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~6. DEZEMBER ~939 KLINISCHE WOCHENSCH Zunahme der Jodziffer auf das Drei- und Mehrfache der unbe- einfluBeen Tage. Zusammen]assung. I. Das Winklersche Verfahren eignet sich auch zur Bestimmung der Jodziffer des Harnes. 2. Die Menge des mit der Nahrung au/genommeuen Fettes tibt keinen nennenswereen EinfluB auf die Jodziffer aus. 3. Zwischen den Jodziffern der Gesunden, fieberfreien chronischen Kranken einerseits und jenen der Krebskranken, Geschwulstkranken, an einer fieberha{ten akuten oder ehro- nischen Krankheit Leidenden andererseits bestehen signifi- kante Unterschiede. 4. Die H6he der Jodziffer kann nnter Umst/~nden dureh gewisse Arzneien, Fieber, die R6ntgen- oder Radiumbehand- lung beeinfluBt werden. 5. Es gibe eine niche geringe Anzahl yon Arzneimitteln und endogenen Stoffen, die fiber eine Jodbindungsfghigkeit ver- fiigen. 6. Ant Grund der in den ersten 3 Punkten niedergelegten Tatsachen darI angenommen werden, dab dem Verfahren aueh ein praktischer Were zukomme. Literatur: BLOCI~ a n d SOBOTNA, J. of biol. Chem. 1~4, 567 bis 572 (1938), ref. Krebsforsch. 48, iio (1939). -- FlSCHBACH, Mschr. Krebsbekpfg 6, 44--49 (1939). -- GRECO, Biochimica e Fer. spec. 24, 191--195 (1937), ref. Krebstorsch. 47, 35o (1938). -- HINSBERG U. LANGE, lVIed. Chemie, S. 221 u. 265. Berlin-Wien: Urban u. Schwarzenberg 1938. -- KRETZ, Mtinch. reed. Wschr. ~938 II, 1341--1344. -- LEE, KWA~r-HuA and C~N, Chin. J. Physiol. II, I-6 (I937), ref. Kongrel3zbl. inn. Med. 9 I, 460 (1937). LIQUORBEFUNDE NACH LUMBAL- UND ZISTERNENPUNKTION. Von WERNER SCHEID. Aus der Neurologischen Universit~itsklinik Hamburg-Eppendorf (Direktor: Prof. PETTE). Im Jahre 19o4 bereits behauptete NlSSL, dab die einfache Lumbalpunktion Liquorver~.nderungen zur Folge haben kann, die es notwendig machen, mindestens 8--io Tage bis zu einer erneuten, ftir die Diagnostik brauchbaren Lumbalpunktion verstreichen zu lassen. 2qISSL glaubte, dab eine ,,geringe Ver- mehrung yon zelligen Elementen und auch yon EiweiB in- folge des Eingriffes auftrite". In der Folgezeit wurde die Behauptung NlSSLS teils best{itigt, teils bestritten. SCH6N- FELD verSffentlichte fin Jahre 1919 die Ergebnisse umfang- reicher Untersuchungen, die geeignet schienen, NlssLs An- siche zu sttitzen. Auch SCII{3NFELD schloB mit der Forderung, es solle ,,in der Praxis ... ein Zwischenraum yon mindeseens IO Tagen zwischen den einzelnen Punktionen desselben Falles liegen".* Mit Recht aber wurde die lgeweiskraft des grofien, yon SCH(JNFE'LD herangezogenen Materials bezweifelt, da die 181 Kranken SCHGNFELDS an GonorrhSe, Hauttuberkulosen und anderen, gelegentlich mit Liquorver/~nderungen einher- gehenden Erkrankungen litten, so dab die Liquorver~tnde- rungen ebensogut auch als Auswirkung des I(rankheies- prozesses selbst gedeueet werden konnten. Dieser Einwand ist um so berechtigeer, als durchweg gr6Bere Intervalle zwi- schen den aufeinanderfolgenden Lumbalpunktionen lagen: nut io Kranke wurden vor Ablaut des 5. Tages nachpunktiert. Im fibrigen betrugen die Intervalle bis zu ioo Tagen. -- WEIGELI)T bestritt auch n~ch SCH~SNFELDS Ver6ffentlichung das Vorkommen yon Liquorver~tnderungen nach Lumbal- punktionen, wXhrend KAFKA immerhin die M6gliehkeie often I~B~, dab derartige Liquorvergnderungen einmal auftreten. Nach K~,FI~A f~lle ,,dieser Faktor ... abet niche sehr ins Gewicht, well diese Ver~nderungen, wenn sie fiberhaupt vor- kommen, nur sehr geringe sind und bald abklingen". IZAFI(A ]eutet sie als Ausdruck einer Fremdk6rpermeningitis, die mr dann einsetzt, wenn Hautpartikelchen, t~lut o. a. in die Mquorr~tume gelange. -- Entgegen der vermittelnden An- ;chauung ~{AFKAS kam NISS~N im Jahre 1936 auf Grund Im Original gesperrt. RIFT. I8. JAtIRGANG. Nr. 50 I575 eigener Uneersuchungen zu dem Schlul3: ,,Die korrekt aus- geftihree Lumbalpunktion verursacht sicher so selteu Ver- ~tnderung des Zellgehaltes der Lumbalflfissigkeit, dab man bei einer Repunktion diese Fehlerquelle niche zu beffirehten braucht." Aueh die Brauehbarkeit des you NlSSEN heran- gezogenen Materi&ls ist anfechtbar, da die meisten seiner Versuchspersonen an Infektionskrankheiten litten, die ihrer- seits Zellvermehrungen bedingen k6nnen. NlSSEN legte nun -- umgekehrt wie SCtt0NFELD -- die bei der Zweit- punktion gelegentlich beobachteten Pleocytosen dem Infekt zur Last, da Ver~nderungen im Zweitliquor nur bei ,,sehr intoxikierten" Kranken mit starkem Meningismus geseheu wurden. Eine eindeutige Enescheidung dartiber, ob die einfache Lumbalpunktion Liquorver~nderungen bedingen kann, war nur au] Grund eines grSfleren Materials zu erbringen, das nach einwand]reien klinischen Gesichtspunkten zusammengestellt wurde. Insbesondere war es notwendig, an einer geniigend um- fangreichen Gruppe gesunder Versuchspersouen wiederholte Lumbalpunktionen durchzuffihren. Im Jahre 1938 berichteten wir fiber die Ergebnisse eigener Untersuchungen an Io6 Ge- sunden und Kranken, die nach einem Intervall yon Ibis 33 Tageu einer zweiten oder weiteren Lumbalpunktion unter- zogen wurden. Zwischenr~tume yon 1--5 Tagen waren am h~ufigsten vertreten. Die Grnppe der 18 ,,Norlnalf/~lle" lehrte, dab aueh beim Gesunden niche selteT~ i,m Ge]olge der Lumbal- punlction Zellvermehrungen au/treten, die betr~chtlicbe Grade erreichen kSnnen. So wurden 3--4 Tage nach der ]~rst- punktion Werte bis zu 80/3 Zellen im Lumballiquor gefunden. Stets handelte es sich um Lymphocyten. Bemerkenswert ist aber, dab keiner der Normalf~lle eine siehere EiweiBvermeh- rung im Zweitliquor aufwies, nnd dab auch die Kolloidreak- tionen, ebenso wie die Reaktionen nach NONNE und PANDu unbeeinflu~t blieben. Niche wesenelich anders fielen die Er- gebnisse in den anderen Gruppen aus. Sie umfaBten die verschiedenen ,,endogenen" Psyehosen, Epilepsien und schlieB- lich neurologisehe Prozesse mit und ohne Liquorver~nderun- gen. Auch in diesen Gruppen kam es im AnschluB an die erste Lumbalpunktion niche selten zu Pleocytosen, w~hrend die EiweiBwerte und die Kolloidreaktionen -- yon 3 Beobachtun- gen abgesehen -- sich als praktisch unver/~ndert erwiesen. Im allgemeinen neigter~ Fi~lle mit normalem Ausgangsliquor eher zu einer postpunktionetlen Pleocytose als solehe mit prozefl- bedingten Ver~inderungen des Ausgangsliquors. In 3 F~llen der Gesamtserie war anzunehmen, dab die vorausgegangene Lumbalpunktion neben erheblicher Zellvermehrung auch eine sichere EiweiBvermehrung und ausgepr~gte Kolloidkurven verursache hatte. Hier handelte es sich um Kranke mit normalem Ausgangsliquor, die im Abstand von 4, 5 bzw. 6 Tagen nachpunktiert wurden. W~hrend in den beiden ersten F~tllen keine sichere Erkl~rung ftir die zweifellos nicht prozel3- bedingte EiweiBvermehrung gegeben werden konnte, muBte bei der 3. Kranken angenommen werden, dab es im Zu- sammenhang mit der i. Lumbalpunktion in den Liquorraum geblutet hatte. Hierifir spraeh die Xanthochromie im sp~ter gewonnenen Liquor. -- NISSEN hatte bei seinen Untersuchun- gen Fglle mit artefiziell bluthaltigem Liquor yon sp/~teren Punkeionen ausgeschlossen. Gerade diese F~lle nun schienen uns yon besonderer J3edeutung, denn es konnte vermutet werden, dab eine Blutung in den Lumbalsack vor allem ge- eignet sei, Liquorvergnderungen hervorzurufen. In gleiche tiichtuug ging auch KAFKAS Ansicht. Von der soeben er- w/~hnten Beobachtung abgesehen, verhieleen sich jedoeh die F/*lle, bei denen es mit hoher Wahrscheinlichkeit anlgBlich der Erstpunktion in den lumbalen Liquorraum geblutee hatte, niche anders als die ,,Normalfglle": es kam auch hier gelegent- lich zur Pleocytose, jedoch nicht zur EiweiBvermehrung und zu einer Beeinflussung der Kolloidkurven. Die wenigen Fglle unseres Materials, die eine EiweiBvermehruug und patho- logische Kolloidkurven als Folge der Lumbalpunktion auf- wiesen, zeigten gleichzeieig eine erhebliche postpunktionelle Pleocytose. Demnach kann vermutet werden, dab eine isolierte, d. h. niche yon einer Pleocytose begleitete EiweiB- vermehrung im zweiten Liquor eher auf den zugrnnde liegen-

