: Limyra grabungen

An den Hängen des Toçak Dağ, unterhalb der Burg von Limyra, ragte einst in über 200 m Höhe ein Grabbau auf, der weithin die Stadt Limyra und die Ebene beherrschte. Der lyki-sche Dynast Perikle ließ sich seine letzte Ru-hestätte an einer Stelle errichten, die den Blick zum Meer und den westlich und östlich an-grenzenden Gebirgszügen gewährte, welche die Bucht von Finike begrenzen (Abb. 1). Perikle gehörte zu den bedeutenden lykischen Dynasten, die Münzen mit ihrem Porträt prä-gen ließen (Abb. 2).Das Heroon von Limyra war eine tempelarti-ge Grabanlage von etwa 10 × 7 m und erhob sich auf einem hohen Unterbau (Hyposori-on), der die Grabkammer beherbergte. Der Oberbau hatte die Form eines amphiprostylen

Tempels. An der Nord- und Südseite trugen an Stelle von Säulen je vier überlebensgroße Karyatiden das Gebälk (Abb. 3). So wie deren Vor-bilder, die Koren des Erechtheion auf der Akropolis in Athen, gleicht keine der weiblichen Figuren exakt der anderen. Sie sind mit Chiton und Peplos bekleidet, ihr Haar fällt in langen, dicken Zöpfen herab, in den Händen tragen sie eine Opferschale, ein Rhyton oder einen Spie-gel. Die Figuren werden als göttliche Wesen, als Horen und Chariten verstanden, die nicht nur das Gebälk stützen, sondern auch über das Grabmonument und den Bestatteten wachen.Verhaltene Bewegung lässt sich auf den Relieffriesen erkennen, die die Ost- und Westwand der Cella des Grabmals schmückten. Zu sehen ist eine Wagenausfahrt mit einem Reiterzug (Abb. 4). Die Komposition der Friese ist spiegelgleich, d. h. die Bewegungsrichtung der Figuren

verläuft jeweils von Norden nach Süden. Die Friese zeigen Perikle, der eine Quadriga besteigt und den Zug anführt, ihm folgen Musiker und Kämpfer zu Fuß. Jürgen Borchhardt zufolge gibt der Dynast mit weit ausholender Geste das Zeichen zum Aufbruch und geleitet seinen Souverän, den persischen Großkönig Artaxerxes III. Ochos, der sich in der Mitte des Frieses befindet. Er wird von mehreren Reitern in unterschiedlichen Trachten und einer Phalanx bewaffneter Krieger begleitet.

Die gesteigerte Bewegung der Skulpturen gip-felt in den dynamischen, unterlebensgroßen Akroterfiguren des Giebeldaches, die auf die mythischen Ahnherrn der Lykier, Perseus und Bellerophon, weisen. An der Nordseite eilt Per-seus im Knielaufschema über den Rumpf der Gorgone hinweg und präsentiert triumphierend das Haupt der Medusa (Abb. 5). Eine der Gorgonen des Eckakroters, Stheno oder Euryale, flieht eilenden Schrittes. Von hoher Qualität spricht die Gegenbewegung der Figur, die sich im Lauf nochmals zu dem Ort des Geschehens umwendet. Fragmente des Akroters der Südseite lassen auf die Darstellung des Bellerophon schließen, der die Chimaira tötet.Der Mythos von Perseus und Bellerophon ist eng mit Lykien ver-bunden: Perseus verhilft Bellerophon zum Flügelross Pegasos, das dem Rumpf der Medusa entspringt. Bellerophon löst mit Hilfe des Pegasos alle Aufgaben, die ihm der lykische König Iobates stellt: die Tötung der feuerspeienden Chimaira, die Vertreibung der Amazo-nen und den Kampf gegen das kriegerische Bergvolk der Solymer im Nordosten Lykiens. Nach vollbrachter Tat freit Bellerophon die Kö-nigstochter Philonoe und erhält einen Teil des Königreiches Lykien.Die Bauskulptur des Heroons verbindet Darstellungen aus dem Le-ben des Verstorbenen mit göttlicher Sphäre und mythischen The-men. Der Grabherr verdeutlicht mit der Auswahl des Bildprogramms seinen Anspruch auf Heroisierung und kultische Verehrung.

Das Heroon des Dynasten Perikle von Limyra

Abb. 5: Heroon-Nordgiebel, Perseus mit dem Haupt der Medusa

Alice Landskron

Abb. 1: Ausgrabung des Heroons 1969

Abb. 2: Münzporträt des Perikle

Abb. 4: Westfries des Heroons

Abb. 3: Karyatide NO1

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DER BRANDANSCHLAG

Limyra, Grabungsinsel, 25./26. August 1990, kurz vor Mitternacht: Das Grabungsteam gibt anlässlich des Besuchs der Kollegen aus Kyaneai, Prof. Frank Kolb und seines Teams, auf der Grabungsinsel ein Fest. Plötzlich fal-len Schüsse aus einer Schrotflinte. Der Gra-bungsleiter Jürgen Borchhardt unterbricht das Fest, glaubt anfangs an einen „Streich“ ei-niger Einheimischer, die sich der Grabungs-insel genähert hätten.In den frühen Morgenstunden des 26. Au-gust: Nächtliches Feuer auf dem Toçak Dağ!Was anfangs wie ein Freudenfeuer auf der Heroonterrasse aussieht, entwickelt sich rasch zu einem Großbrand, der das Depot zerstört und die Skulpturen stark beschädigt (Abb. 1).

Die Regierungsvertreterin der Grabung, Frau Emel Örgen, und der Verwalter, Herr Ali Tosun, benachrichtigen sofort Feuerwehr und Polizei, die aber erst nach einer Stunde im Grabungscamp eintreffen.

Der Brandanschlag traf das Herzstück der Grabung von Limyra und zerstörte die Anfänge der Forschungen von Jürgen Borchhardt in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts! Die Brandstifter konnten nicht ausfindig gemacht werden und somit bleiben auch die Hin-

tergründe für diese Zerstörung des Heroons im spekulativen Bereich.Zur Sicherung der Überreste und zur Bereini-gung der ärgsten Schäden der Brandkatastrophe stellte die Universität Wien im September 1990 umgehend 35.000,– ATS für den Wiederaufbau des zerstörten Depots auf der Heroonterras-se zur Verfügung (Abb. 2). Am Ende der Gra-bungskampagne war das Gebäude, in dem 5 m³ Zedernholz verarbeitet wurden, fertig gestellt.

„Tarihi insan y∂kar“ – Der Mensch zerstört die Geschichte: In der Türkei war die Öffentlichkeit geschockt, die türkischen Medien berichteten noch Jahre später über die Brandkatastrophe und die Bergung der Bauskulptur (Abb. 3).

Da trotz dieses neuen Depots am Berg, fernab des Grabungs-camps, die Sicherheit der antiken Funde nicht gewährleistet wer-den konnte, entschloss sich die türkische Regierung, die Objekte in das Museum von Antalya zu bringen. Die Türkische Regie-rung stellte der Grabung 1994 einen Militärhubschrauber zur Verfügung, der die Bauskulptur vom Berg abtransportierte. Jedes Objekt wurde einzeln verpackt und auf die Grabungsinsel geflo-gen (Abb. 4. 5). Die Restauratoren Mag. Siegmund Daxner und Edmund Frank restaurierten die beschädigten Kalksteinblöcke in aufwendigen Verfahren.Nach Beendigung der Restaurierungsarbeiten wurden die Skulp-turen ins Archäologische Museum nach Antalya transportiert und sind heute in den Ausstellungsräumen zu besichtigen.

Literatur:J. BORCHHARDT – G. MADER, Der triumphierende Perseus in Lykien, Antike Welt 1, 1972, 2 – 16.J. BORCHHARDT, Die Bauskulptur des Heroons von Limyra, Istanbuler For-schungen 32 (1976).J. BORCHHARDT – B. BORCHHARDT-BIRBAUMER, Zum Kult der Heroen, Herr-scher und Kaiser in Lykien, Antike Welt 23, 1992, 99 – 116.

