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Loccumer Pelikan Religionspädagogisches Magazin für Schule und Gemeinde Religionspädagogisches Institut Loccum der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers 1/11 ISSN 1435-8387 Schlüssel, Impulse, Themenkreise Aspekte einer zeitgemä- ßen Bibeldidaktik Wer bin ich denn, dass ich von Gott erzähle? Theologie für, mit und von Erwachsenen? Welche Bibel für den Konfirmandenunterricht? Volxbibel vs. Lutherbibel Abenteuer Christologie – Oder: Was ist das Besondere an Jesus? „Werde unsterblich” Kinder sind nicht zum Opfern da Passion und Ostern im Kindergarten Bibeldidaktik

Loccumer Pelikan 1/2011

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LoccumerPelikanReligionspädagogisches Magazin für Schule und Gemeinde

Religionspädagogisches Institut Loccumder Ev.-luth. Landeskirche Hannovers

1/11

ISSN 1435-8387

Schlüssel, Impulse,Themenkreise

Aspekte einer zeitgemä-ßen Bibeldidaktik

Wer bin ich denn, dassich von Gott erzähle?

Theologie für, mit undvon Erwachsenen?

Welche Bibel für den Konfirmandenunterricht? Volxbibel vs. Lutherbibel

Abenteuer Christologie –Oder: Was ist dasBesondere an Jesus?

„Werde unsterblich”

Kinder sind nicht zum Opfern da

Passion und Ostern im Kindergarten

Bibeldidaktik

inha

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Friedhelm Kraft editorial 1

grundsätzlich

Peter Müller Schlüssel, Impulse, ThemenkreiseAspekte einer zeitgemäßen Bibeldidaktik 3

Martina Steinkühler Wer bin ich denn, dass ich von Gott erzähle?Ein dringender Appell zum Perspektivenwechsel 9

Friedhelm Kraft Theologie für, mit und von Erwachsenen?Thesen zum Glaubenskurs-Diskurs aus religionspädagogischer Perspektive 14

kontrovers

Katja Jacob Die Volxbibel fordert ihre Leserinnen und Leser heraus.Welche Bibel für den Konfirmandenunterricht? – pro Volxbibel 18

Florian Schneider Die Lutherbibel – eine robuste Übersetzung mit Reibungsflächen.Welche Bibel für den Konfirmandenunterricht? – pro Lutherbibel 19

praktisch

Friedhelm Kraft Abenteuer Christologie – Oder: Was ist das Besondere an Jesus?Auszüge aus einer Unterrichtsreihe 20

Dietmar Peter „Werde unsterblich” –Religiöse Motive in der Werbung wahrnehmen und deuten 23

Jörg-Dieter Reuß Kinder sind nicht zum Opfern da.Ein Unterrichtsvorschlag zu Gen 22 für die Klassenstufen 10 bis 12 29

Harm Cordes „Erzählst Du uns heute wieder eine Geschichte?“ Passion und Ostern im Kindergarten – ein Projektbericht 38

informativ

Ausstellung: Miss Piggy träumt von Hängematten 2Impressum 26Ausstellung in der Lernwerkstatt 30Buch- und Materialbesprechungen 44In eigener Sache:Abschied von Christine Labusch und Evelyn Schneider 44Nachrichten aus Schule, Staat und Kirche 45Veranstaltungen von März bis Mai 2011 46

inhalt

Titelbild: Konfirmanden lesen auf dem Schiff in der Bibel. „Die Flotte“ – Ein Konfirmandensegelprojekt des Kirchenkreises Wesermünde-Süd.Näheres unter www.freun.de. Foto: Jens Kieseritzky

editorial

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„Und sie bewegt sich doch!“ – die Schulpolitik in Nieder-sachsen. Und zwar schneller als gedacht. Im Sommer letz-ten Jahres hieß es noch „Wir können über alles reden, nurnicht über Fragen der Schulstruktur“ und nun liegt derGesetzentwurf „zur Neuordnung der Schulstruktur inNiedersachsen“ im Anhörungsverfahren vor. Eine neueOberschule soll es geben. Sie zielt auf die Ersetzung derHaupt- und Realschulen. Zu stören scheinen nur die bishe-rigen Gesamtschulen. Sie werden weiterhin mit dem Stig-ma einer „zusätzlichen“ Schulform belegt, während dieneue Oberschule den Status einer „ersetzenden“ Schulformerhält. Das hat viel mit Schulpolitik, aber wenig mit Schul-pädagogik zu tun. Die neue Oberschule ist de facto eineGesamtschule, darf aber so nicht genannt werden. Dass dieHauptschule als „Restschule“ nicht zu retten ist, haben ande-re Bundesländer längst gewusst und sich in Richtung eines„Zwei-Säulen-Modells“ bewegt. Gemeint ist damit ein zwei-gliedriges Schulsystem aus Sekundarschule und Gymnasi-um. Dieses Modell ist als „pragmatische“ Lösung zur Been-digung eines lähmenden Grundsatzstreites um die Ge-staltung der Sekundarschule seit mehreren Jahren in derDiskussion und wird mehrheitlich von der Erziehungswis-senschaft favorisiert. Aber ebenso gilt: Eine Schulreformlediglich aus pragmatischen Gründen wird kaum zu mehrSchulqualität führen. Entscheidend wird sein, ob die neueOberschule über die Frage der Schulstruktur hinaus eine„neue“ Schule wird, in der die Bildungs- und Förderbe-darfe einer heterogenen Schülerschaft das Schullebenbestimmen. Schulqualität beginnt bei adäquaten Rahmen-bedingungen. Deshalb muss die „demografische Rendite“im System bleiben. Nur dann sind kleinere Klassen undzusätzliche Lehrerstunden im Ganztagsbereich finanzier-bar. Das deutsche Schulsystem hat Nachholbedarf in Sachen

Bildungsgerechtigkeit. Wenn die neue Oberschule dazueinen Beitrag leisten wird, kann sie aus evangelischerPerspektive nur begrüßt werden.

Die Beiträge dieser Ausgabe stehen unter der Über-schrift „Bibeldidaktik“. Peter Müller stellt in Auseinandersetzung mit bibeldi-

daktischen Entwürfen seine neue Bibeldidaktik vor. ImVordergrund steht dabei die Frage nach „biblischen Schlüs-seln und Impulsen“, die geeignet sind, Schülerinnen undSchülern „die Bibel erst einmal aufzuschließen“. Am Bei -spiel eines biblischen Schlüsseltextes – „Gott hat einenNamen“ – wird gezeigt, wie „der Weg in die Bibel“ fürSchülerinnen und Schüler aussehen kann. Martina Steinkühler bietet in ihrem Beitrag Hinweise

zum Erzählen biblischer Geschichten. Kritisiert werdenErzählvorlagen, die in Übernahme der „bildlichen und direk-ten Redeweise“ von Gott den Deutungscharakter der Erzäh-lungen nicht zum Ausdruck bringen. Dagegen werdenErzählvorschläge formuliert, in denen der Erzähler „nichtals scheinbar allwissender Erzähler, sondern als Deuter undFrager“ auftritt. Mein Thesenpapier formuliert kritischeAnmerkungen zur Debatte um „missionarische Bildung“.Nach meiner Wahrnehmung wäre es wichtig, Glaubenskur-se als Bildungsangebote im Anschluss an religionspädago-gische Diskurse zu konzipieren.

Ihr

Dr. Friedhelm KraftRektor

editorial

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Als Hommage an ehemalige Schüler ihrer Kunstschu-le Stolzenau betrachtet Liliana Gavrilenko die Ausstel-lung „Können Tiere träumen?“, die bis zum 14. Aprilim Religionspädagogischen Institut Loccum (RPI) zusehen ist. Was in der Kunstschule entstanden ist,schmückt nun die Flure des RPI.

Miss Piggy träumt von der Sonne, die ihr auf den Bauchscheint, während sie in einer Hängematte döst, träumt vonduftenden Käselaiben und einer Geburtstagsfeier mit vielenGeschenken. Genauso träumt sie aber auch von Gespen-stern bei Nacht – und hat Albträume von geräuchertemSchinken, Mett- und Blutwurst. „Können Tiere träumen?“ – die Frage, die Gavrilenko

ihren Schüler gestellt hat, ist damit eigentlich schon beant-wortet: Ja, das können sie. Zumindest in der Fantasie derKunstschüler. Schweinen und Schmetterlingen, Fröschen,Schwänen und vielen anderen Tieren haben die Kinder undJugendlichen Träume angedichtet – und manches Mal damitihre eigenen Träume dargestellt. Eigentlich, erzählt Gavrilenko, wollte sie ihre Schüler

animieren, ihre eigenen Träume zu malen. Das sei aller-

dings gründlich fehlgeschlagen, weil die überwiegende Zahlder Träume, die sie nannten, materielle Dinge gewesen seien,„die man in die Steckdose stecken kann“. Ganz anders warendie Ergebnisse, als es um die Träume von Tieren ging –durchaus vorstellbar, dass Miss Piggy’s Hängematten-Traumauch eine Wunschvorstellung des jungen Künstlers ist. Die zweite Aufgabe war es, nur in Schwarz und Weiß

zu malen. Die Angst davor sei bei vielen Schülern großgewesen, erzählt die Leiterin der Kunstschule, überwundenhätten sie aber alle – und gemerkt, wie vielfältig auch danndie Möglichkeiten sind. Acht bis 15 Jahre alt waren die jungen Künstler zum

Zeitpunkt der Entstehung ihrer Werke. Manche, sagt Gavri-lenko, würden mittlerweile schon studieren, aber „ihre Träu-me sind bei uns geblieben“.Die Ausstellung „Können Tiere träumen?“ im RPI

Loccum ist bis zum 14. April zu sehen. Informationen zurKunstschule Stolzenau können im Internet unter www.wipin.de/kunst-schule/index.php nachgesehen werden.

Beate Ney-Janßen

ausgestellt

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Liliana Gavrilenko, Leiterin der Kunstschule Stolzenau (Mitte), mit einigen ihrer Schüler – und der träumenden Miss Piggy Foto: Ney-Janßen

Miss Piggy träumt von HängemattenKunstschule Stolzenau zeigt Arbeiten zum Thema „Können Tiere träumen?“

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grundsätzlich

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Herausforderung einer Bibeldidaktik

Für eine große Zahl von Heranwachsenden ist die Bibelsozusagen „Niemandsland“. Verschiedenen Umfragen zufol-ge ist es nicht so, dass die Bibel von ihnen grundsätzlichabgelehnt würde. Aber die berechtigte Frage „Was bringtes mir, in der Bibel zu lesen?“ wird offenbar von vielenJugendlichen und jungen Erwachsenen so beantwortet, dasses für sie selbst derzeit wenig oder nichts bringt. Und wenndies so ist, kann man auch Geschichten, die man einmalkannte, wieder vergessen. Niemandsland aber kann bedeu-tungslos sein oder Bedeutung gewinnen und sich zur Rele-vanz hin öffnen. Für die Bibeldidaktik ergibt sich darausdie Frage, wie die Bibel für junge Menschen Bedeutunggewinnen kann.Eine Bibeldidaktik muss in der Gegenwart „offen“

formuliert werden. D.h., sie muss offen sein für die Wich-tigkeiten und Fragen von Schüler/innen, aber auch offenfür den Diskurs in den Bezugswissenschaften und in derGesellschaft.1 Offenheit ist nicht gleichzusetzen mit demAufgeben von Standpunkten. Es geht vielmehr um die Suchenach Anschlussmöglichkeiten in verschiedene Richtungen.Ist unsere Beschäftigung mit der Bibel anschlussfähig andie Problemstellungen von jungen Menschen, an gesell-schaftliche Entwicklungen und an den wissenschaftlichenDiskurs? Die Frage nach der Anschlussfähigkeit schließtden Eigenwert der biblischen Tradition aber nicht aus. Eswar bekanntlich ein Mangel des problemorientierten Reli-gionsunterrichts, dass er die Bibel im Wesentlichen dannbefragte, wenn es sich von tatsächlichen oder vermeintli-chen aktuellen Fragestellungen her so ergab. Eine offeneBibeldidaktik muss insbesondere deshalb den Eigenwert

der Bibel thematisieren als auch von den Problemstellun-gen der Rezipienten her formulierbar sein.

Verschiedene Lösungswege

Im Lauf der religionspädagogischen Konzeptionsdebattehat es sehr unterschiedliche Bewertungen der Rolle derBibel im Religionsunterricht gegeben. Ich gehe darauf hiernicht näher ein, sondern greife nur einige aktuelle bibeldi-daktische Lösungsversuche heraus. Dabei unterscheide ichzwischen dem Weg der Systematisierung, dem Versuch,Sinnlinien herauszuarbeiten, und dem Weg der Reduktion.

Grundbescheide und Grundmotive

Horst Klaus Berg und Gerd Theißen haben in ihren bibel-didaktischen Entwürfen Grundbescheide bzw. Grundmo-tive benannt, die die Vielfalt der biblischen Tradition hand-habbar machen sollen. Horst Klaus Berg sucht in seinem bibeldidaktischen

Entwurf nach Grundbescheiden oder „heilsgeschichtlichenAbbreviaturen“, in denen grundlegende Aussagen der bibli-schen Tradition konzentriert sind (z. B. der Satz „Gott schafftLeben“, Berg 32003, 76f.). Sie stellen zugleich eine ArtContainer für vergleichbare Aussagen dar. Es dürfte sinn-voll sein, schreibt Berg, „sich für jeden Grundbescheideinen Text-Pool anzulegen“ (ebd.135ff.), also eine inten-tionale Textsammlung, die an einen Grundbescheid ange-gliedert ist. Die Grundbescheide selbst dienen dazu, diebiblische Tradition nach inhaltlichen Kriterien zu systema-tisieren2, Sinnlinien zu erkennen und die Komplexität der

grundsätzlich

Schlüssel, Impulse, ThemenkreiseAspekte einer zeitgemäßen Bibeldidaktik

Von Peter Müller

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Theißen fragt nach dem Fundamentalen und Elemen-taren in der Bibel. Er versteht die biblische Religion alsZeichensprache, die wie jede andere Sprache ihre eigene„Grammatik“ hat (Theißen 2003, 122). Die grammatischenGrundregeln sind nach Theißen die Grundmotive der Bibel– und zugleich ihr Geist (ebd. 132). Dieser Geist erschließt„den Menschen für das Fundamentale in der Bibel, für Gott,und er erschließt den Text der Bibel für den Menschen“(ebd. 123). Für die ganze Bibel grundlegend sind die beidenGrundaxiome des christlichen Glaubens, der Monotheis-mus und der Glaube an einen Erlöser“ (ebd. 133). Sie werdenin 14 Grundmotiven aufgeschlüsselt. Die Liste der Grund-motive stellt nach Theißen ein „loses Regelgefüge“ dar,„mit Überschneidungen und Berührungen, einem Mobilevergleichbar, das immer in Bewegung ist und jedoch eineverborgene Struktur enthält“ (ebd. 139).3 In diesen Grund -axiomen und Grundmotiven „begegnen wir dem ‚Geist’ derBibel. Alle Grundmotive sind mit Christus verbunden undbegegnen nicht nur bei einem biblischen Thema, sondern

strukturieren verschiedene Inhalte. Sie sind nachTheißen formaler, aber auch grundlegender als dietraditionellen dogmatischen Topoi. Mit ihrer Hilfelässt sich der ‚Geist der Bibel’ beschreiben. Nun gibt es zweifellos Motive in der Bibel, die

wiederholt vorkommen und sich in verschiedenenTextzusammenhängen konkretisieren. Indem siesich aber konkretisieren, gehen sie in die Verschie-denheit der Einzeltexte ein und entfalten dort jeweilseigene Aussageabsichten. Von einem Grundmotivohne die dazu gehörenden Konkretisierungen undAkzentsetzungen zu sprechen stellt eine Abstrak-tion dar, die den Texten nicht mehr angemessen ist.Und für gewagt halte ich die Verknüpfung desFundamentalen und Elementaren in der biblischenGrammatik mit dem „Geist der Bibel“. Die Begrif-fe Grammatik und Geist sind nicht wirklich kompa-tibel; sie reiben sich und verweisen auf ein grund-

legendes sachliches Problem. Wenn die Grundmotivedarlegen, woraufhin man Texte auszulegen und zu bearbei-ten hat, dann stellen sie ein hermeneutisches Prinzip mitgrundlegender Geltung dar. „Nicht in bestimmten Inhal-ten und Texten, sondern in … Grundmotiven, die sich in,mit und unter den Texten erschließen, finden sich jene ‚Lern-inhalte’, die christliche Identität ausmachen und dialogfä-hig machen“ (ebd. 115). Der Text wird damit nicht alssolcher wahrgenommen, sondern als Konkretion einesGrundmotivs, das Theißen auf Grund seiner exegetischenKompetenz herausarbeitet. Der autoritäre Grundzug, denTheißen z. T. in anderen bibeldidaktischen Entwürfenmoniert, liegt hier nicht fern. Ich stelle deshalb im Zusammenhang einer Bibeldidak-

tik kein System grundlegender Motive auf. Natürlich musses im Bibelunterricht immer auch um wichtige biblischeThemen und Fragestellungen gehen. Würde eine Bibeldi-daktik nur Nebensächliches in der Bibel thematisieren trügesie ihren Namen zu Unrecht. Wichtige Aussagen in der viel-fältigen biblischen Überlieferung zu identifizieren ist eineAufgabe der Exegese.

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Überlieferung für den unterrichtlichen Gebrauch handhab-bar zu machen. Bei den Grundbescheiden handelt es sichum elementare Verdichtungen von Glaubenserfahrungenund -traditionen (Berg 32003, 76), die heilsgeschichtlicheErinnerungen zusammenfassen und bestimmte Funktionenwahrnehmen (z. B. den Protest gegen die übermächtigenbabylonischen Götter). Sie haben weniger lehrhaften alströstenden und ermutigenden Charakter. Neben „Gottschenkt Leben“ nennt Berg die folgenden Grundbeschei-de:• Gott stiftet Gemeinschaft (Liebe, Partnerschaft, Bund,Ökumene),

• Gott leidet mit und an seinem Volk (Leiden und Leiden-schaft),

• Gott befreit die Unterdrückten (Befreiung), • Gott gibt seinen Geist (Heiliger Geist und Begeiste-rung),

• Gott herrscht in Ewigkeit (Gottesherrschaft, Schalom)(ebd. 78-87).

Das Wort „Bescheid“ ist hierfür allerdings wenig geeig-net. Unter Bescheid versteht man eine eher autoritativeAuskunft, mit der man in der Regel weder „gefährlicheErinnerungen“ noch den Wunsch nach Veränderung undNeuem assoziiert. „Gott schenkt Leben“ ist wenigerBescheid als vielmehr Dank, Versprechen und Zusage. DenBegriff der Heilsgeschichte damit zu verbinden ist eben-falls problematisch. Er bezeichnet eine systematische Struk-tur, die allenfalls teilweise aus den Texten selbst erhobenwird. Sie ist aus der Perspektive des biblischen Kanonsgewonnen, die den Einzeltexten oft nicht angemessen ist.Intentionale Textsammlungen und die Suche nach Sinnli-nien sind im Prinzip sinnvoll. Ihre Zuordnung zu sechsGrundbescheiden fördert aber sowohl ein Verständnis vonBibeltexten im Sinne kleiner, mehr oder weniger abge-schlossener Einheiten als auch den Eindruck von Handhab-barkeit und abrufbarem Wissen. „Gefährliche Erinnerun-gen“ lassen sich nicht so leicht kategorisieren. Undpro blematisch ist auch, dass die Grundbescheide durchgän-gig als Gottesaussagen formuliert und christologisch defi-zitär sind.

„Können Tiere träumen?“, gemalt von Tamara Harmsen (14 Jahre)

Auf der anderen Seite ist aber auch die Didaktik zuberücksichtigen – und sie ist mehr und anderes als Vermitt-lung. So wie es auf Seiten der Bibel wichtige Fragen,Themen und Aussagen gibt, gibt es auf Seiten der Schüle-rinnen und Schüler und deren Kontexten wichtige Fragen,Probleme, Aussagen und Lernvoraussetzungen. Didaktikberücksichtigt beides und bringt beide Seiten in ein Verhält-nis zueinander – und zwar von Anfang an. Eben dies habeich mit dem Begriff der Anschlussfähigkeit zu umschrei-ben versucht.

Sinnlinien

Einen anderen Ansatz wählen einige Autoren, die sichin den „Katechetischen Blättern“ (131/2006) im Jahr2006 zu Wort gemeldet haben. Sie verwenden den „rotenFaden“ bzw. die „roten Fäden“ als Metapher für das, wasman als das „der Bibel Eigene“ bezeichnen könnte(Dohmen/Hieke 2006, 245). Es handelt sich nach Auffas-sung der hier zu Wort kommenden Autoren bei den rotenFäden nicht um dogmatische Vorgaben oder um Vorlie-ben für bestimmte Themen; die Dogmatik und die eige-nen theologischen Vorlieben liegen ja in der Tat manch-mal nicht weit auseinander. Vielmehr dürfe man solcheroten Fäden nur „aus der Bibel selbst heraus entwickelnund formulieren“ (ebd.). Es gehe nicht um eine Hierar-chie von Wahrheiten, nicht um das, „was in der Bibel wirk-lich wichtig ist“, auch nicht „um kurze und knappe essen-tials aus der Fülle der biblischen Botschaft“ (ebd.). DieseAbgrenzungen sind, obwohl Berg und Theißen als Bezugs-punkte genannt werden, doch im Grunde gegen deren Ansatzgerichtet. Die roten Fäden der Bibel führen gleichwohl zumWesentlichen, „denn das, was Menschen durch Jahrhun-derte hindurch immer wieder in ihrem Verhältnis mit Gottbeschäftigt hat, in Not und Freude, mit Klage und Lob, istimmer wieder aufgegriffen worden und bestimmt die bibli-sche Botschaft. Wer also rote Fäden in der Bibel sucht, wirdsich selbst immer wieder in Frage stellen müssen – vorallem was seine eigenen Wünsche und Erwartungen inBezug auf diese Texte betrifft. Aber wer rote Fäden in derBibel sucht, wird hineingenommen in die lange Glaubens-geschichte, von der die Bibel zeugt und für die die Bibelsteht. … Erfahrbar und begreifbar aber wird es nur, wennman sich selbst auf den Weg macht quer durch die Bibel“(ebd.). Verschiedene Exegeten stellen dann dar, was für sieder rote Faden durch die Bibel ist: „Vom Paradies zumhimmlischen Jerusalem“ führt er nach Thomas Söding(Knauf 2006, 249); für Ilse Müllner ist das Stichwort „Bezie-hung“ der rote Faden (ebd. 250); in den Bildern, die dieTexte aufscheinen lassen, ist er nach Thomas Staubli zufinden (ebd. 252); für Axel Knauf in den Wegen der Tora(ebd. 252f.)4; Marlies Gielen sieht den roten Faden in derZuneigung und Nähe Gottes zu den Menschen (ebd. 253f.).Dass diese verschiedenen roten Fäden die Texte nicht regle-mentieren und die Bibel nicht systematisch kartographie-ren wollen, macht mir die Metapher sympathisch. Gleich-wohl kann man nicht übersehen, dass sie selbst von ihremUrsprung her auf das Labyrinth und auf den einen Weg

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verweist, der hindurch führt. Ist die Bibel ein solchesverschlungenes System, das den Weg hinein oder heraus zueinem Rätsel macht? Was macht man, wenn man den Fadeneinmal verliert? Und gibt es nur diesen einen Weg? Diezitierten Autoren sind offenbar nicht dieser Meinung – undich stimme ihnen zu. Aber dann ist das Bild vom „rotenFaden“ schief, so gut es mir gefällt. Allenfalls im Plural istes verwendbar. Und ganz ungeklärt ist bislang die Frage,wie mit Hilfe solcher roter Fäden konkreter Unterrichtgestaltet werden soll.

Reduktionen

Im gleichen Heft der Katechetischen Blätter fragt ElisabethHennecke: „Angesichts eines nur noch geringen Vorwis-sens und vieler Wissenslücken im Blick auf die Bibel stelltsich immer wieder die Frage: „Mit wie wenig kann ich michzufrieden geben?“(Hennecke 2006, 238). Typisch für diesereduktionistische Frage ist m.E. der Vorschlag in dem„Leuchtfeuerpapier“ der EKD, im Blick auf die religiöseBildungsarbeit der Kirche „die Kernbestände der christli-chen Tradition zu sichern“. „Schwerpunktsetzung statt Voll-ständigkeit“ lautet die hierfür grundlegende Basisannah-me. Deshalb wird für die religiöse Bildungsarbeit in Kinder-tageseinrichtungen, Kinder- und Jugendarbeit sowie Konfir-mandenarbeit vorgeschlagen, sich „über die zwölf wich-tigsten biblischen Geschichten, die zwölf wichtigsten evan-gelischen Lieder und die zwölf wichtigsten Gebete zuverständigen (EKD-Impulspapier 2006). Im Blick auf diepädagogische Arbeit im Vorschulbereich wird allerdingsgefordert: „90 Prozent aller Kinder eines Jahrganges soll-ten im Laufe ihrer ersten sechs Lebensjahre mit biblischenGeschichten und christlichen Symbolen, mit christlichenFesten und kirchlichen Traditionen sowie ihren modernenVermittlungsformen in Berührung kommen“ (EKD 2006,80). Nach der Kindergartenzeit scheint es aber irgendwieschwierig zu werden, wenn man sich und den Kindern undJugendlichen nicht mehr als zwölf Geschichten zutraut undzumutet. Einmal davon abgesehen, dass es schwierig seindürfte, sich auf zwölf Geschichten (und nicht minder aufzwölf Lieder und zwölf Gebete) zu einigen: Dass es gera-de zwölf Geschichten sein sollen, zeigt ja, dass die Verfas-

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Mrs. Piggy, gemalt von Morten Luchtmann (13 Jahre)

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ser des Papiers in Aufnahme der wichtigen biblischen Zahleine sehr wohl umfassende Perspektive haben und mit diesenzwölf Texten zentrale Teile der biblischen Tradition abde-cken wollen.

Schlüssel, Impulse, Themenkreise

Ich spreche im Folgenden von biblischen Schlüsseln undImpulsen. Beide Begriffe sind metaphorisch zu verstehen.Schon als Metaphern geben sie keine Definition, sondernöffnen einen Raum und setzen einen Prozess in Gang. DerBegriff des Schlüssels ist dabei stärker von den Schülerin-nen und Schülern her gedacht, der Impuls stärker von denTexten.

Schlüsseltexte sind nach diesem Verständnis also nichtin erster Linie grundlegende Texte der biblischen Traditi-on, die ich mit exegetischen Mitteln identifiziere und dannder religionsunterrichtlichen Vermittlung übergebe. Ichverstehe unter Schlüsseltexten vielmehr solche Texte, diegeeignet sind, den Schülerinnen und Schülern die Bibel ersteinmal aufzuschließen. Denn dazu sind Schlüssel da: Sieschließen etwas auf, was verschlossen war, sie eröffnenZugänge. Da für viele Schülerinnen und Schüler die Bibelein „Buch mit sieben Siegeln“ ist, brauchen sie solcheSchlüssel, um sich Zugänge zu diesem Buch überhaupt ersteinmal oder wieder zu verschaffen. Dies ist für mich einerstes, wichtiges Ziel bibeldidaktischer Bemühungen.Dabei soll der Begriff des Schlüssels nicht zu eng gefasst

werden. Solche Schlüssel können:• Schlüsseltexte (z.B. Gen 1,1-2,4a, Mt 5,3-12, 1Kor 13…)sein, aber auch

• Schlüsselworte und -begriffe (z. B. Paradies, Gerech-tigkeit, Hoffnung, Gnade, Himmel …),

• Schlüsselbilder (z. B. Hirte, Baum, Weg, Brot …) oder • Schlüsselszenen (z. B. 2Sam 12; Mt 4,1-11 …).

Schlüssel haben die Funktion, Türen zu öffnen – unddamit einen Raum, den man dann erkunden kann. Wichtigist bei der Suche nach so verstandenen Schlüsseltexten,dass:

• sie Interesse zu wecken in der Lage sind (weil sie span-nend, provozierend, tröstend, überraschend oder in schö-ner Sprache formuliert sind),

• dass sie anschlussfähig sind an die Verstehensvoraus-setzungen der Rezipienten

• und dass von ihnen aus innerbiblisch in verschiedeneRichtungen weiter gefragt werden kann.