Liquorbefunde nach Lumbal- und Zisternenpunktion

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Page 1: Liquorbefunde nach Lumbal- und Zisternenpunktion

~6. DEZEMBER ~939 K L I N I S C H E W O C H E N S C H

Z u n a h m e de r Jodz i f fe r au f das Drei- und M e h r f a c h e de r u n b e - einfluBeen Tage.

Zusammen]assung. I. Das W i n k l e r s c h e V e r f a h r e n e igne t sich a u c h zur B e s t i m m u n g de r Jodzi f fe r des H a r n e s .

2. Die Menge des m i t de r N a h r u n g a u / g e n o m m e u e n F e t t e s t ib t ke inen n e n n e n s w e r e e n Einf luB auf die Jodz i f fe r aus.

3. Zwischen den Jodz i f f e rn der Gesunden , f ieber f re ien c h r o n i s c h e n K r a n k e n e inerse i ts u n d j enen de r K r e b s k r a n k e n , G e s c h w u l s t k r a n k e n , a n e iner f i eberha{ ten a k u t e n oder ehro- n i schen K r a n k h e i t L e i d e n d e n ande re r se i t s b e s t e h e n signifi- k a n t e U n t e r s c h i e d e .

4. Die H 6 h e de r Jodz i f fe r k a n n n n t e r Umst /~nden d u r e h gewisse Arzne ien , F ieber , die R 6 n t g e n - ode r R a d i u m b e h a n d - l ung bee in f luBt werden .

5. Es gibe eine n iche ger inge A n z a h l yon A r z n e i m i t t e l n und e n d o g e n e n Stoffen, die f iber eine J o d b i n d u n g s f g h i g k e i t ve r - fiigen.

6. A n t G r u n d de r in den e r s t en 3 P u n k t e n n i ede rge l eg t en T a t s a c h e n da r I a n g e n o m m e n werden , dab d e m V e r f a h r e n aueh ein p r a k t i s c h e r Were zukomme .

L i t e r a t u r : BLOCI~ and SOBOTNA, J. of biol. Chem. 1~4, 567 bis 572 (1938), ref. Krebsforsch. 48, i i o (1939). - - FlSCHBACH, Mschr. Krebsbekpfg 6, 44--49 (1939). - - GRECO, Biochimica e Fer. spec. 24, 191--195 (1937), ref. Krebstorsch. 47, 35o (1938). - - HINSBERG U. LANGE, lVIed. Chemie, S. 221 u. 265. Berlin-Wien: Urban u. Schwarzenberg 1938. -- KRETZ, Mtinch. reed. Wschr. ~938 II, 1341--1344. -- LEE, KWA~r-HuA and C ~ N , Chin. J. Physiol. II , I - 6 (I937), ref. Kongrel3zbl. inn. Med. 9 I, 460 (1937).

L I Q U O R B E F U N D E NACH LUMBAL- UND ZISTERNENPUNKTION.

Von

W E R N E R SCHEID. Aus der Neurologischen Universit~itsklinik Hamburg-Eppendorf

(Direktor: Prof. PETTE).

I m J a h r e 19o4 be re i t s b e h a u p t e t e NlSSL, d a b die e infache L u m b a l p u n k t i o n L iquorve r~ .nde rungen zur Fo lge h a b e n k a n n , die es n o t w e n d i g m a c h e n , m i n d e s t e n s 8 - - i o Tage bis zu e iner e r n e u t e n , ftir d ie D i a g n o s t i k b r a u c h b a r e n L u m b a l p u n k t i o n v e r s t r e i c h e n zu lassen. 2qISSL g laub te , d a b eine , ,geringe Ver- m e h r u n g y o n zelligen E l e m e n t e n u n d a u c h y o n EiweiB in- folge des Eingr i f fes a u f t r i t e " . In de r Fo lgeze i t w u r d e die B e h a u p t u n g NlSSLS teils best{itigt , teils b e s t r i t t e n . SCH6N- FELD ve rS f f en t l i ch t e fin J a h r e 1919 die E r g e b n i s s e u m f a n g - re icher U n t e r s u c h u n g e n , die gee igne t sch ienen , N l s sLs An- siche zu s t t i t zen . A u c h SCII{3NFELD schloB m i t de r F o r d e r u n g , es solle ,,in de r P rax i s . . . e in Z w i s c h e n r a u m yon mindeseens IO Tagen zwischen den e inze lnen P u n k t i o n e n desse lben Fal les l iegen" .* Mi t R e c h t abe r wurde die lgeweiskraf t des grofien, y o n S C H ( J N F E ' L D h e r a n g e z o g e n e n Mate r i a l s bezweifel t , da die 181 K r a n k e n SCHGNFELDS an Gonor rhSe , H a u t t u b e r k u l o s e n u n d ande ren , ge legent l ich m i t L iquorve r /~nde rungen e inher - g e h e n d e n E r k r a n k u n g e n l i t t en , so d a b die Liquorver~tnde- r u n g e n e b e n s o g u t a u c h als A u s w i r k u n g des I ( r a n k h e i e s - prozesses se lbs t gedeuee t werden k o n n t e n . Dieser E i n w a n d i s t u m so berech t igeer , als d u r c h w e g gr6Bere I n t e r v a l l e zwi- schen den a u f e i n a n d e r f o l g e n d e n L u m b a l p u n k t i o n e n l a g e n : n u t io K r a n k e w u r d e n v o r A b l a u t des 5. Tages n a c h p u n k t i e r t . I m f ibr igen b e t r u g e n die I n t e r v a l l e bis zu ioo Tagen . - - WEIGELI)T b e s t r i t t a u c h n~ch SCH~SNFELDS V e r 6 f f e n t l i c h u n g das V o r k o m m e n yon L iquorve r~ tnde rungen n a c h L u m b a l - p u n k t i o n e n , wXhrend KAFKA i m m e r h i n die M6gliehkeie of ten I~B~, d a b d e r a r t i g e L i q u o r v e r g n d e r u n g e n e i n m a l a u f t r e t e n . Nach K~,FI~A f~lle , ,dieser F a k t o r . . . a b e t n iche s eh r ins Gewicht , well diese V e r ~ n d e r u n g e n , w e n n sie f i b e r h a u p t vor - kommen, n u r seh r ger inge s ind und ba ld a b k l i n g e n " . IZAFI(A ] e u t e t sie als A u s d r u c k e iner F r e m d k 6 r p e r m e n i n g i t i s , die m r d a n n e inse tz t , w e n n H a u t p a r t i k e l c h e n , t~lut o. a. in die Mquorr~tume gelange. - - E n t g e g e n de r v e r m i t t e l n d e n An- ; chauung ~{AFKAS k a m NISS~N im J a h r e 1936 auf G r u n d

Im Original gesperrt.