Das Heroon des Dynasten Perikle von Limyra

Alice Landskron

Abb. 2: Jürgen Borchhardt lässt das Depot wieder auf-bauen

Abb. 4: Restaurierung der Bauskulptur und Vorbereitung für den Transport

Abb. 5: Helikopterbergung des Frieses

Abb. 1: Zustand am Morgen nach dem Brand

Abb. 3: „Rettung der Geschichte“. Bericht in der türki-schen Zeitung „Milliyet“, 10. September 1994

Page 5: Limyra grabungen

Das Theater schmiegt sich an die Ausläufer des Toçak Dağ zu Füßen des Heroons von Limyra und öffnet sich nach Süden zum Meer hin (Abb. 1). Das heutige Bild ist trügerisch, denn Erosionsmaterial hat die äußeren Umgänge zu den Sitzreihen verschüttet, das The-ater stand also ursprünglich frei. Der Bau wurde im 2./1. Jh. v. Chr. errichtet und im 1. Jh. n. Chr. umgestaltet, wobei nach Tradition griechischer Theater die Abschlusswände des Zuschauerraumes über den Halbkreis hinausgezogen wurden.Die erhaltene Bauplastik und die Gestaltung der Cavea mit den Resten des Bühnengebäudes gehen auf Restaurierungsarbeiten in der 2. Hälfte des 2. Jhs. n. Chr. zurück. Ein Erdbeben in den frühen vierziger Jahren des 2. Jhs. beschädigte nicht nur das Theater in Li-myra, sondern auch Bauwerke in vielen anderen Städten Lykiens. Der Lykiarch Opramoas aus Rhodiapolis stiftete in großzügiger Weise den Wiederaufbau der vom Erdbeben geschädigten Städte des lykischen Bun-des, dem auch Limyra angehörte. Die Inschrift am Heroon des Opramoas in Rhodiapolis wird in die Jahre 151/152 n. Chr. datiert und bezeugt die Stiftung einer Geldsumme von 10.000 Denaren für die Restaurie-rungsarbeiten am Bühnengebäude des Theaters.Nach heutigem Wissensstand fasste der Zuschauerraum (Abb. 2) etwa 20.000 Besucher, die unter einem Segeldach sonnengeschützt die Aufführungen genießen konnten. Runde Einlassungen auf den obersten Steinscharen des ersten Umgangs dienten der Aufnahme von Holzpfosten, an denen die Segeltücher befes-tigt waren.Erste Forschungsarbeiten am Theater fanden 1983 statt, im Jahre 1984 wurde der Bereich zwischen west-licher Abschlusswand, Zuschauerraum und Bühnengebäude durch eine Grabung untersucht (Abb. 3). Da sich die Ruinen von Limyra in einem quellreichen Gebiet befinden, erreichten die Ausgräber bei einer Tiefe von ca. 1 m den Grundwasserspiegel, weshalb weitere Grabungen nicht möglich waren. Im Zuge der Grabungsarbeiten wurde die erste Sitzreihe freigelegt, woraus sich für die Orchestra ein Durchmesser von 19,20 m errechnen ließ. Das heutige Niveau entspricht der vierten Sitzreihe der Orchestra, die ca. 1,65 m verschüttet ist.

Aufgrund der erhaltenen Bauornamentik konnte das Bühnengebäude nach der Umbauphase als zweistöcki-ger Bau rekonstruiert werden. Die ursprüngliche Höhe des Bühnengebäudes betrug etwa 14 m, jene des Büh-nenpodiums ca. 2 m. Zum ersten Stockwerk gehörte ein kunstvoll ausgearbeiteter, üppiger Rankenfries (Abb. 4), dessen Blüten und Blätter tief unterarbeitet waren, womit die plastische Wirkung gesteigert wurde. Ein niedrigerer und weniger sorgfältig ausgearbeiteter Blattgirlandenfries schmückte das zweite Geschoß. Die Maske auf einem Friesblock weist auf einen im ausgehenden 2. Jh. n. Chr. häufig belegten Mischtypus von Medusa und tragischer Maske. Es ist möglich, dass ein Maskenfries (Abb. 5) an der Außenseite des Bühnengebäudes angebracht war,

ähnlich wie an den Theatern in Side und Myra. Im Zuschauerraum wurde in spätrömischer Zeit ein Mauerzug eingebaut. Die Funde der Grabung in der Orchestra datieren vom 2. Jh. v. Chr. bis in byzantinische Zeit.

Literatur:D. De BERNARDI-FERRERO, Teatri Classici in Asia Minore II (Rom 1969) 155 – 170.A. DINSTL, Bauornamentik am Theater von Limyra, Jahreshefte des Österr. Archäolog. Instituts 57, 1986/87, Beiblatt 141 – 220.P. KNOBLAUCH, Betrachtungen zu den Theatern von Limyra und Arykanda, in: J. BORCHHARDT – G. DOBESCH (Hrsg.), Akten des II. Internationalen Lykien- Symposions, Wien, 6.–12. Mai 1990 (Wien 1993) 137 – 148.

Das Theater von Limyra

Abb. 5: Maskenfries vom Bühnengebäude

Alice Landskron

Abb. 1: Lage des Theaters Abb. 2: Blick in die Orchestra

Abb. 3: Grabung 1984

Abb. 4: Rankenfries vom Bühnengebäude

Page 6: Limyra grabungen

Das Monument liegt in der Unterstadt von Limyra unweit des Theaters und wird von Südosten durch eine breite Säulenstraße erschlos-sen (Abb. 1).Architektonisch gliedert sich das Bauwerk in ein Untergeschoß mit quadratischem Grundriss von ca. 15 m Seitenlänge und ein Ober-geschoß in Gestalt eines säulenumstandenen Rundbaus (peripterale Tholos), der von einem geschwungenen Kegeldach bekrönt wurde (Abb. 2). Das Untergeschoß verfügte über ein klares stereometrisches, durch Ecklisenen betontes Erscheinungsbild und war nach oben durch ein dorisches Gebälk bestehend aus Wandarchitrav, Metopen-Triglyphenfries und Traufgesims abgeschlos-sen. Viele der Architekturglieder, wie die in Relief ausgeführten Palmetten an den Unterseiten der Ecken des Trauf-gesims, waren polychrom bemalt. Das Obergeschoß ruhte gleichfalls auf einem dreistufigen Unterbau, wobei der Säulenumgang (Peristasis) durch 18 kannelierte Säulen auf attischen Basen und mit ionischen Kapitellen gebildet wurde. Eingedeckt war die Peristasis durch eine Doppelkassettendecke, deren Felder im Zentrum mit gemalten Rosetten geschmückt waren. Der dorischen Architektur des Untergeschoßes und der ionischen Ordnung der pe-ripteralen Tholos antwortete eine mehrteilige, schlangenumwundene Bekrönung (Akroterion). Sie ist einem ko-rinthischen Kapitell nachempfunden und war auf die Spitze des barock geschwungenen, mit Schuppen verzierten Kegeldaches aufgesetzt. Unklar ist die Frage nach der architektonischen Gestaltung des Innenbereichs des Rund-

baus: war er in seinem Kern aufgrund des enormen Gewichtes des Daches massiv durchgeschichtet, oder wurden die vertikalen Kräfte des Daches durch eine Kuppelkonstruktion oder durch eine andere bauliche Lösung abgeleitet, so dass er über einen Innenraum (Cella) zur Aufstellung von Statuen verfügte?Die Skulpturenausstattung umfasste kolossale mar-morne Löwen, die an den Ecken des Untergeschoßes aufgestellt waren. Vom Metopen-Triglyphenfries sind bislang sechs Blöcke bekannt. Alle Reliefs geben eine Kentauromachie wieder, wobei die Szenen als dra-matisch gestaltete Zweikampfgruppen mit stark be-wegten Körpern aufgebaut sind (Abb. 5 ). Der starke

Manierismus an den Figuren, wie etwa die Angabe der Muskelpakete oder der starke Gesichtsausdruck der Ken-tauren, der bisweilen an Darstellungen von Galatern erinnert, sowie die gewagten Überschneidungen der Körper lassen auf eine bislang unbekannte, frühhellenistische Werkstatt schließen.Ein Wagenrennenfries schmückte die Außenseiten des Rundbaus. Auch hier findet die Dynamik des Wettkampfes in den bewegten, weit über den Wagenkasten gebeugten Wagenlenkern und im gestreckten Galopp der Gespannpferde ihren Ausdruck (Abb. 4). Die zahlreichen Fragmente mehrerer männlicher und weiblicher, leicht überlebensgroßer Standbilder, von denen ein Porträtkopf Ptole-maios’ III. Euergetes (Abb. 3) besonders hervorzuheben ist, haben maßgeblichen Anteil an der Interpretation des Gebäudes. Sie werden als Teile einer Kultbildgruppe der ptolemäischen Königsfamilie aus dem 3. Viertel des 3. Jhs. v. Chr. interpretiert, für die entsprechend dem architektonischen Befund eine Aufstellung entweder in der hypothetisch erschlossenen Cella des Obergeschoßes oder an den Außenfronten bzw. im Umfeld des Gebäudes erwogen wird.Zur Ausstattung des vermutlichen Kultbaus zählt auch ein kolossales Weihgeschenk, das einen gepanzerten Strategen neben seinem gesattelten Pferd stehend zeigt (Abb. 6).

Das sogenannte Ptolemaion – ein Bau des ptolemäischen Königskultes

Peter Ruggendorfer

Literatur:Zum aktuellen Stand der Forschungen zur Skulpturenausstattung und Inter-pretation s. J. BORCHHARDT in: Kazı Sonuçları Toplantısı (2001 ff.).Zur Architektur zusammenfassend G. STANZL, The Ptolemaion at Limyra and its recently discovered Curvature, in: L. HASELBERGER (Hrsg.), Refine-ments of Classical Architecture: Cur-vature (1999) 155 – 172.

Abb. 1: Das Areal südöstlich des Ptolemaion mit Säulenstraße, einem kaiserzeitlichen Torbau und einer byzantinischen Kirche

Abb. 2: Rekonstruktion des Ptolemaion nach G. Stanzl

Abb. 5: Eckmetope in Fundlage

Abb. 6: Torso des kolossalen Marmorpferdes

Abb. 4: Wagenrennenfries

Abb. 3: Porträtkopf Ptolemaios III. Euergetes (Regierungszeit 246 – 222 v. Chr.)