Mit diesem letzten Aspekt kommen die Impulse ins Spiel.Gegenüber dem Bescheid, dem Grundmotiv und dem Axiomhat der Ausdruck „Impuls“ den Vorteil, dass er nicht vorgän-gig festlegt, was in der Bibel wichtig ist und was dement-sprechend für die Schülerinnen und Schüler (und die Lehr-kräfte) wichtig werden soll. Impuls ist ein dynamischerBegriff. Er stößt etwas an, das wichtig werden und Zusam-

menhänge erkennen lassen kann. Er schreibt nichtvor, wie diese Zusammenhänge zu ordnen sind. Erregt aber dazu an, nach ihnen zu suchen. Insofern zieltein Impuls auf das Fragen, das Entdecken, auf eineelementare Suchbewegung, auf einen Prozess. Wiediese Suche voran schreitet wird durch den Impulsnicht von vornherein festgelegt. Sie ist in verschie-dene Richtungen möglich, bleibt aber angestoßen vonden Texten und ist dadurch an sie gebunden. So können die beiden genannten Beispiele für

Schlüsselszenen, also die Konfrontation zwischenDavid und Nathan in 2Sam 12 oder die Versuchungs-geschichte in Mt 4, verschiedene Impulse für dieweitere Beschäftigung mit der Bibel geben. Von derNathanepisode aus kann man natürlich nach dervorangehenden Uria-Geschichte fragen oder nachdem weiteren Ergehen Davids; man kann nach dem

Verhältnis von Propheten und Königen generell fragen, nachdem Verständnis der Prophetie und ihrem Verhältnis zurMacht oder auch danach, wie und wo der Satz „Du bist derMann“ übertragbar ist in eigene Erfahrungen.Von der Versuchungsgeschichte ausgehend kann man

dem Begriff Versuchung in der Bibel und in unserer Gegen-wart weiter nachforschen, man kann einen Bogen schlagenzum Vater unser oder die Erzählung mit der anderen Berg-Geschichte am Ende des Matthäusevangeliums (28,16-20)verknüpfen; man kann auch nachsehen, wo die Zitate in derErzählung herkommen, vielleicht vor allem dies, dass derMensch „nicht vom Brot allein lebt“, das sowohl in derBibel als auch z. B. in der Werbung mehrfach vorkommt,und man kann die Frage anschließen, wovon wir denn dannleben, wenn nicht allein vom Brot. Biblische Impulse bezie-hen sich also darauf, dass Texte Fragen anstoßen, uns aufdie Suche schicken und uns dabei nicht reglementieren. Wenn man diesen Impulsen folgt, erschließen sich bibli-

sche Themenkreise. Berg und Theißen haben gezeigt, dasssich in der biblischen Tradition verschiedene Themen undMotive unterscheiden lassen. In dieser Hinsicht stimme ichihren bibeldidaktischen Entwürfen zu, setze aber einen ande-ren Akzent. Ich spreche nicht von Grundbescheiden, -moti-ven oder -axiomen, sondern von Themenkreisen. Damitnehme ich die Erkenntnis auf, dass die Grundmotive inder biblischen Überlieferung nie isoliert und für sich stehen.

„Können Tiere träumen?“, gemalt von Nico Buchholz (14 Jahre)

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Darauf macht Theißen selbst z. B. bei dem „Positionswech-selmotiv“ aufmerksam: Es kann sowohl im Geschichtshan-deln Gottes (vgl. 1Sam 2,6f.; Lk 1,52) als auch im Rahmenethischer Mahnungen (vgl. Mk 10,42ff.; Phil 2,6ff.) oderder Eschatologie (Mk 10,31.35ff.) begegnen (Theißen 2003,161f.). Vergleichbares gilt auch von den anderen Motiven.Das Schöpfungsmotiv kann als Lob und Dank laut werden(Ps 66,3; 139,14), es kann weisheitlich formuliert sein (Spr3,19), aber auch ethische Mahnungen begründen (vgl. Mt5,45) und hat seinerseits eine Beziehung zur Eschatologie(2Kor 5,17; Offb 21,1). Das Wundermotiv wiederum kannmit Schöpfungsaussagen kombiniert werden (Hi 37,5; Ps66,5), es steht besonders im Neuen Testament in eschato-logischem Horizont (Lk 11,20), es kann indirekt aber auchals Handlungsanweisung dienen (Mt 8,23-27; Mk 7,24-30).Um mit den Fachbegriffen zu sprechen: In einem Textzu-sammenhang aus den Evangelien oder bei Paulus die Chris-tologie, die Soteriologie und die Eschatologie (um nureinmal diese drei Bereiche zu nennen) voneinander abzu-grenzen ist nur selten möglich, weil die jeweiligen Aussa-gen ineinander greifen und sich gegenseitig bedingen. Dasbedeutet: Die einzelnen Motive sind im Alten und NeuenTestament eingebettet in gedankliche Zusammenhänge. Siedaraus zu isolieren stellt eine Abstraktion dar und erfordertdidaktisch immer einen doppelten Schritt: Die Isolierungeines Motivs und das Bemühen, dieses Motiv dann inähnlich gestalteten Zusammenhängen wiederzufinden. Diesstellt zugleich eine Reduktion der Einzeltexte dar, die jaeine Aussageabsicht haben und nicht lediglich ein Motivvorstellen. Ich vertrete demgegenüber die Auffassung, dasses angemessener ist, auf die Texte und die Verbindungsli-nien zu achten, die sie selbst aufzeigen. Es geht also nichtdarum, Motive zu isolieren, sondern Zusammenhänge zuerkennen. Von den meisten Texten aus kann man in verschiedene

Richtungen gehen. Es gibt viele Verstehenswege durch dieBibel. Manche sind gut ausgeschildert, andere kaumentdeckt; aber alle helfen dazu, die Fülle der biblischenBotschaft zu erschließen. Nach Themenkreisen und Verbin-dungslinien zu suchen legt sich durch die Eigenheit derTexte nahe. Ich finde in der Bibel vor allem vier Themen-kreise, die aufeinander bezogen sind und wie ein Gewebemiteinander verflochten sind: Von Gott und der Welt ist inder Bibel immer in einem Atemzug die Rede; auch die Frage„was ist der Mensch?“ wird immer in Verbindung mit Gottbeantwortet; Glauben, Handeln und Hoffen entstehen ausder Beziehung zu Gott als grundlegende Äußerungen desMenschen; und das Neue Testament geht in allen Schrif-ten davon aus, dass die Welt und der Mensch mit seinemGlauben, Handeln und Hoffen nur von Jesus Christus herzu begreifen sind.

4. Gott hat einen Namen

An einem Schlüsseltext aus dem Alten Testament will ichdiesen Zusammenhang abschließend darstellen. Es ist eineungewöhnliche Erzählung, vom Erzählfaden her attraktiv,

vom zentralen Inhalt her anspruchsvoll und zugleich eineErzählung, die einen Weg in die Bibel öffnen kann: Gotthat einen Namen. Das ist für das Alte Testament eine zentra-le Aussage. Sie beruht auf dem für das Gottesverständnisgrundlegenden Text Ex 3, der Erzählung von der Beru-fung des Mose am brennenden Dornbusch. Aus diesemGrund beginnen Erfahrung und Erkenntnis Gottes in derBibel mit einem Namen. Und aus eben diesem Grund kannin den alttestamentlichen Schriften „der Name“ zum Syno-nym für Gott werden.5 Der Name wird verkündigt (Ex 9,16),gepriesen (Ps 103,1) und gefürchtet (86,11), mit dem Namenwerden die Israeliten gesegnet (Num 6,27), Salomo soll„dem Namen ein Haus bauen“ (2Sam 7,13). Häufig stehtder Name für Gott selbst. So ist der Name Gottes Hinweisauf eine paradoxe Erfahrung: Gott ist der, der da ist, er istwahrnehmbar und ansprechbar, aber er ist nicht „der Fall“und lässt sich nicht endgültig definieren. In der Erzählungvon der Berufung des Mose entspricht diese Erfahrung demDornbusch, der brennt und doch nicht verbrennt. Und wich-tig ist auch: Im Kontext dieser Erzählung wird der Namein Zusammenhang gebracht mit der Geschichte des VolkesIsrael (Ex 3,9-14): Der „ich werde da sein“ ist kein welt-abgewandter Gott, sondern einer, der das Leiden seinesVolkes wahrnimmt und Befreiung schaffen wird.

Diese Zuwendung des „Ich werde da sein“ kommt aufder Seite der Menschen in vielen ihrer Namen zum Ausdruck– in der Bibel und bis heute –, in denen sich der Name Gotteswiderspiegelt. Neben vielen anderen Namen, z. B. Elia –elija(hu): mein Gott ist JHWH, oder Netanja(hu): Gege-ben hat JHWH –, findet sich der Gottesname nicht zuletztin Jehoschua / Jeschua / Jesus wieder – JHWH ist Rettung.Jehoschua und Jesus, das ist ein Namensprogramm, das imNT bei Matthäus ausdrücklich aufgegriffen und ausgeführtwird (Mt 1,18-25). Und dass so viele Eigennamen bis heuteGott im Namen führen, oft für ihre Träger unbewusst, verbin-det das eigene Erleben mit dem Gott des Alten und desNeuen Testaments. Dass Gott einen Namen hat, mit dem er sich bekannt

macht und mit dem Menschen sich an ihn wenden können,wird in einer Geschichte erzählt, die grundlegend für diebiblische Botschaft ist, die auf Grund heutiger Erfahrun-gen und Fragen auch zu einem Schlüssel für die Bibel

„Können Tiere träumen?“, gemalt von Corinna Meyer (13 Jahre)

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werden kann. Denn die Frage nach dem Namen Gottes isteine aktuelle Frage. Exemplarisch dafür ist Joan OsbornesLied „One of us“:

If God had a name,what would it beand would you call it to His face,if you were faced with Himin all his glory?What would you askif you had just one question?

Trotz des im Refrain vielfach wiederholten „God isgreat, God is good“ ist die offene Frage für diesen Songcharakteristisch. Wenn Gott einen Namen hätte, wie würdeer lauten und könnte man ihm den ins Gesicht rufen? Wennman ihm eine einzige Frage stellen könnte, welche wäredas? Und was wäre, wenn Gott einer von uns wäre, ein ganznormaler Mensch, ein Fremder im Bus? Und wenn Gott einGesicht hätte, wie würde er wohl aussehen – und würdeman es ansehen wollen, wenn damit gleichzeitig der Glau-be gefordert wäre an den Himmel, an Jesus, an die Heili-gen und Propheten?6 Die letzte Frage zeigt die Distanz zuherkömmlichen Gottesvorstellungen. Die Frage des „Whatif“, des „Was wäre, wenn“ ist charakteristisch für das Lied.Ist Gott groß und gut? Begegnet er uns in aller Pracht, umge-ben von Heiligen und Propheten, oder ist er einer von uns,unscheinbar und leicht zu übersehen? Das Lied gibt keineAntworten außer „God is great, God is good“. Die Kombi-nation dieses Refrains mit den What-if-Fragen ist charak-teristisch für die aktuelle Gottesrede. Sie verknüpft einerstaunlich unbefangenes Reden von Gott mit offenenFragen und einer nicht zu übersehenden Distanziertheitgegenüber herkömmlichen Gottesvorstellungen. Dass Gott groß und gut, mächtig oder gütig sei, ist keine

objektivierende Aussage, sondern – selbst in der Gebro-chenheit des Popsongs – eine Aussage der Beziehung. ObGott gut oder groß ist, lässt sich nicht per definitionementscheiden. Auf derselben Linie liegt die Frage, ob es Gott„wirklich“ gibt. Dietrich Bonhoeffer hat diese Frage bekannt-lich beantwortet mit dem paradoxen Satz: „Einen Gott,den ‚es gibt’, gibt es nicht.“ Über alles, was „es gibt“, könnenMenschen verfügen, und sei es auch nur in Gedanken. „Gäbees gültige Antworten, wäre die Frage nach dem Anfang unddem Ende der Welt durch Wissen zu erledigen“ (Oelkers1994, 19). Aber Gott ist nicht vorfindlich und feststellbarund verfügbar. Die Selbstvorstellung „Ich werde da sein,als der ich da sein werde“ in Ex 3,14 ist das Urbild dieserUnverfügbarkeit Gottes. Die Frage, ob es Gott „wirklich“gibt, ist dennoch nicht unwichtig. Sie belegt einen offen-bar vorhandenen Wunsch nach Sicherheit und Verlässlich-keit in der Frage nach Gott und verweist zugleich darauf,dass der Hinweis auf die Wirklichkeit im Sinne dessen, was„es gibt“, nicht ausreicht, wenn es um Gott geht. „Ich werde da sein als der ich da sein werde“ kann

deshalb zum Impuls werden, diesem Namen Gottes nach-zuforschen, z. B. über die Wolken- und Feuersäule oder dieGottesbegegnung des Elia bis hin zum Satz Jesu: „Wo zweioder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich

mitten unter ihnen“. Für den „Ich bin da, als der ich dasein werde“ kann man auch Schlüsselbilder finden, das Bilddes Hirten z. B., das im Alten wie im Neuen Testament eineRolle spielt, des Lichtes, des Weges. Man kann die Geschich-te der eigenen Namen verfolgen oder das „taufen auf denNamen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes“.Namen sind eben nicht nur Schall und Rauch, sondernkönnen zum Schlüssel werden, um die Bibel aufzuschlie-ßen und sie zu erschließen.

Anmerkungen

1 Diese Offenheit in ihren verschiedenen Dimensionen hat Thei-ßen in seiner Bibeldidaktik vorgestellt. (Vgl. Theißen 2003)

2 Die Bezeichnung „heilsgeschichtliche Abbreviaturen“ zeigt denstarken systematischen Akzent: Die Vorstellung der Heilsgeschich-te stellt den Versuch dar, die Komplexität der biblischen Traditi-on zu reduzieren und ihre großen Linien hervorzuheben. ZurHeilsgeschichte als Gliederungsprinzip der Dogmatik vgl. Härle2007, 42.

3 Als Grundmotive werden genannt (Theißen 2003, 139-165): dasSchöpfungsmotiv, das Weisheitsmotiv, das Wundermotiv, dasEntfremdungsmotiv, das Hoffnungsmotiv, das Umkehrmotiv, dasExodusmotiv, das Stellvertretungsmotiv, das Einwohnungsmotiv,das Glaubensmotiv, das Agapemotiv, das Positionswechselmo-tiv, das Gerichtsmotiv, das Rechtfertigungsmotiv.

4 Knauf spricht allerdings nur vom AT. Das NT ist für ihn ledig-lich ein Annex zum AT (253f.).

5 Seit der Zeit des babylonischen Exils (586-538 v. Chr.) wurdeJHWH nicht mehr ausgesprochen, sondern durch adonaj – (mein)Herr ersetzt. Buber / Rosenzweig schreiben an Stelle des Tetra-gramms „Er“ (vgl. Buber 1992).

6 Der gesamte Text unter http://www.lyrics007.com/Joan%20Osborne%20Lyrics/One%20Of%20Us%20Lyrics.html .

Literatur

Berg, Horst Klaus (32003), Grundriss der Bibeldidaktik: Konzepte –Modelle – Methoden. Handbuch des biblischen Unterrichts Band2, München.

Buber, Martin / Rosenzweig, Franz (1992), Die Schrift (4 Bände),Stuttgart

Dohmen, Christoph / Hieke, Thomas (2006), „Roter Faden durchdie Bibel?“ In: Katechetische Blätter (131/2006), 242-248.

EKD-Impulspapier vom 6. Juli 2006, „Kirche der Freiheit: Perspek-tiven für die Evangelische Kirche im 21. Jahrhundert.“

Härle, Wilfried (32007), Dogmatik, de Gruyter Lehrbücher, Berlin.Hennecke, Elisabeth (2006), „Die Bibel – das Buch der unbekann-

ten Geschichten.“ In: Katechetische Blätter (131/2006), 238-241.Katechetische Blätter (131/2006), Zeitschrift für Religionsunter-

richt, Gemeinde-Katechese und kirchliche Jugendarbeit. Hg. vondkv und Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Deutschen Bischofs-konferenz, München.

Knauf, Axel / Gielen, Marlis / Müllner, Ilse u.a. (2006), „Eine Frage– fünf Antworten: Mein roter Faden durch die Bibel.“ In: Kate-chetische Blätter (131/2006), 249-254.

Oelkers, Jürgen (1994), „Die Frage nach Gott. Über die natürlicheReligion von Kindern“. In: Merz, V. (Hg.), Alter Gott für neueKinder? Das traditionelle Gottesbild und die nachwachsendeGeneration, Freiburg (Schweiz), 13-22.

Theißen, Gerd (2003), Zur Bibel motivieren. Aufgaben, Inhalte undMethoden einer offenen Bibeldidaktik, Gütersloh.

Prof. Dr. Peter Müller ist Direktor des Instituts für Philo-sophie und Theologie an der Pädagogischen HochschuleKarlsruhe.

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Es ist wichtig, darüber Bescheid zu wissen, wie dasBuch, auf das Christen ihren Glauben und Religi-onspädagogen ihre Arbeit aufbauen, entstanden ist

– wie es „spricht“ und was es damit „meint“. Nur so lässtes sich übersetzen – aus der Glaubwürdigkeit damals in dieGlaubwürdigkeit heute. Im Folgenden gebe ich daher vierknappe Hinweise auf Traditions- und Lehrzusammenhän-ge im Alten Testament (mit einem Exkurs ins Neue Testa-ment). Es folgen Konsequenzen für das Reden von Gottheute, sei es zu Kindern, sei es zu Erwachsenen. ZumSchluss finden sich Beispiele und Hinweise für die Praxis.

Die Bibel – gesammelte und gedeutete Gotteserfahrung

Wer eigentlich erzählt von Gott? In den erzählenden Textender Bibel sind es (scheinbar) allwissende Erzähler. Zum Bei -spiel in den Mosebüchern: Am Anfang schuf Gott Himmelund Erde … – Als sei der Erzähler dabei gewesen! Er – wer?Früher haben die Menschen gedacht: Mose. Und der hattees von Gott. Direkt. Und Gott sah, dass es gut war …Heute betrachten wir die Bibel differenzierter. Wir

wissen, dass in der Bibel die Erfahrungen vieler Menschenund Generationen versammelt sind, dass in der Deutungvon Lebens- und Geschichtserfahrungen viele Traditions-zusammenhänge, viele theologische Schulen zu Wortgekommen sind.

Schöpfung

Wenn der Erzähler sagt: Gott schuf … und: Gott sah, dasses gut war – dann teilt er uns damit eigentlich mit, wie er(oder seine Schule) die Welt, seinen Ort darin und seinenGott erlebt hat. Er hat erfahren, dass das Leben auf der Erde

nicht Zufall ist, sondern gewollt, und dass er nicht einMängelwesen ist, sondern gut, so wie er ist – in den Augeneines persönlichen Gegenübers, das größer ist als diemenschliche Vernunft. Eben Gott.

Erwählung und Berufung

Und der Herr sprach zu Abraham: Geh aus deinem Vater-land … in ein Land, das ich dir zeigen will …Wie hat derErzähler davon erfahren? Hat Abraham es seinen Söhnenso erzählt – und die wieder ihren Söhnen und so fort? „EinesTages hörte ich Gottes Stimme …“ Oder, vorsichtiger:„Eines Tages war es mir, als höre ich Gottes Stimme …“Oder vielleicht im Rückblick: „Eines Tages bin ich aufge-brochen. Sonst wären wir nie in dieses Land gekommen.Ich glaube, Gott hat mich geführt.“ Oder ist es noch andersgewesen?Wir wissen heute auch, dass die Familiengeschichte

Abraham – Isaak – Jakob – Josef eine Verkettung von Einzel-sagen ist, zu dem Zweck, eine Geschichtsdeutung vorzu-nehmen: Wie aus umherziehenden Nomaden das Volk Isra-el wurde, das sich als von Gott erwählt verstand, das bildetdie Familiengeschichte Abrahams und seiner Kinder inkonzentrierter Form ab: Gottes Wort war es von allemAnfang an, Gottes Wort an eine bestimmte Person, undGottes Segen, der vom Vater auf den Sohn weitergegebenwurde, auch mit Umwegen.Hier offenbart der Erzähler – während er so tut, als

„wisse“ er – in Wahrheit seine persönliche Deutung der Ge -schichte des Volkes Israel bzw. die Deutung seiner Zeit:Es war nicht blinder Zufall, der die Israeliten nach Kanaanbrachte, es waren nicht die Höhen und Tiefen des Schick-sals – es war Erwählung, es war Begleitung und Führungdurch einen zugewandten Gott, der Großes mit „seinemVolk“ vorhat.

Wer bin ich denn, dass ich von Gott erzähle?Ein dringender Appell zum Perspektivenwechsel*

Von Martina Steinkühler

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Ungehorsam und Strafe, Umkehr und Rettung

Und der Herr sprach zu Mose: Geh, steig hinab; denn deinVolk, das du aus Ägyptenland geführt hast, hat schändlichgehandelt. Sie sind schnell von dem Wege abgewichen, denich ihnen geboten habe … Und der Herr sprach zu Mose:Ich sehe, dass es ein halsstarriges Volk ist. Und nun lassmich, dass mein Zorn über sie entbrenne … (2 Mose 32,7-8a.9-10a)Wie Abraham ist auch Mose einer, der nach den Erzäh-

lungen der Bibel Gottes Stimme hört, ja sogar „von Ange-sicht zu Angesicht“ mit Gott verkehrt „wie mit einemFreund“. Erzählt wird das wie über Abraham: im Nachhi-nein, vom Hörensagen. Deutung ist das, Zuschreibung füreinen großen Anführer, der Gottes Namen und GottesWeisungen im Munde führte, Interpretation aber auch derGeschichte Israels als des erwählten und von Gott geführ-ten Volkes.Das sprichwörtliche Murren des Volkes, sein Zweifeln

und wiederholtes Revoltieren gegen Mose und Gott gibtdenen, die im Nachhinein vom Auszug und der Wüsten-wanderung erzählen, ein Deutungsmuster in die Hand: Wennich in der Befreiung Israels aus Ägypten eine RettungstatGottes sehe, dann muss ich auch annehmen, dass es Gottkränkt, in dieser Weise hinterfragt zu werden. Dann wieder-um nehme ich an: Gott straft … – und das erklärt die Mühsalder Wanderung, die Rückschläge, die Kämpfe, die zu führensind.Im 2. Buch Mose setzt diese Art der Deutung ein, wirkt

weiter in den Büchern Josua und Richter und findet ihrenHöhepunkt im Gegeneinander der Könige und Prophetendes Königreichs Israel bzw. der Königreiche Israel undJuda: Höhen und Tiefen, Krieg und Frieden, Siege undNiederlagen und schließlich das Exil und die Rückkehrwerden als Strafe und Vergebung Gottes erzählt, als Reak-tionen auf Abfall und Umkehr des Volkes. (Ein anderesDeutungsschema, das in den Büchern Mose nach demExodus immer prominenter hervortritt, ist die Polemik gegendie Völker Kanaans, die „auf Gottes Geheiß“ vernichtetwerden sollen; diesen Aspekt führe ich hier jedoch nichtaus, da er beim heutigen Nacherzählen biblischer Geschich-ten glücklicherweise keine Rolle mehr spielt. Er ist längstals politisches und ideologisches Interesse erkannt und hint-angestellt worden.)

Tun und Ergehen, Lohn und Strafe

Es begab sich aber eines Tages, da die Gottessöhne kamenund vor den Herrn traten, kam auch der Satan unter ihnen…Das Buch Hiob wird mit einem „Vorspiel im Himmel“eingeführt, bei dem Gott und Satan eine „Wette“ auf dieFrömmigkeit des Menschen Hiob abschließen. Wieder-um: Wie allwissend ist da der Erzähler! War er dabei? Die Einleitung der kleinen Szene „Es begab sich aber“

relativiert den Anspruch und verrät die Textgattung: Sobeginnen Märchen. Dass Gott Hiob in Satans Hand gibt,um ihn zu versuchen und zu prüfen, ist Fiktion – gesetzt alsein Versuch zu erklären, warum ein Mensch, der sich nichts

zuschulden hat kommen lassen, dennoch leiden muss. AmEnde wird das Märchen weitererzählt und zeigt sich nunerst recht als Märchen: Hiob hat die Probe bestanden undwird rehabilitiert: Und der Herr segnete Hiob fortan mehrals einst … Und Hiob starb alt und lebenssatt … Ein typi-sches Märchenende also und gerade deshalb vollkommenunglaubwürdig. Als könnte man verstorbene Kinder jemalsersetzen!Das Märchen basiert auf der Annahme eines Deutungs-

modells, das dem Modell von Vergehen und Strafe (s.o.)ähnlich ist, dem sogenannten Tun-Ergehen-Zusammenhang.Da wird behauptet, dass es guten Menschen gut, schlech-ten Menschen aber schlecht geht. Der dafür sorgt und dafürgarantiert, ist Gott als Richter, als belohnender und bestra-fender Übervater. Noch einmal: Das ist eine Annahme, einDenkmodell, keine irgendwo festgesetzte Wahrheit!Im Fall Hiobs wird das besonders augenfällig. Denn das

Hiob-Märchen ist nicht ungebrochen überliefert. In denMittelteil zwischen dem Anfang und dem Ende desMärchens ist eine Folge von Gesprächen eingebettet, indenen Hiob nicht nur klagt und mit Gott hadert, sondernauch und vor allem den Tun-Ergehen-Zusammenhang inFrage stellt. Hier besteht Hiob darauf, dass er keine Schuldauf sich geladen habe, dass es überhaupt keinen Grund fürGott geben könne, ihn zu bestrafen, schlicht: dass er unschul-dig sei.Und Gott? Der, der hier erzählt, lässt Gott persönlich

Stellung nehmen. In zwei „Gottesreden aus dem Wetter-sturm“ gibt Gott dem Hiob recht. Was ihm geschieht, ist

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„Können Tiere träumen?“, gemalt von Jannick Anders (13 Jahre)

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Wieder ist zu betonen: Deutung! Das ist „nur“ (?)Deutung – aber Deutung, die sich wie ein roter Faden durchbeide Testamente zieht, die sperrig und anstößig ist undangesichts der Größe und Erhabenheit Gottes ganz unglaub-lich und bemerkenswert: Dieser Gott gibt (sich) hin undopfert und liebt …Mir scheint immer, dies ist das Wichtigste, das von

ihm zu erzählen ist, auch das, was ihn von anderen Götternringsum, seien es die Götzen damals oder die Götzen heute,fundamental unterscheidet. Gotteserfahrungen, die einesolche Deutung nahelegen, sollten wir in erster Linie bewah-ren und weitergeben.

Die biblische (Nach-)Erzählung – mit dem nötigen Respekt

Bevor wir uns nun daran machen, es den Erzählern der Bibelnachzutun und ihre Geschichten weiterzuerzählen, solltenwir uns zwei kritische Fragen stellen bzw. zwei Vorbehal-te ernst nehmen:• Wer bin ich, wenn ich erzähle? Die Erfahrungen desbiblischen Erzählers sind nicht meine; die Deutungenerst recht nicht.

• Wer hört mir zu? Die Voraussetzungen des heute Hören-den sind nicht die des Hörenden zurzeit der biblischenErzähler.

Ich antworte in umgekehrter Reihenfolge, in gut didak-tischer Gewichtung: Die Orientierung am Lernendenbestimmt den Stoff und die Art der Vermittlung.

Wer hört mir zu?

Kinder (oder Erwachsene), denen wir, sei es in der Schu-le, sei es in der Gemeinde, heute von Gott erzählen wollen,bringen unterschiedliche Erfahrungen mit – dass Gottspricht, gehört in der Regel nicht dazu. Selbst wenn siegetauft sind und ein wenig religiöse Sozialisation mit imGepäck haben, ist ihr Umgang mit Gott auf Nischenbeschränkt – ein Sonntagsgott –; in die Schule und zumSpielen auf die Straße und in die Aktivitäten mit Freundenaber nehmen sie ihn eher nicht mit.

unverdient. Denn offenbar hat das persönliche Schicksalnichts, aber auch gar nichts mit Schuld und Strafe zu tun.Der Gott, der hier spricht, ist als Schöpfer mit der Bewah-rung der Schöpfung beschäftigt, mit kosmischen Zusam-menhängen. Die Menschen liebt und achtet er. Aber Höhenund Tiefen des individuellen Lebenswegs sind nicht seinWerk und jedenfalls nicht Ausdruck seiner belohnendenoder strafenden Hand. – Wiederum ein Deutungsversuch.Eine Antwort auf die Frage nach dem Leid in der Welt.

Reue und Erbarmen

(So spricht der Herr:) Ich habe dich einen kleinen Augen-blick verlassen, aber mit großer Barmherzigkeit will ichdich sammeln. Ich habe mein Angesicht im Augenblick desZorns ein wenig vor dir verborgen, aber mit ewiger Gnadewill ich mich deiner erbarmen … (Jesaja 54,7-8).Die Texte der Bibel, soviel sollte an dieser Stelle klar

sein, sind Zeugnisse des Nachdenkens über Gott und dieWelt. Und sie sind durchaus nicht einstimmig. Mich persön-lich fasziniert es daher umso mehr, dass ich einen Zug finde,der das Reden von Gott in allen seinen Facetten verbindet:Ob in den Ur- oder in den Vätergeschichten, ob beim Zugdurch die Wüste oder später im Exil – die Festlegungen aufje ein Deutungsmodell für Gott bleiben nie ungebrochen:Wo Gott angreift, kann er nachgeben, wo Gott straft, kanner vergeben, wo Gott seinem Zorn freien Lauf lässt, kanner bereuen und einlenken, oder – noch bemerkenswerter –sich besänftigen lassen. Abraham verhandelt mit Gott über Sodom. Mose tritt

zwischen den erzürnten Gott und das schuldige Volk.Dramatischer Höhepunkt: Gott verschont Ninive, obwohlder Prophet Jona – im krassen Gegensatz zur MittlerrolleAbrahams und Moses – ihm solches Erbarmen vehementausreden will: Das aber verdross Jona sehr und er wardzornig und betete zum HERRN und sprach: Ach, HERR, dasist’s ja, was ich dachte, als ich noch in meinem Lande war,weshalb ich auch eilends nach Tarsis fliehen wollte; dennich wusste, dass du gnädig, barmherzig, langmütig und vongroßer Güte bist und lässt dich des Übels gereuen. So nimmnun, HERR, meine Seele von mir; denn ich möchte liebertot sein als leben … (Jona 4,1-3).Woraufhin der Erzähler Gott „sich rechtfertigen“ lässt:

Dich jammert die Staude, um die du dich nicht gemüht hast,hast sie auch nicht aufgezogen, die in einer Nacht ward undin einer Nacht verdarb, und mich sollte nicht jammern Nini-ve, eine so große Stadt, in der mehr als hundertundzwan-zigtausend Menschen sind, die nicht wissen, was rechts oderlinks ist, dazu auch viele Tiere? (Jona 4,10-11).Es ist dieses Erbarmen, das dann im Neuen Testament

in Jesus Christus Gestalt, menschliche Gestalt annimmt.Deutungsversuche der Evangelisten wie des Paulus weisenin diese Richtung: Jesus ist gekommen, um die Menschenzu retten; Jesus stirbt, um die Menschen zu erlösen. OderJohannes: Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seineneingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben,nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.(Johannes 3,16).