R I F T . I8. J A t I R G A N G . N r . 50 I575

eigener U n e e r s u c h u n g e n zu d e m Schlul3: ,,Die k o r r e k t aus- geft ihree L u m b a l p u n k t i o n v e r u r s a c h t s icher so se l teu Ver - ~tnderung des Zel lgeha l tes de r Lumbalf l f i ss igkei t , d a b m a n bei e iner R e p u n k t i o n diese Feh l e rque l l e n iche zu be f f i r eh ten b r a u c h t . " A u e h die B r a u e h b a r k e i t des you NlSSEN h e r a n - gezogenen Materi&ls i s t a n f e c h t b a r , da die m e i s t e n se iner V e r s u c h s p e r s o n e n an I n f e k t i o n s k r a n k h e i t e n l i t t en , die i h re r - sei ts Z e l l v e r m e h r u n g e n b e d i n g e n k 6 n n e n . NlSSEN legte n u n - - u m g e k e h r t wie SCtt0NFELD - - die bei de r Zwei t - p u n k t i o n ge legent l ich b e o b a c h t e t e n P l eocy to sen d e m I n f e k t zur Las t , da V e r ~ n d e r u n g e n im Zwei t l iquor n u r bei , , sehr i n t o x i k i e r t e n " K r a n k e n m i t s t a r k e m Men ing i smus geseheu wurden .

E ine e indeu t ige E n e s c h e i d u n g dar t iber , ob die e in fache L u m b a l p u n k t i o n L i q u o r v e r ~ n d e r u n g e n b e d i n g e n k a n n , wa r n u r au] Grund eines grSfleren Materials zu erbringen, das nach einwand]reien klinischen Gesichtspunkten zusammengestellt wurde. I n s b e s o n d e r e war es n o t w e n d i g , an e iner gen i igend u m - f ang re i chen G r u p p e g e s u n d e r V e r s u c h s p e r s o u e n w iede rho l t e L u m b a l p u n k t i o n e n du rchzuf f ih ren . I m J a h r e 1938 b e r i c h t e t e n wir f iber die E rgebn i s se e igener U n t e r s u c h u n g e n a n Io6 Ge- s u n d e n und K r a n k e n , die n a c h e inem I n t e r v a l l yon I b i s 33 Tageu e iner zwei ten oder we i t e r en L u m b a l p u n k t i o n u n t e r - zogen wurden . Zwischenr~tume yon 1 - -5 Tagen w a r e n a m h~uf igs t en v e r t r e t e n . Die G r n p p e de r 18 , ,Norlnalf/~lle" lehr te , d a b aueh beim Gesunden niche selteT~ i,m Ge]olge der Lumbal- punlction Zellvermehrungen au/treten, die b e t r ~ c h t l i c b e G r a d e e r r e i chen kSnnen . So w u r d e n 3 - - 4 Tage n a c h de r ]~rst- p u n k t i o n W e r t e bis zu 80/3 Zel len im L u m b a l l i q u o r ge funden . S te t s h a n d e l t e es s ich u m L y m p h o c y t e n . B e m e r k e n s w e r t i s t aber , d a b ke ine r de r Normal f~ l l e eine s iehere E i w e i B v e r m e h - r u n g im Zwei t l i quor aufwies, n n d d a b auch die Ko l lo id reak - t ionen , ebenso wie die R e a k t i o n e n n a c h NONNE u n d PANDu u n b e e i n f l u ~ t b l ieben. Niche wesenel ich a n d e r s f ielen die E r - gebnisse in den a n d e r e n G r u p p e n aus. Sie u m f a B t e n die v e r s c h i e d e n e n , , e n d o g e n e n " Psyehosen , Epi leps ien u n d schlieB- l ich neuro log i sehe Prozesse m i t u n d o h n e L i q u o r v e r ~ n d e r u n - gen. A u c h in d iesen G r u p p e n k a m es im Ansch luB a n die e r s te L u m b a l p u n k t i o n niche se l t en zu P leocy tosen , w ~ h r e n d die E iweiBwer te und die K o l l o i d r e a k t i o n e n - - yon 3 B e o b a c h t u n - gen a b g e s e h e n - - s ich a ls p r a k t i s c h unver /~nder t erwiesen. I m a l lgemeinen neigter~ Fi~lle mit normalem Ausgangsliquor eher zu einer postpunktionetlen Pleocytose als solehe mit prozefl- bedingten Ver~inderungen des Ausgangsliquors. In 3 F~ l l en d e r Gesamt se r i e war a n z u n e h m e n , d a b die v o r a u s g e g a n g e n e L u m b a l p u n k t i o n n e b e n e rheb l i che r Z e l l v e r m e h r u n g a u c h eine s ichere E i w e i B v e r m e h r u n g u n d ausgepr~g te K o l l o i d k u r v e n v e r u r s a c h e h a t t e . H i e r h a n d e l t e es s ich u m K r a n k e m i t n o r m a l e m Ausgangs l iquor , die im A b s t a n d v o n 4, 5 bzw. 6 Tagen n a c h p u n k t i e r t wurden . W ~ h r e n d in den b e i d e n e r s t en F~tllen ke ine s ichere E r k l ~ r u n g ftir die zweifellos n i c h t prozel3- b e d i n g t e E i w e i B v e r m e h r u n g gegeben w e r d e n k o n n t e , m u B t e bei de r 3. K r a n k e n a n g e n o m m e n werden , d a b es im Zu- s a m m e n h a n g m i t de r i . L u m b a l p u n k t i o n in den L i q u o r r a u m g e b l u t e t h a t t e . Hier i f i r s p r a e h die X a n t h o c h r o m i e i m sp~ te r g e w o n n e n e n L iquor . - - NISSEN h a t t e bei se inen U n t e r s u c h u n - gen Fgl le m i t ar tef iz ie l l b l u t h a l t i g e m L i q u o r yon sp/~teren P u n k e i o n e n ausgeschlossen . Gerade diese F~l le n u n s ch i enen uns y o n b e s o n d e r e r J3edeutung, d e n n es k o n n t e v e r m u t e t werden , d a b eine B l u t u n g in den L u m b a l s a c k v o r a l l em ge- e igne t sei, L i q u o r v e r g n d e r u n g e n h e r v o r z u r u f e n . I n gleiche t i i c h t u u g ging a u c h KAFKAS Ans ich t . Von d e r s o e b e n er- w/~hnten B e o b a c h t u n g a b g e s e h e n , ve rh ie leen sich j e d o e h die F/*lle, bei d e n e n es m i t h o h e r W a h r s c h e i n l i c h k e i t anlgBlich de r E r s t p u n k t i o n in den l u m b a l e n L i q u o r r a u m geblu tee h a t t e , n iche a n d e r s als die , ,Normalfglle": es k a m auch h ie r ge legent - l ich zu r P leocy tose , j edoch n i c h t zu r E i w e i B v e r m e h r u n g u n d zu e iner Bee in f lu s sung de r K o l l o i d k u r v e n . Die wen igen Fgl le unse re s Mate r ia l s , die eine E i w e i B v e r m e h r u u g u n d p a t h o - logische K o l l o i d k u r v e n als Fo lge de r L u m b a l p u n k t i o n auf- wiesen, ze ig ten gleichzeieig e ine e rheb l i che p o s t p u n k t i o n e l l e P leocy tose . D e m n a c h k a n n v e r m u t e t werden , d a b eine isol ier te , d. h. n iche yon e iner P l e o c y t o s e beg le i t e t e EiweiB- v e r m e h r u n g im zwei ten L i q u o r ehe r au f den z u g r n n d e l iegen-

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157 6 K L I N I S C H E W O C H E N S C H

den KrankheitsprozeB urs~tchlich bezogen werden mug als auf die vorausgegangene Lumbalpunktion.