Page 7: Limyra grabungen

Auf der Rückkehr von seiner politischen Mission im Osten starb Gaius Caesar, präsumptiver Nachfolger, Enkel und Adoptivsohn des Augustus, am 21. Fe-bruar 4 n. Chr. in Limyra. Am Sterbeort wurde ein Kenotaph errichtet, ein Monument in Erinnerung an den Prinzen, der im Mausoleum des Augustus in Rom beigesetzt worden ist.Erhalten ist von diesem Monument in erster Linie der massive, ursprünglich verkleidete Kern aus opus caemen-ticium, der sich noch heute über einem Kalksteinfun-dament und einem Sockel aus Kalksteinquadern erhebt (Abb. 1). Über den Quaderlagen war der Sockel mit ei-nem umlaufenden Fries aus Marmorplatten verkleidet, der mit lebensgroßen Figuren Szenen aus dem Leben des Gaius Caesar zeigte. Darüber folgte ein reich dekorier-tes Profil, das zum geschlossenen Körper des Kenotaphs überleitete (Abb. 2). Dieser war mit Pilastern gegliedert und mit einem Gebälk abgeschlossen. Reste eines Hy-perthyron belegen eine Scheintüre an zumindest einer Seite des Kenotaphs. Die Vermutung, dass der Bau mit einem pyramidalen Marmordach abgeschlossen gewesen sein muss, stützt sich auf Beobachtungen an den erhaltenen Baugliedern und insbesondere auf den massiven Kern des Baus, der ohne solch eine schwere Bekrönung keinen Sinn gehabt hätte.Die Bauornamentik des Kenotaphs kann in die augusteische Epoche eingeord-

net werden und hat Parallelen in Rom. Die außerordentliche Qualität ist für kaiserzeitliche Ornamentik in Limyra, aber auch in Klein-asien bemerkenswert. An Details lässt sich zeigen, dass stadtrömische Muster mit kleinasiatischen Elementen bereichert und wohl von einheimischen Handwerkern ausgeführt worden sind. Die Bauform des Kenotaphs selbst orientiert sich an kleinasiatischen Mausoleen wie jenem in Halikarnassos oder in Belevi bei Ephesos.Der Neufund eines Rankenpfeilers könnte das Wissen um das Kenotaph in Limyra erweitern (Abb. 3). Auch an diesem Bauteil fällt die überaus hohe Qualität und Sorgfalt auf, mit der die Dekoration gearbeitet worden ist. Die Zeitstellung des Dekors weist in die augus-teische Epoche, sodass die Vermutung nahe liegt, den Pfeiler als einen Teil des Monumentes anzusehen.Von dem an der Sockelzone umlaufenden, über 60 m langen Fries sind nur wenige Fragmente erhalten. Diese lassen auch hier die ungewöhnlich hohe Qualität erkennen, mit der die lebensgroßen Figuren ausgeführt worden sind (Abb. 4). Sti-listisch vergleichbar mit so prominenten Beispielen wie den Reliefs der Ara Pacis in Rom ist wieder direkte Einflussnahme des Kaiserhauses vorauszusetzen, vielleicht sogar die Beteili-gung einer stadtrömischen Werkstatt in Limyra.Dargestellt war wohl die Ost-Mission des Kaiser-Enkels, der mit dem Partherkönig Phraatakes bei einem Treffen auf einer Insel im Euphrat die politischen Verbindungen der beiden Reiche zu regeln hatte, wie der Augenzeuge Velleius Paterculus (II 101 – 102) berichtet. Der Fries muss demnach in einer fort-laufenden Erzählung den Aufbruch des Gaius Caesar aus Rom (profectio) gezeigt haben, dessen Treffen und Verhandeln mit den Parthern (pactio cum barbaris) sowie die Einsetzung des neuen Königs in Armenien (rex datus). Dazu passen auch die wenigen erhaltenen Buchstaben einer monumentalen lateini-schen Inschrift („AVAS“) auf dem Architrav des Kenotaphs, die sich zu „Artavasdes“ ergänzen lassen, der Name des Vaters jenes armenischen Königs Ariobarzanes, der von Gaius Caesar eingesetzt worden war.

Literatur:J. BORCHHARDT, Ein Kenotaph für Gaius Caesar, Jahrbuch des Deutschen Archäolog. Instituts 89, 1974, 217-241.J. GANZERT, Das Kenotaph für Gaius Caesar in Limyra, Istanbuler For-schungen 35 (Tübingen 1984).J. BORCHHARDT, Der Fries vom Kenotaph für Gaius Caesar in Limyra, For-schungen in Limyra 2 (Wien 2002).

Das Kenotaph für Gaius Caesar

Georg Plattner

Abb. 1: Kern des Kenotaphs, heutiger Zustand

Abb. 2: Block vom Profil des Kenotaphs über der Reliefzone

Abb. 3: Reliefpfeiler, wahrscheinlich vom Keno-taph

Abb. 4: Reliefplatte von der Sockelzone: Reiterprozession

Page 8: Limyra grabungen

Zu den beeindruckendsten Zeugnissen Limyras zählen zweifellos die etwa 400 Grä-ber aus den fünf Nekropolen der klassischen Epoche, wobei die Nekropolen II und III dem unmittelbaren Stadtgebiet, die anderen Grabbezirke hingegen wohl Vororten zuzuordnen sind. Berücksichtigt man al-lerdings auch die Nekropolen und Einzelgräber der dörfli-chen Siedlungen im Umland der Stadt, erhöht sich deren Anzahl erheblich.Limyra weist den bei weitem größ-ten Bestand an Grabbauten sämt-licher lykischen

Städte auf. Auffallend ist, dass 54 Gräber mit einer Inschrift in lykischer Sprache und Schrift versehen sind, wodurch Limyra einen Anteil von nahezu einem Drittel aller bekannten lykischen Inschriften stellt. Auch die Anzahl der mit Reliefs geschmückten Grabbauten ist in Limyra größer als in jeder anderen lykischen Stadt.Am spektakulärsten ist gewiss die über dem Arykandostal gelegene Nekropole I, deren insgesamt neun Gräber zu den schönsten und am besten erhaltenen Zeugnissen lykischer Grabarchitektur gehören (Abb. 1).Nekropole II liegt unmittelbar westlich der klassischen Stadtmauer und ist mit etwa 200 Felsfassadengräbern und Sar-kophagen nicht nur die größte Nekropole Limyras, sondern ganz Lykiens. In dieser Nekropole befinden sich einige be-merkenswerte Grabbauten, z. B. das Felsgrab des Tebursseli, dessen Relief über der Grabkammer als eines der wenigen Historienbilder im griechisch beeinflussten Kulturkreis des 4. Jhs. v. Chr. gelten kann: Der Grabinhaber ließ sich hier als siegreicher Held abbilden, der gemeinsam mit seinem König Perikle dessen Gegenspieler Arttumpara auf dem Schlachtfeld

im Xanthos-Tal besiegt (Abb. 2). Die Interpretation des Kampfgeschehens als Historienbild wird durch die Bei-schrift in lykischer Sprache (TL 104) bestätigt. Ebenfalls mit Kampfgeschehen verbunden ist das Relief des Fels-grabes des [X]uwata in derselben Nekropole, das einen Zweikampf nach der Vorlage des berühmten Schildes der Athena Parthenos des Phidias wiedergibt (Abb. 3).Nekropole III, angelegt an der östlichen Flanke des Burgberges, be-inhaltet 52 Gräber, unter denen vor allem ein Monument hervor-sticht: der gewaltige Hyposorion-Sarkophag des Xñtabura, der als ein Wahrzeichen der Ruinen von Limyra gilt (Abb. 4). Das Relief-programm der Darstellungen, die auf drei Seiten des Hyposorions (= Unterbau mit Grab-kammer) erhalten sind,

entspricht im wesentlichen den bekannten lykischen Grabreliefs; lediglich die Abbildung auf der Westseite, auf der zwei einander gegenübersitzende bärtige Männer mit einem nackten Jüngling in der Mitte zu sehen sind, wurde vom Ausgräber J. Borchhardt als Illustration eines Totengerichtes interpretiert.Nekropole IV befindet sich östlich von Limyra bei der modernen Ortschaft Zengeder. Zwar ist keines der elf Gräber mit einem Relief versehen, doch erwähnt beispielsweise die lykische Inschrift eines Grabes dessen Erbauer Krustti, einen „Milchbruder“ des Dynasten Trbbẽnimi, mit seinem Titel „esbehi“, der von G. Neumann als „Meister der Pferde“ übersetzt wurde. Möglicherweise ist in ihm also ein Hofstallmeister oder Leiter eines königlichen Gestüts zu erkennen.

Literatur:J. BORCHHARDT – G. NEUMANN – K. SCHULZ, Ein Totengericht in Lykien. Zum Grabmal des χñtabura in Limyra, Istanbuler Mitteilungen 19/20, 1969/70, 187 – 222.J. BORCHHARDT – G. NEUMANN – K. J. SCHULZ, Die Grabstiftung der χuwata in der Nekropole II von Limyra, Jahreshefte des Österr. Archäolog. Instituts 56, 1985, Beiblatt 49 – 106.J. BORCHHARDT – G. NEUMANN – K. SCHULZ – E. SPECHT, Die Felsgräber des Tebursseli und des Pizzi in der Ne-kropole II von Limyra, Jahreshefte des Österr. Archäolog. Instituts 58, 1988 Beiblatt, 73 – 154.