„Können Tiere träumen?“, gemalt von Kristina Keuer (12 Jahre)

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„Reli ist ganz interessant“, sagt Kai (8); „aber das ist jaalles so weit weg. Früher hat Gott noch geredet. Heute machter das nicht mehr.“ Die Kinder von heute chatten im Inter-net, sie haben virtuelle Freunde und begleiten einanderonline – in den Rollen von Zauberern, Zwergen und Elfendurch albtraumhafte Welten und mörderische Abenteuer.Das heißt auch: Sie haben eine gewisse Übung darin, sozu leben „als ob“. „Ach, Mama“, sagt Tim (10), als ich michüber das neue Videospiel aufrege, das nur auf Kampfsze-nen hin konzipiert ist, „das macht doch einfach Spaß. Undwir wissen ja sowieso, es ist nicht echt.“ Wir wissen sowie-so, dass es nicht echt ist – und wie sollen sie wissen, dassdas, was wir von Gott erzählen, anders ist? Wenn auch bild-lich und annähernd, aber doch „echt“?

Wer bin ich, wenn ich erzähle?

Ich erzähle zunächst einmal nach: erzählte Geschichten,die, wie wir gesehen haben, Deutungen von Menschenenthalten und wiedergeben, die in einer anderen, weitentfernten Zeit, in einer anderen, weit entfernten Umweltunter anderen Bedingungen, Einflüssen und Vorstellungengelebt haben. Mit dem Erzähler der Geschichte, die ichnacherzählen will, verbindet mich der Wunsch, von Gottzu erzählen. Und zwar zu erzählen, dass Gott da ist, dasser zugewandt ist, dass er sich mit Menschen eingelassenhat und für ihr Leben bedeutsam gewesen ist. Mindestens.Vermutlich – wenn ich Religionspädagoge, Lehrerin,

Erzieherin, Haupt- oder Ehrenamtlicher in einer christlichenGemeinde bin – verbindet mich mit jenem fremden Erzäh-ler zudem der Glaube, dass Gott auch mir zugewandt ist,auch heute noch für das Leben von Menschen und für michpersönlich bedeutsam ist, dass er die Welt lenkt, damals wieheute. Mit Zorn und Liebe und immer wieder: Erbarmen.Wenn ich nun die alten Geschichten nacherzähle – mit

Treue zu dem, was da zu erzählen ist – denn es ist erlebtund erfahren worden und hat daher seine Bedeutung –, dannerzähle ich aber zugleich auch eine neue Geschichte,nämlich das, was ich mir bei dieser alten Geschichte denkeund wie ich darin Gott finde und was von ihm ich damitweitergeben will.

Das ist, wie es klingt, ein sehr komplexer Prozess – mitimmer wieder offenem Ende. Ich bin ein Nacherzähler,ein Vermittler und Übersetzer, aber auch ein neuer Zeugedessen, was (für mich) wahr ist.

Beide Fragen und Bedenken führen – bei mir jedenfalls– zu einer gehörigen Portion Respekt, die ich vor meinenHörerinnen und Hörern, meinem Stoff und meinem Auftraghabe. Sie sollen produktiv dazu führen, dass ich mir genauüberlege, was ich über Gott erzählen will und wie undwelche Deutung ich einbringen möchte bzw. verantwortenkann.In erster Linie heißt es: Ich kann mich nicht darauf

verlassen, dass die bildliche Rede – „Gott spricht“ und „Gottmacht“ – als das verstanden wird, was sie ist: nämlichDeutung. Ich muss annehmen, dass meine Hörermeinen, ich wollte ihnen etwas als „echt“ weismachen,was ihrer Erfahrung nach unmöglich „echt“ sein kann,und dass sie es deshalb ihren virtuellen Erfahrungenzuordnen.Ich bin nun mal kein allwissender Erzähler – und

sollte auch nicht als solcher auftreten. Das ist so nahe-liegend, dass es mich erstaunt, wie viele Erzähler bisheute in eben diese Falle tappen. In fast jeder Ausga-be biblischer Erzählungen steht ganz selbstverständ-lich geschrieben: „Gott sagt“, „Gott will“, „Gottschickt“. Ja, es erstaunt mich. Und es ärgert mich.Denn ich fürchte und erlebe: Es macht viel kaputt.Chancen werden verspielt, unnötig. Andererseits: DenDreh, wie das zu vermeiden ist, habe auch ich geradeerst für mich gefunden …

Einige konkrete Vorschläge

Nehmen wir Formulierungen, wie sie gern verwendetwerden: • Gott erlaubte den ersten Menschen, von jedem Baumim Garten zu essen, vom Baum der Erkenntnis aber zuessen, verbot er.

• Gott sandte eine große Flut.

Nun kann man diese direkte Redeweise natürlich umge-hen, indem man sich eine Rahmengeschichte ausdenkt; daswird immer wieder getan:Sara und Ruben etwa denken darüber nach, warum das

Leben manchmal so schwer ist – und dann erzählt der Groß-vater die Geschichte von Adam und Eva … – beziehungs-weise: Paul steht am Fenster und beobachtet den Regen undsagt zu seiner Mutter: Ob das wohl gar nicht wieder aufhört?– und dann erzählt die Mutter von der Sintflut und demRegenbogen …

Gott straft?

Einfacher ist es, einfach die Perspektive zu wechseln. Nicht:Gott sandte eine Flut, sondern: Es kam eine Flut. Und dieMenschen sagten: Die kommt bestimmt von Gott. Die

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„Können Tiere träumen?“, gemalt von Katinka van Kooten (11 Jahre)

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Menschen glaubten, dass Gott sie für ihre bösen Taten bestra-fen wollte … – So kann man dann auch mit den Kinderndarüber reden, ob Gott so etwas tun würde oder nicht. Undebenso am Ende dann der Regenbogen: Die Menschen sahenihn und atmeten auf. Das ist bestimmt ein Zeichen von Gott,sagten sie. Jetzt will er Frieden mit uns machen.Es wird deutlich: Durch solchen Perspektiven-

wechsel öffnet sich die Geschichte. Sie wird offen fürsGespräch, fürs Weiterdenken, auch und besonders füreigene Eintragungen und Erfahrungen der Hörenden/ Lesenden.Ein wenig schwerer fällt die Umformung in der

Paradiesgeschichte, aber wieder erweist sie sich alsgroßer Gewinn. Etwa so:

Da standen Bäume im Garten, von denen dieMenschen aßen. Nur an einen Baum trauten sie sichnicht heran; der stand in der Mitte des Gartens undsie dachten sich: Von dem essen wir lieber nicht. Dasist bestimmt verboten. Das wird Gottes besondererBaum sein, der ist ihm heilig.So kommt durch die beiden Personen die subjek-

tive Haltung zum Ausdruck: Adam und Eva rechnenmit Gott; indem sie glauben, dass Gott eine Grenze setzt,besteht diese Grenze und sie müssen sich damit auseinan-dersetzen. Die Geschichte könnte dann, das wäre meinVorschlag, (ohne Gottes Strafe und Fluch) damit enden,dass Adam und Eva nach dem Genuss der „bestimmt verbo-tenen“ Früchte sehen, dass sie nackt sind. – Und wir lassendie Kinder das deuten (Enttäuschung, Ernüchterung, Endedes unbefangenen Dahinlebens …).

Gott rettet!

Für Rettungstaten Gottes ist die neue subjektive Perspek-tive erst recht ergiebig: Sei es, dass Manna vom Himmelregnet, sei es, dass ein Weg gefunden, ein Feind geschla-gen wird. Das kann zunächst von außen so geschildertwerden, also wiederum nicht: „Gott lässt Manna regnen“,sondern schlicht: „Es regnet Manna.“ Und die Menschensagen dann im Rückblick: „Das war bestimmt Gott“ oderleichter: „Gott sei Dank“. So lernen Kinder heute Gott sehen:Sie blicken zurück und erkennen erleichtert: Das hatte jaSinn …Gottes Reue, die mir (s.o.) besonders am Herzen liegt,

lässt sich subjektiv erzählen, wenn wir dem Pfad folgen,den die Jona-Geschichte weist: Da ist einerseits der Prophet,der Unrecht wahrnimmt und anprangert und ganz sicherist: Das ist bestimmt gegen Gottes Willen. Der dann eineStrafe ankündigt und wartet, dass sie erfolgt. Und widerErwarten geht es für die so Bedrohten gut aus. Sie ändernsich, sie überleben. Es folgt die Deutung: „Natürlich warGott zornig“, sagt sich der Prophet. „Aber dann hat er sichbesänftigen lassen. Die Leute haben Einsicht gezeigt. Undprompt hat es Gott schon wieder leid getan. Denn immer-hin: Er hat sie ja geschaffen.“Das treibt Erzähler und Hörer zur eigenen Auseinan-

dersetzung: Kann der Prophet damit umgehen? Mit dieserInkonsequenz, dieser verschwenderischen Liebe Gottes?

– Und wir sind mitten im Neuen Testament. Wie ringt Jesusimmer wieder darum, dass Menschen dies verstehen: Dassin Gottes Reich allgemein Freude herrscht über jeden, derumkehrt, und nicht die Schadenfreude der Selbstgerech-ten über die, die es nicht geschafft haben …

Gott spricht

Das Leichteste zum Schluss – und da finden sich in denvorhandenen Erzählvorlagen bereits allerlei Versuche:Anstatt unvermittelt zu behaupten: „Gott spricht“, lässt sichentwickeln, dass der Protagonist auf einmal einen Einfallhatte (was heißt „Einfall“ anderes, als dass er auf einmaletwas denkt, was er vorher nie dachte – das wie von außenin ihn „hineingefallen“ ist!), einen „Drang“ spürte („Ichkonnte nicht anders, ich musste gehen …) – und wenn erdann entscheidet, die Konsequenzen zu ziehen, dann, weiler erkannte oder glaubte, das sei Gott gewesen, der da zuihm sprach. Und dass Gott es gut mit ihm meint. Das istdann Deutung, aber Deutung, die auch als solche kenntlichist. Und wiederum die Kinder zur Auseinandersetzungeinlädt und sie fragt: Glaubst du das auch?Ich bin überzeugt und habe es erlebt: Wenn man die

biblischen Geschichten so erzählt – nicht als scheinbarallwissender Erzähler, sondern als Deuter und Frager – dannerhalten die alten, fremden Geschichten auf einmal „offe-ne Stellen“, Zugänge. Dann tauchen die Kinder ein undlassen sich verwickeln. Und dann kann die existenzielleBedeutung deutlich werden, die virtuelle Märchenwelten,wie die Kinder sehr gut wissen, eben gerade nicht besitzen.

Dr. Martina Steinkühler ist Religionspädagogin und Verlags-lektorin für den Bereich Schule und Unterricht.

Anmerkung

* Ausführlicher und mit über 40 Erzählbeispielen: Martina Stein-kühler, Bibelgeschichten sind Lebensgeschichten, Göttingen 2011(erscheint in Kürze)

„Können Tiere träumen?“, gemalt von Johanna Schildmeyer (13 Jahre)

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These 1

Das Konstrukt „missionarische Bildungsangebote“beruht auf einem Kategorienfehler. Hier werden Kate-gorien zusammengeschlossen, die kategorial nebenei-nander stehen und nicht „kurzgeschlossen“ werdenkönnen.

In der Missionstheologie ist seit der Kehrtwende imVerständnis von Mission der zentrale Begriff der „missiodei“ bestimmend. Es geht hier um eine trinitarische Neu -begründung der Mission im Unterschied zu bisherigenekklesiozentrischen Missionskonzepten. Der DreieinigeGott und nicht die Kirche wird zum Subjekt der Mission.Kirche ist weder Subjekt, Ursprung und Ziel derMission. Die Teilhabe an der „missio dei“ kenn-zeichnet sie als Ganze.2Mission ist in dieser Bestim-mung ein „Strukturprinzip“ von Kirche und keingesonderter Handlungsbereich. Gleichzeitig ist dasVerständnis von Mission als „missio dei“ wenigerbinnenkirchlich orientiert, sondern ermöglicht eineAusrichtung hin zu einer Weltzugewandtheit (Doyè,2010, 5). Bildung ist ein Bereich kirchlichen Handelns.

Bildung ist in ihrer Bedeutung für die Zukunft vonKirche im Melanchthonjahr wiederholt ins Bewusst-sein gerückt worden. Gerade die protestantischenKirchen verstehen sich als eine Bildungsbewegung.Die Synode der EKD hat jüngst erklärt:

„Durch Bildung klären Menschen ihr Selbstver-ständnis und werden im Glauben sprachfähig.“(Synode der EKD, 2010, 2)

Anmerkung: Es bleibt zu fragen, inwieweit es sinnvollist, den Bildungsbegriff zu weiten, indem alle Lebens- undVollzugsformen im weiten gemeindepädagogischen Feldals Bildung ausgewiesen werden. An dieser Stelle ist die

Warnung vor einer „Überanstrengung“ des Bildungsbe-griffs nicht fehl am Platze.Bildung – und das ist das Verdienst der bildungstheo-

retischen Didaktik von Wolfgang Klafki – ist als ein „wech-selseitiges Erschlossensein von Welt und Person“ zu verste-hen. Es geht um die Erschließung von Zugängen zur Weltund der eigenen Person. Damit wird deutlich, dass Bildungnur im Zusammenhang bestimmter Inhalte möglich ist,diese aber nur subjektiv angeeignet werden können. Bildungdient damit der Subjektwerdung des Menschen, wobeiSubjektivität „nicht als solche, nicht als isolierte zum Prin-zip erhoben (wird). Sie wird vielmehr als eine an äußerenGegenständen sich bildende verstanden“ (Meyer-Blanck,2009, 106).

Bildung hat mit Lernprozessen zu tun. Diese ereignensich aber nicht nur im Vollzug didaktisch-methodischenLernarrangements.3 In diesem Sinne „geschieht“ Bildung.Sie ist ebenso wenig pädagogisch „machbar“, wie Glaube„gelernt“ werden kann. Was aber nicht heißt, dass nicht

Theologie für, mit und von Erwachsenen? Thesen zum Glaubenskurs-Diskurs aus religionspädagogischer Perspektive1

Von Friedhelm Kraft

„Können Tiere träumen?“, gemalt von Sarah Bu� ckmann (15 Jahre)

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grundsätzlich

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Lernprozesse sehr wohl als Anbahnung bzw. Wegbereitungvon Bildung sowie von Glauben verstanden werden können.Dennoch gilt: Mission und Bildung stehen kategorial

nebeneinander. Wer beide Begriffe „kurzschließt“, unter-scheidet sich sprachlogisch nicht von einer Argumentati-on, in der z. B. der priesterliche Schöpfungsbericht als einModell der Welterklärung bezeichnet wird. Auch hier liegtein Kategorienfehler vor: Naturwissenschaft und Schöp-fungsglaube lassen sich nicht in dieser Weise kategorial„verklammern“.

These 2

Die Unterscheidung von Mission und Evangelisation istentscheidend, um einer Engführung von Mission undeiner Funktionalisierung von Bildung im Rahmen„missionarischer Bildungsangebote“ zu entgehen.

Mission als „missio dei“ ist in diesem Sinne der weitereBegriff, Evangelisation ist enger zu fassen. Die Synoden-ausarbeitung der Rheinischen Landeskirche „Missionari-sche Volkskirche sein – Entwicklung und Umsetzung einerLeitvorstellung“ bestimmt Evangelisation wie folgt:

„Evangelisation meint die Betonung des Zeugnisses inForm einer elementaren, einladenden und zum Glaubenführenden Verkündigung des Evangeliums. Letztere geschiehtnicht nur in besonderen Evangelisationsveranstaltungen,sondern im Prozess des Gemeindelebens.“ (Landessyno-de Rheinland, 2010, 5)

Die Erklärung des Rates der Gemeinschaft Europäi-scher Kirchen in Europa bezeichnet mit Evangelisationdenjenigen Aspekt von Mission, bei dem „Menschen expli-zit zu Christus (ge)rufen“ werden, während zur Missionauch das „implizite Christuszeugnis“ gehört. Evangelisie-ren verfolgt daher explizit das Ziel, „Glauben zu weckenund zu vergewissern“ (ebd.). Die Differenzierung von Mission und Evangelisation

hat Folgen für die Verhältnisbestimmung von Mission undBildung. Evangelisation als „Hauptstrategie“ einer missio-narischen Kirche bedeutet eine Verengung des Missions-verständnisses. Mission im Sinne von Evangelisation kannnicht als „Bildung“ ausgewiesen werden. Evangelisationverfolgt explizit andere Ziele als Bildung. Evangelisationwill gewinnen und überzeugen, ist also funktional bestimmt.Bildung dagegen „kann nur dann funktional sein, wenn sienicht nur funktional ist“ (Helmut Peukert). Diese Erkennt-nis aus dem allgemeinen Bildungsdiskurs gilt ebenso fürdie Frage der religiösen Bildung. Hier ist eine Spannunggesetzt, die sich nicht auflösen lässt, auch nicht durch eineOkkupation des Bildungsbegriffs. Wer wie Michael Herbst formuliert „Bildung hat eine

missionarische Dimension und wird der missionarischenIntention Raum geben. Insofern missioniert Bildung, wennsie evangelisch ist.“ (Herbst, 2009, 173), koppelt sich nichtnur von Standards missionstheologischer Argumentationab. Er wird zudem kaum als seriöser Partner im Bildungs-diskurs Gehör finden. Von der Sache her müsste Herbst stattvon Mission von Evangelisation sprechen. Aber die Redevon einer „bildenden“ Evangelisation oder einer „evange-lisierenden“ Bildung klingt nicht nur absurd, sie ist sprach-logisch kaum zu begründen.Demgegenüber bleibt festzuhalten: Bildung – wie auch

religiöse Bildung – hat ihre kritische Pointe in der prinzi-piellen Vorrangstellung des Subjektes in Prozessen derVermittlung und Aneignung.

These 3

Glaubenskurse, die in einem Verständnis von Evange-lisation gründen, bilden kirchliche Bildungsverantwor-tung nur unzureichend ab. Gemeindepädagogische Ange-bote zum „Glauben und Verstehen“ sind als Bildungs-aufgabe zu begreifen.

Theologisches Wissen und Erfahrungen christlicher Lebens-praxis gehören nicht mehr zum selbstverständlichen Bestanddes Aufwachsens. Die „Wiederentdeckung der Religion“geht einher mit einem „massenhaften Gewohnheitsatheis-mus“ (Ulrich H.J. Körtner). Auch bei Menschen, die vonsich aus den Kontakt zur Kirche suchen, besteht vielfachdas Bedürfnis nach theologischer Klärung und Vergewis-serung. Glaubenskurse „als zeitgemäße Form der Glaubens-lehre für Erwachsene“ (Götz Häuser) haben auf diesesBedürfnis reagiert, zugleich stellen sie eine Reaktion aufdie (Neu-)entdeckung des Missionsthemas dar. Gleichwohlbleibt die Frage, inwiefern Glaubenskurse als „Bildungs-

„Können Tiere träumen?“, gemalt von Svenja Schmidt (8 Jahre)

Loccumer Pelikan 1/11

grundsätzlich

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angebote“ verstanden werden können. Die Antwort isternüchternd. Karl Ernst Nipkow formuliert:

„Ob sie (die Glaubenskurse, F.K.) zu „Bildung“ beitra-gen, ist schwer zu ermessen. Die behandelten Kurse gehenauf Begriff und Sache religiöser Bildung nicht ein.“(Nipkow,2007, 81)

Nipkow stellt im Anschluss an die Untersuchung vonJens Martin Sautter fest:

„Die Kurse sind gegenüber akademischer Theologiereserviert. Am stärksten springt die Herabsetzung diskur-siver religiöser Auseinandersetzung ins Auge; von einerinterreligiösen Glaubensbildung ist gar nicht die Rede.Hierzu passend wird stattdessen durchweg das emotiona-le und gemeinschaftliche im christlichen Kreis bestimmt.“(Ebd., 90)

Die Frage aber bleibt: Was macht einen Glaubenskurszum Bildungsangebot? Anders gefragt: Welche Kriterienbietet der Bildungsbegriff zur Wahrnehmung und Beurtei-lung von Glaubenskursen? Oder: Wie lassen sich Merkma-le eines „guten“ Glaubenskurses bestimmen? Götz Häuserunterscheidet in seiner Analyse ausgewählter Glaubenskur-se zwei Hauptrichtungen: Kurse, die zum Glauben einla-den, zu einer persönlichen Glaubensentscheidung hinfüh-ren wollen, und Kurse, die als Einführung in Themen deschristlichen Glaubens das „Element der Selbstbildung“ inden Vordergrund stellen (Häuser, 2004, 93).In eine ähnliche Richtung weist auch die Argumentati-

on von Beate Hofmann. Hofmann nimmt in der Debatte umGlaubenskurse zwei verschiedene „Paradigmen“ wahr, diesie begrifflich in „Hermeneutik der Vermittlung“ und„Hermeneutik der Verständigung“ unterscheidet (Hofmann,2008, 22f.).

These 4

Glaubenskurse, die sich als Bildungsangebote verste-hen, sind prinzipiell anschlussfähig an religionspädago-gische Diskurse, in denen religiöses Lernen auf spezifi-sche Kompetenzen ausgerichtet ist.

In der Religionspädagogik ist Bildung der Leitbegriff, derunterschiedliche Lernorte – wie Gemeinde und Schule –umfasst (Nipkow, 1990). Damit gilt, dass Herausforderun-gen sowie Aufgabenbeschreibungen grundsätzlich theolo-gisch wie pädagogisch zu verantworten und zu reflektierensind. Glaubenskurse, die sich ausschließlich theologischbegründen, können nicht als Bildung ausgewiesen werden. Bildungsangebote zum „Glauben und Verstehen“ zielen

auf Fähigkeiten, in denen Erwachsene in ihrem Glaubensprachfähig werden und den eigenen Glauben „denken,feiern und erproben“ (Keßler/ Doyè, 2010). Diese Fähig-keiten lassen sich systematisch als Kompetenzen religiö-ser Bildung ausweisen. In der Religionspädagogik bildetdas im Anschluss an Ulrich Hemel konzipierte Modell der„Dimensionen der Erschließung von Religion“ eine kon -sensfähige Grundlage. Mit den Stichworten Perzeption(wahrnehmen/be schreiben), Kognition (verstehen/deu -ten), Performanz (gestalten/handeln), Interaktion (kom -munizieren/urteilen) und Partizipation (teilhaben/ent -scheiden) werden Erschließungsdimensionen genannt,die für religiöse Lernprozesse unverzichtbar sind (Fischer/Elsenbast, 2006). Entscheidend ist für dieses Kompetenzmodell: Es ist

einerseits aus der Perspektive der Lernenden formu-liert, da Kompetenzen Fähigkeiten von Subjekten imBlick auf spezifische Inhalte (Domänen) beschreiben.Andererseits können die Dimensionen der Erschließungvon Religion nicht gegeneinander „ausgespielt“ werden,vielmehr bedingen sie sich gegenseitig und sind für reli-giöse Lernprozesse unverzichtbar.Bildungsangebote am Lernort Gemeinde – aber auch

am Lernort Schule – müssen prinzipiell offen sein fürjede der aufgeführten Dimensionen religiöser Bildung. Inso-fern sind Glaubenskurse als Bildungsangebot wenig geeig-net, wenn sie lediglich „das emotionale und gemeinschafts-bezogene Erleben im christlichen Kreis“ (Nipkow, 2007,90) in den Mittelpunkt stellen.Das Modell „grundlegender Kompetenzen“ religiöser

Bildung ist in religionspädagogischer Perspektive tragfä-higer als die so genannten Standards evangelischer Erwach-senenbildung – Zielgruppen-, Lebenswelt-, Prozess-, Pro -blem- und Subjektorientierung (Hofmann, 2008, 26) –, dadiese eher formale pädagogische Grundsätze beschreiben,während Kompetenzen domänenspezifisch verstandenwerden. Mit anderen Worten: Kompetenzen beschreibenFähigkeiten, erworbenes Wissen und Können selbständiganzuwenden. Dies erfolgt im Blick auf spezifische Inhal-te bzw. Weltzugänge.

These 5

Der Bildungsdiskurs öffnet den pädagogischen Blickfür Lernprozesse, in denen „didaktisches Denken“ zumTragen kommt. Eine Didaktik für einen „gebildetenGlauben“ nimmt Ansätze auf, die in besonderer Weisein der performativen Religionspädagogik und in derKinder- und Jugendtheologie entfaltet worden sind.

„Können Tiere träumen?“, gemalt von Thomas Hoffmann (11 Jahre)

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grundsätzlich

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Kinder- und Jugendtheologie und performativer Religions-unterricht haben sich als innovative religionsdidaktischeKonzepte in die jüngste religionspädagogische Debattenachhaltig eingetragen. Der religionsdidaktische Ansatz„Theologisieren mit Kindern und Jugendlichen“ hat einebreite und fruchtbare theoretische Diskussion und empiri-sche Forschung ausgelöst, die weit über den Rahmen einesdidaktischen Konzepts hinausgeht. Viel grundsätzlicher istin den Blick genommen, dass Kinder und Jugendliche einesehr eigenständige Art und Weise haben, über Gott unddie Welt nachzudenken, das Leben und Religion wahrzu-nehmen. „Theologisieren“ als eine Form der Aneignungvon Religion ist für religiöses Lernen unverzichtbar gewor-den, das auf eine hermeneutische Kompetenz ausgerichtetist und daher auf theologische Argumentationsfähigkeit undreligiöse Urteilsfähigkeit zielt. Unter der Überschrift „perfor-mative Religionsdidaktik“ ist die Bedeutung der Praxis vonReligion für das Gelingen religiöser Lernprozesse in dasZentrum der Aufmerksamkeit gerückt. In performativerPerspektive haben die Frage nach gelebter Religion und dieBegegnung mit „authentischer“ Religion einen unverzicht-baren Stellenwert, da christlicher Glaube erst einmal eine„Praxis“ ist, eine spezifische Lebensführung, an die sichquasi „(sekundär) theologische Lehre an(schließt)“ (Dress-ler, 2007, 175). Die performative Religionsdidaktik willRäume für „Probedenken“ und „Probehandeln“ eröffnenund den christlichen Glauben gleichsam im „religiösen Voll-zug“ erschließen. Grundlegend ist dabei „das Ineinandervon (probeweiser) Teilnahme an (experimentellen) reli-giösen Vollzügen und der didaktischen Inszenierung vonMöglichkeiten reflexiv-distanzierten Bezugs auf diese Voll-züge“ (ebd. 178).4 Das Wechselspiel von „teilnehmenderBeobachtung“ und „beobachtender Teilnahme“ führt zureligiösen Lernprozessen, die auf einen „gebildeten Glau-ben“ zielen. Die Kinder- und Jugendtheologie ist in besonderer Weise

an den eigenständigen Konstruktionen und Deutungen derKinder und Jugendlichen interessiert. Sie kann zeigen, dassKinder und Jugendliche eine eigenständige Theologie haben,die sich von einer „Erwachsenentheologie“ unterscheidet.Insofern haben Kinder und Jugendliche „theologische“ und„philosophische“ Kompetenzen, die es wahrzunehmen undzu fördern gilt. Bildungsangebote zum „Glauben und Verste-hen“ können hier anknüpfen. Auch Erwachsene bringenihre eigenen Deutungen und Konstruktionen mit. Erwach-sene haben – wie Kinder und Jugendliche – „theologische“und „philosophische“ Kompetenzen, die es wahrzunehmenund zu fördern gilt. „Theologisieren“ als didaktisches Leit-bild gilt es auch im Raum der „Gemeindebildung“ zu entfal-ten. Insofern müssen Bildungsangebote zum „Glauben undVerstehen“ sich auf eine „Theologie für, mit und von Er -wachsenen“ beziehen. Christlicher Glaube gründet auf das „Christusereignis“.

Er lebt davon, dass dieses Ereignis in konkreten Handlun-gen erinnert und vergegenwärtigt wird (ebd. 180). In diesemSinne ist Gemeinde ein Ort „gelebter Religion“. Bildungs-angebote zum „Glauben und Verstehen“ entfalten Elemen-

te einer performativen Didaktik, ohne dass Glaube auf„emotionales und gemeinschaftliches Erleben“ reduziertwird.

Dr. Friedhelm Kraft ist Rektor des ReligionspädagogischenInstituts Loccum.

Anmerkungen

1 Das Haus kirchlicher Dienste veranstaltete am 15. November2010 ein Hearing zum Thema „Mission und Bildung – ein span-nungsvolles Begriffspaar“. In dem folgenden Thesenpapier werdenkritische Anmerkungen zur Debatte um „missionarische Bildungs-angebote“ formuliert.

2 „Die Evangelische Kirche im Rheinland hat Teil an Gottes„Missio“, seinem Handeln für die Welt und an seiner Leidenschaftfür die Menschen – mit der ganzen Breite ihres Auftrags in Gestaltvon Dienst (Diakonia), Gemeinschaft (Koinonia), Gottesdienst(Leiturgia), Zeugnis (Martyria) und im Einsatz für Gerechtigkeit,Frieden und Bewahrung der Schöpfung.“ Missionarische Volks-kirche sein – Entwicklung und Umsetzung einer Leitvorstel-lung. Beschluss der Landessynode im Rheinland vom 15.1.2010,5.