Von praktischer Wichtigkeit ist die Frage, wie lange sich eine Pleocytose als Folge der Lumbalpunktion erhalten kann. Wir m6chten auf Grund unserer Ergebnisse annehmen, dab noch io 14 Tage nach einer Lumbalpunktion mit emer isolierten Pleocytose gerechnet werden mul3. /Die sehr seltenen Eiweif3vermehrungen halten sich zweifellos noch l~tnger, so dab das yon NlSSL und sp~tter von SCHOI~FELD geforderte Interval l ffir diese vereinzelten FMle sicher zu niedrig an- gesetzt ist.

Schon bevor sicher entschieden war, ob postpunktionelle Liquorver~nderungen vorkommen, wurden die M6gliehkeiten ihrer Ents tehung er6rtert. DaB es sich um die Auswirkungen eines entzfindlichen Prozesses handeln mfiBte, stand auBer Zweifel. Es konnte daran gedacht werden, dab an der Ver- letzungsstelle der Ri~ekenmarksh~ute sich umschriebene menin- gitisehe Erscheinungen abspielen, die fiir die Ver~nderungen des Lumballiquors anzusehuldigen w~tren. Blutungen in die spinalen Meningen wfirde dann eine besondere Bedeutung ffir sp~tere LiquorverXnderungen zukommen. Aueh wenn KAFKA glaubte, dab Blur und andere in den Lumbalsaek eingebrachte Fremdk6rper postpunktionelle LiquorverXnde- rungen hervorrufen, real3 er dem lokalen Moment die ent- scheidende Bedeutung ffir die - - nach seiner Ansicht sehr seltenen postpunktionellen Liquorver~nderungen bet. Wie wit zeigen konnten, begfinstigen aber derartige Fremdk6rper- reize nicht mit hinreichender Sicherheit die Ents tehung post- punktioneller Liquorsyndrome. Der in nnserem Material hS~ufig verzeichnete Parallelismus zwischen den fiblichen klinisehen Folgeerscheinungen der Lumbalpunktion - - Kopf- schmerzen, Erbrechen, Schwindel - - und dem Auftreten stArkerer postpunktioneller Pleocytosen weist darauf hin, dab wir auch in den postpunktionellen Liquorver~nderungen, ebenso wie in den klinischen Nachwirkungen, den Ausdruck einer allgemeinen Reaktion der Meningen zu sehen haben, die einmal st~trkere, ein anderes Mal nur geringere Grade erreicht. Ob der Eingriff selbst diese Reaktion in Gang bringt oder ob der sog. Stichlochdrainage (MAcRoBEI~% sp~ter BARUCH) eine Bedeutung als Zwischennoxe zukommt, mug heute noch unentschieden bleiben. Wenn nun tats~chlich, wie eben behauptet, diese h~ufige postpunktionelle Pleocytose ether allgemeinen aseptischen Meningitis leichtesten Grades ihre Ents tehung verdankt und nieht lokalen Entzfindungs- prozessen an der Einstichstelle, dann muff im Ansehlufl an die Lumbalpunktio~ aueh der Zisternenliquor grundsi~tzlieh gleiche Vergnderungen zeigen wie der lumbalgewonnene zweite

Daf3 dies zutrifft, geht ans folgenden Beispielen Liquor. hervor :

O .D.

G.B.

E. H.

2o458/38 14. I. 1939 lumbal 4/3 Zellen 16. I. 1939 zisternal lO/3 ,,

25512/38 18. III. 1939 lumbal 2]3 ,, 21. III. 1939 zisternal 49/3 ,,

17349/38 25. XI. 1938 lumbM 8/3 ,, 28. XI. 1938 zisternal 16/3 ,,

Diesen 3 Beobachtungen mit einwandfreier Pleocytose des Zisternenliquors nach Lumbalpunktion stehen xI andere gegenfiber, bet denen 1--6 Tage nach der Lumbalpunktion der zisternale Liquor normal gefunden wurde. Alle erw~hnten F~lle k6nnen als normale Versuehspersonen angesehen werden. Die EiweiBwerte, die Xolloidreaktionen sowie auch die Reak- tionen nach NONCE und PANDY waren unbeeinflugt. Bemer- kenswert ist, dab die Beobachtung G. B., die eine besonders hohe Pleocytose aufwies, auch ungew6hnlich intensive Be- schwerden nach der Lumbalpunktion klagte. Diese Besehwer- den waren auch zur Zeit der Zisternenpunktion, also nach 3 Tagen, noch nicht abgeMungen. In den beiden anderen FS,11en wurden keine postpunktionellen Beschwerden geklagt. Hier war die Pleocytose auch weniger ausgesprochen. Die ausgedehnten Untersuchungen fiber wiederholte Lumbal- pullktionen lehrten, dab die klinisehen und serologischen Punktionsfolgen zwar oft parallel verlaufen, dab aber in keineswegs vereinzelten F~tllen eine serologisch eindeutige aseptische Meningitis nach Lumbalpunktion ohne St6rungen

R I F T. i8. J A H R G A N G. N r. 50 ,6. DEZEMBER 1939

des Wohlbefindens verlguft. Xhnliches ist ~a yon anderen meningealen Prozessen leichten Grades her bekannt.

Die Zisternenpunktion, die heute vielerorts die Lulnbal- punktion weitgehend verdrgngt hat, hinterl~Bt eine ein- wandfreie Technik vorausgesetzt so gut wie niemals schwerere subjektive Folgeerscheinungen. Dieser Vorteil hat bekanntlich ihre Verbreitung erheblich begfinstigt, tgs war zu vermuren, dab die unkomplizierte Zisternenpunk- tion auch nicht imstande ist, Liquorvergnderungen hervor- zuruien. Soweit uns bekannt, liegen bisher keine Unter- suchungen fiber die Frage vor, ob beim Menschen die Zisternen- punktion Liquorver~nderungen bedingt. Es wurde zwar ver - sucht, das Tierexperiment ffir diese Frage heranzuziehen (STEBLOW und MANDELBOIN u. a.), jedoch lassen sich die hierbei gewonnenen Ergebnisse nicht ohne weiteres anf die Verh~tltnisse beim Menschen fibertragen. Mug doch yon vorn- herein eingewandt werden, dab ffir Hund oder Kaninchen die Liquorentnahme einen ungleich schwereren Eingriff dar- stellt aIs ffir den Menschen. In anderer Hinsicht kommt den tierexperimentellen Befunden allerdings groBe Bedeutung zu. Bet allen Tierversuchen fiber den Ablauf yon infekti6sen Erkrankungen des Nervensystems (Viruskrankheiten, bak- terielle Entzfindungen) sind fortlaufende Liquorkontrollen notwendig, wobei ffir die fiblichen Laboratoriumstiere die Zisternenpunktion als Methode der Wahl anzusehen ist. Urn nun punktionsbedingte Liquorver~nderungen auszuschliel3en, sind wiederholte Liquorentnahmen am gesunden Tier voraus- zuschicken. Hierbei ist vor allem auch den zeitlichen Ab- st~nden der einzelnen Punktionen Rechnung zu tragen. PLAUT, MULZER und NEUBf3RGER, die bet Impfversuchen am IZaninchen den Zisternenliquor in AbstAnden yon einer Woche kontrollierten, hat ten im Vorversuch am gesunden Tier keinen EinfluB der vorausgegangenen Zisternenpunktion feststellen k6nnen. LOEBELL punktier te bet Experimenten fiber den Ablauf der otogenen Meningitis t~aninchen im Ab- stand von einigen Stunden. Die gesunden Tiere zeigten auch bet diesen kurzen Intervallen zwar keine Vermehrung des Liquoreiweil3, jedoch fand sich nicht selten eine Pleocytose, die als Folge der vorausgegangenen Zisternenpunktion zu werten war.