Die lykischen Nekropolen Limyras

Martin Seyer

Abb. 1: Gesamtansicht von Nekropole I

Abb. 2: Felsgrab des Tebursseli in Nekropole II

Abb. 3: Felsgrab des [X]uwata in Nekropole II

Abb. 4: Hyposorion-Sarkophag des Xñtabura in Nekropole III

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Felskammergräber mit der Imitation von Holzarchitektur an ihren Fassaden bilden ein unverwechselbares Spezifikum der an-tiken Sepulkralwelt Lykiens. Mit dem vorliegenden Projekt wur-de 1987 das Ziel in Angriff genommen, in Nekropole V, dem zweitgrößten antiken Friedhofsbereich Limyras, auf dem Wege systematischer Ausgrabung Aufschlüsse über lykische Grabmäler und Bestattungssitten zu gewinnen (Abb. 1). Mit der Freilegung von zehn Kammergräbern, zwei freistehenden Grabhäusern, drei Sarkophagen und einem Tumulusgrab kam das Grabungs-projekt 1999 zum Abschluss (Abb. 3).

Sepulkrale Praktiken wie Bestattungsweise, Beigabensitte und Totenpflege präsentieren sich in Lykien während Spätklassik und Hellenismus (4.–1. Jh. v. Chr.) verhältnismäßig homogen. Körperbestattung bildet die Norm, Kremation begegnet erst in römischer Zeit. Zumindest ein Befund in der Nekropole V legt nahe, dass sich die Aufteilung der Bestattungen im Grab nach dem Geschlecht der Verstorbenen richtete. Die teils große An-zahl von bis zu neun beigesetzten Individuen unterschiedlichen Alters bestätigt die Angaben der Grabaufschriften, dass wir es generell mit Familiengräbern und kontinuierlicher Nachbele-gung zu tun haben.

Die Beigaben der einzelnen Bestattungen waren in manchen Gräbern ausgesprochen zahlreich. Trotz der meist bereits in der Antike erfolgten Beraubung sind in und vor den einzelnen Gräbern Gefäßkeramik, Terrakottafigurinen, Tonlampen, Alabaster-gefäße und marmorne Steinopferschalen, Metallnägel von Holzschatullen, Schmuck und Münzbeigaben nachgewiesen. Bemerkenswerte Einzelfunde bilden ein römisches Inschriftenaltärchen mit der Weihung des Ploutiades an die kleinasiatische Göttin Eleuthera sowie das Fragment einer Grabstele mit der Reliefdarstellung eines Kriegers in lykischer Tracht.

Keineswegs selten blieben Felsgräber unvollendet und lassen Arbeitsschritte des Steinmetzverfahrens erken-nen. Hinzu kommt das Phä-nomen, dass das Felsareal der Nekropole V bereits während der sepulkralen Nutzungsphase als Steinbruch verwendet wurde. Das monumentale Grabhaus Nr. 88 bildet mit seiner einst von Pfeilern gestützten Vorhalle das imposanteste Grabmal der Nekropole V (Abb. 2). Bezüglich des ungewöhnlichen Tumulusgrabes Nr. 112 wird die ur-sprüngliche Interpretation als Grab eines Nicht-Lykiers u. a. durch den an-thropologischen Befund gestützt.

Als Ort der Totenverehrung lassen sich in der Regel die Felsvorterrassen der einzelnen Gräber vermuten, doch darf bei exponierter gelegenen Grabmälern mit kommunalen Ritualbereichen am Rande der Friedhöfe gerechnet werden. Fest steht, dass auf den Grabvorterrassen in Nekropole V ausschließlich die bei der Plünderung der Grabkammern zur Seite geworfenen Beigaben ange-troffen wurden, jedoch keinerlei Spuren des Bestattungszeremoniells oder der regelmäßigen Totenpflege archäologisch nachweisbar sind.

Dieses Grabungsprojekt eignete sich somit bestens, in Verbindung mit Stu-dien der Grabinschriften und der Grabreliefs, Nachbardisziplinen sowie ver-gleichbaren Untersuchungen in weiteren Nekropolen in und um Limyra der komplexen Thematik ‘die Lykier und der Tod’ ein Stück näher zu kommen.

Literatur:F. BLAKOLMER, Die Grabung in der Nekropole V von Limyra – Vorläufige Ergebnisse, in: J. BORCHHARDT – G. DOBESCH (Hrsg.), Akten des II. Internationalen Lykien-Symposions, Wien, 6.–12. Mai 1990, II (1993) 149 – 162.F. BLAKOLMER, Zum ‘Grab des Ploutiades’ in der Nekropole V von Limyra, in: P. SCHERRER – H. TAEUBER – H. THÜR (Hrsg.), Steine und Wege. Festschrift für Dieter Knibbe (1999) 261 – 268.F. BLAKOLMER, Die Nekropole V von Zemuri-Limyra. Neue Grabungsergebnisse, in: H. İŞKAN – F. IŞıK (Hrsg.), Grabtypen und Totenkult im südwestlichen Klein-asien. Internationales Kolloquium, Antalya (2005) 1 – 27.

Die Grabungen in der Nekropole V von Limyra (1987 – 1999)

Abb. 2: Ansicht von Grabhaus 88 in Nekropole V von Limyra

Abb. 1: Plan der Nekropole V von Limyra

Abb. 3: Ansicht der Sondage in Nekropole V von Limyra von Süden

Fritz Blakolmer

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Bereits seit den 1970er Jahren wurde im Rahmen der Limyra-Forschung der spätantik-byzantinischen Epoche und ihrer materiellen Hinterlas-senschaft Aufmerksamkeit geschenkt. Hervorzuheben sind vor allem die Untersuchungen am kaiserzeitlichen Kenotaph mit seiner frühbyzantini-schen Nachnutzung (J. Ganzert), die Erforschung der sogenannten Bi-schofskirche (U. Peschlow), der beiden Stadtmau-erringe (U. Peschlow, Th. Marksteiner), der kleinen

Klosteranlage am Burgberg (R. Jacobek), der sogenannten Kirche beim Ptolemaion (A. Pülz) sowie die urba-nistischen Studien zur spätantik-frühbyzantinischen Stadt (A. Pülz, P. Ruggendorfer). Aber auch im Zuge von Umlandsurveys in der Chora von Limyra (R. Jacobek, Th. Marksteiner, A. Pülz) wurde die byzantinische Epoche näher beleuchtet.Die spärlichen literarischen und epigraphischen Quellen erlauben es, zusammen mit den zahlreichen archäologi-schen Denkmälern zumindest ein grobes Bild der frühchristlich-byzantinischen Stadt (4./5. Jh. − ca. 10. Jh.) zu zeichnen. So sind etwa bereits für die Jahre 375 bzw. 381 die Bischöfe Diatimos und Lupikinios belegt, die wie die namentlich bekannten Episkopoi (Stephanos, Theodoros, Leon und Nikephoros) der folgenden Jahrhunderte kirchenrechtlich dem Metropoliten von Myra unterstanden. Nach 879 verlieren sich allerdings die Spuren der Bi-schöfe von Limyra, während in den Notitiae episcopatuum (Bistumsregister) ab dem 10. Jh. mit Phoinix (Finike), der als Flottenstützpunkt mit Schiffswerft bekannten Hafenstadt, ein neues Bistum auftaucht, das nunmehr die Gebiete mehrerer frühbyzantinischer Bistümer (etwa von Limyra und Rhodiapolis) umfasst.In der Spätantike wurde die Stadt durch zwei voneinander unabhängige, großteils aus Spolienmaterial errichtete Mauerringe in zwei Bereiche geteilt (Abb. 1). Die Oststadtmauern, die ein Areal von etwa 5,5 ha umgaben, ver-fügten über rechteckige, zweigeschossige Türme, die die wehrganglose Mauer verstärkten. Hervorzuheben ist das sogenannten Osttor, das als Haupttor eigens von zwei Türmen bewehrt worden ist. Die besondere Bedeutung die-ses 2,3 m breiten Tores zeigt sich zudem durch die beiden seitlichen Gewändesteine mit je einem kaiserzeitlichen Palliatus in Relief (Abb. 3. 4). Das Zentrum der Oststadt wurde von der sogenannten Bischofskirche sowie einem südöstlich gelegenen, etwa 40 × 60 m großen Gebäude (wohl der dazugehörende Bischofspalast) gebildet.Dagegen scheint der Mittelpunkt der lediglich drei Hektar großen Weststadt (Abb. 5) das Kenotaph des Gaius Caesar zu sein. Der quadratische Sockel dieses kaiserzeitlichen Monuments (Abb. 2) wurde nämlich im 5./6. Jh. allseitig mit teils apsidalen Räumen mit qualitätsvollen Marmor- und Mosaikböden umbaut, wobei allerdings die Funktion der Anlage bis dato nicht geklärt werden konnte (Kloster? Repräsentationsgebäude?). Eine Sperrmauer zwischen den beiden Mauerringen kann im Übrigen als Sicherung des Bereichs zwischen den umwehrten Stadt-hälften interpretiert werden. Wohl erst der mittelbyzantinischen Zeit zuzuordnen sind massive Umbauarbeiten, in deren Zuge besonders an der Nordseite der Weststadt wuchtige, etwa 2,5 m breite Mauern in Bruchsteintechnik mit zahlreichen runden und rechteckigen Türmen errichtet worden sind.