3 Hier ist an das Zusammenwirken von formaler, informeller undnon-formaler Bildung zu erinnern.

4 Dressler unterscheidet kategorial Religion und Glaube, insofernReligion die lernbaren Aspekte des christlichen Glaubens bezeich-net, während Glaube den unverfügbaren Vertrauensglauben meint.

Literatur

Doyè, G. (2010), Bildung und Mission zwei gemeindepädagogischePerspektiven einer Kirche im 21. Jahrhundert. Vortrag zur akade-mischen Verabschiedung am 8. Juni 2010 – EHB (unveröffent-lichtes Manuskript).

Dressler, B. (2007), Religion im Vollzug erschließen! Performanzund religiöse Bildung in der Gemeinde, in: Bildung und Gemein-deentwicklung, hrsg. v. H. Rupp / Ch. Th. Scheilke, Stuttgart.

Fischer, D. / Elsenbast, V. (Hg.) (2006), Grundlegende Kompetenzenreligiöser Bildung. Zur Entwicklung des evangelischen Religi-onsunterrichts durch Bildungsstandards für den Anschluss derSekundarstufe I, Münster.

Häuser, G. (2004), Einfach vom Glauben reden. Glaubenskurse alszeitgemäße Form der Glaubenslehre für Erwachsene, Neukir-chen-Vluyn.

Hofmann, B. (2008), Erwachsen glauben, in: epd Dokumentation 31,Frankfurt a. M. 22. Juli.

Herbst, M. (2009), Bildsame Mission – Missionarische Bildung?, in:Bildung und Mission. Festschrift für Jörg Ohlemacher, hrsg. v.M. Herbst u.a., Frankfurt a. M.

Keßler, H. / Doyè, G. (Hg.) (2010), Den Glauben denken, feiern underproben. Erfolgreiche Wege der Gemeindepädagogik, Leipzig.

Meyer-Blanck, M. (2009), Glauben – Verstehen – Leben: DerBildungsauftrag der Kirche in Konfirmandenarbeit, Religions-unterricht und Familien, in: Zeitumstände: Bildung und Mission.Festschrift für J. Ohlemacher, hrsg. v. M. Herbst u.a., Frankfurta. M.

Missionarische Volkskirche sein – Entwicklung und Umsetzungeiner Leitvorstellung. Beschluss der Landessynode im Rheinlandvom 15.1.2010.

„Niemand darf verloren gehen“ – Evangelisches Plädoyer für mehrBildungsgerechtigkeit. Entwurf für eine Kundgebung der 11.Synode der EKD auf ihrer Tagung vom 7.-10. Nov. 2010.

Nipkow, K.E. (2007), Gemeindeentwicklung – Bildung – Glaubens-kurse, in: Bildung und Gemeindeentwicklung, hrsg. v. H. Rupp/Ch. Th. Scheilke, Stuttgart.

Nipkow, K. E. (1990), Bildung als Lebensbegleitung und Erneue-rung. Kirchliche Bildungsverantwortung in Gemeinde, Schuleund Gesellschaft, Gütersloh.

Loccumer Pelikan 1/11

kontrovers

Wenn Jesus ablästert: „Hey, ihr müsst echt vollaufpassen, dass ihr nicht so werdet wie die reli-giösen Profis, diese Pharisäer und TheologIn-

nen“, dann löst das Befremdung aus. Es gibt andere Text-passagen der Volxbibel, die einfach nur eine Zumutung sind.Aber wo steht geschrieben, dass man Konfirmanden undKonfirmandinnen nichts zumuten darf? Die Volxbibelfordert ihre Leserinnen und Leser heraus, sie emotionali-siert, regt auf und begeistert. Sie lässt nicht gleichgültig.Regelmäßig besuche ich Konfirmandengruppen in

Niedersachsen, um mir von den Jugendlichen ihre liebstenBibelsprüche aus der Volxbibel-Übersetzung vorlesen undihre Wahl begründen zu lassen. Die dabei entste-henden Aufnahmen werden später als Serie vonHörfunk-Spots bei radio ffn gesendet. Die Erklä-rung, warum einem gerade dieser eine Vers etwassagt, ist erfahrungsgemäß das Schwierigste. DieAntwort fällt leichter, wenn der Text Situationenund Themen aus der Lebenswelt der Jugendli-chen aufgreift, wie es die Volxbibel tut. Noch wichtiger scheint mir aber die Ausein -

andersetzung mit dem Text zu sein, gerade auchmit sperrigen Passagen. Eine Konfirmanden-gruppe stieß sich an dem Begriff „Halogenlam-pe“ als Synonym für „Licht der Welt“. AndereJugendliche finden gerade diese Bezeichnunggenau passend für das, was sie sich unter JesuWirkung vorstellen.Bevor ich mit meinem Aufnahmegerät in den

Unterricht komme, suchen sich die meisten ihrenLieblingsvers aus der Lutherbibel aus. Wenn sieihn dann das erste Mal in der Volxbibel-Übersetzung hören,stutzen manche, überlegen und erklären mir, dass sie ihnso nicht mehr als ihren Lieblingsspruch bezeichnen können.

Dann suchen wir nach einem neuen. Oder wir lesen beideÜbersetzungen und die Jugendlichen legen dar, warum siedie eine mehr anspricht als die andere. Mehr kann ich mirvon Zwölf- bis 14-Jährigen gar nicht wünschen, geschwei-ge denn erwarten.Die Volxbibel ist kein Ersatz für den Luther-Text. Gera-

de zum Auswändiglernen und zur Verständigung zwischenden Generationen eignen sich die vertrauten Worte besser.Aber es kann nie schaden zu schauen, wie man eine Ge -schichte auch lesen kann. Und sei es nur, um sich kritischdavon abzusetzen.

Katja Jacob ist Redakteurin beim Evangelischen Kirchen-funk Niedersachsen in Hannover.

kontrovers

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Die Volxbibel fordert ihre Leserinnenund Leser herausWelche Bibel für den Konfirmandenunterricht? – pro Volxbibel

Von Katja Jacob

„Können Tiere träumen?“, gemalt von Helena Presler (10 Jahre)

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Der Herr ist mein Hirte.“ „Euch ist heute der Heilandgeboren.“ „Und Saul ging hinein, um seine Füßezu decken.“

Sonntag. 10 Uhr. Ein Kirchenvorsteher liest eine Epis-tel. Er liest die Lutherübersetzung. Was werden die anwe-senden Konfirmandinnen und Konfirmanden verstehen?Sie begegnen einer Sprachwelt, die ihnen aus dem Unter-richt vertraut ist, sie finden Bibelworte aus dem Unter-richt im Gottesdienst wieder. Die gottesdienstliche Funk-tion biblischer Texte ist ein wichtiges Kriterium in der Frage,welche Bibelübersetzung dem Unterricht in der Regelzugrunde liegt. Solange die Lutherübersetzung im gottes-dienstlichen Kontext gebräuchlich ist und die Konfirman-dinnen und Konfirmanden in das gottesdienstliche Gesche-hen integriert werden sollen, wird an der guten altenLutherübersetzung kaum ein Weg vorbei führen.Gut. Und alt. Und bestimmt ungewohnt und altbacken

für jüngere Ohren. „Verstehst du, was du liest?“ Konfir-mandinnen und Konfirmanden werden nicht immer nicken.Mutmaßlich: unmittelbares Unverständnis, in dem ichjedoch kreative und didaktische Potenziale der Lutherüber-setzung sehe. Die Zumutung religiösen Lernens liegt in derBegegnung mit einer fremden Wirklichkeit und deren frem-der Sprachwelt. Gerade die Fremdheit, die herausfordertund zur Reaktion provoziert, weckt Neugier und produziertAha-Erlebnisse. Die Lutherbibel ist weniger das Ziel,sondern der Ausgangspunkt der religionspädagogischenArbeit. Religion ist Arbeit, religiöses Lernen ebenso. Es istein Akt der Wertschätzung, jungen Erwachsenen das nichtzu ersparen. Eine Bibelübersetzung darf Religion nichtmöglichst billig machen, sondern muss einen Aneignungs-prozess initiieren. Auf dem Weg zum Verstehen werden dieJugendlichen eine bessere – ihre – Übersetzung finden. Erstin ihren Worten und ihrer Sprache ausgesprochen ist etwaswirklich ihr Eigentum. Diese aneignende Arbeit bedarf einesexternen Impulses, ist aber unvertretbar. Anbiedernde Über-setzungen unterstellen Faulheit und leiten nicht zur religiö-sen Arbeit an.

So sehr Luther dem Volk aufs Maul geschaut hat, eben-so sehr hat er eine plumpe Wiederholung des spezifischenIdioms der Zeitgenossen, eine Anbiederung, vermieden:Saul geht hin und deckt seine Füße (1Sam 24,4). Konfir-manden sind sehr sensibel für falsche Augenhöhe und aufge-setzte Jugendlichkeit. Mit der Lutherübersetzung wird ihneneine elementare und lebenssatte Sprache zugemutet – aller-dings ohne kumpelhaften Gestus. Sie können sich an ihr reiben, und damit gibt die Luther-

bibel den Startschuss für Aneignungsprozesse. Wenn ichmich als Konfirmand an den Worten „Heiland“ und „Hirte“gestoßen und meine Übersetzung gefunden habe, dann wirdder Einsatz der Lutherbibel ein nachhaltiges Ergebnis bewir-ken. Nachhaltig, weil selbst erarbeitet. Dass „der Herr meinHirte“ ist, mag in jeder Hinsicht ein fremdes Sprachspielsein. Aber es wird, wenn ich diese Worte im Unterricht leseund ihnen meinen Klang unterlege, eine weitreichendeBewegung, eine kleine Performance entstehen. Ich kannin Psalm 23 hineinkriechen, ohne zu verstehen, was eigent-lich ein „Stecken“ ist. Ich kann den Psalm – gar nicht stumpf– abschreiben (auf kostbares Pergament) und erahne denWert dessen, was ich da in der Hand halte. Vielleicht stau-ne ich als Konfirmand auch, wenn ich am Sonntag regis-triere, mit welchem Schwung und welcher Andacht dieserPsalm mit den Worten, die auch ich im Unterricht nachge-kaut habe, gelesen und gebetet wird.Die deutsche Bibelgesellschaft hat jüngst das Neue

Testament nach Luther in einer wasserfesten Ausgabeherausgegeben (ISBN: 978-3-438-02316-2): Eine Bibel,die extremen Witterungsverhältnissen stand hält. Eine Bibel,die bereit für jeden Einsatz ist, die selbst dann noch trägt,wenn „das Wasser mir bis an die Kehle“ geht (Ps 69,2). DieLutherübersetzung ist eine derart robuste Übersetzung, dasswir sie aus der Hand und Jugendlichen in die Hand gebenkönnen.

Dr. Florian Schneider ist Pastor in der Lutherkirchenge-meinde Neu Wulmstorf.

kontrovers

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Die Lutherbibel – eine robuste Übersetzung mit ReibungsflächenWelche Bibel für den Konfirmandenunterricht? – pro Lutherbibel

Von Florian Schneider

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Wer nach der Besonderheit Jesu fragt, lässt sichauf das „Abenteuer“ Christologie ein. Hier gehtes um die Entdeckung eines Geheimnisses,

genauer um die Beschäftigung mit einem Geheimnisträger.Jesus als der Christus ist das „Geheimnis Gottes“ (ManfredHaller) und die Auseinandersetzung mit diesem Geheim-nis ist eine Reise in ein weites, offenes Land. In der chris-tologischen Reise in das Land des Glaubens, der Erschlie-ßung von Wirklichkeit als Deutung von Lebenszusammen-hängen geht es weniger um die Übernahme von Glaubens-bzw. Bekenntnissätzen in geprägter Sprache, als um dieFrage „Wer ist Jesus für mich? Welche Bedeutung hat erfür uns heute?“ Die Frage „Wer ist Jesus für mich?“ unterscheidet sich

von der Frage „Wer war Jesus von Nazareth?“ Auch dieseFrage hat ihre Berechtigung. Die Auseinandersetzung mitJesus, sein Wirken spricht bis heute viele Menschen an. Siesehen in Jesus einen herausragenden Menschen, dessenethisches Handeln und die Konsequenz seines Lebenswe-ges mit Respekt und Wertschätzung betrachtet werden. Werin Jesus vorrangig ein Vorbild der Liebe und Gewaltlosig-keit sieht, vertritt eine „Jesulogie“. Mit diesem Begriff wirdder Unterschied zur „Christologie“ markiert. Eine „Jesulo-gie“ betont den „ethischen“ Jesus, die „Christologie“ siehtin Jesus das „Geheimnis Gottes“. Die „Jesulogie“ siehtJesus als Menschen, die „Christologie“ fragt nach derZusammengehörigkeit von Jesus und Gott.Die folgende Unterrichtssequenz – beschrieben werden

zwei Unterrichtstunden – stellt christologische Fragestel-lungen in den Mittelpunkt. Es geht daher weniger um dieFrage „Wer ist dieser Mann aus Nazareth?“, als vielmehrum die Frage „Welche Bedeutung hat sein Wirken?“ Wernach der Relevanz der Botschaft Jesu fragt, denkt die eige-ne Person als Adressat dieser Botschaft mit. Schülerinnenund Schüler einer vierten Klasse können zwar sehr wohlVergangenheit und Gegenwart unterscheiden, dennoch ist

ihnen die Trennung zwischen dem historischen Jesus unddem auferstandenen Christus fremd. Ihr christologischesBild von Jesus zielt auf Vergegenwärtigung. Die Leitfra-ge der Unterrichtssequenz steht unter der Überschrift „Wasist das Besondere an Jesus?“. Wir betreten mit den Schü-lerinnen und Schülern der vierten Klasse den Lernwegeiner narrativen Christologie. Eine narrative Christologieknüpft an Ereignisse im Leben Jesu an. Aber nicht das„historische“ Ereignis als solches, sondern die Bedeu-tung des Geschehenen für uns heute bildet den Fokus. Wernach Bedeutungen von Ereignissen fragt, begibt sich inden (Lern-)Raum des „Theologisierens“. Folglich hat dastheologische Gespräch mit den Schülerinnen und Schülerneinen besonderen Stellenwert auch in dieser Unterrichts-sequenz.

Jesus „öffnet“ Augen

Didaktisch-methodische Überlegungen

In dieser Stunde steht eines der zentralen „Ich-bin-Worte“im Zentrum des Unterrichts. Wir wollen mit den Schüle-rinnen und Schülern die im Johannesevangelium überlie-ferte Aussage Jesu „Ich bin das Licht der Welt“ in der narra-tiven Verknüpfung mit der Heilungsgeschichte einesBlindgeborenen erarbeiten.2 Dabei sollen „Ich-bin-Wort“und Wundererzählung in wechselseitiger Bezogenheiterschlossen werden. Weiterhin sollen die Schülerinnen undSchüler mit dem metaphorischen Charakter eines „Ich-bin-Wortes“ vertraut gemacht werden. Indem sie zu dem Satz„Ich bin das Licht der Welt“ eine eigene Geschichte schrei-ben, verbinden sich Metaphorik und Narrativität zu einereigenen „Erzählung“. Mit dieser Übertragungsleistung solldas christologische Denken der Schülerinnen und Schülerevoziert werden.

praktisch

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praktisch

Abenteuer Christologie – Oder: Was ist das Besondere an Jesus?Auszüge aus einer Unterrichtsreihe1

Von Friedhelm Kraft

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Stundenverlauf

Wir beginnen die Stunde mit einer Kerzenmeditation. DieSchülerinnen und Schüler blicken in eine Kerze und been-den nach einer Stillephase den Satz „Das Licht der Kerzeist für mich wie …“Nach dieser Übung in metaphorischem Sprechen wird

ein Plakat mit dem Satz Jesu „Ich bin das Licht der Welt“in die Mitte des Stuhlkreises gelegt. Die Schülerinnen undSchüler überlegen, was dieser Satz bedeuten und für wener in besonderer Weise gemeint sein könnte. Wir erzählen die Geschichte der Blindenheilung nach

Johannes 9, 1-11 im Sinne einer biblischen „Verständnis-hilfe“ des „Ich-bin-Wortes“. Die Schülerinnen und Schü-ler erläutern, in welcher Weise von der Erzählung ein Zugangzu dem „Ich-bin-Wort“ möglich ist. Sie erörtern die Frage-stellung, ob das Jesuswort lediglich für Blindgeborene eineBedeutung gewinnen kann. Im darauf folgenden Unter-richtsschritt schreiben die Schülerinnen und Schüler eineeigene Geschichte zu der Aussage Jesu „Ich bin das Lichtder Welt“.

Eindrücke aus der Praxis

Die „Kerzenmeditation“ stimuliert die sprachspielerischenKompetenzen der Schülerinnen und Schüler. Sie habenkeine Mühe, den Satz „Das Licht der Kerze ist für mich wie…“ zu beenden:• „ … wie die Sonne, die mir auf den Rücken scheint.“ • „ … wie ein feuriger Wirbelsturm.“• „ … wie die Sonne an heißen Tagen.“• „ … wie ein großer Stern am Himmel.“• „ … wie das Leben von Gott.“• „ … wie ein weiches, warmes Handtuch.“• „ … wie die weichen Haare meiner Schwester.“• „ … wie das Flackern in meinem Herzen.“• „ … wie der kleine Hund meines Bruders.“

Die Sätze verdeutlichen, dass Schülerinnen und Schü-ler einer vierten Klasse unterschiedliche Sprechweisenverwenden können. Sie wissen, dass von „Licht“ auch ineinem übertragenen Sinne gesprochen werden kann. Sieentwerfen Sprachbilder, in denen sich ihre Fähigkeit zumetaphorischen Sprechweisen ausdrückt. Diese Fähigkeitstellen sie ebenso in ihren Deutungen des „Ich-bin-Wortes“unter Beweis. Der Satz Jesu „Ich bin das Licht der Welt“wird wie folgt übertragen:• „Jesus passt auf alle Menschen auf.“• „Jesus ist das Herz der Welt, weil er die Welt erschaf-

fen hat.“ • „Er macht die dunklen Ecken im Herzen wieder hell.“ • „Er hält das Böse ab mit Licht.“

Auch in den „Geschichten“ der Schülerinnen und Schü-ler spiegelt sich das Spiel zwischen Metaphorik und Narra-tivität wider. Sie übertragen das „Ich-bin-Wort“ in Formvon eigenen „biblischen“ Heilungs- und Wundererzählun-gen, in denen Jesus als Wunderheiler im Mittelpunkt steht.

Einige Schülerinnen und Schüler integrieren kunstvolldas „Ich-bin-Wort“ in ihre Erzählungen. Im Sinne der Unter-suchung von Anke Pfeifer sind die metaphorischen Verste-hensleistungen und -deutungskonstrukte der Schülerinnenund Schüler als „Verstehensansätze“ einzuordnen, die offenbleiben für „zukünftiges Nachdenken und Verknüpfungenmit der eigenen Lebenssituation“3.

Ich sehe etwas, was du nicht siehst

Didaktisch-methodische Überlegungen

Im Zentrum der Stunde stehen zwei Sätze aus der Emmaus-erzählung: „Da gingen ihnen endlich die Augen auf. Dochim selben Augenblick war er nicht mehr zu sehen“. DieseSätze verweisen auf eine neue Erfahrung von Wirklichkeit.Auch in dieser Erzählung „öffnet“ Jesus Augen. Aber dieBegegnung mit Jesus ist hier ein Verweis auf den aufer-standenen Christus. Eine Erzählung, die unsere Sehgewohn-heiten in Frage stellt. Lässt sich Wirklichkeit in unterschied-licher Weise wahrnehmen? Wie gehen Kinder mit unter-schiedlichen Erfahrungen von Wirklichkeit um? Ziel derStunde ist es, Verständnis dafür zu wecken, dass Wirklich-keit mehrdimensional erfahren werden kann. Für den eindi-mensionalen Zugang zur Wirklichkeit ist Jesus als der Chris-tus ein Ereignis der Vergangenheit. Christologisches Denkenvollzieht sich in der Spannung von Vergangenheit und Verge-genwärtigung. Daher stellt sich die Frage, ob Jesus, auchwenn wir ihn nicht sehen können, trotzdem „da sein“ kann.

Stundenverlauf

Wir beginnen die Stunde mit der Betrachtung eines Kipp-bildes „alte Frau oder junge Frau“.

praktisch

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Loccumer Pelikan 1/11

Einige Schülerinnen und Schüler beschreiben ein„junges Kind“, andere eine „alte Frau“ und später entde-cken die Schülerinnen und Schüler je nach Betrachtungs-perspektive beide Bilder. Ausgehend von unterschiedlichenSeherfahrungen erörtern die Schülerinnen und Schülerdie Fragestellung, ob wir Wirklichkeit unterschiedlich wahr-nehmen können. Konkret: Welche Gefühle löst der Gedan-ke aus, dass ein anderer etwas anderes sieht als ich?Im nächsten Unterrichtsschritt erzählen wir die Emmaus-

erzählung. Ein Plakat mit den Sätzen „Da gingen ihnenendlich die Augen auf. Doch im selben Augenblick war ernicht mehr zu sehen.“ wird in die Mitte des Stuhlkreisesgelegt. Die Schülerinnen und Schüler versetzten sich in dieLage der Jünger und erörtern die Frage, inwieweit die Jüngerdiese Erfahrung glaubhaft weitererzählen können. Sie schrei-ben einen Text, in dem im Rahmen eines fiktiven Gesprächsmit einer dritten Person die Erfahrung der Jünger aufge-nommen wird.

Eindrücke aus der Praxis

Das Kippbild verfehlt seine Wirkung nicht: Wie ist esmöglich, dass Wirklichkeit so unterschiedlich wahrgenom-men werden kann? Müssen wir uns etwa entscheiden, waswir wahrnehmen wollen? Oder ist alles nur eine Frage der„Konzentration“? Die Schülerinnen und Schüler suchennach Gründen: Es gibt Menschen, die „sehen anstatt rotgrün und anstatt grün rot“. Ein gewichtiges Argument istdas Vorstellungsvermögen von Menschen: „Es liegt an derPhantasie“. „Jeder hat eine andere Phantasie. Wenn da jetztein Tier lang läuft, der eine sieht ein Schaf, der andere einenFrosch.“ Die wie selbstverständlich erscheinende Mehr-deutigkeit menschlicher Wahrnehmung wird erst fragwür-dig, wenn es darum geht, diese für sich zu bewerten: WelcheGefühle löst das Wissen aus, dass ein anderer Dinge viel-leicht ganz anders wahrnimmt? Die Schülerinnen und Schü-

ler sprechen über die Ambivalenz dieses Gefühls zwischendem Wunsch nach „Einzigartigkeit“ und dem Wunsch„genau so zu sein wie die anderen“.

„Dann denkt man natürlich, dass man irgendwie einzig-artig ist, aber dann fühlt es sich auch ein bisschen toll an.Aber am meisten nicht so. Man will ja genau so sein wiedie anderen, um ganz tolle Freunde zu haben.“

Ein Konsens wird überraschend schnell erzielt: „Jederist anders!“ Und: „So ist es spannender.“ „Wenn alle dasgleiche sehen, kann man nichts weitererzählen.“ Die Emmauserzählung kennen die Schülerinnen und

Schüler bereits aus der dritten Klasse. Sie äußern sich spon-tan zu den Sätzen, überlegen, warum es für die Jünger wich-tig war, dass sie Jesus begegnen konnten. Spannend ist zusehen, wie sie bereits im Gespräch einerseits in der Logikder Erzählung argumentieren, andererseits sie immer wiederüberschreiten, wenn es darum geht zu erklären, dass Jesusals der Auferstandene zwar nicht mehr zu „sehen“ ist, aber„immer noch weiterhin für sie da ist“. Das eigentümlicheSpannungsverhältnis zwischen dem unsichtbaren, abergegenwärtigen Jesus als dem Auferstandenen bringen eben-so die Texte der Schülerinnen und Schüler zum Ausdruck.Auch wenn es nicht zu „beweisen“ ist, wird Jesus „immerfür uns da sein“: „Es ist doch klar, Jesus Geist lebt noch,aber sein Körper ist weg!“. Und: „Wenn man ganz fest anihn glaubt, sieht man ihn“.

Interessant ist zu sehen, wie sich in den Texten der Schü-lerinnen und Schüler die Perspektiven verbinden. Zwarschreiben sie im Sinne der Aufgabenstellung Texte, indem

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sie einen Jünger auf die Frage des Freundes antwortenlassen: Ist Jesus jetzt nicht mehr da? Was wird sich für euchändern? Gleichzeitig spiegelt sich die eigene Perspektiveauf das Geschehen wider. Jesus als der auferstandene unddamit unsichtbare Christus ist bestimmend auch für daseigene Jesusbild:• „Er ist nur noch im Herzen für uns da, aber sehen kannman ihn nicht! Wir müssen unseren Weg ohne ihn fort-setzen, aber wenn wir Hilfe brauchen, hilft er uns.“

• „Wir haben keinen Begleiter mehr. Wir haben keinenmehr, der uns beschützt und immer da war für uns. Versu-che ihn in dir zu spüren und dann überlege dir, was eralles Gutes getan hat und so versuchen wir uns es zumerken.“

Die Texte zeigen, dass Jesus Christus nicht nur ein Ereig-nis der Vergangenheit ist. Er ist im „Herzen“ erfahrbar, mankann ihn auch heute noch „spüren“. Aber die Erfahrung istalles andere als selbstverständlich: Wir müssen uns an das„Gute“, das er getan hat, erinnern und „versuchen“ es „unszu merken“. Warum kann Jesus „helfen“? „Jesus ist GottesSohn, er hat ihn zur Welt gebracht und deswegen kann Jesus

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helfen.“ Die Besonderheit Jesu wird im Modus des Bekennt-nisses erklärt: Wir „müss(en) nur an Jesus glauben“.

Dr. Friedhelm Kraft ist Rektor des ReligionspädagogischenInstituts Loccum.

Anmerkungen

1 Die Unterrichtsreihe ist Teil des 4. Kaptitels des Buches: Kraft,Friedhelm / Roose, Hanna: Von Jesus Christus reden im Religi-onsunterricht. Christologie als Abenteuer entdecken, Göttingen(V & R) Frühjahr 2011. Die Planung und Durchführung derSequenz erfolgte in Zusammenarbeit mit Kathrin Breitenfeld inder Grundschule Reese (Wedemark).

2 Die Ich-bin-Worte bilden ein Kernstück der johanneischen Chris-tologie, in denen der johanneische Christus mit Hilfe bildlicherRede von sich spricht. Ich-bin-Worte schließen im Johannesevan-gelium an Wundertaten Jesu an. Während diese einen „episoda-len“ Charakter haben, ist das Ich-bin-Wort durch seinen „ewigen,unwiderruflichen Charakter“ bestimmt. Vgl. Büttner, Gerhard /Roose, Hanna: Das Johannesevangelium im Religionsunterricht.Informationen, Anregungen und Materialien für die Praxis, Stutt-gart 2007, 88ff.

3 Pfeifer, Anke: Wie Kinder Metaphern verstehen. SemiotischeStudien zur Rezeption biblischer Texte im Religionsunterricht derGrundschule, Münster 2001, 113.

„Werde unsterblich” Religiöse Motive in der Werbung wahrnehmen und deuten

Von Dietmar Peter

Seit geraumer Zeit arbeiten die Agenten des Werbe-marketings mit verschiedensten Anspielungen aufchristliche Traditionen und religiöse Zeichen. Für

den Unterricht besteht der didaktische Reiz der Auseinan-dersetzung mit entsprechenden Anzeigen in zwei Faktoren:Zum einen bietet die Verfremdung der religiösen MotiveMöglichkeiten zur Entschlüsselung und zur Auseinander-setzung mit den Ursprungstexten. Gleichzeitig werden dieSchülerinnen und Schüler befähigt, religiöse Spuren undTraditionen in unterschiedlichen kulturellen Kontextenwiederzuerkennen und lernen, zwischen Interpretation undBedeutung zu unterscheiden. Außerdem haben entsprechen-de Anzeigen immer auch einen hohen motivationalen Wert.Darüber hinaus hat das Material exemplarische Bedeu-

tung: Die Werbeanzeigen stehen als ein Beispiel für die‚religiöse Möblierung unserer Kulturlandschaft‘. Sie machendeutlich, dass christliche Inhalte, Symbole und/oder Ritua-le nach wie vor positiv besetzt sind. Ihre Inanspruchnah-me durch Agenten der Konsumgesellschaft gibt Hinweiseauf die Bedürfnisse der Menschen nach Heil, Erlösung und

Sinn. Gleichzeitig wird anhand des spielerischen und oftfrechen Umgangs der Werbung mit religiösen Motiven dieDistanz und Distanzierungsfähigkeit der Gesellschaft gegen-über Religion deutlich. In dieser Ambivalenz bewegt sichentsprechende Werbung, indem sie „religiöse und christli-che Motive und Elemente weitertradiert, sie dabei aberzugleich transformiert und verfremdet.“1

„Wenn Schüler/inne/n heute deutlich mehr religiöseThemenfelder, Anspielungen und Versatzstücke in der siealltäglich umgebenden Massenkultur begegnen als durchKontakt zu den klassischen Vermittlern von Religion, dannmuss eine lebensweltorientierte Religionspädagogik dieseBereiche verstärkt in ihre Reflexion aufnehmen.“2 In diesemSinne ist eine Religionspädagogik, die an den Lebenswel-ten der Schülerinnen und Schülern anknüpft, herausgefor-dert, einen sogenannten „Scannerblick“ zu entwickeln,entsprechende Situationen zu identifizieren und im Unter-richt zum Lerngegenstand zu machen. Didaktisch scheint hier die unterrichtliche Konstrukti-

on entsprechender Anforderungssituationen besonders

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produktiv. Der Begriff „Anforderungssituation“ „unterstelltdie allgemeine Erfahrung, dass sich jeder Mensch Zeit seinesLebens unterschiedlichen Aufgaben ausgesetzt sieht, fürderen Bewältigung er sich gezielt und systematisch – alsonicht nur auf dem Wege impliziten, beiläufigen Lernens –bestimmte Fähigkeiten und Fertigkeiten angeeignet habenmuss.“3 Hier besteht eine enge Verbindung zum Kompe-tenzbegriff der Niedersächsischen Kerncurricula.4 Bezo-gen auf das Thema bedeutet das: Um Religion in Werbe-anzeigen der Print-Medien im Alltag wahrnehmen unddeuten zu können, müssen entsprechende Fähigkeiten undFertigkeiten im Unterricht angebahnt und eingeübt werden.