Im folgendcn geben wir einen kurzen, ersten Bericht fiber unsere BeJundc bei wiederholten Zisternenpunktidnen am Menschen. Wir Ifihrten bisher an 43 Erwachsenen jeweils a Zisternenpunktionen in Abst~nden yon 4 Stunden bis zu 9 Tagen durch. Fast ausnahmslos handelte es sich um Liquor- gesunde, bet denen ani~Blich ether Encephalographie zum zweitenmal Liquor gewonnen werden konnte. Meist sollte die Minische Beobachtung einen exogenen Schwachsinn aus- schlieBen oder in der Frage der Epilepsie Klarheit bringen. Nicht selten hat te der Epilepsieverdacht sich auf sehr un- sichere Symptome gestfitzt, so dab er schliel31ich abgelehnt werden konnte. Diese Umst~nde gestatten es, 'einen grol3en Teil unserer Versuchspersonen als ,,NormalfXlle" anzusehen. Auf eine Sonderung in einzelne klinisehe Gruppen soll an dieser Stelle verzichtet werden.

Alle Erstpunktionen wurden anl liegenden Patienten aus- geffihrt. So wurde erreicht, dab der Liquor spontan ab- tropfte und ein Einstr6nlen yon Luft mit Sicherheit ver- mieden werden konnte. Die bet der Zisternenpunktion am sitzenden Patienten gelegentlich nachstr6mende Luft kann, wie das R6ntgenbild lehrt, eine ,,Encepbalographie tin kleinen" zur Folge haben und damit auch die bekannten Liquorver~nderungen hervorrufen. Um einen derartigen groben Fremdk6rperreiz dutch einstr6mende Luf t auszu- schlieBen, wurde, abgesehen yon der Letztpunktion, streng auf die Lagerung geachtet. Wurde der Zweitliquor anl~Blich ether Encephalographie gewonnen, so kamen die ersten Kubikzentimeter zur Untersuchung, da bekanntlich die spAteren Liquorportionen dutch den Fremdk6rperreiz schon zellreicher stud.

Bei 36 yon unseren 43 Versuchspersonen war keinerlei Ein- ]lufl der vorausgegangenen Zisternenpunktion au] die Liquor- be]unde Jestzustellen. Ein weiterer Kranker ha t te kurz vor der Zweitpunktion eine Serie epileptischer AnfMle dutch-

Page 3: Liquorbefunde nach Lumbal- und Zisternenpunktion

I6. DEzEMI3ER 1939 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R i F T . x8. J A H R G A N G . N r . 5 o ~577

gemach t , so daf3 die P l e o c y t o s e im Zwei t l iquor e b e n s o w o h l Anfal ls folge sein k o n n t e wie eme N a c h w i r k u n g de r vo raus - g e g a n g e n e n Z i s t e r n e n p u n k t i o n . Es b le iben seehs ~ l l e , bei denen Verdnderungen des Zisternenliquors mi t hinreichender Sicherheit als Folge der [ri~heren ZisternenpunIction gedeutet werden lc6nnen. A u s n a h m s l o s h a n d e l t es s ich bei d iesen L i q u o r v e r ~ n d e r u n g e n u m isol ier te l y m p h o c y t ~ r e P leocy tosen . Niemals w a r e n Gesamte iwei~ , G l o b u l i n r e a k t i o n e n usw. be- einfluBt.

Lfde. Nr. [

! 2

3 4 5 6

Name I .C .P . Interval l 2. C.P,

R . A . 4/3 4 Stunden 21/3 u B. 4/3 i Tag 1313 G . S . o i I9/3 W . B . I /3 L 8[3 "W. H . 7/3 I I7/3 N. ]3. 3]3 2 Tage 1 8 / 3

Wie aus unse r e r Z u s a m m e n s t e l l u n g h e r v o r g e h t , h a l t e n sich die P l e o c y t o s e n n a c h Z i s t e r u e n p u n k t i o n in b e s c h e i d e n e n Grenzen . Der W e r t yon 8/3 Zellen bei Fa l l 4 k a n n n u r ffir den z i s te rna len , n i c h t ftir den l u m b a l e n L i q u o r als l e ich t er- h 6 h t a n g e s e h e n werden . Niemals w u r d e n nach Z i s t e m e n - p u n k t i o n so h o h e Ze l lwer te gesehen wie l m AnschluB a n die L u m b a l p u n k t i o n . U m den zuf~tlligen F e h l e r de r Z~h lungs - m e t h o d e auszuschl ieBen, wurden wiede rho l t e Ze l lz / ih lungen an ein u n d demse lben L iquor durchgef f ih r t . N u r so k o n n t e es v e r m i e d e n werden , d a b sog. G r e n z w e r t e e r m i t t e l t au f G r u n d e iner e inze lnen Z~h lung in ih re r ]3edeutung f iber- s ch~ t z t wurden . Die in der Tabel le aufgef f ih r ten W e r t e s ind e r r e c h n e t aus jeweils 4 6 Z~h lungen , so d a b die Ze l lwer te h i n r e i c h e n d e Zuverl~tssigkeit b e a n s p r u c h e n k 6 n n e n U n t e r diesen Umst~tnden k a n n jeder Zel lwer t f iber 8/3 ffir den Zis te r - n e n l i q u o r als e r h 6 h t a n g e s e h e n werden .

Die Pleoeytosen nach Zisternenpunl~tio~ sind nicht n u t weniger ausgeprdgt, sondern vor allem auch o]]enbar weniger nachhaltig als solche nach Lumbalpunl~tionen. U n t e r u n s e r e n im A b s t a n d yon 3, 4 u n d m e h r Tagen n a c h p u n k t i e r t e n 13eob- a c h t u n g e n w u r d e n i em a l s eine Z e l l v e r m e h r u n g fes tges te l l t . Es is t a n z u n e h m e n , d a b a u e h bei d iesen FMlen L i q u o r v e r ~ n d e - r u n g e n a u f g e t r e t e n waren , die j edoch zur Zeit de r N a c h - p u n k t i o n s ich wieder zur f ickgebi lde t h a t t e n . N ur d u r c h eme Verkf i r zung de r I n t e r v a l l e au f S t u n d e n bzw. I 2 Tage ge- l ang es t i be rhaup t , E i n w i r k u n g e n de r v o r a u s g e g a n g e n e n Z i s t e r n e n p u n k t i o n au f die Z u s a m m e n s e t z u n g des L iquo r s nachzuwe i sen . Ahn l i ches w u r d e ja, wie oben a n g e d e u t e t , bei V e r s u e h e n a n K a n i n c h e n fes tgeste l l t . O b e r die H~uf igke i t yon L i q u o r v e r ~ n d e r u n g e n n a c h Z i s t e r n e n p u n k t i o n k a n n unse r Ma te r i a l ke inen s icheren Aufscll luB geben . D a u n t e r den im A b s t a n d y o n m e h r als 2 T a g e n n a e h p u n k t i e r t e n F~ l l en sich zweifellos solche f inden , de ren L i q u o r be i de r Zwei t - p u n k t i o n wieder , , s an i e r t " war , k 6 n n e n wi t n i c h t auf G r u n d de r o b e n z u s a m m e n g e s t e l l t e n B e o b a c h t u n g e n m i t P l e o c y t o s e u n d de r Zah l de r Gesamt fMle b r a u c h b a r e P r o z e n t z a h l e n an - geben . V ie lmehr s ind v e r w e r t b a r n u r d ie jen igen B e o b a c h t u n - gen, bei d e n e n das I n t e r v a l l h 6 c h s t e n s 2 Tage be t rug . I m g a n z e n w u r d e n 24 L i q u o r g e s u n d e i n n e r h a l b d ieser k u r z e n Zeit- s p a n n e n a c h p u n k t i e r t . Die FAlle m i t P l eocy tose m a c h e n also in d ieser ve rhMtn i smXgig k le inen Serie genau ein u aus .