Literatur:U. PESCHLOW, Spuren des byzantinischen Mittelalters in Lykien, in: J. BORCHHARDT − G. DOBESCH (Hrsg.), Akten des II. Internationalen Lykien-Symposiums, Wien, 6.–12. Mai 1990, Bd. 2 (1993) 59−67.C. FOSS, The Lycian Coast in the Byzantine Age, Dumbarton Oaks Papers 48, 1994, 37−42.R. JACOBEK, Lykien, in: Reallexikon zur Byzantinischen Kunst 5, 1995, 856−902.H. HELLENKEMPER − F. HILD, Lykien und Pamphylien, Tabula Imperii Byzantini 8 (2004) 686−690.F. HILD, Lykien in den Notitiae Episcopatuum, Jahrbuch der Österreichischen Byzantinistik 54, 2004, 1−17.Th. MARKSTEINER, Die spätantiken und byzantinischen Befestigungen von Limyra im Bereich des Ptolemaions, in: M. Seyer (Hrsg.), Stu-dien in Lykien, 8. Ergänzungsheft zu den Jahresheften des Österreichischen Archäologischen Instituts (2007) 29−45.

Limyra in spätantik-byzantinischer Zeit

Abb. 1: Stadtplan von Limyra

Abb. 2: Weststadt, Kenotaph des Gaius Caesar

Abb. 3: Stadttor der Oststadt, Detail

Abb. 4: Stadttor der Oststadt, Ansicht

Abb. 5: Weststadtmauer, Östlicher Kurtinenabschnitt

Andreas Pülz

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Unter den Monumenten der frühchristlich-byzantinischen Epo-che sind besonders die Kirchenbauten Limyras hervorzuheben. Gemeinsam mit den beiden Stadtmauerringen zeugen sie von der Bedeutung der Stadt noch in Spätantike und Mittelalter (4./5. − ca. 10. Jh.).Die ca. 40 m lange und 23 m breite Bischofskirche (Abb. 1) be-fand sich im Zentrum der Oststadt. Ihre halbrunde Apsis wurde von seitlichen Nebenräumen flankiert, wobei der südliche ehe-mals zwei Geschoße besaß und und sowohl von außen als auch vom südlichen Kirchenschiff aus zu betreten war. Der nördliche, einst tonnengewölbte Raum verfügte dagegen über keine direkte Verbindung zum Kircheninneren und war nur durch eine Tür im Norden zugänglich. In ihm fanden sich ein schwarz-weißer Mo-saikboden mit geometrischem Dekor und einer Stifterinschrift,

die einen Presbyter Kyprianos und einen gewissen Acholios erwähnt. Mosaike blieben ferner im Mittel- und im Querschiff erhalten, dessen Existenz wie auch der gerade Ostabschluss für die Kirchen Lykiens ungewöhnlich ist. Aufgrund der erhaltenen Bauskulptur kann die Basilika in das ausgehende 5. bzw. beginnende 6. Jh. datiert werden. Die Kirchenanlage, der vielleicht ein Atrium vorgelagert war (nicht ausgegraben), dürfte im Zuge der Arabereinfälle ab der Mitte des 7. Jhs., spätestens aber in Folge eines Erdbebens in der 1. Hälfte des 8. Jhs. zerstört worden sein.

Ähnliches gilt auch für die sogenannte Ptolemaion-kirche (Abb. 2), eine schiefwinkelige, etwa 15 m lan-ge und 10 m breite Emporenbasilika aus Bruchstein-mauerwerk mit vereinzelten Ziegellagen. Je eine Tür verband die drei Kirchenschiffe mit einem Vorraum, dessen westliche Abschlusswand von der Stadtmauer sowie dem Podium des Ptolemaions gebildet wurde. Im Mittelschiff befand sich ehemals ein Ambo (Kan-zel), dessen marmorne Treppenwangen mit Tropfen-kreuzen geschmückt waren (Abb. 3). Den Hauptan-teil an Funden bilden über 400 Kalksteinfragmente, die 16 verschiedenen Platten zugewiesen werden können. Sie sind im Durchschnitt etwa 100 cm hoch, 80 cm breit sowie 4−5 cm stark und dürften als Brüstungsplatten der Emporen gedient haben. Dargestellt sind durchwegs Mo-tive aus der lokalen Fauna und Flora (Abb. 4). Von der Bauornamentik der kleinen Basilika ist vor allem eine Reihe von Kalksteinkapitellen zu erwähnen, die aufgrund unterschiedlicher

Höhen entweder der Empore oder dem Erdgeschoß zugeordnet werden können (Abb. 5).Aufgrund der zahlreichen Funde und des bekannten Vergleichsmaterials kann die Ptolemaionkirche in die erste Hälfte des 6. Jhs. datiert werden.Der gleichen Zeitstellung gehört auch eine kleine Kirchenanlage an, die auf dem Burgberg der Stadt auf einer schmalen Felsterrasse er-richtet worden ist (Abb. 6). Der 23 × 15 m große Bau wies an der Nordostecke einen kleinen Raum mit drei Apsiden auf. Verschiedene, kleinere Räumlichkeiten sowie eine Zisterne westlich der Kirche legen zusammen mit der Lage eine Interpretation der gesamten Anlage als Kloster nahe. In mittelbyzantinischer Zeit dürfte die Überbauung des Trikonchos mit einer lediglich 5 × 3,5 m großen Einraumka-pelle erfolgt sein. Auch der Einbau einer dreischiffigen, nur 15 × 7 m großen Pfeilerkirche im Bereich des ehemaligen Mittelschiffes der Basilika des 6. Jhs. ist bereits dem Mittelalter zuzurechnen.

Ausgewählte Literatur: U. PESCHLOW, Die Bischofskirche von Limyra (Lykien), Akten des 10. Internationalen Kongresses für Christliche Archäologie (1984) 409−421.R. JACOBEK, Bericht über die byzantinischen Aktivitäten in Limyra von 1986 – 1990, Jahreshefte des Österreichischen Archäo-logischen Instituts 61, 1991/92, Beiblatt 171−176.A. PÜLZ − P. RUGGENDORFER, Kaiserzeit-liche und frühbyzantinische Denkmäler in Limyra, Mitteilungen zur Christlichen Archäologie 10, 2004, 52−79.

Frühchristlich-byzantinische Kirchen in Limyra

Abb. 6: Kloster auf dem Burgberg

Andreas Pülz

Abb. 1: Bischofskirche, Blick nach Westen

Abb. 2: Ptolemaionkirche, Luftaufnahme

Abb. 3: Ptolemaionkirche, Treppenwange

Abb. 4: Ptolemaionkirche, Brüstungs-platte (Detail)

Abb. 5: Ptolemaionkirche, Kapitell

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Direkt westlich neben dem römischen Theater von Limyra befindet sich ein Gebäude, in dem nach ersten Sondagen in den Jahren 1995/1996 seit 2007 kontinuierliche Grabungen stattfinden (Abb. 1. 2). Ein Heizsystem mit Hypokausten sowie den in Lykien weit verbreiteten tönernen Ab-standhaltern zur Beheizung der Wände, die in Raum III (Abb. 3) und IV sowie im östlichen Bereich von Raum II gefunden wurden, kennzeichnet diesen Komplex als Thermenanlage. Eine Struktur in der Ostmauer, die mit großer Wahrscheinlichkeit das praefurnium (Heizstelle) darstellt, legt darüber hinaus eine Interpretation der Räume IV, III und II als caldarium (Heißwasserraum), tepidarium (lauwarmer Raum) und frigidarium (Kaltwasserraum) nahe. Raum V in der nördlichen Raumflucht war mit einem qualitätsvollen Plattenboden und einem Wasserbecken ausgestattet. Hier handelte es sich wohl um einen Raum, der vor allem der Pflege sozialer Kontakte diente.Über die restlichen Bereiche können vorläufig nur Vermutungen angestellt werden. Raum I und VII gehören wohl zur ori-ginalen Bauphase; da die westliche Begrenzungsmauer jedoch höchstwahrscheinlich einen späteren Einbau darstellt, ist die ursprüngliche Ausdehnung dieser beiden Einheiten noch nicht zu fassen. Auch der Bereich im Nordosten des Grabungsare-als ist momentan noch rätselhaft, da die zeitliche Abfolge verschiedener Mauerfluchten hier noch nicht einwandfrei geklärt ist. Als gesichert gilt jedenfalls, dass diese Fläche ein Teil der ursprünglichen Anlage war; das wird auch durch den Umstand nahegelegt, dass der Kanal unterhalb dieser Struktur vermutlich das Wasserbecken in Raum V entwässerte. Der in seiner Form etwas eigentümliche Durchgang zwischen dem caldarium und Raum V scheint jedenfalls einen Umbau darzustellen.Die vollständige Ausdehnung des Gebäudes ist zurzeit noch nicht bekannt, da lediglich die Südmauern der beheizten Räume sowie die Ostmauer des caldariums Außenmauern darstellen. Die geringe Breite von Raum I spricht hingegen da-für, dass sich der Bau noch weiter nach Westen erstreckte; über eine mögliche weitere Ausdehnung nach Norden können aufgrund einer tiefgreifenden Störung noch keine Aussagen getroffen werden. Auch wurde bislang kein Eingang in das Bauwerk gefunden.Keramikfunde aus einer Tiefgrabung in Raum V liefern einen Datierungsansatz für die Errichtung des Gebäudes im 2. Jh. n. Chr. Die Bauweise sowie die Verwendung zahlreicher Spolien (wiederverwendete Bauteile) (Abb. 4) deuten allerdings auf eine spätere Datierung in das 3. oder frühe 4. Jh. n. Chr. Die Thermen wurden bereits relativ früh, wohl im 5. Jh. n. Chr., aufgegeben. Spätere Umbauten belegen, dass der Bau zumindest teilweise bis in byzantinische Zeit in anderer Verwendung weiter benützt wurde, wofür auch an mehreren Stellen in situ gefundene Vorratsgefäße aus dieser Epoche sprechen.Mit den Theaterthermen ist neben den Thermen an der Nordmauer der byzantinischen Oststadt zumindest eine zweite Badeanlage des römischen Limyra belegt, die mit der axialen Raumfolge der beheizbaren Räume dem Reihentypus und damit dem in Lykien am weitesten verbreiteten Typus von Badeanlagen entspricht.Die Grabungskampagnen der nächsten Jahre sollen in erster Linie einer Klärung des Grundrisses und damit der Frage dienen, ob es sich bei diesem Bauwerk um eine kleine öffentliche Thermenanlage oder aber um den Teil eines repräsentativen privaten Gebäudes an diesem zentralen Platz der römischen Stadt handelte.