Interessant ist, dass – neben anderen religiösen Anspie-lungen – Passions- und Auferstehungsmotive relativ häufigin der Werbung Verwendung finden. Dabei werden die Moti-ve sehr direkt als Zitat, als Verfremdung oder aber eher unter-schwellig und kaum wahrnehmbar dargeboten. Das Ziel vonWerbung, nämlich positive Bilder und Assoziationen zuwecken und damit eine positive Verbindung zum Produktherzustellen, ist auch hier Grundlage allen Bemühens.Die Deutungsoffenheit der Anzeigen korrespondiert mit

einer Vielzahl von Deutungsmotiven zum Tod Jesu in derTheologie. Der Skandal des Kreuzes entzieht sich weitge-hend einer theoretischen Beschreibung durch begrifflicheSprache. Das Neue Testament spricht daher von Jesu Todund dessen Heilsbedeutung in Vergleichen, Bildern, Meta-phern und Symbolen. Diese Deutungsmuster gehen aller-dings nicht glatt ineinander auf. Wilfried Härle nennt indiesem Zusammenhang vier Metaphern für die Heilsbe-deutung des Todes Jesu Christi5: Das Sühneopfer, dieVersöhnung, den Loskauf und die Stellvertretung. Interes-sant ist, dass auch Paulus in seinen Briefen sich nicht aufein Deutungsmotiv festlegt, sondern gleichsam immerwieder neue Deutungsanläufe nimmt.6

Für den Religionsunterricht zeigen sich darin ersteHinweise auf didaktische Anknüpfungspunkte. Diesewerden durch die Ergebnisse der 2006 von Tobias Zieglervorgelegten empirischen Untersuchung bestätigt, die nachden Christologien von Jugendlichen fragt.7 Ohne hier aufdie einzelnen Ergebnisse einzugehen, lässt sich zusammen-

fassend feststellen, dass die Analysen von Ziegler eineerstaunliche Vielfalt an Deutungen, Fragestellungen undSchwerpunktsetzungen der Jugendlichen zu Tage fördern.Nach Ziegler verweist die Bandbreite der Deutungen derJugendlichen auf den „großen Einfluss“ individueller lebens-geschichtlicher Bezüge. Diese werden allerdings im Unter-richt nur selten Thema. Viele der befragten Jugendlichenäußerten, dass sie im Unterricht zu wenig Raum hätten, sichmit den kritischen Fragen zu Jesus auseinanderzusetzen. Nimmt man diese Ergebnisse ernst, sind die Unter-

richtenden herausgefordert, offene Unterrichtsprozesse zuinitiieren, die die individuellen Deutungsmuster des Kreu-zestodes Jesu und die Fragen der Jugendlichen in den Mittel-punkt stellen. Die der Theologie vertrauten Deutungskate-gorien sind Jugendlichen bekannt, denn die Motive vonOpfer und Erlösung spielen in ihrer Lebenswelt häufig einegroße Rolle. Aus Filmen und in der Fantasy-Literatur sindOpfer- und Erlösungsszenarien nicht wegzudenken.8 DieseMotive werden allerdings nicht auf christologische Frage-stellungen bezogen. Eine didaktische Chance der Arbeitmit den nachstehenden Werbeanzeigen könnte allerdingsin ihrer Brückenfunktion zwischen jugendlichen Lebens-welten, ihren Theologien und akademischer Theologieliegen. Zweifellos liegt ihr größtes didaktisches Potentialin der Deutungsoffenheit. Gleichzeitig zeigen sie, dasschristlich-religiöse Zeichen Verwendung in massenwirksa-men Medien finden. Die unterrichtliche Arbeit mit den Anzeigen knüpft an

nachstehende inhaltsbezogene Kompetenzen der Kerncur-ricula für das Fach Evangelische Religion für die Haupt-schule und die Realschule in Niedersachsen an. Für denDoppeljahrgang 9/10 heißt es darin:• Die Schülerinnen und Schüler geben die Passions- undOstergeschichte wieder und erläutern Tod und Aufer-stehung Jesu als zentralen Inhalt des christlichen Glau-bens.

• Die Schülerinnen und Schüler erörtern den Glaubenan die Auferstehung Jesu Christi und dessen Wirkungunter den Jüngern und Christen bis heute. 9

Beide inhaltsbezogenen Kompetenzen tragen in denBeispielen dazu bei, jeweils die folgenden prozessbezoge-nen Kompetenzen anzubahnen:• Religiöse Spuren und Traditionen in der Lebensweltaufzeigen (M 1).

• Religiöse Motive in Texten sowie ästhetisch-künstleri-schen und medialen Ausdrucksformen erläutern (M2).10

Die unter den Bildern stehenden Aufgaben dienen dazu,bei den Schülerinnen und Schülern Lernhandlungen auszu-lösen, die zur Ausbildung erwünschter Fähigkeiten undKenntnisse führen. Die Aufgaben sind auf bereits im Unter-richt erworbene Kom petenzen angewiesen. Die nach denHinweisen zum Material angefügten Fragen und Impulsedeuten Möglichkeiten eines unterrichtlichen Vorgehens an.Abschließend werden mögliche Ideen zur Weiterarbeitbenannt, die je nach Unterrichtsplanung umgesetzt werdenkönnen.

You won’t be sorry you listened to us –Werbeanzeige der Firma McCann-Erikson

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Anmerkungen

1 Buschmann, G.: Religiöse Zitate und Anspielungen in der Print-Werbung – ein empirischer Befund. In: Forum Schulstiftung.5/2006, 27.

2 Buschmann, G., a.a.O., 24.3 Obst, G.: Kompetenzorientiertes Lehren und Lernen im Religi-

onsunterricht. Göttingen 2008. 136.4 Vgl. z. B.: Niedersächsisches Kultusministerium: Kerncurricu-

lum für die Realschule Schuljahrgänge 5-10. Hannover 2009. 5:„Kompetenzen umfassen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkei-ten, aber auch Bereitschaften, Haltungen und Einstellungen, überdie Schülerinnen und Schüler verfügen müssen, um Anforde-rungssituationen gewachsen zu sein.“

5 Vgl.: Härle, W.: „… gestorben für unsere Sünden“ – Die Heils-bedeutung des Todes Jesu Christi. 8. http://www.w-haerle.de/Gestorben fuer unsere Suende.pdf (21.01.2011)

6 Vgl.: Dressler, B.: Karfreitag ein sperriger Feiertag aus evange-lischer Sicht. In: Loccumer Pelikan 1/2004, 8.

7 Vgl.: Ziegler, T.: Jesus als „unnahbarer Übermensch“ oder „besterFreund“? – Elementare Zugänge Jugendlicher zur Christologieals Herausforderung für Religionspädagogik und Theologie.Neukirchen-Vluyn 2006.

8 Vgl.: Kraft, F.: „Für unsere Sünden gestorben?“ – Christologi-sche Zugänge von Jugendlichen. In: Loccumer Pelikan 2/2007,63.

9 Niedersächsisches Kultusministerium: Kerncurriculum für dieRealschule Schuljahrgänge 5-10. Hannover 2009, 24.

10 Niedersächsisches Kultusministerium: Kerncurriculum für dieRealschule Schuljahrgänge 5-10. Hannover 2009, 18.

Dietmar Peter ist Dozent am Religionspädagogischen Insti-tut Loccum für den Bereich Haupt- und Realschule.

Aufgabe

Du hast dich mit einem Freund verabredet, um eine neueGruppe in Schüler-VZ einzurichten. Dein Freund hat anseinem PC einen neuen Bildschirmhintergrund eingerich-tet, den er dir präsentiert. Finde heraus, welche Motive das Bild verwendet und

warum ein Fußballverein mit diesem Bild für sich wirbt.Wie stehst du zu einer solchen Fotomontage?

Zum Material

Im Werbeplakat „Werde unsterblich“ stehen die Botschaftdes Kreuzes und das Trikot des Fußballvereins Rapid Wienin einer provokanten Spannung zueinander. Der gekreuzig-te Christus wird auf der Fotomontage durch das Trikot RapidWiens ersetzt. Im Gegensatz zu anderen Kreuzesdarstel-lungen fehlen Personen wie z. B. Maria auf dem Bild. DieKreuze stehen nicht nebeneinander, sondern sind in einer

M 1: Werde unsterblich1

1 Die Anzeige kann in guter Qualität unter der Internetadresse „http://www.skrapid.at/9657.html“ geladen werden.

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Reihe hintereinander angeordnet. Im Gegensatz zum vorde-ren Kreuz, das im Dunkeln steht, deutet sich am Fuß derbeiden hinteren Kreuze Licht am Horizont an. Das am Kreuz befestigte Trikot bewegt sich leicht im

Wind. Es ist das einzige Zeichen von Leben auf dem Plakat.Es steht in starkem Kontrast zum toten Baum und derverdorrten, wüsten Erde. Zwischen dem aufreißenden, Lichtdurchströmten Himmel und dem Trikot am Kreuz scheinteine unsichtbare Verbindung zu bestehen. Das Licht wirktwie eine Art Impulsgeber für die Bewegung des Trikots.Damit und durch die Aussage „Werde unsterblich“ greiftdas Bild das christliche Motiv der Erlösung durch das Kreuzauf. Christus hat das Kreuz überwunden und durch seinenTod die Menschen erlöst. Das Kreuz steht als Symbol fürdie Befreiung und die Überwindung von Leid, Last, Schmerzund Verzweiflung und ist als solches ein Zeichen der Hoff-nung schlechthin. Im Unterricht ist die Auseinandersetzung mit dem

Werbeplakat auf das Herausarbeiten christlicher Deutun-gen der Botschaft des Kreuzes angewiesen. Ohne dieseGrundlage ist ein Wahrnehmen des christlichen Kontextes,in den die Werbung gestellt ist, nicht möglich. Damit bildendie Passions- und Ostergeschichte die Folie zur Auseinan-dersetzung mit dem Plakat. Derart sensibilisiert für religiöse Spuren in der Lebens-

welt der Jugendlichen, können gemeinsam Antworten aufFragen, wie z. B. „Warum ‚spielt‘ eine Werbung mit derBotschaft des Kreuzestodes Christi und dem damit verbun-denen Heil für alle Menschen?“, „Was suggeriert das alsWerbung für einen Fußballverein gestaltete Bild?“, „Inwie-

weit trifft die Botschaft des Plakates zu?“, „Worin bestehtder Unterschied zur christlichen Botschaft des Kreuzes?“oder „Warum nutzt Werbung heute die christliche Botschaftvon Kreuz und Auferstehung?“ gesucht werden. Ein sichanschließendes eigenes Urteil und eine eigene Stellungnah-me bilden den Abschluss.Wesentlich für die unterrichtliche Arbeit ist, dass die

Schülerinnen und Schüler zunächst allein oder in kleinenGruppen versuchen, die mit dem Werbeplakat verbunde-nen Fragen zu beantworten. Die hier erzielten Ergebnisseskizzieren die Lernausgangslage und geben wichtigeHinweise für den weiteren Unterricht. Die nachstehend abgedruckten Fragen und Hinweise

stellen verschiedene Möglichkeiten der unterrichtlichenErarbeitung dar und sind an der Lernausgangslage zu orien-tieren.

Fragen und Impulse

• Beschreibe zunächst deinen ersten Eindruck zum Bild.• Versetze dich gedanklich in das Bild. Sieh dich um undnotiere deine spontanen Gedanken.

• Welche Stimmung vermittelt die Fotomontage?• Welche Gegenstände werden dargestellt?• In welcher Weise sind diese Gegenstände angeordnet(Vorder-, Mittel- oder Hintergrund, Bildrand usw.)?

• Welches Thema bzw. welcher Inhalt wurde bei derGestaltung der Fotomontage gewählt?

• Genaueres über das Zeichen findest du in den Evange-

ImpressumDer »Loccumer Pelikan« wird herausgegeben vom Religions -päda go gischen Institut Loccum. Er berichtet über die Arbeit desReli gions päd ago gischen Instituts und beteiligt sich an derreligionspä d a go gischen Grundsatzdis kus sion. Er informiert überNeuigkeiten im Feld von Schule und Gemeinde und bietet Unter-richtenden Hilfen für ihre Arbeit. Die vierte Ausgabe eines Jahresenthält das Jahres programm des RPI für das folgende Jahr. Schu-len und Kirchenkreise erhalten den »Loccumer Pelikan« regel-mäßig, interessierte Einzelpersonen erhalten ihn auf Anfrage imRPI Loccum kostenlos. Eine Spende zur Deckung der Produkti-ons- und Versandkosten ist erwünscht.

Redaktion: Dr. Melanie Beiner (verantwortlich), Prof. Dr. Fried-helm Kraft, Rainer Merkel, Beate Peters, Dr. Sönke von Stemm,Anne Sator (Layout).

Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt dieMeinung der Redaktion wieder. Die Redaktion behält sich Kürzun-gen vor. Die Rechte an den Artikeln liegen bei den jeweiligenAutorinnen und Autoren.

Die Redaktion bemüht sich, alle Rechtsinhaber der verwendetenBilder und Texte zu ermitteln. Dies ist nicht immer in allen Fällenmöglich. Berechtigte Ansprüche werden natürlich im Rahmender üblichen Vereinbarungen abgegolten.Erscheinungsweise: vierteljährlich, Auflage: 10.500Druck: Weserdruckerei Oesselmann, Stolzenau/Weser

Religionspädagogisches Institut LoccumUhlhornweg 10-12, 31547 Rehburg-LoccumTelefon: 05766 /81 -136, Telefax: 05766 /81 -184

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Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses Heftes

Dr. Melanie Beiner, RPI Loccum, Uhlhornweg 10-12, 31547 Rehburg-Loccum

Dr. Harm Cordes, Kattensteert 26,27308 Kirchlinteln

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Dr. Friedhem Kraft, RPI Loccum, Uhlhornweg 10-12, 31547 Rehburg-Loccum

Prof. Dr. Peter Müller, Muttertalstr. 12, 76332 Bad Herrenalb

Dietmar Peter, RPI Loccum, Uhlhornweg 10-12, 31547 Rehburg-Loccum

Jörg-Dieter Reuß, Klosterhof 14, 89143 Blaubeuren

Florian Schneider, Wilhelm-Busch Str. 18a, 21629 Neu Wulmstorf

Dr. Martina Steinkühler, Göttinger Straße 11, 37181 Hardegsen

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M 2: You won’t be sorry you listened to us2

2 Die Anzeige kann in guter Qualität im Internet unter „http://adsoftheworld.com/media/print/mccann_erickson_jesus“ geladen werden.

lien und in den Briefen des Apostels Paulus. Ein bibli-scher Text dazu steht im Markusevangelium Kapitel 15,21-41.

• Vergleiche das Bild mit dem biblischen Inhalt. Woentdeckst du Gemeinsamkeiten und wo Unterschiede?

Ideen zur Weiterarbeit

• Analyse weiterer im Internet veröffentlichter Bildschirm-hintergründe des Vereins „Rapid Wien“.

• Erstellung eines Plakates (einer Collage) mit einerWerbebotschaft, die sich auf einen biblischen Inhaltbezieht.

• Pro- und Contra-Diskussion zur Verwendung biblischerMotive in der Werbung.

• Analyse eines Videoclips, der biblische Motive verwen-det.

• Erstellung von Werbeslogans, die biblische Inhalte zurGestaltung ihrer Botschaft nutzen.

• Erstellung eines Handyvideoclips, der einen biblischenInhalt einbezieht.

Aufgabe

Die Firma McCann-Erikson ist ein international tätigesAgenturnetzwerk, das Werbedienstleistungen anbietet. In einer Zeitschrift wird ein Freundin von dir auf eine

Werbung der Agentur aufmerksam. Sie fragt dich, was dieWerbung aussagen will. Beantworte die Frage.

Zum Material

Die Anzeige der Werbeagentur McCann Erickson verbin-det geschickt die Überzeugungskraft des Kreuzes als Grund-

lage der Ausbreitung des Christentums mit den Möglich-keiten erfolgsorientierter Werbung. Drei dunkel gekleide-te Männer beraten den Kunden Jesus. Jesus wird wie in derchristlichen Ikonografie mit langen Haaren dargestellt. DerStrahlenkranz (Nimbus) assoziiert die Göttlichkeit Jesu alsLicht der Welt und seine Heiligkeit. Das rote Tuch erinnertan die königliche Purpurfarbe und unterstreicht seine Herr-schaftlichkeit. Rot steht auch als Farbe für die Gottgeweih-ten. Das weiße Gewand ist Zeichen der unbedingten Wahr-heit Gottes, das Sinnbild der Keuschheit und Sündlosigkeit,wie sie Christus zu eigen ist. Weiß wendet das Böse abund bekommt daher im Kontext der Werbung eine beson-dere Bedeutung.

Fragen und Impulse

• Beschreibe zunächst deinen ersten Eindruck zu derWerbeanzeige.

• Welche Personen und Gegenstände werden dargestellt?• Wie sind die Personen gekleidet, was drücken ihreGesten aus?

• Stell dir vor, du könntest die für die Anzeige verant-wortlichen Werbegestalter etwas fragen. Welche Fragenhättest du?

• Welcher Inhalt steht im Zentrum der Werbung?• Die Werbung bezieht sich auf ein zentrales christlichesZeichen. Welches ist es?

• Was denkst du über dieses Zeichen und in welchemZusammenhang steht darüber etwas in der Bibel?

• Genaueres über das christliche Zeichen findest du inden Evangelien und in den Briefen des Apostels Paulus.Ein biblischer Text dazu steht im MarkusevangeliumKapitel 15, 21-41.

• Stelle Vermutungen über die Absicht der Werbung an.In welchem Verhältnis steht sie zum biblischen Text?

• Überlege, was dafür spricht, auf diese Weise zu werben,und was dagegen spricht.

• Beantworte die Frage der Freundin. Formuliere dabeieine eigene Stellungnahme.

Ideen zur Weiterarbeit

• Nachstellen der Werbeanzeige als Standbild (Wasdenken die Personen im Standbild? Was fühlen sie? Wasmöchten sie als nächstes tun?).

• Nachspielen der Werbung im Rahmen eines Rollen-spiels.

• Anfertigung von Collagen zur Botschaft des KreuzesJesu.

• Verfassen einer SMS zur zentralen Botschaft des Kreu-zes.

• Sammeln weiterer Werbeanzeigen, die religiöse Moti-ve beinhalten.

• Vermutungen anstellen, warum Werbung sich religiö-ser Motive bedient.

• Klärung, in welchen Zusammenhängen das Kreuzzei-chen heute von wem verwendet wird. Überlegungenzu den Motiven.

• Argumente sammeln zum Thema „Pro und Kontra: Reli-giöse Motive in der Werbung“. Inszenierung einer Podi-umsdiskussion in der Klasse.

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Die Werbung zeigt eine Beratungssituation in einerWerbeagentur. Es geht dabei um das Finden eines Logos.Von den Beratern der Agentur werden drei Vorschläge unter-breitet, die dem Kunden Jesus vorgelegt werden. Ein nach-denklicher Jesus zeigt auf die Kreisgrafik und deutet damitseine Präferenzen an. Der Kreis steht als Zeichen für dieEinheit, für das Absolute, Vollkommene und damit das Gött-liche. Ein gegenüber stehender Berater schlägt Jesus dieGrafik mit dem Kreuz als Logo vor. Die Betrachtenden derAnzeige wissen, dass die Botschaft des Kreuzes seit 2000Jahren für viele Menschen große Überzeugungskraft besitzt.Damit wird angedeutet, dass die Kompetenz für den Erfolgdes Kunden Jesus auf Seiten der Werbeagentur liegt. DerSchriftzug „McCann: You won’t be sorry you listened tous“ unterstreicht diese Botschaft.Methodisch stellt die unter der Anzeige stehende Frage

den Ausgangspunkt der Auseinandersetzung mit dem Mate-rial dar. Um diese zu beantworten, ist eine möglichst genaueBetrachtung der Anzeige erforderlich. Nach der Beschrei-bung des Dargestellten durch die Schülerinnen und Schü-ler schließen sich erste Deutungsversuche an. In dieserPhase sollten die Äußerungen der Schülerinnen und Schü-ler nicht durch die Lehrkraft gelenkt werden. Im Anschlusswerden Fragen der Schülerinnen und Schüler zur Werbunggesammelt. Dabei werden das bisher Gelernte und damitdie Lernausgangslage deutlich. Sie bilden die Basis für denfolgenden Unterricht. Inwieweit ein vertiefendes Herausarbeiten der Botschaf-

ten des Kreuzes für den christlichen Glauben und für Chris-ten notwendig ist oder ob dieser Schritt aufgrund derErkenntnisse der Schülerinnen und Schüler aus dem vorher-gehenden Unterricht entfallen kann, ergibt sich aus denSchülerfragen. Je nach Lerngruppe sollte die Lehrkraftweitere Informationen zu der Bedeutung der in der Anzei-ge gewählten Farben, Zeichen etc. geben. Ziel des Unter-richts ist, dass die Schülerinnen und Schüler ihre eigenenDeutungen zum Kreuz einbringen, die christlichen Botschaf-ten des Kreuzes kennenlernen, von der Überzeugungs-kraft dieser Botschaft für die Menschen seit 2000 Jahrenwissen und damit die Werbung sachangemessen deutenkönnen. Im Anschluss ist die unter dem Bild stehende Fragevon den Schülerinnen und Schülern schriftlich zu beant-worten. Die Ergebnisse sind abschließend in der Lerngrup-pe zu diskutieren. Die nachstehend abgedruckten Fragen und Impulse

stellen verschiedene Möglichkeiten der unterrichtlichenErarbei tung dar. Sie sind an der Lernausgangslage zu orien-tieren.

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Vorschau auf das nächste Heft:

Ausgabe 2/2011: Lernen an Biographien

Erscheinungstermin: Ende Mai 2011

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29Kinder sind nicht zum Opfern daEin Unterrichtsvorschlag zu Gen 22 für die Klassenstufen 10 bis 12

Von Jörg-Dieter Reuß*

Isaaks Beinah-Opferung ist eine befremdliche und verstö-rende Geschichte. Und doch wird sie in Kinderbibelnund anderswo immer noch mehr oder weniger ungebro-

chen nacherzählt. Was sie dabei in den Vorstellungen vonKindern auslösen kann, bleibt weitgehend unbedacht. Umsolchen geschichtslosen Darstellungen entgegenzuwirken,wollte ich die Erzählung im Religionsunterricht der Ober-stufe (Kursstufe) behandeln. Meine Intuition sagte mir, dassdas Projekt bei meinen Schülerinnen und Schülern auf Inte-resse stoßen würde. Das hat sich dann auch bewahrheitetund bei mehrfacher Erprobung – auch durch andere Kolle-ginnen und Kollegen – bestätigt.

Religionsgeschichtliche und biblisch-theologische Hintergründe

Nicht nur unter Kindern und Jugendlichen, wohl bei denmeisten Menschen löst die Erzählung vom Auftrag Gottesan Abraham, seinen Sohn zu opfern, großes Befremden undviel Diskussion aus. Was ist das für ein Gott, der ein Kinder-opfer verlangt? Und was ist das für ein Vater, der ohne vielAufhebens bereit ist, dieses Opfer darzubringen? Sowohldas Gottesbild als auch das Bild des vorbildlichen Gläubi-gen, als der Abraham gerade deswegen im Neuen Testa-ment und in der christlichen Tradition gilt, stehen hier zurDisposition und verlangen dringend nach einer Klärung.In der Forschungsgeschichte rankte sich die Diskussi-

on lange Zeit vor allem um die Frage nach der Bedeutungdes Kinderopfers. Mit Hermann Gunkel und dem Beginnder religionsgeschichtlichen Schule wurde die Erzählungals eine Sage verstanden, die erklären sollte, warum dasKinderopfer abgeschafft und durch ein Tieropfer ersetztwurde. Die Intention der Erzählung sei es also gewesen,deutlich zu machen: Der Gott Israels will keine Menschen-opfer. Diese Sichtweise erklärt den Widerspruch zwischender Forderung des Opfers in dieser prominenten Erzählungund vielen anderen alttestamentlichen Textstellen, in denendas Menschenopfer abgelehnt wird, bzw. der Ersatz durchein Tier geboten wird (vgl. z. B. Num 18, 15).

In der neueren Forschung wird dieses Verständnis derOpfergeschichte relativiert. Vor allem deshalb, weil keines-wegs sicher ist, dass Menschenopfer ein integraler Bestand-teil der kanaanäischen Religion waren. Weit eher kamensie nur in extremen Ausnahmesituationen vor. Im AltenTestament ist 2 Kö 3, 27 die einzige Textstelle, in der voneinem Menschenopfer erzählt wird; hier opfert der Königvon Moab in Kriegsnot seinen Sohn. Und es gibt nur „ganzwenige Zeugnisse von Menschenopfern im Alten Orientder vergleichbaren Zeit, die einen außerisraelitischen Ritusbelegen“ (Seebaß 1997, S. 207). Der im Alten Testamentheftig kritisierte Brauch, „die Söhne durchs Feuer gehenzu lassen“, muss sich nicht auf einen Ritus beziehen, derdie Tötung zur Folge hatte. Neben die religionsgeschichtliche Einordnung der

Erzählung tritt neuerdings die sog. intertextuelle Ausle-gung. Sie stellt die Opferung Isaaks in den Kontext derVerheißung Gottes an Abraham. „Isaak ist nicht einfachein Kind, sondern er ist das einzige Bindeglied, mittelsdessen die große Verheißung Gottes gegenüber Abrahamaus Genesis 12 überhaupt noch ver wirklicht werden könn-te. Wenn Abraham also Isaak opfern soll, dann muss erdamit seinen eigenen Sohn hergeben, er muss aber auchdie Verheißung Gottes gleichsam zurückgeben“ (Schmid2006). So gesehen thematisiert Gen 22 die Gottesbezie-hung Abrahams, die gefährdet ist, und die Erfahrung, „wiesich für Israel die Verheißung Gottes, unter der es sichbeständig wusste, ganz und gar verdunkelte“ (ebd.). DieseErfahrung hat das Volk Israel vor allem im babylonischenExil gemacht; die intertextuelle Auslegung datiert dieGesamtkomposition der Erzählung frühestens in die Exil-szeit (vgl. Schmid 2008). Über die religionsgeschichtliche und biblisch-theologi-

sche Analyse hinaus kann die Beinah-Opferung Isaaks alseine Erzählung verstanden werden, in der sich eine tiefemenschliche Krisenerfahrung widerspiegelt. Sie berührtsowohl das individuelle Gottesverhältnis in der Ambiva-lenz von Vertrauen in die segensreiche Wirksamkeit Gotteseinerseits und der Erfahrung unmenschlicher Herausforde-rungen andererseits.

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lichen es, sich auch „mit dem Schwierigen und Dunklenim eigenen Leben oder der Umgebung zu beschäftigen“(ebd., S. 277). Man kann davon ausgehen, dass Schülerinnen und Schü-

ler einer 10. Klasse sich an dem Gottesbild von Gen 22reiben werden. Diese Auseinandersetzung ist wünschens-wert, weil sie der persönlichen Reifung dient, und soll auchin ihrer geistesgeschichtlichen und kulturellen Ausprägungthematisiert werden. Durch die Beschäftigung mit literari-schen oder künstlerischen Verarbeitungen dieser Gottes-vorstellung kann die je individuelle und spontane Reakti-on in einen Diskurs über die Bedeutung von Gottesbildernund Glaubenserfahrungen münden. Meine Bearbeitung von Gen 22 geht also von drei Aspek-

ten aus: • von der kulturellen Wirkungsgeschichte der Erzählungals Darstellung eines Glaubens, der von ambivalentenGotteserfahrungen geprägt ist;

• von der religionsgeschichtlichen Sicht der Erzählungim Zusammenhang der Frage nach Übernahme undAbgrenzung von Gottesvorstellungen im Alten Orient;

• von der anthropologischen Erfahrung von Macht undOhnmacht, Autonomie und Abhängigkeit, Verantwor-tung und Überforderung in Beziehungen.

Daraus ergeben sich konkrete Unterrichtsintentionen: Andieser Geschichte können die Schülerinnen und SchülerErfahrungen mit unterschiedlichen Zugängen zu biblischenTexten machen.

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Herzlich willkommenin der neuen Lernwerkstatt!

Unsere aktuelle Ausstellung:

Symbole –neue Ideen zu einem älteren Ansatz

ab März 2011

Erarbeitet von:Petra Buschatz, Amke Frerichs, Kati Boguslawski, Bettina Focke, Tanja Holtz, Ingrid Illig, Ulla Norra, Tanja Voss, Jutta Sydow

Terminanfragen:Angelika Rietig, Sekretariat für den Bereich GrundschuleTel.: (05766) 81-162

Inhaltliche Information und Begleitung:Beate Peters, Dozentin für den Bereich GrundschuleTel.: (05766) 81-183

Sie berührt aber auch die Frage nach dem Eltern-Kind-Verhältnis und fordert zu einer tiefenpsychologischen Deu -tung heraus. „So sollte sich die Empörung nicht gegen dieseGeschichte richten, sondern gegen die reale menschlicheGeschichte, in der im Namen von Idealen, Vaterland, Fort-schritt und anderen Ersatzgöttern immer wieder Kindergeopfert wurden und werden“ (Johannsen 2005, S. 124 mitVerweis auf Kassel 1992).