W e n n wir an H a n d unseres 13eobach tungsmate r i a l s sahen , d a b die P l eocy tose n a c h Z i s t e r n e n p u n k t i o n weniger h o c h - g rad ig u n d auct l wen ige r n a c h h a l t i g i s t als n a c h l u m b a l e r L i q u o r e n t n a h m e , so is t d iese Fes t s t e l l ung n a c h e iner Sei te h in e inzusch r~nken , u m fa l sehe Sch lug fo lge rungen zu ve r - me iden . Es i s t b e k a n n t , d a b die Be funde im Z i s t e r n e n - u n d im L u m b a l l i q u o r sowohl b e i m G e s u n d e n wie v o r a l l em a u c h bei den v e r s c h i e d e n e n K r a n k h e i t s p r o z e s s e n des Z e n t r a l n e r v e n - sy s t ems sich keineswegs decken , daf3 also 6 r t l i che U n t e r - seh iede in de r L i q u o r z u s a l n m e n s e t z u n g b e s t e h e n . Dabe i sei yon j e n e n FMlen abgesehen , bei d e n e n die Pas sage im sp ina len S u b a r a c h n o i d e a l r a u m u n t e r b r o c h e n ist. I m a l lgemeinen i s t de r Ze l lgeha l t im L u m b a l l i q u o r h 6 h e r als i m Z i s t e rnen l iquor . DaB dies e t w a bei de r Pa ra lyse ge legent l ich n i c h t zu t r i f f t , wurde yon ESKUCI~EN nachgewiesen . Ffir den L i q u o r g e s u n d e n

a b e r k a n n m i t h 6 h e r e n l u m b a l e n Ze l lwer t en g e r e c h n e t werden , die sich re in mechan i s ch , n~Lmlich aus e inem S e d i m e n t i e r e n de r Zel len in den sp ina len S u b a r a c h n o i d e a l r a u m , erMi~ren. Se tzen wir nun , e t w a d u r c h eine Z i s t e r n e n p u n k t i o n oder gar d u t c h eine E n c e p h a l o g r a p h i e , e inen 1Reiz, de r y o n e iner l e i ch t en F r e m d k 6 r p e r m e n i n g i t i s b e a n t w o r t e t wird, so k o m m t es vor - f i be rgehend e twa w~thrend e iniger S t u n d e n oder h 6 c h s t e n s wXhrend weniger Tage zu e inem st /~rkeren A u s w a n d e r n yon Zellen in die c e r e b r a l e n Liquorr~tunle. Mi t d e m A b M i n g e n des m e n i n g e a l e n R e i z z u s t a n d e s wird sich im ce reb ra l en Sub- a r a c h n o i d e a l r a u l n m i t se iner l e b h a f t e r e n D u r c h s t r S m u n g sehr schnel l wieder ein G l e i e h g e w i c h t s z u s t a n d he rges t e l l t h a b e n , wXhrend die v o r f i b e r g e h e n d v e r s t ~ r k t a b g e g e b e n e n Zel len s ich i m sp ina len S u b a r a c h n o i d e a l r a u m d u t c h S e d i m e n t i e r e n a n s a m m e l n . D o r t w e r d e n sie noch m v e r m e h r t e r Zah l n a c h - we i sba r sein, w e n n de r Z i s t e r n e n l i q u o r schon wieder n o r m a l e Z u s a m m e n s e t z u n g zeigt , L i q u o r k o n t r o l l e n nach de r E n - c e p h a l o g r a p h i e v e r a n s c h a u l i c h e n , was q u a n t i t a t i v a b g e w a n - de l t a u e h ffir die e in fache L i q u o r e n t n a h m e gilt .

M. ]3. 4OOl]39 Epilepsie ohne nachweisbare Ursache. i. VI 1939 Encephalographie 16213 Zellen (letzte Liquorportion) 3. VI. 1939 zisternal 35/3 Zellen lumbal 5o/3 Zellen 0. VI. 1939 ,, 6 3 . . . . 26]3

W e n n wit also n a c h de r Z i s t e r n e n p u n k t i o n sehr schnel l wieder n o r m a l e Zel lzahlen i m Z i s t e r n e n l i q u o r f anden , so l~tgt sich h i e r aus n o c h n i c h t schlieBen, d a b de r m e n i n g e a l e Reiz ger inger w a r als n a c h de r L u m b a l p u n k t i o n . Es is t n~ml i ch d u r c h a u s mSglich, d a b 3, 4 u n d m e h r Tage n a c h de r Z i s t e r n e n - p u n k t i o n de r L u m b a l l i q u o r n o c h e r h 6 h t e Ze l lzah len aufwies, wS~hrend de r Z i s t e r n e n l i q u o r be re i t s wieder n o r m a l e Verh~ l t - n isse zelgte. Auch k 6 n n e n die Ze l lwer te i m L u m b a l l i q u o r d a n k S e d i m e n t i e r u n g in d e m wen ige r d u r c h s t r 6 m t e n sp ina l en S u b a r a c h n o i d e a l r a u m ein h 6 h e r e s M a x i m u m e r re i chen als in de r Z is te rne . E i n e x a k t e r Verg le ich zwischen P l e o c y t o s e n a c h l u m b a l e r und z i s t e rna le r L i q u o r e n t n a h l n e wfirde es e r forder l i ch machen , den Zwei t l iquor s t e t s l u m b a l ode r s t e t s z i s t e rna l zu e n t n e h m e n , d a m i t die E i g e n s c h a f t e n de r L iquo r - z i r ku l a t i on und v o r a l l em die T a t s a c h e de r Ze l l sed imen- t i e r u n g sich bei be iden V e r s u c h s r e i h e n in g le icher Weise aus- w i r k e n k 6 n n e n . F fir eme m e h r p r a k t i s c h e F r a g e s t e l l u n g ge- nf ig t zun~chs t de r I t inweis , d a b isol ier te P l e o c y t o s e n n a c h Z i s t e r n e n p u n k t i o n v o r k o m m e n , d a b diese abe r i m Z i s t e rnen - l iquor n u t ger inge Grade e r r e i chen u n d sich schnel l , d. h . i ra Ve r l au f wenlger Tage wieder ausg le ichen . Dar f ibe r h i n a u s df i r fen wir schon heute vermuten, daft die Lumbalpunkt ion einen absolut st(~rkeren Reiz .fi~r die Zellbildung bzw. ~ausschwemmung darstellt als die Zisternenpunktion, d a P l e o c y t o s e n im Z i s t e r n e n - l iquor n a c h v o r a u s g e g a n g e n e r L u m b a l p u n k t i o n n o c h n a c h e iner Zei t deu t l i ch sind, i n n e r h a l b de r sich die Z e l l v e r m e h r u n g n a c h Z i s t e r n e n p u n k t i o n be re i t s ausgeg l i chen h a t . W i r ve r - weisen h ie r e t w a auf die B e o b a c h t u n g G. t3. (255ie]38) u n s e r e r e r s t en Gruppe , wo 3 Tage nach de r L u m b a l p u n k t i o n noch 49/3 Zellen im Z i s t e r n e n l i q u o r gez~hl t w u r d e n . D e m - gegenf iber zeigte de r Z i s t e r n e n l i q u o r de r 3 Tage zuvor z i s t e rna l p u n k t i e r t e n F~lle s tets" wieder n o r m a l e t3efunde l