Literatur:Th. MARKSTEINER und Mitarbeiter, Bericht zur Grabungskampagne Limyra 2007, 30. Kazı Sonuçları Toplantısı I, 2008, 347 – 358.M. SEYER – U. SCHUH, Limyra Kazı ve Araştırmaları 2008. Excavations and Research at Limyra 2008, News of Archaeology from Anatolia’s Mediterranean Areas 7, 2009, 45 – 48.

Die Theaterthermen

Ulrike Schuh – Martin Seyer

Abb. 4: Spolie mit Löwenkopf

Abb. 1: Grundriss der Theaterthermen

Abb. 2: Blick auf die Thermen von Osten

Abb. 3: Hypokaustpfeiler in Raum III

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DER CAMPUS

Die ersten Überlegungen zum Grabungscampus gehen auf das Jahr 1984 zurück. Mit einem „Stöckchen-Modell“ wurde das Konzept von Jürgen Borchhardt und Klaus J. Schulz im Schatten einer Platane am Waschplatz neben dem Fluss entwickelt.

„Louisiana in Limyra“ (Abb. 1)

Um eine klar begrenzte Fläche für Hochbauten zu schaffen, wurden Teile des östlichen Armes des Limyros-Flusses umgeleitet. Auf der neu geschaffenen Insel, „Louisiana in Limyra“ genannt, wurden Wohn- und Gemeinschaftsgebäude mit Arbeitsräumen für den Fotografen und die Restauratoren (Abb. 2) geplant, umgeben von großkronigen Bäumen. Die Insel ist über zwei Brücken erreichbar.

Der Campus (Abb. 3)

Der Standort musste aufgegeben und im Süden der Insel neu konzipiert werden.Die archäologischen Funde sollten aus den Depots im römischen Theater in Gebäude auf dem Grabungscampus verlagert werden. Ab 1993 entstanden

zwei großflächige Depots, aus Kalksteinstreifen gebaut, mit Blechdächern gedeckt und mit hohen Stahltoren verschlossen (Abb. 4).Mit dem Küchen- und Badehaus, dem sog. Andron, den Wärmetauschern und der Schilfkläranlage wurde dauerhaft Infrastruktur eingerichtet und mit differenzierten Pflanzungen das Grünkonzept vervollständigt. Zurück auf der Insel blieben die großen, eindrucksvollen Steinblöcke verschiedener antiker Bauten sowie die luftigen „Çardaks“ (Wohnräume der Mitarbeiter) (Abb. 5).

Weitere Entwicklungen auf dem Campus

Das Campus-Konzept soll durch weitere Einrichtungen abgerundet werden. Wichtigstes Element ist ein ursprünglich als Bibliothek geplanter Bau, der in seinen Grundstrukturen bereits steht (Abb. 6). Das Gebäude wird zukünftig eine Vielzahl von Nutzungen für den Grabungsbetrieb aufnehmen, so sollen in ihm auch weitere Depot- und Arbeitsräume sowie temporäre Unterkünfte Platz finden.

Experimentelle Archäologie

Klaus J. Schulz

Abb. 1: Die Grabungsinsel − Massenmodell

Abb. 2: Die Pergola zur Bearbeitung von Keramik und Kleinfunden (Zustand 1985)

Abb. 3: Der Campus – Isometrie

Abb. 4: Depots

Abb. 5: Die „Çardaks“Abb. 6: Geplanter Mehrzweckbau (Vordergrund), Depots (Hintergrund)

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Klaus J. Schulz

Felsgräber

Die beeindruckenden, detailgetreu in Stein gearbeiteten Fassaden lykischer Felsgräber (Abb. 1) waren seit Beginn Schwerpunkt der Forschungen in Limyra. Ab 1970 wur-den neben den fürstlichen Nekropolen in Phellos, Tlos und Trysa oder dem Grabmal des Ta in Hoiran alle Grabanlagen der Stadt Limyra in topographischen Plänen auf-genommen. Alle Merkmale architektoni-scher, epigraphischer, archäologischer und kunsthistorischer Natur wurden erstmals korrekt erfasst (Abb. 5). Aus der Analyse des Bestandes wurde eine Typologie der ly-kischen Grabhausarchitektur entwickelt.

Gebäude in Holzständerkonstruktion

Die Idee, neue, nutzbare Gebäude in Holzständerkonstruktion im lykischen Bauformenkanon zu bauen (Abb. 4), entwickelten Jürgen Borchhardt und Klaus Schulz im Sommer 1982. Ziel war es, die Architektur der steinernen Totenhäuser für die Ewigkeit mit der Me-thode der experimentellen Archäologie in hölzerne Wohn-, Arbeits- und Repräsentationsgebäude für das Jetzt umzusetzen (Abb. 2). Eine Bautypologie mit acht Konstruktionselementen wurde entwickelt, die den Grundstock für die baulich-räumlichen Rekonstrukti-onsvorschläge bildete (Abb. 6).

Dieser architektonische Beitrag zu der seit über 100 Jahren dauernden Diskussion über die Entstehungsgeschichte lykischer Grabbauten belebt durch seinen hochbau-lich-konstruktiven Ansatz erneut die wis-senschaftliche Auseinandersetzung. Viel-leicht wird durch den Nachbau, erst im Modell und schließlich in mehreren nutz-baren Bauten (zwei Brücken, Pergola, fünf Funktionsgebäude), das Rätsel der Funkti-onen und der Konstruktion der lykischen Bauweise doch noch entschlüsselt. Denn erstmals seit 2300 Jahren wird der real kon-struierte Nachweis erbracht, dass die in drei Dimensionen zusammengesteckten Hölzer (Abb. 3) ohne weitere Verbindungsmittel (Nägel, Dübel, Leim) ein stabiles, räum-

liches Ganzes bilden. Die Versuche leisten einen räumlichen Beitrag, wie die im Stein dargestellten Bauelemente phantasievoll in Holzkonstruktionen umgesetzt wurden. Sie regen die Vorstellungskraft an und machen die zeichnerisch nur schwer darzustellenden Holzverbindungen be“greif“lich.Über den Wassern des Limyros schweben dreidimensionale Argumente.