Didaktische Überlegungen

In der religionspädagogischen Literatur wird immer wiederdiskutiert, wie im Religionsunterricht mit biblischen Textenumgegangen werden soll, in denen die „dunkle Seite Gottes“zum Ausdruck kommt. Kann man Kindern und Jugendli-chen diese Erzählungen zumuten, richten sie Schaden anoder ermutigen sie die Schülerinnen und Schüler, über Gottund die Bilder von ihm nachzudenken? In seiner empiri-schen Studie über „Schwierige Bibeltexte im Religions-unterricht“ untersucht Michael Fricke anhand einiger Passa-gen aus dem Alten Testament, wie Schülerinnen und Schülerder Grundschule mit solchen Texten umgehen. Frickeplädiert dafür, dass der Religionsunterricht „ein Ort sein(darf und soll), an dem die Ambivalenzerfahrungen vonKindern im Zusammenspiel mit den entsprechenden bibli-schen Texten Raum zur Resonanz, Begleitung und ansatz-weisen Bearbeitung erhalten“ (Fricke 2005). Biblische Texte,in denen es um die „dunklen Seiten Gottes“ geht, ermög-

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• Sie identifizieren sich mit den handelnden Personen derGeschichte (M 1a).

• Sie nehmen durch einen Blick in die Wirkungsgeschich-te von Gen 22 (M 1b) die Problematik des erzähltenGeschehens wahr.

• Sie lernen einzelne Schritte der historisch-kritischenArbeitsweise kennen (M 2 bisM4).

• Sie können am Beispiel der Predigt nachvollziehen, wieaus der exegetischen Arbeit an einem Text und demintensiven Ringen um sein Verständnis eine aktuelleAuslegung erwachsen kann (M 5); nebenbei lernen siedarin auch einen (tiefen)psychologischen Zugang zubiblischen Texten kennen.

In all dem können sie sich inhaltlich mit Fragen desGottesbildes, des Glaubensverständnisses, der Opferthe-matik, des Umgangs mit biblischen Texten, aber auch desVerhältnisses von Eltern und Kindern auseinandersetzen.

Zum Unterrichtverlauf

Der Lernprozess ist als fortlaufende Gruppen- und Partner-arbeit konzipiert und auf ca. fünf bis sechs Unterrichtsstun-den angelegt. Die Materialien M 1a und M 1b können dabei alterna-

tiv oder nacheinander, M 3 arbeitsteilig bearbeitet werden.Ebenso gut kann in einer stärker gebundenen Form miteinem Wechsel von Einzelarbeit (M 1a) und Partnerarbeit(M 1b), Gruppenarbeit (M 2 bis M 4) und Unterrichtsge-spräch im Plenum gearbeitet werden. In beiden Fällen istals Einstieg eine Annäherung über die Betrachtung einerbildlichen Darstellung der Opferszene (z. B. von Schnorrvon Carolsfeld, Rembrandt, Caravaggio, Lievens)1 möglich.Differenzierung: Die in M 2 vorgegebenen Anfragen

können von starken Schülerinnen und Schülern durch eineKontextanalyse (mit entsprechender Fragestellung) auchselbst erarbeitet werden.

Weitere Unterrichtsideen, Anregungen, Anschlussmöglichkeiten

• Die „Opferung Isaaks“ ist bis heute ein Motiv, das inder Kunst starke Beachtung findet2. Über den Unter-richtseinstieg hinaus kann die Arbeit mit unterschied-lichen Bildern als eigener Unterrichtsschritt konzipiertwerden, in dem die Schülerinnen und Schüler in Grup-pen die durch ein Bild angebotenen Deutungen derGeschichte herausarbeiten und beispielsweise durcheine kreative Umgestaltung der Bildmotive (Überma-lung, Ausschneiden und Neukomponieren, Collagetech-nik) eine eigene Interpretation der Geschichte zumAusdruck bringen.

• Für die Oberstufe interessant könnte als Beispiel für dieRezeptionsgeschichte von Gen 22 auch das War Requiemvon Benjamin Britten sein. Britten vertont im „Offerto-rium“ der Totenmesse ein Gedicht von Wilfred Owenund entwickelt darin eine eigene Deutung von Gen 22.3

• Mit interessierten Schülerinnen und Schülern kann anneueren Deutungen der Geschichte, z. B. an Aspektender jüdischen Exegese weitergearbeitet werden.

• Eine einfachere Möglichkeit, eigene Deutungen undUrteilsbildungen anzuregen, könnte die Analyse desUmgangs mit der Geschichte in neueren Bibelübertra-gungen (z. B. in der Volxbibel) und Kinderbibeln (beson-ders interessant: Gütersloher Erzählbibel von DianaKlöpper und Kerstin Schiffner) sein.

• Als aufschlussreich und sehr diskussionsfördernd hatsich auch ein Vergleich von Gen 22 mit der Koranver-sion der Geschichte erwiesen (Sure 37, 99-133).

• Naheliegend erscheint schließlich auch der Anschlusseines christologischen Unterrichtselementes: einer kriti-schen Auseinandersetzung mit Deutungen des Kreuzes-todes Jesu als Opfer.

Jörg-Dieter Reuß ist Religionslehrer und Pfarrer am Evan-gelischen Seminar Kloster Blaubeuren.

Anmerkungen

* Überarbeitet von Melanie Beiner, Hanna Richter und BirgitMaisch-Zimmermann

1 Einige Beispiele sind zu finden unter www.uni-leipzig.de/ru/bilder/(Stichwort „Erzväter“).

2 Vgl. etwa die von Sigmar Pohlke 2009 neu gestalteten Glasfens-ter im Großmünster in Zürich.

3 Libretto und Unterrichtsideen dazu sind z. B. zu finden in: HeikeLindner: Musik im Religionsunterricht: Mit didaktischen Entfal-tungen und Beispielen für die Schulpraxis. Lit-Verlag 2009 (2),S. 217ff.

Literatur

Day, John: Artikel „Menschenopfer“, RGG 5, 4. Aufl. 2002, S. 1086-1087.

Fricke, Michael: „Schwierige“ Bibeltexte im Religionsunterricht.Theoretische und empirische Elemente einer alttestamentlichenBibeldidaktik für die Primarstufe, Arbeiten zur Religionspäda-gogik Bd 26, Göttingen 2005

Johannsen, Friedrich: Alttestamentliches Arbeitsbuch für Religions-pädagogen, 3. Aufl., Stuttgart 2005

Schmid, Konrad: Die Opferung des Sohnes. Ein neuer Blick auf dieErzählung von Abraham und Isaak, in: Neue Züricher Zeitung,15. April 2006; www.nzz.ch/2006/04/15/li/articleDMYQQ.html

Schmid, Konrad: Literaturgeschichte des Alten Testaments. EineEinführung, Darmstadt 2008

Seebaß, Horst: Vätergeschichte I (11,27-22,24). Genesis II/1, Neukir-chen-Vluyn 1997

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M 1a: „Stell dir vor …“ – Identifikationsübung

Julius Schnorr von Carolsfeld, Isaaks OpferungQuelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Schnorr_von_Carolsfeld_Bibel_in_Bildern_1860_028.png

Arbeitsauftrag

• Lies Gen 22,1-19.• Wähle eine der folgenden Aufgaben zur Bearbeitung aus.

1. Stell dir vor: Du bist Isaak und inzwischen 18 Jahre alt.Du bist von zu Hause weggegangen und schreibst jetztdeinem Vater einen Brief, in dem du es zum ersten Malwagst, auf diese Opfergeschichte zurückzukommen.Schreibe Isaaks Brief.

2. Stell dir vor: Du bist Sara, Isaaks Mutter, und für eineWeile von zu Hause weg. Dies ist die Gelegenheit, direndlich einmal alles von der Seele zu schreiben, wasdich schon lange umtreibt. Schreibe Abraham – deinemMann – einen Brief „wegen dem, was damals gesche-hen ist“.

3. Stell dir vor: Du bist Abraham und führst ein Tage-buch. Kurz vor und unmittelbar nach der geplantenOpferung schreibst du über dieses Erlebnis etwas indein Tagebuch.

4. Stell dir vor: Sara hat vorher gar nicht gewusst, wohinAbraham mit Isaak gehen wollte. Sie wartet seit Tagenauf die Rückkehr der beiden und macht sich Sorgen.Nun kommen sie zurück, und Abraham erzählt, wasgeschehen ist. Vielleicht ist er auch einsilbig, und Saramuss alles aus ihm herausquetschen. Erfinde einenDialog, der sich zwischen Abraham und Sara abge-spielt haben könnte.

Aus psychologischer Sicht

In einem Kinderliederbuch heißt es:Lass mich an dich glauben, wie Abraham es tat.Was kann dem geschehen, der solchen Glauben hat?Seinen Sohn führt er zum Brandaltar,zu opfern wie’s ihm von Gott befohlen war.Lass mich an dich glauben, wie Abraham es tat.

Erschreckende Gottesbilder und Glaubensvorstellun-gen sind auf diese Weise vermittelt worden. Gott erscheintals der, der seine Menschen willkürlich zum Glaubenstestin einen Schraubstock einspannt. Glaube wird zur Leistung,die der Mensch zu seiner Befreiung erbringen muss. Liederund Geschichten wirken in dieser Altersstufe (d.h. beiKindern) besonders nachhaltig. Nicht selten fördern sieverzerrte Gottesvorstellungen.

Jürgen Flender: Christliche Sozialisation als Bedin-gung seelischer Erkrankungen. 1991, S.63

Aus literarischer Sicht

Der noch nicht 17-jährige Elias Canetti nahm im Religi-onsunterricht Anstoß an Abrahams Entschluss zur Opfe-rung seines einzigen Sohnes Isaak. Er sagt im zweiten (mitt-leren) Teil seiner Autobiographie über jenes Opfer: „Eshat den Zweifel am Befehl in mir geweckt, der nie wiedereingeschlafen ist“, ja, „es allein hat genügt, mich davonabzuhalten, zum gläubigen Juden zu werden.“ Dieser Erin-nerungsbericht wird in seiner ganzen Tragweite erstverständlich, wenn man Canettis zwanzig Jahre vor seinenMemoiren geschriebenes Hauptwerk ‘Masse und Macht’hinzunimmt. „Der Befehl“ wird dort in einer besonderseindringenden Untersuchung behandelt. Resultat: „Der

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Aus einem Leserbrief

… Als meine fünf Kinder nacheinander erwachsen wurdenund aus dem Haus gingen, litt ich bis zur Erschöpfung, bismir die Geschichte von Isaaks Opferung einfiel. Dannversuchte ich, die Kinder loszulassen, und nun sind siealle wiedergekommen.

Julie Kern, Ludwigsburg. In: Deutsches AllgemeinesSonntagsblatt 16/ 1981

Aus pädagogischer Sicht

Ich möchte eine Kindergartenerfahrung an den Anfang stel-len. Da erzählt ein Kind der Kindergartengruppe, dass derVater zu Hause den kleinen Bruder so geschlagen habe,dass Blut aus der Nase kam. Darauf empören sich einigeandere Kinder der Gruppe über den Vater, aber Ulrike sagt:Wieso? Mit seinen Kindern kann der Vater machen, was erwill. Nun gehen wir einen Schritt weiter zur pädagogischenBedeutung von Isaaks Opferung. Religionspädagogisch hatman lange Zeit die Frage nach dem Kind außer Acht gelas-sen. Man hat nicht bedacht, dass ein 4-, 5-, 7- oder 8-jähri-ges Kind sich nicht mit dem greisen Abraham, sondernmit dem Kind der Geschichte identifiziert und dass danndie Erfahrung am Ende steht, dass der Vater unberechen-bar sei oder, wie bei dem Mädchen: Mit seinen Kindernkann der Vater machen, was er will, und wenn er sie blutigschlägt, dann ist das seine Sache. Vater ist unberechenbar,Gott Vater ist unberechenbar, und schließlich kann am Endeder Glaube an das blinde Schicksal stehen, das haltzuschlägt, wo immer es will.

Hans-Jürgen Fraas: Recht von Gott reden. In: W. Böhme,Ist Gott grausam? 1977, S.47f. (Text leicht gekürzt und leichtüberarbeitet)

M 1b: Unterschiedliche Stimmen zu Gen 22

Arbeitsauftrag

• Diskutiert die hier abgedruckten Äußerungen zu Gen 22: Welche leuchtet euch ein? Welcher möchtet ihr wider-sprechen?

• Formuliert eine eigene Stellungnahme zu Gen 22,1-19.

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Befehl ist das gefährlichste einzelne Element im Zusam-menleben der Menschen geworden. Man muss den Muthaben, sich ihm entgegenzustellen und seine Herrschaftzu erschüttern.“

Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt. 43/ 1987

Aus psychoanalytischer Sicht

Ich habe dich, wie es mir deine Diener nahe legten, ange-staunt ob deiner Güte, Abraham den Isaak nicht schlach-ten zu lassen. Du hättest es ja so leicht fordern können, erhätte es für dich getan… Oder hast du vielleicht nur einunverschämtes Glück gehabt, dass dir in letzter Sekundedie Idee kam, einen Engel an den Ort des geplanten Gemet-zels zu schicken? Vielleicht wären dem guten Abrahamdoch noch Zweifel an den Vorteilen seiner privilegierten

Beziehung zu dir gekommen, wenn ihn erst Isaaks Blutbespritzt hätte?Bei deinem eigenen Sohn warst du dann ungenierter

und hast deinem Sadismus freien Lauf gelassen. Man hatmir weismachen wollen, dass du mit seiner Opferung amKreuz den neuen Bund der Liebe hast einläuten wollen.Und wiederum habe ich versucht, auf allgemeine Auffor-derung hin, dich anzustaunen, weil du für mich armenSünder deinen einzigen Sohn geopfert hast. Das machtnatürlich Eindruck: Wie schlecht muss ich sein, dass eseiner solchen Inszenierung bedarf, um mich zu erlösen!Seltsam, seltsam – keiner von den Predigern hat je Verdachtgeschöpft, dass vielleicht nicht mit uns, sondern mit diretwas nicht stimmt, wenn du vor lauter Menschenliebedeinen Sohn schlachten lassen musstest.

Tilman Moser: Gottesvergiftung. 1976, S.20

M 2: Historisch-kritische Arbeit an Gen 22, 1-19

Die Geschichte von Abraham, der auf Befehl Gottes beinahe seinen Sohn geopfert hätte, wirft einige Fragen auf:• Will die Bibel wirklich von einem Gott erzählen, der von einem Menschen verlangt, dass er einen anderenMenschen, noch dazu sein eigenes Kind, tötet, um seinen Glauben an Gott zu beweisen?

• Will der biblische Gott von uns Menschen blinden Gehorsam?• Gott hat Abraham schon früher (Gen 12 und Gen 15) eine zahlreiche Nachkommenschaft versprochen. Warumwird hier nun auf einmal gesagt, diese zahlreiche Nachkommenschaft sei die Belohnung für AbrahamsOpferbereitschaft, weil er eine „Glaubensprobe“ bestanden habe?

• Als Gott die Städte Sodom und Gomorra vernichten will (Gen 18), versucht Abraham hartnäckig, Gott vondieser Absicht abzubringen – und Gott nimmt ihm das keineswegs übel! Als es aber um seinen eigenen Sohngeht, soll Abraham – ohne ein Wort des Widerstands oder wenigstens eine Rückfrage! – aufgebrochen sein,um Isaak zu töten?

Arbeitsauftrag (Gruppenarbeit oder Partnerarbeit)

• Untersucht die verschiedenen Äußerungen zum Thema „Opfer/Menschenopfer“ im Alten Testament (M 3).• Formuliert gemeinsam ein Ergebnis. So könnte euer Satz beginnen: „Untersucht man andere Aussagen derhebräischen Bibel zum Kinderopfer und zum Opfer, so zeigt sich, dass …“

• Informiert euch über die Entstehung von Gen 22,1-19, die religionsgeschichtlichen Parallelen und die histo-rischen Hintergründe (M 4).

• Offensichtlich war die Frage, ob ein wahrer Gott Opfer und sogar Menschenopfer will, für das Gottesverständ-nis damals wichtig. Was für ein Verständnis von Gott hatten Menschen, wenn sie davon ausgingen, dass GottOpfer möchte? Was war für Menschen wichtig, die glaubten, dass Gott Menschenopfer ablehnte? Stellt euchvor, ein Mensch sagt zu einem Israeliten: „Wir geben unseren Göttern das Beste, was wir haben: unsere Erst-geborenen. Und ihr? Ihr speist euren Gott mit Tieropfern ab! Ihr müsst doch zugeben, dass wir unsere Reli-gion ernster nehmen als ihr!“ Was könnte der Israelit ihm geantwortet haben? Formuliert seine Antwort undbezieht dabei Gen 22,1-19 mit ein.

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M 3: Opfer und Menschenopfer im Alten Testament

Arbeitsauftrag

Teilt die Textgruppen A. bis E. unter euch (als Klasse) auf. Untersucht dann in Partner- oder Gruppenarbeit, welcheAussagen das Alte Testament zum Thema „Opfer/Menschenopfer“ macht. Notiert stichwortartig eure Ergebnis-se in der rechten Spalte der Tabelle. Wenn ihr damit fertig seid, teilt ihr euch die Ergebnisse gegenseitig mit undvervollständigt so die Notizen auf eurem Arbeitsblatt.

A. Erzählungen

Richter 11,29-40

2.Könige 3,1-7+23-27

B. In Ägypten

Exodus 13,1f+11-15

Numeri 3,11-13

Numeri 18,1+15-17

C. Die Situation in der Königszeit

2.Könige 16,1-3

2.Könige 21,1-6

2.Könige 23,1-4+10

D. Gebotstexte und der Prophet Jeremia

Leviticus 18,21; 20,2-5

Deuteronomium 18,9-14

Jeremia 19,1-6

E. Grundsätzliche Aussagen über das Opfer bei den Propheten

Jeremia 7,21-26

Amos 5,21-25

Micha 6,6-8

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Literarkritische Untersuchungen haben ergeben, dassder Text von 1.Mose 22,1-19 keine einheitliche, ge -schlossene Erzählung ist. Ihm liegt eine alte Erzählungzugrunde, die erklärt, warum an dem Kultort El Jir’ae(= Gott sieht) statt der üblichen Menschenopfer nur Tier-opfer (Widder) dargebracht wurden. Als Grundstockder Erzählung lässt sich folgender Text rekonstruieren:

(3) X machte sich frühmorgens auf, sattelte seinen Esel,nahm seine beiden Knechte mit sich und ging zu der(heiligen) Stätte. (4) Am dritten Tag erhob X seine Augenund sah die (heilige) Stätte von ferne. (5) Da sprach Xzu seinen Knechten: Bleibt hier mit dem Esel. Ich abergehe mit dem Knaben dorthin, um anzubeten, dann kehreich zu euch zurück. (9) Als er zu der (heiligen) Stättekam, baute X dort einen Altar, fesselte den Knabenund legte ihn auf den Altar. (10) Dann streckte X seineHand aus, um den Knaben zu schächten. (11) Da riefihn El (Gott) an, (12) er sprach: Strecke deine Handnicht gegen den Knaben aus, tue ihm nichts an! (13) Daerhob X seine Augen und sah: Siehe, hinten war einWidder, der sich mit seinen Hörnern im Gestrüpp verfan-gen hatte. Da ging X hin, nahm den Widder und schäch-tete ihn anstelle seines Sohnes. (14) Und X nannte denNamen dieser (heiligen) Stätte: El Jir’ae. (19) Dannkehrte X zu seinen Knechten zurück.

M 4: Gen 22,1-19: Die Entstehung des Textes

Arbeitsauftrag

Vergleicht den rekonstruierten Grundstock der Erzählung mit dem biblischen Text (Genesis 22,1-19). • Was hat der Verfasser des Bibeltextes hinzugefügt?• Wie hat sich der Sinn der Geschichte dadurch geändert?

Informationen und Arbeitsaufträge zu M 1 bis M 5

1. Sucht euch einen, zwei oder drei Klassenkameraden, mit dem / mit denen ihr gerne zusammenarbeitet,und bildet Kleingruppen (nicht mehr als vier Personen!).

2. Arbeitsbedingungen:• Stellt zwei Tische zusammen und setzt euch so, so dass alle Gruppenteilnehmer einander anschauenkönnen!

• Lasst jede/n zu Wort kommen und ausreden!• Achtet darauf, dass alle mitarbeiten!

3. Material: Jede/r braucht eine Bibel und Schreibsachen (Papier, Stift).4. Vorgehen: Bearbeitet die Arbeitsblätter in der vorgegebenen Reihenfolge (1-5). Bei Fragen, die ihr nichtselbst lösen könnt, dürft ihr euch gern an euren Fachlehrer / eure Fachlehrerin wenden.

Achtung:• Zwischen M 1a und 1b könnt ihr auswählen! • Für M 3 müsst ihr euch mit den anderen Kleingruppen einigen, wer welche Textgruppe untersucht.

Zu dieser Erzählung gibt es interessante religionsge-schichtliche Parallelen:

Nach einer phönizischen Kultsage hat der Gott El selbstden Kult des Kinderopfers gestiftet: In einer Zeit derNot hat er seinen Sohn Jehud auf einem eigens dafürerrichteten Altar seinem Vater Uranos als Brandopferdargebracht. Der Name des Sohnes bedeutet „der Einzi-ge“ oder „der Geliebte“ (vgl. 1.Mose 22,2!). Möglicher-weise handelt es sich bei der Erzählung, die 1.Mose 22zugrunde liegt, um eine Weiterentwicklung dieser altenphönizischen Kultsage.In der griechischen Mythologie wird von der Opfe-rung Iphigenies durch Agamemnon erzählt. Hier sorgtdie Göttin Artemis dafür, dass anstelle von Iphigenieeine Hirschkuh geopfert wird. Auch diese Erzählungwar ursprünglich eine ätiologische Sage, die erklärensollte, wie es zur Ablösung des Menschenopfers durchdas Tieropfer gekommen ist.

Im Laufe der Jahrhunderte geriet der Kultort El Jir’aein Vergessenheit. Die Erzählung wurde vermutlich alsGeschichte von der Rettung eines zum Opfer bestimm-ten Sohnes weitererzählt und dann irgendwann einmalauf die Gestalt des Abraham übertragen.

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Pfarrer Reuß geht zunächst auf das ein, was an dieser Ge -schichte problematisch ist: der bedenkenlose GehorsamAbrahams, sein blinder Glaubenseifer ohne eigene Verant-wortlichkeit, die mögliche Wirkung der Geschichte in Kin -derbibeln. Reuß fährt fort:Was für ein Glück, dass die Geschichte von Isaaks

Beinahe-Opferung sich wahrscheinlich gar nie so abge-spielt hat! Was für ein Glück, dass wir es hier mit einer typi-schen Sage jener Zeit zu tun haben, die irgendwann aufAbraham übertragen wurde. Aber ist damit das Rätsel dieser dunklen Erzählung

gelöst? Auch wenn sie erfunden sein sollte, diese Geschich-te zeigt doch in aller Deutlichkeit: Der biblische Erzählerhätte es Abraham zugetraut, dass die Sache so gelaufenwäre. Und was schlimmer ist: Er hätte es Gott zugetraut.Alles in allem eine fragwürdige Geschichte, trotz des uner-warteten Ausgangs.Ein bisschen Licht mag in das Dunkel dieser Geschich-

te kommen, wenn wir sie eingebettet sehen in ihre dama-lige Zeit und Umwelt. Als die Israeliten nach Palästinaeinwanderten, trafen sie dort auf eine Kultur und Religion,in der das Problem „Menschenopfer“ eine gewisse Rollespielte. Auch wenn bislang keine Funde von Menschenop-fern aus der damaligen Zeit vorliegen, gibt es doch Hinwei-se, dass sie für die Sicherung der Fruchtbarkeit und als letz-te Rettung in der Not in Erwägung gezogen wurden. Undso mussten sich nun auch die Israeliten mit der Frage ausein -andersetzen: Was verlangt Gott, damit er helfend eingreift,bevor es zu spät ist? Was kann er verlangen? Auch das, waseinem Menschen am wichtigsten und liebsten ist, nämlichdas eigene Kind? Auf derartige Fragen […] wollte diese Geschichte viel-

leicht einmal antworten. In Abraham, dem Stammvater,fand man dabei die eigene Glaubenshaltung abgebildet.Im damaligen Lebenszusammenhang hatte die Ge -

schichte also durchaus ihren Sinn. Vielleicht keinen guten,aber immerhin einen begreiflichen Sinn. Ein Unsinn, eingefährlicher Unsinn wurde daraus erst dann, als man dieZeitbedingtheit dieser Geschichte vergaß und AbrahamsBedenkenlosigkeit hochjubelte zu einem (wie man mein-te) zeitlosen Vorbild des Glaubens. […]Vom Neuen Testament her ist uns ein Maßstab an die

Hand gegeben, den wir nicht vergessen sollten. Dieser

Maßstab ist Jesus und seine Botschaft. Was dem Anliegenund der Wesensart Jesu Christi widerspricht, kann für unsChristen nicht maßgeblich sein, und wenn es hundertmalin der Bibel stehen sollte. Ist diese Geschichte von Abra-hams Opferwilligkeit denn jesus-gemäß? Das ist die ent -scheidende Frage, die hier gestellt werden muss. Und ichkann darauf nur antworten: Nein, diese Geschichte ist nichtjesusgemäß. Nicht im entferntesten. Das Gottesbild, das ihrzugrunde liegt, ist mit dem Gottesbild Jesu schlichtwegunvereinbar. […]Erinnern wir uns: Für Jesus ist der Sabbat da um des

Menschen willen – und nicht umgekehrt (Markus 2,27). Unddas bedeutet: Was immer auf uns zukommen mag mit demAnspruch, Wort und Weisung Gottes zu sein, das muss sichmessen lassen an Fragen wie diesen: Ist es menschenfreund-lich? Kommt es dem Leben zugute? Erhöht es die Chancenauf Freiheit und Glück – oder macht es sie zunichte?Unermüdlich haben die alttestamentlichen Propheten

darauf hingewiesen, und Jesus hat es bestätigt: Gott willkeine Tier- und erst recht keine Menschenopfer. Er willetwas ganz anderes. Er will, dass die Menschen selbstbe-wusst, verantwortlich und liebevoll miteinander umgehen.Auch und gerade Väter und Mütter mit ihren Söhnen undTöchtern. Darum kann ich Abraham hier nicht als Vorbildsehen.Doch damit ist die Geschichte nicht erledigt. Auf eine

abgründige Weise hält sie uns nämlich einen Spiegel vor.Einen dunklen Spiegel, in dessen Tiefe wir etwas entde-cken können, was uns nicht gefällt, was wir nicht mögen –und was doch irgendwie zu uns gehört. Abraham – das könn-te ja auch ein Teil von uns selbst sein. Jener Teil in uns, derGrundsätze und feste Überzeugungen hat.Ich meine das so: Als Vater oder Mutter haben wir doch

bestimmte Vorstellungen, wie unser Kind einmal werdensoll. Ehrlich, fleißig, anständig, erfolgreich usw. Und wirwissen auch, wie unser Kind auf keinen Fall werden darf.Wir wissen, was geht und was nicht geht. Wir wissen dasaus der Bibel und anderen Büchern. Wir wissen es vomReligions- und Konfirmandenunterricht her. Vor allem aberwissen wir es aufgrund unserer Lebenserfahrung undaufgrund der Erziehung, die wir selbst genossen haben.Zielvorstellungen, Idealvorstellungen sind für die Erzie-

hung unentbehrlich. Aber es liegt auch eine Gefahr darin

M 5: Eine Predigt über Gen 22,1-19von Pfarrer Jörg-D. Reuß (Auszüge)

Arbeitsauftrag

• Lest die Predigt des Pfarrers. • Unterstreicht die Stellen im Text, an denen er auf Ergebnisse der historisch-kritischen Textauslegung zurück-greift.

• Der Pfarrer unterscheidet zwischen dem Sinn der Geschichte „damals“ und „heute“. Worauf wollte Gen 22,1-19 ursprünglich einmal antworten? Welchen Sinn kann die Geschichte heute haben?

• Diskutiert, ob ihr euch der Textauslegung des Pfarrers anschließen könnt.

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uns, wenn wir dann wie Abraham die Stimme von obenhören: Erhebe nicht die Hand gegen dein Kind! Lass esleben. Lass es frei. […]Wenn schon etwas geopfert werden muss, dann der

Widder im Gestrüpp. Auch er lässt sich betrachten als einTeil von uns selbst. Ein Teil, der stark ist, aber auch einbisschen dumm. […] Er kann sich in verschiedener Weisezeigen. Zum Beispiel als Reizbarkeit, die allzu schnellbereit ist, einen Gegner auf die Hörner zu nehmen. Aberauch umgekehrt: als Konfliktscheu, die um jede Auseinan-dersetzung einen Bogen macht. Oder unser Geltungsbe-dürfnis, das uns immer wieder in die gleiche Falle lockt.[…] Unsere Neigung, mit dem Kopf durch die Wand zuwollen und das, was uns wichtig ist, mit Gewalt durchzu-setzen.Wir werden ihn nicht los, diesen lästigen, schafsköpfi-

gen Gesellen. Jedes Mal, wenn wir uns umdrehen, hängter wieder irgendwo hinter uns im Gestrüpp herum. Damitmüssen wir leben. Und damit können wir leben. Denn Gottnimmt uns an samt unserer Schafbocknatur, die eben auchleben will. Dafür hat Jesus sich verbürgt.Freilich: Ungebremst können wir den Schafbock in uns

dann doch nicht leben lassen. Weil er uns und andere stört,müssen wir ihn ab und zu opfern, wohl oder übel. Aberunsere Söhne und Töchter sollen wir nicht opfern. Die sollenleben und sich entfalten, damit aus ihnen wird, was Gott insie hineingelegt hat. Amen.

versteckt. Es kann passieren, dass wir die Lebendigkeit unse-rer Kinder dafür aufs Spiel setzen. Oder sie auf irgendei-nem Altar opfern. Zum Beispiel auf dem Altar des Erfolges.Natürlich haben wir dabei die besten Absichten. „Mein

Kind soll es einmal besser haben als ich. Deshalb muss esaufs Gymnasium.“ Auch wenn es sich von seiner Begabungher dort nicht wohl fühlt und sich halb tot arbeiten muss,um einigermaßen mitzukommen. Vielleicht kann man darü-ber reden, ob das wirklich sinnvoll ist. Das wäre gut. Abermanche Ansichten sitzen so tief, dass wir überzeugt sind:Da gibt es nichts dran zu rütteln. Das muss einfach so sein,ob es meinem Kind passt oder nicht. Biblisch gesprochenhieße das: Hier liegt ein göttlicher Befehl vor. Eine Weisungmit absoluter Verbindlichkeit. Da gibt es kein Wenn undAber.Oft haben wir ja Recht mit unseren festen Grundsätzen.