NONNE b e r i c h t e t e i m J a h r e I924, a lso wemge J a h r e n a c h d e m die Z i s t e r n e n p u n k t i o n als n e u e M e t h o d e de r L iquo r - g e w i n n u n g in D e u t s c h l a n d E i n g a n g g e f u n d e n h a t t e , f iber E r f a h r u n g e n a n 3 Io Suboce ip i t a l s t i chen . W e n n a u c h de r E ingr i f f d u r c h w e g besser v e r t r a g e n w u r d e a l s die L u m b a l - p u n k t i o n , die n a c h NoNN~ in IO- -2o % de r F~l le m e h r ode r weniger s t a r k e B e s c h w e r d e n zur Fo lge h a t , so s ah NONN~ d o c h bei 6 se iner z i s t e rna l p u n k t i e r t e n P a t i e n t e n a u c h ge- r inge, ku rz d a u e r n d e F o l g e e r s c h e i n u n g e n , wie K o p f s c h m e r z e n und Obelkei t . W i t s c h e n k t e n bei u n s e r e n U n t e r s u c h u n g e n d e n P u n k t i o n s f o l g e n b e s o n d e r e A u f m e r k s a m k e i t . S i c h e r e N a c h b e s c h w e r d e n v e r z e i c h n e t e n wir n u t m e inem Fall . Es h a n d e l t e s ich h ie r u m e inen 32 J a h r e a l i en M a n n (G. S.) - - Fa l l 3 de r zwei ten G r u p p e - - , d e r n a e h de r e r s t e n Z i s t e r n e n - p u n k t i o n in g l a u b h a f t e r Weise t iber i n t e n s i v e K o p f s c h m e r z e n k lag te . Der Ze l lwer t des Z i s t e r n e n l l q u o r s wa r a m Tage n a c h de r E r s t D u n k t i o n y o n o au f 19/3 anges t i egen . I n k e i n e m de r a n d e r e n F~tlle war die P l e o c y t o s e n a c h Z i s t e r n e n p u n k t i o n

Page 4: Liquorbefunde nach Lumbal- und Zisternenpunktion

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v o n u n a n g e n e h m e n N a c h w i r k u n g e n begle i te t . W i r s ind je- d o c h geneigt , a u c h in d e m e r w ~ h n t e n Fa l l das Z u s a m m e n - t r e f fen y o n p o s t p u n k t i o n e l l e r P l e o c y t o s e n n d s u b j e k t i v e n F o l g e e r s c h e i n u n g e n n i c h t als zuf~llig a n z u s e h e n , s o n d e r n h ier , ebenso wie bei L u m b a l p u n k t i e r t e n , a n die Auswirkung einer leichten aseptischen Meningitis zu d e n k e n .

W e l c h e F a k t o r e n daf t i r m a B g e b e n d sind, d a b im e inen Fa l l eine p o s t p u n k t i o n e l l e P l eocy tose au f t r i t t , i m a n d e r e n Fa l le n i ch t , muB a u c h n a c h u n s e r e n B e o b a c h t u n g e n fiber w iede rho l t e Z i s t e r n e n p u n k t i o n e n u n e n t s c h i e d e n b le iben . Es sei b e s o n d e r s b e t o n t , d a b ein E i n d r i n g e n v o n B l u r in die Zis te rne , wie es bei m e h r e r e n uns e r e r F~tlle wahr sche in l i ch g e m a c h t w e r d e n konn te , zweifellos n i c h t zu sp~ te ren L iquor - v e r ~ n d e r u n g e n d i spon ie r t . Keineswegs war bei d e r a r t i g e n F~l len eine p o s t p u n k t i o n e l l e P leocy tose hXufiger als n a c h un - kompl i z i e r t en E r s t p u n k t i o n e n . E i n e X a n t h o c h r o m i e des L iquor s w u r d e n i em a l s ve rze i chne t .

Z,usammen]assung: Wie wir f r f iher be re i t s m i t t e i l e n k o n n t e n , s t e l l t s ich h~uf ig ira Anschlufl an die Lumbalpunktion eine rein lymphocytdire Pleocytose des Lumballiquors ein, die n o c h n a c h e iner Re ihe yon T a g e n n a c h w e i s b a r sein k a n n . W e r t e u m 7o/3 Zellen w u r d e n dabe i e r re ich t . Zu d e r a r t i g e n p o s t p u n k t i o n e l l e n P l eocy t o s en ne igen v o r a l l em L iquor - gesunde , wen ige r h i n g e g e n K r a n k e m i t p r ozeBbed ing t en L i q u o r v e r ~ n d e r u n g e n (Ze l lve rmehrung , E i w e i B v e r m e h r u n g usw.). In vereinzelten F(~llen k a n n a u e h z u s a m m e n m i t e iner p o s t p u n k t i o n e l l e n P l e o c y t o s e eine Eiweiflvermehrung als Folge der vorausgegangenen Lumbalpunlction a u f t r e t e n . Gle ichzei t ig k 6 n n e n die K o l l o i d k u r v e n pa tho log i s che B e f u n d e e rgeben . Es muB a n g e n o m m e n werden , d a b d e r a r t i g e ~ul3erst s e l t ene E iwe i l3ve rmehrungen s ich wen igs t ens t iber einige W o c h e n e r h a l t e n k 6 n n e n .

Wie wir n u n m e h r e rg~nzend zeigen k o n n t e n , w i r k t s ich die P l e o c y t o s e im Anschlul3 a n die L u m b a l p u n k t i o n a u c h im Z i s t e r n e n l i q u o r aus, so d a b sie au I eine a l lgemeine men ingea l e R e a k t i o n u n d n i c h t au f lokale E n t z f i n d u n g s e r s c h e i n u n g e n i m Bere ich de r v e r l e t z t e n R f i e k e n m a r k s h ~ u t e zurf ickgeff ihr t w e r d e n muB.

Auch im Anschlufl an die Zisternenpunktion, die in den me i s t en F~l len ke ine s u b j e k t i v e n Fo l gee r s che i nungen h i n t e r - lXBt, sind Verdinderungen des Zisternenliquors nachweisbar. Wir s a h e n n i c h t se l ten eine lymphocyt~ t re P leocytose . Diese e r r e i c h t im a l lgemeinen n u r ger inge AusmaBe (bis e t w a 20/3 Zellen) u n d is t a u c h n u r wXhrend weniger Tage n a e h - weisbar . A m 3. Tage n a c h de r e r s t en Z i s t e r n e n p u n k t i o n wa r in d e m uns bis j e t z t v o r l i e g e n d e n B e o b a c h t u n g s m a t e r i a l die Z e l l v e r m e h r u n g im Z i s t e r n e n l i q u o r wieder abgek lungen . Eiweiflvermehrungen, Beein]lussungen der Kolloidrealctionen usw. konnten im Anschlufl an die Zisternenpunktion nicht naeh- gewiesen werden.

E i n Vergle ich zwischen P l eocy tose n a c h l u m b a l e r u n d z i s t e rna le r L i q u o r e n t n a h m e m a c h t es aus l i q u o r d y n a m i s c h e n Gr f inden no twend ig , d e n Zwei t l iquor s t e t s l u m b a l ode r s t e t s z i s t e rna l zu e n t n e h m e n . Wir s ind schon j e t z t zu de r A n n a h m e be r ech t i g t , d a b die L u m b a l p u n k t i q n den s t t t rke ren Reiz ffir die Ze l lb i ldung dars te l l t , was im E i n k l a n g s t e h t m i t de r gr6Beren HS.ufigkeit y o n u n a n g e n e h m e n N a c h w i r k u n g e n im Anschlul3 a n den l u m b a l e n Eingr i f f . Oft, abe r ke ineswegs immer , b e s t e h t im Einze l fa l l eine Pa ra l l e l i t~ t zwischen pos t - p u n k t i o n e l l e r P l e o c y t o s e und den t ib l ichen s t 6 r e n d e n P u n k - t ionsfo lgen . Be ide s ind A u s d r u c k e iner l e ich ten a sep t i s chen Meningi t i s .