Experimentelle Archäologie

Neue Gebäude im lykischen Bauformenkanon

Abb. 1: Felsgräber in Nekropole I

Abb. 5: Der Lykische Knoten

Abb. 4: sog. Andron – konstruktives Gefüge

Abb. 2: sog. Andron

Abb. 6: Konstruktionselemente lykischer BautenAbb. 3: Dachaufbau des sog. Andron

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Insgesamt sind dem Straßensystem der Oststadt sieben Straßenzüge zuzuweisen. Die Hauptverkehrsachsen stellen die vom Osttor in die Stadt zum Bischofspalast führende Ostweststraße und die vom sogenannten Pto-lemaion gegen Südosten verlaufende Säulenstraße dar (Abb. 1).Die 8,40 m breite Säu-lenstraße verkörpert mit ihren flankierenden, rund 5,40 m tiefen, überdach-ten Kolonnaden den Ty-pus der Hallenstraße, der in der Kaiserzeit vor allem im kleinasiatisch-syrischen Raum verbreitet war. Be-merkenswert ist die hohe Qualität des leicht bom-bierten und mit recht-

eckigen Kalksteinplatten sorgfältig gepflasterten Straßenkörpers (Abb. 2). Nach Ausweis der Funde wur-den die Hallen von der frühen Kaiserzeit bis in frühbyzantinische Zeit merkantil genutzt.Das nordwestliche Ende der Säulenstraße wurde zum Ptolemaion hin durch einen vermutlich kaiserzeitlich zu datierenden Torbau abgeschlossen. Seine Position orientiert sich nicht an der Mittelachse der Straße, sondern an der Flucht der

westlichen Begrenzung des Straßenkörpers. Der architektonische in situ-Befund ist spärlich, eine Vorstellung von der Gestalt des Monuments vermitteln daher in erster Linie die ca. 40 in Sturzlage aufgefundenen Blöcke der aufgehenden Architektur. So wurde der Tordurchgang zu bei-den Seiten von dreifachen Bündelsäulen gerahmt, wie die unterste in situ erhaltene Trommel mit angesetzter Zungenmauer des Ostpylon doku-mentiert (Abb. 3). Korinthische Kapitelle, welche die dreifache Bünde-lung der Säulenarchitektur aufnahmen, bekrönten die Säulen, während Pilasterkapitelle als Abschluss der äußeren Ecken der Pylone dienten. Die Bogensteine des Tordurchgangs waren auf dem bemerkenswerten Architekturglied eines Halbgiebels aufgesetzt und tragen Reste einer Inschrift aus dem späten 2. Jh. n. Chr.Am südwestlichen Ende der Säulenstraße zweigt

ein Straßenzug nach Nordosten zur Bischofskirche ab. In der Nordwand eines kleinen, in die Straßenkreuzung eingebauten Brunnengebäudes fanden sich die Reste einer nicht vollständig erhaltenen Statuenbasis mit einer Inschrift für Flavius Theodosius (Abb. 4). Dieser wurde 376 n. Chr. nach einem Hochverratsprozess in Kar-thago hingerichtet und durch seinen Sohn, Kaiser Theodosius I., rehabilitiert. Der Senat ehrte ihn in Rom durch Reiterstandbilder, und in der Folge schlossen sich die Provinzen als Loyalitätsbeweis dem stadtrömischen Vorbild an, so dass weitere Stiftungen z. B. aus Antiochia oder durch die Doppelprovinz Calabria und Apulia belegt sind. Auch die Basis in Limyra dürfte aufgrund ihrer langrechteckigen Form eine Reiterstatue getragen haben.Der von der Kreuzung entlang der südlichen Langhauswand der Bi-schofskirche bis zum Bischofspalast führende Straßenabschnitt ist mit 10,90 m sehr repräsentativ gestaltet, danach verjüngt er sich und geht schließlich in die Ostweststraße über. Seine flankierenden Räume standen vor allem vom 4. bis Anfang des 8. Jhs. v. Chr. in intensiver Nutzung.An der Nordwestecke des Bischofspalastes mündet aus Süden kom-mend eine 5,60 m breite Straße ein. Ihr Belag bestand aus gestampf-tem Erdmaterial, das mit Mörtel, Ziegelsplitt und Schotter durchsetzt war, und an ihre Ostseite schloss ein dem Bischofspalast vorgelagerter Raum mit polychromem Fußbodenmosaik an (Abb. 5).

Literatur: A. PÜLZ – P. RUGGENDORFER, Kaiserzeitliche und frühbyzantinische Denkmäler in Li-myra: Ergebnisse der Forschungen in der Oststadt und am Ptolemaion (1997 – 2001), Mitteilungen zur Christlichen Archäologie 10, 2004, 52 – 80.

Urbanistische Forschungen in der Oststadt von Limyra

Peter Ruggendorfer

Abb. 1: Die Oststadt von Limyra mit eingetragenen Grabungsflächen – links neben der Bischofskirche die Säulenstraße, der „Frühbyzantinische Straßenverlauf“ entspricht der Ostweststraße

Abb. 2: Ansicht der Säulenstraße

Abb. 3: Die Reste des Torbaus in situ: Ostpylon mit dreifacher Bün-delsäule

Abb. 4: Südansicht der Basis des Flavius Theodosius-Standbildes

Abb. 5: Mosaikboden im Raum vor der Westfassade des Bischofpalastes

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Etwas außerhalb der byzantinischen Oststadt von Limyra befindet sich das Bektaschi-Kloster (tekke) des Kâfi-Baba (Abb. 1. 2), ein Gebäude-komplex aus der jüngeren Geschichte der Stadt.Der legendäre Gründer des Bektaschi-Ordens war Hacı Bektaş Veli, ein Mystiker aus Khorasan, der sich Ende des 13. Jhs. bei Kirşehir (Zen-tralanatolien) niederließ.In der religiösen Lehre der Bektaschi vereinigen sich Ideen des Sufismus mit vorislamisch-schamanistischen Praktiken und christlichen Elementen (Trinitätslehre, Abendmahlfei-er, Beichte). Diese sind in ein einfaches Ritual eingebun-den, das sich in erster Linie an die einfache Bevölkerung in ländlichen Gebieten wandte. De facto sind die Bekta-schi als extreme Schiiten anzusehen, die Ali, den vierten Kalifen, verehren, sich zu den zwölf Imamen bekennen, den schiitischen Märtyrerkult praktizieren und dabei eine auffällige Nachlässigkeit gegenüber den orthodoxen islami-schen Glaubensvorstellungen zeigen. Ein weiteres wichtiges Element ihres Glaubens stellt die Verehrung von Heiligen-gräbern dar.Bereits im 14. Jh. scheint dieser Orden in weiten Teilen Anatoliens verbreitet gewesen zu sein. Die ersten Belege für ein Auftreten der Bektaschi in Lykien stammen aus dem 15. Jh., wobei die Ausbreitung hier eng mit der Person des Derwisch Abdal Musa aus Buchara verbunden ist. Ob sich dieser tatsächlich in Ly-kien niedergelassen hat, ist unbekannt, sein Grab befindet sich jedenfalls

in dem nach ihm benannten Kloster in Elmalı. In Limyra hatte Abdal Musa einen Jünger namens Gaibi, der nach seiner Bekehrung den Namen Kayğusuz Abdal erhielt und vierzig Jahre lang im Kloster diente.

DIE EINZELNEN GEBÄUDE DES KLOSTERS

Gebäude 1, ein aus zwei verschieden großen Räumen bestehender Bau, kann mit hoher Wahr-scheinlichkeit als das Meydan Evi identifiziert werden, der eigentliche Hauptbau des Klosters, der zeremoniellen Zwecken vorbehalten war (Abb. 3).Auch Gebäude 2 weist zwei Räume auf. Wie aus den zahlreichen hier gefundenen Scherben zu schließen ist, dürfte der kleinere die Klosterküche gewesen sein, der größere war mit einem etwa 5 m hohen Kamin und einem in die Westmauer integrierten, gut erhaltenen Backofen ausgestattet.Nordwestlich von Gebäude 2 erstreckt sich ein etwa 8 m langes und 2 m breites Straßenstück,

dessen Ausrichtung auf das Osttor der by-zantinischen Stadtmauer nahelegt, dass es sich bei ihm um die Verlängerung einer möglicherweise bereits antiken Verkehrsa-der durch die Stadt handelt.Im Norden der Klosteranlage befindet sich das Grabhaus (Türbe) des Kâfi-Baba, das im Jahr 1960 von Grund auf neu errichtet und mit einer Betonkuppel versehen wurde. Die achtzeilige, im Jahr 1815 über dem Eingang angebrachte Inschrift berichtet, dass der hier bestattete Heilige bei Abdal Musa das Amt eines Kochs bekleidete, und dass seine Grabstätte von Ibrahim Dede, einem der Vorsteher des Klosters, wiederhergestellt wurde. An der Nordseite der Türbe befindet sich ein Derwischgrab mit einem Grabstein mit einer aus zwölf Segmenten beste-henden Mütze, der für die Bektaschi charakteristischen Kopfbedeckung (taç) (Abb. 4). Die Grabinschrift bezeichnet den am 19. Jänner 1812 Verstorbenen als „Bektaschi-Derwisch“ namens Hasan-Baba.Direkt neben dem modernen Weg im Westen der Anlage liegt der wohl zum Kloster gehörende Friedhof, von dem noch fünf Gräber erhalten sind.

Die Anlage wurde in einem Projekt der Limyra-Grabung im Jahr 1987 durch Dr. Werner Bauer ausführlich untersucht.

Literatur:W. BAUER, Das Bektaschi-Kloster des Kâfi-Baba in Limyra, Istanbuler Mitteilungen 38, 1988, 343−362.