Aber manchmal ist es auch so, dass wir unser Kind damitunerträglich einschnüren. Wie Abraham den Isaak gefes-selt hat, so legen wir gelegentlich unser Kind in Fesseln.Unser leibliches Kind oder – öfter noch – jenes Kind, daswir selber einmal gewesen sind und das nun tief in unsererSeele weiterlebt. Auch das Kind in uns braucht ja Bewe-gungsfreiheit, braucht Spielraum, um lebendig zu bleiben.Sonst erstickt unsere Fantasie, und wir fangen an, innerlichzu versteinern.Manchmal sind wir in Gefahr, für unsere Grundsätze

und Ideale die Lebendigkeit des Kindes zu opfern. Wohl

O stereier färben, Osternester basteln, Ostersträußeschmücken, Oster- und Frühlingslieder singen –die Wochen vor Ostern bieten Kindern wie Erzie-

herinnen und Erzieher im Kindergarten vielfältige Möglich-keiten zur Vorbereitung des Osterfestes. Doch während dasOsterfest und die damit verbundenen Vorbereitungen großeKreativität freisetzen, stellt die Beschäftigung mit den zumPassions- und Osterzyklus gehörigen biblischen Geschich-ten vor grundsätzliche Fragen. Kann, darf, soll man Kinder im Kindergartenalter über-

haupt mit der Passions- und Ostergeschichte in Berührungbringen?

Wie ist mit solchen Aspekten umzugehen, bei denendifferenzierte historische und theologische Urteile oderDeutungen unerlässlich erscheinen: wie z. B. der Frage nachder Verantwortung für den Tod Jesu oder nach der Bedeu-tung des Abendmahls oder des Kreuzestodes? Welche Methoden und Formen ermöglichen es den

Kindern, die Geschichten zu entdecken, eigenen Eindrü-cken und Einsichten Ausdruck zu verleihen?Ausgehend von diesen Fragen habe ich im Frühjahr

2010 gemeinsam mit zwei Erzieherinnen des Kindergar-tens Neddenaverbergen (Landkreis Verden) ein Projekt fürdie Passions- und Osterzeit konzipiert und durchgeführt.

„Erzählst Du uns heute wieder eine Geschichte?“ Passion und Ostern im Kindergarten – ein Projektbericht

Von Harm Cordes

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Methodische Erläuterungen

Das zentrale Ziel des Projekts besteht darin, die Kinder mitausgewählten Abschnitten der Passionsgeschichte bekanntzu machen und ihnen vielseitige Möglichkeiten zu einerersten persönlichen Aneignung wesentlicher Inhalte anzu-bieten. Um den Kindern eine schnelle Gewöhnung an den äuße-

ren Rahmen und die verwandten Methoden zu ermöglichen,folgen alle vier Einheiten demselben Verlaufsmuster. Dererste Hauptteil beginnt mit der Begrüßung der Kinder durcheinen Mitarbeiter. Es folgt ein Lied, dem sich die Erzäh-lung am Bodenbild anschließt. Den zweiten Hauptteil bildetein auf die Erzählung abgestimmtes Bastelangebot. Eingemeinsamer Abschluss jeder Einheit nach der kreativenPhase ist denkbar.

Erzählung mit Bodenbild

Die vier ausgewählten Abschnitte der Passionsgeschichtewerden von einem Erzieher erzählt (Erzählvorschläge vgl.M 1); in Anlehnung an die von Franz Kett entwickeltenMethoden wird die Erzählung mit der Entwicklung einesBodenbilds verbunden. Dieses soll die Kinder dabei unter-stützen, sich über das bloße Hören der Geschichten hinauseine eigene Vorstellung von ihnen zu bilden und an ihrererzählerischen (Aus-)Gestaltung mitzuwirken.Das Bodenbild wird auf dem Fußboden aufgebaut und

hat eine Größe von ca. zwei mal drei Metern, so dass sichdie Kinder darum setzen können. Vier unterschiedlich farbi-ge Flächen aus Krepp-Papier bilden die Grundfläche undgliedern das Bild in vier gleich große Teile.

Erste wichtige Stationen der Gesamterzählung sindbereits aufgebaut: im ersten Segment (UntergrundfarbeGrün) eine angedeutete Stadtmauer Jerusalems, im zwei-ten Segment (Untergrundfarbe Lila) der Saal für das Abend-mahl und ein Palast sowie auf dem Übergang vom zweitenzum dritten Segment eine Tribüne; im dritten Segment(Untergrundfarbe Schwarz) eine Kreuzigungs-Stätte, gege-benenfalls auf einem angedeuteten Hügel; im viertenSegment (Untergrundfarbe Weiß) eine Felsenhöhle. Mit Hilfe einer Schablone (M 2) haben wir unterschied-

lich große schematische Menschenfiguren gebastelt und

im Bodenbild eingesetzt. Bewusst verzichteten wir auf dieweitere Ausgestaltung der Figuren; lediglich mit der Farb-wahl (gelb für Jesus und seine Jünger, eine dunkle Farbefür die Gegner; lila für Pilatus, weiß für den Engel in derOstergeschichte) setzten wir einen gestalterischen Akzent.An jedem Projekt-Tag wird ein Abschnitt der Passi-

ons- und Ostergeschichte erzählt und werden gemeinschaft-lich mit den Kindern in dem dazu gehörigen Segment desBodenbildes Orte, Landschaften und Personen aufgebaut,gegebenenfalls bewegt oder verändert. Als Bindeglied zwischen der Erzählung und der krea-

tiven Phase dient in den ersten drei Einheiten je ein beson-derer Gegenstand (z. B. ein Palmwedel in der ersten Einheit),dessen Bedeutung in der Erzählung erschlossen und der imBastelangebot aufgenommen wird.

Das BastelangebotAls Erinnerung an das Projekt gestaltete jedes Kind ein Pas -sions- und Ostermosaik, das sich entsprechend den Erzähl-einheiten aus vier Einzelelementen zusammensetzt.

Grundlage dieses Mosaiks ist eine ca. 20 x 20 cm großeSperrholzplatte, die durch eine quer und längs über dasBrett gespannte und schließlich auf der Rückseite verknüpf-te farbige Kordel in vier gleich große Abschnitte geteiltwird. Sukzessive wird für jeden der vier Bereiche eine klei-ne Bastelarbeit gestaltet. Zum Abschluss des Projekts wirddas fertige Bild mit einem Bilderhaken versehen, sowie eindas Mosaik erläuternder Text auf die Rückseite geklebtwird.

Zur Durchführung

Erste Einheit: Jesus zieht in Jerusalem ein

Einstieg und Erzählung: Das Bodenbild sollte in seinerGrundstruktur aufgebaut sein; überdies könnten Materialfür den Bau einer Stadtmauer und eines Stadttores sowie

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ein Haus mit einer danebenstehenden Eselsfigur vorberei-tet sein und ein oder mehrere kleine Palmwedel oder Stoff-stücke oder Ähnliches bereit liegen. Inhalt der Erzählung: Jesus reitet auf einem Esel nach

Jerusalem. Seine Freunde sind begeistert. Sie legen Klei-der und Palmwedel auf die Straße. Sie glauben, dass Jesusder Retter ist, den Gott den Menschen versprochen hat.Kreatives Gestalten: Aus grünem und braunem Bast-

band gestalten die Kinder einen Palmwedel. Dazu dient einbrauner Bastfaden von ca. zehn Zentimetern Länge alsMittelrippe des Palmwedels, der im linken oberen Segmentdes vorbereiteten Holzbrettes aufgeklebt wird. Darüberwerden winkelkförmig grüne Bastfäden als Blätter des Palm-wedels geklebt.

Zweite Einheit: Jesus feiert mit den Jüngern Abendmahl und wird verraten

Einstieg und Erzählung: Für die Erzählung sind zwei Ortewichtig – der Saal, in dem Jesus mit seinen Jüngern Abend-mahl feiert, sowie der Palast des Hohepriesters, zu dem sichJudas aufmacht, um Jesus zu verraten. Zur Veranschauli-chung von Brot und Kelch könnten in der örtlichen Kirchen-gemeinde ein Abendmahlskelch und eine Patene entliehenwerden. Inhalt der Erzählung: Jesus ist mit seinen Jüngern zusam-

men. Er gibt jedem ein Stück von dem Brot und einenSchluck aus dem Weinkelch. Er sagt: „Das soll euch daranerinnern, dass ich euch lieb habe und immer für euch da bin.“Kreatives Gestalten: Die Kinder gestalten ein Abend-

mahls-Bild aus Deko-Sand. Dazu wird die Schablone (M3)in ausreichender Anzahl vorbereitet. Legt man diese auf dierechte obere Hälfte des Holzbrettes, lässt sich der ausge-sparte Bereich mit Kleber bestreichen. Anschließend wirdder mit Kleber bestrichene Bereich mit dem gefärbten Deko-Sand bestreut.

Dritte Einheit: Jesus wird verurteilt, gekreuzigt und begraben

Einstieg und Erzählung: Das Geschehen verteilt sich aufvier unterschiedliche Orte. Um die eigenständige Bedeu-tung des Pontius Pilatus herauszustellen, kann dessen Figureine eigene Farbe haben; der Ort für den Urteilsspruch isteine angedeutete Tribüne im Übergangsbereich vom lilazum schwarzen Segment; so steht die Figur des Pilatusden übrigen Figuren in einer erhöhten Position gegenüber.Im Zentrum des schwarzen Segments erhebt sich der mitTüchern und Papier gestaltete Kreuzigungshügel, auf demsich ein Holzkreuz als Symbol für die Kreuzigung Jesuaufstellen lässt.Inhalt der Erzählung: Die führenden Männer in Jeru-

salem ärgern sich über Jesus. Manche haben auch Angstvor ihm. Sie lassen ihn töten, weil er behauptet hat, er seider Sohn Gottes. Jesus wird in einer Höhle begraben.Kreatives Gestalten: Die Kinder formen aus lufttrock-

nendem Ton ein Kreuz und verzieren dieses mit bereitge-

legten Perlen und Schmucksteinen. Nach dem Trocknenwird das Kreuz mit doppelseitigem Klebeband auf demHolzbrett befestigt.

Vierte Einheit: Jesus wird vom Tod auferweckt

Einstieg und Erzählung: Die Geschichte von der Auferste-hung wird erzählt. Im Gegensatz zu den vorherigen Einhei-ten ist das Bodenbild schon für die Erzählung vorbereitet;die Grabhöhle ist – wie zum Ende der dritten Einheit – miteinem Stein verschlossen, allerdings befindet sich in ihrkeine Erzählfigur. Inhalt der Erzählung: Drei Tage später weckt Gott Jesus

vom Tod auf. Bald darauf breitet sich die Botschaft unterden Jünger aus: „Jesus lebt. Wir müssen nicht mehr trau-rig sein.“Kreatives Gestalten: Um die Kinder zu einer eigenen

Deutung anzuregen, werden die Kinder gebeten, auf demnoch freien Segment ihres Passions-Mosaiks ein eigenesBild von der gehörten Geschichte zu malen. Sollten sieSchwierigkeiten bei der Motivfindung haben, können dieErzieherinnen sie nach wesentlichen Eindrücken von derErzählung fragen und sie anleiten, einen dieser Eindrücke(das offene Grab, die leuchtende Gestalt o.ä.) zu malen.Diese individuelle Deutung wird im Rahmen des Baste-

langebots angeregt. Dazu werden Stifte bereitgestellt, mitdenen hölzerne Flächen bemalt werden können. Für die Planung der letzten Einheit ist zu bedenken,

dass die Bilderrahmen auf der Rückseite mit einem erläu-ternden Text (M 4) versehen werden sollen, der den Kindernund Eltern bei der gemeinsamen Betrachtung des Bildesund einem eventuellen Rückblick auf die Einheit helfenkann.

Rahmenbedingungen

Zeitlicher Rahmen: Um das Projekt in den Kindergarten-Alltag integrieren zu können, haben wir es in insgesamtvier Einheiten von je ca. 45 Minuten Länge durchgeführt.Personeller Aufwand: Wir haben das Projekt für eine

Kindergartengruppe von 24 Kindern mit insgesamt dreierwachsenen Mitarbeitern durchgeführt. Dadurch war esmöglich, zwei Teilgruppen zu bilden, die von je einem Mitar-beiter begleitet wurden, während sich ein dritter Mitarbei-ter auf die Erzählung der Geschichte für beide Teilgrup-pen konzentrieren konnte.

Materialbedarf Passions- und Ostermosaik

Vorbereitetes Material für alle Tage: eine Sperrholzplatte20 x 20 cm je Kind; farbige Kordeln zum Unterteilen derHolzplatte in vier Segmente• 1. Einheit: grünes und braunes Bastband, Scheren,Bastelkleber

• 2. Einheit: brauner Dekosand, Bastelkleber, ausreichendSchablonen „Kelch und Brot“ (M 3)

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• 3. Einheit: farbige Schmucksteine und -perlen, lufttrock-nender Ton / Modelliermasse, doppelseitiges Klebeband

• 4. Einheit: Farbstifte zum Malen auf Holz, für die Rück-seite des Passionsbildes je Kind ein Text „Vom Palm-sonntag zum Ostermorgen“ (M 4), Tesa-Film, selbst-klebende Bilderhaken

Materialliste Bodenbild

Holzbauklötze, Krepppapier in vier unterschiedlichenFarben, eine Eselsfigur, ein Palmwedel (über den Blumen-fachhandel zu beziehen), ggf. einige Stoffreste, Kelch undBrotteller, ein Holzkreuz, heller und dunkler Fotokarton,weitere Naturmaterialien zum Ausschmücken der Land-schaft. Figuren aus Fotokarton (M 2); alternativ: biblischeErzählfiguren

Reflexion des Projekts

1. Die Erzählung der Passions- und Ostergeschichten inder konzentrierten und begrenzten Fassung, für die wiruns entschieden hatten, stellte die größte Schwierigkeitdar. Selbst die vier kurzen Erzählfassungen enthaltenviele Anknüpfungspunkte für Gespräche, die bei denKindern Fragen und Gedanken auslösen.

2. Die feste Struktur der Einheiten und ihre strikte Einhal-tung hat den Kindern geholfen, sich auf das Projekteinzulassen. Auch die Entscheidung für ein offenes Endenach jeder Einheit war für unsere Kinder richtig;während einige möglichst schnell wieder mit ihren

Freunden spielen wollten, waren andere mit Eifer undAusdauer beim Basteln dabei und suchten dabei dasGespräch mit anderen Kindern oder den Mitarbeitern.

3. Die Erzieherinnen berichteten, dass die Kinder währenddes Projektzeitraums immer wieder, bisweilen in ganzanderen Zusammenhängen und gänzlich unvermittelt,auf die erzählten Geschichten und ihre persönlichenGedanken zu sprechen kamen. Diese Beobachtungverdeutlichte uns, wie intensiv sich einige Kinder mitden angesprochenen Geschehnissen und den damitverbundenen Themen auseinandersetzten.

4. Besonders der Abschnitt der Erzählung über Verurtei-lung und Kreuzigung Jesu führte zu zahlreichen Gesprä-chen mit den Kindern. Sie konnten sich in den Ärgerder Priester und Gelehrten ebenso einfühlen, wie sieklare Vorstellungen davon hatten, wie Jesus zu bestra-fen sei. „Der darf einfach eine Woche lang nicht fern-sehen!“ lautete der Vorschlag eines fünfjährigen Jungen,und auch den übrigen Kindern fielen Strafen für Jesusein, der sich als Sohn Gottes ausgegeben hatte und vonden Menschen so aufgenommen worden war.

Dr. Harm Cordes ist Pastor der Evangelisch-lutherischenLandeskirche Hannovers.

Literatur

Zimmermann, Mirjam: Kindertheologie als theologische Kompe-tenz von Kindern. Grundlagen, Methodik und Ziel kindertheo-logischer Forschung am Beispiel der Deutung des Todes Jesu,Neukirchen-Vluyn 2010.

M 1: Erzählvorschlag

1. Einheit: Jesus zieht in Jerusalem ein (Markus 11, 1-9)

Ich möchte Euch eine Geschichte erzählen. Sie ist vor vielenJahren in Jerusalem geschehen.Jerusalem war damals eine große Stadt, in der viele

Menschen lebten. Rings um die Stadt hatten sie eine Mauergebaut, um sich vor Räubern und bösen Menschen zu schüt-zen. Wer in die Stadt hinein wollte, musste dazu ein Stadt-tor benutzen. Eines Tages macht sich Jesus mit seinen Jüngern auf

den Weg nach Jerusalem. Da schickt er zwei seiner Jüngervoraus und sagt zu ihnen: „Vor uns liegt ein Dorf. Dortfindet Ihr ein Haus, vor dem ein junger Esel steht. Bindetihn los und bringt ihn zu mir. Wenn Euch jemand fragt, wasIhr dort tut, sollt Ihr sagen: Jesus hat uns geschickt, erbraucht den Esel und bringt ihn bald wieder.“Es dauert gar nicht lange, da sind die zwei Jünger wieder

zurück. Tatsächlich haben sie einen jungen Esel bei sich.

Sie legen einige Kleidungsstücke auf seinen Rücken, dannsetzt sich Jesus auf den Esel und sie ziehen los. Als sie soauf die Stadt zureiten, geschieht etwas Sonderbares. Eini-ge seiner Begleiter, aber auch Menschen, an denen Jesusvorbeireitet, bleiben stehen. Sie bringen große Zweige herbeiund legen sie vor Jesus auf den Weg. Andere breiten ihreKleider auf der Straße aus. Dazu jubeln sie laut und rufen:„Der Retter kommt in die Stadt!“ So geschieht es auf demganzen Weg; überall stehen Menschen, die Zweige oderKleider auf die Straße legen und Gott loben. Fast könnteman glauben, ein König würde in die Stadt einreiten. Soglücklich und begeistert sind die Menschen, als Jesus anihnen vorbeizieht. Viele von ihnen sind sicher, dass nun vieles in ihrem

Leben besser wird. Sie hoffen, dass Jesus der Retter ist, denGott den Menschen versprochen hat. Wie schön, dass erendlich zu ihnen kommt. Nur einige der Priester in Jerusalem sind ärgerlich, viel-

leicht auch neidisch. Was bildet sich Jesus ein? Sich so von

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den Menschen feiern zu lassen! Und überhaupt: woherwollen sie wissen, dass Jesus von Gott geschickt ist?

2. Einheit: Jesus feiert mit den Jüngern Abendmahl und wird verraten (Mk. 14, 12-25)

Jesus ist jetzt schon einige Tage in Jerusalem. Die Stadt istvoller Menschen. Miteinander wollen sie ein großes Festfeiern: das Passafest. Zu diesem Fest gehört ein besonde-res Essen, das die Menschen am Abend vor dem Fest mitei-nander teilen. Dazu kommen auch Jesus und seine Jüngerin einem Saal zusammen. Die Speisen und Getränke sindvorbereitet. Alles ist so wie immer. Da nimmt Jesus das Brot, das auf dem Tisch liegt, bricht

es auseinander und sagt zu seinen Jüngern: „Nehmt undesst jeder ein Stück von diesem Brot. Dieses Brot bedeu-tet, dass ich mein Leben für Euch geben werde.“ Da horchendie Jünger auf: die Worte, die sonst bei diesem Festessengesprochen werden, klingen anders. Sie ahnen, dass Jesusein besonderes Mahl mit ihnen feiert. Als Jesus den Kelch mit dem Wein vom Tisch nimmt,

sagt er auch dazu ganz eigene Worte, die sie so noch niegehört haben: „Trinkt alle aus diesem Kelch. Der Wein, denwir miteinander trinken, bedeutet, dass ich mein Blut fürEuch geben werde, damit uns nichts von einander trennenkann.“ Wieder wundern sich die Jünger. Und so richtigverstehen sie auch nicht, was Jesus ihnen sagen möchte.Aber sie trinken trotzdem, weil sie merken, wie wichtigJesus diese Momente sind. Nur einer der Jünger, er heißt Judas, geht heimlich davon.

Er will den Priestern helfen, Jesus gefangen zu nehmen.Dafür ist jetzt eine gute Gelegenheit gekommen. Schon baldsteht Judas vor dem Palast des Hohepriesters und gibt ihmBescheid: „Kommt mit, ich zeige Euch, wo Ihr Jesus fest-nehmen könnt.“

3. Einheit:Jesus wird verurteilt, gekreuzigt und begraben (Mk. 14, 43-15, 47)

Jesus ist mit seinen Jüngern aufgestanden. Nach dem Fest-essen gehen sie in einen Garten in der Nähe. Plötzlich hörensie Stimmen. Sie sehen Fackeln, und eine Gruppe vonbewaffneten Männern kommt auf sie zu. Judas zeigt ihnenden Weg. Als er vor Jesus und den übrigen Jüngern steht,tritt er zu Jesus und gibt ihm einen Kuss. An dem Kusserkennen die Männer Jesus. Schnell treten sie zu ihm, legenihm Fesseln an und nehmen ihn fest. Als Jesus sich nichtwehrt, verlässt seine Jünger der Mut und sie laufen weg. Jesus wird in einen großen Palast gebracht. Dort warten

der Hohepriester und seine wichtigsten Ratgeber. Der Hohe-priester fragt Jesus: „Bist Du wirklich der Sohn Gottes?“Aber Jesus antwortet nicht. Das macht die Männer nochzorniger. Am liebsten möchten sie ihn töten. Deshalb bringen sie ihn zu Pontius Pilatus, dem mäch-

tigsten römischen Soldaten in der Stadt. Nur er darf einen

Menschen zum Tode verurteilen. Viele Menschen stehenvor dem Palast von Pontius Pilatus. Sie wollen jetzt auch,dass Jesus getötet wird. Als sie merken, dass Pontius Pila-tus Jesus nicht verurteilen will, beginnen sie laut zu rufen:„Kreuzige ihn!“. Am Ende gibt Pontius Pilatus nach: „Ichkann nicht erkennen, warum ich Jesus verurteilen soll. Aberwenn Ihr es unbedingt wollt, soll er gekreuzigt werden.“ Wenig später führen die Soldaten Jesus aus der Stadt

heraus. Sie legen ihm das Kreuz auf den Rücken, an demer sterben soll. Als Jesus das Kreuz nicht mehr tragen kann,rufen die Soldaten einen Bauern heran. Er muss das Kreuzfür Jesus weiter tragen.Endlich sind sie an dem Platz angekommen, an dem

Jesus getötet wird. Die Soldaten nageln Jesus an das Kreuzund stellen es auf. Daneben stellen sie noch zwei Kreuze,an denen zwei Verbrecher bestraft werden.Als Jesus am Kreuz hängt, ist er ganz allein. Mit einem

Mal wird es ganz dunkel. Und das, obwohl es mitten amTag ist. Jesus schreit noch einmal ganz laut. Dann stirbt er.Spät am Abend kommt ein Mann zum Kreuz. Er nimmt

Jesus vom Kreuz ab, wickelt ihn in ein Tuch und trägt ihnzu einer Felsenhöhle. In diese Höhle legt er den toten Jesus.Schließlich rollt er einen großen Stein vor die Höhle, umsie zu verschließen.

4. Einheit: Jesus wird vom Tod auferweckt (Mk. 16, 1-20)

Es ist früh am Morgen. Vor drei Tagen ist Jesus am Kreuzgestorben. Einige Frauen haben sich auf dem Weg zum Grabgemacht. Bevor Jesus getötet wurde haben sie haben zuseinen Begleitern gehört. Jetzt, wo er tot ist, möchten sieihm ein letztes Mal etwas Gutes tun. Sie wollen ihn waschen,ihn mit gut riechenden Ölen einsalben und seinen Körperin frische Tücher einhüllen. Alles, was sie dafür brauchen,haben sie bei sich. Nur an eins haben sie nicht gedacht: „Wer soll denn

eigentlich den Stein vor dem Grab wegrollen“, fragen siesich auf dem Weg. Als sie an der Grabhöhle ankommen,erschrecken sie sehr. Der Stein vor der Höhle ist wegge-rollt. Das Grab ist offen. Ohne zu überlegen gehen die Frau-en in die Höhle. In der Höhle sitzt eine Gestalt, ein jungerMann in einem weißen Gewand. Als er die Frauen sieht,spricht er sie an: „Habt keine Angst. Ich weiß, wen Ihr sucht.Aber Jesus ist nicht mehr hier. Gott hat ihn vom Tod aufer-weckt. Er lebt. Geht hin und erzählt all seinen Freundendavon.“ Aber die Frauen sind so erschrocken, dass sie mit über-

haupt niemanden über das reden, was sie erlebt haben. Sieerzählen den Jüngern nichts von der leeren Grabhöhle undnicht von der Gestalt, die zu ihnen gesprochen hat. Dafür zeigt sich Jesus selbst seinen Jüngern in den nächs-

ten Tagen und Wochen. Nach und nach breitet sich unterihnen die frohe Botschaft aus: „Jesus lebt. Gott hat in vomTod auferweckt. Gott ist stärker als der Tod.“

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M 4: Vom Palmsonntag zum Ostermorgen

Palmwedel: Jesus reitet auf einem Esel nach Jerusalem. Seine Freunde sind begeistert. Sie legen Kleider undPalmwedel auf die Straße. Sie glauben, dass Jesus der Retter ist, den Gott den Menschen versprochen hat.

Kelch und Brot: Jesus ist mit seinen Jüngern zusammen. Er gibt jedem ein Stück von dem Brot und einenSchluck aus dem Weinkelch. Er sagt: „Das soll Euch daran erinnern, dass ich Euch lieb habe und immer fürEuch da bin.“

Kreuz: Die führenden Männer in Jerusalem sind neidisch auf Jesus; manche haben auch Angst vor ihm. Sielassen ihn töten, weil er behauptet hat, er sei der Sohn Gottes. Jesus wird in einer Höhle begraben.

Der Ostermorgen: Drei Tage später weckt Gott Jesus vom Tod auf. Der Tod ist besiegt und ein neues Lebenbeginnt. Bald darauf breitet sich die Botschaft unter den Jüngern aus: „Jesus lebt. Wir müssen nicht mehrtraurig sein.“

M 2: Schablone „Erzählfiguren“

M 3: Schablone „Kelch und Brot“

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Zwei Büros auf der Sonnenseite. Da, wo es im Sommerrichtig warm wird. Und auch im Winter das Licht bleibt.Jetzt stehen sie leer. Die in ihnen gedacht, gelacht undgearbeitet haben sind ausgezogen. Nur ungern habenwir sie gehen lassen. Christine Labusch und EvelynSchneider haben zum 1. Februar im RPI aufgehört.

Von Melanie Beiner

Evelyn Schneider war fast zehnJahre Dozentin für den BereichBerufsbildende Schulen. Nebendem täglichen Ge schäft derTagungsorganisation, der Ver -netzung von Themen und Ar -beitsfelder zwischen Kircheund Schule hat sie viele Veröf-fentlichungen am RPI heraus-gegeben: „Lasset uns Menschenmachen…“, „Zum Teufel mit den Schulden“, „Hinter�mHorizont geht�s weiter“. Vor allem aber hat sie den Bereichder Schulseelsorge in unserer Landeskirche aufgebaut unddie Weiterbildungen in diesem Handlungsfeld durchgeführt.Kreativ und scheinbar unermüdlich, erlebnispädagogischversiert und didaktisch klar, so hat sie die Teilnehmendenin ihren Fortbildungen und Workshops begleitet.

Christine Labusch war neunJahre Dozentin für den Bereichder Förderschulen. Auch sie hatneben diesem klassischenArbeitsbereich ein wichtigesweiteres schulisches Feld etab-liert: das der Schulentwicklung.Dass die Art der Mo tivationentscheidend mitbestimmt, ob

sich eine Sache konstruktiv entwickelt, das hat sie nicht nurim Blick auf das Lernen und Lehren im Un terricht vertre-ten, sondern auch konsequent in die Entwicklung und Stär-kung von Potentialen der Lehrkräfte und Leitenden einge-bracht. Dass es neben der kognitiven Auseinandersetzungmit Sachverhalten auch die emotive Bedeutung und diesinnliche Qualität des Wahrgenommenen das Lernen unddas Verhalten bestimmen, ist sozusagen eine ihrer Grund-melodien, die sich durch ihre Tätigkeit als Dozentin zog.Beiden danken wir sehr für viele Jahre engagierter Mitar-

beit. Noch mehr für die Atmosphäre der herzlichen Freund-lichkeit, der aufmerksamen und klugen Gespräche und derHilfsbereitschaft, die sie in das Kollegium und die Mitar-beiterschaft mit eingebracht haben. Für den weiteren Weg wünschen wir beiden Gottes

Segen und dass ihnen auch in den beruflichen Arbeitsfel-dern, in denen sie jetzt tätig sind, viel Helles entgegenscheint.