L i t e r a t u r : M. BARUCH, Berl. klin. Wschr. z92oi, 298. -- K. EsKueHEN, Dtseh. Z. Nervenheilk. 84, 143 (1925). -- V. KAFKA, Die Zerebrospinalflfissigkeit. Leipzig u. Wien 193 o. -- H. LOEBELL, Z. Hals- usw. Heilk. 17, 443 (1927). -- R. G. MAcRoBI~RT, J. amer. med. Assoc. 7o, 135 ~ (1918). -- N. I. NlSSEN, Acta psychiatr. (Ko- benh.) xI, 135 (1936). -- F. NISSL, ZbI. Nervenheilk. u. Psych. I5, 225 (19o4). - - M. NONNE, Ned. Klin. I924, 919. - - F. PLANT, P. 1VIuLZER U. K. NEUBtJRGER, Mflnch. reed. Wschr. 1924 n , 1781. -- W. SCHEID, Z. Neur. z63, 397 (I938) - -- W. SCHONFELD, Dtsch. Z. Nervenheilk. 64, 3 ~ (1919). -- E. M. STEBLOW U. A. B. MANDEL- BOIM, Msehr. Psyehiatr. 88, lO4 (1934). -- W. WEIGELDT, Mfinch. nled. Wschr. 1921 I, 838.

R I F T . 18. J A H R G A N G . N r . 5 ~ x6. DEZEMBER I939

Z U R FRAGE D E R RECTALEN SERUMINFUSION. Yon

R. W. VIERTHALER u n d R . y o n BLUMENTHAL. Aus dem Hygienischen Institut der Friedrieh Wilhe]ms-Universit~t zu Berlin

(Leiter: Prof. Dr. H. ZEISS).

KALLE 1 h a t vo r e iniger Zei t f iber e r fo lgre iehe A n w e n d u n g r ec t a l e r Se rumin fus ionen be r i ch te t . E r b e z i e h t s ich dabe i au f eine Mi t t e i lung ZOHLKES 2, aus de r zu e n t n e h m e n ist, d a b die v o m D i c k d a r m aus r e s o r b i e r t e n S e r u m m e n g e n groB genug sind, u m ~hnl ich wie eine B l u t t r a n s f u s i o n zu wirken . Beide A u t o r e n v e r w e n d e t e n ein v o m S~,tchsischen S e r u m w e r k he r - ges te l l tes Serum, das den N a m e n , ,V i t a l -Se rum" tr~tgt u n d d e m zur F 6 r d e r u n g de r B l u t r e g e n e r a t i o n O r g a n e x t r a k t e (Milz, Leber) zugese tz t s ind. Das S e r u m is t zur U n t e r s t f i t z u n g de r R e s o r p t i o n h y p o t o n i s c h e ingeste l l t .

Da diese F r a g e y o n groBem p r a k t i s e h e m In t e r e s se ist, h a b e n wir die R e s o r p t i o n y o n S e r u m d u r c h die D i c k d a r m - s c h l e i n l h a n t u n d die B e d e u t u n g , die so lchen r e s o r b i e r t e n S e r u m m e n g e n als E r s a t z ode r Erg~tnzung yon B l n t t r a n s - fus ionen z u k o m m t , e iner n ~ h e r e n B e t r a c h t u n g un te rzogen .

Bei de r A u f n a h m e y o n S u b s t r a t e n d u r c h die D a r m w a n d h a n d e l t es s ieh u m e inen D u r e h t r i t t d u r c h eine z u s a m m e n - gese tz te kolloide Me lnb ran , de ren P e r m e a b i l i t ~ t sich ve r - ~tndern k a n n . Solche Ver~tnderungen k o m m e n tells d u r c h inne re Stof fwechse lvorg~nge, tells d u r c h ~tul3ere (Milieu-) E in- w i r k u n g e n z u s t a n d e ; die treibe~en Kr~ifte abe r s ind die- selben, die eine F l t i s s igke i t sbewegung d u t c h t o t e M e m b r a n e n m6gl ich m a c h e n : F i l t r a t i o n , Dif fus ion bzw. Osmose (VER- Zs Dies gi l t ffir die g e s a m t e D a r m s c h l e i m h a u t . Die a u f s a u g e n d e F u n k t i o n , die im D f i n n d a r m d u r e h die Zo t t en , im D i c k d a r m d u r c h die K r y p t e n erfolgt , i s t be iden D a r m - a b s c h n i t t e n gemeinsam. D a r a u f b e r u h t die A n w e n d b a r k e i t r ec t a l e r N~ihreinl~iufe. E i n e A u f n a h m e i n t a k t e r EiweiB- molekfi le f inder d a b e i n i c h t s t a r t .

D a n e b e n is t eine A u f n a h m e Yon Stoffen, gewissermaBen u n t e r U m g e h u n g de r i n t a k t e n M e m b r a n b e k a n n t , w o d u r c h eine R e s o r p t i o n u n v e r d a u t e r , d. h. unver~inder te r EiweiB- k 6 r p e r m6gl ich wird. Diese A u f n a h m e yon Stoffen f inder zwischen den Ep i the l ze l l en in den Chylus s t a t t . Sie wi rd au f die T~ttigkeit sog. S t o m a t a zurf ickgeff ihr t . Die auf solche Weise r e s o r b i e r t e n Eiwei l3k6rper v e r s c h w i n d e n bei gleich- zei t iger A n t i k 6 r p e r b i l d u n g im Re t i cu loendo the l . D a n e b e n i s t A u s s e h e i d u n g d u t c h die N ie ren b e o b a c h t e t worden .

E ine b e s t i m m t e S a l z k o n z e n t r a t i o n des D a r m i n h a l t e s is t unwesen t l i ch , da d u r c h das F o r t s t r 6 m e n de r r c s o r b i e r t e n L 6 s u n g i m m e r wicder ein neues osmot i sches Gef~lle zwischen e iner im D a r m u n d i n n e r h a l b des Blur - u n d L y m p h s t r o m e s bef ind l i chen K o n z e n t r a t i o n e rzeugt wird. Es i s t d a h e r yon u n t e r g e o r d n e t e r B e d e u t u n g , w e n n ein r e c t a l e ingebrach te s S e r u m v o r d e m E in l au f h y p o t o n i s c h e inges te l l t wird.

ZLIHLKE h a t den Nachweis der R e s o r p t i o n aus re i chende r S e r u m m e n g e n yore D i c k d a r m aus d u r c h Sens ib i l i s ie rung yon Meerschweinchen u n d d u t c h den Ans t i eg de r B lu t l ipase n a c h Tropfe in l au f v o n V i t a l s e r u m zu e rb r ingen ve r such t . Die E n t - sche idung, ob de r Ans t i eg de r B lu t l ipase d u t c h ein v o m D a r m aus r e so rb ie r t e s E n z y m (des Serumein laufes ) z u s t a n d e gekom- m e n ist, ode r ob eine v e r m e h r t e B i l dung u n d A u s s c h w e m m u n g y o n k6 rpe re igene r L ipase ffir den F e r m e n t a n s t i e g im B lu r v e r a n t w o r t l i c h ist, k a n n naturgemXl3 schwer gef~tllt werden . W e s e n t l i c h e r e r sch ien uns als A n h a l t s p u n k t ftir eine EiweiB- r e s o r p t i o n d u r c h die D i c k d a r m s c h l e i m h a u t d e r Nachweis e iner expe r imen t e l l en Sens ib i l i s ie rung.

Dem Schrif t tum konnten wir folgendes entnehmen: Vor Jahren ber ichteten PETIT und MINET a, dab es ihnen gelungen sei, Kanin- chen durch wiederholte rectale Einli~ufe verdt innten Hflhner- eiweil3es gegen dieses fiberempfindlich zu machen. LESNs und DREYFUS s untersuchten die Resorption yon nat iven Eiweil3k6rpern in verschiedenen Abschni t ten des Magen-Darm-Traktes. Das Serum wurde bei ihren Versuchen auf operat ivem Wege (Laparotolnie) in die entsprechenden Darmabschni t te gebracht. W~hrend nach Infusion yon Eiweif3 in Magen und Dfinndarm keine Sensibilisierung der Tiere zu erreichen war, gelang es yore Dickdarm aus, Anaphy- laxie zu erzeugen. BERNARD, DEBRI~ und PORAK 6 versuchten den Nachweis yon PrAcipitinen bei 18 tuberkulosekranken Menschen