Das Bektaschi-Kloster des Kâfi-Baba

Martin Seyer

Abb. 4: Grabstein des Hasan Baba

Abb. 1: Plan des Tekke von Limyra

Abb. 2: Ballonaufnahme des Tekke

Abb. 3: Gebäude 1 des Tekke, Zustand nach der Reinigung 1987

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UNIVERSITÄT WIENDIPLOMARBEITEN

− A. Hanel, Ein Marmor-Girlanden-Sarkophag aus Limyra (1984)

Publikation: A. Hanel, Ein Marmor-Girlanden-Sarkophag aus Limyra, Jahreshefte des Österreichi-schen Archäologischen Instituts 56, 1985, Beiblatt 178 – 210

− A. Dinstl, Die Bauornamentik des Theaters von Limyra (1985)

Publikation: A. Dinstl, Bauornamentik am Thea-ter von Limyra, Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Instituts 57, 1986/1987, Beiblatt 141 – 220

− V. Pölzleitner, Das Epos des Aristeas von Pro-konnesos im Spiegel der Kunst des 4. Jahrhunderts vor Christus (1986)

− Th. Marksteiner, Das Südtor von Limyra (1987)

Publikation: Th. Marksteiner, Das Südtor von Li-myra mit Berücksichtigung von Toranlagen und Wehrarchitektur in Lykien, Jahreshefte des Öster-reichischen Archäologischen Instituts 59, 1989, Beiblatt 41 – 110

− R. Schwienbacher, Frauenraubszenen in der Sepul-kralkunst Lykiens (1988)

− K. Zhuber-Okrog, Die Terrakotten von Limyra (1989)

Publikation: K. Zhuber-Okrog, Die Terrakot-ten von Limyra, Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Instituts 60, 1990, Beiblatt 53 – 120

− M. Seyer, Skulptur aus Limyra (Streufunde aus neun Jahrhunderten) (1991)

− W. Reiter, Die Säulenstraßen Kleinasiens (1992)

− J. Schultze, Die Nordtherme von Limyra (1995)

− M. Ninführ, Glasgefäße aus Limyra (1999)

− H. Schwaiger, Vorhellenistische Wohnarchitektur in Limyra (2007)

DISSERTATIONEN

− Th. Marksteiner, Die befestigte Siedlung von Li-myra (1992)

Publikation: Th. Marksteiner, Die befestigte Sied-lung Limyras. Studien zur vorrömischen Wehrar-chitektur und Siedlungsgeschichte in Lykien unter besonderer Berücksichtung der klassischen Perio-de, Forschungen in Limyra 1 (Wien 1997)

− A. Konecny, Hellenistische Turmgehöfte in Zen-tral- und Ostlykien (1992)

Publikation: A. Konecny, Hellenistische Turm-gehöfte in Zentral- und Ostlykien, Wiener For-schungen zur Archäologie 2 (Wien 1997)

− I. Mader, Die frühe Keramik der Sondage 9 in Li-myra (1997)

− U. Eisenmenger, Die spätantike Keramik aus den Sondagen des Ptolemaions in Limyra (2001)

− I. Benda, Lykier und Karer – Fremde Völker Ana-toliens (1995)

Publikation: I. Benda-Weber, Lykier und Karer. Zwei autochthone Ethnien Kleinasiens zwischen Orient und Okzident, Asia Minor Studien 56 (Münster 2005)

Akademische Qualifikationsarbeiten über Limyra/Lykien

HABILITATION

− Th. Marksteiner, Trysa, eine zentrallykische Nie-derlassung im Wandel der Zeit (2001)

Publikation: Th. Marksteiner, Trysa, eine zentrally-kische Niederlassung im Wandel der Zeit, Wiener Forschungen zur Archäologie 5 (Wien 2002)

ANDERE UNIVERSITÄTENDISSERTATIONEN ZU LIMYRA

− J. Ganzert, Das Kenotaph für Gaius Caesar in Li-myra (TU Karlsruhe 1981)

Publikation: J. Ganzert, Das Kenotaph für Gaius Caesar in Limyra, Istanbuler Forschungen 35 (Tü-bingen 1984)

− L. Mühlbauer, Lykische Grabarchitektur: vom Holz zum Stein? (TU München 2001)

Publikation: L. Mühlbauer, Lykische Grabarchi-tektur – Vom Holz zum Stein, Forschungen in Li-myra 3 (Wien 2007)

− Z. Kuban, Die Nekropolen von Limyra (TU Istan-bul 1997)

Publikation: in Vorbereitung zum Druck als Band 4 der Forschungen in Limyra

HABILITATION ZU LIMYRA

− J. Borchhardt, Die Bauskulptur des Heroons von Limyra (Frankfurt/Main 1973)

Publikation: J. Borchhardt, Die Bauskulptur des Heroons von Limyra. Das Grabmal des lykischen Königs Perikles, Istanbuler Forschungen 32 (Ber-lin 1976)

Page 18: Limyra grabungen

In Limyra wurden bislang 56 lykische Inschriften gefunden. Sie machen damit fast ein Drittel der Gesamtzahl der Texte in dieser Sprache aus.Darunter befinden sich 54 Grabinschriften. Die beiden anderen lediglich frag-mentarisch erhaltenen Texte (N 337 und N 340) sind auf Steinblöcken an-gebracht; N 337 lässt sich als Edikt klassifizieren, N 340 ist aufgrund seines schlechten Erhaltungszustandes nicht näher typologisch einzuordnen.Die Grabinschriften verteilen sich auf die Nekropolen II, III, IV und V. Dabei finden sich die meisten in Nekropole II (26 Texte), die zweitgrößte Dichte weist Nekropole V mit 18 lykischen Inschriften auf. In Nekropole III tragen acht Grä-ber Inschriften in dieser Sprache, in Nekropole IV dagegen lediglich zwei.Die meisten lykischen Texte von Limyra wurden bereits Ende des 19. Jahrhun-derts von einem von Otto Benndorf geleiteten österreichischen Forschungsteam epigraphisch aufgenommen und 1901 von Ernst Kalinka im ersten Band der Tituli Asiae Minoris unter den Nummern TL 98 bis TL 148 publiziert. Obwohl die Fundorte bei Kalinka recht grob angegeben sind, konnten – abgesehen von einer Ausnahme (TL 137) – bis zum Jahr 2000 alle Inschriften wiederentdeckt und nach heutigen wissenschaftlichen Standards aufgenommen werden.Zudem wurden sechs bislang unbekannte lykische Texte, darunter die be-reits erwähnten nicht an Gräbern angebrachten Inschriften, dokumentiert und philologisch-sprachwissenschaftlich bearbeitet.Ihre Edition erfolgt im Rahmen des von Jürgen Borchhardt initiierten und heute von Martin Seyer geleiteten Projektes „Corpus der Lykischen Sprachdenkmäler“, in dem die lykischen Inschriften in ihrem archäologischen und bau- sowie kunsthistorischen Kontext untersucht werden. Die epigraphisch-sprachwissenschaftliche Arbeit wird dabei von Heiner Eichner und Birgit Christiansen geleistet.Die Texte aus Limyra werden neben anderen Inschriften aus Ostlykien in einem eigenen Band publiziert, zwei weitere Bände sind den Inschriften aus Zentral- und Westlykien gewidmet.

Dokumentation und Auswertung der lykischen Inschriften von Limyra

Birgit Christiansen

Abb. 1: Grab des Uwe͂mi, Nekropole II, TL 109

Abb. 2: Die Inschrift TL 109 (oben), Abklatsch (unten)

Während sich Kalinkas Werk auf Umzeichnungen und Transliterationen beschränkt und lediglich knappe Angaben zum Fundort, zur Dokumentation und zum Inschriftenträger enthält, geht die in Vorbereitung befindliche Edition darüber weit hinaus. So werden die Texte in Abklatsch, Photos und Folienumzeichnungen dokumentiert. Dabei wird der heutige Befund zu Grunde gelegt und die epi-graphische Dokumentation des ausgehenden 19. Jahrhunderts, die neben Kalinkas Publikation vor allem aus den alten Abklatschen besteht, vergleichend herangezogen.Obwohl das österreichische Team im ausgehenden 19. Jahrhundert hervorragende Arbeit geleistet hat, kann in manchen Fällen eine neue oder bessere Lesung erzielt werden. Große Fortschritte werden hier vor allem durch den Einsatz der Digitalfotografie und die Erstellung der Folienumzeichnungen erzielt. So lassen sich oft stark verwitterte Inschriften besser lesen und Fehler, die beispielsweise abklatschtechnisch bedingt sind, korrigieren (z. B. Fehlinterpretationen von Zerstörungen des Inschriftenträgers als Buchstabenreste oder Risse des Abklatschpapiers als Beschädigungen der Buchstaben).Auf der Grundlage des epigraphischen Befundes werden die Texte sprachlich erschlossen. Dabei werden sie in Transliteration, Über-setzung und philologisch-sprachwissenschaftlichem Kommentar präsentiert. Auf diesem Wege werden die Inschriften, die bislang nur vereinzelt in Übersetzung vorliegen, auch für Personen, die über keine Kenntnisse des Lykischen verfügen, zugänglich gemacht.In einem weiteren Schritt wird der inschriftliche mit dem archäologischen und bau- sowie kunsthistorischen Befund zusammengeführt und verglichen. Auf diese Weise lassen sich oftmals Erkenntnisse erzielen, die bei einer isolierten Betrachtung des inschriftlichen Befun-des nicht gewonnen werden können.

* TL (Titulus Lyciae) – vor 1901 entdeckte lykische Inschrift, N (Nova) – Neufund einer lykischen Inschrift nach 1901

Literatur:E. KALINKA, TAM I. Tituli Lyciae Lin-gua Lycia Conscripti (1901).J. BORCHHARDT u.a., Archäologi-sch-sprachwissenschaftliches Corpus der Denkmäler mit lykischer Schrift, Anzeiger der phil.-hist. Klasse 134, 1997 – 1999, 11 – 96.M. SEYER, Corpus der lykischen Sprach-denkmälern, Revue Archéologique 2007, 161 – 166.