In eigener Sache:Abschied von Christine Labusch und Evelyn Schneider

Rainer Oberthür hat ein Buch derSymbole geschrieben und zusam-mengestellt, das zu einer „Entde-ckungsreise durch die Welt der Reli-gion“ einlädt. Es unterteilt sich inzehn „Symbollandschaften“, vondenen die Tiersymbolik eine bildet.Daneben werden z. B. Symbole ausdem Bereich der Erde (Erde, Wasser,Feuer, Luft), des Menschen (Auge,Ohr, Hand, Herz), der Natur (Berg, Baum, Wüste, Garten…),aber auch der Zahlen und Formen thematisiert. Jede dieserSymbollandschaften ist eine Zusammenschau von unter-

Rainer Oberthür

Das Buch der Symbole

Auf Entdeckungsreise durch die Welt der Religion,Kösel-Verlag München 2009, ISBN 978-3-466-36805-1,312 Seiten, 19,95 Euro.

„Stell dir vor, du würdest alle auf der Welt lebenden Tierekennen: Natürlich nicht jedes Tier persönlich, aber immer-hin jede Tierart mit Namen. Das wäre eine ziemlich guteLeistung, denn es sind ungefähr 1,75 Millionen verschie-dene Arten, die die Wissenschaftler insgesamt bis heuteerfasst haben.“ (189)

Buch- und Materialbesprechungen

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Nachrichten aus Schule, Staat und Kirche

Neuer Internet-Referent der LandeskirchePastor Kay Oppermann (42) aus Kirchwistedt bei Bremenwird neuer Internet-Referent der hannoverschen Landes-kirche. Er wird seine neue Stelle im Evangelischen Medien-und Servicezentrum in Hannover am 1. März antreten, teil-te der Kirchensprengel Stade am Dienstag mit. Mit Opper-mann wird das vierköpfige Team der dortigen Internet-Arbeit wieder komplett sein. Der Pastor wird sich vor allemum den Relaunch des landeskirchlichen Internet-Auftrittskümmern, der für 2012 geplant ist.Oppermann war bisher neben dem Gemeindepfarramt

auch Öffentlichkeitspastor des Kirchenkreises Bremervör-de-Zeven. In Kirchwistedt baute er unter anderem die Inter-net-Plattform des Kirchenkreises auf und schulte Jugend-liche am Computer und der Kamera. Zudem konzipierteer einen Regionalen Kirchentag, der für September 2011in Zeven geplant ist. (epd, 8.2.2011)

Niedersachsen erhält erste evangelische GesamtschuleIn Stadt Wunstorf bei Hannover kann die bestehende staat-liche Gesamtschule zu Beginn des neuen Schuljahres vonder hannoverschen Landeskirche übernommen werden.

Niedersachsen erhält damit die erste Integrierte Gesamt-schule in der Trägerschaft der Kirche. Geplant ist eine fünfzügige Ganztagsschule mit ver -

pflichtendem Religionsunterricht und einem Schulgeld von45 Euro, das bei Bedarf aber ermäßigt werden oder ganzentfallen kann. Die Kosten für Gebäudesanierung und -neubau wird zum größten Teil die Stadt tragen. Das Kultus-ministerium muss die Schule noch offiziell genehmigen. Bisher befinden sich vier allgemeinbildende Schulen

in Trägerschaft der Landeskirche. 2011 soll neben der IGSWunstorf eine weitere eröffnet werden. Insgesamt unter-halten die Hannoversche Landeskirche und ihre Diakoniemehr als 100 Schulen, vorwiegend berufsbildende Schulenund Förderschulen. (epd, 14.2.2011)

Immer mehr Niedersachsen engagieren sich freiwillig Mit insgesamt 2,8 Millionen Menschen sind in Niedersach-sen rund 41 Prozent der über 14-Jährigen bürgerschaftlichaktiv. Niedersachsen steht damit zusammen mit Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz bundesweit an der Spit-ze. Das besagt eine Studie von tns infratest München, dieEnde 2010 von der Staatskanzlei in Auftrag gegeben worden

schiedlichen Perspektiven auf die eine Welt und derenElemente. „Alle Dinge, die wir sehen, können wir doppeltanschauen: als Tatsache und als Geheimnis…“ (8) Auf ebendiese Weise finden sich in jedem Kapitel zu einem Symbolneben Gedankenimpulsen „Stell dir vor…“, die bei denLeserinnen und Lesern direkt konkrete Vorstellungen hervor-bringen, Wissens- und Staunenswertes („Aus 2000 MeternHöhe erkennen Seeadler eine Maus am Boden.“ (198),Historisches, Geschichten und „Bibel-Bilder“ („Der Adlerist der meistgenannte Vogel in der Bibel. ..Gott hütet seinVolk, wie der Adler, der sein Nest beschützt…(199))“sowieErklärungen zu den Bedeutungen, die die Symbole im Chris-tentum bekommen haben.In gewisser Weise setzt Rainer Oberthür so in die Tat

um, wozu Religionspädagoginnen und Religionspädago-gen seit langem auffordern: das komplementäre und mehr-perspektivische Denken zu fördern und die Unterschiede,aber auch die Ergänzungen und Abhängigkeiten derverschiedenen Sichtweisen auf einen Gegenstand in denBlick zu nehmen. Oberthür bietet mit dem Buch eine „Symboldidaktik

der anderen Art“. Diese andere Art besteht vor allem imZugriff und in der Aufbereitung. Es geht ihm darum, dieSymboldidaktik konkret werden zu lassen und in der Liniedes Theologisierens und Philosophierens mit Kindern diesedazu anzuregen, anhand der Symbole, des Wissens um dieNaturphänomene, aus denen sie gewonnen sind und derBedeutungen, die andere ihnen zuschreiben, eigene Zugän-

ge zu finden und eigene Erfahrungen zu machen – mit derSymbolsprache und ihrem Potential Wirklichkeit in ihrerMehrschichtigkeit zur Darstellung zu bringen.Dazu gehören auch fünf Kurzkapitel, sog. „Atempau-

sen“, in denen Oberthür die Bedeutung der Symbole imKontext menschlicher Entwicklung und menschlicher Spra-che für Kinder verständlich erklärt. Dieses Buch ist eineSymboldidaktik, die sowohl in Theorie als auch in Praxisan Kinder gerichtet ist. Es reiht sich so ein in die Veröffent-lichungen von Oberthür, die Kinder ansprechen und sie mitin auf eine gedankliche Reise in die Religion als Weltdeu-tung und Lebensdeutung mitnehmen.Genauso ist es an Erwachsene gerichtet, die mit Symbo -

len arbeiten. Am Ende finden sich methodische Impulsefür die Arbeit mit diesen Symbolen im Unterricht.Das Buch ist nicht nur ein reicher Fundus an Wissens-

und Staunenswertem, es setzt auch beispielhaft um, wasreligionspädagogisch wichtig ist: eigene Zugänge zur Reli-gion zu eröffnen. Religion wird dabei vor allem orientiertan dem sprachlich und bildlich Darstellbarem. Der Bereichder Handlung resp. Ethik bleibt weitgehend außen vor, imMittelpunkt steht die Beschreibung, Veranschaulichung unddas Verstehen von Zusammenhängen. Was daraus folgt, fürdie eigene Religiosität der Kinder und Erwachsenen, bleibtoffen, so offen, wie es sein soll, wenn man sich wirklichauf eine Entdeckungsreise begibt.

Melanie Beiner

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Bildungsinitiative für Erwachsene Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) will Glau-benskurse für Erwachsene zu einem Regelangebot vonGemeinden und kirchlichen Einrichtungen ausbauen. Dazustartete sie Ende Januar die Kampagne „Kurse zum Glau-ben“. Die EKD betrachte Glaubenskurse für Erwachseneals eine zentrale Zukunftsaufgabe. Sie habe dazu im vergan-genen Jahr die Projektstelle „Erwachsen glauben“ einge-richtet, die alle diesbezüglichen Aktivitäten koordiniert.Das Ziel sei, Glaubenskurse – ähnlich dem Konfirmanden-unterricht – in einigen Jahren zu einem selbstverständli-chen Bestandteil kirchlicher Arbeit auszubauen. Zukünftigsollen Menschen überall in Deutschland wohnortnah andiesen Kursen teilnehmen können. Näheres im Internetunter www.kurse-zum-glauben.de.

Abstimmung über WebFish 2011Ab 15. Februar können Internetnutzer unter www.webfish.demit entscheiden bei der Vergabe des evangelischen Inter-netpreises „WebFish“ 2011. Zehn christliche Internet-Ange-bote wurden für den diesjährigen Internetpreis der evan-gelischen Kirche nominiert. Die mit Medien-Experten ausKirche und Gesellschaft besetzte Jury unter Vorsitz desMitglieds des Rates der Evangelischen Kirche in Deutsch-land (EKD), Landesbischof Dr. Ulrich Fischer, hat aus über100 eingereichten Internetseiten die Vorauswahl getrof-fen. Die Jury und die Internetnutzer entscheiden gemein-sam, wer dieses Jahr Träger des WebFishs werden. Die erstendrei Plätze sind mit Geldpreisen verbunden (Gold: 1.500Euro, Silber: 1.000 Euro, Bronze: 500 Euro).

war. Ausgewertet wurden Daten einer deutschlandweitenErhebung des Bundesfamilienministeriums zum freiwilli-gen Engagement. Frauen übernehmen demnach vor allemin Religion und Kirche, Schule, Kindergarten und im Sozia-len freiwillige Aufgaben. Männer engagierten sich schwer-punktmäßig in Vereinen im Bereich Sport und Freizeit.Die Studie empfiehlt unter anderem eine stärkere Förde-

rung des Engagements junger Menschen. Dies habe zwarbei den 25- bis 34-Jährigen zugenommen, gehe bei denjüngeren jedoch zurück. Auch Menschen mit Migrations-hintergrund sollten stärker für das Ehrenamt geworbenwerden. (epd, 3.2.2011)

1.800 Sänger für Pop-Oratorium gesucht Rund 1.800 Sänger werden für das Pop-Oratorium „Die10 Gebote“ gesucht, das am 29. Januar 2012 in der TUI-Arena in Hannover aufgeführt werden soll. Teilnehmenkönnen Chöre und einzelne Sängerinnen und Sänger ausdem Gebiet der Hannoverschen Landeskirche. Das Orato-rium hatte 2010 in der Dortmunder Westfalenhalle zumKulturstadtjahr „Ruhr.2010“ mit mehr als 2.000 Sängerin-nen und Sängern seine Uraufführung gefeiert.Das Oratorium erzählt die biblische Geschichte des

Volkes Israel von der Berufung des Mose über den Auszugaus Ägypten bis zum Empfang der zehn Gebote am BergSinai. Die Solistenrollen werden unter anderem von Schau-spieler Otto Sander und der Pop-Sängerin Bahar Kizil vonder ehemaligen Gruppe „Monrose“ besetzt. Anmeldeschluss für das Oratorium ist der 30. Juni 2011.

Näheres unter www.die10gebote.de.

TREFFPUNKTE

Treffpunkt Kirchenpädagogik Gemeinsam geht es besserfür haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausGemeinden, Lehrerinnen und Lehrer, kirchenpädagogisch Interessier-te aus anderen BerufenKosten: 53,00 Euro

4. bis 6. März 2011Leitung: Christiane Kürschner

SCHULSEELSORGE

Weiterbildung Evangelische Schulseelsorge, Zertifikatskursefür Lehrerinnen und Lehrer, Pastorinnen und Pastoren, Diakoninnenund Diakone, die evangelischen Religionsunterricht erteilen

Kursreihe IV, Seminar 33. bis 5. März 2011Leitung: Almut Künkel, Reiner Andreas Neuschäfer

Veranstaltungen von März bis Mai 2011Ausführliche Hinweise zu den Tagungen finden Sie im Jahresprogramm 2011 (Beilage zum Pelikan Heft 4/2010) oderim Internet unter www.rpi-loccum.de. Anmeldungen dort online oder mit der Postkarte im Jahresprogramm.

Kursreihe V, Seminar 19. bis 11. Mai 2011Leitung: Almut Künkel, Reiner Andreas Neuschäfer

VOKATION

Mit Freude Religion unterrichtenEinführung in die Praxis des evangelischen Religionsunterrichtsfür Lehrkräfte aller Schulformen, die fachfremd evangelischen Reli-gionsunterricht erteilen (möchten)Zum Anmeldeverfahren siehe www.kirche-schule.de

22. bis 26. März 2011Leitung: Beate Peters

VokationstagungFreude an der Religion weckenfür Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger, Lehrerinnen und Lehrermit der Fakultas ReligionZum Anmeldeverfahren siehe www.kirche-schule.de

24. bis 26. März 2011Leitung: Dr. Friedhelm Kraft

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RPAG WolfsburgThema wird noch bekannt gegeben(geschlossener Teilnehmerkreis)

4. bis 6. April 2011Leitung: Ralf Rogge, Hanne Parsiegla

Religionspädagogische Langzeitfortbildung Kurs Q 2010/2011für sozialpädagogische Fachkräfte; Teilnahmevoraussetzung: auf Anfragein Kooperation mit dem Diakonischen WerkFünf Kurswochen und fünf ganztägige Treffen in RegionalgruppenAnmeldungen über das Diakonische Werk Hannover, Ebhardtstraße3 A, 30159 Hannover, Telefon: 0511/3604253, E-Mail: [email protected]

4. Kurswoche 9. bis 13. Mai 2011Leitung: Ralf Rogge, Ina Seidensticker

Religionspädagogischer FachtagGottes Spuren entdeckenfür sozialpädagogische Fachkräfte der Kirchenkreise Ronnenberg undLaatzen-Springe (geschlossener Teilnehmerkreis)

16. Mai 20119.00 bis 16.00 UhrLeitung: Ralf Rogge, Sabine Schommartz

Einführung in die Religionspädagogikfür sozialpädagogische Fachkräfte, vorzugsweise für neue Mitarbei-terinnen und Mitarbeiter gem. Rundverfügung G14/2000Anmeldungen über das Diakonische Werk Hannover, Ebhardtstraße3 A, 30159 Hannover, Telefon: 0511/3604253, E-Mail: [email protected]

23. bis 27. Mai 2011Leitung: Ralf Rogge, Andrea Lucker

FÖRDERSCHULE

Wie Feuer und Wind – Lebendige Lernarrangements rund umHimmelfahrt und Pfingstenfür Lehrerinnen und Lehrer an Förderschulen

5. bis 7. Mai 2011Leitung: Reiner Andreas Neuschäfer

GRUNDSCHULE

Arbeiten mit dem neuen Kerncurriculum – Nach Jesus Christusfragen (Schwerpunkt: Passion und Ostern)für Lehrerinnen und Lehrer, Katechetinnen und Katecheten, die inder Grundschule evangelischen Religionsunterricht erteilen

3. bis 5. März 2011Leitung: Beate Peters

Kursreihe Theologisieren und Philosophieren mit Kindern(geschlossener Teilnehmerkreis)

Kurs 2: Methoden des Philosophierens und Theologisierens5. bis 7. Mai 2011Leitung: Dr. Friedhelm Kraft, Beate Peters

Verschieden und doch gemeinsam …Zusatzfortbildung für UBUNTU-Multiplikatorinnen und -multipli-katoren sowie Fortbildung für interessierte Religionslehrerinnen und-lehrer in der Grundschule

26. bis 28. Mai 2011Leitung: Beate Peters, Klaus Burckhardt

SCHULFORMÜBERGREIFEND

Fortbildungsreihe Fachtagung Fachberatungfür Fachberaterinnen und Fachberater, die evangelischen oder katho-lischen Religionsunterricht erteilenFortbildungsreihe der Landesschulbehörde in Kooperation mit demBistum Hildesheim und dem RPI Loccum

23. bis 25. Mai 2011Beginn: 10.00 UhrOrt: Michaeliskloster, HildesheimLeitung: Ulrich Dettling, Dr. Friedhelm Kraft,

Frank-Peter Schmitz, Franz Thalmann

Inklusion konkret – Achtsamkeit im Alltagein Kooperationsseminar für Kolleginnen und Kollegen aus Kinder-tagesstätten, Grund- und Förderschulen

16. bis 18. März 2011Leitung: Reiner Andreas Neuschäfer, Beate Peters,

Ralf Rogge

Niedersächsische Konferenz für Schulpastorinnen und -pastorensowie Schuldiakoninnen und -diakonefür Pastorinnen und Pastoren, Diakoninnen und Diakone, die an Berufs-bildenden Schulen, an Gymnasien und an Gesamtschulen evangeli-schen Religionsunterricht erteilen

23. bis 24. März 2011Beginn: 10.00 UhrLeitung: Rainer Merkel, NN

FerienkursBiblische Geschichten und ihre „Spielräume“: Schöpfung für Lehrerinnen und Lehrer, Katechetinnen und Katecheten, die inder Grund-, Haupt- oder Realschule evangelischen Religionsunter-richt erteilen

15. bis 17. April 2011 Leitung: Dietmar Peter, Beate Peters

Ausbildungsziel Beratungskompetenz für Fachseminarleiterinnen und Fachseminarleiter für das Fach Evange -lische Religion an Förderschulen, Grund-, Haupt- und Realschulen

2. bis 4. Mai 2011Leitung: Dietmar Peter

Loccumer Elternratstagungfür die Vertreterinnen und Vertreter der Stadt-, Samt-, Gemeinde-,Kreis- und Landeselternräte

27. bis 28. Mai 2011Leitung: Christiane Kürschner

Vorbereitung der Lernwerkstatt-AusstellungenInteressierte sind herzlich eingeladen, nach Rücksprache neu in derGruppe mitzuarbeiten. Die Ausstellungen in diesem Jahr beziehensich auf das Schwerpunktthema „Symboldidaktik – neue Ideen zueinem älteren Ansatz“.

20. bis 21. Mai 2011Leitung: Beate Peters

ELEMENTARPÄDAGOGIK

Inklusion konkret – Achtsamkeit im Alltagein Kooperationsseminar für Kolleginnen und Kollegen aus Kinder-tagesstätten, Grund- und Förderschulen

16. bis 18. März 2011Leitung: 1Reiner Andreas Neuschäfer, Beate Peters,

Ralf Rogge

Kolloquium KindertagesstättenFamilie und Religionfür Fachkräfte in Aus- und Fortbildung und Fachberatung

28. bis 30. März 2011Beginn: 11.00 UhrLeitung: Ralf Rogge

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Die Fortbildungsangebote an Religionslehrerinnen und -lehrer gelten als dienstliche Fortbildung. Die Teilnahme ist in der Regel ohneInanspruchnahme von Sonderurlaub möglich. Die Angebote gelten jeweils für die genannten Zielgruppen. An meldungen sind auchohne besondere Einladung erwünscht. Sie gelten als verbindlich und grundsätzlich für die gesamte Dauer der Veranstaltung. ImAusnahmefall bitten wir aus Planungs- und Kostengründen um vorherige Rücksprache mit der jeweiligen Tagungsleitung. Es erfolgtkeine Anmeldebestätigung.

Die Eigenbeteiligung an RPI-Tagungen beträgt 15,00 Euro pro Tag. Ruheständler zahlen 50 Prozent der Kurskosten.Wirbitten um Verständnis, dass bei zu hohen Anmeldezahlen diejenigen Vorrang haben, die sich aktiv im Dienst befinden. Von den Teil-nehmerinnen und Teilnehmern an kirchenpädagogischen Tagungen werden 50 Prozent der Kosten als Eigenbeteiligung erhoben. Wirweisen auf die Möglichkeit hin, eine Erstattung der restlichen Kosten beim Anstellungsträger bzw. über die Kirchengemeinde zu bean-tragen. Lehrerinnen und Lehrer aus anderen Bundesländern und Teilnehmende, die bei einem anderen Anstellungsträger beschäftigtsind oder die nicht im Bereich der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen arbeiten, zahlen den vollen Tagessatz (53,00Euro).

Möchten Sie in Wunstorf vom Bahnhof abgeholt werden (Abfahrt ca. 14.50 Uhr; 3,00 Euro), melden Sie dies bitte spätestenseine Woche vor Beginn des Seminars unter der in der Einladung genannten Telefonnummer an. Weitere Einzelheiten werden jeweilsbei der Einladung mitgeteilt oder sind im Büro des RPI (Frau Becker 05766/81-136) zu erfragen.

HAUPT- UND REALSCHULE

Weiterbildung Evangelischer Religionsunterricht im Sekundarbereich Ifür Lehrerinnen und Lehrer ohne Fakultas für das Fach EvangelischeReligion (geschlossener Teilnehmerkreis)

Kurs IX:Nach Religionen fragen: Islam und Judentum 2. bis 5. März 2011Leitung: Dietmar Peter, Dr. Joachim Jeska

Kurs X: Nach Glauben und Kirche fragen 6. bis 8. April 2011Leitung: Dietmar Peter, Dr. Joachim Jeska

Kurs XI: Religionspädagogik26. bis 28. Mai 2011Leitung: Dietmar Peter, Dr. Joachim Jeska

Vom Kerncurriculum zum schuleigenen Arbeitsplan(geschlossener Teilnehmerkreis)

13. bis 15. April 2010Leitung: Dietmar Peter

Loccumer Konferenz für Schulleiterinnen und Schulleiter an Haupt- und RealschulenBlickwechsel – Schule aus der Sicht von Schülerinnen und Schülernfür Rektorinnen und Rektoren an niedersächsischen Haupt- und Real-schulen

17. bis 18. Mai 2011Leitung: Dietmar Peter

BERUFSBILDENDEN SCHULEN

Weiterbildung Evangelischer Religionsunterricht an Berufsbildenden Schulenfür Lehrerinnen und Lehrer ohne Fakultas für das Fach EvangelischeReligion(geschlossener Teilnehmerkreis)Nähere Informationen erteilt das NiLS, Keßlerstr. 52, 31134 Hildes-heim, Telefon: 0 51 21 / 1 69 52 63.

Kurs IV: Jesus Christus I13. bis 15. April 2011Leitung: Sabine Berger, Bettina Wittmann-Stasch

Arbeiten mit den neuen Rahmenrichtlinien Vier Fortbildungen für Lehrerinnen und Lehrer, Pastorinnen und Pasto-ren, Diakoninnen und Diakone, die an Berufsbildenden Schulen evan-gelischen Religionsunterricht erteilen

Niveaustufe 37. bis 9. April 2011Leitung: N.N.

Neu in der Schulefür Pastorinnen und Pastoren, Diakoninnen und Diakone, die aus derGemeinde an die Berufsbildenden Schulen wechseln, und für Vika-rinnen und Vikare, die ein Berufsschulsondervikariat absolvierenDie didaktischen Seminare und ein dreimonatiges Praktikum sind Teildes Qualifizierungsprogramms „Neu in der Schule“. Zugleich bildensie Module im Ausbildungsprogramm des Berufsschulsondervikariats.

Didaktisches Seminar I1. bis 3. März 2011 Leitung: Dirk Bischoff

Didaktisches Seminar II30. März bis 1. April 2011Leitung: Dirk Bischoff

Didaktisches Seminar III19. bis 20. Mai 2011Leitung: Dirk Bischoff

Konferenz der Fachleiterinnen und Fachleiter an Berufsbildenden Schulenfür Fachseminarleiterinnen und Fachseminarleiter sowie für Fachbe-raterinnen und Fachberater für evangelischen Religionsunterricht anBerufsbildenden Schulen.

4. Mai 2011Beginn: 10.00 UhrLeitung: N.N.

GYMNASIUM UND GESAMTSCHULE

Loccumer Konferenz der Schulleiterinnen und Schulleiter an Gesamtschulen Hoffnung in der Krisefür Direktorinnen und Direktoren an niedersächsischen Gesamtschu-len

2. bis 4. März 2011 Leitung: Rainer Merkel

Lebensförderliche und lebensfeindliche Formen von Religion für Lehrerinnen und Lehrer sowie Pastorinnen und Pastoren, die anGymnasien und Gesamtschulen evangelischen Religionsunterrichterteilen

16. bis 18. März 2011Leitung: Rainer Merkel

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Teilkurs 5Konfliktberatung: Der gruppenanalytische Blick und derUmgang mit Störungen 18. bis 20. Mai 2011Leitung: Dr. Sönke v. Stemm

Forum Konfirmandenarbeit: Taufe für Pastorinnen und Pastoren, Diakoninnen und Diakone sowie alleInteressierten

1. bis 2. März 2011Leitung: Dr. Sönke v. Stemm

Netzwerk Inklusive Konfirmandenarbeit für alle Interessierten in Schule und Gemeinde

22. März 201110.00 Uhr bis 19.00 UhrLeitung: Dr. Sönke v. Stemm

Fit für Konfer! – Ehrenamtliche Jugendliche für die Konfirmandenarbeitfür jugendliche Teamer in der Konfirmandenarbeit und solche, diees werden wollen (ab 14 Jahren)

17. bis 20. April 2011Leitung: Dr. Sönke v. Stemm, Danica Kahla,

Martin Michalek, Michael Steinmeyer

KIRCHENPÄDAGOGIK

Ausbildungsgang Kirchenpädagogik 2011Zu Gast bei Gott und Geschwisternfür haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausGemeinden, Lehrerinnen und Lehrer, kirchenpädagogisch Interessier-te aus anderen BerufenKosten: 300,00 Euro. Geringfügige Änderungen vorbehalten

Tagesseminare jeweils von 10.00 bis 18.00 UhrLeitung: Christiane Kürschner

Treffpunkt4. bis 6. März 2011RPI Loccum

Spuren vom Mittelalter zur Gegenwart – Arbeit mit Erkundungsbögen9. April 2011Marktkirche und Kreuzkirche, Hannover

Biografisches im Labyrinth14. Mai 2011Petrikirche, Hannover Kleefeld

Niedersächsische Kirchengeschichte14. Mai 2011Gartenkirche Hannover, Marienstraße

AUSBILDUNG DER VIKARINNEN UND VIKARE

Vikarskurs 11: RP-Lehrgang14. bis 18. März 2011Leitung: Dr. Melanie Beiner

Vikarskurs 11: Mentorentag16. bis 17. März 2011Leitung: Dr. Melanie Beiner

Vikarskurs 11: RP-Lehrgang 21. bis 25. März 2011Leitung: Dr. Melanie Beiner

Vikarskurs 10: Bildungsprojekt30. Mai bis 1. Juni 2011Leitung: Dr. Melanie Beiner

FerienkursAbi-Werkstatt: Der Glaube an Jesus Christus(Zentralabitur 2012)für Lehrerinnen und Lehrer sowie Pastorinnen und Pastoren, die anGymnasien und Gesamtschulen evangelischen Religionsunterrichterteilen Die Einladung wird sechs bis acht Wochen vor Veranstaltungsbeginnverschickt. Wegen der großen Nachfrage ist eine Anmeldung erst abdiesem Zeitpunkt möglich.

18. bis 20. April 2011 Leitung: Rainer Merkel

MEDIENPÄDAGOGIK

Medienbörse Sekundarstufe IIfür Lehrerinnen und Lehrer, die in der Sekundarstufe II evangelischenReligionsunterricht erteilen, sowie für Pastorinnen und Pastoren,Diakoninnen und DiakoneDie Medienbörse wird in Zusammenarbeit mit dem Ev. Medienver-leih Hannover angeboten.

30. März bis 1. April 2011Leitung: Steffen Marklein, Marion Wiemann

Die Trickfilmkistefür Lehrerinnen und Lehrer, die in der Förderschule, Grundschule undSekundarstufe I evangelischen Religionsunterricht erteilen, sowie fürPastorinnen und Pastoren, Diakoninnen und Diakonein Kooperation mit dem Medienzentrum Hannover

12. bis 14. Mai 2011Leitung: Steffen Marklein

FACH- UND STUDIENTAGUNGEN

Fachtagung Religionsunterricht an Waldorfschulenfür Lehrerinnen und Lehrer, die an Waldorfschulen Religionsunter-richt erteilenThema und Inhalt der Tagung werden zeitnah bekannt gegeben.

14. bis 16. März 2011Leitung: Dr. Friedhelm Kraft, Almuth Tippkötter

Fachtagung Schulaufsicht/Schulinspektion für Schulaufsichtsbeamtinnen und Schulaufsichtsbeamte aus denBezirken und dem Kultusministerium, Schulinspektorinnen und Schul-inspektorenThema und Inhalt der Tagung werden zeitnah bekannt gegeben

30. bis 31. Mai 2011Beginn: 10.00 UhrLeitung: Dr. Friedhelm Kraft

FortbildungsreiheFachtagung Fachberatungfür Fachberaterinnen und Fachberater, die evangelischen oder katho-lischen Religionsunterricht erteilenFortbildungsreihe der Landesschulbehörde in Kooperation mit demBistum Hildesheim und dem RPI Loccum

23. bis 25. Mai 2011 Beginn: 10.00 UhrOrt: Michaeliskloster, HildesheimLeitung: Ulrich Dettling, Dr. Friedhelm Kraft,

Frank-Peter Schmitz, Franz Thalmann

KONFIRMANDENARBEIT

Langzeit-Weiterbildung:Beratung für die Konfirmandenarbeit Kursreihe V(geschlossener Teilnehmerkreis nach vorangegangener Bewerbung)

Teilkurs 4: Konzeptberatung II: Aktuelle religionspädagogische Konzep-te der Konfirmandenarbeit30. März bis 1. April 2011

Postvertriebsstück Religionspädagogisches Institut Loccum, Uhlhornweg 10, 31547 Rehburg-Loccum

H 7407 Deutsche Post AG Entgelt bezahlt